Lorena Torahi Padrón Ortiz Die Rosenkranz Sonaten von Heinrich Ignaz Franz von Biber Künstlerische Masterarbeit Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Kunstlerischer Betreuer: Univ. Prof. Stephan Goerner Wissenschaftlicher Betreuer: Ao.Univ.Prof.Mag.art. Mag.phil. Dr.phil. Klaus Hubmann Juni 2016 Abstracts Die Rosenkranz Sonaten von Heinrich Ignaz Franz von Biber Diese Masterarbeit widmet sich den Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz von Biber. Dieses Sammelwerk war lange Zeit in Vergessenheit geraten, und wurde nur vor knapp 120 Jahre wiederentdeckt. Die Großartigkeit der Musik, die innovative Verwendung der Geigentechnik und die Nutzung der Scordatura als akustischem Element, sind Besonderheiten, die die Rosenkranzsonaten zu einem Referenzwerk in der Musikgeschichte machen. In der Arbeit wird dieser Zyklus untersucht, von den Gründen seine Schöpfung bis zum klanglichen Ergebnis der Scordatura, mit besonderem Schwerpunkt auf den Sonaten I. und XI. The Mystery Sonatas from Heinrich Ignaz Franz von Biber This Master thesis presents the Mystery Sonatas by Heinrich Ignaz Franz Biber, a collection of violin sonatas lost and forgotten for a long time until its rediscovery around 120 years ago. The greatness of its music, the innovative display of the violin’s technical possibilities and the use of Scordatura as an acoustic element are the unique features which make the Mystery Sonatas an important reference in music history. This thesis surveys the Sonatas as a whole, from the reason of its composition to the resulting sounds of the Scordatura, with special focus on the Sonatas I. and XI. Inhaltsverzeichnis 1. Heinrich Ignaz Franz von Biber 4 2. Die Rosenkranzsonaten 6 3. Scordatura 10 4. Interpretatorische Überlegungen 14 5. Conclusio 18 6. Literaturverzeichnis 19 7. Anhang 21 1. Heinrich Ignaz Franz von Biber Heinrich Ignaz Franz von Biber wurde am 12. August 1644 im nordböhmischen Wartenberg getauft (heute Stráz pod Ralskem,Tschechien). Leider ist uns über seine Jugendjahre wenig bekannt, es ist jedoch klar, dass sein musikalisches Naturtalent unbestritten war. In Troppau (heute Opava) besuchte er ein Jesuiten Gymnasium, wo er seine musikalische Ausbildung angefangen hat. Dort kam er in Kontakt mit dem Trompeter und Kapellmeister des Erzbischofs in Kremsier, Pavel Josef Vejvanovsky, welcher ihn vermutlich an Johann Heinrich Schmelzer, Hofkomponist und Kapellmeister in Wien, empfahl. Biber kam nach Wien und studierte bei Schmelzer, der ihm die Kunst des Geigenspiels beibrachte. Bis 1668 sind uns die Anstellungen Bibers als Musiker der Hofkapelle des Fürstbischofs von Olmütz, Karl Graf Liechtenstein-Kastelkorn (um 1665) und beim Fürsten von Eggenberg, in Graz (1668-1670) bekannt. Danach siedelte er nach Salzburg um am Hof des Fürstbischofs Maximilian Gandolph Graf von Kuenberg seine Tätigkeiten als Lehrer der Chorknaben am Dom und später als Kapellmeister auszuüben. Der Fürstbischof war ein großer Mäzen, und vor allem bestellte er Instrumentalmusik, wobei Streichinstrumente die Hauptrolle spielten. Sammelwerke wie Armonico Tributo von Georg Muffat (1682) oder Mensa Harmonica (1682) von Andreas Clamer waren zusammen mit Bibers Kompositionen Teil einer unkonventionellen Sammlung in dieser Epoche. Aufgrund seines Wundertalents auf der Geige, erreichte er sehr schnell eine große Bekanntheit als Geigenvirtuose. Er hat viele Konzerte mit eigenen Kompositionen europaweit aufgeführt und es wird sogar erzählt, er habe dabei oft die Bassstimme seines Stückes selbst auf dem Orgelpedal mit dem Fuß gespielt, während er auf seiner Geige virtuos und stark verziert spielte. Schon als er für den Olmützer Bischof arbeitete, hat Jacob Stainer (damals einer der berühmtesten Geigenbauer, der mehrere Instrumente für diese Hofkapelle gebaut hat) in einem Brief bei der Übergabe einer Viola da gamba geschrieben, dass „der vortreffliche Virtuos herr Biber“ die gute Qualität des Instrumentes wertschätzen können würde.1 1 Jakob Steiner, Walter Senn und Karl Roy, Frankfurt 1986, S.153 4 Die Violintechnik seiner Stücke war bahnbrechend, und seine brillanten Interpretationen brachte seinen Namen zu hohem Ansehen in seiner Zeit, und in den folgenden Jahrhunderten. Für sein kompositorisches Talent wurde er von Leopold I in den Adelsstand erhoben. Er durfte sich fortan nachdem Biber von Bibern nennen, was damals einen großen sozialen Aufstieg bedeutete. Biber schrieb nicht nur Instrumentalmusik, sondern auch Vokalmusik, viel liturgische Musik, wie Messen (z.B. Missa Salisburgensis), zwei Requiemsvertonungen, Motetten, Violinsonaten (Sonata representativa, und die Stücke im Zentrum dieser Arbeit, die Rosenkranzsonaten), Schuldramen, und andere Instrumentalkompositionen. Er schrieb auch mindestens drei Opern, von denen nur eine einzige, „Chi la dura la vince“ (1691/92), im Particell erhalten geblieben ist. Auch nach dem Tod Maximilian Gandolphs arbeitete H.I.F. Biber weiter am Salzburger fürsterzbischöflichen Hof. Johann Ernst von Thun hat aber die Musik auf ihre liturgische Funktion beschränkt, deswegen schrieb Biber nur noch eine einzige Sammlung für Instrumentalmusik, die Harmonia artificio-ariosa (1696). Biber blieb bis zu seinem Tod 1704 in Salzburg. 5 2. Die Rosenkranzsonaten Die Rosenkranzsonaten sind eine Sammlung von sechzehn Sonaten für Violine und Basso Continuo. Das Manuskript, das die Sonaten enthält wurde am Ende des 19. Jahrhunderts, nach langer Zeit in Vergessenheit, wiederentdeckt. Dieses Originaldokument befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek in München, und wurde erst im Jahr 1905 von Erwin Luntz im Rahmen der Denkmaler der Tonkunst in Wien publiziert.2 Das Titelblatt dieses zyklischen Werks ist leider nicht erhalten, deshalb ist es unter mehreren Namen bekannt: Rosenkranzsonaten, Mysteriensonaten, Kupferstichsonaten, u.a. Im Vorwort zu den Sonaten schrieb Biber (in lateinische Sprache) für den Fürstbischof Maximilian Galdolph von Kuenburg, sein Arbeitgeber in Salzburg, die folgende Widmung: „Hocherhabener und verehrungswürdigster Fürst, allermildester Herr! […] Du wirst meine mit vier Saiten bespannte und in fünfzehnfachem Wechsel gestimmte Geige in Verschiedenen Sonaten, Präludien, Allemanden, Sarabanden, Arien, Ciaconnen, etc. in Verbindung mit dem Basso Continuo vernehmen, in Stücken, die mit viel Fleiss, und soweit wie ich es vermochte, mit grosser Kunstfertigkeit ausgearbeitet wurden. Wenn Du die Ursache für diese Zahl wissen willst, werde ich es Dir erklären: All das habe ich nämlich zur Ehre der heiligen fünfzehn Geheimnisse geweiht, die Du auf das leidenschaftlichste fordern mögest.“3 Die fünfzehn Rosenkranzsonaten sind ein ausgezeichnetes musikalisches Beispiel der gegenreformatorischen Propaganda. Wie Biber in seiner Widmung schon zeigte, werden hier die fünfzehn Mysterien im Leben der Jungfrau Maria nach der katholischen Tradition erzählt. Europa befand sich gerade in der Zeit der Gegenreformation, ein Prozess während dem die katholische Kirche vor allem gegen die von Martin Luther geleitete Reformation gekämpft hat. Eine Kirchenerneuerung war notwendig, die ReKatholisierung protestantischer Regionen war Priorität und der Marienkult war eines der wichtigsten Elemente, um den Katholischen Glauben wiederherzustellen. Die Kunst hatte damals allgemein eine sehr wichtige Rolle als Propaganda gehabt: Architektur 2 3 Siehe: Sechzehn Violinsonaten, hrg. von Erwin Luntz, unveränderter Abdruck der 1905 in Wien erschienenen Ausgabe. Graz 1959. DTÖ, Band 25. Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten (Rosenkranz-Sonaten), vorgelegt von Ernst Kubitschek. Bad Reichenhall 1990. Denkmäler der Musik in Salzburg, Faksimile Ausgaben 1, S. 15. 6 (Kirchenbau), Literatur, Theater und Musik wurden als Werbung immer wieder verwendet. 4 Der Begriff „Rosenkranz“ bezeichnet eine Gebetskette mit 50 Perlen, die für das Rosenkranzgebet zu verwenden ist. Zu jeder Perle gehört ein Gebet: man muss ein Paternoster, zehn Ave Maria, und ein Gloria Patri rezitieren. Über jedes Mysterium soll meditiert, und gleichzeitig, mit Hilfe der Kette, die genannten Gebete rezitiert werden. Im 17. Jahrhundert legten die Gläubigen großen Wert auf das innere Gebet und auf die subjektive Vorstellung des Geschehens. Das Fest des Rosenkranzes fand im Monat Oktober statt, und war vermutlich der Anlass für die Komposition der Sonaten. Bei diesen religiösen Festen wurden Texte der Bibel laut vorgelesen, und es wird angenommen, dass in Salzburg wahrscheinlich die von Biber komponierte Musik als Meditationsmusik gespielt wurde, um die geistliche Stimmung des Betens zu verstärken. Die genaue Datierung des Werkes ist nicht bekannt. Möglicherweise war das Kompositionsdatum auf dem verlorenen Titelblatt angegeben. 2008 wurde im Archiv der Erzdiözese Salzburg wurde ein Rosenkranz Bruderschaftszettel Maximilian Gandolphs entdeckt. Dieses Dokument enthält die gleichen Bilder, wie die Kupferstiche, die jeder Sonate dieses Zyklus beigefügt sind. Dies legt einen Zusammenhang zwischen den Sonaten und der Rosenkranzbruderschaft nahe. Außerdem gibt es einen konkreten zeitlichen Rahmen, in dem die Komposition entstanden sein kann: zwischen 1670 und 1687, beziehungsweise zwischen der Ankunft von Biber in Salzburg, und dem Tod Maximilian Gandolphs. Jeder Kupferstich, in Form eines Medaillons gezeichnet, erklärt die religiöse Thematik der beigelegten Sonate: ein Ereignis aus dem Leben Marias und ihres Sohnes Jesus. (Siehe Anhang 1) Einer der Räume der von der Salzburger Rosenkranzbruderschaft genutzt wurde, war die Aula der Salzburger Universität, welche 1619 gebaut worden war. Ihre Wände enthalten Darstellungen der 15 Mysterien, die dieselben sind wie jene, die vor jeder Sonate auf der Partitur stehen. Daraus kann geschlossen werden, dass die musikalische Aufführung dort, und nicht im Salzburger Dom, stattfand. 4 Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten, vorgelegt von Ernst Kubitschek, Bad Reichenhall 1990 Denkmaler der Musik in Salzburg, S.6 7 Die Sonaten sind rein von der Struktur und dem Ausdruck her normale Kammermusik, und nicht für den sakralen Gebrauch. Biber benutzt Tanzsätze, was damals in der Kirchenmusik in Salzburg ungewöhnlich gewesen wäre: Courante, Allemande, Gigue, Sarabande, etc. Die Intention hinter den Sonaten ist jedoch religiös, obwohl der Zyklus durch das fehlende Titelblatt im Grunde ohne Titel ist. Die Sammlung hätte, durch die zahlreichen Tanzsätze, eher als Suite bezeichnet werden müssen.5 Ihre Thematik ist aber so stark festgelegt, dass man sie als Kirchensonaten bezeichnen muss. Auf jeden Fall war die Satzstruktur einer Sonate im 17. Jahrhundert noch nicht standardisiert. Die Folge und Anzahl der Sätze mussten also noch keiner festen Regeln folgen. Die Rosenkranzsonaten sind wie folgt aufgebaut: I. Der freudenreiche Rosenkranz Sonate I für Violine und Basso Continuo in d moll – Die Verkündigung Praeludium – Variatio / Aria allegro / Variatio / Adagio - Finale Sonate II für Violine und Basso continuo in A Dur – Die Heimsuchung Allemande - Presto Sonate III für Violine und Basso continuo in h moll – Geburt Christi Courente / Double - Adagio Sonate IV für Violine und Basso continuo in d moll – Darstellung im Tempel Ciacona Sonate V für Violine und Basso continuo in A Dur – Auffindung im Tempel Praeludium – Allemande – Gigue – Sarabande / Double II. Der schmerzhafte Rosenkranz Sonate VI für Violine und Basso continuo in c moll – Jesus am Ölberg Lamento Sonate VII für Violine und Basso continuo in F Dur – Geißelung Christi Allemande – Variatio / Sarabande - Variatio Sonate VIII für Violine und Basso continuo in B Dur– Krönung Christi mit der Dornenkrone 5 Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten, vorgelegt von Ernst Kubitschek, Bad Reichenhall 1990 Denkmaler der Musik in Salzburg, S.5 8 Adagio / Gigue / Double – Presto / Double 2 Sonate IX für Violine und Basso continuo in a moll – Die Kreuztragung Courente / Double - Finale Sonate X für Violine und Basso continuo in g moll – Die Kreuzigung Aria / Variatio III. Der glorreiche Rosenkranz Sonate XI für Violine und Basso continuo in G Dur– Auferstehung Christi Surrexit Christus hodie - Adagio Sonate XII für Violine und Basso continuo in C Dur – Himmelfahrt Christi Intrada – Aria Tubicinum – Allemande – Courente / Double Sonate XIII für Violine und Basso continuo in d moll – Sendung des Heiligen Geistes Gavotte – Gigue - Sarabande Sonate XIV für Violine und Basso continuo in D Dur– Himmelfahrt Maria Grave / Adagio – Aria - Gigue Sonate XV für Violine und Basso continuo in C Dur– Krönung Maria im Himmel Aria – Canzon – Sarabande IV. Passagalia Sonate XVI: Passagalia für Violine Solo in g moll– Der Schutzengel 15 Mysterien, aber 16 Sonaten. Biber fügte eine Passacaglia hinzu, um den Zyklus zu beschließen. Auch das vorgestellte Bild ist in diesem Fall anders: statt eines Kupferstichs, gibt es eine Federzeichnung, auf der ein Kind abbildet ist, das von einem Engel an der Hand genommen wird. Der Engel stellt den Schutzengel dar, der den Menschen auf dem Lebensweg begleitet und ihn führt. Die Passacaglia ist auch das einzige Stück des Zyklus, in dem die Instrumentation auf eine Violine solo reduziert wurde. Es gibt viele Besonderheiten dieses Kunstwerks, aber die extreme Verwendung der Scordatura in der Geigenstimme ist einer der wichtigsten Aspekte, der diesem Werk einen wichtigen Platz in der Musikgeschichte gibt. 9 3. Scordatura Der italienische Begriff Scordatura (Verstimmung, Cordatura, violino descordato usw.) bezieht sich auf die „Umstimmung“ der Saiten eines Streichinstrumentes, im Gegensatz zur „normalen“ Stimmung.6 Viele Musikwissenschaftler sind der Meinung, dass die Scordatura Technik von der Laute übernommen wurde. Dieses Instrument hatte sechs Saiten, welche in Quarten gestimmt war, mit einer Terz in der Mitte. Dieses Intervall wurde, je nach Tonart des Stückes, umgestimmt. Die Scordatura wurde bis ins 16. Jahrhundert häufig auch bei anderen Instrumenten verwendet (Laute, Lira, Viola d'amore oder Viola da gamba), aber sehr selten bei der Violine. In diesem Fall wird die „normaler“ Quintstimmung g-d'-a'-e'' modifiziert, und je nach Bedarf kann nur eine einzelne Saite umgestimmt werden, oder auch mehrere Saiten gleichzeitig.7 Das erste Beispiel von Scordatura bei der Violine in der Musikgeschichte, das wir bisher kennen, ist eine Sonate für Violine und Basso Continuo, Op.8 Nº2, des italienischen Komponisten Biagio Marini (1597-1665). Hier wird die E-Saite innerhalb des Satzes, während einer siebentaktigen Pause, eine Terz hinunter gestimmt. Nach einer doppelgriffigen Stelle wird die E-Saite, in einer sechstaktigen Pause, wieder zurückgestimmt. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts und Anfang des 18., haben andere Komponisten, wie G.M. Bononcini, Uccellini, Schmelzer, Tartini, u.a., öfter die Scordatura verwendet, um manche technischen Schwierigkeiten zu erleichtern. Antonio Vivaldi schrieb vier Violinkonzerte mit Scordatura: zwei aus seinem Opus 9, La Cetra, eines aus Opus 29, N.3, und sein Opus 20, N.2, wo nicht nur der Solo Violine mit Scordatura spielt, sondern auch die ersten und zweiten Geigen. John Playford gibt auch in seinem Traktat The Division Viol (1685) einen Hinweis darauf, dass die Scordatura auch in England benutzt wurde. Er schreibt, dass seine Lieblings Stimmung der Geige a-e'-a'-e'' sei. Ungefähr hundert Jahre später schrieb auch J. J. Quantz darüber in seinen Flöte Traktat: „Auf der Geige spieleten sie mehr harmonisch als melodisch. Sie setzeten viele Stiicke, wozu die Violinen umgestimmet 6 7 Art. Scordatura, David D. Boyden. MGG 12 (1965), Sp. 425 The Musical Quarterly,Theodor Russel, Vol. 24, No. 1, 1938, S.84-96 10 werden muflten. Die Seyten wurden naimlich, nach Anzeige des Komponisten, anstatt der Quinten, in Secunden, Terzen oder Quarten gestimmet; um die Accorde desto leichter zu haben: welches bei den Passagien eine nicht geringe Schwierigkeit verursachete.“8 Durch die verschiedenen Stimmungen werden mehrere Zwecke erfüllt. Auf der Violine kann die Scordatura benutzt werden, um bestimmte Doppelgriffe zu erleichtern, oder überhaupt erst zu ermöglichen. Damit wird das Spielen von Akkorden in bestimmten Tonarten viel einfacher als bei einer „normal“ gestimmten Geige. Auch Stellen mit großen Intervallen, schnelle Saitenwechsel oder Sprünge können dadurch vereinfacht werden. Sehr wichtig ist auch die Suche nach neuen Klangfarben: die Scordatura hat einen großen Einfluss auf die Resonanz der Violine, die dadurch verstärkt oder gedämpft werden kann. Wenn die Saiten auf die Haupttöne einer Tonalität gestimmt sind, schwingen die Nebensaiten stärker mit, und meistens klingt die Geige viel lauter und offener als mit der herkömmlichen Stimmung des Instrumentes. Biber hat in seinen Kompositionen mehrmals die Scordatura-Technik verwendet. Zwei seiner 8 Sonaten für Violine und Basso Continuo, und seine Harmonia artificiosa für zwei Geigen und Basso Continuo, sind für Geige mit Scordatura geschrieben. Doch ist das wichtigste Beispiel für die Scordatura der Rosenkranzsonaten Zyklus. Hier sind die vier Saiten der Geige ständig anders gestimmt. Es gibt insgesamt 15 verschiedene Scordaturen, die die Hauptharmonien der jeweiligen Tonart besser zum Klingen bringen. Dadurch hat jedes einzelne Stück seine eigene Klangstruktur, was in diesem Sinn und im Zusammenhang perfekt in die Herstellung einer mysteriösen Atmosphäre passt. Wenn die Saiten auf eine geringere Spannung gestimmt sind, ergibt sich ein weicherer Klang, während anderseits eine höhere Spannung einen präziseren und härteren Ton produziert.9 Biber hat diese Technik genutzt, um die musikalische Darstellung des jeweiligen Affekts der unterschiedlichen Mysterien zu verstärken. 8 9 Johann Joachim Quantz, Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen, Berlin 1752 S.327 Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten, vorgelegt von Ernst Kubitschek, Bad Reichenhall 1990 Denkmaler der Musik in Salzburg, S.7 11 Scordatura ist hier notiert, als wäre die Violine normal gestimmt, so dass die geschriebenen Noten wenig damit zu tun haben, wie die gespielte Musik wirklich klingt. Die Noten zeigen, wo die Finger „gehen“ sollen, die Griffe, aber nicht wie das klangliche Ergebnis sein soll.10 Man soll, wann immer möglich, die erste Lage verwenden, und leere Saiten müssen benutzt werden, sofern nicht anders festgelegt wurde. Abbildung 1: Beispiel aus der Sonata XI Abbildung 2: Klangliches Ergebnis des Beispiel im Abbildung 1 Am Beginn jedes Stückes, nach jedem Kupferstich, wird angezeigt wie man die Saiten für eine bestimmte Sonate umstimmen muss. Darüber hinaus findet man am Anfang des Pentagramms, eine ungewöhnliche Reinfolge von Vorzeichen (Kreuze, b und Auflösungszeichen), die auf den ersten Blick zu keiner Tonart gehören können. Die Bedeutung dieser verwirrenden Zeichen ist, dass jedes Vorzeichen nur für den Ton gilt, vor dem es verzeichnet ist, und nicht für jede Oktave dieses Tones, wenn dies nicht ausdrücklich verlangt wird. Alle diese Faktoren machen das spielen dieser Sammlung zu einer wirklich anspruchsvollen Aufgabe für den Interpreten, da andere Töne auf dem Instrument klingen als die, die vom Notenbild her zu erwarten sind. 10 Dagmar Glüxam, Die Violinskordatur und ihre Rolle in der Geschichte des Violinspieles. Unter besonderer Berücksichtigung der Quellen der erzbischöflichen Musiksammlung in Kremsier. Tutzing 1999 (Wiener Veröffentlichungen zur Musikwissenschaft 37), S.47f 12 Abbildung 3: Vorzeichnung Beispiel aus der Sonata XI Die Sonaten sind in den Folgende Scordaturen komponiert worden: Abbildung 4: Scordaturas Ronsenkranzsonaten Nur die erste Sonate (Die Verkündigung) und die Passacaglia am Ende sind beide in Quintstimmung (Originalstimmung der Geige), der Rest hat unterschiedliche Stimmungen, die jeweils zu einer Tonart verbunden werden. In den meisten Fällen werden die Saiten eine Sekunde oder Terz umgestimmt, aber manchmal kann es extremer sein. Etwa mit Quart und Quintdistanz zwischen der Originalstimmung der Saite und der Scordatura Stimmung. Die fünf freudenhaften Sonaten sind meistens mit Kreuztonarten geschrieben, mit Verdopplung einer Oktave bei der Scordatura. Das verstärkt deutlich die natürliche Resonanz der Violine. Im Gegensatz dazu sind die fünf schmerzhaften Sonaten meistens in b-Tonarten und dissonanten Umstimmungen geschrieben. Die Resonanz der Violine wird viel kleiner, vor allem in der Sonate VI, wo die Saiten zu as-es'-g'-d'' umgestimmt sind. In diesem Fall gibt es keine Oktaven zwischen den leeren Saiten, weshalb die Nebensaiten viel weniger resonieren. Bei der fünften glorreichen Sonate öffnet sich die Sonorität wieder stark, mit einer deutlich helleren Tonart. Wirklich extrem ist die Stimmung bei der Sonate XI, Die Auferstehung, wo die mittleren Saiten im Wirbelkasten und unter dem Steg vertauscht sind und die Stimmung g-g'-d'-d'' erreicht wird. Die Doppeloktave, in Quintdistanz erstellt, ergibt eine grandiose Resonanz des Instruments, die ganz dem Thema der 13 Auferstehung Jesu Christi angemessen ist. Der Zweck der Scordatura in den Rosenkranzsonaten wurde nicht immer richtig verstanden, oder wertgeschätzt. Biber verwendet nicht die Scordatura als einen oberflächlichen Spezialeffekt, sondern um einen besonderen Charakter zu gestalten. In der Ausgabe des Geigers Robert Reitz, der 1923 die Edition für Universal Edition erstellte, hat er die Sonaten für eine „normal“ gestimmte Geige arrangiert. Hier ergeben sich mehrere unvereinbare Umstände, die deutlich zeigen wie entscheidend die Verwendung der Scordatura ist. Viele Doppelgriffe können überhaupt nicht mehr gespielt werden, weshalb viele Akkorde überhaupt nicht mehr funktionieren. Zahlreiche Töne fallen aus, und manche Griffe machen keinen Sinn mehr in einer quintgestimmten Geige. Plötzlich sind viel mehr Sprünge nötig, unmögliche Saitenwechsel kommen vor, Bogen-Beschränkungen, etc., die das Spielen ständig erschweren. Was die Akustik betrifft, so gehen die jeweils mitschwingenden Obertöne bei den verschiedenen Tonarten verloren, und damit auch die vielfältigen Klangfarben die dadurch konzipiert wurden. Daraus ergibt sich ein Ergebnis, das sehr wenig mit dem ursprüngliche Konzept der Sonorität von Bibers Werk zu tun hat. 4. Interpretatorische Überlegungen Sonate I. Die Verkündigung Die erste Sonata dieses Zyklus ist dreisätzig angelegt, wobei diese mit folgenden Vortragsbezeichnungen überschrieben sind: 1. Praeludium 2. Aria und Variationen 3. Finale Abbildung 5: Kupferstich Sonate I In den zwei Ecksätzen wird Bibers charakteristisch frei-improvisatorischer Stil deutlich. Beide Sätze, im Charakter sehr ähnlich, rahmen den mittleren Teil ein, der melodischer und in Form von Thema mit Variationen geschrieben ist. 14 In d-moll komponiert, ist die Stimmung der Geige bei dieser Sonate „normal“ (g-d'-a'e''). Auf dem Kupferstich steht der Engel Gabriel vor Jungfrau Maria (Siehe Anhang 2). Der erste Satz, Praeludium, hat einen sehr deutlichen programmatischen Inhalt. Eine schwere lange Pedalnote D der Bassstimme und darüber eine virtuose Geigenlinie, die sich ständig in der Tonleiter rauf und runter bewegt. Dieser agitato Charakter erinnert an das Rauschen der Flügel des Erzengels Gabriel durch die Luft. Nach diesem Teil kommt in Takt 9 eine kontrastierende Passage, in der sich die Geigenmelodie beruhigt, und von einer quasi hysterischen Linie zu einer melodischen Phrase wird, die nur 3 Takte dauert: Abbildung 6: Takte 9-11 von Sonata I Der Bass steigt jetzt zu einem tiefen A als Orgelpunkt ab (Takt 13), und die beschleunigte Bewegung fängt in der Solo Stimme wieder an. Dieser Charakteraustausch wiederholt sich noch zweimal. Der zweite Satz, Aria und Variationen, beginnt mit einem zweitaktigen Bassthema, das bis zum Ende des Satzes sich neunmal wiederholt: Abbildung 7: Beginn Aria und Variationen, Sonata I Die Violine spielt ein Thema über diesen Bass, und der entwickelt sich in zweitaktige Variationen. Der Rhythmus wirkt hier sehr tänzerisch. In der Mitte des Satzes steht ein Adagio, und die Geigenstimme enthält hier Doppel- und Dreifachgriffe. Es wird interpretiert, dass es den Moment darstellen soll, in dem die Jungfrau Maria ihr Schicksal als „Herrens Magd“ akzeptiert. 15 D e r Finale geht zurück in die Atmosphäre des ersten Satzes, wieder rasch und beweglich: der Engel Gabriel fliegt jetzt weg. Der Bass spielt ein G als Orgelpunkt durch den ganzen Satz, bis auf den letzten Ton, ein D. Es wirkt als wäre G die neue Tonika, weswegen die abschließende Phrase nicht das Gefühl eines Abschlusses vermittelt. Der letzte Ton ist ein D im Bass und A in der Geigenstimme (ohne spezifizierte Terz). In Wirklichkeit handelt es sich um dieselbe Harmonie wie am Anfang des Praeludiums, aber diesmal klingt es wie ein Dominantakkord. Dadurch entsteht eine offene, dubiöse Atmosphäre die uns einlädt, weiter zuzuhören. Sonate XI. Die Auferstehung Die elfte Sonate der Sammlung ist in die folgenden Sätze strukturiert: 1. Sonata 2. (Variationen)„Surrexit Christus hodie“ 3. Adagio Abbildung 8: Kupferstich vor Sonata XI Die hier verwendete Stimmung ist g-g'-d'-d''. Die Anordnung der zwei mittleren Saiten wird diesmal vertauscht, da sich ansonsten eine Ungleichheit der Spannung ergäbe, die nicht nur die Qualität des Klanges verschlechtern würde, sondern auch das Instrument beschädigen könnte. Die dritte Saite (in normaler Stimmung d') müsste eine Quart hinauf gestimmt werden, was zu einer übermäßigen Spannung führen würde; und die zweite Saite (a') müsste eine Quinte hinunter umgestimmt werden. Daher ist die Saiten Kreuzung (hinter dem Steg und im Wirbelkasten) die beste Lösung, um das gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Die dritte Saite klingt demnach tiefer als die zweite, was die Beziehung zwischen Ton und Notation für den Interpreten zerstört. Der Spieler, besonders solche mit absolutem Gehör, muss hier sein Können beweisen, da man an mehreren Stellen (rein mechanisch gesehen) genau das Gegenteil von dem spielt, was man zu hören erwartet hätte. Hohe Töne klingen im tiefen Register und umgekehrt, und besonders in schnelleren Passagen mit vielen Saitenwechsel wird es eine ziemliche Herausforderung, besonders für die rechte Hand. 16 Die doppelte Oktavierung zwischen den leeren Saiten gibt der Geige eine erstaunliche Resonanz. Bei der Introduktion wird die Tonalität des Stücks kräftig gesetzt. Eine kadenzierende Phrase, danach in der tieferen Oktave wiederholt, eröffnet der Satz. Über dem Tonika-Pedal (G) spielt die Geige eine kurze Melodie mit den Tönen des G-Dur Akkords. Die Verwendung von leeren Saiten zeigt dem Zuhörer vom ersten Moment an die Großartigkeit des Klanges der Violine in dieser Kombination von Scordatura und Tonalität. Abbildung 9: Anfang der Sonata XI Der zweite Satz, Surrexit Christus Hodie, ist der einzige der ganzen Sammlung, der einen spezifischen Titel hat. Es wird erzählt wie die Jungfrau Maria, Maria Magdalena und Salome der Weisung des Engels Folge leistend ausziehen und die Neuigkeit verkünden11. (Siehe Anhang 3) Die Melodie dieses Satzes ist ein einstimmiges mittelalterliches Gemeindelied. Es wird in Oktaven gespielt, was uns an seine originale Ausführung (durch Gläubigen in der Kirche gesungen) erinnern könnte. Dank der Kreuzung der Saiten, können die Oktaven alle in der ersten Lage gespielt werden. Der Adagio Satz hat einen intimeren und ruhigen Charakter. Mit einer durchgehend doppelgriffigen Melodie beschließt dieser kurze Satz die elfte Sonate des Zyklus. 11 John Holloway, Davitt Moroney, Tragicomedia – The Mystery Sonatas / Die Rosenkranz-Sonaten, CD Heft, Virgin Veritas, Europa 2002, Seite 58 17 Conclusio Die Rosenkranzsonaten sind eine wichtige Referenz in der Musikgeschichte, nicht nur für die Großartigkeit der Musik selber, sondern für die innovative und kühne Verwendung der Geigen-Entwicklungsmöglichkeiten. Wir können auch deswegen sagen, dass Biber ein Pionier war. Bis dahin hatte niemand mit der Scordatura so viel experimentiert. Er hat die extremsten Effekte, die man damit erreichen kann, in einem Sammelwerk zusammengebracht. Allerdings, um die grandiose Wirkung der Scordatura-Verwendung beurteilen zu können, sollten alle Sonaten hintereinander gespielt werden, und, optimaler Weise, mit einem einzigen Instrument oder mehreren Violinen, die einen ähnlichen Klang haben. Damit werden die unterschiedlichsten Klangfarben deutlicher spürbar, und das akustische Resultat erhält dann seinen ganzen Glanz. Dieses Werk war lange Zeit in Vergessenheit, und ist heutzutage leider im modernen Geigerbereich noch nicht sehr bekannt. Ich wünschte, dass ich mit meiner Masterarbeit die Neugier von jemand geweckt habe, und diese wunderschöne Musik wieder häufiger gespielt wird. 18 Literaturverzeichnis Noten – Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten (Rosenkranz-Sonaten), vorgelegt von Ernst Kubitschek. Bad Reichenhall 1990. Denkmäler der Musik in Salzburg-Abbildungen. Primärliteratur – Heinrich Ignaz Franz Biber: Mysterien-Sonaten (Rosenkranz-Sonaten), vorgelegt von Ernst Kubitschek. Bad Reichenhall 1990. Denkmäler der Musik in Salzburg-Abbildungen. – Heinrich Ignaz Franz Biber: (1644-1704) Rosenkranz-Sonaten, veröffentlicht von Dagmar Glüxam. Graz 2003. Denkmäler der Tonkunst in Österreich, Band 153. Sekundärliteratur – Kurt Ardee Gilman: The importance of Scordatura in The Mystery Sonatas of Heinrich Biber, Texas 1977. – David D. Boyden: Scordatura, Artikel von MGG 12 (1965), Sp. 425. – Dagmar Glüxam: Die Violinskordatur und ihre Rolle in der Geschichte des Violinspieles. Unter besonderer Berücksichtigung der Quellen der erzbischöflichen Musiksammlung in Kremsier, Tutzing 1999 (Wiener Veröffentlichungen zur Musikwissenschaft) – John Holloway, Davitt Moroney, Tragicomedia – The Mystery Sonatas / Die Rosenkranz-Sonaten, CD Heft, Virgin Veritas, Europa 2002. – Elisabeth Lesser: Zur Scordatura der Streichinstrumente, mit besonderer Berücksichtigung der Viola d'amore, International Musicological Society, Acta Musicologica, Vol.4, Fasc.3 (Juli-Sept. 1932), S. 123-127. – Erwin Luntz: Sechzehn Violinsonaten, Graz 1959. DTÖ, Band 25. – John Playford: The Division Viol, London 1685 – Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu 19 spielen, Berlin 1752, Reprint der Ausgabe Berlin 1752. Leipzig 1983, S.327. – Annegret Siedel, Bell'Arte Salzburg: Rosenkranz-Sonaten, C D H e f t , Edel:Kultur, Deutschland 2013. – Les Veilleurs de Nuit: Heinrich Ignaz Franz Biber: Mysterien-Sonaten, CD Heft, Alpha Productions, Europa 2003. Abbildungen – Abbildungen 1, 3, 5, 6, 7, 8 und 9: Heinrich Ignaz Franz Biber: MysterienSonaten (Rosenkranz-Sonaten), vorgelegt von Ernst Kubitschek. Bad Reichenhall 1990. Denkmäler der Musik in Salzburg-Abbildungen. – Abbildung 2: eigene Produktion. – Abbildung 4: www.de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Ignaz_Franz_Biber, Artikel über Heinrich Ignaz Franz Biber, April 2016. 20 Anhang 1. Das Rosenkranzgebet Die Mysterien unterteilen sich in drei Gruppen: 1. Die Geheimnisse des freudenreichen Rosenkranzes Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast Jesus, den du, o Jungfrau, geboren hast Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast 2. Die Geheimnisse des schmerzhaften Rosenkranzes Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat Jesus, der für uns gegeißelt worden ist Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist Jesus, der für uns das schwere Kreuz getragen hat Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist 3. Die Geheimnisse des glorreichen Rosenkranzes Jesus, der vor den Toten aufgestanden ist Jesus, der in den Himmel aufgefahren ist Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat12 12 Heinrich Ignaz Franz Biber, Mysterien-Sonaten, vorgelegt von Ernst Kubitschek, Bad Reichenhall 1990 Denkmaler der Musik in Salzburg, S.5 21 2. Biblische Texte: Sonata I. Die Verkündigung „Und der Engel kam zu ihr […] Und sprach: Gegrüßte seist du, Hochbegnadete! Der Herr ist mit dir! Gebenedeit bist du unter den Weibern. […] Sie aber erschrak über seine Rede und dachte bei sich selbst: Welch ein Gruß ist das? […] Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen. Der wird groß sein und ein Sohn des Höchsten genannt werden.[...] Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. 3. Biblische Texte: Sonata XI. Der Auferstehung „Und da der Sabat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, des Jakobus Mutter, und Salome Spezerei, auf daß sie kämen und salbten ihn. Und sie kamen zum Grabe am ersten Tage der Woche sehr früh, als die Sonne aufging […] Und sie sahen auf und wurden gewahr, daß der Stein abgewälztwar; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen und sie entsetzten sich. Seine Erscheinung war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie Schnee. Aber den Engel hob an und sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, suchet. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und sehet die Stätte, da er gelegen hat; und geht eilend hin und sagt es seinen Jüngern, daß er auferstanden sei von den Toten.“ […] „Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni! Das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater.“ 22