Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.3 Standardtiefpässe 11.3 Standardtiefpässe Es werden vor allem vier Typen von Filtern eingesetzt: Bessel-Thomson Potenz, auch Butterworth genannt Tschebyscheff Cauer Bei gleicher Filter-Ordnung nimmt bei diesen Filtertypen die Steilheit der Dämpfungszunahme im Übergangsbereich in der Liste von oben nach unten zu. Damit verbunden ist aber eine Verschlechterung des Einschwingverhaltens. Die Bessel-Thomson Filter sind optimiert auf günstiges Einschwingverhalten. Sie zeigen einen optimal flachen Gruppenlaufzeit-Verlauf . Die Sprungantwort zeigt nur geringes Überschwingen. Potenzfilter werden erhalten durch Vorgabe des Betrags von H(jω) durch eine glatte Approximationsfunktion n-ter Ordnung ohne Welligkeit. Bei Tschebyscheff-Filtern weist die Approximationsfunktion n-ter Ordnung im Durchlaßbereich eine Welligkeit auf (n-relative Extrema). Cauer-Filter sind versteilerte Tschebyscheff-Filter, was jedoch mit einer zusätzlichen Welligkeit der Dämpfung im Sperrbereich erkauft wird. Die Übertragungsfunktionen der Bessel-, Potenz- und Tschbyscheff-Tiefpaßfilter n-ter Ordnung sind von der Form 1 H ( P) = c 0 + c1 P + c 2 P 2 + L + c n P n mit reellen Koeffizienten ci. Der Koeffizient c0 legt die Dämpfung bei der Frequenz Null fest. Die Koeffizienten ci können auch durch die Pole ersetzt werden. 1 H ( P) = C ( P − P1 ) L ( P − Pn ) C = Normierungskonstante. Die Pole haben negativen Realteil und sind entweder reell oder treten als konjugiert komplexe Paare auf. Jedes konjugiert komplexe Polpaar ergibt einen quadratischen Term im Nenner mit reellen Koeffizienten P1 , 2 = −α ± j β ⇒ ( P − P1 )( P − P2 ) = ( P 2 + 2α P + γ ) mit γ = α2 + β 2 1 (1 + a 1 P + b1 P )(1 + a 2 P + b2 P 2 ) L Die Übertragungsfunktionen der Cauer-Tiefpaßfilter n-ter Ordnung sind rationale Funktionen in P, d.h. sie besitzen zusätzlich zum Polynom n-ten Grades im Nenner auch noch ein Polynom m-ten Grades (m<n) im Zähler. Daher werden diese Übertragungsfunktionen sowohl durch Pole wie auch durch Nullstellen beschrieben. Wir beschreiben im folgenden Potenz-, Tschebyscheff- und Cauer -Filter. H ( P) = WS 99/00 2 Seite 17 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.3 Standardtiefpässe 11.3.1 Potenz (Butterworth) Approximationsfunktion n-ter Ordnung 1 H (Ω ) = (11.3-1) 1 + A2 n Ω 2n Mit der Eigenschaft: 1 H (Ω ) = 1 + A2 n Ω >>1 Ω → ∝ 2n a (Ω ) = 20 log 1 Ωn entspricht (11.3-2) n ⋅ 6 dB / Oktave 1 dB = 10 log( 1 + A2 n Ω 2 n )dB H (Ω ) (11.3-3) Durch A2n ist die maximale Dämpfung im Durchlaßbereich festgelegt: aD a D = a (Ω = 1) = 10 log( 1 + A2 n ) dB A2 n = 1 ⇒ insbesonde re : ⇒ (11.3-4) A2 n = 10 10 − 1 a D = 3dB Beispiel: Approximationsfunktionen für A2n = 1 und n = 2, 4, 6 in unterschiedlichen Darstellungsformen. Erstellung mit MathCad. Ω 0.2 , 0.3 .. 4 1 H 2( Ω ) 1 a 4( Ω ) Ω 1 H 4( Ω ) 4 10. log 1 1 Ω 8 a 6( Ω ) 10. log 1 1 H 6( Ω ) Ω 8 Ω 1 12 1 a 2( Ω ) 10. log 1 Ω Ω 12 4 100 a 2( Ω ) H 2( Ω ) a 4( Ω ) H 4( Ω ) 0.5 50 a 6( Ω ) H 6( Ω ) 0 0 0 2 4 0 2 4 6 Ω 6 Ω Seite 18 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.3 Standardtiefpässe 1 100 H 2( Ω ) 0.1 a 2( Ω ) H 4( Ω ) 0.01 a 4( Ω ) 3 a 6( Ω ) H 6( Ω ) 1 10 1 10 4 0.1 1 50 0 10 0.1 1 Ω 10 Ω Die Pole der Übertragungsfunktion können als Lösungen der Gleichung 2n P 1 + A2 n = 0 j berechnet werden. Die Lösungen liegen in der komplexen Ebene auf dem Rand eines Kreises um den Ursprung. Für A2n = 1 (aD = 3 dB) ergibt sich der Einheitskreis. Die Pole sind reell oder treten als konjugiert komplexe Paare auf . Die Lösungen mit negativem Realteil sind die Pole von H(P). A 2n=1 n=2 Im(P) Pole von H2(P) n=3 1 Im(P) Im(P) Pole von H3(P) 1 Re(P) Re(P) Pole von H4(P) n=4 1 Re(P) Übung: Man bestimme die Übertragungsfunktionen für aD = 3 dB und n = 1,2 3, 4 und zerlege sie in Teilfunktionen 1. und 2. Ordnung. Lösung: n = 1 : H ( P)= 1 P +1 entspricht RC - oder LR - Tiefpaß 1 1 = jπ 5 / 4 (P − e )( P − e ) 1+ 2P + P 2 1 1 n = 3 : H ( P)= = jπ 4 / 6 jπ 8 / 6 ( P + 1)( P − e )( P − e ) (1 + P )(1 + P + P 2 ) 1 1 n = 4 : H ( P)= = jπ 5 / 8 jπ 7 / 8 jπ 9 / 8 j π 11 / 8 2 (P − e )( P − e )( P − e )( P − e ) (1 + a1 P + b1 P )(1 + a 2 P + b2 P 2 ) mit a1 = 1,8478 b1 = 1 a 2 = 0,7654 b2 = 1 n = 2 : H ( P)= WS 99/00 jπ 3 / 4 Seite 19 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.3 Standardtiefpässe 11.3.2 Tschebyscheff- Tiefpässe Ansatz einer Approximationsfunktion mit Welligkeit im Durchlaßbereich, dafür im Übergangsbereich steiler als Potenzfilter. Approximationsfunktion n-ter Ordnung H (Ω ) = 1 (11.3-5) 1 + ε 2 T n 2 (Ω ) Dabei ist Tn(Ω) ein Polynom in Ω vom Grade n , das sog. Tschbyscheff-Polynom . Es gilt |Tn(±1)| = 1 . Wie beim Potenzfilter gilt: H (Ω ) Ω>> 1→ ∝ a (Ω ) = 20 log 1 Ωn entspricht n ⋅ 6 dB / Oktave 1 dB = 10 log( 1 + ε 2 T n 2 ( Ω)) dB H (Ω ) (11.3-6) (11.3-7) Durch ε ist die maximale Dämpfung im Durchlaßbereich festgelegt: a D = a (Ω = 1) = 10 log( 1 + ε 2 ) dB aD ⇒ ε 2 = 10 10 − 1 (11.3-8) insbesonde re : ε = 1 ⇒ a D = 3dB Die Tschebyscheff-Polynome sind durch folgende Funktionen definiert: (11.3-9) cos( n ⋅ arccos( Ω)) Ω ≤1 T n ( Ω) = Ω ≥1 cosh( n ⋅ Ar cosh( Ω )) Zur Bestimmung der Polynome muß man die Definitiongleichung und Regeln für das Potenzieren der Cosinusfunktion verwenden.: Beispiel: cos(arccos ( Ω)) = Ω Ω ≤1 n = 1 : T1 (Ω ) = Ω ≥1 cosh( Ar cosh( Ω)) = Ω n = 2 : T2 (Ω ) = cos( 2 arccos( Ω )) ⇔ y := arccos T2 = 2 arccos Ω ⇒ cos y = T2 ⇒ und cos y =Ω 2 1 1 y (T2 + 1) = (cos y + 1) = cos 2 = Ω 2 2 2 2 Seite 20 ⇒ T2 (Ω ) = 2Ω 2 − 1 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.3 Standardtiefpässe n Tn(Ω) ----------------------------1 Ω 2 2Ω 2 – 1 3 4Ω 3 +3Ω 4 8Ω 4 – 8Ω 2 – 1 5 16Ω 5 – 20Ω 3 +5Ω Beispiel: Zeichnen des Dämpfungsverlaufs für normierte Tschebyscheff-Tiefpässe 4. und 5. Ordnung mit aD = 3 dB durch MathCad. Ω 0.1 , 0.15 .. 3 1 H 4( Ω ) 1 4 8. Ω H 5( Ω ) 1 a 4( Ω ) a 5( Ω ) 5 16. Ω 2 8. Ω 1 3 20. Ω 2 1 40 a 4( Ω ) 5. Ω a 5( Ω ) 20 2 20. log H 4( Ω ) 0 0.1 1 10 Ω 20. log H 5( Ω ) Man erkennt, daß die Dämpfungsfunktion für n = 4 (allg. geradem n) schon bei der Frequenz Null einen von Null verschiedenen Dämpfungswert aufweist. Deswegen wurde in der Einleitung zu Kap 9.3 bei der allgemeinen Form der Übertragungsform der Koeffizient c0 nicht notwendigerweise als 1 vorausgesetzt. Bem.: Bei Tietze-Schenk [] wird bei den Tschebyscheff-Filtern im Gegensatz zu der hier verwendeten Definition aus Saal []die Grenzfrequenz als 3 dB Abfall von H(f) gegenüber dem Wert bei Frequenz Null definiert! Daher unterscheiden sich auch die Filterkoeffizienten. H(Ω) 0 aD 3 dB Ω WS 99/00 Seite 21 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.3 Standardtiefpässe Die Pole der Übertragungsfunktion sind zu berechnen aus den Lösungen der Gleichung 2 P 1 + ε 2 Tn = 0 j Die Pole liegen in der komplexen Ebene auf Ellipsen um den Ursprung: n=2 Im(P) n=3 Pole von H2(P) bn Im(P) Im(P) Pole von H3(P) 1 Re(P) Pole von H4(P) n=4 Re(P) 1 Re(P) an k = 1,2, K , n 1 2k − 1 1 2k − 1 Σ k = Re {Pk } = ± sin π sinh ar sinh = ± sin πan < 0 ε 2n n 2n 1 2k − 1 1 2k − 1 Ω k = Im{Pk } = cos π cosh ar sinh = cos π bn ε 2n n 2n Beispiel: H(P) für ε = 0,5 und n = 2 , 3: 1 H 2 (P ) = 2 P + 1,1118P + 1,1118 H 3 (P ) = 1 2P + 2 P + 2,5P + 1 3 Seite 22 2 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.3.3 Nachrichtenübertragungstechnik 11.3 Standardtiefpässe Cauer-Tiefpässe Bei Cauer-Tiefpässen erfolgt sowohl im Durchlaß- wie auch im Sperrbereich die Approximation im Tschebyscheff‘schen Sinne. Dadurch ergibt sich eine Versteilerung des Übergangsbereichs. Die Übertragungsfunktion wird durch Pole und Nullstellen charakterisiert. Beispiel 5. Ordnung Im(P) 0 aD H(Ω) n=5 Pole aS a 1 Ωs Nullstellen 1 Re(P) Ω Die folgende Abbildung aus Meinke/ Gundlach [1] zeigt den Dämpfungsverlauf für Potenz-, Tschebyscheff- und Cauer-Tiefpässe 5.Ordnung. Reale Bauteile weisen Verluste auf, die zu einem veränderten Dämpfungsverlauf führen: im Durchlaßbereich ist die Dämpfung etwas höher und im Sperrbereich niedriger, die Stellen mit unendlich großer Dämpfung werden nicht erreicht. WS 99/00 Seite 23 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.4 Beispiel zum LC-Filterentwurf 11.4 Beispiel zum LC-Filterentwurf Aufgabe : Man entwerfe ein TP-Filter in LC-Schaltung mit R1 = 600 Ω und einer maximalen „Echodämpfung“ von 14 dB im Durchlaßbereich bis fg = 20 kHz, a > 36 dB ab 40 kHz und Tschebyscheff-Charakteristik. Lösung mit Tabellen aus Saal [3 ] im Anhang: Die Echodämpfung ist ein logarithmisches Maß für den Reflexionsfaktor. Daraus bestimmen wir zunächst den maximalen Reflexionsfaktor und die maximale Dämpfung im Durchlaßbereich. a E = −20 log ρ ρ = 10 − aE / 20 = 0,1995 ( 20%) a D = −20 log H B = −20 log 1 − ρ 2 = 0,1764dB Nach Diagramm : a( ρ) = 13,8dB für ⇒ a s + a ( ρ) = 50dB bei 1 / Ω s = 1 / 2 Für Struktur A r1 ρ = 20% ⇒ n = 5 Tabelle l2 l4 c1 c3 c5 C 0520 r2 liest man die normierten Bauelementewerte ab: r1 = 1, r2 = 1 ν c2ν-1 l2ν -----------------------------------------------------1 1,301894 1,345558 2 2,128570 1,345558 3 1,301894 Daraus können die realen Bauelementewerte durch Entnormierung gewonnen werden. L = lL B C = cC B R = rRB R 1 mit L B = 1 = 4,7746 mH CB = = 13, 2621 nF R B = R1 = 600 Ω ωg ωg R1 Seite 24 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.5 Frequenztransformationen 11.5 Frequenztransformationen Hochpässe 1 ergibt im logarithmischen Frequenzmaßstab eine um die Ω TP Grenzfrequenz Ω = 1 (log 1 = 0) gespiegelte Frequenzachse. Setzt man in die Tiefpaß1 Approximationsfunktion Ω TP = ein, so ergibt sich eine Hochpaß-Approximationsfunktion, da Ω HP nun die Funktionswerte H(Ω) im logarithmischen Frequenzmaßstab bezüglich der Grenzfrequenz gespiegelt auftreten . Die Transformation Ω TP → Ω HP = H(Ω) H(Ω) 0 0 logΩ TP 0 logΩ HP logΩ HP =-logΩ TP Beispiel: H TP ( Ω) = 1 1 + Ω 2n ⇒ H HP (Ω ) = 1 1 1+ Ω 2n = Ωn 1 + Ω2n Die Bildvariable wird j 1 1 wegen j Ω HP = =− unter der Frequenztransformation in PHP = − übergeführt. Da Ω TP jΩ TP PTP 1 H (−Ω ) = H (Ω ) wird vereinfachend die Transformation PHP = genommen. PTP Beispiel: 1 1 P2 H TP ( P) = 2 ⇒ H HP ( P) = = 2 P + 2P +1 P2 + 2P +1 1 1 + 2 +1 P P Die Übertragungsfunktion eines Potenz-Hochpasses 2. Ordnung hat dieselben Pole wie der 1 1 zugehörige Tiefpaß ( P1 , 2 = − ±j ) aber zusätzlich noch eine doppelte Nullstelle bei 2 2 P = 0. WS 99/00 Seite 25 Nachrichtenübertragungstechnik 11.5 Frequenztransformationen Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Setzt man die TP à HP Transformation der Variablen P in die normierten Impedanzwerte ein, so ergibt sich die Impedanztransformation: 1 1 1 (11.5-1) z LTP = Pl ⇒ z HP = l TP = mit c HP = P Pc HP l TP 1 P 1 z TP = ⇒ z HP = = PlHP mit l HP = PcTP cTP c TP lTP cHP=1/lTP cTP TP à HP lHP=1/cTP Beispiel : Man entwerfe ein TP-Filter in LC-Schaltung mit R1 = 600 Ω und einer maximalen „Echodämpfung“ von 14 dB im Durchlaßbereich für f > fg = 12 kHz, und a > as = 36 dB für f < fs = 6 kHz mit Tschebyscheff-Charakteristik. Lösung: Der Hochpaß wird auf den entsprechenden Referenz Tiefpaß- transformiert. Es ergibt sich mit Ω sTP = 1/ Ω sHP = 2, daß der Referenz-Tiefpaß derselbe ist, wie in dem Beispiel aus 9.4. Deswegen können von dort die normierten Tiefpaß-Bauelemente Werte übernommen werden. Diese sind zu invertieren und geben dann die dualen Hochpaßbauelemente-Werte. Durch Entnormierung berechnet man die realen Bauelemente-Werte. Bandpässe 2 Ω TP Ω Die Transformation Ω TP → Ω BP = ∆Ω + 1 + TP ∆Ω führt die gesamte 2 2 Frequenzachse ( negativer und positiver Bereich) in die positive Frequenzachse über. Setzt man die 1 1 Ω BP − , in die TPUmkehrung dieser Transformation , nämlich Ω TP = ∆Ω Ω BP Approximationsfunktion ein, so ergibt sich die entsprechende Bandpaß-Approximationsfunktion. Dabei ist f B = f o ⋅ f u =Bezugsfreq uenz = Resonanzfr equenz B = fo − fu normiert : =Bandbreite, Ω= f fB Q= ∆Ω = fB B = Güte B 1 = Ωo − Ω u = fB Q Seite 26 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.5 Frequenztransformationen Durch Einsetzen erkennt man, daß folgende Frequenzen ineinander übergehen: Ω BP Ω TP -------------------------0 -∞ HTP(Ω) 1 0 ∞ ∞ Ωu -1 Ω0 1 Ω TP 1 -1 HBP (Ω) Ω BP 0 Ωu Ωo 1 Bei logarithmischem Maßstab der Frequenzachse ist die Bandpaßfunktion symmetrisch zur Resonanzfrequenz fr. Beispiel: Potenztiefpaß 2.Ordnung geht über in Bandpaß 4. Ordnung : H TP ( Ω) = 1 1+ Ω 4 ⇒ H BP ( Ω) = 1 1 1 1 + Ω − Ω ∆Ω 4 Bildvariable: 1 1 Ω BP − j Ω TP = j ∆Ω Ω BP 1 1 ⇒ j Ω TP = j Ω BP + ∆Ω j Ω BP Impedanztransformation: TPà BP lBP =lTP/∆Ω lTP ⇒ PTP = 1 1 PBP + ∆Ω PBP cBP =∆Ω/lTP cTP cBP =c TP/∆Ω WS 99/00 Seite 27 lBP =∆Ω/cTP Nachrichtenübertragungstechnik 11.6 Aktive Filter Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.6 Aktive Filter Die besprochenen Approximationsfunktionen können nicht nur mit passiven LC-Schaltungen realisiert werden, sondern auch mit Schaltungen, die ohne Spulen auskommen, sog. aktiven Filtern. Sie bestehen aus RC-Filtern, bei denen in der Schaltung über Operationsverstärker (OP) Rückkopplungen hergestellt werden. Mit RC-Filtern alleine gelingt es nämlich nicht, den Übergang zwischen Durchlaß- und Sperrbereich so stark gekrümmt zu gestalten wie es für die Approximationsfunktionen charakteristisch ist. In den LC-Reaktanzschaltungen bilden die unterschiedlichen Energie-Speicher, Kondensator und Spule, eine Resonanzsystem, das die Formung des Übergangsbereiches erst möglich macht. Bei aktiven Filtern wird der Wegfall des zweiten Speichertyps (den Spulen) durch Rückkopplungen wettgemacht. Die über OP’s rückgekoppelten RC-Glieder besitzen die gleichen Möglichkeiten zur selektiven Erregung bei Resonanz wie die LC-Schaltungen. Die Abb. zeigt die Verhältnisse für ein TP-Filter 2. Ordnung. Reaktanzfilter à aktives Filter R1 L R2 + C → C1 C2 - Die aktive Schaltung besteht aus einem zweifachen RC-Glied, dessen erster Kondensator nicht auf dem gemeinsamen Nullpotential liegt, sondern über eine Rückkopplung mit dem Ausgangssignal der Kette verbunden ist. Die Rückkopplung erfolgt über eine Spannungsfolger- Schaltung mit einem Operationsverstärker. Für f >> fg ist das Ausgangssignal an dem zweifachen RC-Glied sehr klein und damit liegt der Fußpunkt des ersten RC-Gliedes nahezu auf Masse. Die Schaltung wirkt wie zwei hintereinander geschaltete RC-Glieder. Im Übergangsbereich in der Nähe der Grenzfrequenz wird der Einfluß des rückgekoppelten Signals immer stärker, so daß hier eine Anhebung des Dämpfungsverlaufes wie bei dem LC-Reaktanzfilter möglich wird. Vorteile aktive Filter • • • • • keine Spulen Von vielen Herstellern werden IC’s geliefert (MAXIM, AD), bei Einbau ist nur mehr äußere Beschaltung mit R und C vorzunehmen klein, billig, zuverlässig Filter-Eigenschaften leicht einstellbar und veränderbar Einsatz bis zu niedrigen Grenzfrequenzen (< 1Hz) Seite 28 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen Nachrichtenübertragungstechnik 11.6 Aktive Filter Einschränkungen wegen OP • • • • • zu hohen Frequenzen nur bis ca. fg = 100 kHz (250 kHz) einzusetzen ≤ 8. Ordnung, sonst Schwingen der Schaltung schlechteres Rauschverhalten als passives Filter empfindlicher gegenüber Bauteile-Toleranzen es können nur Signale mit niedrigen Leistungen verarbeitet werden Realisierung häufig durch Kaskadierung von Stufen 2. und 1. Ordnung mit Einfachrückkopplungen. Es gibt aber auch kompliziertere Strukturen mit Mehrfachrückkopplungen (z.B. das sog Zustandsvariablen-Filter : siehe Tietze Schenk [6]oder von Wangenheim [7]) Tiefpaß: Sallen & Kay Struktur 2. Ordnung C2 R1 R2 + ue C1 ua (k-1)R3 R3 Übertragungsfunktion: H ( p) = k 1 + [C1 ( R1 + R2 ) + (1 − k ) R1 C2 ] p + R1 R2 C1 C 2 p 2 k H ( P) = 1 + [C1 ( R1 + R2 ) + (1 − k ) R1 C 2 ]ωg P + R1 R2 C1 C 2 ωg P = A0 2 mit 2 ≡ p ωg A0 ( P − P1 )( P − P2 ) mit P = −α ± j β γ = α2 + β 2 P + 2α ⋅ P + γ A0 / γ bA0 = ≡= 2α 1 1 + a ⋅ P + bP 2 1+ ⋅ P+ ⋅P2 γ γ 2 P= mit mit a= 2α , γ b= 1 γ bA0 = Verstärkung bei Frequenz Null. Die Zielübertragungsfunktion wurde zunächst durch ihre Pole dargestellt und dann durch Ausmultiplizieren der Linearfaktoren in eine Form gebracht, aus der durch Koeffizientenvergleich die Bauteilewerte ermittelt werden können. Durch Koeffizientenvergleich ergibt sich ein überbestimmtes Gleichungssystem, bestehend aus 3 Gleichungen mit den 5 Unbekannten R1, R2, C1, C2, und k.. WS 99/00 Seite 29 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.6 Aktive Filter bA0 = k [C1 ( R1 + R2 ) + (1 − k ) R1C2 ]ωg = a R1 R2 C1C2ωg = b 2 Zwei Lösungsvarianten für unterschiedliche Realisierungen: a) Wahl : k=1 bA0 = k , [C1 ( R1 + R 2 ) ]ωg = a , R1 R 2 C1 C 2 ωg 2 = b Wahl : R1 = R 2 = R ( z .B. 10 kΩ) (11.6-1) a 2ωg R ⇒ C1 = C2 = 2b aωg R In der Schaltung entfallen die Widerstände (1-k)R3 und R3 . C2 + R1 R2 b) Wahl : R1 = R2 = R, C1 = C2 = C [2CR + (1 − k ) RC ]ωg = a, ( RCωg ) 2 = b (11.6-2) a b Die Widerstände oder Kondensatoren können in dieser Schaltungsvariante als Drehpotis oder DrehKondensatoren mit gemeinsamer Achse ausgeführt werden. Der Filtertyp wird durch den Wert des Widerstandes (k-1) R3 fest eingestellt. Die Grenzfrequenz des Filters kann durch Verstellen von C oder R variiert werden. Diese Schaltungsvariante ist z.B. günstig für einstellbare Filter in Audioequipment. ⇒ RC = b , ωg C1 k = 3− Hochpaß: Sallen & Kay Struktur 2. Ordnung R2 C1 C2 + ue R1 - ua (k-1)R3 R3 Seite 30 WS 99/00 Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen H ( p) = Nachrichtenübertragungstechnik 11.6 Aktive Filter k R1R2C1C2 p 2 1 + [R2 (C1 + C2 ) + (1 − k )R2C1 ] p + R1 R2 C1C2 p 2 k R1R2C1C2ω g P 2 mit P= 2 H ( P) = 1 + [R2 (C1 + C2 ) + (1 − k ) R2 C1 ]ω g P + R1 R2 C1C2ω g 2 P2 ≡ p ωg bA∞ A∞ P 2 = ⇒ 2 1 2 a 1 1 P + P + 1 1 + a ⋅ + b b b P P k R1 R2 C1C2ω g = A∞ 2 R1 R2 C1C2ω g = 2 1 b [R2(C1 + C2 ) + (1 − k )R2C1]ω g = a b Wahl : k = 1 und C1 = C 2 = C ( z.B : 10nF ) 2 a [R2 2C]ωg = a ⇒ R1 = R2 = b aCωg b2Cωg (11.6-3) In der Schaltung entfallen wieder die Widerstände (1-k)R3 und R3 . Beispiel: Man entwickle ein Hochpaßfilter mit aktiven Schaltungselementen und folgender Spezifikation: a < aD = 3 dB für f > fg = 1 kHz und a > 10 dB für f < fs = 800 Hz. Das Filter soll günstiges Impulsübertragungsverhalten aufweisen. Lösung : Für günstiges Impulsübertragungsverhalten wählen wir Potenzcharakteristik. Zur Bestimmung der Ordnung führen wir die Hochpaß-Tiefpaß Frequenz-Transformation aus und berechnen die Dämpfung für verschiedene n: 1 Ω s ,TP = a s = 10 log( 1 + Ω s 2 n ) dB 0,8 n = 5 ⇒ a s = 10 log( 1 + 1.2510 ) dB = 10,13dB Die Übertragungsfunktion 5. Ordnung zerlegen wir in Terme 1. und 2. Ordnung. Dadurch kann die Übertragungsfunktion in ein Produkt aus zwei Übertragungsfunktionen mit zweiter Ordnung und einer mit erster Ordnung zerlegt werden. Pole TP : P1 = −α1 P2 , 3 = −α2 ± j β2 P4 ,5 = −α3 ± jβ3 H TP ( P ) = C = 2 ( P + α1 )( P + 2α2 P + γ 2 )( P 2 + 2α3 P + γ 3 ) 1 = (1 + a1 P)(1 + a 2 P + b2 P 2 )(1 + a 3 P + b3 P 2 ) 2α 1 1 γ i = αi 2 + βi 2 , a i = i bi = i = 1,2 a1 = γi γi γ1 Wegen der Rückwirkungsfreiheit der aktiven Schaltungen können wir zur Realisierung die entsprechenden aktiven Filterschaltungen erster und zweiter Ordnung hintereinander schalten. Wir müssen uns noch die Realisierung der Schaltung erster Ordnung überlegen. Dazu nehmen wir einen CR-Hochpaß erster Ordnung mit nachgeschaltetem Spannungsfolger. WS 99/00 2 2 Seite 31 Nachrichtenübertragungstechnik Fachhochschule Augsburg Fachbereich Elektrotechnik Prof. Dr. C. Clemen 11.7 Switched-Capacity Filter H HP ( p ) = H HP ( P) = R R+ 1 pC = pRC 1 + pRC Pωg RC 1 + Pωg RC ≡ 1 (11.6-4) = P a P = a+P ⇒ RC = 1 ωg a 1 P 1+ P a Die Filterkoeffizienten entnehmen wir der Tabelle aus Tietze Schenk [] und erhalten für die drei Filterstufen folgende Dimensionierung : C = Cii = 10 nF i ai bi Ri1/kΩ Ri2/kΩ -------------------------------------------------------------------------1 1,0000 0,0000 15,9155 2 1,6180 1,0000 19,6734 12,8576 3 0,6180 1,0000 51,5065 4,9178 1+ a 11.7 Switched-Capacity Filter Realisierungsvariante der aktiven Filter, bei der die Widerstände durch geschaltete Kapazitäten ersetzt sind. Vorteile • besser in mikroelektronischer IC-Technik zu realisieren. • Widerstandswerte durch Taktfrequenz einstellbar • genau • reproduzierbar Besondere Eigenschaften: Abtastsystem, daher ist ein analoges Anti-Aliasing Filter vorzuschalten. Da die Taktfrequenz des SCFilters um den Faktor 50 bis 100 mal über der Grenzfrequenz liegt, genügt ein Filter 2. Ordnung. i u i u R fS CS ∆q uC S u =i = = uCS ⋅ f S ≡ ∆t TS R Seite 32 ⇒ R= 1 (11.7-1) CS f S WS 99/00