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F ERNERKUNDUNG VON KLIMARELEVANTEN
W OLKENEIGENSCHAFTEN MIT SATELLITEN UND FLUGZEUGGESTÜTZTEN R ADIOMETERN
Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades des
Doktors der Naturwissenschaften
am Fachbereich Geowissenschaften
der Freien Universität Berlin
vorgelegt von
L OTHAR S CHÜLLER
aus Dockweiler
Berlin, Juni 1999
1. Gutachter: Prof. Dr. Jürgen Fischer
2. Gutachter: Prof. Dr. Martin Claußen
Tag der Disputation: 12. Juli 1999
Meinem Vater Klaus Schüller zum 60. Geburtstag gewidmet
4
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
Kapitel 1. Strahlungstransport in der bewölkten Atmosphäre
5
1.1. Wechselwirkung von Strahlung und Wolken: Das Vertikal Uniforme PlanParallele Modell (VU-PPM)
5
1.2. Das Strahlungstransportmodell MOMO
7
Kapitel 2. Ein Fernerkundungsverfahren zur gleichzeitigen Bestimmung der optischen
Dicke und des Effektivradius
9
2.1. Simulation von multispektralen Strahldichten
10
2.2. Hauptkomponentenanalyse
11
2.3. Auswahl der Kanäle
13
2.4. Vergleich unterschiedlicher Algorithmen
14
2.5. Inversion durch Neuronale Netze
18
Kapitel 3.
Flugzeuggestützte Fernerkundung von Wolkenparametern zur Untersuchung
des indirekten Effektes der Aerosole auf das Klima
23
3.1. Der indirekte Klimaeffekt der Aerosole
23
3.2. Das zweite Experiment zur Charakterisierung der Aerosole ACE 2
24
3.2.1.
Überblick
24
3.2.2.
Das CLOUDYCOLUMN Teilexperiment
25
3.2.3.
Das Meßsystem des Instituts für Weltraumwissenschaften
28
3.3. Ein neuer Parameterisierungsansatz für Stratokumulusbewölkung
31
3.3.1.
Die Grenzen des VU-PPM
31
3.3.2.
Das Adiabatisch geschichtete Plan-Parallele Modell (AS-PPM)
32
3.3.3.
Implementierung des AS-PPM in die Strahlungstransportsimulation mit
MOMO
35
3.4. Mögliche Äquivalenz zwischen VU-PPM und AS-PPM
38
3.5. Experimentelle Validierung des AS-PPM
40
3.6. Beobachtung des Twomey-Effektes mit Fernerkundungsmethoden
41
i
ii
INHALTSVERZEICHNIS
3.6.1.
Entwicklung eines Ableitungsverfahrens für geometrische Dicke und
Tropfenkonzentration
41
3.6.2.
Beobachtung des Twomey-Effektes mit OVID während ACE 2
43
3.6.3.
Beobachtung des Twomey-Effektes mit MOS
47
Kapitel 4. Operationelle Verfahren zur Ableitung der wolkenoptischen Dicke und der
Albedo
51
4.1. Das Medium Resolution Imaging Spectrometer MERIS
52
4.1.1.
Technische Beschreibung
52
4.1.2.
MERIS Anwendungen
53
4.2. Der Modulare Optoelektronische Scanner MOS
55
4.3. Physikalische Ableitungsprinzipien
56
4.4. Mathematische Beschreibung des Algorithmus
59
4.4.1.
Strahlungstransportsimulationen
59
4.4.2.
Regressionsverfahren zur Inversion von Strahlungstransportsimulationen
63
4.4.3.
Ableitungsprozeß für MERIS und MOS Daten
65
4.5. Anwendung des Verfahrens auf MOS Daten
67
4.6. Sensitivitätsanalyse und Abschätzung der Genauigkeit
69
4.6.1.
Genauigkeit der Regression
69
4.6.2.
Sensitivitätsberechnungen auf Grundlage einer MERIS-Überflugsimulation
70
Zusammenfassung und Ausblick
79
Anhang A. Ableitung des Äquivalenten Effektivradius für das VU-PPM
83
Anhang B. Statistik der abgeleiteten Wolkeneigenschaften während ACE 2
85
Anhang C. Bodenwetterkarten
89
Literaturverzeichnis
95
Abbildungsverzeichnis
103
Tabellenverzeichnis
109
Verzeichnis der verwendeten Symbole
111
Größen
111
Indizes
112
Abkürzungen
113
Danksagung
115
Einleitung
Seitdem es möglich ist, künstliche Satelliten auf eine Erdumlaufbahn zu bringen und diese
mit entsprechenden Sensoren auszustatten, gehört die Beobachtung der Erde vom Weltraum
aus zu den faszinierendsten Anwendungen der Raumfahrt. Natürlich kann keiner die immense Bedeutung der grenzüberwindenden Erfahrung des Austretens aus der bisher erfahrbaren
Sphäre und das Eintreten in die Raumleere, gar das Betreten des Mondes leugnen, doch ist
nach der Zeit der ersten Pionierleistungen dieser Aspekt lediglich einer unter mehreren anderen geworden. Die Prioritäten in der Raumfahrt haben sich verschoben und immer mehr ist
dem Gedanken des Ausbrechen aus dem System Erde, gar die Entdeckung neuer Welten eine
Rückwendung zu den irdischen Angelegenheiten hinzugekommen. So geben die persönlichen Berichte der Astronauten und Kosmonauten wieder, wie sehr das Erlebnis der Anschau
unseres Planeten als Ganzes alle anderen Erfahrungen in den Schatten zu stellen vermag.
Auch in Fragen der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Raumfahrt liegen die erdbezogenen Anwendungen trotz Teflonpfanne und Tubenmahlzeiten weit vorne: So sind es heute hauptsächlich die Kommunikations- und Fernsehsatelliten und eben Erdbeobachtungssysteme, die operationelle Anwendungen mit einer großen (volks-)wirtschaftlichen Bedeutung finden, nämlich überall dort, wo große Entfernungen und Flächen bodengebundene Lösungen unrentabel machen. Von diesem Vorteil der Satelliten als Träger von Sensoren macht auch die
Erforschung des Klimasystems Gebrauch, bietet sie doch die einzige Möglichkeit globale
Messungen von relevanten Größen durchzuführen und zwar auf den erforderlichen großen
Raumskalen. In diesem Forschungsbereich ist die Satellitenfernerkundung mehr Notwendigkeit denn Faszination. Notwendigkeit nicht nur im Sinne eines akademischen Erkenntnisstrebens. Das haben zahlreiche wetterbedingte Naturkatastrophen der letzten Jahre gezeigt, die
erhebliche Opfer an Menschenleben und wirtschaftlichen Schäden zur Folge hatten. Beim
Versuch, die Ursache für die Katastrophen und neuerliche Wetterrekorde (z.B. ist 1998 an
der Mosel mit 41,2 die höchste jemals in Deutschland registrierte Temperatur aufgetreten)
liegen die Erklärungen zwischen „Eindeutige Folge von anthropogener Klimabeeinflussung"
bis „Natürliche Schwankung eines komplexen und nach chaotischen Gesetzen sich verhaltenden Klimasystems". Dieses weit auseinanderklaffende Spektrum an Antworten ist einerseits
ein Zeichen für ein unzureichendes Verständnis über die physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre und vor allen über die mannigfaltigen Rückkopplungseffekte, zum anderen kann
diese Diskrepanz auch als Ausdruck unterschiedlicher Interessen gewertet werden, da ja oft
die Kenntnis der Ursachen die Methoden der Bekämpfung dieser Ursachen bedingt. Und diese haben weitreichende politische und wirtschaftliche Auswirkung. Man betrachte nur das
Geschehen rund um die Weltklimakonferenz um sich dieser Auswirkung bewußt zu werden.
Die Diskussion über Klimaänderung durch menschliche Einflüsse (Die Verstärkung des
Treibhauseffektes durch zusätzliche
Emission als das wohl bekannteste Beispiel) führte
zu einem viel allgemeineren Begriff des global change, des Globalen Wandels, in dem die
1
2
EINLEITUNG
Klimaeffekte selbst, aber auch deren möglichen und wahrscheinliche Folgeerscheinungen
einfließen, von statischen Problemen bei großen Bauwerken durch Rückgang der Bodenfeuchte bis hin zu Völkerwanderungen durch Ernteausfälle und Aridisierung und den damit
verbundenen Konflikten sowie die unmittelbaren Schäden, die heftige Regenfälle und Stürme
verursachen. Es besteht kein Zweifel daran, daß sich aus der tatsächlichen und der potentiellen Gefahr eine dringende Notwendigkeit zum Handeln ergibt. Unzweifelhaft ist allerdings
auch, daß die Grundlage eines Handlungsplanes nur eine maximal mögliche Kenntnis des
Klimasystems (Zustand, Variabilität und Sensitivität) sein kann. Es ist also unvermeidlich,
daß ein Klimaschutzprogramm immer ein dynamischer Prozeß sein muß, in dem neue Erkenntnisse und neue Beobachtungen in einen Entscheidungsprozeß einfließen. Ein solches
Programm muß, um wirksam zu sein und zu bleiben, sich den Eigenschaften des von ihn betrachteten Systems anpassen. Für die Klimawissenschaften ergibt sich daraus ein klarer Auftrag, die sich ständig weiterentwickelnde Technik (etwa die Computer für die Klimamodellierung oder die Sensorik für die Fernerkundung) zu nutzen, Methoden weiterzuentwickeln
um so die immer noch großen Ungenauigkeit ihrer Aussagen zu reduzieren.
Die Unsicherheit in den Prognosen der Klimamodelle hat vielfältige Ursachen. Zum einen
liegt es in der Natur der Gesamtheit der Prozesse, die das Klimasystem ausmachen. Die Dynamik in der Erdatmosphäre beispielsweise kann nie, auch nicht mit den aufwendigsten Computersystemen vollständig in einem Modell abgebildet werden, da sie Ergebnis von Wechselwirkungsprozessen sowohl auf molekularer Ebene, als auch zwischen Tausende von Kilometern ausgedehnten Luftmassensystemen ist. Eine vollständige Modellierung müßte also
jedes (!) einzelne (!) Molekül berücksichtigen mit der Folge, daß entweder der Computer
der dieses Modell bearbeiten könnte, mindestens so groß wie die Erdatmosphäre sein müßte,
oder aber die Prognose für die nächsten 10 Jahre 100 Millionen Jahre dauern würde. Die
räumliche (und auch zeitliche) Auflösung der Klimamodelle muß sich demnach immer nach
dem technisch Machbaren richten. Bei einer Aufteilung der Erdatmosphäre und des Ozeans
in Gitterboxen, die jeweils als homogen bezüglich der beschreibenden Größen betrachtet
werden, müssen die physikalischen Prozesse aus diesen Größen mit Hilfe von Parameterisierungen berechnet werden. Diese Parameterisierungen, die zwangsläufig eine Vereinfachung
darstellen und damit Quellen der Ungenauigkeit sind, bestimmen die Qualität eines Klimamodells und damit deren Aussagen. Somit kommt der Parameterisierung von physikalischen
Vorgängen eine besondere und wichtige Rolle zu. Modellierer greifen dabei sowohl unmittelbar auf die Physik der Atmosphäre, aber auch, wenn dies nicht möglich ist, auf empirisches
Datenmaterial zurück. Fernerkundungsdaten können hierbei einen wichtigen Beitrag liefern:
bei der Erstellung von Parameterisierungen, bei der Initialisierung der Modelle aber auch,
wenn es darum geht, die Gültigkeit einer Parameterisierung mit Hilfe von Beobachtungen
zu überprüfen (Validation). Für große Flächen der Erde, etwa über den Ozeanen, stellen die
Fernerkundungsdaten die einzigste Informationsquelle dar. Die Unterstützung bei der Modellierung ist eine wichtige Anwendung der Satellitenfernerkundung, aber darüberhinaus sind
Satellitendaten unverzichtbar wenn es darum geht, Klimaveränderungen aufzuspüren, nachzuweisen und die Ursachen dafür aufzudecken. Begrenzend wirkt dabei der Umstand, daß es
sich bei der Satellitenfernerkundung im Vergleich zu klimatologischen relevanten Zeitskalen
um eine sehr junge Methode handelt. Die frühsten für die Klimatologie nutzbaren Satellitendaten stammen vom Anfang der Sechziger Jahre, die verständlicherweise den heutigen
Qualitätsmaßstäben nicht mehr genügen. Dennoch gelangen Aussagen wie zum Beispiel
EINLEITUNG
3
über die Entwicklung der globalen Jahresmitteltemperatur und deren Anstieg um 0,07 C pro
Jahrzehnt (Wentz und Schabel 1998).
Die Entwicklungen im Bereich der Sensor- und Nachrichtentechnik haben neue und bessere
Fernerkundungsverfahren möglich gemacht, die auch die Beobachtung der klimarelevanten
Parameter betrifft. Die Besonderheiten des Betriebes im Weltraum führen zu einer gewissen Verzögerung zwischen der Entwicklung von Sensortechnik und deren Anwendung in der
Satellitenfernerkundung. So kommt es, daß sich beispielsweise die CCD-Technologie schon
über ein Jahrzehnt in den Labors und sogar in der Unterhaltungsindustrie (Videokameras)
durchgesetzt hat, aber ihr Einsatz als Sensoren für satellitengestützte Instrumente erst seit
kurzer Zeit einen deutlichen Fortschritt darstellt. Diese neue Generation von Satellitensensoren bilden einen Schwerpunkt dieser Arbeit. Der Fortschritt ist vor allen Dingen in der
erhöhten räumlichen, zeitlichen und spektralen Auflösung zu sehen. Hierdurch können bestehende Methoden effektiver und genauer angewendet und immer größerer Gebiete in immer
kürzer werdenden Zeitintervallen beobachtet werden. Besonders die größerwerdende Anzahl
von Spektralkanälen bei abbildenden Systemen ermöglicht neuartige Ableitungsmethoden,
so wie sie auch in dieser Arbeit vorgestellt werden.
Die neuen Möglichkeiten meß- und rechentechnischer Art werden in dieser Arbeit dazu genutzt, um in zwei problematischen Bereichen einen Fortschritt zu erzielen: Aerosole und
Wolken. Die klimatische Wirkung dieser beiden atmosphärischen Partikeln ist eng verzahnt.
Gemeinsam ist auch, daß die quantifizierende Beschreibung in Klimamodellen von Prozessen, an denen Wolken- und Aerosolpartikel beteiligt sind, immer noch einen hohen Grad
an Approximation hinnehmen muß und damit eine nur schwer abschätzbare Unsicherheit
in den Prognosen impliziert. Das wiegt besonders schwer, da es sich bei Aerosolen und
insbesondere bei den Wolken um wesentliche Komponenten des Klimasystems handelt, die
maßgeblich an der Umwandlung der Strahlungsenergie sowie am hydrologischen und chemischen Kreisläufen beteiligt sind. Schon mit den frühsten Bildern der Satellitenfernerkundung
(TIROS-Programm 1960-1965) konnte man erkennen, daß mehr die Hälfte des in den reflektierten Sonnenlichtes von den Wolken kommt. Vor dem Hintergrund einer möglichen
Temperaturerhöhung ist die Frage, wie Wolken auf eine solche Störung reagieren, und welches Gleichgewicht sich daraufhin einstellt von großer Wichtigkeit. Dabei interessiert vor
allen, wie sich Bewölkungsgrad, das Reflexionsvermögen (Albedo) und die Wolkenhöhe auf
die neuen Bedingungen einstellen, und welche Rückkopplungsprozesse dafür verantwortlich sind. Die Wolkenbildung selbst ist wiederum ein komplexer Vorgang, an dem weitere
atmosphärische Komponenten beteiligt sind (Wasserdampf, Aerosole) und der von zahlreichen Zustandsgrößen abhängt und sich dadurch einer einfachen mathematischen Beschreibung entzieht. Für das Kondensieren von Wasserdampf zu Tropfen oder Eiskristallen ist
stets das Vorhandensein von Aerosolen als Kondensationskerne notwendig. Die durch den
Menschen verursachten Emissionen von Aerosolen in die Erdatmosphäre können daher die
Tropfenkonzentration in Wolken erhöhen. Dies würde die Streuung von Licht erhöhen sowie
die Reflexion an der Wolkenoberkante und damit die Menge der durch die Erde absorbierten
Energie reduzieren. Leider ist das Ausmaß dieses Effektes (indirekter Aerosoleffekt) auf den
globalen Strahlungshaushalt noch unbekannt. Abschätzungen liegen zwischen 0 und -1,5
Wm (Houghton et al. 1996). Zum Vergleich: Der Effekt durch anthropogene Treibhausga-Gehalts.
se ist ungefähr +2,4Wm bei Verdopplung des atmosphärischen
4
EINLEITUNG
Nicht alle Wolkentypen haben den gleichen Klimaeffekt. Stratusbewölkung in tieferen
Schichten tendieren dazu, den Planeten abzukühlen, weil diese Art von Wolken mehr solare Strahlung in den Weltraum zurückstreuen als sie die aufwärtsgerichtete Wärmestrahlung
absorbieren können. Im Gegensatz dazu kommt es bei Zirruswolken zu einer Aufheizung,
weil bei diesen Wolken die Reflexion der Sonnenstrahlung schwächer ist aber einen größeren
Anteil der aufsteigenden Infrarotstrahlung absorbieren als sie an ihren sehr kalten Oberkanten
in den Weltraum emittieren. Mächtige, konvektive Wolken haben weder einen wärmenden
noch kühlenden Effekt, da sowohl die Treibhaus- als auch die Reflexionswirkung sehr groß
sind und sich nahezu aufheben.
Diese Arbeit soll einen Beitrag zu einer Verbesserung der Beobachtung von klimarelevanten
Eigenschaften von Wolken liefern. Die Untersuchungen stützen sich dabei auf zwei Hauptmethoden, die in dieser Arbeit zur Anwendung gekommen sind: Messung und Simulation der
solaren Strahlung in der Atmosphäre. Das einführende ersten Kapitel hat die Beschreibung
des Strahlungstransportes in bewölkten Atmosphären zum Thema. Auf dieser Grundlage ist
ein Verfahren zur Ableitung von optischen und mikrophysikalischen Größen entwickelt worden, das in Kapitel 2 ausführlich dargestellt wird. Eine konkrete Anwendung hat dieses neue
Verfahren bei Flugmessungen während der ACE 2 Kampagne erfahren, die die Erforschung
des indirekten Aerosoleffektes zum Schwerpunkt hatten. Die ersten Analysen und Ergebnisse der Messungen führten zu neuen Möglichkeiten, die Fernerkundung zur Beobachtung
von Wolkenbildungsprozessen einzusetzen und deren Einfluß auf die rückgestreute Strahlung
nachzuweisen. Grundlage für diese neuartigen Ableitungsmethoden ist dabei eine neue Art
der Parameterisierung von Wolken in einem Strahlungstransportmodell. Die durchgeführten
Strahlungsmessungen, der neue Parameterisierungsansatz, die Entwicklung der neuen Algorithmen sowie die damit gewonnenen Ergebnisse sind Gegenstand von Kapitel 3. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit sind operationelle Algorithmen für Satellitensensoren. Die
Anforderungen in diesem Bereich unterscheiden sich von denen der experimentellen Verfahren. Hier stehen große Robustheit und universelle Anwendbarkeit im Vordergrund. Die
Entwicklung solcher Algorithmen hat dem Rechnung zu tragen. Aus diesem Grund ist die
Sensitivitätsanalyse der Ableitungsgenauigkeit ein Schwerpunkt des abschließenden vierten
Kapitels.
KAPITEL 1
Strahlungstransport in der bewölkten Atmosphäre
1.1. Wechselwirkung von Strahlung und Wolken: Das Vertikal Uniforme
Plan-Parallele Modell (VU-PPM)
Die Abschwächung des Lichts beim Durchgang eines Mediums wird Extinktion genannt.
der Strahlungdichte ist proportional zur einfallenden Strahldichte und
Die Änderung
der Weglänge durch das Medium. Die Proportionalitätskonstante wird als Extinktionskoeffizient ext bezeichnet:
(1.1.1)
ext
In einer horizontal und vertikal homogenen Wolkenschicht der Tiefe , in der Tropfengrößen
vorkommen ist der Extinktionskoeffizient
nach einer bestimmten Verteilungfunktion
gegeben durch:
ext
(1.1.2)
ext
Dabei bedeutet ext der Wirkungsgrad der Extinktion, der aus dem Quotienten des Wirkungsquerschnittes der Extinktion und dem geometrischen Querschnitt eines Wolkenteilchens gebildet wird. Der Wert von ext ist abhängig vom Verhältnis von Partikelgröße und Wellenlänge des Lichts (Größenparameter ) sowie vom komplexen Brechungsindex von Wasser und
kann mit einem Mie-Programm berechnet werden. Die optische Dicke der Wolkenschicht
kann als das Produkt des Extinktionskoeffizienten und der geometrischen Dicke angegeben
werden:
(1.1.3)
ext
Nimmt man eine monodisperse Verteilung der Tropfengrößen an, d. h. die Wolke bestehe aus Tropfen nur eines Radius mit einer Tropfenkonzentration von , so entsteht aus
Gleichungen 1.1.2 und 1.1.3:
ext
(1.1.4)
Berücksichtigt man zudem, daß der Wirkungsgrad der Extinktion für typische Tropfengrößen
und Wellenlängen des sichbaren und nahen infraroten Lichts einen Grenzwert von ext 2
annimmt, dann vereinfacht sich der Ausdruck weiter zu:
(1.1.5)
Der Flüssigwassergehalt, der im Folgenden wie in internationalen Publikationen üblich mit
LWC bezeichnet wird (liquid water content), ist definiert als Produkt von Teilchenvolumen,
5
6
1. STRAHLUNGSTRANSPORT IN DER BEWÖLKTEN ATMOSPHÄRE
Tropfenkonzentration und Dichte
von Wasser:
LWC
(1.1.6)
Dieser Ausdruck läßt sich dazu verwenden, die optische Dicke als Funktion des Flüssigwassergehaltes zu erhalten:
LWC
LWC
Weiterhin kann es durch die Verwendung von
auch als Funktion der Tropfenkonzentration gegeben werden:
LWC
(1.1.7)
die optische Dicke
(1.1.8)
Damit ist als die optische Dicke proportional zu
, LWC und
. Das Ergebnis dieses recht einfachen Modells zeigt schon, daß der Einfluß der Tropfenkonzentration auf die
optischen Eigenschaften deutlich ist, wenn auch die Mächtigkeit der Wolke und der Flüssigwassergehalt LWC noch stärker die Strahlungseigenschaften beeinflussen.
Eine vertikal und horizontal homogenen (plan-parallele) Wolke stellt natürlich eine starke
Idealisierung der natürlichen Bedingungen dar. Der Vorteil liegt aber darin, daß man mit
diesem Modell einen analytischen Zugang zu den Zusammenhängen zwischen Größen und
Prozessen finden kann, wie dies oben geschehen ist. Außerdem lassen sich plan-parallele
Wolken einfach und ohne großen Aufwand in gängige Strahlungstransportmodelle verwirklichen. Das ist besonders bei der Berücksichtigung von Strahlungseffekten in globalen Klimamodellen (general circulation models GCM) wichtig, da dort aus Gründen der Rechenökonomie keine aufwendigen Parameterisierungen verwendet werden können. Auf dieser Basis
können Fernerkundungsverfahren mit hinreichender Genauigkeit entwickelt werden, wie in
Kapitel 2 beschrieben wird. Die Unzulänglichkeiten dieses Modells und die Notwendigkeit
einer Erweiterung der Wolkenrepräsentation in einem Strahlungstransportmodell zeigt sich
beim Versuch, den indirekten Effekt der Aerosole mit Strahlungsmessungen nachzuweisen.
Abschnitt 3.3.2 behandelt die Erweiterung des VU-PPM-Modells und beschreibt die neuen
Möglichkeiten der Fernerkundung von mikrophysikalischen und geometrischen Parametern
die daraus entstehen.
Die Abhängigkeit der Strahlungsgrößen wie Strahlungsfluß und Strahldichte von der optischen Dicke und der mikrophysikalischen Parameter ist von komplexer Natur, da hier die
Richtungsabhängigkeit der Streuung berücksichtigt werden muß. Dieses Problem läßt sich
nicht durch einfache analytische Überlegungen berechnen, vielmehr muß dabei auf numerische Methoden zurückgegriffen werden. Es gibt viele verschiedene Ansätze zur Lösung der
Strahlungstransportgleichung, die jeweils für spezielle Anforderungen besonders geeignet
sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit stützen sich auf die Berechnungen mit dem Strahlungstransportmodell MOMO.
1.2. DAS STRAHLUNGSTRANSPORTMODELL MOMO
7
1.2. Das Strahlungstransportmodell MOMO
Das Strahlungstransport MOMO (Fischer und Graßl 1991, Fell 1997) basiert auf der MatrixOperator Methode nach Plass et al. (1973). Dieses berechnet den Transport der direkten und
diffusen Solarstrahlung in einem gekoppelten Atmosphäre-Ozean System. Als Primärprodukte werden die azimutal- und zenital aufgelösten Strahldichten an den definierten Schichtgrenzen ausgegeben, es lassen sich aber auch sekundäre Größen, wie Strahlungsflüsse und
Reflexionsvermögen errechnen. Die speziellen Eigenschaften der Matrix-Operator Methode
bedingen, daß einige Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen:
Die einzelnen Schichten werden als horizontal und vertikal homogen angenommen.
Eine vertikale Strukturierung der Modellatmosphäre wird durch die Kombination mehrerer Schichten mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften vorgenommen.
Der Strahlungstransfer wird lediglich für eine endliche Anzahl von Zenitwinkeln berechnet (Richtungsdiskretisierung durch die Verwendung der Gauß-LobattoQuadratur). Die Anzahl, nicht aber die Lage der Winkelstützstellen kann im Programm beliebig vorgegeben werden, wobei aber beachtet werden muß, daß die Rechenzeit mit der zweiten Potenz der Anzahl der Winkelstützstellen (Dimension der
Matrizen) steigt. Die Genauigkeit, mit der die azimutalen Abhängigkeiten durch die
Fourierreihen dargestellt werden können, ist durch die Anzahl der Fourierkoeffizienten
beschränkt. Diese kann ebenfalls beliebig gewählt werden, wobei sie die Rechenzeit
in etwa linear beeinflußt.
Die wichtigsten Parameter, die in MOMO berücksichtigt werden können, sind als untere
Randbedingung das Rückstreuvermögen der unteren Begrenzung der Modellatmosphäre. Im
Falle der hier beschriebenen Algorithmen wird keine Berechnung des Strahlungstransportes
im Ozean benötigt. Als Randbedingung ist hier eine reflektierende Fläche verwirklicht, die
dem Erdboden bzw. der Ozeanoberfläche entspricht. Ein spektral abhängiges Reflexionsvermögen dieser Fläche ist ein Eingabeparameter für das Simulationsprogramm.
Als obere Randbedingung gilt die solare Einstrahlung am Oberrand der Atmosphäre. Sie
wird als räumlich und zeitlich konstant angenommen und ist lediglich vom betrachteten Wellenlängenintervall abhängig. Im Strahlungstransportprogramm werden die Daten aus Neckel
und Labs (1984) benutzt. Der spezielle Wert der solaren Einstrahlung in einem betrachteten Kanal beeinflußt den Strahlungstransport innerhalb der Atmosphäre nicht. Somit kann
die komplette Berechnung mit einer normierten Solarkonstante vom Wert 1 erfolgen, die Ergebnisse werden anschließend mit der tatsächlichen Solarkonstante multipliziert, und können
dann mit Meßwerten verglichen werden.
Die Wechselwirkung der Wolkenpartikel mit der solaren Strahlung wird in Form von
Extinktions- und Streukoeffizienten sowie durch eine Phasenfunktion angegeben. Die Phasenfunktion
beschreibt die Winkelabhängigkeit des gestreuten Lichts in einem Einfachstreuprozeß ( : Raumwinkel). In Abhängigkeit von einer Größenverteilung der Partikel und des wellenlängenabhängigen Brechungsindexes können diese Eingabegrößen mit
der Mie-Theorie (Mie 1908, van de Hulst 1957) berechnet werden. Ein entsprechendes Programm, wurde im Rahmen dieser Arbeit entwickelt. Als Modell für eine Größenverteilung
von Wolkentropfen wurde eine Gamma-Funktion der Form:
8
1. STRAHLUNGSTRANSPORT IN DER BEWÖLKTEN ATMOSPHÄRE
(1.2.1)
verwendet (Deirmandjian 1969). Hierbei bedeuten den effektiven Tropfenradius und
die effektive Breite der Verteilung. Das Mie-Programm kann allerdings beliebige Tropfengrößenverteilungen berücksichtigen. Die Daten für den komplexen Brechungsindex von flüssigem Wasser entstammen aus den Veröffentlichungen von Hale und Querry (1973), Palmer
und Williams (1974) und Irvine und Pollack (1968).
Neben den Wolkentropfen sind Aerosole und Luftmoleküle als atmosphärische Streuer zu
berücksichtigen. Die Berechnung von Extinktions- und Streukoeffizienten und der Phasenfunktionen erfolgt für Aerosole ebenfalls mit Hilfe der Mie-Theorie. Bei Aerosolen muß
aber zusätzlich noch zwischen verschiedenen Typen unterschieden werden, die sich durch
ihre chemische Zusammensetzung und Partikelgröße definieren. Luftmoleküle sind bei den
hier betrachteten Spektralbereich kleiner als ein Zehntel der Wellenlänge. Die Phasenfunktion und die Extinktionskoeffizienten für die Molekülstreuung verhalten sich unter diesen
Bedingungen nach dem Rayleigh-Gesetz. Diese werden für jede Atmosphärenschicht in Abhängigkeit von den dort angenommenen Werten für die Temperatur und Luftdruck berechnet
und für die Strahlungstransportrechnung verwendet.
werden zur Berechnung der azimutal aufgelösten
Die berechneten Phasenfunktionen
Strahlungsgrößen in Fourierreihen entwickelt. Dies ist besonders bei der Entwicklung von
Verfahren für abbildende Satellitensysteme notwendig. Die Messungen der Nadirstrahldichten mit OVID können dagegen mit azimutal gemittelten Simulationen analysiert werden.
MOMO zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität bei der Simulation verschiedener Szenarien aus. Die vertikale, spektrale und räumliche (Winkel-) Auflösung ist ausschließlich durch
computertechnische Bedingungen beschränkt, ebenso die Anzahl und Art der atmosphärischen Streuer. Von dieser Anpassungsfähigkeit wurde bei den vorliegenden Untersuchungen
starken Gebrauch gemacht, so daß die Beschreibung der jeweiligen MOMO-Konfigurationen
in den entsprechenden Abschnitten erfolgt.
KAPITEL 2
Ein Fernerkundungsverfahren zur gleichzeitigen Bestimmung der
optischen Dicke und des Effektivradius
Die Strahlungseigenschaften von Wolken im kurzwelligen (solaren) Spektralbereich hängen
ab, die
fast ausschließlich von der optischen Dicke und der Tropfengrößenverteilung
durch den sogenannten Effektivradius
(2.0.2)
repräsentiert werden kann. Vereinfacht kann man sagen, daß die optische Dicke im wesentlichen die Quantität der gestreuten Strahlung bestimmt, wobei die Tropfengröße für die Umverteilung der Strahlung in die verschiedenen Ausbreitungsrichtungen (ausgedrückt durch die
Phasenfunktion
) verantwortlich ist. Optische Dicke und Effektivradius werden aus
diesem Grund auch für Parameterisierungen der Wolken in Globalen Zirkulationsmodellen
(GCM) verwendet (Slingo 1989) und sind gleichzeitig zwei Parameter, die unmittelbar im
Zusammenhang des indirekten Klimaeffektes der Aerosole stehen. Sie bestimmen also auch
das Rückstreuvermögen der Wolken, durch die Wolken auf den Strahlungs- und Energiehaushalt der Erde starken Einfluß nehmen. Eine globale Überwachung dieser Größen (etwa um
GCMs als Eingabedaten zu dienen) sowie die Quantisierung deren räumlicher und zeitlicher
Variationen kann nur vom Weltraum durch abbildende Satellitenmessungen geschehen. Die
Anwendung von Fernerkundungsmethoden vom Flugzeug aus kann die Erforschung des indirekten Effektes in mehrfacher Hinsicht unterstützen: Einerseits können Satellitenmessungen
simuliert und damit schon vor der eigentlichen Satellitenmission die Verfahren validiert und
optimiert werden, andererseits können während Meßkampagnen wie ACE 2 (Abschnitt 3.2)
Wolkensysteme durch die Ableitung von optischen und mikrophysikalischen Parametern beobachtet und auf deren klimawirksame Einflüsse untersucht werden. Das hier beschriebene
Verfahren wurde zwar speziell für Messungen mit dem hochauflösenden Spektrometer OVID
(Abschnitt 3.2.3.1) entwickelt, ist aber auf Messungen mit anderen Instrumenten mit ähnlicher Kanalsetzung übertragbar.
Strahldichtemessungen im sichtbaren und nahen infrarotem Spektralbereich können für die
Ableitung von und genutzt werden. Das Prinzip der Methode basiert auf der Tatsache,
daß die Reflexion bei einer nichtabsorbierenden Wellenlänge im kurzwelligen Bereich der
Solarstrahlung und die Reflexion bei einer Wellenlänge der Flüssigwasserabsorption im nahen Infraroten (im Bereich bei 1,6 m oder 2,2 m) jeweils unabhängige Funktionen von
und sind (Arking und Childs 1985, Nakajima und King 1990), wenn die Werte für beide Größen groß genug sind. Problematisch ist der Bereich kleiner Tropfenradien in optisch
dünnen Wolken (siehe Abbildung 2.1).
Bisherige Ableitungsmethoden nutzen die Messung in zwei Spektralkanälen, so auch die
für das Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer MODIS (Nakajima und King 1990)
9
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
Reflexionsvermögen R (1535nm)
Reflexionsvermögen R (753,75nm)
10
eff
ek
ti
eff
ve
ek
rR
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ius
[µm
]
ke
he Dic
optisc
ti v
er
Ra
diu
s
[µm
]
ke
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A BBILDUNG 2.1. Abhängigkeit der Strahlungsintensität (ausgedrückt als
Reflexionsvermögen) von optischer Dicke und Effektivradius in zwei Kanälen 753,75nm (links) und 1535nm (rechts). Berechnungen erfolgten mit dem
Strahlungstransportprogramm MOMO und beziehen sich auf eine planparallele und vertikal homogene Modellwolke.
und das Advanced Very High Resolution Radiometer AVHRR (Wetzel und Vonder Haar 1991)
vorgeschlagene Verfahren. Bei beiden Algorithmen kommt es aber bei dünnen Wolken und
kleinen Wolkentropfen zu mehrdeutigen Ergebnissen, d. h. als Inversionsergebnis kommen
mehrere Kombinationen von und
in Frage. Um dies zu vermeiden wird zusätzliche
Information benötigt. Dies kann zum Beispiel bei Messungen mit dem Along Track Scanning Radiometer ATSR durch die Verwendung des dual look-Modus geschehen, bei dem die
gleiche Szene aus mindestens zwei verschiedenen Beobachtungswinkel erfaßt wird (Evans
und Haigh 1995). In dieser Untersuchung wurde versucht, durch Hinzunahme von weiterer
Spektralinformation die Genauigkeit des Verfahrens für optisch dünne Wolken und kleine
Tropfenradien zu verbessern. Dazu wurden spektral hochaufgelöste Strahlungstransportsimulationen, die für eine große Anzahl von optischen Dicken und Effektivradien durchgeführt
worden sind (Armbruster 1998), verwendet. Diese dienen dazu, durch eine statistische Analyse (Hauptkomponentenanalyse) die Anzahl der für das Verfahren benötigten Spektralkanäle
zu bestimmen und Hinweise für deren Positionierung und Charakterisierung zu gelangen.
2.1. Simulation von multispektralen Strahldichten
Als Datengrundlage dienten die Strahlungstransportsimulationen mit MOMO in insgesamt
942 Spektralkanälen im Bereich zwischen 574nm und 1650nm, jeweils für eine große Anzahl von Kombinationen von verschiedenen optischen Dicken und Effektivradien. Berechnet
2.2. HAUPTKOMPONENTENANALYSE
11
wurde jeweils die aufwärtsgerichtete Strahldichte aus Nadirrichtung (Beobachtungszenitwin) am Oberrand der Atmosphäre.
kel
Die Bandbreite der Kanäle variiert zwischen 0.5nm und 3nm, wobei die Bereiche von Absorptionsbanden durch schmalbandigere Kanäle abgedeckt worden sind. Die Modellatmosphäre für diese Untersuchung ist in 22 homogenen Schichten aufgeteilt worden. Standardprofile von Druck und Temperatur wurden angenommen. Die Behandlung der Absorption
atmosphärischer Gase erfolgte durch die Berechnung der Transmissionen auf Grundlage der
HITRAN Datenbank (Rothman et al. 1992). Durch Anwendung einer Exponentialsummenzerlegung (exponential sum fit of transmission ESFT) wird die Gasabsorption im Strahlungstransportmodell repräsentiert (Armbruster und Fischer 1996). Eine total absorbierende Fläche (Albedo = 0%) begrenzt die Modellatmosphäre nach unten.
Die Einfachstreuparameter (Extinktionskoeffizient ext und Phasenfunktion
) wurden
nach der Mie-Theorie unter Annahme einer sogenannten modified gamma function als Tropfengrößenverteilung (Gleichung 1.2.1) berechnet. Die Modellwolken haben eine Ausdehnung von 500m bis 1000m.
Insgesamt 1500 Fälle wurden für optische Dicken zwischen =0 und =100 sowie für effektive Radien zwischen =1 m und =15 m berechnet.
2.2. Hauptkomponentenanalyse
Die simulierten Spektren wurden einer Hauptkomponentenanalyse (principal component
analysis PCA) unterzogen, um einen Hinweis auf die Anzahl der für die gleichzeitige Bestimmung der optischen Dicke und des Effektivradius notwendigen Spektralkanäle zu bekommen. Als Ergebnis einer PCA erhält man einen Satz von Eigenvektoren, die die Signatur
der nicht-korrelierten Spektren innerhalb des simulierten Datensatzes angeben, die durch unabhängige Prozesse bedingt sind. Die den Eigenvektoren zugeordneten Eigenwerte werden
ebenfalls ausgegeben, sie sind ein Maß für die Varianz der einzelnen Hauptkomponenten.
Die Analyse zeigte, daß drei Eigenvektoren separiert werden können, die 99,96% der Variationen der simulierten Spektren beschreiben können. Damit sollte es möglich sein, mit drei
Kanälen die gesamte spektrale Variation durch unterschiedliche optische Dicken und Effektivradien zu repräsentieren.
Abbildung 2.2 (oben) zeigt die spektrale Abhängigkeit der Eigenwerte der ersten drei Eigenvektoren. Zusätzlich in die Abbildung eingefügt wurde ein typisches simuliertes Spektrum
der aufwärtsgerichteten Strahldichte über der Wolkenschicht. Auf die Beschriftung der yAchse wurde verzichtet, da es bei dieser Untersuchung lediglich auf den spektralen Verlauf
der Eigenwerte ankommt, nicht dagegen auf deren absolute Größe. Der besseren Vergleichbarkeit wegen wurden die Spektren skaliert. Der erste Eigenwert variiert nur sehr gering mit
der Wellenlänge. Dies deutet darauf hin, daß die Strahldichten in allen Kanälen stark korreliert sind. Daß die Intensität nicht nur in einem bestimmten Kanal erhöht wird, sondern
auch zu einer Verstärkung der Intensität in allen anderen Kanälen des betrachteten Spektralbereiches verursacht, führt zu der Annahme, daß dieser erste Eigenvektor den Änderungen
der optischen Dicke zugeordnet werden kann.
Der zweite Eigenvektor zeigt die größte Änderung in den Bereichen der Flüssigwasserabsorption um 1500nm. Somit läßt sich dieser Eigenvektor den Variationen im Effektivradius
Eigenwert (skaliert)
12
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
Strahldichte
1. Eigenvektor
2. Eigenvektor
3. Eigenvektor
0
Eigenwert (skaliert)
600
800
1000
1200
1400
1600
Strahldichte
1.Eigenvektor
2. Eigenvektor
3. Eigenvector
0
600
800
1000
1200
Wellenlänge [nm]
1400
1600
A BBILDUNG 2.2. Spektraler Verlauf eines typischen, simulierten Strahldichtespektrums sowie der Eigenwerte der ersten drei Eigenvektoren. Obere
Teilabbildung: Analyse mit sämtlichen Simulationsspektren mit unterschiedlichen optischen Dicken und Effektivradien. Untere Teilabbildung: Analyse
mit zusätzlichen Spektren, die sich zudem in der Höhe der Wolkenoberkante
unterscheiden.
zuordnen, da dieser die Absorption durch flüssiges Wasser beeinflußt. Der dritte Eigenwert
zeichnet sich durch den fast monotonen Anstieg mit der Wellenlänge aus. Dies könnte ein
Hinweis darauf sein, daß dieser Eigenwert die Tatsache repräsentiert, daß bei Zunahme der
Größe der Wolkentropfengröße die Wellenlängenabhängigkeit abnimmt. Dieser Effekt liegt
in der Abhängigkeit des Mie-Faktors ext begründet, der im wesentlichen vom Größenparameter abhängt.
Weitere Klarheit ergibt sich, wenn zusätzlich zu optischer Dicke und Effektivradius auch die
Höhe der Wolkenoberkante variiert wird. Das Ergebnis dieser Hauptkomponentenanalyse ist
in der unteren Teilabbildung 2.2 zu sehen. Änderungen im Vergleich zum Ergebnis ohne
Variation der Wolkenhöhe finden fast ausschließlich im Bereich der Absorptionsbanden von
2.3. AUSWAHL DER KANÄLE
754nm
13
1535nm
1200nm
W
Strahldichte [ _______ ]
m² sr µm
300
MOMO Simulation
OVID Messung
200
100
0
600
800
1000
1200
1400
1600
Wellenlänge [nm]
A BBILDUNG 2.3. Spektrale Lage der ausgewählten Kanäle für die gleichzeitige Bestimmung von optischer Dicke und Effektivradius. Die gezeigten
Strahldichtespektren sind mit MOMO simuliert (schwarz) und mit OVID gemessen (rot).
Sauerstoff und Wasserdampf statt. Dies ist in der Verkürzung der Photonenpfadlängen durch
die Atmosphäre bei höher gelegenen Wolken begründet, die die Absorption durch die atmosphärischen Gase herabsetzt. Interessanter Weise treten die Unterschiede nur im Verlauf des
dritten Eigenwertes auf. Dieses Phänomen unterstützt die oben getroffene Vermutung, daß
sich die ersten beiden Eigenwerte auf Änderungen der optischen Dicke und die des Effektivradius zurückführen lassen, die ja unabhängig von der Wolkenhöhe wirken.
Es sei aber darauf hingewiesen, daß sich nicht grundsätzlich die einzelnen signifikanten Eigenvektoren und Eigenwerte physikalischen Vorgängen zuordnen lassen müssen. Diese Untersuchung folgt auch nicht der Absicht, diese Zusammenhänge im Detail aufzudecken, da es
hier lediglich um die Bestimmung der Anzahl der Kanäle für das Ableitungsverfahren geht.
2.3. Auswahl der Kanäle
Entsprechend der Ergebnisse der Hauptkomponentenanalyse wurden die Spektralkanäle im
nahen Infrarot definiert, für die ein Ableitungsverfahren entwickelt worden ist. Die Voraussetzung ist, daß die betreffenden Kanäle frei von Absorptionslinien atmosphärischer Gase
sind, um ein Einfluß der Wolkenhöhe zu vermeiden. Die Verwendung eines Fensterkanals
im Kurzwelligen sowie eines Kanals in der Flüssigwasserabsorption schreibt das Ableitungsprinzip vor. Ein dritter Kanal sollte einerseits einen gewissen spektralen Abstand zu den
ersten beiden Kanälen haben, zum anderen sollte eine möglichst deutliche Abhängigkeit von
den abzuleitenden Größen existieren. Letzteres ist in solchen Bereichen der Fall, wo die
absoluten Werte der Eigenwerte der ersten beiden Eigenvektoren (die ja mit und zusammenhängen) besonders groß sind. In Tabelle 1 sind die Zentralwellenlängen und spektrale
Breiten der ausgewählten Kanäle aufgeführt. Die genauen Werte für Lage und Breite der
14
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
TABELLE 1. Definition der Kanäle für das Verfahren zur Bestimmung der
optischen Dicke und des Effektivradius.
Zentralwellenlänge Bandbreite
Kanal 1
753,75nm
7,5nm
Kanal 2
1200nm
10nm
Kanal 3
1535nm
10nm
Kanäle wurden aus praktischen Überlegungen bestimmt. So stimmt die Definition von Kanal 1 weitgehend mit Kanal 10 des MERIS-Sensors überein. Die konkrete Charakterisierung
des dritten Kanals hat mit der Empfindlichkeit des OVID Sensors zu tun. Die gewählte Definition ist ein Kompromiß aus stärkerer Flüssigwasserabsorption für etwas größere Wellenlängen einerseits und bessere Empfindlichkeit des OVID-Sensors für kürzere Wellenlängen
andererseits. Abbildung 2.3 zeigt die ausgewählten Spektralkanäle zusammen mit einem simulierten und einem gemessenen Spektrum.
2.4. Vergleich unterschiedlicher Algorithmen
Mit der oben beschriebenen Datenbasis wurden nun die ausgewählten Spektralkanäle erzeugt, indem die simulierten Strahldichtewerte innerhalb der Kanalgrenzen integriert worden sind. Die Zusammenstellung der Kanalstrahldichten und der jeweiligen Werte für die
optische Dicke und effektiven Radien in einer Tabelle (look up table) kann schon als einfaches Ableitungsverfahren benutzt werden: Der Vergleich wird nicht unmittelbar mit den
Strahldichten durchgeführt sondern mit den Werten für das Reflexionsvermögen für die
jeweilige Wellenlänge , die man unter Berücksichtigung der spektralen Solarkonstante ,
des Sonnenzenitwinkels und des Beobachtungszenitwinkels berechnen kann:
(2.4.1)
Durch diese Umwandlung wird eine Überbewertung der kurzwelligeren Kanäle unterdrückt,
in denen hauptsächlich die höhere Sonnenstrahlung für größere Strahldichtewerte sorgt. Die
in den Kanälen werden verglimit einem Instrument gemessenen Reflexionsfunktionen
chen mit den Werten in der Tabelle
und die Abweichung für jeden Eintrag berechnet.
Als Abweichungsmaß wurde die -Funktion gewählt:
(2.4.2)
wobei
die Anzahl der betrachteten Kanäle bedeutet. Die Werte für und , bei denen
das Minimum aller -Werte auftritt, werden als Ergebnis ausgegeben. Mit diesem einfachen
Algorithmus kann gezeigt werden, wie sich die Anzahl der verwendeten Kanäle auf die Genauigkeit der abgeleiteten Größen auswirkt. Dazu wurde ein bestimmtes Strahldichtetripel
aus den Simulationen verwendet, um eine Messung mit einem realen Instrument nachzuahmen (Simulation mit =10 und =5 m), wobei die Ergebnisse mit einem Rauschen von
1% verändert worden sind. Mit diesem Strahldichtetripel wurde der einfache Vergleichs-
2.4. VERGLEICH UNTERSCHIEDLICHER ALGORITHMEN
15
TABELLE 2. Ergebnisse der Fehleranalyse bezüglich der Ableitung des Effektivradius: Abhängigkeit der mittleren Abweichung und Varianz sowie der
Anzahl der Spektralkanäle vom Sensorrauschen
Rauschen
0%
1%
4%
10%
30%
mittlere Abweichung 2 Kanal 0.21038 0.21563 0.27026 0.51519 -0.11263
3 Kanal -0.06219 -0.03378 -0.03378 -0.17791 -3.65859
Varianz
2 Kanal 2.82240 2.81208 2.89420 3.79503 7.31836
3 Kanal 1.73991 1.71311 2.87674 5.76446 14.8779
oder look up table-Algorithmus angewendet. Verglichen wurde das Ergebnis des abgeleiteten Effektivradius von drei verschiedenen Algorithmen. Algorithmus 1 benutzt lediglich die
Strahldichten in Kanal 3 (1535nm), die zweite Variante bezieht Kanal 1 (753,75nm) mit ein
(entspricht also den in der Literatur veröffentlichten Standardalgorithmen) und ein dritter Algorithmus benutzt alle drei Strahldichtewerte zum Vergleich von Messung und Simulation.
In Abbildung 2.4 ist das Ergebnis als die absolute Abweichung als Funktion des effektiven
Radius dargestellt. Dabei steht jeder Punkt in diesen Abbildungen für eine Kombination
von und .
Ein-Kanal-Verfahren: In Abbildung 2.4 a) sieht man, daß der Minimalwert der Abweichungen bei einem Effektivradius von =3 m liegt. Auch bei =7 m kommt es
zu geringen Abweichung, der wahre Wert von =5 m bietet sich weniger als Lösung
an.
Zwei-Kanal-Verfahren: Im Vergleich zum Ein-Kanal-Verfahren gibt es deutlich weniger Punkte mit nur kleinen Abweichungen, für eine Lösung kommen lediglich =5 m
und =9 m in Frage (Abbildung 2.4 b). Hier zeigt sich deutlich die Mehrdeutigkeit
des Verfahrens mit zwei Kanälen, so wie sie auch bei Anwendungen des MODISVerfahrens berichtet worden ist (Nakajima und King 1990). In diesem Fall ist die Abweichung bei =9 m etwas geringer, so daß das Verfahren diesen Wert als Ergebnis
zurückgibt.
Drei-Kanal-Verfahren: Abbildung 2.4 c) demonstriert, wie man mit der Verwendung
von einem dritten Spektralkanal die Mehrdeutigkeit im Ableitungsverfahren vermeiden kann. In aller Deutlichkeit ist der Effektivradius von =5 m als Ergebnis ermittelt
worden, in Übereinstimmung mit dem als Eingabewert verwendeten Effektivradius.
Die Unterschiede zwischen einem Zwei-Kanal- und einem Drei-Kanal-Verfahrens sind Gegenstand weiterer Untersuchungen, bei denen im wesentlichen auf die absolute Abweichung
also auch auf die unterschiedliche Rauschempfindlichkeit eingegangen wird. In Abbildung
2.5 ist dieser Vergleich durch mehrere Streudiagramme dargestellt. Als x-Achse ist jeweils der simulierte Effektivradius aufgetragen, die y-Achse zeigt den damit abgeleiteten
Wert an. Diese Wertepaare sind als Punkte dargestellt und für verschiedene Effektivradien
und Rauschniveaus ermittelt worden, je für das Zwei- (links) und das Drei-Kanal-Verfahren
(rechts). Aus diesen Abbildungen ist zu erkennen, daß bei kleinen Radien beide Arten von
Verfahren den Effektivradius überschätzen. Das Ausmaß dieser Überschätzung ist aber durch
die Verwendung dreier Kanäle deutlich reduzierbar. Dieses Ergebnis gibt auch Tabelle 2 wieder, in der die mittlere Abweichung und die Varianz für verschiedene Rauschniveaus angegeben sind.
16
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
-2
Abweichung χ²
10
10
-4
10
10
-6
10
10
-8
10
10
a)
-10
10
-4
-6
-8
10
0
5
10
15
-2
10
Abweichung χ²
-2
b)
-10
0
5
10
15
effektiver Radius [µm]
-4
10
-6
10
-8
10
c)
-10
10
0
5
10
15
effektiver Radius [µm]
A BBILDUNG 2.4. Abweichung von simulierten (look up table) und „gemessenen” Reflexionsvermögen für ein Verfahren mit einem (a), zwei (b) und drei
Spektralkanälen (c).
2.4. VERGLEICH UNTERSCHIEDLICHER ALGORITHMEN
20
20
3 Kanal
re abgeleitet [µm]
re abgeleitet [µm]
2 Kanal
15
10
5
0
0
5
10
15
re simuliert [µm]
15
10
5
0
0
20
20
re abgeleitet [µm]
re abgeleitet [µm]
10
5
20
5
10
15
re simuliert [µm]
15
10
5
0
0
20
20
5
10
15
re simuliert [µm]
20
20
3 Kanal
re abgeleitet [µm]
2 Kanal
re abgeleitet [µm]
10
15
re simuliert [µm]
3 Kanal
15
15
10
5
0
0
5
20
2 Kanal
0
0
17
5
10
15
re simuliert [µm]
20
15
10
5
0
0
5
10
15
re simuliert [µm]
A BBILDUNG 2.5. Streudiagramme von simulierten und abgeleiteten Effektivradien ermittelt mit einem Zwei-Kanal-Verfahren (links) und einem DreiKanal-Verfahren (rechts). Die simulierten Strahldichten wurden vor der Anwendung des Algorithmus verrauscht mit 0% (oben), 1% (Mitte) und 10%
(unten)
20
18
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
2.5. Inversion durch Neuronale Netze
Nachdem die Voruntersuchungen Aufschluß über die Anzahl der Spektralkanäle für die
gleichzeitige Ableitung von optischer Dicke und Effektivradius gegeben hat, geht es nun darum, ein quasi-operationelles Verfahren zu entwickeln. Es stellt sich heraus, daß ein look up
table Verfahren rechentechnisch aufwendiger und fehleranfälliger wird, je allgemeingültiger
der Algorithmus arbeiten soll und je mehr Zusatzinformationen in den Ableitungsmechanismus eingehen.
Das in dieser Arbeit vorgestellte Verfahren soll für Wasserwolken über dunklen Oberflächen
(Ozean) gültig sein, die mit einem nadirblickenden Instrument beobachtet werden. Neben
der zu messenden Strahldichte in drei Kanälen kann bzw. muß der Sonnenzenitwinkel als
Eingangsgröße berücksichtigt werden. Dieser Winkel kann leicht aus der geographischen
Position (Länge und Breite) sowie der lokalen Zeit am Meßort berechnet werden. Eine weitere Einschränkung besteht in der Auswahl der Flughöhe der Sensorträgers: Es wurden zwei
Versionen des Algorithmus erzeugt, der einmal mit den Strahldichten am Oberrand der Atmosphäre entwickelt wurde und damit gültig für Satellitemessungen ist, und zum anderen
die Strahldichten bei 10.000 Fuß (ca. 3000m) verwendet, der Standardflughöhe der flugzeuggestützten Messungen mit OVID während der ACE 2 Kampagne. Da die Beeinflussung der
Strahlung zwischen Wolkenoberkante und Sensor im allgemeinen vergleichsweise gering ist,
unterscheiden sich beide Versionen nicht qualitativ.
Aus Gründen der Genauigkeit und der Praktikabilität wurde die Inversion durch das Training
eines künstlichen Neuronalen Netzes gewonnen. Grundlage für das Training sind weitere
Strahlungstransportsimulationen, die sich - im Gegensatz zu den oben beschriebenen Strahlungstransportrechnungen - auf die drei ausgewählten Kanäle beschränken, dafür aber einen
weiteren Bereich von optischen Dicken, Effektivradien sowie Sonnenzenitwinkel beinhalten. Die Modellwolken sind einschichtig sowie vertikal und horizontal homogen. Insgesamt
1000 Fälle wurden simuliert, die sich unterscheiden durch die wolkenoptische Dicke , den
Effektivradius sowie die Höhen der Wolkenbasis und der Wolkenoberkante top . Diese Variablen wurden stochastisch ausgewählt, d. h. im Gegensatz zu einer systematischen
Variation aller Variablen wurden die Werte für , , , top per Zufallsgenerator bestimmt
und für die Strahlungstransportrechnungen verwendet. Eine solche Vorgehensweise reduziert
nicht nur die Anzahl der zu simulierenden Fälle sondern entspricht auch den Anforderungen
des Neuronalen Netz Trainings (siehe unten). Für jeden Fall sind Strahldichtewerte bei 12
Sonnenzenitwinkel berechnet. Der Vorgang der Vorwärtsrechnung (als Gegensatz zur Inversionsrechnung) läßt sich folgendermaßen darstellen:
(2.5.1)
top
Aus den Ergebnissen dieser Simulationen können 12 000 Lernmuster konstruiert werden, wobei ein Lernmuster die Zuordnung einer konkreten Kombination von Eingabewerten zu den
zugehörigen (simulierten) Ausgabewerten darstellt. Die Begriffe Eingabe- und Ausgabewerte beziehen sich auf das zu erstellende Fernerkundungsverfahren, somit bedeuten Eingabe
alle jene Informationen, die beim Ableitungsvorgang bekannt sind, sei es durch Messung des
2.5. INVERSION DURCH NEURONALE NETZE
19
A BBILDUNG 2.6. Struktur des verwendeten Neuronalen Netzes zur Ableitung von und bzw. und (Abschnitt 3.6.1).
Sensors (Strahldichten in den drei Kanälen) oder durch Zusatz- bzw. externe Information
(in unserem Fall der Sonnenzenitwinkel ). Ausgabe sind demnach die Größen, die durch
das Verfahren als Ergebnis ermittelt werden sollen, also optische Dicke und Effektivradius.
Die Anzahl von Eingabe- und Ausgabegrößen ist dabei nur durch das Problem vorgegeben.
Allgemein ist also ein Lernmuster eine konkrete Kombination von einem Eingabevektor und
einem Ausgabevektor, die im vorliegenden Beispiel ausgedrückt werden kann als:
(2.5.2)
Diese Relation zu finden ist das Grundproblem der Fernerkundung, das auch Inversionsproblem genannt wird. Die Anwendung eines Neuronalen Netzes bietet die Möglichkeit,
daß man den in Gleichung 2.5.2 beschriebenen Schritt durch eine Kombination von Matrizenmultiplikationen vollziehen kann. Doch zunächst müssen die passenden Matrixelemente
bestimmt werden. Das geschieht bei den hier verwendeten Typen von Neuronalen Netzen
durch überwachtes Lernen.
20
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
In Abbildung 2.6 ist die Struktur des Neuronalen Netzes dargestellt. Es besteht aus den bereits
erwähnten Eingabe- und Ausgabevektoren. Die Elemente dieser Vektoren sowie die Elemente der sogenannten Zwischenschicht können als individuelle Prozessierungselemente aufgefaßt werden, die, in Anlehnung an die biologischen Vorgänge im Gehirn, auch als Neuronen
bezeichnet werden. Diese Neuronen sind untereinander verbunden und diesen Verbindungen (biologisch: Synapsen) werden Gewichte zugeordnet, die zudem Signale transportieren.
Neuronen der Zwischen- und der Ausgabeschicht transformieren die eingehenden Signale
entsprechend einer Aktivierungsfunktion, die die Form
(2.5.3)
hat, wobei die Funktion eines Temperaturparameters besitzt. Die Gesamtheit der Verbindungen von einer Schicht zur nächsten Schicht
kann durch eine Gewichtsmatrix
repräsentiert werden, wobei jedes Element
das Gewicht der Verbindung vom -ten Neuron der Schicht zum -ten Neuron der Schicht
bedeutet. Mathematisch läßt sich der
Prozessierungvorgang eines dreischichtigen Netzwerkes folgendermaßen ausdrücken:
(2.5.4)
Das ist eine Kombination aus linearen (Matrixmultiplikation) und nichtlinearen (Anwendung
der Aktivierungsfunktion) Transformationen.
Die beiden äußeren Schichten in Abbildung 2.6 sind als Transformationsschichten zu verstehen, die lediglich das Auffinden der Gewichte durch das Training erleichtern und beschleunigen. Dies geschieht hier durch eine Dekorrelation der Eingabevektoren, so daß die Eigenwerte der Hauptkomponenten als Eingabevektoren des eigentlichen Trainings dienen. Ferner
werden die Elemente des Ausgabevektors durch eine lineare Transformation auf das Intervall
[0,1] skaliert.
Der Lernvorgang nach der Backpropagationmethode, also das Auffinden der geeigneten Matrixelemente (Gewichte) vollzieht sich in folgenden Schritten (Rumelhart und McClelland
1986):
1. Initialisierung der Matrizen mit Zufallszahlen
2. Prozessierung eines oder mehrerer Lernmuster mit dem Neuronalen Netz
3. Berechnung der Abweichung zwischen Netzausgabe und der originalen Ausgabe des
Lernmusters (Fehlerfunktion)
4. Bestimmung der Gradientenmatrix
der Fehlerfunktion durch die rückwärtsgerichtete Weitergabe der Fehlersignale durch das Netz (backpropagation)
5. Korrektur der Gewichte entsprechend des berechneten Gradienten:
(2.5.5)
Der Wert für wird als Lernparameter oder Lernrate bezeichnet. Mit ihm kann die
Größe der Korrekturschritte eingestellt werden.
Die Schritte 2 bis 5 werden so lange wiederholt und bis das Neuronale Netz eine Testmenge
von Lernmustern mit einer genügenden Genauigkeit wiederzugeben vermag. Die Testmenge
sollte von der zum Training benutzten Menge von Lernparameter unabhängig sein. Eine
ausführliche Einführung in die Theorie der Neuronalen Netze sowie der hier verwendeten
Lernmethode findet man bei Rojas (1993).
2.5. INVERSION DURCH NEURONALE NETZE
21
Zum Training des Neuronalen Netzes wurde ein Programm (Graphical IDL-based Artificial
Neural Network Training GIANT) von René Preusker (Preusker 2000) benutzt, welches den
aktuellen Zustand des Lernprozesses graphisch darstellt und menügesteuerte Einstellungen
und Steuerung erlaubt.
Die auf diese Weise ermittelten Gewichtsmatrizen definieren ein Neuronales Netz, mit dem
durch Anwendung auf reale Fernerkundungsdaten die gewünschten geophysikalischen Parameter berechnet werden können. Das eigentliche Auswerteverfahren ist daher erstaunlich
kompakt und schnell, da in einem Computerprogramm lediglich die in Gleichung 2.5.4 beschriebene Anweisung ausgeführt werden muß. Die Matrizen für den - -Algorithmus beispielsweise sind in einer nur 1,8 KByte großen Datei abgespeichert. Allerdings muß darauf
geachtet werden, daß sich die Eingabewerte innerhalb des Bereiches der Trainingsmenge befinden. Das Training von Neuronalen Netzen ist eine statistische Methode und nicht etwa
eine physikalische Modellierung. Aus diesem Grund kann eine Anwendung über die Trainingsmenge hinaus (Extrapolation) zu unphysikalischen Lösungen führen. Auf jeden Fall
aber verlieren dann die Angaben über die Genauigkeit der Inversion (diese werden während
des Trainings ermittelt) ihre Gültigkeit. Mit einer entsprechenden Überprüfung werden vor
der Anwendung des Neuronalen Netzwerkes diese Fälle im Auswerteprogramm abgefangen.
Zur Vermeidung von Problemen solcher Art ist es deshalb notwendig, bei der Erstellung von
Lernmustern die abzubildende natürliche Variation zu erfassen, um die Anwendbarkeit des
Verfahrens nicht massiv einzuschränken.
Die mittlere Abweichung (root mean square error) beim Erzeugen der Inversionsmatrizen
für das Verfahren zur Ableitung der optischen Dicke und des Effektivradius mit drei Spektralkanäle betrug 6,5% und die Korrelation zwischen Netzausgabe und Originaldaten betrug
98,38%.
22
2. FERNERKUNDUNG DER OPTISCHEN DICKE UND DES EFFEKTIVRADIUS
KAPITEL 3
Flugzeuggestützte Fernerkundung von Wolkenparametern zur
Untersuchung des indirekten Effektes der Aerosole auf das Klima
3.1. Der indirekte Klimaeffekt der Aerosole
Aerosole sind für die Wolkenbildung von entscheidender Bedeutung. Ohne das Vorhandensein von festen Schwebeteilchen würde es in der Atmosphäre nur unter unnatürlich hohen
Drücken zur Kondensation von Wasserdampf kommen können. Ein Teil der Aerosole werden
deshalb ihrer Funktion nach als Wolkenkondensationskerne bezeichnet, abkürzend auch als
CCN, der englischen Bezeichnung cloud condensation nuclei folgend. Das Vorhandensein
der CCN bestimmt nicht nur, ob eine Wolke überhaupt entstehen kann, sondern die Menge
der zur Verfügung stehenden Aerosole entscheidet auch über die mikrophysikalischen Eigenschaften, die wiederum die Fähigkeit das Sonnenlicht zu reflektieren beeinflussen.
Erhöht sich der Aerosolgehalt in einer Luftmasse, sei es durch den Übergang von maritimer
zu kontinentaler Umgebung (Kontinentalisierung) oder durch anthropogene Emission (Kontamination), so kann auch die Anzahldichte der Wolkentropfen steigen. In einer Wolke mit
einer größeren Tropfendichte verstärkt sich die Mehrfachstreuung des Lichts, somit steigt
auch die optische Dicke und die Albedo dieser Wolkenschicht. Dieser Effekt wird auch als
Twomey-Effekt bezeichnet. S. Twomey untersuchte intensiv die Wechselwirkung von Aerosolen auf Wolken und Strahlung (Twomey 1974; 1977).
Kommen keine weiteren Effekte hinzu, die etwa den Flüssigwassergehalt der Wolke verändern könnten (etwa eine Zunahme des Wasserdampfes in der Atmosphäre), so muß zwangsläufig die Größe der Tropfen in einer kontinentalisierten bzw. kontaminierten Wolke wesentlich kleiner sein, das sich das Wasservolumen ja auf mehrere Tropfen verteilen muß. Kleinere
Tropfen bewirken aber eine geringere Niederschlagswahrscheinlichkeit.Wird das Ausregnen
dadurch verhindert oder verzögert, so kann das einen entscheidenden Einfluß auf die Lebensdauer der Wolke sowie die räumliche Ausdehnung haben (Albrecht 1989).
Experimentelle Untersuchungen, etwa von Radke und Hobbs (1976), Twomey et al. (1978),
Hudson (1991) haben den Zusammenhang von CCN-Konzentration und der Luftmassenbewegung über Ozeanen (<100cm ) und kontinentalen Landoberflächen (> 1000cm ) bzw.
industrieller Luftverschmutzung (bis zu 5000cm ) zeigen können. Ebenso konnte gemessen werden, daß die Konzentration von Wolkenteilchen entsprechend der Verfügbarkeit der
CCN verhalten, wie z. B. durch Messungen von Warner und Twomey (1967), Fitzgerald und
Spyers-Duran (1973), die jeweils den Effekt von Buschfeuern und großen urbanen Ballungsgebieten auf die Tropfenkonzentration nachgewiesen haben.
Ungleich schwieriger ist es, den Einfluß der Aerosole auf die Rückstreueigenschaften der
Wolken ebenso deutlich experimentell nachzuweisen. Die Schwierigkeiten liegen vor allen Dingen darin, daß neben den mikrophysikalischen Eigenschaften hauptsächlich andere
23
24
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
Faktoren die Albedo bestimmen. So ist z. B. die optische Dicke einer Wolkenschicht zunächst von der geometrischen Dicke der Schicht abhängig. Diese wiederum wird durch die
allgemeinen meteorologischen Bedingungen sowie durch die dynamischen Vorgänge beeinflußt, die nicht selten durch starke Turbulenz geprägt sind. Bei einem direkten Nachweis
des Twomey-Effektes muß weitestgehend sichergestellt werden, daß sich zwar der Grad der
Luftverschmutzung ändert, sonst aber alle Bedingungen gleich bleiben. Man kann sich leicht
vorstellen, wie stark die chaotische Natur der Atmosphäre und besonders der Wolken dem
Auffinden solcher Meßkonditionen entgegenwirkt.
Ein bekannter Ansatz zur Lösung dieses Referenzproblems ist die Untersuchung sogenannter ship tracks. Damit sind die linearen Muster erhöhter Reflexion gemeint, die in maritimen
Stratusbewölkungen auszumachen sind und die durch den Eintrag von Abgasen der Schiffsmotoren in die Wolkenschicht verursacht werden (Coakley et al. 1987, Scorer 1987, Radke
et al. 1989, King et al. 1993). Tatsächlich konnten in situ - Messungen vom Flugzeug aus
die erhöhte Konzentration von Tropfen und kleinere Tropfenradien innerhalb der ship tracks
gegenüber den naheliegenden, unbeeinflußten Regionen des gleichen Wolkensystems bestätigen (Radke et al. 1989, King et al. 1993, Johnson et al. 1996). Dennoch kann auch bei
diesen Messungen nicht ausgeschlossen werden, daß die Variation der Albedo (helle Streifen
in einer sonst homogenen Stratusschicht) nicht auf andere Effekte außer des Eintrags von
zusätzlichen Kondensationskernen zurückzuführen ist. Denkbar ist eine nicht unbedeutende
Wirkung dadurch, daß neben den Aerosolen auch zusätzlicher Wasserdampf in die Wolken
gelangt. Schwer abzuschätzen ist auch die Störung durch thermische und dynamische Einflüsse, die durch die Schiffsabgase entstehen können.
Somit fehlt bisher noch ein eindeutiger experimenteller Nachweis des Twomey-Effektes.
Diesen zu führen bedarf es eines großen instrumentellen Aufwands, einer überlegten Meßstrategie, die die Auswahl der Instrumente, der Meßplattformen, der Flugmuster sowie des
Zeitpunktes und des Orts der Experimente betrifft. Zudem bedarf es des Glücks, innerhalb
einer geplanten Meßkampagne solche Wolkenfälle vorzufinden, die eine entsprechende Analyse erlauben. Der im Rahmen dieser Arbeit unternommene Versuch den Twomey-Effekt
experimentell nachzuweisen ist Gegenstand dieses Kapitels. Im ersten Abschnitt dieses Kapitels wird das zweite Experiment zur Charakterisierung der Aerosole (Aerosol Characterisation Experiment ACE 2) beschrieben, in dessen Rahmen die Messungen zu dieser Arbeit
durchgeführt worden sind. Dieser Abschnitt enthält auch die Beschreibung der Instrumente,
deren Messungen verwendet worden sind. Desweiteren wird auf die entwickelten Methoden eingegangen, mit denen Fernerkundungsdaten aufbereitet werden, um klimarelevante
Wolkenparameter abzuleiten. Das Kapitel wird mit der Zusammenstellung der wichtigsten
Ergebnisse dieser Untersuchung abgeschlossen.
3.2. Das zweite Experiment zur Charakterisierung der Aerosole ACE 2
3.2.1. Überblick. Im Sommer 1997 hat im Nordost-Atlantikgebiet das zweite Experiment zur Charakterisierung der Aerosole ACE 2 (Aerosol Characterisation Experiment),
ein innerhalb des Internationalen Projektes Globale Atmosphärische Chemie IGAC und von
der Europäischen Kommission gefördertes Programm, stattgefunden (Raes und Bates 1995).
Hauptgegenstand dieser internationalen Meßkampagne ist der direkte und indirekte Effekt
der Aerosole auf das Klima.
3.2. DAS ZWEITE EXPERIMENT ZUR CHARAKTERISIERUNG DER AEROSOLE ACE 2
25
Planung und Durchführung des Projektes orientierte sich an drei im Vorfeld formulierte Sachaufgaben:
Aufgabe 1: Bestimmung der physikalischen, chemischen und optischen Eigenschaften der Haupttypen des Aerosols im Nordatlantikraum sowie die Untersuchung der
Wechselwirkung dieser Eigenschaften
Aufgabe 2: Quantifizierung der physikalischen und chemischen Prozesse, die die Entwicklung dieser Aerosoltypen und deren Eigenschaften beeinflussen
Aufgabe 3: Entwicklung von Prozeduren, um lokal gewonnene Ergebnisse auf regionale und globale Beobachtungen zu extrapolieren und den direkten und indirekten
Strahlungsantrieb (radiative forcing) des Aerosols im Nordatlantikraum zu bestimmen
Im Gegensatz zu der 1995 im Gebiet des Tasmanischen Meeres durchgeführten Meßkampagne ACE 1, wo Untersuchungen in einer nur sehr gering verschmutzten Troposphäre gemacht
worden sind, ist das ACE 2 Untersuchungsgebiet so ausgesucht worden, um den Gegensatz
von ungestörte maritime Atmosphären und solchen, die durch (anthropogene) Aerosole vom
europäischen Festland sowie von Wüstenstürmen in der Sahara modifiziert werden, erfassen
zu können.
Das ACE 2 Gebiet erstreckt sich vom 23. bis zum 44. nördlichen Breitengrad und vom
8. bis 25. westlichen Längengrad, enthält also die portugiesische Küste, Madeira und die
Kanarischen Inseln und einen Teil der Westküste Nordafrikas.
Angesichts der Komplexheit der gesamten Fragestellung des Programms wurde die Lösung
der Aufgaben in fünf verschiedenen Aktivitäten angegangen. Innerhalb der einzelnen Aktivitäten standen spezielle Fragestellungen und Meßstrategien im Mittelpunkt. Diese Aktivitäten
gliedern sich in folgende Teilprojekte:
LAGRANGIAN: Untersuchung der Evolution von Aerosol und Wolkenpartikel in einem Luftpaket, daß vom Europäischen Kontinent in das Untersuchungsgebiet hereingetragen wird
HILLCLOUD: Untersuchung der Modifikation von Aerosolen beim Durchgang
durch eine einzelne Grenzschichtwolke
FREETROPE: Untersuchung des Einflusses von Aerosolen der freien Troposphäre
auf Aerosol- und Wolkenteilchen innerhalb der Grenzschicht
CLEARCOLUMN: Untersuchung der Strahlungseffekte von Aerosolen integriert
über die vertikale Säule in einer wolkenfreien Atmosphäre
CLOUDYCOLUMN: Untersuchung des Aerosoleffektes auf Wolkenmikrophysik
und Strahlungseigenschaften der Wolken.
Das CLOUDYCOLUMN Teilexperiment adressiert unmittelbar den indirekten Klimaeffekt
der Aerosole und wird im nächsten Abschnitt beschrieben.
3.2.2. Das CLOUDYCOLUMN Teilexperiment. Die Frage, wie aus gemessenen physikalischen und chemischen Aerosol- und Wolkenparametern innerhalb einer vertikalen Säule, der Effekt dieser Größen auf die Strahlungseigenschaft der Wolken vorhergesagt werden
kann, steht im Mittelpunkt dieses Experimentes. Aus dieser Fragestellung heraus ergibt sich
schon die Grundstruktur der Meßstrategie: Gleichzeitige und koordinierte Messungen der
Aerosole, der Wolken und der rückgestreuten Strahlung. Die komplette Charakterisierung
26
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
der Aerosole auch durch andere Teilprojekte wurde in Verbindung gebracht mit der Bestimmung der Wolkenmikrophysik sowie mit Messungen der rückgestreuten Strahlung.
3.2.2.1. Schließungsexperiment. Die experimentelle Methodik orientierte sich an den
Anforderungen eines sogenannten Säulen-Schließungsexperimentes (column closure experiment). Generell ist für ein Schließungsexperiment ein überbestimmter Satz von Beobachtungen notwendig, wobei die gemessene abhängige Größe verglichen werden kann mit dem
Wert dieser Größe, wie sie aus den Messungen der unabhängigen Größen berechnet werden.
Als Ergebnis kann daraufhin festgestellt werden, inwieweit die kombinierten Unsicherheiten
aus Messung und Modell die Vorhersagbarkeit des untersuchten Effektes beeinflussen. Eine
Übereinstimmung von direkt gemessenen und berechneten Größen (Schließung) würde dann
den wichtigen Hinweis geben, daß das zur Berechnung verwendete Modell das beobachtete System zu repräsentieren vermag und als Modul in Modelle höherer Ordnung verwendet
werden kann.
Die Besonderheit eines Säulenschließungsexperimentes liegt darin, daß lokale, nulldimensionale Schließungsexperimente erweitert werden auf verschiedene Höhenniveaus innerhalb
einer Säule. Diese Vorgehensweise ist bei der Untersuchung des indirekten Effektes notwendig, da die Albedo ja Ausdruck der Eigenschaften der gesamten Säule ist. Im CLOUDYCOLUMN Programm sind Schließungen auf mehreren Ebenen angestrebt, die über eine Kette chemische, mikrophysikalische und optische Messungen miteinander verbinden sollen.
Die Glieder dieser Kette sind
CLOUD BASE Verbindung von Aerosol- und Wolkenmikrophysik am Unterrand der
Wolke. Unabhängige Variablen sind dabei die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Aerosole sowie die dynamische und thermodynamische Situation an der
Wolkenunterkante. Die Modelle, die die Aktivierung von Tropfen beschreiben (Köhler
1921, Twomey 1959) können mit der Messung der abhängigen Variablen, den vertikalen Profilen des Tropfengrößenspektrums und der Wolkenbasis in Verbindung gebracht
werden.
CLOUD DEPTH Verbindung zwischen Wolkenmikrophysik und der Wolkenbasis
und am Oberrand der Wolke. Wie wird das Tropfenspektrum im oberen Teil (abhängige Variable) durch die Initialverteilung an der Wolkenbasis und der Turbulenzstruktur
(unabhängige Variable) innerhalb der Wolke bestimmt?
INCLOUD EXTINCTION Verbindung zwischen Wolkenmikrophysik und der Strahlungsextinktion innerhalb der Wolke. Strahlungsmessungen innerhalb der Wolken
werden als abhängige Variable mit Modellen aus den jeweiligen Tropfenspektren (unabhängige Variable) nachvollzogen.
CLOUD ALBEDO Verbindung von Wolkenmikrophysik und optischen Eigenschaften. Diese Verbindung stellt das letzte Glied der Kette des Twomey-Effektes dar. Hier
werden die gemessenen Profile der Tropfengrößenspektren als unabhängige Größe behandelt, aus denen die integrierten Strahlungseigenschaften der Wolkensäule, besonders das Rückstreuvermögen als abhängige Variable, einerseits mit Modellen prognostiziert, andererseits durch Radiometer unmittelbar bestimmt werden.
Auf diese Weise wird versucht, die vollständige Prozesskette vom Aerosol als Kondensationskerne bis hin zum Reflexionsvermögen des Wolkensystems mit entsprechender Instrumentierung zu beobachten und gleichzeitig das aktuelle Verständnis über diese Zusammenhänge,
wie es in den Modellen verwirklicht ist, zu überprüfen.
3.2. DAS ZWEITE EXPERIMENT ZUR CHARAKTERISIERUNG DER AEROSOLE ACE 2
27
3.2.2.2. Meßplattformen und deren Instrumentierung. Die gestellten Aufgaben und die
ausgewählte Meßstrategie erfordern mindestens drei fliegende Sensorträger. Am CLOUDYCOLUMN Experiment waren insgesamt fünf Flugzeuge beteiligt:
Das meteorologische Forschungsflugzeug MRF-Hercules C-130 des britischen Wetterdienstes und das amerikanische fernsteuerbare CIRPAS Flugzeug (Pelican) konnten mit umfangreicher Instrumentierung während einigen CLOUDYCOLUMN Missionen die Aerosol- und
CCN-Charakterisierung unterhalb der Wolken vornehmen sowie die Turbulenz am Unterrand
der Wolkenschicht messen.
Die MERLIN-IV des französischen Wetterdienstes Météo-France ist für die Messung der
Wolkenmikrophysik ausgestattet. Die moderne Fast-FSSP Partikelsonde erlaubt die hochaufgelöste Erfassung (10Hz, entspricht einer räumlichen Auflösung von 10m) des Tropfengrößenspektrums (Brenguier et al. 1998). Tropfen der Größe zwischen 20 und 200 m (Nieselregen) wurden mit einer PMS-OAP-200X Sonde detektiert. Die University of Wyoming,
Laramie, USA betrieb einen CCN-Zähler an Bord der MERLIN-IV. Außerdem befand sich
ein komplettes System zur Messung der Turbulenz in der MERLIN-IV.
Ein abwärts gerichtetes LIDAR-Meßsystem (Pelon et al. 2000) des Service d’Aéronomie, Paris, Frankreich auf der französischen ARAT-F27 konnte während zwei Missionen wertvolle
ergänzende Messungen zur Charakterisierung der geometrischen Eigenschaften der Wolkenschicht liefern, die besonders für die Validierung des -A Wolkenhöhenalgorithmus interessant sind.
Die Fernerkundungsgeräte waren auf der POLAR 4 des Alfred-Wegener-Instituts AWI unter der Betreuung durch die Flugabteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR eingerichtet. Es handelt sich dabei um eine zweimotorige Turbo-Prop Maschine
des Typs Dornier 228. Neben dem Meßsystems des Instituts für Weltraumwissenschaften
(Abschnitt 3.2.3) befand sich das multidirektional abbildende Radiometer POLDER (Polarization and Directionality of the Earth’s Reflectances) (Descloitres et al. 1995) des Laboratoire d’Optique Atmospherique LOA, Lille, Frankreich. Die POLAR 4 ist während allen
CLOUDYCOLUMN Missionen über den Wolken geflogen in hoher räumlicher und zeitlicher
Koordination mit der MERLIN-IV, um so die simultane Messung von Wolkenmikrophysik
und Strahlungseigenschaften zu garantieren.
Die Flugmissionen wurden vom Flughafen Los Rodeos, La Laguna auf Teneriffa aus durchgeführt.
3.2.2.3. Flugmuster. Von besonderer Wichtigkeit ist die Wahl des Flugmusters. Wegen der prioritären Aufgabe, durch die gemessenen Daten einen Validationsdatensatz für die
Klimamodellierung zur Verfügung zu stellen, wurde ein quadratisches Flugmuster mit einer
Kantenlänge von ca. 60km für die meisten Flugmissionen ausgewählt. Eine geschlossene Figur ist ferner geeignet, um die Advektion des Wolkensystems berechnen zu können, welche
zur Initialisierung der Modelle verwendet werden kann. Die MERLIN-IV operierte dabei
innerhalb der Wolkenschicht, die POLAR 4 ca. 1km über der Wolkenoberkante. Die präzise Synchronisation beider Flugzeuge entlang eines 60km-Flugstreifens (leg) brachte es mit
sich, daß mit einer Genauigkeit von ca. 100m sich die MERLIN-IV im Blickfeld der auf
der POLAR 4 befindlichen Radiometer befand. Die MERLIN-IV absolvierte sowohl legs
in konstanter Flughöhe (Charakterisierung der statistischen Eigenschaften von CCN Aktivierung, Tropfengrößenverteilung und Turbulenz), als auch sogenannte zick-zack legs, also
28
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
B
E
Spektrometer
D
A
C
CCD-Detektor
Controller
Teleskop
Glasfaserkabel
PC
einfallendes
Licht
A BBILDUNG 3.1. Schematische Darstellung einer OVID Detektionseinheit
(aus Schüller (1995))
mehrfaches Aufsteigen und Absteigen durch die gesamte Wolkenschicht, die die Messung
des vertikalen Profils der Wolkenmikrophysik erlauben. Die zurückgelegte Distanz während
einer Profilmessung betrug ca. 5-10km, abhängig von der Mächtigkeit der Wolken.
3.2.3. Das Meßsystem des Instituts für Weltraumwissenschaften. Das Institut für
Weltraumwissenschaften betrieb während der ACE 2 Kampagne ein Meßsystem für die Wolkenfernerkundung. Neben den eigentlichen Strahlungssensoren OVID und casi, waren zusätzliche Komponenten zur Unterstützung der Messungen im Einsatz.
Die Meßköpfe von OVID und casi sind auf eine lagestabilisierenden Plattform SM2000 der
Firma Carl Zeiss Jena montiert. Der Einsatz der Plattform garantiert durch den hydraulisch
gesteuerten Ausgleich der hochfrequenten Flugbewegung die Nadirblickrichtung der Teleskope.
Zum System gehören ferner ein Videosystem (Kamera und Recorder) sowie Geräte zur Erfassung der Flugposition (Garmin GPS) und deren Datenaufzeichnung (Ruhtz 1997). Im
folgenden werden die für die Ergebnisse dieser Arbeit wichtigen Instrumente OVID und casi
beschrieben.
3.2.3.1. Der Optical Visible and Near Infrared Detector OVID. Der Optical Visible and
Near Infrared Detector OVID ist ein spektral hochauflösender Mehrkanalsensor für die flugzeuggestützte Fernerkundung von atmosphärischen Eigenschaften (Schüller et al. 1997).
Dieses Gerät mißt im Spektralbereich zwischen 500nm und 1700nm. Es besteht aus zwei nahezu identischen Detektionssystemen, die jeweils den Bereich von 500nm-1000nm (OVIDVIS) bzw. 1000nm-1700nm (OVID-NIR) abdecken. Während ACE 2 wurden mit OVID
Messungen der reflektierten Sonnenstrahlung in Nadir-Blickrichtung durchgeführt. Die spektrale Auflösung des OVID-VIS Systems betrug 0,8nm und die des OVID-NIR Systems 6nm.
In Abbildung 3.1 ist der Aufbau einer Detektionseinheit schematisch dargestellt. Jedes der
beiden Systeme besteht aus folgenden Elementen: Teleskop, Lichtleiterkabel, Spektrometer,
3.2. DAS ZWEITE EXPERIMENT ZUR CHARAKTERISIERUNG DER AEROSOLE ACE 2
29
A BBILDUNG 3.2. casi-Bild vom 09.07.1997 über Stratokumulusbewölkung: Strahldichte bei 753,75nm.
Detektor, Steuereinheit und einem PC mit Steuerungssoftware. Eine genaue Beschreibung
der einzelnen Komponenten und deren Funktionsweise des OVID-Instrumentes befindet sich
bei Schüller (1995).
Der Detektor für das OVID-VIS Modul hat insgesamt 1024 Spektralkanäle, der für das
OVID-NIR Modul 256. Damit besteht ein OVID Spektrum aus Strahldichten bei 1280 Wellenlängen. Abbildung 2.3 zeigt ein komplettes OVID gemessen über einer Stratokumulusbewölkung zusammen mit einem simulierten Spektrum.
Die Wiederholrate der OVID Messungen ergibt sich aufgrund der aktuellen Einstellungen
für die Belichtungszeit, die wiederum abhängig von der Signalstärke ausgewählt worden ist.
Während den hier betrachteten ACE 2 Missionen betrug diese 100ms, d. h. es wurde mit
einer Frequenz von 10Hz gemessen. Jede Messung liefert ein vollständiges Spektrum. Die
Teleskope haben einen Öffnungswinkel von 0,27 (VIS) und 0,34 (NIR). Zusammen mit
der Flughöhe und Fluggeschwindigkeit wird dadurch die räumliche Auflösung bestimmt,
die während der hier beschriebenen Messungen typischerweise bei ca. 10m im Niveau der
Wolkenoberkanten lag.
Die Kalibration des OVID-Systems (Schüller et al. 1997) nutzt die Vermessung einer Standardlichtquelle (Ulbrichtkugel LN-3), deren Strahlstärke durch Interkalibration mit einer geeichten Normallampe bekannt ist. Diese Kalibrationsmessungen sind jeweils vor und nach
einem Meßflug durchgeführt worden. Ferner sind Dunkelmessungen (bei abgedeckten Teleskopöffnungen) notwendig, um die mit 14Bit digitalisierten elektronischen Signale in physikalische Größen (Strahldichte) umzuwandeln. Die spektrale Kalibration erfolgt Spektrallinien einer Argon-Gasentladungslampe, die durch OVID detektiert werden. Die hohe Auflösung
des VIS-Systems erlaubt sogar die Spektralkalibration eines jeden einzelnen Spektrums: Die
30
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
W
Strahldcihte [ _______ ]
m² sr µm
120
casi
OVID
100
80
60
40
20
11:26
11:26:30
11:27
Zeit [UTC]
11:27:30
11:28
A BBILDUNG 3.3. Gemessene Strahldichten am 28.06.1997 jeweils mit den
beiden von der POLAR 4 aus betriebenen Spektrometern casi und OVID.
sogenannten Fraunhoferlinien (Absorptionslinien von Kalzium und Wasserstoff) der Sonnenphotosphäre, sind in den VIS Spektren deutlich auszumachen. Diese werden im Kalibrationsprozess automatisch erkannt und zur Spektralkorrektur benutzt.
3.2.3.2. Der compact airborne spectrographic imager casi. Der casi-Sensor der Firma
ITRES, Kanada (Babey und Soffer 1992) ist ein abbildendes Spektrometer mit einem Öffnungswinkel von 34 senkrecht zur Flugrichtung. Er arbeitet nach dem Zeilenscannerprinzip
(pushbroom scanner). Als Detektor dient ein zweidimensionales CCD-Array (512 288)
wobei der Spektralbereich von 430nm bis 870nm mit 512 Pixeln in der räumlichen Achse
und 288 Spektralkanälen abgedeckt wird. Die Konfiguration während der ACE 2 Messungen
sind so gewählt worden, daß die Bestimmung der optischen Dicke und der Albedo mit der
höchsten räumlichen Auflösung erfolgen konnte (Kanal bei 753,75nm). Die Erfassung aller möglicher Spektralkanäle ist mit einer reduzierten räumlichen Auflösung verbunden und
wird z. B. für die Wolkenhöhendetektion genutzt. Abbildung 3.2 zeigt ein Beispiel einer
Messung mit casi für einen kleinen Ausschnitt eines Fluglegs am 09.07.1997.
Das Kalibrationsverfahren für den casi-Sensor wurde am Institut für Weltraumwissenschaften gegenüber des Standardverfahrens des Herstellers entscheidend verbessert (Keller et al.
2000). Ein Vergleich der kalibrierten Strahldichten von zwei verschiedenen Spektrometern
(OVID und casi) mit jeweils unabhängigen Kalibrationsverfahren gibt einen Hinweis auf die
Genauigkeit der Berechnung der absoluten Intensitätswerte. Abbildung 3.3 zeigt die gleichzeitig gemessenen Strahldichten mit OVID und casi während einer zweiminütigen Meßstrecke am 26.06.1997. Sie demonstriert die Konsistenz der Messungen mit beiden Strahlungsmeßgeräte und ist zugleich Voraussetzung für die gemeinsame Auswertung der Daten
mit diesen Spektrometern.
3.3. EIN NEUER PARAMETERISIERUNGSANSATZ FÜR STRATOKUMULUSBEWÖLKUNG
31
3.3. Ein neuer Parameterisierungsansatz für Stratokumulusbewölkung
3.3.1. Die Grenzen des VU-PPM. Schon Abschnitt 1.1 handelt von der Wechselwirkung von Strahlung und Wolken und deren Beschreibung in einem Strahlungstransportmodell. Eine dort getroffene Annahme der vertikalen Homogenität der Wolken bezüglich
ihrer mikrophysikalischen Parameter (VU-PPM) trifft jedoch bei realistischen Wolken nicht
zu. In situ Messungen der Wolkenmikrophysik (Slingo und Schrecker 1982, Nicholls 1984,
Stephens und Platt 1987, Raga und Jonas 1993, Martin et al. 1994, Pawlowska und Brenguier 1996) in Stratokumulusbewölkung zeigen deutlich, daß die Tropfengröße mit der Höhe
über der Wolkenbasis ansteigt. Welche Konsequenzen sich auf die Interpretation von gemessenen Strahldichten und auf die Modellierung dieser ergeben, wird mit den schematischen
Abbildungen 3.4 und 3.5 erläutert. Die vom Flugzeug oder vom Satelliten aus gemessene
reflektierte Solarstrahlung trägt Information hauptsächlich aus der oberen Schicht der Wolke. Die Eindringtiefe der am Sensor detektierten Photonen in die Wolkenschicht hängt von
speziellen Bedingungen ab, aber als dominierender Effekt wirkt die starke Mehrfachstreuung, die einen Großteil der Solarstrahlung schon in den oberen Schichten reflektiert. Dies
hat zur Folge, daß ein Fernerkundungsverfahren zur Ableitung des Effektivradius, welches
auf den Vergleich von Messungen und Simulationen mit einem VU-PPM beruhen (wie auch
das in Kapitel 2 beschriebene), Werte liefern werden, die nur für den Oberrand der Wolke
repräsentativ sind. Es ist also weniger ein Effektivradius der gesamten Wolkensäule, sondern eher der Effektivradius der obersten Schicht, der abgeleitet werden kann. Wie wenig
sich diese Observable dazu eignet, den mikrophysikalischen Zustand der gesamten Wolkensäule zu beschreiben, zeigt sich, wenn man die Variation der (geometrischen) Wolkendicke
betrachtet: Bei einem mit der Höhe ansteigenden Effektivradius ist natürlich der Effektivradius am oberen Wolkenrand unmittelbar eine Funktion des Abstands von der Wolkenbasis:
. Der Meßwert ist deshalb ebenso ein Resultat der geometrischen wie auch der
mikrophysikalischen Struktur.
In Abbildung 3.4 ist eine Situation dargestellt, in der Variationen von bei einem Überflug
ausschließlich durch die Variation der Wolkendicke bedingt sind, wobei die Mikrophysik
der Wolke ungestört bleibt. Da die Variation von aber ebenso die gesamte optische Dicke
unmittelbar beeinflußt, erwartet man, daß die abgeleiteten Größen und korreliert sind.
Eine solche Korrelation zeigten auch die Auswertungen der OVID Messungen, wie in Abbildung 3.6 am Beispiel von zwei Fluglegs an verschiedenen Tagen dargestellt. Han et al.
(1998) finden in ISCCP Daten optische Dicke und Albedo und Effektivradius korreliert, für
optisch dünne Wolken über Ozeanoberflächen. Dabei müßten gerade diese Wolken die größte Sensitivität gegenüber Aerosolbeeinflussung haben. Eine Verringerung des abgeleiteten
Effektivradius bei einem Überflug von links nach rechts besteht auch in der in Abbildung
3.5 dargestellten Situation: Die geringeren Tropfenradien ergeben sich in diesem Fall tatsächlich aus der durch Aerosole modifizierten Mikrophysik, die sich durch erhöhter Tropfenkonzentration auszeichnet. Nach dem hier aufgezeichneten Modell ist es also nicht möglich,
durch den fernerkundeten Effektivradius (am Oberrand der Wolke) die Wolke bezüglich ihrer
Beeinflussung durch Aerosole zu charakterisieren. Betrachten wir die Änderung der Tropfenkonzentration in beiden Fällen: In der Modellvorstellung ist die Tropfenkonzentration
konstant innerhalb der Wolkenschicht und lediglich durch das CCN-Angebot bestimmt. In
Abbildung 3.4 bleibt dieses unverändert, somit gibt es keine Variation in , im Gegensatz zu
der in Abbildung 3.5 dargestellten Situation. Es wird deutlich, daß die Tropfenkonzentration
re
N
Tropfenkonzentration
Effektivradius
Höhe
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
Höhe
32
re
N
Tropfenkonzentration
Effektivradius
A BBILDUNG 3.4. Modell der mikrophysikalischen Struktur einer Stratokumuluswolke. Die Variation der geometrischen Struktur (Mächtigkeit der Wolke) bestimmt ausschließlich den abgeleiteten Effektivradius. Ein Überflug von
links nach rechts registriert eine Verringerung des Tropfenradius.
diejenige Größe ist, die Ursache (Aerosolkonzentration) und Wirkung (erhöhte Albedo)
des Twomey-Effektes verbindet und mit der die Wolkenmikrostruktur repräsentiert werden
kann.
3.3.2. Das Adiabatisch geschichtete Plan-Parallele Modell (AS-PPM). Die oben beschriebenen Nachteile des vertikal homogenen Ansatzes, besonders aber die Schwierigkeit,
Strahlungsmessungen und Fernerkundungsdaten auf der einen Seite, und in situ gemessene Mikrophysik auf der anderen Seite vergleichen zu können, führten zu der Überlegung,
ein andere Beschreibung der Wolken in Strahlungstransportmodellen zu verwenden. Das in
diesem Abschnitt vorgestellte adiabatische Modell ist von den Groupe de Météorologie Expérimentale et Instrumentale (GMEI) des Centre National de Recherches Météorologiques
(CNRM) des Französischen Wetterdienstes Météo-France entwickelt worden. Die folgende
Darstellung des Modells folgt weitgehend der aus Brenguier et al. (2000).
Das adiabatische Modell ist eine Beschreibung der Entwicklung der mikrophysikalischen
Eigenschaften eines konvektiven Paketes feuchter Luft. Am Unterrand der Wolke ist das
Wasserdampf-Mischungsverhältnis gesättigt. Während des konvektiven Aufstiegs kühlt das
Paket nach dem pseudo-adiabatischen Temperaturgradienten ab, der Sättigungsgrad des Mischungsverhältnisses sinkt entsprechend. Der adiabatische Flüssigwassergehalt in einer bestimmten Höhe über der Wolkenbasis LWCad
ist definiert als die Differenz des Sättigungsmischungsverhältnisses an der Wolkenbasis und dessen Wert im betrachteten Niveau .
LWCad
steigt nahezu linear mit der Höhe an. Der feucht-adiabatische Kondensationskoeffizient ad ist konstant für geringe Höhenunterschiede wie z. B. im Bereich der Ausdehnung
einer typischen Stratokumulusschicht (Brenguier 1991). Der Wert von ad hat eine leichte
Temperaturabhängigkeit und variiert zwischen Werten von 1 bis 2,5gm km für Temperaturen zwischen 0 und 40 C. Die adiabatische Tropfenkonzentration ad ist konstant in einem
adiabatischen Luftpaket ohne Niederschlag. Also gilt:
re
N
33
re
Höhe
Höhe
3.3. EIN NEUER PARAMETERISIERUNGSANSATZ FÜR STRATOKUMULUSBEWÖLKUNG
N
verschmutzt
sauber
Tropfenkonzentration
Effektivradius
Tropfenkonzentration
Effektivradius
A BBILDUNG 3.5. Modell einer durch Aerosole veränderten Stratokumulusbewölkung. Beim Überflug wird ebenfalls wie in Abbildung 3.4 eine Verringerung des Tropfenradius festgestellt, jedoch hier verursacht durch die veränderte mikrophysikalische Struktur (höhere Tropfenkonzentration durch größeres CCN Angebot).
LWCad
ad
ad
mit
ad
ad
(3.3.1)
ad
ad
ad
(3.3.2)
(3.3.3)
Der Faktor
beschreibt die Form der Tropfengrößenverteilung und ist definiert
durch das Verhältnis von Effektivradius und dem volumengewichteten Mittelwert der Verteilung (
). In situ Messungen dieses Verhältnisses zeigen, daß Werte zwischen
0,67 0,07 für kontinentale Wolken und 0,80 0,07 für maritime Wolken annimmt (Pontikis
und Hicks 1992, Martin et al. 1994). Die Gleichungen 3.3.1 bis 3.3.3 können verwendet werden, um den Flüssigwasserpfad LWP und die optische Dicke einer adiabatischen Wolkensäule
zu berechnen (Boers und Mitchell 1994):
LWP
LWC
ext
ad
ad
(3.3.4)
(3.3.5)
34
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
20
30
optische Dicke
Effektivradius
δ re [µm]
δ re [µm]
30
10
0
13.45 13.50 13.55 13.60 13.65
Zeit [UTC]
20
10
0
14.60 14.65 14.70 14.75 14.80
Zeit [UTC]
A BBILDUNG 3.6. Aus OVID Messungen abgeleitete optische Dicke und
Effektivradius, jeweils ein Beispiel vom einem Flugleg am 26.06.97 (klarmaritime Luftmasse) und am 09.07.97 (verschmutzt-kontinentale Luftmasse).
Durch diese Parameterisierung kann ein entscheidendes Problem gelöst werden, daß sich
aus der Beschreibung einer Wolkensäule mit der optischen Dicke und des Effektivradius ergibt: Wie weiter oben schon erwähnt, ergibt sich aus der Tatsache, daß der Effektivradius
in realen Wolken eine vertikal variable Größe ist, die Schwierigkeit, einen repräsentativen
Wert zu finden, der im VU-PPM verwendet werden kann, um die Strahlungseigenschaften
realistisch zu berechnen. Nach Gleichung 1.1.7 ist die optische Dicke eines homogenen Volumens proportional zum Flüssigwassergehalt LWC und zum Effektivradius , die aber beide
in realistischen Wolken von der Höhe in der Wolke abhängen. Somit ist die totale optische
Dicke der Säule proportional zum Integral
LWC
, das sich aber nicht durch
und ausdrücken läßt, wenn beide Profile beliebidie separat integrierten Werte von
ge Formen annehmen können. Im adiabatischen Modell sind aber die Profile dieser beiden
Größen festgelegt (Gleichungen 3.3.1 und 3.3.3) und beide Größen sind eine Funktion der
Tropfenkonzentration . Dadurch tauchen im Ausdruck für die optische Dicke (Gleichung
3.3.5) weder LWC noch explizit auf. Vielmehr ist diese, wie auch der Effektivradius an
der Wolkenoberkante, eine Funktion von zwei physikalischen Wolkenparametern, die eine
wichtige Bedeutung für den indirekten Effekt und Wolken-Rückkopplungseffekte haben: Die
geometrische Dicke und die Tropfenkonzentration . Ein Übergang von der Verwendung
von
zu
kommt einer Koordinatentransformation gleich mit den Transformationsgleichungen 3.3.5 und 3.3.3. In den nächsten Abschnitten wird demonstriert, wie sehr
diese Transformation eine deutlich bessere Interpretation von gemessenen Strahldichten ermöglicht.
(GleiIm Unterschied zum VU-PPM ist im AS-PPM die Proportionalität nicht mehr
chung 1.1.8) sondern
, wobei die Proportionalität zu
erhalten bleibt. Das bedeutet, daß in adiabatischen Wolken die Variationen in der geometrischen Dicke viel deutlicher
deren Strahlungseigenschaften beeinflussen können.
3.3. EIN NEUER PARAMETERISIERUNGSANSATZ FÜR STRATOKUMULUSBEWÖLKUNG
35
625m
125m
600m
100m
575m
75m
550m
50m
525m
25m
500m
0m
optische Dicke
Höhe über Wolkenbasis
Höhe über Grund
1500m
Effektivradius
A BBILDUNG 3.7. Optische Dicke und Effektivradius der homogenen Unterschichten im AS-PPM.
3.3.3. Implementierung des AS-PPM in die Strahlungstransportsimulation mit
MOMO. Die Berechnung des Strahlungstransportes muß also die vertikale Struktur berücksichtigen sobald die mikrophysikalischen Eigenschaften der Wolken relevant sind. Das ASPPM ist sicherlich ebenso wie das VU-PPM ein idealisiertes Modell der komplexen Wolkenprozesse, alleine aus dem Grund, das die adiabatischen Profile des Flüssigwassergehaltes ein
Maximum darstellen, die in der Realität nicht übertroffen werden können. Die Attraktivität
dieses Modells besteht darin, daß analytische Beschreibungen (Gleichungen 3.3.1 bis 3.3.5)
der Parameter zur Verfügung stehen, die eine Implementierung des Modells in ein Strahlungstransportmodell wesentlich erleichtern oder gar erst ermöglichen. Gleiches gilt auch für die
Modellierung in Generellen Zirkulationsmodellen (GCM).
Wie alle eindimensionalen Strahlungstransportmodelle (PPM) beruht die Simulations mit
MOMO (Abschnitt 1.2) auf der Berechnung der Strahlungsprozesse in homogenen Schichten. Eine solche Schicht wird durch Parameter beschrieben, die innerhalb dieser Schicht
einen konstanten Wert haben. Eine vertikale Struktur kann deshalb nur durch die Kombination mehrerer Schichten realisiert werden. Durch die Flexibilität des MOMO Programms
kann eine beliebig große Anzahl von Einzelschichten realisiert werden, die lediglich durch
die Rechenkapazität begrenzt ist.
Die MOMO-Konfiguration, die für diese Untersuchung verwendet worden ist, basiert auf
insgesamt 45 Schichten mit einer besonders feinen Unterteilung im Bereich der planetarischen Grenzschicht. Da die Strahlungseffekte in den hier betrachteten Spektralbereichen
nicht wesentlich von der absoluten Höhe der Wolkenschicht abhängen, wurde die Wolkenbasis auf 500m für alle Berechnungen festgesetzt. Die simulierten Wolken haben eine vertikale
Ausdehnung von bis zu 1000m. Zwischen 500m und 1500m wurde die Modellatmosphäre
in 25m dicke Schichten unterteilt. Als optische Dicke und Effektivradius jeder einzelnen
Schicht werden die adiabatischen Werte (Gleichung 3.3.5 und 3.3.3) für die mittlere Höhe
über der Wolkenbasis der Schicht verwendet, wie es in Abbildung 3.7 dargestellt ist. Die
Streueigenschaften eines Tropfenensembles werden mit der Mie-Theorie berechnet, womit
die Extinktions- und Streukoeffizienten ( und ext ) sowie die Phasenfunktion
bestimmt werden. Diese Berechnungen wurden für Tropfengrößenverteilungen mit =0,5 m
bis 25 m durchgeführt in Schritten von 0,5 m. Als Schichtmittelwert für den Effektivradius
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
optische Dicke
Effektivradius [µm]
36
N
N
[cm
-3
]
]
h [m
[cm
-3
]
h [m]
A BBILDUNG 3.8. Abhängigkeit der optischer Dicke (links) und des Effektivradius (rechts) von Tropfenkonzentration und der Höhe über der Wolkenbasis.
können deshalb nur Werte angenommen werden, für die die Streueigenschaften berechnet
worden sind. Es wird jeweils jener der möglichen Effektivradien als Schichtwert eingesetzt,
der dem nach der adiabatischen Formel berechneten am nächsten liegt. Zwar ließe sich durch
aus mit genaueren Werten arbeiten, etwa, indem man die Mie-Rechnung für eine größere Anzahl von Effektivradien wiederholt, doch sind rechentechnische Grenzen gesetzt, da in einem
Rechenlauf alle Dateien mit den Streueigenschaften jeder simulierten Tropfengrößenverteilung im MOMO Programm geöffnet werden. Eine Umstrukturierung des Datenflusses im
Simulationsprogramms könnte wiederum Abhilfe schaffen. Es bleibt aber festzuhalten, daß
trotz der gewählten Diskretisierung in der Höhe und im Effektivradius die prinzipiellen Ergebnisse allgemeingültig sind. Daraus entstehende Fehler sind sicherlich gering im Vergleich
zu anderen Effekten, die die Genauigkeit eines Ableitungsverfahrens herabsetzen.
Die simulierten Wolken sind durch und parameterisiert und festgelegt. Abbildung 3.8
zeigt, wie optische Dicke und der Effektivradius mit der Höhe in der Wolke ansteigen und wie
dieser Anstieg durch den Wert von bestimmt wird. Die aufwärtsgerichteten Strahldichten
in 3028m Höhe (entspricht 10.000 Fuß, der Standardflughöhe der POLAR 4 während ACE 2)
und am Oberrand der Atmosphäre wurde berechnet für eine große Anzahl von Kombination
von
mit 25
800cm und 200
1000m. Die Strahlungstransportsimulationen erfolgten für die Wellenlängen 550nm, 753,75nm, 1200nm und 1535nm, gemäß
Tabelle1.
Die Albedo des Bodens beträgt 0% bei allen betrachteten Wellenlängen. Ein maritimes Aerosol mit der optischen Dicke von aero =0,3 ist in den Rechnungen berücksichtigt worden.
Für diese Untersuchung wurde MOMO in einem azimutal mittelnden Modus angewendet,
der für die Berechnung von Nadir-Strahldichten ausreichend ist. Mit 16 Stützstellen wurde
die zenitale Abhängigkeit des Strahlungsfeldes erfaßt.
37
Reflexionsvermögen753,75nm
Reflexionsvermögen 1535nm
3.3. EIN NEUER PARAMETERISIERUNGSANSATZ FÜR STRATOKUMULUSBEWÖLKUNG
N
N
[c
m
-3
]
]
H [m
[c
m
-3
]
]
H [m
A BBILDUNG 3.9. Abhängigkeit der Strahlungsintensität (ausgedrückt als
Reflexionsvermögen) von Tropfenkonzentration und geometrischer Dicke in
zwei Kanälen 753,75nm (links) und 1535nm (rechts). Berechnungen erfolgten mit dem Strahlungstransportprogramm MOMO und beziehen sich auf eine
adiabatisch geschichtete plan-parallele Modellwolke und einem Sonnenzenit.
winkel von
In Analogie zu Abbildung 2.1 zeigt Abbildung 3.9 ein Ergebnis der Strahlungstransportsimulationen, hier dargestellt als das Reflexionsvermögen in den Kanälen bei 753,75nm und
1535nm in Abhängigkeit von
. Man stellt fest, daß im Gegensatz zum VU-PPM die
Änderung der Reflexionswerte eines Kanals nicht hauptsächlich mit der Variation eines bestimmten Parameters korrespondiert. und bestimmen vielmehr gemeinsam das Reflexionsvermögen in beiden der hier betrachteten Kanälen, da sie ja beide und beeinflussen.
Mit den hier dargestellten Ergebnissen des neuen Modells lassen sich unmittelbar die Zusammenhänge von Tropfenkonzentration und Streuprozesse und damit die Wirkung des TwomeyEffektes erschließen. Die berechnete Reflexion im Kanal 753,75nm kann man für qualitative Untersuchungen als ein Maß für die spektral integrierte Albedo im kurzwelligen Bereich betrachten. Die für die Quantifizierung eines Klima-Antriebs durch Aerosole wichtige
Breitbandalbedo ist zusätzlich durch die Absorption durch Wasserdampf und andere atmosphärische Gase beeinflußt. Sich ändernde mikrophysikalischen Eigenschaften von Wolken
modifizieren auch den Anteil der Gasabsorption, besonders, indem sie die Anzahl der Streuvorgänge und damit die Photonenweglänge in der Wolke (und damit in der Atmosphäre)
zu verändern vermögen. Dieser Effekt ist aber im Vergleich zum Twomey-Effekt zu vernachlässigen, weshalb die Annahme berechtigt ist, daß sich die Änderung der Reflexion bei
einer Wellenlänge in einem atmosphärischen Fenster mit der zu erwartenden Änderung der
Gesamtalbedo qualitativ identisch ist. Das Modell zeigt, daß bei konstanter geometrischer
Dicke, eine Erhöhung der Tropfenkonzentration mit einem Anstieg im Reflexionsvermögen
38
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
20
100
6/5
<r e > [µm] VU-PPM
<δ> VU-PPM
80
60
40
20
0
15
10
5
0
0
20
40
60
δ AS-PPM
80
100
0
5
10
15
20
5/6 re (H) [µm] AS-PPM
A BBILDUNG 3.10. Vergleich des homogenen VU-PPM mit dem AS-PPM
in Bezug auf die Parameterisierung des Strahlungstransfers in Wolken: optische Dicke (links) und Effektivradius (rechts). Der Effektivradius < > des
homogenen Modells wird verglichen mit 5/6 des effektiven Radius
am
Oberrand der Wolke des AS-PPM.
verbunden ist (Abbildung 3.9 links). Interessant ist aber die Beobachtung, daß diese Abhängigkeit umso deutlicher ausgeprägt ist, je (geometrisch und optisch) dünner die Wolkenschicht ist. Im vorliegenden Fall zeigt sich für eine 100m dicke Wolke eine Verdopplung
des Reflexionsvermögen (von 0,2 auf 0,4), wenn sich die Tropfenkonzentration von 25cm
(maritim) auf 800cm (kontinental) erhöht. Für geometrisch und optisch dickere Wolken
ist auch eine Erhöhung der Reflektivität festzustellen, doch fallen die relativen Unterschiede
wesentlich geringer aus. Diese Ergebnisse bestätigen die Berechnungen von Twomey (1991),
in der er die Suszeptibilität (Empfänglichkeit) von Wolken bezüglich des indirekten Effektes
untersucht hat. Diese Größe ist definiert durch die Änderung des Rückstreuvermögens pro
bei konstantem Flüssigwassergehalt: Seine ErÄnderung der Tropfenkonzentration
gebnisse zeigten, daß die Suszeptibilität für geringe Tropfenkonzentrationen und für
0,5
maximal ist, wie dies auch in Abbildung 3.9 der Fall ist.
3.4. Mögliche Äquivalenz zwischen VU-PPM und AS-PPM
Parameterisierungen basierend auf dem VU-PPM sind für eine Vielzahl von Anwendungen
verwendet worden, sowohl für GCM Studien der Klima-Rückkopplungseffekte und des indirekten Effekts (Fouquart und Bonnel 1980, Slingo 1989, Jones et al. 1994) als auch für die
Entwicklung von Fernerkundungsverfahren zur Ableitung von Wolkenparametern aus Strahldichtemessungen (Twomey und Seton 1980, Nakajima und King 1990, Platnick und Twomey
1994, Han et al. 1994, Platnick und Valero 1995). Es stellt sich die Frage, wie die Parameter
für das VU-PPM gefunden werden können, die realistischen Wolken äquivalent sind, denn
wegen seiner Einfachheit ist das homogene Modell nach wie vor attraktiv. Die optische Dicke
bereitet als eine vertikal integrierte Größe keinerlei Probleme, nicht so der Effektivradius, der
eine ausgeprägte Variation mit der Höhe in der Wolke aufweist. In der Literatur gibt es keine
3.4. MÖGLICHE ÄQUIVALENZ ZWISCHEN VU-PPM UND AS-PPM
39
Einigkeit über einen gültigen äquivalenten Wert
für den Effektivradius zur Verwendung
in einem VU-PPM: Bei Taylor und McHaffie (1994) wird empfohlen, den Effektivradius am
Wolkenoberrand
zu benutzen, da hauptsächlich die Albedo in der obersten Schicht
bestimmt wird. Nakajima et al. (1991) und Platnick und Twomey (1994) sagen aus, daß die
Tropfengrößen in den oberen Schichten (oberen 20-40% der Wolke) viel mehr den abgeleiteten Wert beeinflussen als solche in tieferen Bereichen. Stephens und Platt (1987) und Li
et al. (1994) sehen den besten Weg darin, die gemessenen Strahldichtespektren mit solchen
zu vergleichen, die mit den Mittelwerten der gemessenen Mikrophysik der Wolken berechnet
wurden:
. In Han et al. (1994) und Platnick und Valero (1995) findet man Hinweise darauf, daß die Ergebnisse der Fernerkundung sensitiv bezüglich der Tropfenradien
sind, die in den obersten ein bis zwei Einheiten der optischen Dicke auftreten.
Mit den beiden zur Verfügung stehenden Modellen kann nun untersucht werden, mit welchen Parameter des VU-PPM die gleichen Ergebnisse wie mit dem AS-PPM erzeugt werden
können. Ausgehend von dem Ausdruck der optischen Dicke im VU-PPM (Gleichung 1.1.7):
ext
LWP
(3.4.1)
Setzt man für
und LWP deren adiabatische Werte ad und LWPad ein und benutzt zusätzlich die Beziehungen 1.1.4 und 3.3.5, so erhält man (siehe Anhang A):
(3.4.2)
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in Abbildung 3.10 dargestellt. Jeder Punkt stellt
eine Simulation mit dem AS-PPM dar, die durch eine bestimmte Kombination von
definiert ist. Die Strahldichten in den Kanälen bei
753,75nm und
1535nm wurden
ermittelt. Anschließend wurde in gleicher Konfiguration das VU-PPM verwendet mit jebestimmt sind. Um die
weils einzelnen Wolkenschichten, die durch Kombinationen in
Äquivalenzwerte zu ermitteln, wurden diejenigen VU-PPM Simulationen ausgewählt, deren
Strahldichtewerte in beiden Kanälen die beste Übereinstimmung mit den AS-PPM Ergebnissen lieferten. In Abbildung 3.10 sind diese Äquivalenzbeziehungen als Streudiagramm
aufgetragen. Die linke Teilabbildung zeigt den Vergleich der empirisch gefundenen äquivalenten optischen Dicken
mit den totalen optischen Dicken des AS-PPM. Beide Werte
stimmen für optische Dicken kleiner als 80 weitgehend überein. Die leichten Abweichungen
können durch die Diskretisierung von und sowie durch numerische Fehler bedingt sein.
In der rechten Teilabbildung ist der Vergleich von dem im äquivalenten VU-PPM verwendedes Effektivradius
am Oberrand der Wolke, der sich aus
ten Effektivradius und
der Äquivalenz von optischer Dicke und Flüssigwasserpfad ergibt (Gleichung 3.4.2) dargestellt. Außer für kleine (
5 m) und große Effektivradien (
18 m) kommt es
zu deutlichen Abweichungen zwischen VU-PPM Äquivalent und dem erwarteten -Anstieg.
Teilweise sind Äquivalenzwerte gefunden worden, die dem Effektivradius am Wolkenoberrand
entsprechen (Punkte auf der zusätzlich eingezeichneten -Gerade).
Aus dem Ergebnis dieser Untersuchung kann gefolgert werden, daß keine konstante Beziehung existiert, aus der man einen allgemeingültigen Äquivalenzwert für den Effektivradius
40
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
ermitteln könnte. Die empirisch gewonnenen Äquivalente scheinen noch von anderen Bedes AS-PPM abzuhängen. Dies ist aus den in Abschnitt 3.3.1
dingungen als von
angestellten Überlegungen heraus auch nicht verwunderlich. Das Profil des Effektivradius in
der Wolke ist ja durch die Tropfenkonzentration bestimmt, und damit ist der Effektivradi. Die Vermutung
us an der Wolkenoberkante eine Funktion von beiden Parametern:
liegt nahe, daß die Proportionalität zwischen den beiden Modellen ebenfalls als Funktion
von
und
berechnet werden muß. Dieser Test zeigt, daß offensichtlich beide Ansätze
nicht kompatibel sind, soweit es die Strahlungseigenschaften betrifft. Daraus ergibt sich die
Notwendigkeit, das AS-PPM in der Parameterisierung der Wolkenprozesse in GCMs und
bei der Entwicklung von Fernerkundungsverfahren zu verwenden. Auf beide Bereiche wird
die Anwendung des neuen Parameterisierungsansatzes weitreichende Konsequenzen haben,
und man kann von diesem Übergang neue und hoffentlich auch genauere Ergebnisse bei der
Quantifizierung erwarten.
3.5. Experimentelle Validierung des AS-PPM
In den vorhergehenden Abschnitten konnte demonstriert werden, daß das adiabatisch geschichtete Modell eine realistischere Beschreibung von Wolken bezüglich ihrer mikrophysikalischen Struktur bieten kann als ein vertikal homogenes Modell. Strahlungstransportsimulationen wurden durchgeführt, um die Konsequenzen abzuschätzen, die sich durch
die Verwendung des AS-PPM bei der Berechnung der Strahlungseigenschaften ergeben.
Für eine Validierung dieses neuen Konzeptes ist der Vergleich von in situ Messungen mit
Strahlungsmessungen über der Wolke notwendig. Der Datensatz des CLOUDYCOLUMNExperimentes bietet für solche Vergleiche vor allen wegen der guten Koordination und Synchronisation der Messungen von den beteiligten Flugzeugen aus, eine Fülle von Vergleichsmöglichkeiten, von denen einige in diesem Abschnitt vorgestellt werden.
Ein wichtiger Unterschied zum VU-PPM ist die veränderte Abhängigkeit der optischen Dicke
von der Wolkendicke im AS-PPM. Die Proportionalität zu
bedeutet eine wesentlich
stärkere Abhängigkeit als die im VU-PPM vorhergesagte linearen Zusammenhang zwischen
und . Durch die in situ Messungen während der sogenannten Zick-Zack-Flüge mit der
MERLIN-IV konnte u. a. auch die Mächtigkeit der Wolkenschicht und die mittlere Tropfenkonzentration aus FSSP-Daten bestimmt werden. Hanna Pawlowska (Météo-France, CNRM)
hat die Messungen von und mit den aus OVID-Daten abgeleiteten optischen Dicken in
Beziehung gebracht, die nach dem in Kapitel 2 beschriebenen Verfahren bestimmt worden
sind.
Zunächst zeigt Abbildung 3.11 den Vergleich von fernerkundeter optischer Dicke aus OVID
Messungen und der berechneten optischen Dicke aus in situ Messungen von und nach
der Gleichung 3.3.5. Die Messungen erfolgten während eines Fluges am 25.06.1997. Die
OVID-Messungen sind als durchgezogene Linie dargestellt, und die in situ abgeleiteten optischen Dicke als waagerechte Linien, deren Länge der Strecke entspricht, die die MERLIN-IV
zum Durchqueren der Wolkenschicht benötigte. Dieses Ergebnis ist einerseits ein Beispiel
dafür, daß es gelungen ist, Fernerkundungs- und in situ Messungen zeitlich und räumlich zu
koordinieren, andererseits konnte durch die Übereinstimmung die Gültigkeit des adiabtischen
Modells für diesen speziellen Fall gezeigt werden.
3.6. BEOBACHTUNG DES TWOMEY-EFFEKTES MIT FERNERKUNDUNGSMETHODEN
41
25
optische Dicke
20
15
10
5
0
29.0
29.2
29.4
29.6
29.8
geographische Breite [°]
A BBILDUNG 3.11. Vergleich von optischen Dicken abgleitet aus OVID
Messungen (durchgezogene Linie) und der optischen Dicke bestimmt aus den
in situ Messungen (waagerechte Linien) während Abstieg und Aufstiegen der
MERLIN-IV durch die Wolkenschicht. (Abbildung aus Brenguier et al.
(2000))
Das Ergebnis einer systematischeren Untersuchung von Hanna Pawlowska (Pawlowska und
Brenguier 2000) ist in Abbildung 3.12 zu sehen. Für sieben CLOUDYCOLUMN Missionen
normiert mit
wurden aus OVID bestimmten optischen Dicken mit einem Faktor
.
Diese
Werte
wurden
über
(linke
Teilabbildung)
aufgetragen
. Die
ext
und
stammen wiederum von in situ Messungen. Jeder Punkt entspricht
Werte von
eines Durchgangs der MERLIN-IV durch die Wolkenschicht. Es ist deutlich zu erkennen,
daß viel eher proportional zu
, als zu ist, wie dies das VU-PPM vorhersagen würde.
In der rechten Teilabbildung wurde die fernerkundete optische Dicke mit
normiert
und über
aufgetragen. Diese Untersuchung ist damit ein Versuch, den Zusammenhang
zwischen Tropfenkonzentration und optischer Dicke (auch Albedo) und damit den indirekten
Aerosol-Effekt experimentell zu validieren. Zwar gibt es den erwarteten Trend (Anstieg der
Albedo) doch kleine Fehler bei der Bestimmung von führen zu einer erheblichen Streuung
der Datenpunkte um die 1 zu 1 Gerade. Dennoch kann man anhand dieser Daten ableiten,
daß die Sensitivität der optischen Dicke bezüglich der geometrischen Dicke überwiegt und
den Twomey-Effekt überlagern kann. So ergibt sich zum Beispiel aus Gleichung 3.3.5, daß
eine Verdopplung der Tropfenkonzentration den gleichen Effekt auf die optische Dicke haben
würde als eine Erhöhung der geometrischen Dicke um nur 15%. Das bedeutet, daß man ohne
die Einbeziehung von keine unmittelbare Verbindung von Albedo und ziehen kann.
3.6. Beobachtung des Twomey-Effektes mit Fernerkundungsmethoden
3.6.1. Entwicklung eines Ableitungsverfahrens für geometrische Dicke und Tropfenkonzentration. Die Ableitung von optischer Dicke und Effektivradius, so wie sie in Kapitel 2 beschrieben worden ist beruht auf Messungen der rückgestreuten solaren Strahlung
42
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
2.0
12
25.06
26.06
08.07
09.07
16.07
17.07
18.07
19.07
1.5
1.0
25.06
26.06
08.07
09.07
16.07
17.07
18.07
19.07
a
10
8
6
b
4
0.5
2
0
0
0
0.5
1.0
1.5
2.0
0
4
6
8
A BBILDUNG 3.12. Links: Optische Dicke abgeleitet aus OVID Messungen,
normiert auf
als Funktion von
, wobei
und
aus in
situ Messungen bestimmt worden sind. Jeder Punkt entspricht einem Aufstieg
oder Abstieg der MERLIN-IV durch die gesamte Wolkenschicht während 7
CLOUDYCOLUMN Meßflüge. Rechts: Ebenso wie linke Abbildung, jedoch
die optische Dicke normiert auf
und dargestellt als Funktion von
.
(Abbildung aus Brenguier et al. (2000))
in einem nichtabsorbierenden Spektralbereich und einem Kanal in der Flüssigwasserabsorptionsbande, wobei ein weiterer Kanal bei 1200nm auftretende Mehrdeutigkeiten verringern
kann. Die vom Flugzeug oder vom Satelliten aus gemessenen Strahldichten in diesen Kanälen tragen die Information über die optische Dicke der gesamten durch das Pixel erfaßten
atmosphärischen Säule, aber lediglich von den Tropfen der obersten Schicht kann eine Größeninformation abgeleitet werden (siehe Abschnitt 3.3.1). Natürlich kann die Anwendung
des AS-PPM anstelle des VU-PPM nicht die Messungen selbst beeinflussen, sondern lediglich die Interpretation der Meßdaten. Interpretation heißt in diesem Zusammenhang, daß
gemessene Strahldichten mit simulierten Strahldichten verglichen werden. Auf solche Vergleiche beruhen sämtliche Fernerkundungsverfahren. Die Qualität ist in einem solchen System aber unmittelbar davon abhängig, wie sehr die Simulationen den realen Gegebenheiten Rechnung tragen, unter denen die Messungen durchgeführt worden sind, mit denen sie
verglichen werden. Wie gezeigt werden konnte, bietet das adiabatisch geschichtete Modell
für einschichtige stratiforme Wolken eine realistischere und damit bessere Beschreibung auf
der Grundlage von physikalischen Gesetzen. Als Konsequenz daraus ergibt sich eine neue
Parameterisierung für solche Wolkenklassen, die auf der geometrischen Dicke
und der
Tropfenkonzentration beruhen. Diese beiden Größen lösen die optische Dicke und den
Effektivradius , die Parameter des VU-PPM, ab. Konnte durch den Vergleich von gemessenen Strahldichten und VU-PPM-generierten Simulationen und abgeleitet werden, so
ist es durch die Verwendung des AS-PPM in völliger Analogie dazu möglich, ein Verfahren
3.6. BEOBACHTUNG DES TWOMEY-EFFEKTES MIT FERNERKUNDUNGSMETHODEN
43
A BBILDUNG 3.13. Herkunft der Luftmassen am 25. Juni 1997 (links) und
am 9. Juli 1997 (rechts). Darstellung folgt den Ergebnissen der Trajektorienrechnungen des KNMI für Teneriffa.
zur Bestimmung von und zu entwickeln. Dazu ist es zunächst notwendig, eine ausreichende Menge von repräsentativen Fällen zu simulieren. Dies wurde durch die systematische
Variation der Tropfenkonzentration von 25cm
800cm und der geometrischen
Dicke von 100m
1000m realisiert. Der Strahlungstransport wurde für 16 Zenitwinkel
berechnet. Die Inversion der Strahlungstransportsimulationen erfolgt völlig analog zu dem
in Abschnitt 2.5 beschriebenen Trainings eines künstlichen Neuronalen Netzes. Die verwendete Netzstruktur ist identisch bis auf die Bedeutung der Ausgabeneuronen, die nun und
zugeordnet sind (Abbildung 2.6). Der Eingabevektor besteht ebenso aus dem Sonnenzenitwinkel und den gemessenen Strahldichten bei 753,75nm, 1200nm und 1535nm.
3.6.2. Beobachtung des Twomey-Effektes mit OVID während ACE 2. Die maritime
Grenzschichtbewölkung, die während der zehn ACE 2 CLOUDYCOLUMN Missionen beobachtet worden ist, unterscheidet sich teilweise deutlich in Herkunft und Zusammensetzung
der Luftmassen in denen sie entstanden ist. Mit Hilfe der boden- und flugzeuggebundenen
Aerosolmessungen und den Trajektorienrechnungen des KNMI konnten die Luftmassen hinsichtlich ihrer Verschmutzung detailliert charakterisiert werden. Zwei Tage sind zur nähreren
Analyse ausgewählt worden: Der 26. Juni 1997, der nachfolgend als maritim-klarer Fall bezeichnet wird, zeichnet sich durch geringe Aerosolkonzentration aus, die typischerweise in
Luftmassen auftreten, die über weite Strecken über den Atlantik ins Meßgebiet herangetragen worden sind. Im Gegensatz dazu ist die Luftmasse der Grenzschicht am 9. Juli 1997
(kontinental-trüb) über Westeuropa (England, Frankreich, Spanien und Portugal) transportiert worden. Dieser Tag ist derjenige mit dem größten Aerosolgehalt während der gesamten Meßperiode. An beiden Tagen herrschte eine sehr ähnliche Stratokumulusbewölkung in
der Grenzschicht. Diese bestand weitestgehend aus einer einzelnen Schicht. Die Charakterisierung der Wolken durch die in situ Messungen der MERLIN-IV ergibt, daß sich der
Flüssigwasserpfad für beide Fälle nur wenig unterscheidet (Tabelle 3). Ebenso liegt die geometrische Dicke an beiden Tagen bei etwas über 200m. Die betrachteten Fälle unterscheiden
sich also hauptsächlich durch die Anzahl der Aerosole und damit die der Kondensationskerne. Die Tropfenkonzentrationen gemessen mit der FSSP sind im kontinental-trüben Fall mit
44
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
TABELLE 3. Charakterisierung der Eigenschaften der hier betrachteten Messungen
Datum
25.06.1997
09.07.1997
Luftmasse
maritim klar
kontinental trüb
Nummer des POLAR 4 Fluglegs
9
10
Zeit [UTC]
13:28:00–13:38:00 14:38:00–14:48:00
geometrische Dicke (in situ)
200m
207m
Tropfenkonzentration (in situ)
50cm
200cm
LWP (in situ)
44,5
37,5
Sonnenzenitwinkel
8,1
21,2
200cm deutlich höher als im maritim-klaren Fall mit
50cm . Bespiele für die
Profilmessungen mit der FSSP sowie Satellitenbilder von beiden Tagen sind in Abbildung
3.15 dargestellt.
Die Messungen der Strahldichte in den Kanälen bei 753,75nm und 1535nm in Tabelle 3 angegebenen Fluglegs sind unter Einbeziehung der Sonnenzenitwinkel in Reflexionsvermögen
nach Gleichung 2.4.1 umgewandelt worden. Diese sind in Abbildung 3.14 als zweidimensionales Histogramm aufgetragen. Die Konturen bezeichnen die Häufigkeit der Meßpunkte
in der 754nm 1535nm -Ebene. Das Reflexionsvermögen im kontinental-trüben ist in beiden Kanälen deutlich höher als im maritim-klaren Fall, wie dies auch durch die TwomeyHypothese vorhergesagt wird. In den oberen Abbildungen sind die Ergebnisse der Strahlungstransportsimulationen mit dem VU-PPM eingezeichnet. Diese sind dargestellt durch die
Isolinien der optischen Dicke und des Effektivradius, entsprechend für den gültigen Sonnenzenitwinkel . Der Vergleich legt nahe, daß für die maritim-klare Luftmasse ein typischer
Wert von
(13 4) m und für die kontinental-trübe Luftmasse ein typischer Wert von
(8 2) m ermittelt werden kann, mit jeweils einer hohen Variabilität in . Ein Rückgang der Partikelgröße also bei einem höherem Angebot an CCN und damit konsistent zum
indirekten Aerosoleffekt. In der rechten Abbildung erkennt man aber deutlich die Problematik bei der Verwendung des VU-PPM: Der Bereich der Meßdaten folgt nicht einer - Isolinie
sondern tendiert zu größeren Tropfen bei ansteigender Reflektivität. Besonders im Bereich
10
30 zeigt sich eine deutliche positive Korrelation von und . Dieses Ergebnis
bestätigt die in Abschnitt 3.3.1 ausgearbeitete Hypothese, daß die durch die Verwendung des
VU-PPM verursachte Fehlinterpretation von Meßdaten zu einem mit der optischen Dicke
positiv korrelierten Effektivradius führen muß, wenn die beobachtete Wolke ihre vertikale
Ausdehnung variiert. Es ist unwahrscheinlich, daß die dadurch implizierte Änderung des Effektivradius auf die Änderung der mikrophysikalischen Struktur der Wolke entlang der ca.
60km langen Meßstrecke zurückzuführen ist. Weder in situ Messungen noch die Analyse der
Luftmasse geben einen Hinweis darauf.
Im Gegensatz dazu lösen sich diese Interpretationsschwierigkeiten auf, wenn man die gemessenen Daten mit den Ergebnissen des AS-PPM vergleicht, die in den unteren Teilabbildungen von Abbildung 3.14 als Isolinien von
und
dargestellt sind. Dies läßt sich besonders eindruckvoll wiederum mit dem kontinental-trüben Fall demonstrieren. Der gekrümmte
Datenbereich folgt weitgehend der Isolinie
100cm , eine ähnlich starke Korrelation im hochreflektiven Bereich ist hier nicht zu beobachten. Die Daten des maritim-klaren
Falls korrespondieren zu Strahlungstransportrechnungen mit einer Tropfenkonzentration von
3.6. BEOBACHTUNG DES TWOMEY-EFFEKTES MIT FERNERKUNDUNGSMETHODEN
45
re [µm]
60
8
a)
40
15
20
30
10
12
14
16
18
10
20
δc
5
Reflexion 1535nm [%]
Reflexion 1535nm [%]
60
re [µm]
40
15
20
40
60
δc
5
0
0
80
50
40
25
10
300
200
20
175
H [m]
150
125
100
20
40
60
Reflexion 754nm [%]
60
80
N [ cm - 3 ]
60
80
Reflexion 1535nm [%]
100
c)
225
40
N [ cm - 3 ]
200
250
20
Reflexion 754nm [%]
60
Reflexion 1535nm [%]
30
3
Reflexion 754nm [%]
0
0
20
10
12
14
16
18
10
20
3
0
0
8
b)
200
100
d)
50
40
25
10
225
250
300
200
20
175
H [m]
150
0
0
125
100
20
40
60
80
Reflexion 754nm [%]
A BBILDUNG 3.14. Häufigkeitsverteilung der mit OVID fernerkundeten Reflexionswerte als zweidimensionales Histogramm in einer Konturdarstellung
für den maritim-klaren Fall am 26.05.1997 (links) und für den kontinentaltrüben Fall am 07.09.1997 (rechts). Ergebnisse der Strahlungstransportsimulationen als Isolinien von und berechnet mit dem VU-PPM (oben), und
als Isolinien von
und
berechnet mit dem AS-PPM (unten). Die Daten
wurden jeweils über eine 60km lange Meßstrecke während ca. 10 Minuten
aufgenommen.
25cm . Das Ergebnis dieser qualitativen Analyse, das sich allein auf Strahlungsmessungen und Simulationen beruft, stimmt mit den in situ Messungen überein: Die mikrophysikalischen Eigenschaften der Wolke in den beiden betrachteten Fällen unterscheiden sich
deutlich in den Tropfenkonzentrationen (Faktor 4) und die Variation der Strahlungseigenschaften ist durch die starke Variation der geometrischen Dicke bedingt.
Diese Übereinstimmung der qualitativen Aussage von der neuen Fernerkundungsmethode
und der in situ Messungen belegt die Überlegenheit des AS-PPM bei der Beobachtung des
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
Höhe [m]
46
1600
1000
1500
900
1400
800
1300
700
Höhe [m]
1 200
0 .0
0 .2
0 . 4 0 . 6 0 .8
LWC [g/cm3]
1 .0
600
0 .0
1600
1000
1500
900
1400
800
1300
700
1 200
0
100 200 300 400 500
N [1/cm3]
600
0
0 .2
0 . 4 0 . 6 0 .8
LWC [g/cm3]
1 .0
100 200 300 400 500
N [1/cm3]
A BBILDUNG 3.15. Profile des Flüssigwassergehaltes
(oben) und der
Tropfenkonzentration (unten) für den maritim-klaren Fall am 26. Juni 1997
(links) und den kontinental-trüben Fall am 9. Juli 1997 (rechts). Die Daten stammen von FSSP Messungen von der MERLIN-IV aus (Météo-France,
CNRM), aufgenommen während eines Fluges durch die gesamte Wolkenschicht.
Twomey-Effektes gegenüber des VU-PPM. Mit den in Abbildung 3.14 c) und d) gezeigten Ergebnissen konnte eine Erhöhung der Albedo in direktem Zusammenhang mit den veränderten Mikroeigenschaften der Wolke in Verbindung gebracht werden und zwar auf der
Grundlage eines physikalischen Modells. Damit ist der erste experimentelle Nachweis des
indirekten Effektes durch anthropogene Aerosolemission im Maßstab eines Wolkensystems erbracht. Bisherige Untersuchungen des indirekten Effektes beschränkten sich auf
lokale Phänomene, wie z. B. ship tracks (King et al. 1993) oder auf Unterschiede zwischen
Sommer- und Winterwolken (Boers et al. 1998), die allerdings durch eine natürliche Modifikation der Aerosoleigenschaften verursacht werden.
Es sei an dieser Stelle nocheinmal deutlich hervorgehoben, daß auch das adiabatischgeschichtete Modell wie jedes Modell die Wirklichkeit nicht vollständig erfassen kann. Die
Physik hinter diesem Ansatz besagt, daß die adiabatische Wolke nur als Grenzfall maximaler
Kondensation von Wasser in der Realität möglich ist, der aber durch Effekte wie entrainment (Eintragung von trockener Luft an den Wolkenrändern) nur selten erreicht wird. Man
3.6. BEOBACHTUNG DES TWOMEY-EFFEKTES MIT FERNERKUNDUNGSMETHODEN
47
kann also davon ausgehen, daß diejenigen Meßpunkte eines 60km langen Fluglegs, die die
höchste Reflektivität zeigen, am ehesten an den adiabatischen Grenzfall heranreichen, da sich
dort die größte Menge an Flüssigwasser bilden und zu der höchsten optischen Dicke führen
konnte. Die adiabatische Annahme, die dem Fernerkundungsverfahren zugrunde liegt, ist
für diese Fälle am ehesten erfüllt. Die zu diesen Datenpunkten korrespondierenden Isolinien
der Wolkendicke sind
200m im maritim-klaren Fall und
230m im kontinentaltrüben Fall. Diese Werte entsprechen im Rahmen der Genauigkeit mit den Beobachtungen
der MERLIN-IV überein.
Trotz der Möglichkeit Veränderungen der Tropfengröße und der Tropfenkonzentration von
Wolken in maritim-klaren und kontinental-trüben Luftmassen zu detektieren bleibt eine deutliche Abweichung von fernerkundeten und in situ gemessenen Werten. Die Fernerkundung
unterschätzt die Tropfenkonzentration um einen Faktor 2: OVID 25cm bzw. 100cm
gegenüber 50cm bzw. 200cm . Dementsprechend liegen die maximalen Werte für den
Effektivradius bei ungefähr der Hälfte dessen, was aus den Strahldichtemessungen ermittelt worden ist. Diese Diskrepanz ist ein mehrfach in der Literatur beschriebenes Phänomen
(Twomey und Cocks 1989, Rawlings und Foot 1990, Stephens und Tsay 1990, King et al.
1990, Cess et al. 1995, Pilewskie und Valero 1995) und wird als „anomale Absorption” bezeichnet, die einer Unterschätzung des Reflexionsvermögens im Bereich der Flüssigwasserabsorption (in unserem Fall bei
1535nm) zugeschrieben werden kann.
3.6.3. Beobachtung des Twomey-Effektes mit MOS. Der Modulare Optoelektronische Scanner MOS (Abschnitt 4.2) auf dem Indischen Forschungssatelliten IRS bietet durch
seine Kanalsetzung die Möglichkeit der Anwendung der neu entwickelten Verfahren. Die hier
vorgestellten Algorithmen müßten für abbildende Sensoren erweitert und angepaßt werden.
Zum einen sind Strahlungstransportsimulationen notwendig, die die unter unterschiedlichen
Beobachtungszenitwinkeln zu messenden Strahldichten berechnen. Dazu sind Rechnungen
mit dem azimutal auflösenden Modus von MOMO erforderlich. Zum anderen müssen die entsprechenden Kanaleigenschaften (Empfindlichkeitsfunktionen) in den Rechnungen berücksichtigt werden. Dennoch wurde der für OVID entwickelte Algorithmus auf MOS Bilder
angewendet, da einerseits durch die geringe Schwadbreite (200km), die Beobachtungswinkel
annähernd Nadirmessungen entsprechen und andererseits die Messungen im 1,6 m-Kanal
von MOS-C sich qualitativ nicht von denen in einem schmalbandigen Kanal bei 1535nm
unterscheiden. Es ist aber auch klar, daß sich die damit gewonnenen Ergebnisse nicht für
eine quantitative Analyse eignen. Mit dieser Einschränkung sind zwei MOS Szenen ausgewählt und analysiert worden, um die prinzipielle Anwendbarkeit des neuen Verfahrens auf
Satellitenmessungen zu demonstrieren. Leider stehen uns keine Daten des MOS Sensors zur
Verfügung, die im Zeitraum der ACE 2 Kampagne aufgenommen worden sind. Dies wäre
eine sehr wertvolle Gelegenheit gewesen, die Ableitungsverfahren auf Daten mit einer unterschiedlichen räumlichen Auflösung zu testen.
Die beiden MOS-Szenen vom 4. März 1998 und vom 24. März 1998 beziehen sich auf das
ACE 2 Meßgebiet und befinden sich im Atlantischen Ozean nördlich der Kanarischen Inseln. Aus den Strahldichten von MOS-B, MOS-A und MOS-C sind die optische Dicke, der
Effektivradius (am Wolkenoberrand), Tropfenkonzentration und geometrische Dicke abgeleitet worden nach den in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren. Zusätzlich ist der Wolkenhöhenalgorithmus zur Bestimmung des Drucks an der Wolkenoberkante (Fischer et al. 1997a)
angewendet worden. Abbildung 3.16 zeigt die abgeleitete optische Dicke (oben) und den
48
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
optische Dicke
400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000
Wolkenoberkantendruck [hPa]
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
optische Dicke
400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 1000
Wolkenoberkantendruck [hPa]
A BBILDUNG 3.16. Abgeleitete optische Dicken (oben) und Wolkenoberkantendruck (unten) aus zwei MOS Bildern aufgenommen am 4. März 1998
(links) und am 24. März 1998 (rechts).
Wolkenoberkantendruck (unten). Der größte Anteil in beiden Fällen bilden die Pixel mit einer optischen Dicke kleiner als 10. Der Druck an der Wolkenoberkante ist größer als 750hPa.
Es handelt sich also um tiefliegende, optisch dünne Wolken, wegen ihrer räumlichen Struktur mit großer Wahrscheinlichkeit maritimer Stratokumulus. Für diesen Wolkentyp kann das
AS-PPM und die darauf beruhenden Ableitungsalgorithmen angewendet werden. Das Resultat der Bestimmung des Effektivradius (Abbildung 3.17) läßt keine großen Unterschiede
zwischen den Wolken an beiden Tagen erkennen: In beiden Fällen liegen die Werte im Be15 m mit leicht größeren Tropfen am 4. März. Die ermittelten
reich von 9 m
Tropfenkonzentrationen zeigen aber deutlich höhere Werte am 24. März im Vergleich zu
100cm am 4. März. Wichtig ist in diesem Zusammenhang der relative Unterschied,
denn die absoluten Größen gelten wegen der oben erwähnten Einschränkungen als extrem
3.6. BEOBACHTUNG DES TWOMEY-EFFEKTES MIT FERNERKUNDUNGSMETHODEN
49
unsicher. Zum Zeitpunkt der Überflüge gibt es keine in situ Messungen der Aerosol- und
Wolkenmikrophysik und bislang auch keine Trajektorienrechnungen für das beobachtete Gebiet. Als Validierung steht aber die Analyse der Bodenwetterkarten zur Verfügung, die in
Anhang C abgebildet sind mit den markierten Bereichen der entsprechenden MOS-Szenen.
Aus diesen ergibt sich ein deutliches Bild der Herkunft der Luftmassen. Am 4. März ist
im Beobachtungsgebiet eine Strömung aus West vorherrschend (Abbildung C.3) und am 24.
März eine Strömung aus Nordost (Abbildung C.4). Folgt man den Drucklinien entgegengesetzt zur Windrichtung, so kann man davon ausgehen, daß die Luftmasse über dem Europäischen Kontinent herangetragen worden ist. Die Analyse der Wetterkarte bestätigt also
die Ergebnisse der Fernerkundung mit MOS, daß am 4. März die Grenzschichtbewölkung
in einer maritim-klaren und am 24. März in einer kontinental-trüben Atmosphäre entwickelt
hat.
Mit diesem Beispiel konnte gezeigt werden, daß sich die neue Fernerkundungsmethode dazu
eignet, vom Satelliten aus den Grad der Beeinflussung der Wolkeneigenschaften durch Aerosole zu überwachen. Zusammen mit der Messung der (Breitband- ) Albedo könnte somit
aus Langzeitbeobachtungen eine Klimatologie des indirekten Aerosoleffektes erstellt werden,
die die Größe des dadurch bedingten Strahlungsantriebs (indirect aerosol forcing) bestimmen
kann.
50
3. FERNERKUNDUNG DES INDIREKTEN AEROSOLKLIMAEFFEKTES
0
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
0
3
6
9
Effektivradius [ m]
0
100
200
300
400
500
12
15
18
21
24
27
30
Effektivradius [ m]
600
700
3
Tropfenkonzentration [1/cm ]
800
0
100
200
300
400
500
600
700
3
Tropfenkonzentration [1/cm ]
A BBILDUNG 3.17. Abgeleiteter Effektivradius (oben) und Tropfenkonzentration (unten) aus zwei MOS Bildern aufgenommen am 04. März 1998
(links) und am 24. März 1998 (rechts).
800
KAPITEL 4
Operationelle Verfahren zur Ableitung der wolkenoptischen Dicke und
der Albedo
Einer der wichtigsten Parameter zur Beschreibung der Wirkung von Wolken auf den
Strahlungs- und Energiehaushalt der Erde ist die Wolkenalbedo. Selbst kleine Änderungen
des Rückstreuvermögens können das Erdklima signifikant beeinflussen. Der Bedeckungsgrad, also der Anteil der Erdoberfläche, der bewölkt ist, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle,
doch die Art und Stärke der Rückkopplung bei einer Veränderung des Bedeckungsgrades ist
äußerst schwierig zu prognostizieren. Der Hauptgrund dafür ist die Tatsache, daß eine solche
Änderung die Strahlungsflüsse sowohl im Kurzwelligen (also solarem Spektralbereich) als
auch im Infraroten beeinflußt. Deren Zusammenwirken bestimmt, ob als Nettoeffekt eine
Abkühlung oder eine Erwärmung erfolgt. Eine Beobachtung des Wolkenbedeckungsgrades
alleine ist aus diesem Grunde nicht ausreichend, um den klimatischen Einfluß der Wolken zu
überwachen.
Im Gegensatz zum Bedeckungsgrad hat die Änderung der Wolkenalbedo , also des
Rückstreuvermögens kaum Einfluß auf die infraroten Strahlungsflüsse. Eine Erhöhung von
ist deshalb stets mit einem abkühlendem Effekt verbunden. Die Wolkenalbedo hängt hauptsächlich von der optischen Dicke der Wolken ab, und diese wiederum wird durch den Flüssigwassergehalt und der Größenverteilung der Wolkentropfen bestimmt.
Die wolkenoptische Dicke ist ebenfalls ein wichtiger Parameter im Energiehaushalt von Erdoberfläche und Atmosphäre, da sie unmittelbar das Rückstreuvermögen beeinflußt und somit
den Anteil der verfügbaren Energie am Erdboden bestimmt. Untersuchungen mit globalen
Zirkulationsmodellen haben zeigen können, daß optische Dicke und Wassergehalt innerhalb
der Wolken einen negativen Temperatur-Rückkopplungseffekt zeigen, während durch die Erhöhung des Bedeckungsgrades bei einem Temperaturanstieg der verursachende Effekt noch
verstärkt wird (Roeckner et al. 1987). Beobachtungen vom Satelliten können dazu beitragen,
solche Prognosen zu überprüfen und/oder deren Genauigkeiten zu erhöhen, da sie die effektivste Methode zur großskaligen (räumlich und zeitlich) Wolkenbeobachtung sind. Aus diesem Grund besteht eine Notwendigkeit von Langzeitprogrammen, bei denen Satellitendaten
einheitlich ausgewertet und deren Resultate analysiert werden um langfristige Veränderungen
der Wolkeneigenschaften und deren Einfluß auf andere Klimaparameter zu bestimmen. Das
International Satellite Cloud Climatology Project (ISCCP) verfolgt dieses Ziel und stellt globale Datensätze der täglichen, saisonalen und jährlichen Veränderung der wichtigsten Wolkenparameter zusammen, die aus Daten einer Vielzahl von verschiedenen Satelliteninstrumenten gewonnen werden (Rossow und Schiffer 1991).
Eine neue Generation von Satellitenradiometern kann zu diesem Vorhaben beitragen, denn
durch den Fortschritt in der Sensortechnik und der Datenübertragung und -verarbeitung konnte die räumliche, zeitliche und auch spektrale Auflösung entscheidend verbessert werden.
Dieser Fortschritt bedeutet auch eine Verbesserung bei der Ableitung von Wolkenparameter,
51
52 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
AATSR
MIPAS
SCIAMACHY
MERIS
MWR
Ka-band
Antenna
GOMOS
DORIS
RA-2 Antenna
LRR
X-band
Antenna
ASAR
Antenna
A BBILDUNG 4.1. ENVISAT
sei es durch die schmalbandigeren Kanäle, die die Absorption durch atmosphärische Gase
ausschließen, oder kleineren Pixeln, die die Identifikation von bewölkten, wolkenfreien und
teilweise bewölkten Bildelementen erleichtern. In diesem Kapitel wird die Entwicklung von
Verfahren zur Ableitung von Wolkenparametern mit Daten der Satellitenradiometer MERIS
und MOS beschrieben. Dazu werden zunächst beide Sensoren kurz vorgestellt, um danach
auf die physikalischen Prinzipien der Ableitungsmethode einzugehen, die dann im folgenden
Abschnitt eingehend dargestellt wird. Ein sehr wichtiger Punkt ist die Analyse der Genauigkeit der Verfahren, die anhand von Simulationen und Messungen erfolgt ist. Beispiele
von analysierten Satellitenszenen und gleichzeitigen Validierungsmessungen schließen dieses Kapitel ab.
4.1. Das Medium Resolution Imaging Spectrometer MERIS
Im Rahmen der ENVISAT Mission der Europäischen Weltraumbehörde ESA, die voraussichtlich im Jahre 2000 mit dem Start des bisher größten europäischen Satellitensystems
(siehe Abbildung 4.1) beginnt, wird das Medium Resolution Imaging Spectrometer MERIS
(Rast 1995) zusammen mit weiteren Sensorsystemen für die globale Beobachtung von Umweltparametern eingesetzt. MERIS ist hauptsächlich für die Messung der Ozeanfarbe und der
biologischen Bestandteile der Ozeane konstruiert worden, um damit ein tieferes Verständnis
des Zusammenhangs von Ozeaninhaltsstoffen und Klimaveränderung zu gewinnen. Dieses
Instrument erlaubt verbesserte Abschätzungen der Biomasse und des photosynthetischen Potentials der Ozeane und kann damit beitragen, die Kenntnis über die Transformation des
globalen Kohlenstoffzyklusses zu verbessern.
4.1.1. Technische Beschreibung. MERIS ist ein abbildendes Gitterspektrometer welches die an der Erdoberfläche oder an Wolken reflektierte Solarstrahlung im Bereich des
sichtbaren und nahen infraroten Lichts mißt. Eine Schwadbreite von 1150km ist aufgeteilt
in fünf Segmenten, die von fünf identischen Kameras mit vergleichbaren Öffnungswinkeln
4.1. DAS MEDIUM RESOLUTION IMAGING SPECTROMETER MERIS
53
TABELLE 4. Technische Parameter des Satellitenradiometers MERIS
Spektralbereich
Spektrale Auflösung
Übertragungsfähigkeit
390nm - 1040nm
2,5nm
bis zu 15 Kanälen
programmierbare Positionen und Breiten
Registrierung Kanal-zu-Kanal
<0.1 Pixel
Genauigkeit Kanalzentrum
< 1nm
Polarisationsempfindlichkeit
< 1%
Radiometrische Genauigkeit
< 2% des Signals
Genauigkeit Kanal-zu-Kanal
< 0.1%
Dynamischer Bereich
bis Albedo 1.0
Öffnungswinkel
68,5
Räumliche Auflösung (Nadir)
260 300m
und schmalen Überlappbereichen bei benachbarten Kameras abgedeckt werden. Jede Kamera bildet einen Streifen senkrecht zur Flugrichtung auf den Eingangsspalt eines optischen
Spektrometer ab. Detektiert wird das so spektral zerlegte Licht mit Hilfe eines zweidimensionalen CCD Feldes, wodurch spektrale und räumliche Informationen gleichzeitig erfaßt
werden können.
Die räumliche Auflösung ist im Nadir des Instrumentes am größten und kann bei MERIS bis
zu 260m 300m betragen. Über Ozeanflächen werden aus radiometrischen Gründen
Pixel schon am Satelliten zusammengefaßt, wodurch sich eine Nadirauflösung von 1200m ergibt. Eine radiometrische Kalibration erfolgt mit Hilfe einer Diffuserscheibe. Am südlichen
Ende einer Umlaufbahn wird die Erdbeobachtungsluke geschlossen und das direkte Sonnenlicht wird durch die Scheibe diffus in den Sensor reflektiert. Tabelle 4 faßt die wichtigsten
technischen Eigenschaften des MERIS Sensors zusammen.
Durch den 68,5 Öffnungswinkel kommt es zu einer globalen Überdeckung alle zwei bis
drei Tage. Da MERIS ausschließlich solare Strahlung aufnimmt, hängt die radiometrische
Qualität und damit auch die Qualität der abgeleiteten Produkte im wesentlichen von den Illuminationsbedingungen der jeweiligen Szene ab. Der Sonnenzenitwinkel
ist dabei die
ist kaum mehr eine sinnvolle Anwendung der Fernerkunkritischste Größe. Bei
dungsverfahren möglich, wie auch die nachfolgende Sensitivitätsanalyse zeigen wird. Der
Sonnenzenitwinkel an einem Pixel ändert sich in Abhängigkeit der Aufnahmenzeit, und der
jeweiligen geometrischen Position.
4.1.2. MERIS Anwendungen. Die primären Anwendungen von MERIS liegen im Bereich der Ozeanographie. Mit MERIS steht den Nutzern ein Instrument zur Verfügung, das
speziell für die Fernerkundung von marinen Phänomenen und Prozessen konstruiert wurde.
Besonders die hohe radiometrische Auflösung ist für diese Art der Anwendung wichtig, da
das Signal über Wasseroberflächen im wesentlichen aus Streustrahlung an Aerosolen und
Reflexionen an der Ozeanoberfläche besteht. Durch schmalbandige Kanäle mit einem hohen
Signal-Rausch Verhältnis wird versucht das generell schwierige Problem der Atmosphärenkorrektur zu begegnen.
54 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
TABELLE 5. Die 15 Kanäle des MERIS Spektrometers
Kanal
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
KanalKanalmögliche Anwendungen
zentrum [nm] breite [nm]
412,5
10
Gelbstoffe, Trübung
442,5
10
Chlorophyll Absorptionsmaximum
490
10
Chlorophyll, andere Pigmente
510
10
Trübung, Schwebstoffe, Algenblüten
560
10
Chlorophyll Referenz, Schwebstoffe
620
10
Schwebstoffe
665
10
Chlorophyll Absorption
681,25
7,5
Chlorophyll Fluoreszenz
705
10
Atmosphärenkorrektur, Rotkante
753,75
7,5
Wolkenparameter
Sauerstoffabsorption Referenz
760
2,5
Sauerstoff Absorption R-Zweig
775
15
Aerosole, Vegetation
865
20
Atmosphärenkorrektur über Ozean
890
10
Wasserdampfabsorption Referenz
900
10
Wasserdampfabsorption , Vegetation
Als ozeanographische Produkte werden hauptsächlich die Konzentration von ChlorophyllPigmenten und die Inhaltsstoffe von Küstengewässern (Sedimente und aufgelöstes organisches Material) abgeleitet.
Die Fernerkundung von Landoberflächen profitiert in erster Linie von der engen Kanalsetzung von MERIS. Je mehr spektrale Signaturen durch ein Instrument erfaßt werden können,
um so mehr Landoberflächenklassen kann man unterscheiden. Dies gilt im besonderen Maße
für die Bestimmung des Vegetationszustandes.
Signale, die für Land- aber speziell für Ozeananwendungen genutzt werden, sind zwangsläufig überlagert mit Streustrahlung, die von Aerosolen herrührt. Deshalb verwundert es
nicht, daß alle modernen Ozeanfarbensensoren mit speziellen Kanälen ausgestattet sind, die
es ermöglichen, das Streulicht zu korrigieren. Damit eröffnet sich aber auch eine Möglichkeit, Informationen über Aerosole zu gewinnen, etwa die aerosoloptische Dicke oder den
Aerosoltyp. MERIS hat ebenfalls Kanäle, mit denen die Pfadstrahldichte bestimmt und damit auch die Konzentration und Zusammensetzung der Aerosole abgeschätzt werden kann.
Die MERIS Mission wird dazu beitragen, ein genaueres und realistischeres Bild über die
Verteilung und Veränderung dieser in besonderer Weise klimawirksamen atmosphärischen
Komponente zu gewinnen.
Die Ableitung des Säulengehaltes von Wasserdampf mit MERIS wird ermöglicht durch einen
-Bande bei 900nm und einem Referenzkanal im Fensterbereich bei
Kanal innerhalb der
890nm. Die differentielle Absorption ist ein direktes Maß für den Wasserdampfgehalt. Damit
trägt MERIS mit dazu bei, diese für den Energie- und Wasserhaushalt der Erde und als effektivstes Treibhausgas auch für den Strahlungshaushalt überaus wichtige Größe zu messen.
Die Anwendung einer neuartigen Fernerkundungsmethode zur Abschätzung der Wolkenoberkante wird durch Meßkanäle innerhalb der -A Bande ermöglicht. Dieses Verfahren basiert
4.2. DER MODULARE OPTOELEKTRONISCHE SCANNER MOS
TABELLE 6.
ners MOS
55
Die Eigenschaften des Modularen Optoelektronischen Scan-
optisches Prinzip
Zeilenspektrometer + CCD-Kamera
Spektralbereich
408nm-1010nm, 1,6 m
Anzahl der Kanäle
18
Kanalbreiten
1,4nm , 10nm, 100nm
Schwadbreite
200km
Pixelgröße
500m
Radiometrische Genauigkeit <1% (MOS-A,B) < 2% (MOS-C)
Diskretisierung
16Bit
Kalibrationsmethode
Interne Lampen, Sonnenkalibration
auf die Messung der rückgestreuten Solarstrahlung innerhalb und außerhalb der Absorptionsbande bei 761nm, die in zwei speziell für die Wolkenfernerkundung vorgesehenen Kanäle
erfolgen. Zusammen mit MOS und POLDER wird MERIS das bisher einzige Satelliteninstrument mit Messungen in der Sauerstoff-A Bande sein. Studien und Anwendungen mit
MOS Daten haben bereits zeigen können, daß mit dieser Methode im Vergleich zu anderen
Verfahren, eine höhere Genauigkeit in der Wolkenhöhenbestimmung (Fischer et al. 1997a)
erreicht werden kann. Auch kann mit dieser Pixel-für-Pixel Methode die volle räumliche
Auflösung im Wolkenhöhenbild beibehalten werden.
Das Institut für Weltraumwissenschaften der Freien Universität Berlin ist verantwortlich für
die Entwicklung und Validation der operationellen Algorithmen der MERIS Produkte Wasserdampf (Fischer und Bennartz 1997), Wolkenhöhe (Fischer et al. 1997a) sowie wolkenoptische Dicke und Wolkenalbedo (Fischer et al. 1997b). Das letztere ist Gegenstand dieses
Kapitels.
4.2. Der Modulare Optoelektronische Scanner MOS
Der Modulare Optoelektronische Scanner MOS (Schwarzer und Suemnich 1994) ist seit 1996
auf einer sonnensynchronen Umlaufbahn an Bord des Indischen Forschungssatelliten IRS.
Ein fast identischer MOS-Sensor ist auf der russischen Raumstation MIR im Einsatz. Ebenso wie MERIS ist MOS ein Sensor, der hauptsächlich für die Fernerkundung ozeanischer
Inhaltsstoffe konzipiert worden ist, der aber durch die Vielzahl der Spektralkanäle ein weites Spektrum an Anwendungen ermöglicht, auch für die Erkundung atmosphärischer Größen. Das Instrument besteht aus drei Modulen. MOS-A (atmosphärischer Sensor) besitzt
4 schmalbandige Kanäle innerhalb der Sauerstoff-A Absorptionsbande um 760nm. Damit
sollen aerosoloptische Dicken als Vertikalprofil erfaßt werden. Die Messungen dieses Moduls eignen sich aber auch für die Anwendung der am Institut für Weltraumwissenschaften
entwickelten Verfahren zur Bestimmung der Wolkenoberkante.
MOS-B deckt den Bereich zwischen 408nm und 1010nm mit 13 Kanälen mit jeweils 10nm
Breite ab, deren Lage auf die spektralen Eigenschaften von Ozeaninhaltsstoffen, sowie auf die
Erfordernisse der Atmosphärenkorrektur abgestimmt ist. Außerdem kann die Kanalkombi-Bande des Wasserdampfes dazu genutzt werden, den
nation innerhalb und außerhalb der
56 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
TABELLE 7. Spektralkanäle des MOS-Sensors
Kanalnr. Kanalzentrum [nm] Kanalbreite [nm]
mögliche Anwendung
1
408
10
Gelbstoffe, Trübung
2
443
10
Chlorophyll Absorptionsmaximum
3
485
10
Chlorophyll, andere Pigmente
4
520
10
Trübung, Schwebstoffe, Algenblüten
5
570
10
Chlorophyll Referenz, Schwebstoffe
6
615
10
Schwebstoffe
7
650
10
Chlorophyll Absorption
8
685
10
Chlorophyll Fluoreszenz
9
750
10
Wolkenparameter
10
757,0
1,4
Sauerstoffabsorption Referenz
11
760,6
1,4
Sauerstoff Absorption
12
763,5
1,4
Sauerstoff Absorption
13
766,5
1,4
Sauerstoff Absorption
14
815
10
Aerosole, Vegetation
15
870
10
Wasserdampfabsorption Referenz
16
945
10
Wasserdampfabsorption
17
1010
10
Atmosphärenkorrektur über Ozean
18
1600
100
Wolkenparameter
Wasserdampfsäulengehalt zu berechnen. Mit MOS-C steht ein Kanal bei 1,6 m zur Verfügung. Damit lassen sich in Kombination mit MOS-B Messungen wolkenmikrophysikalische
Parameter ableiten (siehe Abschnitt 3.6.3).
4.3. Physikalische Ableitungsprinzipien
Für die allermeisten Fälle besteht ein eindeutiger linearer Zusammenhang zwischen der optischen Dicke einer Wolke und der Strahlungsintensität, die man von über der Wolke aus
messen kann. Das liegt vor allen Dingen darin begründet, daß die optische Dicke hauptsächlich ein Maß für das Vermögen einer bestimmten Wolke darstellt, die Strahlung durch
Streuung von der ursprünglichen Ausbreitungsrichtung abzulenken. In einem Spektralbereich, in dem das Flüssigwasser der Wolken nicht absorbiert, sind also alleine die Streuprozesse für die räumliche Umverteilung der Strahlung verantwortlich. Die aufwärtsgerichtete
Strahlungsintensität in einem solchen Wellenlängenbereich wird also im wesentlichen durch
die wolkenoptische Tiefe bestimmt. Diese Größe läßt sich unmittelbar aus den mikrophysikalischen Eigenschaften ableiten. Während einen unmittelbaren Bezug zur Ursache
der Wechselwirkung von Strahlung und Wolken hat, so ist die Albedo eine Größe, die die
energetische Wirkung des Wechselwirkungsprozesses darstellt. Sie ist gleichbedeutend mit
demjenigen Strahlungsanteil des auf eine bewölkte Szene auftreffenden Sonnenlichtes, der
durch die Streuung in der Wolke die Erdatmosphäre verläßt und damit keine Energieumwandlung innerhalb des Erde-Atmosphärensystems erfahren kann. Da vom energetischen
Gesichtspunkt die Richtungsabhängigkeit der eintreffenden und reflektierten Strahlung nicht
relevant ist, wird das Verhältnis des eingehenden und reflektierten Strahlungsflusses, also
4.3. PHYSIKALISCHE ABLEITUNGSPRINZIPIEN
57
der über den Halbräumen integrierten Größen zur Bestimmung der Albedo verwendet. Hierin liegt die Hauptschwierigkeit eines Fernerkundungsverfahrens, denn ein Sensor mit einer
eher hohen räumlichen Auflösung kann jeweils nur gerichtete Strahlungsgrößen unmittelbar
messen. Die Wolkenalbedo kann aber, wie im Folgenden beschrieben wird, mit Hilfe von
Annahmen und Zusatzinformationen aus Strahldichtemessungen abgeschätzt werden.
Auf eine weitere Einschränkung sei gleich zu Beginn hingewiesen: Das in dieser Arbeit vorgestellte Verfahren zur Ableitung von optischen Dicke und Wolkenalbedo beruht auf Messungen in einem einzigen, schmalbandigen Spektralkanal. Aus diesem Grund beziehen sich
strenggenommen die abgeleiteten Größen ausschließlich auf die entsprechende Wellenlänge.
Dies kann besonders bei der Albedo zu Mißverständnissen führen, da sie allgemeinhin als eine über den solaren Bereich spektral integrierte Größe benutzt wird. Eine solche Größe kann
aus den hier benutzten Satellitenradiometern nicht direkt bestimmt werden. Im Folgenden ist,
wenn es um die Fernerkundungsmethode geht, mit dem Begriff Albedo stets die Albedo bei
der speziellen Wellenlänge gemeint, auch wenn dies im Text und in den Abbildungen nicht
explizit angegeben ist.
Bei der wolkenoptischen Dicke kann durch die Normierung auf die Standardwellenlänge
550nm diese Problematik umgangen werden, ermöglicht dadurch, daß bei den für die
Ableitung benutzten Wellenlängen wie auch bei 550nm ausschließlich Streuprozesse die
Strahldichte bestimmen und somit die Beziehung zwischen
550nm und etwa
754nm alleine durch den unterschiedlichen realen Anteil des Brechungsindexes von Wasser bestimmt
ist. Die Eingabe der optischen Dicken in das Strahlungstransportmodell erfolgen deshalb für
die Standardwellenlänge und werden intern auf die entsprechenden Wellenlängen transformiert. Die Inversion erfolgte im hier beschriebenen Verfahren mit diesen Eingabewerten der
optischen Dicke also mit
550nm .
Satelliteninstrumente messen gewöhnlich eine Strahlungsintensität, die aus einer bestimmten
Richtung den Sensor erreicht. Für die Abschätzung der Albedo müssen diese Meßgrößen
mit Strahlungsflüssen in Beziehung gebracht werden. Das Strahlungsfeld über einer Wolkenschicht ist keineswegs isotrop, sondern hängt vom Sonnenstand , vom Beobachtungszwischen Sonne und Sensor ab (Abbildung
zenitwinkel sowie von der Azimutdifferenz
4.2), hauptsächlich durch die starke Winkelabhängigkeit des Einfachstreuprozesses. Um von
der Strahldichte auf die Flüsse und damit auf die Albedo zu schließen, bedarf es deshalb der
, die für ein spezielles Pixel gelten.
Kenntnis der Winkelbeziehungen , und
Die spektrale Albedo
einer Oberfläche, in unserem Fall der Oberrand einer bewölkten
Atmosphäre, ist definiert als das Verhältnis vom aufwärtsgerichten Strahlungsfluß
und
dem einfallenden solaren Strahlungsfluß :
(4.3.1)
Liegen die Strahldichtewerte für eine Anzahl von verschiedenen Beobachtungszenitwinkeln
und Azimutdifferenzen vor, etwa als Ergebnis von Strahlungstransportsimulationen, so kann
daraus der hemisphärische Fluß durch Integration berechnet werden:
58 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
100°
90°
80°
110°
70°
120°
60°
230
130°
250
140°
50°
235
240
2
45
40°
30°
250
24
0
150°
10°
180°
-60°
220
250
0
24
170°
20°
25
0
160°
0°
60°
245
-50°
-40°
230
-30°
-20°
240
-10°
0
250
10°
20°
260
30°
40°
270
50°
280
A BBILDUNG 4.2. Nichtisotropes Strahlungsfeld über einer Wolke. Simuliert mit dem Strahlungstransportmodell MOMO. Polardarstellung der aufwärtsgerichteten Strahldichte am Oberrand der Atmosphäre. Sonnenzenitwinkel =35 , Wolkenparameter: optische Dicke =30, geometrische Dicke
=2km, Wolkenoberkante bei top =2,5km, Effektivradius =17 m. Die Berechnungen erfolgten für MERIS-Kanal Nr. 10 bei 753,75nm.
(4.3.2)
Der einfallende Strahlungsfluß wird dabei durch die solare Einstrahlung
bestimmt, die
abhängig ist. Die Modifikation dieses Wertes durch Aerosole
vom Sonnenzenitwinkel
und atmosphärische Gases ist bei =753,75nm sehr gering und wird bei der Entwicklung des
Verfahrenes vernachlässigt. Der aufwärtsgerichtete Fluß hängt hauptsächlich von den mikrophysikalischen und geometrischen Eigenschaften der Wolken ab, das sind vor allem die
Größe der Wolkentropfen und der Flüssigwassergehalt. Beide Größen zeigen eine ausgeprägte Variation mit der Höhe innerhalb der Wolke (Abschnitt 3.3.1).
In Abbildung 4.3 ist die Wolkenalbedo als Funktion der optischen Dicke dargestellt (links).
Für optisch dünne Wolken führt eine kleine Änderung der optischen Dicke in einem starken Anstieg im Rückstreuvermögen, wobei bei optisch dicken Wolken ein Sättigungseffekt
eintritt. Hier kann ein weiterer Anstieg in der optischen Dicke nicht zu einer weiteren Intensitätsverstärkung führen, obwohl Veränderungen gerade in diesem Bereich im Hinblick
auf Klimaveränderungen eine gewisse Rolle spielen können. Die im linken Teil der Abbildung 4.3 dargestellten Ergebnisse wurden mit Hilfe des Strahlungstransportmodells MOMO
(siehe Abschnitt 4.4.1) berechnet. Hier sind sämtliche Fälle als Punkte dargestellt, die im
Inversionsverfahren benutzt worden sind, d. h. daß in dieser Abbildung schon eine gewisse
Mannigfaltigkeit bezüglich der Variation von Effektivradius, Wolkenhöhe und des Aerosoltyps berücksichtigt ist. Daraus erkennt man, daß der Zusammenhang zwischen Albedo und
optischen Dicke nur im geringen Maße von den oben genannten Parametern abhängt.
4.4. MATHEMATISCHE BESCHREIBUNG DES ALGORITHMUS
100
Albedo [%]
Albedo [%]
100
80
60
40
0
50
100 150
optische Dicke
200
59
δ =200
δ =100
δ =50
δ =20
δ =10
80
60
40
0
20
40
60
80
Oberflächenalbedo [%]
A BBILDUNG 4.3. Links: Wolkenalbedo (am Oberrand der Atmosphäre) als
Funktion der wolkenoptischen Dicke (MOMO Simulationen) für verschiedene
Wolkenhöhen und Effektivradien, die bei der Inversion benutzt wurden. Der
Sonnenzenitwinkel beträgt =35 , der Beobachtungswinkel ist =0 (Nadir)
und die Albedo der Erdoberfläche ist =0%. Rechts: Wolkenalbedo als Funktion der Albedo an der Erdoberfläche (MOMO Simulationen). Der Einfluß der
Oberflächenalbedo ist dargestellt für Wolken mit unterschiedlicher optischer
Dicke, andere Parameter wie bei linkem Teil der Abbildung.
Im rechten Teil der Abbildung wird der Einfluß der Oberflächenalbedo (damit ist im Folgenden das Reflexionsvermögen der Erdoberfläche, also Land oder Ozean gemeint) auf die
Albedo am Oberrand der Atmosphäre deutlich. Obwohl die Erfahrung zeigt, daß man von
oben durch eine Wolkenschicht keine Strukturen der Erdoberfläche erkennen kann, ist es
falsch anzunehmen, daß es keinen Einfluß auf die Intensität der Strahlung oberhalb der Wolke gibt. Das Verschwinden erkennbarer Strukturen ist lediglich darauf zurückzuführen, daß
die Strahlung durch die Streuung an den Wolkentropfen diffus verteilt wird. Aus diesem
Grund muß ein Verfahren zur Ableitung von Wolkenparametern, das auf der Messung der
Strahldichte über den Wolken beruht, die Oberflächenalbedo berücksichtigen.
Das vorliegende Verfahren basiert auf Messungen in nur einem Kanal. Damit kann nur eine
spektrale Wolkenalbedo
753,75nm abgeleitet werden. Im Gegensatz zu Messungen in spektral breiten Kanälen, wie dies z. B. beim Earth Radiation Budget Satellite (ERBS) der Fall gewesen ist, sind die MERIS Strahldichten im Kanal 10 nicht von Absorption atmosphärischer
Gase betroffen. Deshalb ist eine Wolkenalbedo abgeleitet aus spektral integrierten Messungen breitbandiger Radiometer erwartungsgemäß geringer als eine solche, die aus Messungen
in schmalbandigen Fensterkanälen berechnet wird.
4.4. Mathematische Beschreibung des Algorithmus
4.4.1. Strahlungstransportsimulationen. Strahlungstransportsimulationen sind die
Basis für die Entwicklung von vielen Fernerkundungsverfahren. Auch in diesem Fall
werden zunächst mit Hilfe des Strahlungstransportmodell MOMO Datensätze erzeugt,
die anschließend als Grundlage für die Inversion dienen. Dabei ist die Qualität und der
60 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
Gültigkeitsraum des Algorithmus entscheidend von der Auswahl der Fälle abhängig, in in
diesem Schritt ausgewählt werden.
4.4.1.1. MOMO Konfiguration für das und -Verfahren. Für die Entwicklung des Ableitungsalgorithmus für die wolkenoptische Dicke und die Wolkenalbedo wurden die Zentralwellenlänge und die nominelle Breite des Kanals Nr. 10 von MERIS simuliert. Da in
diesem Bereich von 750nm bis 757,5nm keine bedeutende Absorption durch atmosphärische
Gase auftritt, ist die genaue Form der spektralen Filterfunktion des Kanals von geringer Bedeutung. Deshalb konnte dieser Bereich durch einen einzigen Simulationskanal abgedeckt
werden. Da für MOS Kanal Nr. 9 (745nm -750nm) fast identische Bedingungen herrschen,
kann das hier entwickelte Verfahren ebenfalls für MOS-Daten verwendet werden.
Die vertikale Verteilung der Wolken und der anderen atmosphärischen Streuer ist für die
Berechnung eines Kanals im atmosphärischen Fenster (d. h. keine Lichtabsorption durch atmosphärische Gase) eher unwesentlich, vorausgesetzt, daß es keine absorbierenden Aerosole
gibt. Eine Aufteilung in viele Schichten ist deshalb nicht erforderlich. Um aber dennoch
den Einfluß der Aerosolstreuung über den Wolken berücksichtigen zu können, wurde die
Modellatmosphäre in fünf Schichten aufgeteilt um damit eine gewisse Variation der Wolkenoberkantenhöhe und der Mächtigkeit der Wolken zu erreichen. Unter der Bedingung einer bewölkten Atmosphäre ist die Behandlung des Strahlungstransportes im Ozean weniger
relevant, weshalb ausschließlich atmosphärische Schichten simuliert werden. Die vertikale
Aufteilung der atmosphärischen Größen ist Tabelle 8 zu entnehmen. Sie enthält ebenfalls
die Werte der thermodynamischen Größen, die in MOMO verwendet werden. Diese sind
aus dem Standardatmospärenprofil „Sommer in mittleren Breiten” (McClatchey et al. 1973)
auf die entsprechenden Werte an den Schichtgrenzen interpoliert. Die Modellatmosphäre hat
eine Ausdehnung von 90km. Oberhalb 10km, der angenommenen Tropopause genügt für
die Berücksichtigung der Strahlungsprozesse lediglich eine einzige Schicht, da sich in diesem Höhenbereichen Aerosole, Wolken und Luftmoleküle nur in geringem Maße bemerkbar
machen. Stratosphärische Wolken und erhöhtes Aerosol können allerdings zu meßbaren Einflüssen führen.
4.4.1.2. Auswahl der Simulationsszenarien. Am Beginn der Simulationen steht die Festlegung, durch welche Eingabeparameter die simulierten Fälle sich auszeichnen und welche
Parameter bei den Berechnungen als nicht veränderlich behandelt werden. Für die Ableitung
der optischen Dicke spielen all jene im Modell unabhängig wählbare Größen eine Rolle, die
neben der optischen Dicke selbst Einfluß auf die am Sensor zu messende Strahldichte nehmen können. Folgende Parameter werden deshalb als Variablen in der Berechnung der Fälle
eingeführt.
Wolkenhöhe top
geometrische Wolkendicke
Effektiver Radius der Wolkentropfen
aerosoloptische Dicke aero
Aerosoltyp aero
Oberflächenalbedo
Die potentielle Wirkung dieser Größen auf das Strahlungsfeld ist unterschiedlich. Eine reine Veränderung der Wolkenhöhe beeinflußt die Strahlung in einem Fensterkanal durch die
unterschiedliche Abschirmung der Aerosole, deren Konzentration in der Regel mit der Höhe
4.4. MATHEMATISCHE BESCHREIBUNG DES ALGORITHMUS
61
TABELLE 8. Vertikalstruktur der verwendeten Modellatmosphäre für die
Entwicklung des Algorithmus zur Ableitung der wolkenoptischen Dicke und
der Wolkenalbedo mit den Werten der Temperatur , des Drucks , der Dichte
und der Anzahl der Moleküle mol an den
Luft , der Wasserdampfdichte
jeweiligen Schichtgrenzen.
[m]
90000
10000
7500
5000
2500
0
[K]
212,7
235,0
251,5
267,0
282,0
294,0
[hPa]
18
281
398
554
755
1010
Luft
[ ]
[ ]
mol [
29,8 0,102
0,102
416
0,0064 0,128
551
0,279 0,159
722
1,000 0,196
929
4,480 0,239
1190
14,000 0,294
]
abnimmt. In gleicher Weise, wenn auch mit bedeutend geringerem Einfluß auf das Strahlungsfeld, wirkt die Variation der geometrischen Dicke. Aus Tabelle 8 sind die möglichen
10000m) und die geometrische Dicke
Kombinationen für die Wolkenhöhe (2500m
top
(2500m
7500m) zu entnehmen.
Die Streuung des einfallenden und durch die Wolken reflektierten Lichts an Aerosolteilchen
und die Absorption durch diese Teilchen führt zu einer Abdunklung des Pixels. Dieser Effekt
ist hauptsächlich von der aerosoloptischen Dicke aero abhängig, aber auch vom Aerosoltyp.
Dennoch kann insgesamt von einer sehr geringen Beeinflussung durch Aerosole gesprochen
werden, weshalb bei den hier beschriebenen Rechnungen nur zwei Standard-Aerosolmodelle
nach Toon und Pollack (1973) angewendet werden: Ein kontinentales Aerosolmodell bestehend aus großen, mineralischen und kleinen, wasserlöslichen Teilchen sowie ein maritimes
Aerosolmodell mit sehr kleinen wasserlöslichen Partikeln (Nitrate und Sulfate) sowie Seesalz. Das kontinentale Aerosol wird mit einer optische Dicke von aero =0,3 und das maritime
mit einer optischen Dicke von aero =0,15 bei 550nm berücksichtigt.
Die Albedo
der Land- bzw. Ozeanoberfläche ist, wie Abbildung 4.3 zeigt, gerade für
optisch dünnere Wolken ein entscheidender Faktor für die Strahlung am Oberrand der Atmosphäre. In MOMO sind beliebige Werte zwischen 0% und 100% einstellbar, in dieser
Untersuchung wurden 10 verschiedene Albeden (0%, 10%, 20%, ... , 90%) verwendet.
Der effektive Radius
der Wolkentropfen wirkt durch die Abhängigkeit der Phasenfunktion auf das Strahlungsfeld ein. Besonders die genaue Lage des ausgeprägten Bereichs der
Seitwärtsstreuung bei ungefähr 140 Streuwinkel ist abhängig vom Partikelradius. Dieses
lokale Maximum der Phasenfunktion ist in Abbildung 4.2 heller Ring um die Sonnenposition ( =35 ) im Winkelabstand von ca. 40 erkennbar. Wenn man vom Flugzeug aus auf
eine homogene Wolkenschicht blickt, dann kann man dieses Phänomen auch mit dem Auge
beobachten (Wolkenbogen). Die Verschiebung der Lage des Wolkenbogens durch unterschiedliche Tropfengrößen kann also eine Mißinterpretation bezüglich der optischen Dicke
der Wolke bewirken und muß deshalb als Variable im Simulationsprozeß eingehen. In diesem
Fall sind Effektivradien zwischen 8 m und 33 m verwendet worden.
Die oben beschriebenen Einflußgrößen werden bei der Definition der Szenarien nicht unabhängig voneinander variiert. Dies würde zu Kombinationen führen, die aus physikalischen
und meteorologischen Überlegungen und Erfahrungen in natura nicht auftreten können (z. B.
62 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
TABELLE 9. Wolkentypen und deren zulässigen Variationsbereich des effektiven Radius, der Extinktion und der optischen Dicke.
effektiver
[ m] Extinktion [km ] optische Dicke
Radius
Stratus I
17
15-20
2-8
Stratus II
10
15-20
2-8
Stratokumulus I
17
16-24
2-14
Stratokumulus II
10
16-24
2-14
Nimbostratus
17
20-30
100-250
Altostratus
8
15-20
8-22
Kumulus
25
15-20
8-22
Kumulonimbus
33
25-35
150-350
Altokumulus
8
16-24
8-22
Stratus und Altostratus I
17 und 8
16-24
20-100
Stratus und Altostratus II
10 und 8
15-20
20-100
Nr. Wolkentyp
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
eine Wolkenschicht mit einer großen vertikalen Ausdehnung, die aber eine geringe optische
Dicke hat). Solche artifiziellen Szenarien müssen aber unbedingt aus dem Inversionsprozeß ausgeschlossen werden, da sie einerseits die Gültigkeit und Anwendbarkeit des Ableitungsverfahrens beeinträchtigen und auf der anderen Seite eine realistische Einschätzung der
Genauigkeit des Algorithmus unmöglich machen. Deshalb lehnt sich die Auswahl der Szenarien an bestehende wolkenstatistische Datenbanken an, wie sie zum Beispiel das International Satellite Cloud Climatology Project (ISCCP) bereitstellt. Die Entwicklung eines global
gültigen Algorithmus, wie es die operationellen ESA Verfahren für MERIS sind, benötigt
dementsprechend eine globale Statistik der Wolkenparameter. Hier liegt auch der Ansatz für
die Modifikation der Algorithmen eines Sensors, wenn der Anwendungsbereich etwa auf eine
Region oder einen bestimmten Zeitraum beschränkt bleibt.
Tabelle 9 verzeichnet die hier berücksichtigten Wolkentypen. Die Aufteilung der Typen gemäß ihrer strahlungswirksamen Eigenschaften erfolgte in Anlehnung der Wolkenklassifizierung in Stephens (1978). Mit Extinktion ist hier das Verhältnis von optischer zu geometrischer
Dicke bezeichnet. Dieser Wert bestimmt zusammen mit der optischen Dicke die im Modell
angenäherte Mächtigkeit der Wolke. Die Typen 1-9 bezeichnen einschichtige Wolken, wobei die Typen 10 und 11 zwei Wolkenschichten beinhalten, jeweils eine Stratusschicht mit
einer darüberliegenden Altostratusdecke. Bislang keine Berücksichtigung erfahren haben
Zirruswolken. Eine Erweiterung des Verfahrens um diese Wolken kann durch zusätzliche
Berechnungen erreicht werden. Besondere Beachtung muß dabei die Nichtsphärizität der
Teilchen finden, dessen optische Eigenschaften nicht mit der Mie-Theorie berechnet werden
kann. Ansatzmöglichkeiten zur Lösung diese Problems bestehen z. B. in der Verwendung
frakaler Geometrien im Zusammenhang mit Ray-Tracing Techniken (Macke et al. 1996).
Durch diese Aufteilung in Wolkentypen und die Festlegung der Parameter ergibt sich ein
Variationsbereich für die optische Dicke (1
350) der auch den Wolkenstatistiken des
ISCCP entspricht. Da es nun in einem angemessenen Zeitraum nicht möglich (und wohl auch
nicht sinnvoll) ist, sämtliche Kombinationen der „erlaubten” Wolkenparameter zu berechnen,
4.4. MATHEMATISCHE BESCHREIBUNG DES ALGORITHMUS
63
A BBILDUNG 4.4. Statistische Verteilung der bei den Strahlungstransportsimulationen verwendeten wolkenoptischen Dicken.
wird bei der tatsächlichen Festlegung der Szenarien der Weg der stochastischen Parameterselektion gegangen. Eine vorgegebene Anzahl von Fällen wird konstruiert, indem per Zufallsgenerator die unabhängigen Variablen festgelegt werden (Wolkentyp, Oberflächen und
Aerosoltyp). Daraufhin werden die übrigen Wolkenparameter gemäß ihrer Einschränkungen
durch den bereits festgelegten Wolkentyp ebenfalls zufällig bestimmt. Die sich daraus ergebene statistische Häufigkeitsverteilung der optischen Dicke ist in Abbildung 4.4 abgebildet.
Durch dieses Auswahlverfahren kann also erreicht werden, daß sich eine aus rechentechnischen Gründen beschränkte Menge von Strahlungstransportsimulationen dennoch nach einer
vorgegebenen Statistik richtet.
Eine Gesamtanzahl von 2000 Fälle wurden durch das stochastische Auswahlverfahren definiert und mit MOMO simuliert. Jede einzelne Berechnung liefert 23616 Werte für die nach
oben gerichtete Strahldichte am Oberrand der Modellatmosphäre (90km), jeweils für alle
Kombinationen aus 24 Sonnenzenitwinkeln, 24 Beobachtungszentiwinkeln und 41 Azimutdifferenzen. Außerdem wird die Albedo am Oberrand der Atmosphäre ausgegeben. Zusammen mit den Eingabedaten, besonders der optischen Dicke, steht damit die Grundlage für die
Inversion zur Verfügung.
4.4.2. Regressionsverfahren zur Inversion von Strahlungstransportsimulationen.
Ein Vorteil der Regressionsmethode gegenüber der weit verbreiteten Look-up-Table Technik
ist sicherlich die reduzierte Datenmenge die erzeugt werden muß. Eine Look-up-Tabelle (sozusagen eine Nachschlagetabelle) beinhaltet die Ergebnisse der Strahlungstransportrechnungen. Die abzuleitenden Größen müssen in einer mehrdimensionalen Matrix für jede Kombination der a priori bekannten Parameter bereitstehen, wie hier etwa das Winkeltripel zusammen mit der Oberflächenalbedo und natürlich der zu messenden Strahldichte. Die Variation
weiterer Einflußparameter bei den Simulationen ist bei diesem Verfahren nicht möglich, man
müßte sich auf einen einzigen Wert z. B. des Effektivradius festlegen. Bei der Verwendung
eines Regressionsverfahrens besteht diese Beschränkung nicht. Die in den realistischen (d. h.
mit Variation der nicht bekannten Parameter) Simulationsergebnissen vorhandene Mehrdeutigkeit kann in einem Regressionsverfahren dazu genutzt werden, eine Qualitätsabschätzung
64 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
vorzunehmen. Das setzt voraus, daß der gewählte Variationsbereich der Parameter natürlichen Verhältnissen angepaßt ist. Auf diesen Aspekt wurde bei der Definition der Simulationsszenarien besonders geachtet.
Die Auswertung der Ergebnisse aus den Strahlungstransportsimulationen lassen die Möglichkeit erkennen, den Zusammenhang zwischen der Strahldichte (bei einer bestimmten Winkel) und einer bestimmten Oberflächenalbedo) und der optischen
kombination ( , und
Dicke bzw. der Albedo von Wolken mit einem Polynomausdruck zu beschreiben. Die Einschränkung auf alle Strahldichten einer bestimmten Winkelkombination und Oberflächenalbedo ist deshalb zulässig, da es sich um Größen handelt, die bei Satellitenmessungen a priori
bekannt sind. Sie werden in der Ablaufstruktur (Abbildung 4.7) als bekannte Größen angesehen. Die Winkelbeziehungen sind Ergebnis der sogenannten Level 1 Prozessierung, bei der
aus der Lage und Ausrichtung des Satelliten und den Beobachtungseigenschaften des Sensors diese für jedes Pixel berechnet werden und damit den nachfolgenden Prozeßstufen zur
Verfügung stehen. Eine Abschätzung des Rückstreuvermögens wird aus den Daten des International Satellite Land Surface Climatology Project ISLSCP (Sellers et al. 1996) gewonnen.
Für die Ozeanoberfläche wird mit einer Albedo von 0% gerechnet.
Die Abhängigkeit der Wolkenalbedo von der gemessenen Strahldichte wird durch ein Polynom zweiter Ordnung angenähert:
(4.4.1)
Die wolkenoptischen Dicke wird versucht, als folgende Funktion der gemessenen Strahldichte anzunähern:
(4.4.2)
Mit diesen analytischen Ansätzen lassen sich die Punkteschar in Abbildung 4.5 annähern.
Jeweils eine Regression für jede Kombination der Winkel , und
sowie der Oberfläist durchzuführen. Für einen einzelnen Regressionsvorgang können somit ca.
chenalbedo
200 Wertepaar ( ) bzw. ( , ) bearbeitet werden. Durch den Öffnungswinkel von MERIS ist der Wertebereich des Beobachtungszenitwinkels beschränkt, so nur Werte von =0
und =40 berücksichtigt werden müssen. Als Regressionsroutine wurde eine IDL-Version
von Craig B. Markwardt der Routine MINPACK, die auf der Levenberg-Marquard Methode
basiert (More und Wright 1993). Die Matrix der Regressionskoeffizienten sowohl für die
als auch für ist fünfdimensional: drei Winkel, Oberflächenalbedo, vier -Koeffizienten und
drei -Koeffizienten.
Generell gilt für Regressionsverfahren, daß sie in den Bereichen außerhalb des Definitionsbereichs der Ausgangsdaten keine gesicherte Aussage machen können. Man bedenke, daß es
sich um ein rein mathematisches Annäherungsverfahren handelt, das auch zu nicht physikalischen Lösungen führen kann. Um diese auszuschließen, wird im Regressionsablauf darauf
geachtet, daß im Bereich der simulierten Strahldichten [ min max ] die Regressionskurve monoton steigend ist. Ein Abnehmen der optischen Dicke sowie der Albedo mit zunehmender
Strahldichte ist aber in keinem Fall eine physikalische Lösung. Der Regressionsvorgang wird
im Falle nicht monoton steigender Funktionen wiederholt, wobei der Regressionsroutine die
Variationsmöglichkeit bestimmter Koeffizienten eingeschränkt wird. Der Verlauf der Kurve
außerhalb des Definitionsbereich wird nicht überprüft, da infolge des Regressionsansatzes
(quadratischer und kubischer Term bei der optischen Dicke) im Definitionsbereich gute Fits
4.4. MATHEMATISCHE BESCHREIBUNG DES ALGORITHMUS
65
A BBILDUNG 4.5. Simulationsergebnisse (Punkte) und Regressionsfunktionen (durchgezogene Linie) für die Ableitung von optischer Dicke (links) und
Wolkenalbedo (rechts). Sonnenzenitwinkel:
, Beobachtungszenitund Azimutdifferenz:
. Die Oberflächenalbedo
winkel:
beträgt 40%. Regressionskoeffizienten: r=0,9991, =0,007 (Wolkenalbedo)
und r=0,997, =0,101 (optische Dicke).
teilweise mit unphysikalischen Verlauf der Kurve für
min und
max einhergehen. Deshalb ist es notwendig und sinnvoll, nur solche Pixel auszuwerten, deren Strahldichte
innerhalb des Bereiches der simulierten Strahldichte ist. Neben den Koeffizienten werden
aus diesem Grund die Werte für min und max für jede Winkel- und Albedokombination gespeichert. Damit ist bei der Anwendung des Algorithmus auch eine Konsistenzüberprüfung
möglich.
Die mittlere Abweichung der simulierten Werte für bzw. von den durch die Regressionsfunktion bestimmten Werten
und
kann als Gütemaß für den Fit gelten, der auch
bei der späteren Anwendung des Verfahrens eine Abschätzung des Fehlers der Ableitung
genutzt werden kann. Die jeweiligen relativen Abweichungen der Form:
(4.4.3)
und entsprechend für die Wolkenalbedo, werden in die Regressionsdatei integriert. Dabei
bedeutet
die Anzahl der Datenpaare mit denen die Regression durchgeführt worden ist.
Der Ablauf der Erzeugung dieser Regressionsdatei ist in Abbildung 4.6 schematisch dargestellt. Die Daten werden als NetCDF File abgespeichert, das bei der hier vorgestellten
Konfiguration 5,6MByte groß ist.
4.4.3. Ableitungsprozeß für MERIS und MOS Daten. Die erzeugte Regressionsdatei
enthält die vollständigen Informationen, um aus den entsprechenden Kanälen des MERIS
66 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
Stochastische Auswahl
der Eingabeparameter
Wolkentyp
wolkenoptische
Dicke
Aerosoltyp
Wolkenhöhe
Oberflächenalbedo
Extinktionskoeffizient
Datei der simulierten
Strahldichten
MOMO
Phasenfunktion
solare
Einstrahlung
Streu- und
Extinktions
koeffizient
ESFTkoeffizienten
Regression
Datei der
Regressionskoeffizienten
A BBILDUNG 4.6. Ablaufdiagramm des Simulations- und Inversionsverfahrens
und des MOS Sensors die optische Dicke und die Wolkenalbedo abzuleiten. Der schematische Ablauf der Anwendung des Algorithmusses ist in Abbildung 4.7 wiedergegeben. Das
Verfahren kann unabhängig voneinander auf jedes einzelne Bildelement (Pixel) angewendet
werden (Pixel-Verfahren), so daß hier nur exemplarisch die Prozessierung eines Bildelementes erläutert werden muß.
Die primäre Eingangsgröße ist die gemessene Strahldichte in dem entsprechenden Kanal.
Dieser Wert steht nach der Kalibration nach dem sogenannten Level-1-Processing zur Verfügung. Innerhalb der ersten Stufe der Aufbereitung der Rohdaten wird auch eine Pixelklassifikation (pixel identification) durchgeführt, die u. a. alle bewölkten Pixel markiert. Nur
auf diese ausgewählten Pixel wird das operationelle Verfahren angewendet. Es werden entsprechende Marken gesetzt, wenn es sich um problematische Pixel handelt, wie z. B. Pixel
mit dünner Zirrusbewölkung über Landoberflächen oder nur teilweise bewölkte Pixel. Für
die Auswahl der richtigen Regressionskoeffizienten sind Sonnen- und Beobachtungswinkel
erforderlich, diese stehen nach dem Level 1 Prozeß für die Ableitung der geophysikalischen
Größen bereit.
In der zweiten Stufe der operationellen Satellitendatenprozessierung erfolgt die Umwandlung
der physikalischen (Strahldichte, Beobachtungsgeometrie, etc.) in geophysikalische Größen,
die die Eigenschaften von Wolken, Aerosolen, Landoberflächen und Ozeane beschreiben.
Die Algorithmen für die Ableitung der atmosphärischen Parameter schließt unmittelbar an
Level 1 an, also ohne die für Land- und Ozeananwendungen erforderliche Vorprozessierung
(Atmosphärenkorrektur).
4.5. ANWENDUNG DES VERFAHRENS AUF MOS DATEN
67
Strahldichte
bei
λ=753,75nm
zusätzliche
Level 1b
Produkte
Wolkenalbedo
Datei der
Regressionskoeffizienten
Extraktion der
Polynomkoeffizienten
Polynomberechnung
wolkenoptische
Dicke
Oberflächenalbedo
Datenbasis
A BBILDUNG 4.7. Ablaufdiagramm des Ableitungsverfahrens für die wolkenoptische Dicke und die Wolkenalbedo
Neben der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Regressionsdatei und der Level-1Auswertestufe benötigt die Prozessierung der Wolkenpixel noch die Schätzwerte der Oberflächenalbedo. Diese müssen gemäß der geographischen Lage des Pixels und des Zeitpunktes des Überfluges (Tag im Jahr) aus der ISLSCP Datenbasis extrahiert und interpoliert. Auf
ähnliche Weise werden die gültigen Regressionskoeffizienten, Maximal- und Mininalwert
und
aufbereitet. Ebenso wird eine
der Strahldichte sowie die Abweichungsgrößen
multidimensionale Interpolation eingesetzt, um die individuellen Regressionswerte für das
auszuwertende Pixel herauszufinden.
Als nächster Schritt wird überprüft, ob die gemessene Strahldichte innerhalb des Intervalls
[ min max ] liegt. Andernfalls wird die weitere Auswertung mit der Ausgabe einer Fehlermarke beendet. Die abgeleitete Wolkenalbedo und optische Dicke sind nach der Extraktion
der Koeffizienten und einfach durch die Anwendung von Gleichung 4.4.1 und 4.4.2 aus
der gemessenen Strahldichte zu berechnen.
4.5. Anwendung des Verfahrens auf MOS Daten
Obwohl das vorgestellte Verfahren für die operationelle Produkterzeugung mit dem Sensor MERIS entwickelt worden ist, so haben das Design des Algorithmus und auch die erzeugten Regressionsdaten eine gewisse Allgemeingültigkeit. Es kann unverändert auf jede
Strahldichtemessung vom Flugzeug und vom Satelliten aus angewendet werden, solange der
Spektralbereich der Messung nicht wesentlich von dem des verwendeten Simulationskanals
(753,75nm) abweicht und keine Bereiche mit Absorption durch atmosphärische Gase enthält.
Für Fensterkanäle in anderen Spektralbereichen müssen die Strahlungstransportsimulationen
68 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
240
80
210
70
180
60
150
50
120
40
90
30
60
20
30
10
0
0
7.5
7.4
A BBILDUNG 4.8. MOS Szene vom 3. April 1998 über dem Nordatlantik
in der Nähe der irischen Küste. Links: MOS Messung der Strahldichte im
Kanal 9 bei 750nm. Mitte: Abgeleitete optische Dicke. Rechts: Relativer
Ableitungsfehler in Prozent bestimmt aus der Regression.
mit den entsprechend veränderten Parametern (hier vor allen Dingen der unterschiedliche
Brechungsindex für flüssiges Wasser) sowie anschließend die Regressions-Inversion durchgeführt werden.
MOS Kanal Nr. 9 eignet sich wegen der ähnlichen spektralen Auslegung für eine direkte Anwendung des MERIS Verfahrens. Die vom Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum DFD
bezogenen MOS Szenen enthalten als Zusatzinformation die geographischen Positionen der
Szeneneckpunkte, mit denen in einem Vorverarbeitungsschritt die Werte für jedes einzelne
Pixel abgeleitet werden. Zur Vorverarbeitung gehört ebenfalls ein Pixelidentifikationsalgorithmus, der sämtliche Bildelemente der Szene mit einer Marke versieht. Auf Basis einer
Land-See-Maske wird zunächst entschieden, ob es sich um eine Wasser- oder Landoberfläche handelt. Ein Neuronales Netz ist trainiert, um daraufhin für beide Pixelklassen zwischen
bewölkten und wolkenfreien Bildelementen zu unterscheiden.
Auf die durch diese Art vorselektierten Pixel kann der Wolkenparameteralgorithmus angewendet werden. Abbildung 4.8 zeigt das das Ergebnis des Ableitungsverfahrens für die optische Dicke. Aus dem Strahldichtebild von MOS Kanal 9 bei 750nm (links) konnte ein Bild
mit der optischen Dicke erzeugt werden (Mitte) sowie eine Genauigkeitsabschätzung , die
aus dem Regressionsvorgang gewonnen wurde. In den Bildern der abgeleiteten Größen sind
die als nicht bewölkt klassifizierten Pixel ausgeblendet worden, Pixel, bei denen die Randbedingungen der Regression überschritten worden sind, erscheinen schwarz. In diesem Beispiel
betrifft dies hauptsächlich Stellen mit sehr hoher Intensität. Die Darstellung dieser „Fehl”Pixel ist einerseits hilfreich um eventuelle Fehler im Algorithmus, bei der Sensorkalibration
oder beim Instrument selbst festzustellen, andererseits ist eine solche Qualitätsüberprüfung
Ableitungsfehler ∆δ [%]
90
optische Dicke
100
270

W
Strahldichte  ________________
m2 sr µm 
300
7.3
7.2
7.1
7.0
4.6. SENSITIVITÄTSANALYSE UND ABSCHÄTZUNG DER GENAUIGKEIT
69
100
1.1
90
60
50
40
30
Ableitungsfehler ∆α [%]
70
Wolkenalbedo [%]
80
1.0
0.9
20
10
0.8
0
A BBILDUNG 4.9. Aus dem Strahldichtebild von Abbildung 4.8 abgeleitete
Wolkenalbedo (links) und der relative Ableitungsfehler (rechts).
eine unbedingte Notwendigkeit zur Vermeidung von Fehlinterpretationen, wenn es darum
geht, diesen Algorithmus für klimatische Untersuchungen heranzuziehen, z. B. zur Bestimmung von Monatsmitteln. Der relative Ableitungsfehler liegt in diesem Beispiel um 7,3%. Es
wird darauf hingewiesen, daß es sich hierbei um die Unsicherheit handelt, die alleine aus der
Regression stammt. Im rechten Bild von Abbildung 4.8 ist also im wesentlichen die räumliche Verteilung der Regressionsgüte zu erkennen. Die tatsächliche Genauigkeit hängt von
mehreren Parametern ab, vor allem aber von der optischen Dicke selbst und des Sonnenzenitwinkels (siehe Abschnitt ).
Deutlich geringere Ableitungsfehler sind bei der Wolkenalbedo zu beobachten. Hierin spiegelt sich die Tatsache, daß die Albedo nahezu linear von der Strahldichte abhängt und somit
einfacher zu approximierten ist (Abbildung 4.5).
4.6. Sensitivitätsanalyse und Abschätzung der Genauigkeit
4.6.1. Genauigkeit der Regression. Der Einfluß der Regression auf die Genauigkeit des
Verfahrens zeigt Abbildung 4.10 für beide Wolkenprodukte als eine Funktion von Sonnenzenitwinkel und Beobachtungszenitwinkel . Beide Teilabbildungen zeigen, daß sich sowohl
die optische Dicke als auch die Wolkenalbedo umso schlechter ableiten lassen, je tiefer der
Sonnenstand ist. Deutlich unterscheiden sich die beiden Produkte einmal in Bezug auf die
Sensitivität zum Sonnenstand, der bei der optischen Dicke weitaus stärker ausgeprägt ist, und
zum anderen in der absoluten Größe des Fehlers, der bei der Albedo über den ganzen Bereich
hinweg eine Größenordnung geringer ist. Die bessere Ableitbarkeit der Albedo ist sicherlich
darin begründet, daß sie mit der Meßgröße Strahldichte unmittelbarer verbunden ist. Die
70 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
40
Beobachtungszenitwinkel ϑ [ ∞ ]
30
20
10
0
0
20
40
60
80
40
60
80
40
30
20
10
0
0
20
Sonnenzenitwinkel ϑ0 [ ∞ ]
0
4
8
12 17 21 25 30 34 38 42 47 51 55 60
relativer Fehler [%]
A BBILDUNG 4.10. Relativer Fehler der Regression in Prozent der abgeleiteten optischen Dicke (oben) und der Wolkenalbedo (unten) als Funktion
des Beobachtungszenitwinkels und des Sonnenzenitwinkels (Azimutdifferenz
= 90 , Oberflächenalbedo =0%).
Schwierigkeiten bei der Bestimmung der optischen Dicke sind vor allen Dingen darauf zurückzuführen, daß es für optisch dicke Wolken zu einem Sättigungsverhalten bezüglich der
Strahldichte kommt: Ein weiterer Anstieg von wird nicht in eine höhere Strahldichte bzw.
in ein erhöhtes Rückstreuvermögen umgesetzt.
4.6.2. Sensitivitätsberechnungen auf Grundlage einer MERIS-Überflugsimulation.
4.6.2.1. Konzept. In der nachfolgenden Fehler- und Sensitivitätsanalyse wird der Einfluß
unterschiedlicher Parameter auf die Ableitung in einem exemplarisch betrachteten MERISÜberflug untersucht. Eine vollständige Sensitivitätsanalyse erfordert eine systematische und
unabhängige Variation aller beteiligten Parameter. Dies ist angesichts der Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten nur sehr schwierig und unter einem sehr hohen Aufwand zu erreichen. In dieser Untersuchung wird die Anzahl der Kombinationen reduziert, indem sich
alle Fehlerberechnungen auf einen simulierten ENVISAT-Überflug beziehen. Dieses Konzept eignet sich für die Bewertung eines Satellitenverfahrens besonders, da nur solche Bedingungen berücksichtigt werden, die auch bei realen MERIS-Satellitenmessungen auftreten
können. Unrealistische Kombinationen von Beobachtungs- und Beleuchtungsgeometrie werden somit ausgeschlossen. Demnach beziehen sich die folgenden Ergebnisse explizit auf die
Anwendung des Verfahrens auf MERIS Daten, jedoch sind die qualitativen Aussagen unter
Berücksichtigung der geringeren Schwadbreite auch auf MOS und vergleichbare Sensoren
übertragbar.
4.6. SENSITIVITÄTSANALYSE UND ABSCHÄTZUNG DER GENAUIGKEIT
71
TABELLE 10. Eigenschaften des in der Fehler- und Sensitivitätsanalyse betrachteten MERIS Überfluges.
Tag im Jahr
80
Überflugszeit
1100 Sekunden
Satelliteninklination
98,55
Satellitenhöhe
799,8km
Äquatorüberflugszeit
10:00
Bereich der geogr. Breiten
70 Nord - 55 Süd
Bereich der geogr. Längen
29 West - 15 Ost
Bereich der Sonnenzenitwinkel
26 - 70
Bereich der Beobachtungszenitwinkel
0 - 40
Bereich der Azimutdifferenzen
0 - 180
Bereich der Oberflächenalbeden
0% - 40%
Die Vorgehensweise besteht aus drei Schritten:
1. Zunächst werden aus den Bahnparametern des ENVISAT-Satelliten und den Beobachtungseigenschaften von MERIS sämtliche geometrischen Beziehungen, also geographische Länge und Breite, Sonnen- und Beobachtungszenitwinkel sowie Azimutdifferenz für jedes (virtuelle) Pixel errechnet. Mit Hilfe der so berechneten geographischen Positionen und des vorgegebenen Zeitpunktes im Jahr werden aus der ISLSCPDatenbank die Oberflächenalbeden ermittelt.
2. Mit diesen Eingabegrößen wird in einem zweiten Schritt die zu messende Strahldichte am Satellitensensor berechnet und so ein Überflugsbild simuliert, wobei die Wolkenparameter frei wählbar sind. Prinzipiell kann eine solche Vorwärtssimulation mit
MOMO bewältigt werden, jedoch ist der Rechenaufwand erheblich, da für jedes Pixel andere Bedingungen herrschen, die eine komplette Strahlungstransportrechnung
erfordert, auch wenn die Unterschiede von Pixel zu Pixel manchmal nur sehr gering
sind. Desweiteren steigt der Rechenaufwand in MOMO mit dem Quadrat der Anzahl
der Winkelstützstellen und somit ist die Anzahl von diskreten Zenitwinkeln begrenzt.
Bei der Überflugsimulation ändern sich die Winkel aber kontinuierlich, so daß man
die MOMO auf die entsprechend gültigen Winkel interpolieren müßte, was sicherlich
zusätzlich zu den reinen Berechnungen weitere Rechnerressourcen erfordern würde.
Eine Lösung für diese Probleme bietet die Verwendung eines Neuronalen Netzes, wobei einerseits die hervorragende Interpolationsfähigkeit und andererseits das schnelle
Prozessieren von größeren Datenmengen ausgenutzt werden kann.
3. Der dritte Schritt besteht darin, auf die simulierten Strahldichten die Algorithmen anzuwenden und Bilder der abgeleiteten Produkte zu erzeugen. Nun kann man bei jedem
Pixel die Differenz von abgeleiteter Größe und der Eingabegröße feststellen und sogar als Überflugsbild darstellen. Dies veranschaulicht auf recht einfache Weise, unter
welchen Bedingungen die Algorithmen wie gut arbeiten (Fehleranalyse). Weiterhin
ist man nun in der Lage festzustellen, welche Einflußgrößen sich in welchem Ausmaß
auf die Genauigkeit des Ableitungsverfahrens auswirken (Sensitivitätsanalyse).
In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Schritte näher erläutert und anschließend
die Ergebnisse der Untersuchungen vorgestellt.
72 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
4.6.2.2. Berechnung der Bahnparameter. Die Eigenschaften des betrachteten ENVISATÜberfluges und der sich daraus ergebenen Bedingungen für die Beobachtung mit MERIS sind
Tabelle 10 aufgeführt. Die Werte für die Satellitenhöhe und -inklination sowie des Äquatorüberfugzeitpunktes sind die voraussichtlichen Daten für die ENVISAT-Mission vorgegeben.
Die Wahl des achtzigsten Tages des Jahres (21. März, Frühlingsanfang) bestimmt den konkreten Verlauf der Flugbahn, und wurde so getroffen, daß die Land-Meer Verteilung innerhalb des sich daraus ergebenen MERIS-Sichtstreifens ungefähr mit dem globalen Verhältnis
(30% Land zu 70% Ozean) übereinstimmt. Auch in Bezug auf die Albedo der Landoberfläche kann dieser ausgewählte Streifen als repräsentativ angesehen werden, enthält er doch von
schneebedeckten Gebieten im subpolaren Norwegen über sämtliche Vegetationsbedeckungen
in Westeuropa bis hin zum Sahara-Wüstengebiet mit sehr hoher Reflektivität die ganze Palette der möglichen Bodencharakteristika. Allerdings ließ sich nicht vermeiden, daß durch die
große Ausdehnung der Sahara die Wüstenoberflächen deutlich überrepräsentiert sind.
Eine Beschränkung der Überflugslänge ist durch die hohen Sonnenzenitwinkel im Norden
und Süden des Flugstreifens bedingt. Der betrachtete Ausschnitt wurde so gewählt, daß die
maximale Sonnenzenitdistanz den =70 nicht übersteigt. Eine Ableitung wolkenphysikalischer Größen ist aus oben genannten Gründen nur in diesem Bereich sinnvoll.
Ein Programm von René Preusker (Preusker 1998) berechnet mit den hier gegebenen Informationen die bahnspezifischen Eigenschaften sämtlicher Pixel, die dann bei der Strahlungstransportsimulation berücksichtigt werden können.
4.6.2.3. Simulation der MERIS Messung mit Hilfe eines Neuronalen Netzes. Ein Neuronales Netzwerk wurde schon in Abschnitt 2.5 zur Inversion von Strahlungstransportsimulationen mit MOMO eingesetzt, es wurde trainiert, um aus gemessenen Strahldichten auf
geophysikalische Parameter zu schließen. An dieser Stelle wird der umgekehrte Weg gegangen. Die Trainingsaufgabe lautet nun, aus den gegebenen Beobachtungsbedingungen und
frei wählbaren Wolkeneigenschaften die daraus resultierende Strahldichte am Sensor zu berechnen. Die Vielzahl der Pixel und die der zu untersuchenden Szenarien lassen es nicht zu,
MOMO allein für diese Aufgabe einzusetzen. Eine große Anzahl von MOMO Rechnungen
werden als Trainingsmenge zum Aufbau eines Neuronalen Netzes verwendet. Somit erfüllt
das Neuronale Netz die Aufgabe, MOMO Resultate zu interpolieren und durch Matrizen
darzustellen, mit denen das Überflugsbeispiel rasch berechnet werden kann.
Die Konfiguration des Netzes muß wiederum den speziellen Erfordernissen angepaßt werden. Im Eingabevektor müssen prinzipiell all jene Parameter enthalten sein, die auch bei
der Berechnung des Strahlungstransportes mit MOMO Eingabegrößen sind. Unterschiedlich ist lediglich das Koordinatensystem der Winkel: Zwar ist durch das Tripel [ , , ] die
Beobachtungs- und Beleuchtungsgeometrie vollständig beschrieben, aber mit dieser Darstellung ist eine Unstetigkeit der Azimutdifferenz
zwischen Sonne und Sensor verbunden.
Diese tritt im Bereich der Beobachtung im Nadir auf. Beim Übergang von der sonnenzugewandten Seite zur sonnenabgewandten Seite macht
definitionsgemäß einen Sprung,
der sich aber nicht auf die physikalischen Bedingungen auswirkt, da für = 0 keine Azimutabhängigkeit gibt. Diese Unstetigkeit ist also keinesfalls physikalischer Natur, sondern
lediglich durch das gewählte Koordinatensystem bedingt. An diesem Beispiel läßt sich deutlich demonstrieren, worin die Gefahr bei der Benutzung statistischer Methoden liegen kann.
Auch wenn die Bezeichnung etwas anderes vermuten läßt, so ist ein Neuronales Netz ein
mathematisch-statistisches Modell, kein physikalisches. Das äußert sich darin, daß z. B. der
4.6. SENSITIVITÄTSANALYSE UND ABSCHÄTZUNG DER GENAUIGKEIT
50
average:121.07
198
97
average:222.72
73
304
A BBILDUNG 4.11. Simulierte MERIS Messung der Strahldichte für eine
horizontal unendlich ausgedehnte homogene Wolke der optischen Dicke =10
(links) und =50 (rechts). Höhe der Wolkenoberkante: top =5000m.
Bereich um den Nadirpunkt nicht korrekt simuliert wird. Die Interpolation im Bereich der
artifiziellen Unstetigkeit kann keine physikalischen Ergebnisse liefern.
Dieses Problem kann durch die Umstellung des Koordinatensystems gelöst werden. Dazu ist
es lediglich notwendig von der Azimutdifferenz
auf getrennte Azimute für Sonne und
Sensor
und überzugehen. Der Bezugspunkt kann dabei beliebig gewählt werden, hier
wurde sich für die Nordrichtung entschieden. Demnach bilden folgende Größen den Eingabevektor des Neuronalen Netzes: wolkenoptische Dicke , Wolkenoberkantenhöhe top ,
Aerosoltyp aero , Oberflächenalbedo
und die vier Winkel , ,
und . Der Ausgabevektor besteht aus der Strahldichte 753,75nm und der Wolkenalbedo 753,75nm . Die schon für
die Berechnung der Regressionskoeffizienten benutzten Strahlungstransportrechnungen mit
MOMO konnten hier bei der Erstellung des Trainingsfiles wiederverwendet werden. Sie wurden ergänzt durch neue Berechnungen mit einer unterschiedlichen Winkelauflösung, um mit
mehr als den 24 Zenitwinkel zu trainieren. Aus diesen Daten wurden dann insgesamt 2000
Fälle konstruiert jeweils mit zufällig bestimmten Kombinationen der Eingabeparameter.
Ein Beispiel einer MERIS Simulation ist in Abbildung 4.11 zu sehen. Sie zeigt den MERISMeßstreifen über eine Wolkenschicht der optischen Dicke =10 (links) und =50 (rechts)
projiziert auf einen Weltkartenausschnitt. Die Wolkenschicht bei in dieser Abbildung wie
auch in allen nachfolgenden Rechnungen dieser Untersuchung als horizontal unendlich ausgedehnt angenommen. Man erkennt deutlich, daß der Einfluß der Oberflächenreflektivität
bei der optisch dünnen Wolke das Strahlungsfeld modifiziert, während bei der optisch dicken
Wolke die Abhängigkeit der gemessenen Strahldichte von der Bodenalbedo stark reduziert
wird. Hier ist es vor allen Dingen die konkreten Kombinationen der Zenitwinkel und ,
die die Intensität bestimmen. In der Farbskala sind für jedes Bild die Minimal- und Maximalwerte wie auch der Mittelwert des ganzen Bildes angegeben.
74 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
6
average:8.05
10
29
average:47.54
77
A BBILDUNG 4.12. Abgeleitete optische Dicke aus simulierten MERIS Messungen berechnet mit einer optischen Dicke von =10 (links) und =50
(rechts). Höhe der Wolkenoberkante: top =5000m.
4.6.2.4. Sensitivität bezüglich der Beobachtungs- und Beleuchtungsgeometrie. Abbildung 4.12 zeigt die mit dem in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren abgeleitete optische
Dicke wiederum für eine optisch dünne und eine optisch dicke Wolke. Die mit Hilfe des Neuronalen Netzes erzeugten Strahldichtebilder wurden als Eingabeparameter des Algorithmus
verwendet. Da die homogene Modellwolke homogen und horizontal unendlich ausgedehnt
ist, sind sämtliche Variationen im Bild der abgeleiteten optischen Dicke alleine auf die fehlerhafte Interpretation durch das Verfahren zurückzuführen. Im Gegensatz zum Strahldichtebild in Abbildung 4.11 ist hier selbst für die optisch dünne Wolke die Struktur der Oberfläche
kaum mehr zu erkennen, d. h. daß das Verfahren bei der genauen Kenntnis der Oberflächenalbedo (Simulation und Ableitung verwenden beide die ISLSCP Datenbank) deren Einfluß auf
das Strahlungsfeld korrigieren kann. So kann die beobachtete Variation der Abweichung von
ermittelten und tatsächlichen optischen Dicken nur aus der unterschiedlichen Sonnen- und
Beobachtungsgeometrie entstehen. Die Farbskala am unteren Ende der Teilabbildungen in
Abbildung 4.12 geben den Bereich der abgeleiteten optischen Dicken wieder. Im Fall =10
liegen die Werte zwischen 6 und 10 mit einem Mittelwert von ca. 8. Im Fall =50 ist die
relative Abweichung des Mittelwerts von 47,5 (von 50) deutlich geringer, doch ist eine wesentlich größere Schwankungsbreite zu verzeichnen. Das Bild gibt auch Aufschluß über die
räumliche Verteilung der Abweichungen. Die Pixel am Rande des MERIS Schwads (Unterschätzung) sowie die in den geographisch hohen Breiten (Überschätzung) können auf diese
Weise als die Problembereiche der Fernerkundung von Wolkenparametern ausgemacht werden.
4.6.2.5. Sensitivität bezüglich der Wolkenhöhe. Eine im vorigen Abschnitt dargestellte
Simulation läßt sich beliebig wiederholen auch mit veränderten Parametern. Abbildung 4.13
stellt die Sensitivität des Ableitungsverfahrens bezüglich der Höhe der Wolkenoberkante und
der optischen Dicke selbst dar. Für eine große Anzahl von Kombinationen dieser beiden Parameter wurde eine MERIS Überflugsmessung simuliert und für jedes Pixel die Abweichung
8000
Wolkenoberkante [m]
Wolkenoberkante [m]
4.6. SENSITIVITÄTSANALYSE UND ABSCHÄTZUNG DER GENAUIGKEIT
7000
6000
5000
4000
3000
20
2
4
7
80
9
12
RMSE
14
17
19
5000
4000
3000
-9
-6
-3
0
BIAS
80
3
6
5000
4000
3000
0.00
6000
-12
6000
22
7000
40
60
optische Dicke
7000
20
8000
20
8000
100
Wolkenoberkante [m]
Wolkenoberkante [m]
0
40
60
optische Dicke
0.01
40
60
optische Dicke
0.02
0.03 0.04 0.05
RMSE [%]
80
0.06
0.07
100
0.08
8000
7000
6000
5000
4000
3000
100
9
75
20
12
40
60
optische Dicke
-0.08 -0.07 -0.05 -0.04 -0.03 -0.02 -0.01
BIAS [%]
80
0.01
100
0.02
A BBILDUNG 4.13. Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und der Höhe
der Wolkenoberkante dargestellt durch root mean square error RMSE (oben)
und den mean bias error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen Dicke
(links) und der Wolkenalbedo (rechts).
von der tatsächlichen optischen Dicke ermittelt. Die Wurzel aus der mittleren quadratischen
Abweichung (root mean square error RMSE) ist ein Maß für die Variation der abgeleiteten
Größen (bzw. ) um den Bildmittelwert (bzw. ) der abgeleiteten optischen Dicke und
ist definiert durch
Pixel
RMSE
(4.6.1)
wobei über die Gesamtanzahl der Pixel Pixel summiert wird. Der mean bias error BIAS
beschreibt dagegen die mittlere Abweichung vom tatsächlichen Wert der optischen Dicke
und wird bestimmt durch die Gleichung
Pixel
BIAS
(4.6.2)
Pixel
Beide Fehlermaße sind in Abbildung 4.13 als Konturzeichnung dargestellt. Der RMSE des
-Verfahrens wird mit zunehmender optischer Dicke größer, so wie es auch aus physikalischen Überlegungen heraus zu erwarten ist. Bezüglich der Variation der Wolkenhöhe ist zu
beobachten, daß generell ein Anstieg von RMSE für höher gelegene Wolken zu verzeichnen
ist. Betrachtet man den Verlauf des BIAS, so kann man feststellen, daß für tiefe und optisch
dicke Wolken die optische Dicke unterschätzt und bei hohen und optisch dünnen Wolken
überschätzt wird.
Das Albedo-Verfahren zeigt ein umgekehrtes Verhalten: Hier kann die Wolkenalbedo besser
abgeleitet werden, je höher sich die oberste Wolkenschicht befindet. In diesen Bereichen
60
50
Oberfl chenalbedo [%]
Oberflächenalbedo [%]
76 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
40
30
20
10
0
20
3
6
10
13
16
RMSE
80
20
23
26
30
20
10
0
-20
-15
-9
-4
2
7
BIAS
80
13
18
20
0
20
0.00
40
40
60
optische Dicke
40
30
60
50
20
60
100
Oberflächenalbedo [%]
Oberflächenalbedo [%]
0
40
60
optische Dicke
80
100
24
30
0.01
40
60
optische Dicke
0.02
0.03 0.04 0.05
RMSE [%]
80
0.06
0.07
100
0.08
80
60
40
20
0
20
40
60
optische Dicke
80
-0.08 -0.07 -0.06 -0.05 -0.04 -0.02 -0.01 -0.00
BIAS [%]
100
0.01
A BBILDUNG 4.14. Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und der Oberflächenalbedo dargestellt durch root mean square error RMSE (oben) und den
mean bias error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen Dicke (links)
und der Wolkenalbedo (rechts).
ist der störende Einfluß der Aerosolstreuung am geringsten. Der Fehler des -Verfahrens ist
deutlich sensitiver bezüglich der Wolkenhöhe als von der optischen Dicke. Von dieser ist der
RMSE weitgehend unabhängig, lediglich für optisch dünne Wolken sie ist ein klarer Anstieg
der Ungenauigkeit zu beobachten. Der absolute RMSE Fehler ist unterhalb von 0,04%, wie
auch der BIAS-Fehler.
4.6.2.6. Sensitivität bezüglich der Oberflächenalbedo. Für die Untersuchung der Sensitivität in Bezug auf die Änderung der Oberflächenalbedo, wurde die Simulation des MERISÜberfluges dahingehend abgeändert, daß die Albedo der Erdoberfläche nunmehr räumlich
als konstant angenommen wurde. Das Verfahren zur Ableitung der optischen Dicke wurde
angewendet auf mehrere Szenarien mit unterschiedlichen optischen Dicken und Albedowerten. Die daraus bestimmten Fehlergrößen RMSE und BIAS sind in Abbildung 4.14 gezeigt.
Die Analyse zeigt, daß für optische Dicken
50 im mittleren Albedobereich beim Algorithmus etwas höhere Fehler auftreten. Am höchsten ist die Abweichung bei einer Albedo von =50% bei sehr hohen optischen Dicken. Im rechten Teil der RMSE-Abbildung
zeigt sich, daß das -Verfahren besonders für mittlere Oberflächenalbeden und hohe optische
Dicken sehr gut funktioniert. Auch die BIAS Abweichungen sind in diesem Bereich sehr
gering.
4.6.2.7. Sensitivität bezüglich des Sensorrauschens. Eine Sensitivitätsstudie, die durchgeführt wurde, um den Einfluß des Sensorrauschens festzustellen zeigt sehr deutlich, daß
diese Fehlerquelle im Vergleich zu anderen Ursachen sehr gering ist. Abbildung 4.15 belegt
dies. Weder RMSE noch BIAS beider Verfahren zeigen eine signifikante Abhängigkeit des
Rauschens im Bereich des zu erwartenden Wertes für MERIS (bis 1%).
1.0
Sensorrauschen [%]
Sensorrauschen [%]
4.6. SENSITIVITÄTSANALYSE UND ABSCHÄTZUNG DER GENAUIGKEIT
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
20
2
4
7
9
12
RMSE
80
14
17
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
20
100
19
40
60
optische Dicke
80
100
0.030 0.035 0.040 0.045 0.050 0.055 0.060 0.065 0.070
RMSE [%]
22
1.0
Sensorrauschen [%]
Sensorrauschen [%]
0
40
60
optische Dicke
77
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
20
-12 -11 -10
40
60
optische Dicke
-9
-8
-7
-6 -5
BIAS
-4
80
-3
-2
100
-1
0
2
20
40
60
optische Dicke
80
100
-0.060 -0.055 -0.050 -0.045 -0.040 -0.035 -0.030 -0.025 -0.020
BIAS [%]
A BBILDUNG 4.15. Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und des Sensorrauschens dargestellt durch root mean square error RMSE rechts und den
mean bias error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen Dicke (links)
und der Wolkenalbedo (rechts).
78 4. OPERATIONELLES ABLEITUNGSVERFAHREN FÜR ALBEDO UND OPTISCHE DICKE DER WOLKEN
Zusammenfassung und Ausblick
Die Fernerkundung ist für die Beobachtung von globalen Wetter- und Klimabeobachtung
zu einem unverzichtbaren Instrument geworden. Diese Arbeit stellt die Entwicklung und
Anwendung von neuen Verfahren zur Ableitung von Wolkeneigenschaften dar, besonders
derer, die die Wirkung der Wolken auf den Strahlungs- und Energiehaushalt beeinflussen.
Es sind eine Reihe von neuen Verfahren vorgestellt worden, bei der moderne statistische
Methoden beim Invertierungsproblem zum Einsatz gekommen sind, wie etwa die Anwendung Neuronaler Netze. Diese Art der Berechnung der Inversionsmatrizen bieten eine Reihe
von Vorteilen, die nicht nur in der erhöhten Genauigkeit liegen, sondern auch eine wesentlich vereinfachte und im Vergleich zu klassischen Methoden auch beschleunigte Analyse der
Strahlungstransportergebnisse erlauben. Die Anwendung eines Neuronalen Netzes ist bei der
Vorstellung des Ableitungsverfahrens zur gleichzeitigen Bestimmung der optischen Dicke
und des effektiven Radius näher beschrieben worden. Dieser Algorithmus ist eine Weiterentwicklung eines Verfahrens, das Strahldichtemessungen in zwei Kanälen benutzt, die jeweils
sensitiv zu Änderungen der optischen Dicke und des Effektivradius sind. Das in zahlreichen
Veröffentlichungen beschriebene Problem der systematischen Überschätzung des Effektivradius mit einem solchen Verfahren wurde auch in dieser Untersuchung beobachtet. Diese
Abweichung konnte durch die Verwendung eines dritten Kanals, der aus meßtechnischen
Gründen hier bei 1200nm gesetzt worden ist, deutlich reduziert werden.
Die Quantifizierung von anthropogenen Effekten auf das Klima ist eines der wichtigsten Fragestellungen in der aktuellen Klima- und Atmosphärenwissenschaften. Ein Beispiel ist die
Emission von zusätzlichen troposphärischen Aerosols durch industrielle Luftverschmutzung,
die den Strahlungs- und Energiehaushalt nachhaltig beeinflussen können. Diese Modifikation
kann durch direkte Aerosol-Strahlungs-Wechselwirkungseffekte verursacht werden, indem
die Menge der zurückgestreuten Strahlungs durch Streuung an Aerosolpartikel erhöht wird.
Zusätzlich zu diesem direkten Effekt hat ein Anstieg der Aerosolkonzentration auch mittelbare Folgen auf den Strahlungshaushalt und das Klima. Aerosole sind in ihrer Funktion
als Wolkenkondensationskerne mitverantwortlich für die mikrophysikalischen Eigenschaften
der Wolken. Von diesen Eigenschaften, die durch Tropfenkonzentration, Tropfengrößen und
Flüssigwassergehalt beschrieben werden können, hängen die optischen Parameter einer Wolkenschicht ab, wie z. B. das Rückstreuungs- und Absorptionsvermögen. Besonders sensitiv
bezüglich des Einflusses von Aerosolen ist maritimer Stratokumulus über Ozeanoberflächen.
Berechnungen des indirekten Aerosolforcings reichen von 0 bis -1,5 Wm , wobei diese Werte jeweils mit einer sehr großen Unsicherheit behaftet sind. Besonders schwierig ist es, den
Twomey-Effekt (erhöhte Rückstreuung als Ergebnis von aerosolverursachten Veränderungen
der Wolkenmikrophysik) mit Satelliten- und Flugzeugmessungen zu beobachten. Eine internationale Meßkampagne zur Charakterisierung der Aerosole (ACE 2) im Sommer 1997 hat
unter anderem zum Ziel gehabt, den indirekten Effekt unterschiedlichen Meßmethoden zu
79
80
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
beobachten und zu untersuchen (CLOUDYCOLUMN Projekt). Das Institut für Weltraumwissenschaften hat mit seinen flugzeuggestützten Strahlungsmeßsystem daran teilgenommen.
Zusammen mit den in situ Messungen des Centre National de Recherches Météorologiques
(Météo-France) konnten die beobachteten Stratokumulusschichten bezüglich der mikrophysikalischen Struktur und der Strahlungswirkung zu charakterisiert werden. Die gemessenen
Strahldichten wurden mit Ergebnissen von Strahlungstransportsimulationen verglichen. Dabei stellte sich heraus, daß es ohne Berücksichtigung der vertikalen Variation von Tropfengrößen und Flüssigwassergehalt zu Fehlinterpretationen beim direkter Vergleich von simulierten und gemessenen Strahldichten kommen muß. Ein neues Schema zur Repräsentation
von Wolken in Strahlungstransportmodellen wurde entwickelt, indem sich die Wolkenschicht
nicht durch optische Dicke und Effektivradius, sondern durch die Tropfenkonzentration und
geometrischer Dicke definiert. Diese Parameterisation beruht auf der Annahme des Tropfenwachstums in einer adiabatisch aufsteigenden Luftpaketes. Der Vorteil dieser neuen, physikalischen Ansatzes liegt hauptsächlich darin, daß nunmehr Größen ohne eine ausgeprägte
vertikale Abhängigkeit verwendet werden. Die Parameterisierung konnte erfolgreich in das
Strahlungstransportmodell MOMO implementiert werden. Mit dieser modifizierten Version (adiabatisch-geschichtete Modell) konnte der Strahlungstransport für eine Vielzahl von
möglichen Fällen berechnet werden. Die so berechnenten Strahldichten wurden den vom
Flugzeug aus gemessenen Werten gegenübergestellt. Auf diese Weise konnte die verstärkte Reflexion einer Stratokumulusschicht in einer durch anthropogen beeinflußten Luftmasse
eindeutig einer erhöhten Tropfenkonzentration zugeordnet werden. Der Unterschied in Dieses Ergebnis wurde durch die Auswertung der in situ Messungen, die von einem innerhalb der
Wolkenschicht fliegenden Flugzeug durchgeführt worden sind, bestätigt. Damit ist es erstmalig gelungen, den Twomey-Effekt in der Größenordnung eines Wolkensystems experimentell
eindeutig nachzuweisen.
Als Folgerung daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Fernerkundungsmethoden. So kann für geeignete Satellitensensoren das adiabatischgeschichtete Modell dazu genutzt werden, die Auswirkung von kontinental-verschmutzten
Luftmassen zu überwachen. Als Beispiel wurden zwei Szenen des Satellitenradiometers
MOS über dem Nordatlantikgebiet untersucht. Die Kombination mehrerer Ableitungsalgorithmen und die Analyse der Bodenwetterkarten führten zu der Feststellung, daß sich beide
Szenen nicht in ihrer geometrischen Ausdehnung und Lage, wohl aber in ihrer Mikrostruktur
deutlich unterscheiden. Dieser Unterschied konnte auf die Zusammensetzung und Herkunft
Luftmassen (maritim-klar und kontinental-verschmutzt) zurückgeführt werden, in der sich
die Wolkensysteme entwickelt haben. Eine systematische Analyse mehrerer MOS-Szenen
über einen Zeitraum eines Jahres etwa und in einem beschränkten Gebiet im Nordatlantikraum ist in Vorbereitung. Damit wird es möglich sein z. B. festzustellen, ob es eine Korrelation zwischen der fernerkundeten Tropfenkonzentration und den Luftmassentrajektorien
gibt.
Trotz dieser ersten und vielversprechenden Ergebnisse ist das Potential des
CLOUDYCOLUMN-Datensatzes noch nicht vollständig ausgeschöpft. Um den beobachteten Twomey-Effekt quantifizieren zu können, ist es u. a. notwendig, die spektrale
Integration der Strahldichtemessungen mit OVID durchzuführen und gleichzeitig entsprechende Strahlungstransportsimulationen zu berechnen. Auf diese Weise kann der
kurzwellige Strahlungsantrieb durch den indirekten Aerosoleffekt bestimmt werden. Ein
weiterer Schwerpunkt zukünftiger Aktivitäten wird die Verwendung der zahlreichen in situ
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
81
Messungen sein, um die Anwendbarkeit und Genauigkeit von neuen Fernerkundungsverfahren zu testen. Hierbei gilt besonders den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Algorithmen
zur Ableitung der Tropfenkonzentration und der geometrischen Dicke. Diese beruhen auf
der Annahme einer adiabatischen Wolke, die aber lediglich einen Grenzfall repräsentieren
kann. Inwieweit nun die fernerkundeten Größen über subadiabatische Wolken interpretiert
werden müssen, ist noch eine offene Frage, die in Zusammenarbeit mit Spezialisten im
Bereich der Wolkenphysik angegangen werden soll.
Zur Bestimmung der Klimarelevanz menschlicher Aktivitäten (maßgeblich die Industrialisierung von entwickelten und Entwicklungsländern) und die Vorhersage von möglichen Veränderungen von Atmosphäre und Klima sind genaue Modelle unerläßlich. Die Entwicklung von
zutreffenden Beschreibungen der Atmosphäre sind begrenzt durch den Mangel an globalen
Beobachtungen. Dies trifft besonders auf die Wolkenparameter und Wolkenrückkopplungsprozesse zu. Die hier vorgestellte und verwendete adiabatisch-geschichtete Modell zeichnet
sich durch eine realistischere und trotzdem noch eine recht einfache Beschreibung der Vertikalstruktur von Wolken aus, die auf physikalischen Prinzipien beruht. Es ist somit für die
Verwendung in globalen Klimamodellen geeignet und es ist zu erwarten, daß sich die Genauigkeit der Vorhersage des indirekten Aerosolforcings damit deutlich verbessern läßt. Ein
gemeinsam von Wissenschaftler des CLOUDYCOLUMN Experimentes und GCM Modellierer beantragtes EU-Projekt PACE (Parameterisation of the Aerosol Indirect Climatic Effect)
wird die Integration der neuen Erkenntnisse in GCMs zur Hauptaufgabe haben.
Forschungsbedarf besteht immer noch zum Thema der „anomalen Absorption” von Wolken.
Diese damit gemeinte Diskrepanz von Strahlungstransportmodell und Messungen sind auch
in den hier beschriebenen Messungen aufgetreten. Sie äußerten sich in der Abweichung
von fernerkundeten und in situ gemessenen Effektivradien und Tropfenkonzentrationen. Die
Messungen eines Schließungsexperimentes wie CLOUDYCOLUMN bieten für diese Fragestellungen eine hervorragende Datengrundlage und werden in zukünftigen Projekten dazu
genutzt werden.
Der zweite Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Entwicklung eines operationellen Algorithmus
zur Ableitung von optischer Dicke und Albedo bei bewölkten Pixeln. Im letzten Kapitel ist
die Entwicklung eines Fernerkundungsverfahrens vorgestellt worden, das im Bodensegment
der ENVISAT/MERIS Mission implementiert wird und mit dem die entsprechenden operationellen Produkte erzeugt werden. Es wurde auf die physikalischen Grundlagen, das verwendete Inversionsverfahren und die Besonderheiten die durch die Operationalität bedingt
sind, eingegangen. Ein großes Gewicht lag auch auf der Darstellung der Genauigkeit des
Verfahrens, soweit sie sich in einer theoretischen Studie unter Verwendung von Strahlungstransportsimulationen abschätzten läßt. Die Anwendung eines Neuronalen Netzes konnte
bei der Simulation von MERIS-Messungen in voller Schwadauflösung die zeitlich aufwendigen MOMO-Rechnungen ersetzten und erlaubte es, die Genauigkeitsabschätzung orts- und
zeitaufgelöst darzustellen. Der gemeinsame Einfluß von geographischer Position, Oberflächencharakteristik und Sonnenzenitwinkel konnte so für jedes Pixel eines virtuellen MERISÜberfluges bestimmt werden. Die Abhängigkeit der Genauigkeit von variablen Parametern
konnte in der abschließenden Sensitivitätsanalyse gezeigt werden.
Das Satellitenverfahren für die Ableitung der optischen Dicke und der Wolkenalbedo basiert
auf Messungen in einem einzigen Fensterkanal (also ohne Absorption durch atmosphärische
82
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Gase) im kurzwelligen Spektralbereich. Diese Anforderungen werden von vielen gegenwärtigen und zukünftigen Satellitensensoren erfüllt. In dieser Arbeit wurde schon mit dem
Beispiel des MOS Sensors demonstriert, wie sich der MERIS Algorithmus auf Messungen
anderer Sensoren übertragen läßt. Als ein besonders interessantes und wichtiges Instrument
wird SEVIRI (Spinning Enhanced Visible and Infra-Red Imager) auf dem Europäischen Wetterbeobachtungssatelliten MSG (METEOSAT Second Generation) in naher Zukunft alle 15
Minuten ein Multispektralbild mit hoher räumlicher Auflösung (ca. 3km) von einer geostationären Orbitalposition aus liefern. Nicht nur die operationellen Wolkenalgorithmen können
auf Daten dieses Sensors angewendet werden, sondern ein Kanal bei 1,6 m ermöglicht die
Ableitung von wolkenmikrophysikalischen Parametern. Damit könnte für die Beobachtung
des indirekten Aerosoleffektes im Speziellen und Überwachung von Wolkenprozessen im
Allgemeinen ein deutlicher Fortschritt erzielt werden.
ANHANG A
Ableitung des Äquivalenten Effektivradius für das VU-PPM
Im vertikal-homogenen plan-parallelen Modell läßt sich die optische Dicke ausdrücken als:
ext
ext
ext
Setzt man nun als äquivalenten Flüssigwasserpfad
(Gleichung 3.3.4) so ergibt sich:
ad
ext
Für die Kondensationsrate
ad
(A.0.3)
den adiabatischen Wert
ad
ad
(A.0.4)
ergibt sich aus Gleichung 3.3.2:
(A.0.5)
ad
womit sich Gleichung A.0.3 vereinfacht zu:
ext
Nun wird dieser Ausdruck gleichgesetzt mit der adiabatischen optischen Dicke
chung 3.3.5):
ad
(Glei-
ext
ext
In diesem Ausdruck für den äquivalenten Effektivradius ist der adiabatische Effektivradius
am Oberrand der Wolke enthalten (Gleichung 3.3.3) uns somit ergibt sich die Beziehung:
83
84
A. ABLEITUNG DES ÄQUIVALENTEN EFFEKTIVRADIUS FÜR DAS VU-PPM
ANHANG B
Statistik der abgeleiteten Wolkeneigenschaften während ACE 2
85
86
B. STATISTIK DER ABGELEITETEN WOLKENEIGENSCHAFTEN WÄHREND ACE 2
A BBILDUNG B.1. Histogramme der aus OVID-Messungen abgeleiteten optischen Dicke und des Effektivradius während aller 10 Missionen des
CLOUDYCOLUMN Experimentes.
B. STATISTIK DER ABGELEITETEN WOLKENEIGENSCHAFTEN WÄHREND ACE 2
A BBILDUNG B.2. Histogramme der aus OVID-Messungen abgeleiteten
Tropfenkonzentration und der geometrischen Dicke während aller 10 Missionen des CLOUDYCOLUMN Experimentes.
87
88
B. STATISTIK DER ABGELEITETEN WOLKENEIGENSCHAFTEN WÄHREND ACE 2
ANHANG C
Bodenwetterkarten
89
90
C. BODENWETTERKARTEN
A BBILDUNG C.1. Bodenwetterkarte vom 26. Juni 1997 (aus Berliner Wetterkarte)
C. BODENWETTERKARTEN
A BBILDUNG C.2. Bodenwetterkarte vom 9. Juli 1997 (aus Berliner Wetterkarte)
91
92
C. BODENWETTERKARTEN
A BBILDUNG C.3. Bodenwetterkarte vom 4. März 1998 (aus Berliner Wetterkarte). Der markierte Bereich kennzeichnet das Gebiet der analysierten
MOS-Szene.
C. BODENWETTERKARTEN
A BBILDUNG C.4. Bodenwetterkarte vom 24. März 1998 (aus Berliner Wetterkarte). Der markierte Bereich kennzeichnet das Gebiet der analysierten
MOS-Szene.
93
94
C. BODENWETTERKARTEN
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102
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Abbildungsverzeichnis
2.1
Abhängigkeit der Strahlungsintensität (ausgedrückt als
Reflexionsvermögen) von optischer Dicke und Effektivradius in
zwei Kanälen 753,75nm (links) und 1535nm (rechts). Berechnungen
erfolgten mit dem Strahlungstransportprogramm MOMO und beziehen
sich auf eine planparallele und vertikal homogene Modellwolke.
10
2.2
Spektraler Verlauf eines typischen, simulierten Strahldichtespektrums
sowie der Eigenwerte der ersten drei Eigenvektoren. Obere Teilabbildung:
Analyse mit sämtlichen Simulationsspektren mit unterschiedlichen
optischen Dicken und Effektivradien. Untere Teilabbildung: Analyse mit
zusätzlichen Spektren, die sich zudem in der Höhe der Wolkenoberkante
unterscheiden.
12
2.3
Spektrale Lage der ausgewählten Kanäle für die gleichzeitige Bestimmung
von optischer Dicke und Effektivradius. Die gezeigten Strahldichtespektren
sind mit MOMO simuliert (schwarz) und mit OVID gemessen (rot).
13
2.4
Abweichung von simulierten (look up table) und „gemessenen”
Reflexionsvermögen für ein Verfahren mit einem (a), zwei (b) und drei
Spektralkanälen (c).
16
2.5
Streudiagramme von simulierten und abgeleiteten Effektivradien ermittelt
mit einem Zwei-Kanal-Verfahren (links) und einem Drei-Kanal-Verfahren
(rechts). Die simulierten Strahldichten wurden vor der Anwendung des
Algorithmus verrauscht mit 0% (oben), 1% (Mitte) und 10% (unten)
17
2.6
Struktur des verwendeten Neuronalen Netzes zur Ableitung von
bzw. und (Abschnitt 3.6.1).
3.1
und
Schematische Darstellung einer OVID Detektionseinheit (aus Schüller
(1995))
19
28
3.2
casi-Bild vom 09.07.1997 über Stratokumulusbewölkung: Strahldichte bei
753,75nm.
29
3.3
Gemessene Strahldichten am 28.06.1997 jeweils mit den beiden von der
POLAR 4 aus betriebenen Spektrometern casi und OVID.
103
30
104
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
3.4
Modell der mikrophysikalischen Struktur einer Stratokumuluswolke. Die
Variation der geometrischen Struktur (Mächtigkeit der Wolke) bestimmt
ausschließlich den abgeleiteten Effektivradius. Ein Überflug von links nach
rechts registriert eine Verringerung des Tropfenradius.
32
3.5
Modell einer durch Aerosole veränderten Stratokumulusbewölkung. Beim
Überflug wird ebenfalls wie in Abbildung 3.4 eine Verringerung des
Tropfenradius festgestellt, jedoch hier verursacht durch die veränderte
mikrophysikalische Struktur (höhere Tropfenkonzentration durch größeres
33
CCN Angebot).
3.6
Aus OVID Messungen abgeleitete optische Dicke und Effektivradius,
jeweils ein Beispiel vom einem Flugleg am 26.06.97 (klar-maritime
Luftmasse) und am 09.07.97 (verschmutzt-kontinentale Luftmasse).
34
3.7
Optische Dicke und Effektivradius der homogenen Unterschichten im ASPPM.
35
3.8
Abhängigkeit der optischer Dicke (links) und des Effektivradius (rechts)
von Tropfenkonzentration und der Höhe über der Wolkenbasis.
36
3.9
Abhängigkeit der Strahlungsintensität (ausgedrückt als
Reflexionsvermögen) von Tropfenkonzentration und geometrischer Dicke
in zwei Kanälen 753,75nm (links) und 1535nm (rechts). Berechnungen
erfolgten mit dem Strahlungstransportprogramm MOMO und beziehen
sich auf eine adiabatisch geschichtete plan-parallele Modellwolke und
einem Sonnenzenitwinkel von
.
37
3.10
Vergleich des homogenen VU-PPM mit dem AS-PPM in Bezug auf die
Parameterisierung des Strahlungstransfers in Wolken: optische Dicke
(links) und Effektivradius (rechts). Der Effektivradius < > des homogenen
Modells wird verglichen mit 5/6 des effektiven Radius
am Oberrand
der Wolke des AS-PPM.
38
3.11
Vergleich von optischen Dicken abgleitet aus OVID Messungen
(durchgezogene Linie) und der optischen Dicke bestimmt aus den in situ
Messungen (waagerechte Linien) während Abstieg und Aufstiegen der
MERLIN-IV durch die Wolkenschicht. (Abbildung aus Brenguier et al.
(2000))
41
3.12
Links: Optische Dicke abgeleitet aus OVID Messungen, normiert auf
als Funktion von
, wobei und aus in situ Messungen
bestimmt worden sind. Jeder Punkt entspricht einem Aufstieg oder
Abstieg der MERLIN-IV durch die gesamte Wolkenschicht während 7
CLOUDYCOLUMN Meßflüge. Rechts: Ebenso wie linke Abbildung,
jedoch die optische Dicke normiert auf
und dargestellt als Funktion
. (Abbildung aus Brenguier et al. (2000))
42
von
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
105
3.13
Herkunft der Luftmassen am 25. Juni 1997 (links) und am 9. Juli 1997
(rechts). Darstellung folgt den Ergebnissen der Trajektorienrechnungen des
KNMI für Teneriffa.
43
3.14
Häufigkeitsverteilung der mit OVID fernerkundeten Reflexionswerte
als zweidimensionales Histogramm in einer Konturdarstellung
für den maritim-klaren Fall am 26.05.1997 (links) und für den
kontinental-trüben Fall am 07.09.1997 (rechts). Ergebnisse der
Strahlungstransportsimulationen als Isolinien von und berechnet mit
dem VU-PPM (oben), und als Isolinien von
und
berechnet mit
dem AS-PPM (unten). Die Daten wurden jeweils über eine 60km lange
Meßstrecke während ca. 10 Minuten aufgenommen.
45
3.15
Profile des Flüssigwassergehaltes
(oben) und der
Tropfenkonzentration (unten) für den maritim-klaren Fall am 26. Juni
1997 (links) und den kontinental-trüben Fall am 9. Juli 1997 (rechts). Die
Daten stammen von FSSP Messungen von der MERLIN-IV aus (MétéoFrance, CNRM), aufgenommen während eines Fluges durch die gesamte
Wolkenschicht.
46
3.16
Abgeleitete optische Dicken (oben) und Wolkenoberkantendruck (unten)
aus zwei MOS Bildern aufgenommen am 4. März 1998 (links) und am 24.
März 1998 (rechts).
48
3.17
Abgeleiteter Effektivradius (oben) und Tropfenkonzentration (unten) aus
zwei MOS Bildern aufgenommen am 04. März 1998 (links) und am 24.
März 1998 (rechts).
50
4.1
ENVISAT
52
4.2
Nichtisotropes Strahlungsfeld über einer Wolke.
Simuliert
mit dem Strahlungstransportmodell MOMO. Polardarstellung der
aufwärtsgerichteten Strahldichte am Oberrand der Atmosphäre.
Sonnenzenitwinkel =35 , Wolkenparameter: optische Dicke =30,
geometrische Dicke
=2km, Wolkenoberkante bei top =2,5km,
Effektivradius =17 m. Die Berechnungen erfolgten für MERIS-Kanal
Nr. 10 bei 753,75nm.
58
Links: Wolkenalbedo (am Oberrand der Atmosphäre) als Funktion
der wolkenoptischen Dicke (MOMO Simulationen) für verschiedene
Wolkenhöhen und Effektivradien, die bei der Inversion benutzt wurden.
Der Sonnenzenitwinkel beträgt =35 , der Beobachtungswinkel ist
=0 (Nadir) und die Albedo der Erdoberfläche ist =0%. Rechts:
Wolkenalbedo als Funktion der Albedo an der Erdoberfläche (MOMO
Simulationen). Der Einfluß der Oberflächenalbedo ist dargestellt für
Wolken mit unterschiedlicher optischer Dicke, andere Parameter wie bei
linkem Teil der Abbildung.
59
4.3
106
4.4
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Statistische Verteilung der bei den Strahlungstransportsimulationen
verwendeten wolkenoptischen Dicken.
63
4.5
Simulationsergebnisse (Punkte) und Regressionsfunktionen
(durchgezogene Linie) für die Ableitung von optischer Dicke (links)
und Wolkenalbedo (rechts). Sonnenzenitwinkel:
,
und Azimutdifferenz:
.
Beobachtungszenitwinkel:
Die Oberflächenalbedo beträgt 40%. Regressionskoeffizienten: r=0,9991,
=0,007 (Wolkenalbedo) und r=0,997, =0,101 (optische Dicke).
65
4.6
Ablaufdiagramm des Simulations- und Inversionsverfahrens
4.7
Ablaufdiagramm des Ableitungsverfahrens für die wolkenoptische Dicke
und die Wolkenalbedo
67
4.8
MOS Szene vom 3. April 1998 über dem Nordatlantik in der Nähe
der irischen Küste. Links: MOS Messung der Strahldichte im Kanal
9 bei 750nm. Mitte: Abgeleitete optische Dicke. Rechts: Relativer
Ableitungsfehler in Prozent bestimmt aus der Regression.
68
Aus dem Strahldichtebild von Abbildung 4.8 abgeleitete Wolkenalbedo
(links) und der relative Ableitungsfehler (rechts).
69
Relativer Fehler der Regression in Prozent der abgeleiteten
optischen Dicke (oben) und der Wolkenalbedo (unten) als Funktion
des Beobachtungszenitwinkels
und des Sonnenzenitwinkels
(Azimutdifferenz
= 90 , Oberflächenalbedo =0%).
70
4.9
4.10
66
4.11
Simulierte MERIS Messung der Strahldichte für eine horizontal unendlich
ausgedehnte homogene Wolke der optischen Dicke =10 (links) und =50
73
(rechts). Höhe der Wolkenoberkante: top =5000m.
4.12
Abgeleitete optische Dicke aus simulierten MERIS Messungen berechnet
mit einer optischen Dicke von =10 (links) und =50 (rechts). Höhe der
Wolkenoberkante: top =5000m.
74
4.13
Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und der Höhe der
Wolkenoberkante dargestellt durch root mean square error RMSE (oben)
und den mean bias error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen
Dicke (links) und der Wolkenalbedo (rechts).
75
4.14
Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und der Oberflächenalbedo
dargestellt durch root mean square error RMSE (oben) und den mean bias
error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen Dicke (links) und der
Wolkenalbedo (rechts).
76
4.15
Sensitivität bezüglich der optischen Dicke und des Sensorrauschens
dargestellt durch root mean square error RMSE rechts und den mean
bias error BIAS (unten) für die Ableitung der optischen Dicke (links) und
der Wolkenalbedo (rechts).
77
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
107
B.1
Histogramme der aus OVID-Messungen abgeleiteten optischen Dicke und
des Effektivradius während aller 10 Missionen des CLOUDYCOLUMN
Experimentes.
86
B.2
Histogramme der aus OVID-Messungen abgeleiteten Tropfenkonzentration
und der geometrischen Dicke während aller 10 Missionen des
CLOUDYCOLUMN Experimentes.
87
C.1
Bodenwetterkarte vom 26. Juni 1997 (aus Berliner Wetterkarte)
90
C.2
Bodenwetterkarte vom 9. Juli 1997 (aus Berliner Wetterkarte)
91
C.3
Bodenwetterkarte vom 4. März 1998 (aus Berliner Wetterkarte). Der
markierte Bereich kennzeichnet das Gebiet der analysierten MOS-Szene.
92
Bodenwetterkarte vom 24. März 1998 (aus Berliner Wetterkarte). Der
markierte Bereich kennzeichnet das Gebiet der analysierten MOS-Szene.
93
C.4
108
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Tabellenverzeichnis
1
Definition der Kanäle für das Verfahren zur Bestimmung der optischen
Dicke und des Effektivradius.
14
2
Ergebnisse der Fehleranalyse bezüglich der Ableitung des Effektivradius:
Abhängigkeit der mittleren Abweichung und Varianz sowie der Anzahl der
Spektralkanäle vom Sensorrauschen
15
3
Charakterisierung der Eigenschaften der hier betrachteten Messungen
44
4
Technische Parameter des Satellitenradiometers MERIS
53
5
Die 15 Kanäle des MERIS Spektrometers
54
6
Die Eigenschaften des Modularen Optoelektronischen Scanners MOS
55
7
Spektralkanäle des MOS-Sensors
56
8
Vertikalstruktur der verwendeten Modellatmosphäre für die Entwicklung
des Algorithmus zur Ableitung der wolkenoptischen Dicke und der
Wolkenalbedo mit den Werten der Temperatur , des Drucks , der Dichte
und der Anzahl der Moleküle mol an den
Luft , der Wasserdampfdichte
jeweiligen Schichtgrenzen.
61
9
Wolkentypen und deren zulässigen Variationsbereich des effektiven Radius,
der Extinktion und der optischen Dicke.
62
10
Eigenschaften des in der Fehler- und Sensitivitätsanalyse betrachteten
MERIS Überfluges.
109
71
110
TABELLENVERZEICHNIS
Verzeichnis der verwendeten Symbole
Größen
Symbol
Einheit
m
LWC
LWP
CCN
ext
aero
top
,
cm
cm
1
1
1
K
1
m
1
1
1
hPa
m
m
m
1
1
1
m
m
m
sr
deg
Bezeichnung
solare Strahlungsflußdichte
Gradientenmatrix
geometrische Wolkendicke
Kondensationsrate
Strahldichte
Flüssigwassergehalt
Flüssigwasserpfad
Anzahldichte, Tropfenkonzentration
Konzentration von Wolkenkondensationskernen
Phasenfunktion
Wirkungsgrad der Extinktion
Reflexionsvermögen
Temperatur
Gewichtsmatrix
Höhe (innerhalb der Wolke)
Brechungsindex
Tropfengrößenverteilung
Druck
Tropfenradius
effektiver Tropfenradius
Strecke
Aerosoltyp
effektive Verteilungsbreite
Gewichtsmatrixelement
Größenparameter
Vertikalkoordinate
Höhe der Wolkenbasis
Höhe der Wolkenoberkante
Strahlungsfluß
Raumwinkel
Sonnenzenitwinkel
111
112
Symbol
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN SYMBOLE
Einheit
Bezeichnung
deg
1
1
m, nm
deg
1
Beobachtungszenitwinkel
optische Dicke
Lernparameter, Lernrate
Wellenlänge
Azimutwinkel
relatives Abweichungsmaß
Volumenextinktionskoeffizient
Aktivierungsfunktion
Albedo
Dichte
ext
1
1
Indizes
Symbol
O
0
aero
ad
ext
max
min
top
w
Bezeichnung
aufwärtsgerichtet
abwärtsgerichtet
abgeleitet
Boden- bzw. Wasseroberfläche
Sonne
Aerosol
adiabatisch
Extinktion
maximal
minimal
Oberkante
Wasser
spektrale Größen
ABKÜRZUNGEN
113
Abkürzungen
Abkürzung
Bedeutung
ACE
AS-PPM
AVHRR
ATSR
AWI
casi
CCD
CCN
CIRPAS
CNRM
DFD
DLR
ENVISAT
ERBS
ESA
ESFT
EU
FSSP
GCM
GIANT
GMEI
GPS
IDL
IGAC
ISCCP
ISLSCP
IRS
KNMI
LIDAR
LOA
LWC
LWP
MERIS
MODIS
MOMO
MOS
MRF
MSG
NetCDF
NIR
NOAA
Aerosol Characterisation Experiment
Adiabatic Stratified Plan-Parallel Model
Advanced Very High Resolution Radiometer
Along Track Scanning Radiometer
Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung
compact airborne spectrographic imager
Charge Coupled Device
Cloud Condensation Nuclei
Center for Interdisciplinary Remotely Piloted Aircraft Studies
Centre National de Recherches Météorologiques
Deutsches Fernerkundungs Datenzentrum
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Environmental Satellite
Earth Radiation Budget Satellite
European Space Agency
Exponential Sum Fit of Transmission
Europäische Union
Forward Scattering Spectrometer Probe
General Circulation Model
Graphical IDL-based Artificial Neural Network Trainer
Groupe de Météorologie Expérimentale et Instrumentale
Global Positioning System
Interactive Data Language
International Global Atmospheric Chemistry Project
International Cloud Climatology Project
International Satellite Land Surface Climatology Project
Indian Research Satellite
Koninklijk Nederlands Meteorologisch Instituut
Light Detection and Ranging
Laboratoire d’Optique Atmospherique
Liquid Water Content
Liquid Water Path
Medium Resolution Imaging Spectrometer
Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer
Matrix Operator Modell
Modular Optoelectronical Scanner
Meteorological Research Flights
METEOSAT Second Generation
network Common Data Form
Nahes Infrarot
National Oceanic and Atmospheric Administration
114
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN SYMBOLE
Abkürzung
Bedeutung
OVID
PACE
PCA
PMS
POLDER
RMSE
SEVIRI
TIROS
UTC
VIS
VU-PPM
WeW
Optical Visible and near Infrared Detector
Parameterisation of the Aerosol Indirect Climatic Effect
Principal Component Analysis
Particle Measuring Systems
Polarisation and Directionality of the Earth’s Reflectances
Root Mean Square Error
Spinning Enhanced Visible and Infra-Red Imager
Television Infrared Observation Satellite
Universal Time Convention
Sichtbarer Spektralbereich (Visible)
Vertical Uniform Plan-Parallel Model
Institut für Weltraumwissenschaften
Danksagung
Zum Dank verpflichtet bin ich vielen Personen. An erster Stelle gilt er dem Betreuer dieser
Arbeit Prof. Dr. Jürgen Fischer, der trotz seiner Tätigkeit als Institutsdirektor und Leiter der
WeW-Verwaltungsabteilung nie einer Diskussion über Wolken, Strahlung und Computer ausgewichen ist und stets ein kreativitätsförderndes Umfeld bereitgestellt hat. Prof. Dr. Martin
Claußen danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens.
Die Diskussionen mit Jean-Louis Brenguier vom Centre National de Recherches
Météorologiques bei Météo-France halfen mir, mein Verständnis über die Vorgänge in der
Wolke zu erweitern. Von der Zusammenarbeit mit ihm und seiner Gruppe gingen und gehen
viele Impulse aus. Dafür und für seinen Einsatz als Koordinator von CLOUDYCOLUMN
danke ich ihm recht herzlich. Merci, Jean-Louis! In diesem Zusammenhang geht ein „Dziekuje” und ein „thank you” zu Hanna Pawlowska und Jeff Snider .
Den Kollegen der Flugabteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Oberpfaffenhofen muß ich ein großes Dankeschön aussprechen, namentlich den Herren
Heinz Finkenzeller, Heinrich Brockstieger und Joachim Lebrecht für die Unterstützung bei
der Vorbereitung der ACE 2 Meßkampagne und besonders dem „Dreamteam” der POLAR
4: Die Piloten Hans-Jürgen Berns, Klaus Dietl und Helmut Hettinger sowie die Männer der
technischen Abteilung Peter Gieb und Volker Marschall haben durch ihr fliegerisches Können und kooperative Zusammenarbeit mit uns Wissenschaftlern einen sehr großen Anteil am
Gelingen der Experimente und auch an dieser Arbeit.
René Preusker, meinem Mitstreiter in der Wolkengruppe und im FU-ACE 2 Team, will ich
herzlich danken für die effektive, kollegiale und angenehme Zusammenarbeit sowie für die
Unterstützung in Computer- und Linux-Angelegenheiten. Thomas Ruhtz danke ich für die
zahlreichen und nützlichen Verbesserungen am gesamten Meßsystem. Auch allen anderen
Kollegen des Instituts für Weltraumwissenschaften ein herzliches „Dankeschön”, die alle
dazu beitragen, daß die Arbeit im WeW zum größten Teil aus Vergnügen besteht.
Den europäischen Steuerzahlern bin ich dankbar für die Bereitstellung der Mittel für die EUProjekte mit der Förderungsnummer ENV4-CT95-0117 (CLOUDYCOLUMN) und ENV4CT97-0399 (CLOUDMAP).
115
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