Vorlesung - Institut für Mathematik

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Fachschaft Mathematik
Institut für Mathematik
Humboldt-Universität zu Berlin
Warm-Up
WS 2015/16
Vorlesung
Komplexe Zahlen
Motivation In den reellen Zahlen haben nicht alle Polynome Nullstellen. Der einfachste Fall
einer solchen Nullstellen-Gleichung ist x2 + 1 = 0. Die komplexen Zahlen ("C") sind daraus
entstanden, dass man eine Lösung dieser Gleichung definiert hat und zu den reellen Zahlen
"hinzugefügt"hat. In diesen Zahlen eröffneten sich neue Perspektiven:
• In diesen Zahlen hat jedes Polynom vom Grad n genau n Nullstellen (Fundamentalsatz
der Algebra).
• In den komplexen Zahlen ergibt sich ein sehr simpler und dennoch sehr nützlicher Zusammenhang zwischen der Exponentialfunktion und den trigonometrischen Funktionen,
denn es gilt eiϕ = cos(ϕ) + i sin(ϕ).
• Auch in der Physik sind die komplexen Zahlen von entscheidender Bedeutung (siehe
Wechselstromrechnung).
1 Grundlagen
Betrachtet man nun das Ausgangsproblem x2 + 1 = 0, so scheint es nur das natürlichste ein x
einzuführen, dass die Gleichung erfüllt. Dies führt zu folgender
Definition 1. Die imaginäre Einheit i ist eine Lösung der Gleichung x2 + 1 = 0
√
i := −1 =⇒ i2 = −1.
Rechnet man mit i nun wie mit einer Variable und nimmt die bisherigen reellen Zahlen hinzu,
so kann man Zahlen der Form a + b · i mit a, b ∈ R erzeugen und außerdem feststellen, dass man
durch die Grundrechenarten +, −, ·, ÷ keine weiteren Zahlen erhält. Die so neu gewonnenen
Zahlen definieren wir daher wie folgt:
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Definition 2 (komplexe Zahl). Die Menge der komplexen Zahlen1 ist definiert als
C := {a + ib | a, b ∈ R} ∼
= R2
Hierbei heißt a = Re(z) Realteil und b = Im(z) Imaginärteil der komplexen Zahl z ∈ C.
Es gibt nun einen sehr sinnvollen Weg, wie man komplexe Zahlen geometrisch darstellen kann.
Dazu nimmt man sich ein zwei-dimensionales Koordinatensystem und trägt den Realteil auf
der x-Achse und den Imaginärteil auf der y-Achse auf.
Definition 3 (Rechenregeln). Für w, z ∈ C mit z = a + ib und w = c + id gilt (unter
Verwendung von i2 = −1):
z + w = (a + b) + (c + d)i
z · w = (a + ib)(c + id) = (ac − bd) + i(ad + bc)
Weiterhin übertragen sich direkt das Assoziativ-, Kommutativ- und Distributivgesetz.
Definition 4 (Betrag). Der Betrag einer komplexen Zahl z = a + ib ist definiert als
p
p
√
|z| := z · z = Re(z)2 + Im(z)2 = a2 + b2 .
Hierbei bezeichnet z := a − ib die zu z komplex-konjugierte Zahl.
Auch für den komplexen Betrag gilt die Dreiecksungleichung |z1 + z2 | ≤ |z1 | + |z2 |.
Bemerkung 1. Für die komplexe Konjugation z von z gelten folgende Rechenregeln: Es seien
z, w ∈ C
• z=z
• z+w =z+w
• z·w =z·w
• z−w =z−w
• z/w = z/w
Daher macht es keinen Unterschied, ob man erst rechnet und dann konjugiert oder umgekehrt.
1
Die Isomorphie zu R2 sollte als alternative Schreibweise veranschaulicht werden.
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Geometrische Interpretation
z = a + ib
z = a − ib
−z = −a − ib
−z = −z = −a + ib
Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen
2 Polarkoordinaten
Wir haben gerade gesehen, wie sich komplexe Zahlen geometrisch interpretieren lassen. Aufgrund dieser geometrischen Interpretation lassen sich komplexe Zahlen auch mit
√ zwei anderen
Variablen darstellen, nämlich Radius r und Winkel ϕ. Es ist nämlich |z| = a2 + b2 = r.
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Darstellung einer komplexen Zahl in
Polarkoordinaten
Damit lassen sich die Winkelfunktionen für komplexe Zahlen beschreiben:
cos ϕ =
a
|z|
sin ϕ =
b
|z|
wobei z = a + ib und ϕ ∈ [0, 2π). Damit folgt:
z = |z| (cos ϕ + i sin ϕ)
3 Exponentialform komplexer Zahlen
Es gibt den wichtigen Zusammenhang
eiϕ = exp(iϕ) = cos ϕ + i sin ϕ
Dieser lässt sich auf folgende Art und Weise begründen. Es gilt
|eiϕ |2 = eiϕ · eiϕ = 2
eiϕ · eiϕ = eiϕ · e−iϕ = e0 = 1
Das heißt für jedes ϕ ∈ R liegt eiϕ auf dem Einheitskreis, womit sich mit obiger Darstellung
eiϕ = cos(ϕ) + i sin(ϕ)
ergibt. Somit verkürzt sich eben diese Darstellung zu
z = |z| · eiϕ .
2
Folgt aus der Darstellung als Potenzreihe
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(Exponentialform)
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Bemerkung 2. Die Exponentialform (auch: Normalform) erleichtert das Rechnen mit komplexen Zahlen. Es gilt nämlich für z1 = |z1 |eiϕ1 , z2 = |z2 |eiϕ2 :
z1 · z2 = |z1 | · |z2 | · ei(ϕ1 +ϕ2 )
cos ϕ =
1 iϕ
e + e−iϕ
2
z1
|z1 | i(ϕ1 −ϕ2 )
=
·e
z2
|z2 |
sin ϕ =
eiϕ = e−iϕ
1 iϕ
e − e−iϕ
2i
4 Potenzen und Wurzeln in C
4.1 Potenzen
Mit der Exponentialform lassen sich Potenzen vereinfachen:
z n = (|z| · eiϕ )n = |z|n · eniϕ
4.2 Wurzeln
Die komplexe Wurzel ist nicht eindeutig - jede komplexe Zahl z für die gilt z n = y ist eine n-te
Wurzel von y.
Man betrachtet nun die Form der Potenzen und denkt daran, dass ϕ den Winkel angibt. Weil
die Winkel zyklisch sind, das heißt ϕ äquivalent zu ϕ + 360◦ ist, gibt es mehrere mögliche
Winkel ϕk mit eiϕk n = eiϕ , und zwar immer n Stück. Es gibt also für jede komplexe Zahl y n
Zahlen zk , die eine n-te Wurzel von y sind.
Suchen wir die n-te Wurzel von y = 1, so suchen wir n komplexe Zahlen, deren Winkel mal n
2π
ein Vielfaches von 360◦ ist. Dies sind genau die Zahlen zk = ek·i n mit k zwischen 0 und n − 1.
Beispiel: z 12 = 1
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z0 = 1
2π
π
z1 = ei 12 = ei 6
2π
z8 = e8i 12 = ei
4π
3
Bemerkung 3. Alle Lösungen haben denselben Betrag, denn sie liegen auf dem komplexen
Einheitskreis. Außerdem unterteilen die Lösungen den Kreis in n gleichgroße Kreisstücke – die
Winkelabstände der Lösungen sind gleich. Deshalb folgt: Wer eine Lösung kennt, kennt alle.
Für allgemeine komplexe
Zahlen z ist das Vorgehen ähnlich, allerdings muss der Betrag der
p
Lösungen |zk | = n |z| sein, damit |zk |n = |z| gilt. Außerdem sucht man nun einen Winkel ϕk
mit ϕk = ϕ+k·2π
, sodass n · ϕk (bis auf Vielfache von 360◦ = 2π) ϕ entspricht.
n
1
Alle n-ten Wurzeln der komplexen Zahl z haben also die Form zk = |z| n · ei·
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ϕ+k·2π
n
.
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5 Punktmengen in der Gaußschen Zahlenebene
A := {z | |z| = 1} = Einheitskreis
B := z | |z − 1| = 32
C := z | |z + 2 − 2i| = 12
D := {z | 2 Re(z) − Im(z) = 0}
E := {z | Re(z) = 3}
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