Von den Tropen in die Stube

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Von den Tropen
in die Stube
Vielfalt den Gesneriengewächse
Dokumentarserie n° 40 der Conservatoire et Jardin botaniques der Stadt Genf.
Broschüre in 5000 Exemplaren herausgegeben anlässlich der Ausstellung
«Von den Tropen in die Stube».
Pierre-André Loizeau
Direktion
Alain Chautems, Mathieu Perret, David Aeschimann
Rédaktion
Übersetzung
Liz Hopkins (Englisch), Martin Spinnler (Deutsch)
Koordination Botanischer Garten
Der Universität Zürich
Bildmaterial
Gestaltung
Druck
Peter Enz
Sämtliches Bildmaterial ist Eigentum der Autoren dieser Broschüre,
mit Ausnahme der nach der Bildlegende speziell erwähnten Fotografen.
Matthieu Berthod
Fotorotar AG – Egg/ZH
Alle Rechte zur Vervielfältigung oder Abdruck sind vorbehalten
© CJBG – Genf, Mai 2016
© Texte Die Autoren
© Bilder Die Autoren und zitierten Fotografen
ISBN 2-8277-0340-8
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
4
2. Vom Wohnzimmer in die Tropen
7
Was sind Gesneriaceen?
7
Evolution
11
Epiphyten: Pflanzen zwischen Himmel und Erde
13
Die Bestäuber der Gesneriaceen
17
Die Beziehung zwischen Pflanze und Bestäuber :
Quelle der Blütenvielfalt
23
Feldforschung und Sammeln
27
Die Entdeckung neuer Arten
31
3. Von den Tropen ins Wohnzimmer
37
Das Usambaraveilchen: Verkaufsschlager
im Supermarkt und vom Aussterben bedroht
39
Gloxinia: die brasilianische Gesnerie
der Blumenzüchter
41
4. Die Europäischen Gesneriaceen
43
Die fünf europäischen Gesneriaceen-Arten
45
Relikte der europäischen Tertiärflora
49
Drei europäischen Gessneriaceen, die im
Jardin botanique de Genève kultivierten werden
52
5. Eine dem Schweizer Gelehrten Conrad
Gesner gewidmete Pflanzenfamilie
55
1.Tropische Zimmerpflanzen,
Ursprung und Vielfalt der Gesneriaceen
«Les Conservatoire et Jardin botaniques
schen Garten von Genf unternommenen
de la Ville de Genève » und der Botanische
Expeditionen sind über 3000 tropische
Garten der Universität Zürich beleuchten
Arten beschrieben worden. Sie zeichnen
gemeinsam den Ursprung tropischer Zim-
sich durch eine bemerkenswerte Vielfalt
merpflanzen. Wir laden Sie zu einem Rund-
der Blütenformen und -farben aus, und ver-
gang durch unsere Gewächshäuser ein.
schiedene unter ihnen finden für die Zucht
Erleben und entdecken Sie, unter welchen
von Zierpflanzen Verwendung.
tropischen Bedingungen diese Gartengewächse gedeihen und erfahren Sie mehr
Um die komplexen Prozesse zu verdeut-
über die Ursachen ihrer aussergewöhnli-
lichen, die zu dieser üppigen Vielfalt
chen Vielfalt.
geführt haben, stützen wir uns auf das
Fachwissen und die Kompetenz von For-
In dieser Ausstellung werden Sie die
schenden und Gärtnern der beiden Insti-
Gesneriaceen näher kennenlernen, eine
tutionen in Genf und Zürich. Neben den
Pflanzenfamilie, welche die tropische
wissenschaftlichen Informationen, die wir
Vielfalt verkörpert und deren Namen den
Ihnen vermittelt, sollen Sie die Pflanzen
berühmten Zürcher Naturforscher Conrad
aber auch berühren, riechen und beobach-
Gessner ehrt. Seit ihrer Entdeckung im
ten können und dadurch einen sinnlichen
17. Jahrhundert bei der Erforschung der
Eindruck von der tropischen Pflanzenviel-
Antillen bis zu den jüngsten vom Botani-
falt gewinnen.
4
Ihre Zimmerpflanzen :
ein Blick auf die Biodiversität der Tropen
Zusammen mit Orchideen, Begonien, Phi-
ten Villen leisten. Durch Fortschritte im
lodendren, Ficus, Palmen und Bromelien
Transportwesen und beim Bau und Betrieb
haben die Gesneriaceen unseren Wohn-
von Gewächshäusern wurden tropische
bereich erobert. All diese Pflanzen wurden
Pflanzen aber leichter verfügbar. Mit der
wegen ihrer bemerkenswerten Formen und
allgemeinen Verbreitung der Zentralhei-
farbenfrohen Blüten ausgewählt und ver-
zung in der Mitte des 20. Jahrhunderts
mitteln uns einen Einblick in die beeindru-
wurde die Zucht von Zimmerpflanzen in
ckende Biodiversität der Tropen.
Nordamerika und Europa immer populärer.
Inzwischen findet eine grosse Anzahl von
Die Zucht seltener exotischer Tropenpflan-
Pflanzen in unseren Wohnungen im wahrs-
zen konnten sich im 19. Jahrhundert nur
ten Sinne des Wortes blühende Wuchsbe-
Besitzer von Gewächshäusern oder beheiz-
dingungen.
5
Gesneriaceae
Calceolariaceae
Plantaginaceae
Scrophulariaceae
Lamiaceae
Lamiales
Wie erkennt man eine Gesnerie ?
Krautige Pflanze mit gegenständigen
Blättern, selten busch- oder strauchförmig
Krone aus 5 zu einer
Röhre verwachsenen
Kronblättern
Saintpaulia
2 oder 4 Staubblätter; diese
oft miteinander verwachsen
Zahlreiche kleine Samen,
auf der Fruchtwand angeordnet
2.Vom Wohnzimmer in die Tropen,
die Vielfalt einer tropischen Familie
Was sind Gesneriaceen ?
Die Familie der Gesneriaceen ( = Gesnerien-
Gesneriaceen, Lippenblütler und Wegerich-
gewächse) umfasst über 3000 Arten. Diese
gewächse sind wiederum Vertreter der grö-
sind mit der Gattung Salbei (Lippenblütler
sseren Gruppe der Lamiales mit etwa 80000
= Lamiaceae) und dem Löwenmaul (Wege-
Arten, was ungefähr einem Fünftel aller Blü-
richgewächse = Plantaginaceae) verwandt.
tenpflanzen entspricht.
Woher kommen die Gesneriaceen ?
Die Gesneriaceen kommen überall in den
(z.B. Chile, Südafrika, Australien, Neusee-
Tropen vor. Ausserdem sind sie teilweise
land) in Regionen mit temperiertem Klima
auch in Europa und auf der Südhalbkugel
verbreitet.
Geographische Verbreitung der Gesneriaceen.
Angaben zum Vorkommen:
Global Biodiversity Information Facility
7
1
2
3
4
5
In welchen Lebensräumen gedeihen Gesneriaceen ?
gebirgige
Dürreperioden überstehen. Andere hin-
Hochlagen. Sie gedeihen auf Bäumen
gegen sind auf eine immerfeuchte Umge-
(als Epiphyten) oder wachsen auf Felsen.
bung angewiesen und wachsen z.B. an
Einige Arten können in Knollen oder Rhi-
Flussufern oder im Unterholz von Nebel-
zomen Wasser speichern und damit lange
wäldern.
Gesneriaceen
bevorzugen
1 Chile, epiphytisch: Asteranthera ovata © Jason Hollinger - Wikimedia Commons
2 Ecuador, epiphytisch: Kohleria affinis © Andreas Kay
3 Panama, Unterholz tropischer Wälder: Besleria sp.
4 Südafrika : Streptocarpus dunnii © Nzfauna - Wikimedia Commons
5 Brasilien, Espirito Santo: granitischer Inselberg mit Paliavana prasinata
9
Zeit in Mio Jahren
11 Besleria
10 Mitraria
Südpazifik
Heute10 2030 405060 70
11
10
9
9 Diastema
8
8 Sinningia
5 Ramonda
Europa
6 Columnea Südamerika
7 Drymonia
7
6
5
4
3
3 Saintpaulia
Afrika
4 Paraboea
2
2 Aeschynanthus
1 Primulina
Asien
1
Auf DNS-Analysen
basierender phylogenetischer
Baum («Stammbaum»)
der Gesneriaceen
1 © Michael Wolf - Wikimedia Commons
4 © Qing-Jun Li
10 © Stan Shebs - Wikimedia Commons
Evolution
Alle Gesneriaceen gehen auf einen gemein-
Dank den Methoden der DNS-Analyse kann man
samen Vorfahren vor ungefähr 70 Millionen
heute genauere Aussagen über die Verwandt-
Jahren zurück. Im Verlauf dieser langen Ent-
schaftsverhältnisse und das Alter einzelner Arten
wicklungsgeschichte haben die Gesneriaceen
machen. Diese Analysen haben es erlaubt, für die
alle Kontinente besiedelt und sich in ver-
Gesneriaceen eine neue, plausiblere Systematik
schiedene Linien mit je eigener Morphologie
zu erarbeiten und die Ursachen ihrer ausserge-
und geographischer Verbreitung entwickelt.
wöhnlichen Vielfalt besser zu verstehen.
Entwicklungsgeschichte der Pflanzen anhand ihrer Gene
1: Die DNS der Pflanzen entziffern
2: Den Baum des Lebens rekonstruieren
Moderne Labormethoden ermöglichen das
Die Analyse der DNS-Sequenz erlaubt Aussa-
Entziffern der DNS-Sequenz. Die DNS ist ein
gen über die Verwandtschaft zwischen Arten
langes Molekül in Form einer Doppel-Helix
und unter gewissen Bedingungen auch über
(Helix: Spirale), das aus einer Abfolge von
das Alter der Arten. Dabei gilt folgender Grund-
Bausteinen (Basen) gebildet wird, die mit
satz: je näher miteinander verwandt Arten sind,
den Buchstaben A, C, G und T bezeichnet
desto ähnlicher sind sich ihre DNS-Sequenzen.
werden. Die Reihenfolge dieser Buchstaben
Auf Grundlage der DNS-Analyse lässt sich also
im DNS-Molekül entspricht einer Sprache,
ein phylogenetischer Baum (oder «Stamm-
in welcher die gesamte genetische Informa-
baum») ableiten, welcher die wahrscheinlichen
tion jedes einzelnen Lebewesens codiert ist.
Verwandtschaftsverhältnisse darstellt.
Columnea
Gloxinia
Saintpaulia
Salbei
Salbei Saintpaulia Gloxinia 11
Columnea
Epiphytische Gesneriaceen der Gattung Glossoloma
(rote Blüten) im Nebelwald, Panama
Epiphyten:
Pflanzen zwischen Himmel und Erde
Epiphyten, diese markanten Elemente tropi-
«epiphytisch» genannte Lebensform angenom-
scher Üppigkeit, wachsen auf Bäumen, weit
men, unter anderem Arten aus den Familien der
über dem festen Grund. Vertreter aus mehreren
Orchideen, Bromelien, Kakteen, aber auch Farne
Pflanzengruppen haben diese bemerkenswerte,
und rund 560 Gesneriaceen-Arten.
Luftige Lebensräume
che vom Stammfuss bis hinauf in die Baum-
Die Variabilität dieser ökologischen Faktoren
krone. Die einzelnen epiphytischen Arten sind
innerhalb eines Waldes begünstigt die Arten-
an spezielle Feuchtigkeits- und Lichtverhält-
vielfalt der Epiphyten und generell den Arten-
nisse angepasst. Diese hängen wiederum von
reichtum tropischer Wälder.
Epiphyt auf
Ameisennest
Epiphyt
auf humus
Stammepiphyt
–
+
Licht
der Höhe ab, auf welcher die Pflanze wächst.
Feuchtigkeit
Epiphyten besiedeln verschiedene Baumberei-
+
–
Halbepiphyt
13
è
è
Die tropischen Bergwälder:
ein Paradies für Epiphyten
In tropischen Bergwäldern zwischen 800m
Epiphyten weiterer Familien besonders
und 2500m, einer Höhe mit viel Nieder-
zahlreich vertreten. So gehören beispiels-
schlag und konstant hoher Luftfeuchtig-
weise 25% aller Pflanzen Ecuadors zu den
keit, sind epiphytische Gesneriaceen und
Epiphyten.
Die epiphytischen Gesneriaceen
Die Familie der Gesneriaceen gehört zu einer der 10 epiphytenreichsten Familien. Einige Beispiele:
Aeschynanthus
Columnea
Nematanthus
Codonanthe
Anzahl Arten: 185
Verbreitung : Tropisches Asien (China, Indien und
Hinterindien, Indonesien bis Neuguinea)
Anzahl Arten: 270
Verbreitung: Tropisches Amerika von Mexiko bis
Bolivien und Nordost-Brasilien
Anzahl Arten: 30
Verbreitung : Atlantischer Regenwald Brasiliens
Anzahl Arten: 8
Verbreitung: Atlantischer Regenwald Brasiliens
15
Die Evolution epiphytischer Gesneriaceen
Columnea
è
Epiphytische Pflanzen
Bodenpflanzen
Bei den Gesneriaceen ist die epiphytische Lebensweise
in Amerika und im tropischen Asien unabhängig voneinander
entstanden. In Amerika haben sich die ersten Epiphyten
vor ungefähr 30 Mio Jahren aus der Linie der Columnea
entwickelt. Columnea ist eine Gesneriaceengruppe,
die heute mehr als 500 Arten umfasst.
Die Bestäuber der Gesneriaceen
Alle Gesneriaceen sind für die Pollen-
sogar Fledermäusen bestäubt. Die Wechsel-
übertragung von Blüte zu Blüte auf Tiere
wirkung zwischen einer Pflanze und ihrem
angewiesen. Dieser für die Vermehrung
Bestäuber ist oft sehr spezifisch. Die Evo-
der Pflanzen grundlegende Vorgang wird
lution dieser Wechselwirkung ist eine der
Bestäubung genannt. Die Blüten der Gesne-
Ursachen der ausserordentlichen Blütenviel-
riaceen werden von Kolibris, Bienen und
falt, die diese Familie auszeichnet.
Kolibris – die Bestäuber Amerikas
Die Kolibris ernähren sich vom Nektar der Blü-
von mehr als 70% der amerikanischen Gesneri-
ten, die sie besuchen. Dank ihren feinen Schnä-
aceen. Die Kolibris, von denen es heute unge-
beln und der Fähigkeit auf der Stelle zu fliegen
fähr 338 Arten gibt, sind vor ca. 20 Millionen
(Schwirrflug) sind Kolibris wirkungsvolle Bestäu-
Jahren nach Amerika eingewandert. Sie sind
ber und spielen damit eine entscheidende Rolle
hauptsächlich in den Anden und im atlantischen
bei der Vermehrung von 7000 Pflanzenarten und
Regenwald Brasiliens verbreitet.
Blüten von Vanhouttea (Brasilien), die durch Kolibris der Gattung Leucochloris (links) und Phaethornis (rechts)
bestäubt werden. © Ivonne SanMartin-Gajardo
17
Bienen beim Sammeln von
Pollen, indem sie eine
Gesnerien-Blüte (Paraboea)
zum Vibrieren bringen.
© Anton Weber
© Qing-Jun Li
Tropische Bienen
Eine grosse Vielfalt von Bienen und Hum-
vom Blütennektar ernähren, besuchen männ-
meln besucht die Blüten der Gesneriaceen.
liche Prachtbienen die Blüten vor allem um
Die Insekten suchen dort den Blütennektar,
Duftharze zu sammeln, die sie an ihren Hin-
welchen sie mit einem zur Zunge umgeform-
terbeinen deponieren. Die Duftstoffe haben
ten Mundwerkzeug aufsaugen.
die Aufgabe, Weibchen anzulocken. Vor
Die Pracht- oder Orchideenbienen fallen
allem Orchideen werden auf diese beson-
durch ihre metallisch schimmernde Färbung
dere Art bestäubt, aber auch einige Gesneri-
besonders auf. Während sich die Weibchen
aceen wie beispielsweise Gloxinia perennis.
Bienen der Gattung Euglossa (links) und Eulaema (recht)
© USGS Bee Inventory and Monitoring Lab et The Packer Lab
Die Vibrationsbestäubung
Verschiedene Hummeln und Bienen sind
Salzstreuer erinnert, lässt sich die Pollen-
in der Lage Pollen zu sammeln, indem sie
menge, die beim Besuch eines Bestäu-
mit ihrer Flugmuskulatur die Blüten zum
bers abgegeben wird, präzise dosieren.
Vibrieren zu bringen. Pflanzen, die auf
Ungefähr 8% aller Pflanzen werden auf
diese Art bestäubt werden, geben den Pol-
diese Art bestäubt, darunter Tomaten und
len meist durch kleine Öffnungen frei, die
Kartoffeln, aber auch einige Gesneria-
sich am Ende ihrer Staubblätter befinden.
ceen wie beispielsweise Saintpaulia und
Mithilfe dieser Einrichtung, die an einen
Ramonda.
19
Nektarfressende Fledermaus
(Glossophaga soricina) beim Besuch einer
Gesnerien-Blüte (Sinningia brasiliensis).
© Ivonne SanMartin-Gajardo
Nektarfressende Fledermäuse
In den tropischen Regionen Amerikas ernäh-
der Duftstoffe lokalisieren. Im stationären
ren sich einige Fledermäuse vorwiegend von
Schwirrflug steckt die Fledermaus ihren
Nektar. Nach Anbruch der Abenddämme-
Kopf in die Blüte und sammelt den Nektar
rung suchen diese besonders erfolgreichen
mit ihrer langen, rauen Zunge. Während
Bestäuber die Blüten auf, welche sie mit-
dieses kurzen, den Bruchteil einer Sekunde
hilfe ihres Echoortungssystems und anhand
dauernden Kontakts wird Pollen auf den
Bestäuber übertragen, der ihn danach auf
die nächste Blüte überträgt und sie dadurch
bestäubt. Bei den Gesneriaceen ist diese
Bestäubungsart unabhängig voneinander in
der Karibik, in Brasilien und in den Anden
entstanden. Blüten, die von Fledermäusen
bestäubt werden, erkennt man an ihrer grünlichen Farbe, der weiten Öffnung und der
Durch eine Fledermaus bestäubte Paliavana
prasinata (Brasilien)
grossen Nektarproduktion, die vorwiegend
© Ivonne SanMartin-Gajardo
während der Nacht stattfindet.
Sich entwickelnde Beziehungen
Anhand des phylogenetischen Baums der Gesne-
riaceen immer wieder von neuem entwickelt. Die
riaceen lässt sich erkennen, dass die Bestäu-
Bestäubung durch Fledermäuse, die bei ungefähr
bung durch Bienen ihr ursprünglichstes Bestäu-
zehn Gesneriaceen-Arten vorkommt, hat sich erst
bungssystem darstellt. Die ersten durch Kolibris
vor 5 bis 10 Millionen Jahren entwickelt und ist
bestäubten Blüten treten vor 20 Millionen Jahren
damit vergleichsweise jung. Die Entwicklung
auf, gleichzeitig mit der Einwanderung der ers-
unterschiedlicher
ten Kolibris in Südamerika. Diese neue Art der
-methoden ist einer der Gründe für die Blüten-
Bestäubung hat sich in den Gruppen der Gesne-
vielfalt in dieser Pflanzenfamilie.
21
Bestäubungssysteme
und
Formen- und Farbenvielfalt
einiger Gesneriaceen-Blüten
Die Beziehung zwischen Pflanze und
Bestäuber: Quelle der Blütenvielfalt
Blüten haben nicht deshalb spektakuläre und
darf und Verhalten von Bienen, Kolibris oder
attraktive Formen und Farben, um uns Men-
Fledermäusen. Die Blüten haben sich den
schen zu gefallen. Vielmehr ist die Blüten-
unterschiedlichen Bedürfnissen und Anforde-
vielfalt oft das Resultat intensiver Wechsel-
rungen der Bestäuber angepasst, indem sie
beziehungen zwischen Blüte und Bestäuber,
ihre Farben und Formen und das Nektaran-
die sich über Jahrmillionen entwickelt haben.
gebot variieren. Dies alles dient letztlich dem
Tierische Bestäuber besuchen Blüten, um
Anlocken des Bestäubers, der den optimalen
sich von deren Nektar zu ernähren. Es gibt
Transport des Pollens von einer zur nächsten
aber erhebliche Unterschiede im Energiebe-
Blüte einer Art gewährleisten soll.
Energiequelle Nektar
Die Blüten locken ihre Bestäuber meist an,
indem sie ihnen zuckerhaltigen Nektar als
flüssige Energiequelle anbieten.
Bei den Gesneriaceen wird der Nektar in
speziellen Drüsen gebildet. Der Nektar
gelangt durch winzige Öffnungen (Stomata)
zu Kammern am Grund der Fruchtblätter und
reichert sich dort an.
Menge und Konzentration des Nektars
variieren je nach Energiebedarf der einzelnen Bestäuber. So produzieren durch Fledermäuse bestäubte Blüten bis zu 100 Mal
mehr Nektar als insektenbestäubte Blüten.
Dafür haben insektenbestäubte Blüten aber
Nektardrüsen am Grund des Stempels und
Detailaufnahme der Spaltöffnungen einer Blüte von
Paliavana prasinata. © Sarah Cachelin
viel höhere Zuckerkonzentrationen.
23
Beispiele von kolibribestäubten
Gesneriaceen-Blüten
Menschen
Kolibris
Bienen
Wellenlänge
(nm)
400
500
600
700
Kolibri beim Besuch
verschiedener Blüten
der Gattung Columnea.
Je nach Blütentyp
wird der Pollen auf
unterschiedliche
Stellen des Vogels
übertragen: Stirn,
Schnabel oder Kinn
© Amaya–Márquez (1996)
Biene auf
Nektarsuche in
Blüten von Sinningia.
Der Pfeil zeigt
die Stelle, an der
die Staubblätter mit
dem Bestäuber in
Kontakt kommen.
© SanMartin-Gajardo (2004)
Farbwahrnehmung gemäss visuellem
System von Mensch, Kolibri und Biene
Weshalb sind durch Kolibris bestäubte
Blüten häufig rot?
Nicht alle Tiere nehmen Farben gleich
von Bienen aber kaum wahrgenommen. So
wahr. Die Farbwahrnehmung von Kolibris
werden rote Blüten nur selten von Bienen
gleicht derjenigen von Menschen. Hinge-
besucht und bieten stattdessen den wert-
gen sehen Bienen die Wirklichkeit ganz
vollen Nektar denjenigen Tieren an, die als
anders : Sie können ultraviolettes Licht
einzige fähig sind, sie zu bestäuben: die
wahrnehmen, sehen aber Rottöne nur
Kolibris.
schlecht.
Rote Blüten locken also eigentlich nicht
Deshalb werden rote Blüten zwar von
Kolibris an, sondern verstecken sich vor
Menschen und Vögeln sehr gut erkannt,
Bienen !
Blütenmorphologie und Bestäubung
Wenn es darum geht, einen bestimmten
röhrenförmigen durch Kolibris bestäubten
Bestäubertyp anzulocken, sind Grösse
Blüten nicht möglich ist. Wo der Pollen
und Gestalt einer Blüte ausschlagge-
beim Blütenbesuch auf dem Bestäu-
bend. So müssen Bienen in die Blüte
ber haften bleibt, hängt sowohl von der
kriechen können, um an den Nektar zu
Länge der Staubblätter als auch von ihrer
gelangen, was ihnen aber bei den eng
Lage ab.
25
Feldforschung:
Präparieren der Pflanzen
è
Herbarbelege Triebe und Samen DNA
Herbaium Genf
Lebendsammlung
Gesneriaceen (Brasilien)
DNA-Bank
è
è
è
Verbreitungskarte
der Arten
Anzahl
Arten pro
Rasterquadrat
1–8
9 – 21
22 – 47
48 – 81
82 – 147
Beschreibung
der Morphologie
Molekulare
Phylogenie
Feldforschung und Sammeln
Will man die Biodiversität tropischer Regionen
kann man sie bestimmen? Wo sind sie im phylo-
untersuchen, sind die Arbeit im Feld und das
genetischen Stammbaum verortet? Diese Fragen
Sammeln von Pflanzen unerlässliche Elemente
lassen sich nur klären, wenn man die im Feld
der Forschung. Woher stammen die Arten? Wie
gesammelten Informationen berücksichtigt.
Botanische Forschung in Panama und Brasilien
Vom Feld ins Herbarium
Die gesammelten Pflanzen werden gepresst
oder Triebe aufbewahrt, um später daraus
und beschriftet und dann in die Herbarsamm-
Pflanzen zu vermehren. Die Merkmale all
lung integriert. Für die DNA-Sequenzanalyse
dieser Proben und Herbarbelege dienen als
im Labor werden Proben von Pflanzenblättern
Grundlage für die Bestimmung, Beschreibung
genommen. Häufig werden zusätzlich Samen
und Klassifikation von Arten.
27
Werkzeuge für die Arterhaltung
Unsere Forschung und die Projekte im Feld
Verbreitung der gesammelten Informatio-
liefern wichtige Beiträge zur Messung und
nen und Erkenntnisse. Als Ergebnis unserer
Beschreibung und zum Schutz der Biodiver-
Forschung konnten in Brasilien rund 210
sität. Die daraus entstandenen Kataloge,
Arten beschrieben werden, wovon 33 Arten
Florenwerke und Roten Listen dienen der
als bedroht gelten.
Artenliste der brasilianischen Flora,
darunter rund 210 Gesneriaceen-Arten.
Araujo & Chautems, 2010
Rote Liste der brasilianischen Flora, darunter
33 Gesneriaceen-Arten, die als gefährdet
oder bedroht gelten. Chautems et al., 2013
29
Dieser Typenbeleg dient
als Grundlage zur Beschreibung
von Sinningia canastrensis.
Genfer Herbarium.
1753 erscheinen die
ersten von Linné
verfassenten
wissenschaftlichen
GesneriaceenBeschreibungen
2015 wird in der
Zeitschrift Candollea
eine von Chautems
und Mitverfassern
neu beschriebene Art
veröffentlicht.
Die Entdeckung neuer Arten
Kommt ein Botaniker zum Schluss, dass
aber erst zulässig, nachdem die gesamte
sich eine Pflanze von allen bisher beschrie-
Literatur und alle Herbarbelege der betref-
benen Arten unterscheidet, handelt es sich
fenden Pflanzengruppe berücksichtigt wor-
für ihn um eine neue Art. Dieser Schluss ist
den sind.
Die Beschreibung der Gesneriaceen-Arten:
Eine Arbeit, die bereits über 300 Jahre dauert
der botanischen Nomenklatur gilt. Die
Arten beschrieben worden. 1753 ist das
Erforschung der Tropen ist längst nicht
Erscheinungsjahr von Linnés Werk Spe-
abgeschlossen, und es werden jedes Jahr
cies Plantarum, das als Ausgangspunkt
neue Arten entdeckt.
Anzahl beschriebene Arten
Seit 1753 sind ununterbrochen neue
2016
Rund 3000
bekannte
Arten;
zahlreiche
weitere
warten noch
auf ihre
Entdeckung.
Jahr
31
Einige neue Arten aus Brasilien, von oben nach unten und von links nach rechts
Sinningia bullata Chautems & M. Peixoto, Sinningia «Catolés», Sinningia gerdtiana Chautems
Sinningia bragae Chautems & al., Sinningia «Itaguassu», Nematanthus punctuatus Chautems,
Sinningia kautskyi Chautems, Sinningia «Pancas», Sinningia helioana Chautems & Rossini
Die erste beschriebene tropische Gesnerie
Vor 300 Jahren wird der französische Botaniker Charles Plumier (1646-1704) von König
Ludwig XIV mit der Erforschung der Antillen beauftragt. Im Verlauf zweier Reisen in
den Jahren 1693 und 1695 entdeckt und
beschreibt er zahlreiche der Wissenschaft
bisher unbekannte Pflanzen und nennt eine
davon Gesnera. Mit diesem Namen ehrt er
den Schweizer Naturkundler und Gelehrten Conrad Gessner. Plumiers Gesnera, der
Linné später den wissenschaftlichen Namen
Gesneria humilis gibt, gilt als erste beschriebene tropische Gesneriaceen-Art und dient
als Referenzart (Typus) der Gattung Gesneria,
die wiederum der Familie der Gesneriaceen.
den Namen gab.
Neue brasilianische Arten
In den letzten 30 Jahren hat eine intensive
Bestimmung zahlreicher bisher unbekannter
Erforschung der brasilianischen Gesneria-
Pflanzen geführt. Die Beispiele, die Sie hier aus-
ceen zur Entdeckung und wissenschaftlichen
gestellt sehen, illustrieren die ausserordentliche
Beschreibung von 35 neuen Arten und zur
Vielfalt der brasilianischen Gesneriaceen.
33
Oben 1831 veröffentlichte
Abbildung von Sinningia helleri
Unten Sinningia helleri, 2015 in der
Umgebung von Rio de Janeiro
wiederentdeckt. © Marilia S. Wängler
Eine Wiederentdeckung nach 190 Jahren
1825 veröffentlicht Christian Gottfried
helleri keinerlei Erwähnung mehr, weder in
Daniel Nees von Esenbeck die Beschrei-
Europa noch in ihrer Heimat Brasilien. Im
bung und eine Kupferstich-Darstellung von
Frühling 2015 wird sie wiederentdeckt,
Sinningia helleri, einer neuen, in der Umge-
als in einer Facebook-Gruppe, die sich der
bung von Rio de Janeiro gesammelten bra-
Bestimmung brasilianischer Pflanzen wid-
silianischen Art. Herbarbelege und Darstel-
met, Informationen ausgetauscht werden.
lungen in Gartenbau-Zeitschriften jener Zeit
Es ist eine bedeutungsvolle Wiederentde-
zeigen, dass die Pflanze danach den Weg
ckung, handelt es sich doch bei dieser sel-
in verschiedene botanische Gärten Europas
ten beobachteten Art um die Referenzart
gefunden hat. Seit 1909 aber fand Sinningia
(Typus) der Gattung Sinningia.
35
Achimenes patens « Major » © Simon Garbutt
Aeschynanthus evrardii
Episcia «Red Bolivia» © Mauro Peixoto
Streptocarpus «Joker» © Mauro Peixoto
3.Von den Tropen ins Wohnzimmer -Wild- pflanzen als Quelle von Zuchtformen
Die Gesneriaceen: geschätzte Zimmerpflanzen
Neben dem populären Usambaraveilchen
vermarktet. Deren Popularität wird durch die
oder Saintpaulia werden weitere gartenbau-
Aktivitäten von Liebhabervereinen wie der
lich interessante Arten aus den Gesneria-
«Swedish Gesneriad Society » in Europa oder
ceen-Gattungen Achimenes, Aeschynanthus,
der «Gesneriad Society » in den Vereinigten
Columnea, Episcia, Kohleri und Streptocarpus
Staaten zusätzlich gefördert.
Vermehrung von Gesneriaceen
Die Vermehrung ist einer der gartenbaulichen
sich problemlos mittels künstlicher Bestäubung
Vorzüge dieser Familie. Die meisten Arten kön-
gewinnen. Sie sind zahlreich und klein (selten
nen sehr einfach mit Stecklingen aus Blättern
länger als 1 mm) und keimen nach wenigen
oder der Sprossachse oder mit Rhizom- oder
Tagen oder Wochen. Aus Samen gezogene
Knollenteilen vermehrt werden. Samen lassen
Pflanzen blühen nach 6 bis 12 Monaten.
37
Farben- und Formenvielfalt einiger
gartenbaulicher Kulturvarietäten
von Saintpaulia
Das Usambaraveilchen: Verkaufsschlager
im Supermarkt und vom Aussterben bedroht
Wegen ihrer Farbe, die an Veilchen erin-
Verbreitung zu Gefährdungsstufen zwischen
nert, heisst die Gattung Saintpaulia Usam-
«potentiell gefährdet» und «vom Aussterben
baraveilchen, sie ist aber mit unseren
bedroht.
heimischen Veilchen nicht einmal entfernt
Die ursprünglich eingeführte Art und die dar-
verwandt. Die ursprüngliche Art Saintpaulia
aus gezüchteten Formen gehören heute zu den
ionantha wurde erstmals 1893 in Deutsch-
am häufigsten gehandelten Zimmerpflanzen.
land anhand kultivierter Exemplare beschrie-
Man findet sie sowohl in den Regalen der Blu-
ben, deren Samen von den Usambara-Ber-
menhandlungen als auch in Supermärkten.
gen im heutigen Tansania stammten. Die
Die zurzeit existierenden ungefähr 2000 Vari-
Gattung umfasst ein halbes Dutzend Arten,
etäten werden von wenigen Produzenten in
die alle aus den ostafrikanischen Ländern
grossen Mengen gezüchtet. Der Jahresum-
Tansania und Kenia stammen. Gemäss der
satz des Usambara-Handels beträgt mehrere
Roten Liste der «International Union for
10 Millionen Franken. Dass diese massenhaft
Conservation of Nature and Natural Resour-
gehandelte Pflanze in ihrem ursprünglichen
ces» (IUCN) gehören alle Saintpaulia-Arten
Verbreitungsgebiet vom Aussterben bedroht
wegen ihrer sehr geringen geographischen
ist, mag deshalb paradox erscheinen.
Eine Saintpaulia in ihrer natürlichen Umgebung in Tansania © African violet project, Gerard D. Hertel, West Chester University, Bugwood.org
39
Links Gloxinia speciosa var. macrophylla, in Curtis’s
Botanical Magazine veröffentlichte Abbildung (1842)
Unten 2010 in der Nähe von Cardoso Moreira (Bundesstaat Rio de Janeiro) fotografierte Pflanze. Sie hat grosse
Ähnlichkeit mit der links abgebildeten Kulturvarietät
Gloxinia speciosa var. macrophylla!
© Idimá G. Costa
Oben Gloxinia speciose-hybride «Hector Wong»
Rechts Belgique horticole 17, tab. 16 (1867)
Gloxinia – die brasilianische
Gesnerie der Blumenzüchter
1815 wird eine wahrscheinlich in der Umge-
und Treibhäusern der damaligen Zeit ver-
bung der damaligen Hauptstadt Rio de Jan-
wendet. Es werden zahlreiche neue Formen
eiro gesammelte Pflanze nach England einge-
gezüchtet und beschrieben, die sich insbeson-
führt. In der Nähe Londons blüht sie in einer
dere in Farbnuancen unterscheiden, welche
privaten Gartenanlage. Der Eigentümer M.
von violett und dunkelrot bis weiss reichen.
Joachim Conrad Loddiges nennt sie Gloxinia
Die vielen Varietäten sind entweder aus
speciosa und erfasst sie im ersten Band des
spontanen Mutationen oder aus Kreuzungen
«Botanical Cabinet», einer Schriftenreihe, in
mit brasilianischen Wildformen entstanden.
welcher er die in seinen Treibhäusern gedei-
Botaniker nennen die Gloxinia der Blumen-
henden exotischen Pflanzen illustriert. Ab
züchter Sinningia speciosa. Inzwischen findet
Mitte des 19. Jahrhunderts erfährt Gloxinia
man diese selten gewordene Pflanze nur noch
speciosa zunehmende Wertschätzung und
in einigen fragmentierten Arealen des atlanti-
wird immer öfter als Zierpflanze in den Salons
schen Regenwalds in Brasilien.
Mit aufrechter Blüte : Gloxinia fifyana
tritt auf die Bühne
1845 entsteht in England aus einer
grosse Erfolge und werden zu einem
geheim gebliebenen Kreuzung Gloxinia
festen Bestandteil des viktorianischen
fifyana, eine Zuchtform mit aufrechter
Salons. Auch heute noch werden sie
Blütenkrone. Zwischen 1850 und 1900
gehandelt, sind aber inzwischen etwas
feiern die daraus gezüchteten Varietäten
aus der Mode gekommen.
41
Ramonda myconi
Gesnerie der Pyrenäen
(Jardin botanique de Genève)
Haberlea rhodopensis
Gesnerie des Balkans
(Jardin botanique de Genève)
Saintpaulia ionantha
Afrikanische Gesnerie (Tansania),
Zimmerpflanze mit zahlreichen Zuchtformen
Streptocarpus sp.
Afrikanische Gesnerie, Zimmerpflanze mit zahlreichen
Zuchtformen © Ron Myhr
4. Gesneriaceen nur in den Tropen?
Nein, auch in Europa!
Die Familie der Gesneriaceen umfasst rund
drei Gattungen kommen aber im Süden Euro-
3300 meist tropische Arten. Fünf Arten aus
pas vor, in den Pyrenäen und auf dem Balkan.
Familienähnlichkeiten…
Die europäischen Gesneriaceen der Gattung
Eine andere europäische Gesnerie, Haber-
Ramonda haben eine grosse Ähnlichkeit mit
lea rhodopensis, gleicht auffallend den
der beliebten Zimmerpflanze Saintpaulia
ursprünglich aus Afrika stammenden Zim-
ionantha, deren deutscher Name Usamba-
merpflanzen der Gattung Streptocarpus.
raveilchen auf ihre afrikanische Herkunft
weist : die Usambara-Berge in Tansania.
43
1
2
3
4
5
Die fünf europäischen
Gesneriaceen-Arten
1 Haberlea rhodopensis *
Rhodopen und Balkangebirge
(Bulgarien und Griechenland)
2 Jancaea heldreichii
Olymp (Griechenland) © en.protothema.gr / Newsroom
3 Ramonda myconi *
Pyrenäen und Katalonien
(Frankreich und Spanien)
4 Ramonda nathaliae *
Zentraler Balkan
(insb. Mazedonien)
5 Ramonda serbica
Zentraler und westlicher Balkan
(insb. Albanien) © Johannes Flohe
* Wird im Jardin botanique de Genève kultiviert
Regenerationsfähige Pflanzen
Die europäischen Gesneriaceen haben eine
Widerstandskraft Millionen von Jahren
bei Blütenpflanzen seltene Fähigkeit: Sie
überdauern. Die fünf europäischen Gesne-
können nach einer Dürreperiode Wasser
riaceen gedeihen in niederen bis mittleren
aufnehmen und wiederergrünen. Damit
Gebirgslagen und in schattigen Felsspalten
sind sie bestens an klimatischen Schwan-
auf Kalkgestein (teilweise auch auf Serpen-
kungen angepasst und konnten dank ihrer
tin oder silikathaltigem Substrat).
45
Der Lorbeerwald in «Los Tilos» im Nordwesten der Insel La Palma
(Kanarische Inseln, 6. April 2015) vermittelt einen Eindruck von der tropischen
Vegetation, wie sie im Zeitalter des Tertiärs nördlich der Alpen verbreitet war.
Relikte der europäischen
Tertiärflora
Im Tertiär (vor 65 bis 2.6 Millionen Jahren)
den beginnenden Gletscherzeiten im Quar-
war Zentraleuropa von einer tropischen bis
tär ging die tropische Vegetation in Europa
subtropischen Vegetation bedeckt, die durch-
zurück und verschwand dann gänzlich.
schnittliche Jahrestemperatur war im Ver-
Man vermutet, dass dabei auch zahlreiche
gleich zu heute um bis zu 10°C höher. Heute
europäische Gesneriaceen ausgestorben
geht man davon aus, dass die tropische Pflan-
sind. Die fünf heute noch existierenden
zenfamilie der Gesneriaceen während des Ter-
europäischen Arten kommen in den Pyre-
tiärs in Europa weit verbreitet war.
näen und auf dem Balkan vor und zählen
Gegen Ende des Tertiärs (weniger warm ;
zu den besten Beispielen für Relikte der
vor ca. 25 Millionen Jahren) und später mit
wärmeliebenden europäischen Tertiärflora.
Bestätigung einer alten Hypothese
mit molekulargenetischer Datierung
Seit Ende des 19. Jahrhunderts gingen Bota-
Gemäss Petrova & al. trennten sich die
niker zunehmend davon aus, dass die euro-
Entwicklungslinien von Haberlea auf der
päischen Gesneriaceen ihren Ursprung im
einen und Ramonda/Jancaea auf der ande-
Tertiär haben. Mittels molekulargenetischer
ren Seite vor ungefähr 25 Millionen Jahren.
Datierung (sog. molekulare Uhr) konnte diese
Die Trennung der Gattung Ramonda in eine
Hypothese vor kurzem bestätigt werden. Man
pyrenäische und eine balkanische Linie erfol-
datiert heute den Ursprung der europäischen
gte vor ungefähr 8.5 Millionen, diejenige
Gesneriaceen auf das Oligozän, vor ungefähr
der Gattung Jancaea von der balkanischen
30 Millionen Jahren. Damals fand die Tren-
Ramonda-Linie vor ca. 7 Millionen Jahren. Viel
nung der europäischen von den asiatischen
jünger ist die Entwicklung in die beiden Arten
Gesneriaceen statt (siehe Petrova & al. (2015),
Ramonda nathaliae und R. serbica: Sie fand
International Journal of Plant Sciences 176:
während der letzten Eiszeiten statt, also vor
499–514).
einigen 10000 bis 100 000 Jahren.
47
Woodwardia radicans in «Los Tilos», im Nordosten von La Palma
(Kanaren, 6. April 2015). Die Farnwedel sind über einen Meter gross.
Detail aus der Tafel 5 der Flora tertiaria helvetiae von Oswald Heer (1855-1859). Fundort: Eriz (Kt. Bern). Lithographische Darstellung von Woodwardia rössneriana, eine
fossile Art, die mit Woodwardia radicans nahe verwandt ist. © Bibliothèque des CJBG
Die Tertiärrelikte
Im Tertiär dominierten Lorbeerwälder in
Quartär ging die tropische Vegetation in
Zentraleuropa, also immergrüne Feuchtwäl-
Europa zurück und verschwand dann gänz-
der, die durch verschiedene Baumarten aus
lich. Heute findet man Lorbeerwälder nur
der Familie der Lauraceen charakterisiert
noch an einigen feuchten Nordhanglagen
sind. Gegen Ende des Tertiärs und später
der Kanareninseln (z.B. auf La Gomera und
mit den beginnenden Gletscherzeiten im
La Palma), sowie auf Madeira.
Oswald Heer, Pionier der Erforschung der Tertiärflora
Im 19. Jahrhundert gehörte der Schweizer
Oswald Heer (1809-1883) zu den Pionieren
der Erforschung von Flora und Insekten des
Tertiärs. Sein Werk Flora tertiaria helvetiae
(1855-1859) behandelt die Fossilien von 920
Arten und enthält 156 Kupferstiche, welche
die Beschreibungen illustrieren.Die meisten
der von Oswald Heer beschriebenen Arten
sind längst aus Europa verschwunden. Einige
wenige Arten wie z.B. der Wurzelnde KettenOswald Heer (1809-1883) war seit 1834 Direktor des
Botanischen Gartens in Zürich. Ab 1835 hatte er an
der Universität Zürich und ab 1855 zusätzlich an der
ETH Zürich die Professur für Botanik.
farn (Woodwardia radicans) oder die Zwergpalme (Chamaerops humilis) kommen aber
noch heute im Süden Europas vor.
© Bibliothèque des CJBG
Der Wurzelnde Kettenfarn (Woodwardia radicans)
Während des Tertiärs kamen Farne dieser
rien, auf den Azoren, in Madeira und auf den
Gattung auf der Nordseite der Alpen vor.
Kanarischen Inseln. Diese Pflanzen, die man
Populationen von Woodwardia radicans gibt
als lebende Fossilien bezeichnen kann, sind
es heute noch im Nordwesten Spaniens, in
Relikte aus dem Tertiär, als Europa von tropi-
Portugal, Korsika, Süditalien, Kreta, Alge-
scher Vegetation bedeckt war.
49
Eine im Botanischen Garten kultivierte Chamaerops humilis.
Tafel 31 der Flora tertiaria helvetiae von Oswald Heer (1855-1859). Fundort: Uznach (Kt. St. Gallen).
Lithographische Darstellung von Chamaerops helvetica, eine fossile Art, die mit der heutigen Chamaerops humilis
nahe verwandt ist. © Bibliothèque des CJBG
Chamaerops humilis südöstlich von «Prado del Rey» (Andalusien, 16. Oktober 2013).
Die Zwergpalme
(Chamaerops humilis)
Im Tertiär kamen kleine Palmen dieser Gat-
telmeergebiet verbreitet. Wie Woodwardia
tung ebenfalls nördlich der Alpen vor. Heute
radicans ist auch sie ein Zeuge (oder leben-
ist die Zwergpalme noch im westlichen Mit-
des Fossil) der europäischen Tertiärflora.
Ramonda myconi,
eine pyrenäische
Gesnerie,
im Botanischen
Garten kultiviert.
Das Beispiel
der europäischen Gesneriaceen
Trotz fehlender fossiler Beweise geht man
tenpflanzen. Betrachtet man ihren feinen
davon aus, dass die tropische Pflanzen-
Bau und ihre Vergänglichkeit, wird ver-
familie der Gesneriaceen während des
ständlich, weshalb wir heute keine Fos-
Tertiärs in Europa weit verbreitet war. Die
silien europäischer Gesneriaceen kennen
fünf in Europa noch vorkommenden Arten
und somit diese Familie auch in Oswald
gehören alle zum sog. Typus der Felsspal-
Heers Werk nicht vorkommt.
51
Drei europäischen
Gessneriaceen,
die im Jardin
botanique de
Genève
kultivierten
werden
Haberlea rhodopensis Friv.
Die Gattung Haberlea wurde 1835 dem deut-
des Balkangebirge, sowie in den Rhodopen
schen Naturforscher Karl Konstantin Haberle
(Bulgarien und Griechenland) – dem Gebirge,
(1764-1832) von seinem Schüler Imre Friáld-
welches der Art den Namen gab (H. rhodopen-
szky von Friváld (1799-1870) gewidmet. Die
sis) – und auf einigen Bergen im Nordosten
einzige Art der Gattung gedeiht im Zentrum
Griechenlands (z.B. auf dem Pangaion).
Ramonda myconi (L.) Rchb.
Die Gattung Ramonda ist dem französischen
haben: oreja de oso, «Bärenohr» (was auf die
Politiker, Geologen und Botaniker Louis
Gestalt und Behaarung der Blätter weist). Eine
Ramond de Carbonnières (1755-1827) gewid-
erste Erwähnung der Art findet sich in der
met, der auch ein Pionier der Erforschung der
Historia generalis plantarum von Daléchamps,
Pyrenäen war.
der sie Auricula Ursi Myconi nennt, «Micós
Die Art R. myconi ist dem katalanischen Apothe-
Bärenohr». 1753 übernimmt Linné das Epithe-
ker und Botaniker Francisco Micó (1528-1592,
ton (= Zusatz) myconi und ordnet die Art der
latinisiert Franciscus Myconus) gewidmet, der
Gattung Verbascum zu (Verbascum myconi).
die Pflanze auf dem Montserrat (Katalonien) als
Erst 1805 kreiert Louis Claude Marie Richard
erster entdeckte. Micó teilte diese Entdeckung
den Gattungsnamen Ramonda, und im Jahr
und diejenige weiterer neuer Arten dem fran-
1831 stellt Heinrich Gottlieb Ludwig Reichen-
zösischen Naturforscher Jacques Daléchamps
bach das Epitheton myconi zu Ramonda.
(1513-1588) mit und wird ihm sicherlich auch
Die Art gedeiht in den zentralen und östlichen
den einheimischen spanischen Namen genannt
Pyrenäen und in Katalonien.
Ramonda nathaliae Pancic & Petrovic
Natalija Obrenović oder Nathalie von Serbien
Die Pflanze gedeiht im zentralen Balkan. Die
(1859-1941) hiess die serbische Königin, der
meisten Populationen findet man in der Repu-
Ramonda nathaliae gewidmet ist. Im Jahr
blik Mazedonien (ehemals Jugoslawien), sie
1882, ihrem ersten Regierungsjahr, wurde
kommt aber auch im Westen der griechischen
diese neue Art von den beiden serbischen
Region Makedonien (insb. westlich-südwest-
Botanikern Joseph Pančić (1814-1888) und
lich von Naousa) und im Südosten von Serbien
Sava Petrović (1839-1889) beschrieben.
(südöstlich von Niš) vor.
53
Wie lassen sich die Gattungen Haberlea und
Ramonda unterscheiden?
Wie lassen sich Ramonda
myconi und R. nathaliae
unterscheiden?
Haberlea
Ramonda
Ramonda myconi
Ramonda nathaliae
Zweilippige Krone, die obere
Lippe mit zwei, die untere mit
drei Kronblättern.
Schlund mit langen Haaren,
orange und violett gefleckt
(Wegmarkierung für bestäubende Insekten).
Kronblätter radial (radförmig)
angeordnet.
Schlund orangefarben, mit
sehr kurzen Haaren.
Blüte meist mit fünf
Kronblättern.
Blüte meist mit vier
Kronblättern.
Röhre der Krone länger als
ihre Lappen.
Röhre der Krone kaum
vorhanden oder viel kürzer
als ihre Lappen
(Rückansicht).
Blätter stark runzelig und
gezähnt, dicht behaart. Die
Art trägt deshalb auf Spanisch den passenden Namen
oreja de oso, «Bärenohr».
Blätter wenig runzelig,
ganzrandig oder schwach
gezähnt, nur spärlich
behaart.
Vier miteinander verwachsene
Staubbeutel, vielkürzer als die
Staubfäden (das bestäubende
Insekt reibt seinen Rücken an
den Staubbeuteln, die dann
ihren Pollen freigeben).
Fünf nicht miteinander
verwachsene Staubbeutel,
mindestens so lang wie die
Staubfäden.
Blätter lang
zungenförmig.
Blätter breit-oval.
5.Eine dem Schweizer Gelehrten Conrad Gesner gewidmete Pflanzenfamilie
Wer war Conrad Gessner?
2016 feiern wir den 500-jährigen Geburts-
tete, begründete er eine neue botanische
tag dieses Naturforschers und Gelehrten,
Methode der Pflanzenbeschreibung. Die
der 1516 in Zürich geboren wurde und hier
Publikation seiner «Historia Plantarum»,
im Jahre 1565 der
an welcher er bis zu
Pest
Gess-
seinem Tod mit Hin-
ner, ein Zeitgenosse
gabe gearbeitet hatte,
Calvins und Schüler
erlebte er nicht mehr,
und Patenkind des
sie erfolgte erst 200
Reformators Zwingli,
Jahre nach seinem Tod.
hat das damals in
Gessner ist auch der
verschiedenen Fach-
Erste, der erkennt, wie
gebieten verfügbare
die alpinen Vegetations-
erlag.
Wissen zusammen-
stufen durch Höhenlage
geführt. Gessner, ein universaler Geist, hat
und Temperatur charakterisiert sind. Die
zahlreiche wichtige Werke verfasst und
Familie der Gesneriaceen ehrt in Gessner
innovative Konzepte entwickelt, welche
einen international anerkannten Schweizer
die modere Bibliographie, Zoologie und
Gelehrten und ist durch ihre bemerkens-
Botanik mitbegründet haben. Indem er die
werte biologische Vielfalt besonders dazu
spezifischen Merkmale der Pflanzen und
geeignet, auf sein universales Wissen zu
ihrer Blüten, Früchte und Wurzeln beobach-
verweisen.
55
Heute in
der Schweiz
verwendete
Höhenstufen
Nival
Ewiger
Schnee
«Region mit langem
Winter und sehr
kurzem Frühling»
«Region mit Winter,
Frühling und etwas
Herbst»
«Region mit Winter,
Frühling, kurzem
Sommer und Herbst»
Höhenlimite und
entsprechende jährliche
Durchschnittstemperatur
(Näherungswerte für
die Schweiz, Ende 20. Jh.)
«Regionen»
nach Gessner,
1555
«Region mit
beständigem
Winter»
è
2700 bis 3100 m
– 5 °C
è
1800 bis 2400 m
– 2 à + 1 °C
è
1300 bis 1600 m
+ 4 °C
è
700 bis 900 m
+ 8 °C
Alpin
Alpine Rasen
Subalpin
Koniferen: Fichte,
Lärche und Arve
Montan
Buche
und Tanne
Kollin
Eiche und Buche
Conrad Gessner und die Höhenstufen der Vegetation
Als Bewunderer der Berge und Vorreiter des
19. Jahrhunderts zu demjenigen Höhenstu-
Alpinismus besteigt der Naturforscher Con-
fenmodell weiterentwickelt wird, das auch
rad Gessner (1516-1565) im Jahre 1555 den
heute noch in Werken der Biogeographie
südwestlich von Luzern gelegenen Pilatus
und Botanik Verwendung findet. Nachdem
(*). Sein im selben Jahr publizierter Bericht
inzwischen die Klimaveränderungen eine
Descriptio Montis Fracti sive Montis Pilati
für die gesamte Menschheit dermassen
ut vulgo nominant, juxta Lucernam in Hel-
grosse Bedeutung erlangt haben, erweist
vetia ist zugleich die erste einem Schweizer
sich die vor fünf Jahrhunderten von Gess-
Berg gewidmete Monographie. Während
ner gemachte Entdeckung als Grundstein
er den Pilatus besteigt, erkennt er die kli-
jeder heute geführten Klimadiskussion.
matische Bedeutung der Höhenlage und
Jede Höhenstufe ist durch ein spezifisches
beschreibt anhand der Jahreszeitendauer
thermisches Niveau und bestimmte Vege-
vier « Regionen». Hellsichtig und seiner Zeit
tationstypen charakterisiert. Daraus ergibt
weit voraus schlägt Gessner damit ein Kon-
sich, dass längerfristige Temperaturände-
zept vor, welches später von Autoren des
rungen tiefgreifende Auswirkungen haben.
(*) Der Pilatus wurde im Mittelalter Mons fractus (zersplitterter,
gebrochener Berg) oder Frakmont genannt, was auf den zerklüfteten
Umriss dieses Zentralschweizer Gipfels weist. Zwei Alpen auf
Pilatus-Ausläufern heissen heute noch Fräkmünt. Der Name Mons
pileatus war weniger gebräuchlich und wird etymologisch unterschiedlich interpretiert. Eine Herleitung bezieht sich auf Filzkappe
(lat. pileus) bzw. pileatus «der mit einer Kappe Versehene», was
auf den häufig wolkenverhangenen Gipfel weist; die andere auf
Pfeiler/Strebe (lat. pila), «mit Felspfeilern durchsetzter Berg». Eine
zusätzliche Komplikation erfährt die Etymologie des Pilatus durch
die Sage des Pilatussees, in welchem Körper und Geist des Pontius
Pilatus hausen sollen. Gessner selbst hat diese Sage abgelehnt.
Frontispiz des Reiseberichts der Pilatusbesteigung durch Conrad
Gessner im Jahre 1555, erschienen im selben Jahr in Zürich.
© Bibliothèque des CJBG
57
Ein kurzer geschichtliche Abriss
1516
Vor 500 Jahren wird in Zürich Conrad Gessner geboren.
1693-1695 Der von König Ludwig XIV mit der Erforschung der Antillen
beauftragte französische Botaniker Charles Plumier entdeckt
dort die erste tropische Gesnerie.
Plumier nennt diese Pflanze Gesnera. Er ehrt damit den
Gelehrten Conrad Gessner, der als « Vater der Naturkunde » gilt.
Vor genau 200 Jahren führt Augustin Pyramus de Candolle,
berühmter Genfer Botaniker und Gründer des Botanischen
Gartens von Genf, die Bezeichnung « Gesneriaceae » als wissenschaftlichen Namen der Familie ein.
Eine neue Systematik der Familie schliesst mehr als 3000
Arten ein.
1703 1816
2016 Nova Plantarum
Americanarum
Genera,
Plumier (1703)
© Bibliothèque des CJBG
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