Da ist der Wurm drin – Entwurmung in der Praxis Iwan Nussbaumer, Dr. med. vet. FVH, Vital AG Fakten und Zahlen Dennoch ist gerade der Befall mit Peitschenwürmern in unseren Schweinebeständen hoch. Zahlen einer Studie an der Universität Bern zeigten, dass ein Drittel der untersuchten Betriebe mit Peitschenwürmern befallen sind. Bei den Freilandbetrieben waren es sogar zwei Drittel. Ein Zehntel der untersuchten Betriebe war mit Spulwürmern befallen. Bei den Freilandbetrieben war ein Drittel mit Spulwürmern infiziert. Diese Zahlen erstaunen, da Wurmmittel (Anthelmintika) fast überall regelmässig eingesetzt werden. Oft wird jedoch nicht zum richtigen Zeitpunkt entwurmt oder es werden nicht konsequent alle befallenen oder empfänglichen Schweine behandelt. Hinzu kommt noch, dass die Kurzzeitbehandlung (einmalige Gabe des Mittels) gegenüber Peitschenwürmern wenig effektiv ist. Um gegen Trichuris vorzugehen, ist die Langzeitbehandlung angezeigt. Hier wird dieselbe Dosis, wie sie einmalig gegeben würde, auf 10 bis 15 Tage aufgeteilt und während dieser Zeit den Schweinen verabreicht. Im Folgenden soll kurz der Lebenszyklus der beiden Würmer aufgezeigt werden: dafür verantwortlich, dass nur wenige Desinfektionsmittel die Eier zerstören können. Im Dünndarm angelangt, schlüpfen die Larven aus und wandern über die Portalvene (eine direkte Gefässverbindung vom Darm zur Leber) in die Leber ein. Dort sind sie nach 4 bis 6 Tagen angelangt. Die Leber reagiert darauf mit einer Entzündung, die dann bindegewebige Narben - die Milkspots - zurücklässt. In der Leber passiert etwas, das für die Ausscheidung der Eier und damit für die Ansteckung weiterer Schweine entscheidend ist. Werden viele Eier aufgenommen, wandern viele Larven in die Leber. Die Leber reagiert mit starker Entzündung und es entstehen viele Milkspots. Die heftige Entzündung in der Leber führt dazu, dass das Schwein eine starke Immunantwort auf die eindringenden Larven ausbildet; dies hat zur Folge, dass sehr viele Würmer abgetötet werden, bevor sie sich vermehren und Eier ausscheiden können. Nimmt das Schwein nur wenige Eier auf, ist die Entzündung in der Leber gering und die Immunantwort ebenfalls. Die Würmer können sich gut vermehren, weil sie vom Immunsystem kaum behelligt werden und scheiden sehr viele Eier aus, was dazu führt, dass der Infektionsdruck für die anderen noch nicht befallenen Schweine stark ansteigt. Nach der Leberpassage wandern die Larven zur Lunge, wo sie auch eine Entzündung verursachen können (Wurmpneumonie). Sie wandern dann in den Luftwegen bis zur Luftröhre und gelangen von da in die Speiseröhre. Wieder im Darm angelangt und zu erwachsenen Würmern herangereift, begatten die männlichen Würmer die Weibchen, die täglich bis zu einer Million Eier legen können, die mit dem Kot ausgeschieden werden. Bis die Larven infektionsfähig sind, dauert es mindestens 24 Tage - oft doppelt solange. Von der Aufnahme infektiöser Eier bis zur Eiausscheidung durch die erwachsenen Weibchen dauert es 6 bis 8 Wochen. Spulwurm (Ascaris suum) Die Spulwurmeier werden von den Schweinen aufgenommen und gelangen in den Dünndarm. Da diese Eier extrem widerstandsfähig sind (ebenso auch diejenigen von Trichuris) überstehen sie die saure Umgebung im Magen schadlos. Diese Widerstandskraft ist auch Peitschenwurm (Trichuris suis) Nach Aufnahme der Eier, schlüpfen die Larven im Blind- und Dickdarmbereich aus. Sie dringen dann in die Drüsen der Dickdarmschleimhaut ein und entwickeln sich dort weiter. Die Würmer gelangen zurück an die Oberfläche der Darmschleimhaut und bohren sich Die meisten Schweinezüchter entwurmen ihre Schweine routinemässig. In der Mast wird oft nur etwas unternommen, wenn grössere Abzüge am Schlachthof infolge konfiszierter Lebern auftreten. Agieren oder reagieren? Für die Leberschäden (Milkspots) sind die Larven des Spulwurms (Ascaris suum) verantwortlich. Ein Problem mit Ascaris kann somit an einer Häufung von geschädigten Lebern erkannt werden. Leistungsbeeinträchtigende Schäden durch Befall mit dem Peitschenwurm (Trichuris suis) treten dagegen selten augenfällig in Erscheinung. -8- in diese ein. Nach Erreichen der Geschlechtsreife, beginnen die Weibchen mit der Eiablage. Von der Ansteckung bis zur Eiausscheidung dauert es etwa 6 Wochen. Die Entwicklung der infektionsfähigen Larve im Ei dauert mindestens 3 Wochen. Temperaturen unter 20 °Celsius behindern die Entwicklung erheblich und führen dazu, dass bei winterlichen Temperaturen die Entwicklung der Larve im Ei ruht. Allerdings kann ein Ei bis zu 11 Jahre lang infektionsfähig bleiben. Bedingungen, die die Entwicklung der Würmer fördern, sind: Hohe Temperaturen, feuchte Umgebung (feuchte Einstreu), Weidegang und Grasfütterung (Eiereintrag) und kontinuierliche Bestossung (ständige Neuinfektion). Die Einstallung auf Tiefstreu bietet optimale Bedingungen zur Wurmvermehrung. Folgende, klinische Erscheinungen können bei Wurmbefall auftreten: Spulwürmer - Husten, Fieber und Atemnot während der Lungenwanderung - Wechselhafter Appetit, Bauchschmerzen und Verstopfung - Leistungsminderung Peitschenwürmer - Dickdarmentzündung ähnlich wie bei Lawsonien- oder Brachyspireninfektion - Verminderte Zunahmen, Durchfall (eventuell blutig) und Blutarmut (die Peitschenwürmer sind Blutsauger) - Leistungsminderung Oft ist nicht klar, ob ein so starker Wurmbefall vorliegt, dass die Schweine in ihren Leistungen beeinträchtigt sind. Zahlreiche, wissenschaftliche Studien belegen, dass regelmässige, zielgerichtete Entwurmungsprogramme mit besseren Zunahmen und besserer Futterausnützung verbunden sind und sich wirtschaftlich rechnen. Bekämpfungsstrategie entscheidend Allgemein - Rein-Raus-Bestossung der Abteile - Auf saubere und trockene Einstreu achten - Kotübertragung zwischen den Abteilen vermeiden: Arbeiten in der Reihenfolge Abferkelstall, Deckzentrum, Galtmorenstall, Jagerstall und Maststall erledigen -9- - Gesondertes Werkzeug und Stiefel für die verschiedenen Abteile verwenden - Tägliche Kotbeseitigung - Heu (Emd) oder Stroh statt Gras füttern - Reinigung und Desinfektion der Abteile mit einem wirksamen Mittel (z.B.: Neopredisan) - Waschen der Sauen vor dem Einstallen in die Abferkelbucht (insbesondere Gesäuge und Klauen), senkt die Übertragungswahrscheinlichkeit der Eier, die an der Haut haften auf die Ferkel. Feucht, warm und Haltung auf Tiefstreu oder gar Auslauf sind ideale Bedingungen für die Wurmvermehrung des Peitschenwurms. Medikation Geeignet sind Wirkstoffe wie Flubendazol und andere Benzimidazole. Die Langzeitbehandlung ist wegen der dadurch bessern Wirkung auf Peitschenwürmer empfohlen. Behandlung im geschlossenen Betrieb Sauen/Eber/Jungsauen: Alle Tiere mindestens dreimal jährlich gleichzeitig entwurmen. Zugekaufte Zuchttiere in Quarantäne entwurmen oder nur bereits entwurmte Tiere zukaufen. Jager: Alle Jager nach dem Einstallen entwurmen oder bei starkem Erregerdruck empfiehlt es sich, die Ferkel bereits nach dem Absetzen zu entwurmen. Mastschweine: 7 Wochen nach dem Einstallen: Alle entwurmen. Behandlung im Vermehrer- oder Zuchtbetrieb Sauen/Eber/Jungsauen: Alle Tiere mindestens dreimal jährlich gleichzeitig entwurmen. Zugekaufte Zuchttiere in Quarantäne entwurmen oder nur bereits entwurmte Tiere zukaufen. Absetzferkel/Jager: Alle Tiere beim Einstallen entwurmen. Behandlung im Mastbetrieb Beim Einstallen alle Tiere entwurmen. Wiederholen nach 7 Wochen. Im kontinuierlichen Betrieb führt dies zu Schwierigkeiten. Dem kann dadurch abgeholfen werden, dass nur bereits entwurmte Schweine eingestallt werden. Gegen Mitte der Mast muss dann trotzdem noch entwurmt werden. Eine erfolgreiche und wirtschaftliche Entwurmungsstrategie - zusammen mit den allgemeinen Massnahmen - ist am wirkungsvollsten, wenn sie auf die betrieblichen Begebenheiten angepasst ist und den Lebenszyklus der Würmer berücksichtigt. Besprechen Sie Ihr Entwurmungsregime mit Ihrem Tierarzt und optimieren Sie dieses gegebenenfalls. Trichuris suis (Peitschenwurm) Eier von Ascaris suum (Spulwurm) - 10 -