SEITE 4 n Sommer-Serie Wussten Sie schon, dass ... ... wir mit mehr Knochen geboren werden, als wir am Ende unserer Tage haben? Schenkelhals. Aber klar ist: Einen Hals gibt es am Knochen nur einmal, so wie der Mensch eben auch nur einen Hals hat. „Jede Regel hat aber auch eine Ausnahme“, sagt die Anatomin. Am Oberarmknochen gibt es zwei Hälse: einen „anatomischen“ und einen „chirurgischen“, nämlich dort, wo der Oberarmknochen am ehesten bricht. Die Ausrede von Übergewichtigen „Ich habe schwere Knochen“ hat übrigens nichts mit der Wahrheit zu tun: Das Knochengerüst macht kaum mehr als ein Zehntel unseres Körpergewichts aus. Allerdings ist es unglaublich stabil. Lendenwirbel halten einen Druck von einer Tonne aus – und müssen ihn manchmal tatsächlich ertragen: Foto: Stefan Straube Oft wird gefragt, wie viele Knochen das menschliche Skelett hat. Diese Frage ist aber gar nicht so einfach zu beantworten. Das Skelett des erwachsenen Menschen soll rund 200 Knochen haben, aber ein Baby kommt mit deutlich mehr zur Welt. „Verschiedene Knochen sind gewissermaßen in Einzelteilen angelegt und verschmelzen erst später miteinander“, so Dr. Sabine Löffler, Leiterin der Prosektur am Institut für Anatomie der Universität Leipzig. „Beispiele sind die Stirnknochen, die erst während der ersten beiden Lebensjahre zusammenwachsen und das Hüftbein, das aus drei einzelnen Knochen gebildet wird, deren knorpelige Verbindungen bis zum 20. Lebensjahr knöchern durchbaut werden.“ Wie Dr. Löffler weiter erläutert, ist der längste Knochen des Menschen mit durchschnittlich 46 Zentimeter der des Oberschenkels. Allerdings haben auch hier Zahlenangaben nur einen begrenzten Wert, da es ja auch große und kleine Menschen gibt. Im Prinzip hat jeder Röhrenknochen einen Kopf, einen Hals und einen Körper, so Dr. Löffler. Der Kopf ist an der Bildung von Gelenken beteiligt, der Körper ist der eigentliche Knochen, der Hals ist der Übergang vom Kopf zum Körper. Nicht immer ist das optisch so gut zu erkennen wie beim Dr. Sabine Löffler vom Institut für Anatomie zeigt das Modell eines Hüftknochens. Wegen der Hebelwirkung drücken umgerechnet 800 Kilogramm auf die Wirbel kräftiger Männer, die etwas Schweres anheben. „Der Oberkiefer wirkt im Vergleich zum Unterkiefer sehr fest und stabil, da sich die Knochenbälkchen gerüstartig anordnen“, erzählt die Leipziger Anatomin, „während der Unterkiefer aus eher dichtem Knochenmaterial besteht.“ An den Kieferknochen zieht übrigens die sehr kräftige Muskulatur, die Kaumuskulatur. Hier wird ein Drehmoment von 600 Newtonmetern erreicht – so viel schafft nur ein Porsche Turbo. Wenn die Anatomin die Konstruktion des menschlichen Skeletts bewerten soll, sieht sie kritisch in Richtung Rücken. Unser Skelett wurde eigentlich für Vierfüßler entworfen und nicht für Zweibeiner. „Natürlich hat uns der Übergang zum aufrechten Gang zu dem gemacht, was wir heute sind. Zugleich war damit aber trotz der Biegungen der Wirbelsäule, die das Gewicht abfedern, eine Schwachstelle programmiert.“ Unsere oft sitzende Tätigkeit, Bewegungsmangel und Übergewicht führen darüber hinaus leider öfter einmal dazu, dass geklagt wird: Ich habe Rücken. Uwe Niemann Hypophysentumor – nicht immer muss gleich operiert werden Interdisziplinäre Spezialsprechstunde von Endokrinologen und Neurochirurgen am Universitätsklinikum Leipzig n Schwindel, unerfüllter Kinderwunsch, Kopfschmerzen, Gesichtsfeldeinschränkungen – es sind die unterschiedlichsten Symptome, die auf einen Tumor an der Hirnanhangdrüse hinweisen können. LIEBIGSTRASSE AKTUELL | bereiche bringen ihre Kompetenz ein, um am Ende eine wirkungsvolle therapeutische Entscheidung zu treffen. Beispielsweise kann ein kleiner Tumor (bis zehn Millimeter) erst einmal beobachtet werden. Handelt es sich um das häufige Prolaktinom, reicht eine medikamentöse Behandlung meist aus. Bei aktiven Tumoren hilft aber nur die operative Entfernung. Foto: Stefan Straube „CT- und MRT-Aufnahmen des Kopfes werden ja bei den unterschiedlichsten diagnostischen Untersuchungen vorgenommen. Erst dann werden Veränderungen an der Hypophyse augenfällig“, erläutert PD Dr. Anke Tönjes, Oberärztin in der Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie. „Die Patienten werden daraufhin von den niedergelassenen Ärzten zu einer interdisziplinären Spezialsprechstunde am Universitätsklinikum Leipzig überwiesen, in der Endokrinologen und Neurochirurgen die Behandlung abstimmen.“ Dazu werden die Bilder von Radiologen ausgewertet, es erfolgt eine Labordiagnostik und auch der augenärztliche Befund spielt eine wichtige Rolle. Jede Woche sitzt Dr. Anke Tönjes mit Dr. Dirk Lindner, Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, in der Spezialsprechstunde „Tumoren der Hypophyse“ Patienten gegenüber, die große Angst vor diesem Tumor in ihrem Kopf haben. „In den meisten Fällen handelt es sich bei Hypophysentumoren um ein Hypophysenadenom, also eine gutartige Ge- websneubildung“, so Prof. Dr. Jürgen Meixensberger, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Leipzig. „Dennoch entstehen Beschwerden, sodass genau abgewogen werden muss, wie im Interesse des Patienten vorzugehen ist.“ Jeder einzelne Fall wird unter den unterschiedlichsten Aspekten gesehen, verschiedene medizinische Fach- In der Klinik für Neurochirurgie werden verschiedenste Tumoren am Kopf operativ entfernt. Selbst ein kleiner Tumor kann Frauen Probleme machen, wie Dr. Tönjes erzählt. Denn die Hormone zur Zyklusregulation kommen aus der Hirnanhangdrüse. Zyklusstörungen oder gar ein unerfüllter Kinderwunsch können also Folgen eines Hypophysentumors sein. Eine Patientin, deren Hypophysentumor operativ entfernt wurde, bekam später ein Kind – das sind die glücklichsten Momente auch für die Ärzte der interdisziplinären Spezialsprechstunde. Bei der Operation hat sich seit zwei Jahren am Leipziger Universitätsklinikum eine endoskopische Methode mit einem Zugang über die Nase bewährt. Wie Prof. Meixensberger erläutert, haben die rund 80 durchgeführten Operationen gezeigt, dass diese schonende Methode zu einer relativ geringen Belastung der Patienten führt. Zudem besteht eine große Chance, dass das Riechvermögen erhalten bleibt. „Der Einsatz von HD-Videotechnologie ermöglicht dem Operateur eine sehr gute anatomische Orientierung und eine verlässliche Differenzierung der verschiedenen Gewebe. Damit können auch kleine Reste des Tumors erkannt und entfernt werden.“ Uwe Niemann Spezialsprechstunde „Tumoren der Hypophyse“ Terminvereinbarung: (0341) 97 17 510 Sprechzeit: Freitag ab 13 Uhr