XIX. Onkologische Fachtagung für medizinische Berufe Berlin, 13.05.2016 Immuntherapie Dr. Christian Jakob Imperial College, NHS Trust Centre for Clinical and Experimental Haematology Hammersmith Hospital Du Cane Road London W12 0HS Überblick 1. Einführung Bestandteile und Funktion Immunsystem 2. Immunsystem und Angriffspunkte an der Tumorzelle 2.1. Antikörper 2.2. T-Zellen - GvL-Effekt - Manipulierte T-Zellen und T-Zell-Rekrutierung 2.3. Immuncheckpoint-Blockade Medikamentöse Tumortherapie - „Klassische“ Zytostatika - Hormontherapie - Immuntherapie - Zytokine - Antikörper - zelluläre Immuntherapie - Stammzellen/GvL-Effekt/DLI - Immuncheckpointblockade - Zielgerichtete Therapie - Subsbtanzen („small molecules“) gegen: - Wachstumsfaktoren - Rezeptoren - Signalmoleküle Immunsystem Immunsystem Bestandteile des Immunsystems Angeborene Immunität (= unspezifisch) erworbene Immunität (= spezifisch) Funktion Zelluläre Immunität Humorale Immunität Immunsystem Gleichgewicht des Immunsystems (T-Zellen) Immuntherapie Angriffspunkte des Immunsystems Immunsystem Oberflächenantigene Therapeutische Antikörper Erkennungsmoleküle des Immunsystems BiTE MHC PD-L1 PD-1/PDL-1 Blockade Tumor-gerichtete T-Zellen TCR PD-1 Immuncheckpoint-Blockade CTLA-4 TCR Antigenpräsentierende Zelle Immuntherapie Immunsystem und Tumorabwehr (1) - Die Funktion des Immunsystems basiert auf dessen Fähigkeit fremde und falsche Strukturen (Antigene) im Körper zu erkennen und die sie tragenden Zellen abzutöten. - Ziel der Immunabwehr können sowohl Eindringlinge wie Krankheitserreger oder Fremdkörper, aber auch körpereigene Zellen, die nicht/nicht mehr benötigt werden sein. Auch entartete Zellen unterliegen grundsätzlich dieser Immunkontrolle. - Die Vernichtung dieser unerwünschten Zellen wird durch lösliche Stoffe des Immunsystems wie Antikörper und Zytokine und durch spezielle weiße Blutzellen (zytotoxische T-Zellen oder Killerzellen) bewerkstelligt. - Dabei behilflich sind Zellen die die fremden Antigene erkennen und die weitere Reaktionskaskade steuern (T-Helferzellen) und Zellen, die die Antigene aufbereiten und dem Immunsystem "mundgerecht" präsentieren (antigenpräsentierende Zellen). - Für die Unterscheidung zwischen fremd/falsch und körpereigen sind die antigenpräsentierenden Moleküle (MHC-Komplex) und die Antigenrezeptoren (Antikörper im Blut, T-Zell-Rezeptor auf T-Helferzellen) verantwortlich. Immuntherapie Immunsystem und Tumorabwehr (2) - In den letzten Jahren ist es gelungen verschiedene dieser Mechanismen zu entschlüsseln und für die Krebstherapie nutzbar zu machen: - Zytokintherapie - Therapeutische Antikörper - mit direkter immunologischer Wirkung - oder als Vehikel um ein an den Antikörper-gekoppeltes Toxin/ eine radioaktive Substanz anhand eines Tumorzell-Antigens gezielt zur Tumorzelle zu bringen. - tumorgerichtete T-Zellen - bei allogener Transplantation =Graft versus Leukemia-Effekt - als genetisch veränderte und gegen ein bestimmtes Tumor-Antigen gerichtete T-Zellen (CAR-T-cells) - Immunkontrolle/ „Immuncheckpointblockade“ - gezielte Hemmung der Interaktion zwischen Tumorzellen und Immunzellen um das Entkommen der Tumorzelle vor dem Immunangriff zu umgehen. II./3.2. Immuntherapie Therapeutische Antikörper Murine Chimeric Humanized 100% mouse mouse/rat V-regions, human C-regions (60% human) mouse CDRs (0% human) Tositumomab Rituximab Cetuximab Full Human (90% human) (100% human) Bevacizumab Panitumumab Ofatumumab Foltz et al., 2013 Immuntherapie klinische Daten: Anti-CD20, Rituximab bei aggr. B-NHL Immuntherapie Antikörper gegen EGFR (Panitumumab, Cetuximab) Anti-EGFR Antikörper Immuntherapie klinische Daten: Anti-EGFR, Panitumumab bei CRC Douillard JY, et al. N Engl J Med 2013; 369:1023-34.; RAS-WT Patienten Immuntherapie Tumor-gerichtete T-Zellen Erkennungsmoleküle des Immunsystems MHC PD-L1 Tumor-gerichtete T-Zellen TCR PD-1 CTLA-4 TCR Antigenpräsentierende Zelle Immuntherapie / T-Zellen GvL-Effekt Klinische Daten: Leukämie-Rückfallraten nach Stammzelltransplantation in Abhängigkeit von Spenderübereinstimmung Gale et al., 1994 Immuntherapie / T-Zellen GvL-Effekt – Pathogenese/Rolle der T-Zellen Immuntherapie / T-Zellen Spender-Lymphozyten (DLI) bei Leukämie-Rezidiv nach allogener Stammzelltransplantation. Porter, BBMT 5:253, 1999 Immuntherapie / T-Zellen Allogene Stammzelltransplantation und GvL-Effekt 1. Hochdosis-Prinzip: vollständigere Elimination der bösartigen Zellen durch hohe Zytostatika-Dosen, die ohne „Stammzell-Support“ nicht möglich wären, da sich die eigene Blutbildung nicht erholen würde - Prinzip der autologen Transplantation - wesentliches Prinzip der myeloablativen Transplantation 2. „graft-versus-Leukemia“ (GvL)-Effekt: im Rahmen einer GvHD werden Leukämiezellen durch die reaktiven Lymphozyten des Spenders abgetötet - wesentliches Prinzip der dosisreduzierten Konditionierung - Prinzip der DLI-Gabe 3.2. Immuntherapie manipulierte T-Zellen (CAR-T, eTCR) Erkennungsmoleküle des Immunsystems MHC PD-L1 Tumor-gerichtete T-Zellen TCR PD-1 CTLA-4 TCR Antigenpräsentierende Zelle 3.2. Immuntherapie Bi-spezifische, T-Zell-rekrutierende Antikörper (BiTE) CD19/CD3: Blinatumumab (Blincyto) MHC BiTE PD-L1 CD3 TCR PD-1 CTLA-4 Anti-CD3/CD19 BiTE, Blinatumumab (BlinCyto) bei refraktärer BCP-ALL Immuntherapie Immuncheckpoint-Blockade - Genauso entscheidend wie ein effektiver Killermechanismus ist jedoch auch die rechtzeitige Unterdrückung oder das Nichtzustandekommen einer Immunreaktion - die Immuntoleranz. - Funktioniert diese Balance nicht kommt es zu überschießenden Immunreaktionen (z.B. Allergien) oder zu Reaktionen gegen körpereigene Strukturen (= Autoimmunerkrankungen/rheumatische Erkrankungen). - Lange Zeit hat man sich gefragt wie es Tumorzellen gelingt sich dem Angriff des Immunsystems zu entziehen. - Mittlerweile ist es gelungen regulatorische Moleküle des Immunsystems zu identifizieren, die das Zustandekommen einer Tumorantigenerkennung und einer Immunreaktion zwischen Tumorzelle und Immunsystem steuern. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Moleküle CTLA-4 und PD-1/PD-L1. In jüngster Zeit ist es nun gelungen die hemmende Wirkung dieser "Immuncheckpoint"-Regulatoren mit spezifischen Antikörpern zu blockieren. - Antikörper gegen CTLA-4: Ipilimumab - Antiköper gegen PD-1: Nivulomab, Pembrolizumab Immuntherapie Immuncheckpoint-Blockade MHC PD-L1 PD-1/PDL-1 Blockade TCR PD-1 Immuncheckpoint-Blockade CTLA-4 Anti-CTLA-4: Ipilimumab (Yervoy) Anti-PD-1: Nivolumab (Opdivo) Pembrolizumab (Keytruda) Antigenpräsentierende Zelle Immuntherapie / Immuncheckpointblockade klinische Daten: Nivulomab bei NSCLC, 2nd.-L. Immuntherapie Zusammenfassung WachstumsfaktorRezeptor-Antikörper Anti-EGFR: Cetuximab (Erbitux) Panitumumab (Vectibix) Anti-HER2: Trastuzumab (Herceptin) Pertuzumab (Perjeta) Oberflächenantigene Therapeutische Antikörper BiTE Anti-CD20: Rituximab (Mabthera) Ofatumumab (Azerra) Anti-CD52: Alemtuzumab (Campath) Pertuzumab (Perjeta) Anti-CD38: Daratumumab CD19/CD3: Blinatumumab MHC PD-L1 PD-1/PDL-1 Blockade PD-1 Tumor-gerichtete T-Zellen Immuncheckpoint-Blockade Anti-CTLA-4: Ipilimumab (Yervoy) Anti-PD-1: Nivolumab (Opdivo) Pembrolizumab (Keytruda) CTLA-4 TCR CAR T-cells T-Zell-Rezeptor alloSZT: GvL-Effekt/Donor-Lz. Antigenpräsentierende Zelle