Kopf 8.1 8. Auge und Orbita Regio orbitalis, Augenlider (Palpebrae) und Bindehaut (Tunica conjunctiva) Septum orbitale a A. u. N. supraorbitalis N. u. A. infraorbitalis M. levator palpebrae superioris A. u. V. dorsalis nasi A. u. V. facialis A. u. N. supraorbitalis M. procerus A. u. V. angularis N. supratrochlearis M. tarsalis superior Lig. palpebrale mediale M. obliquus superior N. infratrochlearis V. ophthalmica superior Gl. lacrimalis, Pars palpebralis Saccus lacrimalis Gl. lacrimalis, Pars orbitalis A. u. V. dorsalis nasi Lig. palpebrale laterale A. u. V. angularis Tarsus superior Tarsus inferior N. u. A. infraorbitalis A. facialis M. orbicularis oculi, Pars palpebralis M. nasalis Trochlea Septum orbitale b M. depressor supercilii M. orbicularis oculi, Pars orbitalis M. levator labii superioris alaeque nasi A Oberflächliche und tiefe Leitungsbahnen der Regio orbitalis Rechtes Auge, Ansicht von frontal. a Oberflächliche Schicht (auf der rechten Seite: Darstellung des Septum orbitale nach Entfernung des M. orbicularis oculi); b tiefe Schicht (Darstellung der Strukturen im vorderen Bereich der Orbita nach partieller Entfernung des Septum orbitale). In dieser Region überschneiden sich die Versorgungsgebiete von A. carotis interna (aus der Orbita stammendes Gefäß: A. supraorbitalis) und A. carotis externa (A. infraorbitalis, A. facialis). Da die Anastomose zwischen V. angularis (extrakraniell) und Vv. ophthalmicae superiores (intrakraniell) eine Eintrittspforte für Keime in den Sinus cavernosus sein kann (Gefahr der Sinusthrombose, Meningitis), muss diese Anastomose, z. B. bei ausgedehnten Infektionen der äußeren Gesichtsregion, in der Regio orbitalis unterbunden werden (s. S. 93). Beachte den Durchtritt der Nn. supra- und infraorbitales (V1, V2 ) durch die gleichnamigen Foramina; an diesen Nervenaustrittspunkten wird die Sensibilität dieser beiden Trigeminusäste geprüft. 120 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf Commissura lateralis palpebrarum B Oberflächenanatomie des Auges Rechtes Auge, Ansicht von frontal. Die Maße geben die Weite der normalen Lidspalte an. Diese Maße sollten bekannt sein, da es eine Reihe von Erkrankungen gibt, bei denen sie verändert sind, wie z. B. Erweiterung bei peripherer Fazialisparese oder Verengung bei Ptosis (= herabhängendes Lid), z. B. infolge einer Okulomotoriusparese. Supercilium Palpebra superior 3 mm 2 mm 9 mm (6–10) Commissura medialis palpebrarum Lidspaltenweite (Rima palpebrarum) Orbitadach 8. Auge und Orbita 28–30 mm Palpebra inferior Periorbita M. levator palpebrae superioris Septum orbitale M. rectus superior Fornix conjunctivae superior M. orbicularis oculi, Pars orbitalis M. tarsalis superior Tarsus superior mit Gll. tarsales (Meibom-Drüsen) Linse Palpebra superior Fornix conjunctivae superior Cornea Iris Corpus ciliare Conjunctiva bulbi Tarsus inferior Zeis- und Moll-Drüsen Retina Conjunctiva tarsi (palpebrae) Sclera Palpebra inferior M. tarsalis inferior Conjunctiva fornicis M. orbicularis oculi, Pars palpebralis N. infraorbitalis a b C Aufbau von Augenlidern und Bindehaut a Sagittalschnitt durch die vordere Orbitahöhle; b Lokalisation der Bindehaut. Am Augenlid (Palpebra) wird klinisch ein Außen- und ein Innenblatt mit folgenden Bestandteilen unterschieden: • Außenblatt: Lidhaut; Schweißdrüsen; Gll. ciliares (= modifizierte Schweiß- oder Moll-Drüsen) und Gll. sebaceae (= Talg- oder Zeis-Drüsen) sowie die quergestreiften Mm. orbicularis oculi und levator palpebrae (nur Oberlid), durch N. facialis bzw. N. oculomotorius innerviert. • Innenblatt: Lidplatte (Tarsus), Mm. tarsales superior und inferior (auch als M. tarsalis Müller bezeichnet; glatt, durch Sympathikus innerviert), Lidbindehaut (Conjunctiva tarsi bzw. palpebrae) und Gll. tarsales (Talg- oder Meibom-Drüsen). Der regelmäßige Lidschlag (20 – 30-mal pro Minute) sorgt dafür, dass das Auge nicht austrocknet (gleichmäßiges Verteilen von Tränenflüssigkeit und Drüsensekreten, s. S. 123). Mechanische Reize (z. B. Sandkörner) lösen den Lidschlussreflex aus, der ebenfalls dem Schutz von Horn- und Bindehaut dient. Die Bindehaut ( Tunica conjunctiva, kurz Conjunctiva) ist eine gefäßführende, dünne und glänzende Schleimhautschicht, die in Fornix conjunctivae inferior Conjunctiva tarsi bzw. palpebrae (Lidbindehaut, s. oben), Conjunctiva fornicis und Conjunctiva bulbi untergliedert wird. An die Conjunctiva bulbi grenzt die Hornhautoberfläche an. Mit ihr zusammen bildet sie den Bindehautsack, der v. a. folgendes sicherstellt: • die Beweglichkeit des Augapfels, • das störungs- und schmerzfreie Gegeneinanderbewegen der Schleimhautschichten von Conjunctiva tarsi und bulbi (Schmiere: Tränenflüssigkeit) und • den Schutz vor Erregern (Lymphozytenansammlungen in den Umschlagsfalten). Der Bindehautsack bildet ein oberes und unteres Konjunktivalgewölbe (Fornix conjunctivae superior bzw. inferior), in das Medikamente eingetropft werden können. Entzündungen der Bindehaut sind häufig, dabei werden die Gefäße in der Conjunctiva so erweitert, dass ein „rotes Auge“ resultiert. Umgekehrt kann man bei einem Mangel an Erythrozyten (Anämie) an der Bindehaut eine verminderte Zeichnung der Blutgefäße erkennen. Deshalb sollte die Bindehaut bei jeder klinischen Untersuchung angesehen werden. 121 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita 8.2 Tränenapparat M. levator palpebrae superioris Septum orbitale Caruncula lacrimalis Gl. lacrimalis, Pars orbitalis Canaliculi lacrimalis superior u.inferior Gl. lacrimalis, Pars palpebralis Lig. palpebrale mediale Palpebra superior Saccus lacrimalis Palpebra inferior Punctum lacrimale superius u. inferius Ductus nasolacrimalis Foramen infraorbitale A Tränenapparat Rechtes Auge, Ansicht von frontal; Septum orbitale teilweise entfernt, Ansatzsehne des M. levator palpebrae superioris durchtrennt. Die haselnussgroße Tränendrüse (Gl. lacrimalis) liegt in der Fossa glandulae lacrimalis des Stirnbeins und bildet die Hauptmenge der Tränenflüssigkeit. Darüber hinaus gibt es kleinere, akzessorische Tränendrüsen (Krause- oder Wolfring-Drüsen). Die Sehne des M. levator palpebrae unterteilt die Gl. lacrimalis, die normalerweise nicht sicht- und tastbar ist, in einen orbitalen (Ùße) und einen palpebralen Lappen (æße). Die sympathischen Fasern zur Innervation der Tränendrüse stammen aus dem Ganglion cervicale superius und gelangen über die Arterien zur Tränendrüse; Concha nasalis inferior die parasympathische Innervation ist komplex (s. S. 81). Zum Verständnis des Tränenapparates verfolge man den Tränenfluss von schräg rechts oben nach schräg links unten: Die Tränenflüssigkeit gelangt über die Tränenpünktchen (Punctum lacrimale superius bzw. inferius) in die Tränenröhrchen (Canaliculi lacrimalis superior und inferior) und von dort in den Tränensack (Saccus lacrimalis). Schließlich wird sie durch den Tränen-Nasen-Gang (Ductus nasolacrimalis) unter die untere Muschel der Nase (Concha nasalis inferior) drainiert. Wenn die untere Öffnung des Ductus nasolacrimalis verstopft ist (wie z. B. bei Schnupfen), triefen dadurch die Augen. 122 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita temporal nasal Becherzellen Saccus lacrimalis M. orbicularis oculi B Verteilung der Becherzellen in der Conjunctiva (nach Calabria u. Rolando) Becherzellen sind schleimsezernierende Zellen innerhalb eines bedeckenden Epithels. Ihre Sekrete (Muzine) stellen einen wichtigen Bestandteil der Tränenflüssigkeit dar (s. C ). Muzine werden zusätzlich zu den Becherzellen noch von der Haupttränendrüse sezerniert. Lipidschicht, ca. 0,1 µm D Mechanische Propulsion der Tränenflüssigkeit Die Kontraktion des M. orbicularis beim Lidschluss erfolgt von temporal nach nasal. Sie wird vom N. facialis gesteuert. Die sukzessive Kontraktion presst die Tränenflüssigkeit in Richtung ableitende Tränenwege. Beachte: Bei einer Fazialisparese fällt der Lidschluss aus, das Auge trocknet aus. Meibom-Drüsen verhindert rasches Verdunsten Spülsonde wässrige Schicht, ca. 8 µm Tränendrüse a b Canaliculus lacrimalis inferior Spülflüssigkeit, glättet Oberflächenunebenheiten aus Muzinschicht, ca. 0,8 µm Becherzellen der Bindehaut stabilisiert durch gelartige Konsistenz den Tränenfilm c C Aufbau des Tränenfilms (nach Lang) Der Tränenfilm ist eine komplexe Flüssigkeit mit mehreren morphologisch definierten Schichten, deren einzelne Komponenten von verschiedenen Drüsen gebildet werden. Die äußere Lipidschicht verhindert ein schnelles Verdunsten des Tränenfilms. Canaliculus lacrimalis communis d Saccus lacrimalis E Abflusshindernisse in den ableitenden Tränenwegen (nach Lang) Abflusshindernisse in den ableitenden Tränenwegen können durch Spülung mit einer speziellen Flüssigkeit lokalisiert werden. Dazu muss die Anatomie des Tränenapparates sowie der normale Abflussweg der Tränenflüssigkeit (s. A ) bekannt sein. a Kein Abflusshindernis (vgl. A ). b u. c Stenose im Canaliculus lacrimalis inferior bzw. communis; in Folge der Stenose fließt die Tränenflüssigkeit ab der blockierten Stelle wieder zurück, im 1. Fall durch den Canaliculus lacrimalis inferior, im 2. Fall durch den Canaliculus lacrimalis superior. d Stenose unterhalb des Saccus lacrimalis (= infrasakkale Stenose); die Flüssigkeit fließt erst nach einer gewissen Zeit (Füllung des gesamten Tränensacks) durch den Canaliculus lacrimalis superior wieder ab und ist dann oft eitrig und gallerthaltig. 123 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita Augapfel (Bulbus oculi) 8.3 Iris Linse Cornea hintere Augenkammer vordere Augenkammer Kammerwinkel Schlemm-Kanal Limbus corneae Pigmentepithel des Ziliarkörpers Corpus ciliare, M. ciliaris Conjunctiva bulbi Zonulafasern Fossa hyaloidea Ora serrata Corpus vitreum M. rectus medialis M. rectus lateralis Retina Choroidea Papilla nervi optici Sclera Lamina cribrosa A. centralis retinae Fovea centralis N. opticus A Horizontalschnitt durch den Augapfel (Bulbus oculi) Rechtes Auge, Ansicht von kranial. Der größte Teil des Augapfels ist von außen nach innen aus drei Schichten aufgebaut: Lederhaut (Sclera); Aderhaut (Choroidea) und Netzhaut (Retina). Die vorderen Teile des Augapfels weichen jedoch von dieser Bauweise ab. Dort wird die Außenhülle des Augapfels (Tunica fibrosa bulbi) von der Hornhaut (Cornea) gebildet (vorderer Abschnitt der Tunica fibrosa bulbi). Sie wölbt sich als „Fenster des Auges“ wie ein Uhrglas über die darunter liegenden Strukturen. Am Limbus corneae geht sie in die schwächer gekrümmte Lederhaut (Sclera) über, die den hinteren Abschnitt der Tunica fibrosa bulbi bildet. An dieser derben Bindegewebsschicht setzen alle äußeren Augenmuskeln an. Vorne am Auge, im Kammerwinkel, bildet die Sclera das Trabekelwerk, an das sich der Schlemm-Kanal anschließt (zum Trabekelwerk, s. S. 129). Am dorsalen Ende befindet sich die Lamina cribrosa, durch die die Axone des Sehnervs hindurchtreten. Unterhalb der Sclera liegt die Gefäßhaut ( Tunica vasculosa bulbi oder Uvea ). Sie besteht im vorderen Teil des Auges aus drei Abschnitten: Regenbogenhaut (Iris), Ziliarkörper (Corpus ciliare) und Aderhaut (Choroidea), wobei die Choroidea (s. unten) um den gesamten Augapfel herum zieht. Die Iris schirmt das Auge vor übermäßigem Lichteinfall ab (s. S. 128) und bedeckt die Linse (Lens). Ihre Wurzel geht in den Ziliarkörper über, in dem der für die Akkommodation verantwortliche M. ciliaris (Brechkraftveränderung der Linse, s. S. 127) liegt. Das Epithel über dem Ziliarkörper produziert das Kammerwasser. An der Ora serrata geht der Ziliarkörper (s. unten) in die Aderhaut (Choroidea) über, die mittlere Schicht des Bulbus. Sie ist die am stärksten durchblutete Region des Körpers und dient der Temperaturregulation des Bulbus sowie der Ernährung der äußeren Netzhautschichten. Die innerste Schicht des Augapfels (Tunica interna bulbi) enthält als Netzhaut (Retina) die lichtempfindlichen Sinneszellen (Stratum nervosum) und das Pigmentepithel (Stratum pigmentosum), im vorderen Abschnitt das Pigmentepithel des Ziliarkörpers sowie das Epithel der Regenbogenhaut. Die etwa 4 mm temporal liegende Fovea centralis stellt die Stelle des schärfsten Sehens dar. Auf sie wird das einfallende Licht normalerweise fokussiert. Das Innere des Augapfels ist durch den Glaskörper (Corpus vitreum) ausgefüllt (s. C ). 124 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf Anheftungsstelle an der hinteren Linsenkapsel (Wieger-Band) Anheftungsstelle an der Ora serrata (SalzmannGlaskörperbasis) Cornea 8. Auge und Orbita Hannover-Raum Garnier-Raum Meridian Petit-Raum BergerRaum Äquator Cloquet-Kanal Anheftung an der Papilla nervi optici (Martegiani-Ring) Corpus vitreum N. opticus N. opticus B Orientierungspunkte und -linien am Auge Die Linie des größten Umfangs des Augapfels nennt man Äquator, die senkrecht dazu verlaufenden Linien Meridiane. Kurzsichtigkeit (Myopie) gesundes (emmetropes) Auge C Glaskörper (Corpus vitreum) (nach Lang) Rechtes Auge, Horizontalschnitt in der Ansicht von kranial; Stellen, an denen der Glaskörper an anderen Strukturen des Auges angeheftet ist, sind rot dargestellt, angrenzende Räume grün. Der Glaskörper stabilisiert den Bulbus und verhindert damit eine Netzhautablösung. Er besteht zu 98 % aus Wasser und zu 2 % aus Hyaluronsäure und Kollagen und enthält weder Nerven noch Gefäße. Der Cloquet-Kanal ist ein embryologisches Relikt. Bei Erkrankungen kann der Glaskörper operativ entfernt werden (Vitrektomie); der so entstandene Hohlraum wird dann mit physiologischer Kochsalzlösung aufgefüllt. Weitsichtigkeit (Hyperopie) einfallende Lichtstrahlen Bulbus oculi Hornhaut M. obliquus superior Netzhaut M. rectus superior Linse M. rectus medialis D Lichtbrechung beim gesunden (emmetropen) und beim fehlsichtigen Auge Parallele Strahlen aus dem Unendlichen (Fernsicht) werden durch die Hornhaut und die Linse normalerweise so gebrochen, dass ihr Brennpunkt auf der Netzhaut liegt. • Kurzsichtigkeit (Myopie, rot): Die Strahlen treffen vor der Netzhaut zusammen. • Weitsichtigkeit (Hyperopie, blau): Die Strahlen treffen hinter der Netzhaut zusammen. M. rectus lateralis 23° Sehachse (optische Achse) Orbitaachsen E Seh- und Orbitaachse Sicht von kranial auf beide Augen; dargestellt sind die Mm. recti medialis, lateralis und superior sowie der M. obliquus superior. Die Sehachse (optische Achse) differiert von der Orbitaachse um 23°. Deshalb liegt der Punkt des schärfsten Sehens, die Fovea centralis, lateral des blinden Flecks (Papilla nervi optici, s. A ). 125 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8.4 8. Auge und Orbita Brechende Medien des Auges: Linse (Lens cristallina) und Hornhaut (Cornea) A Übersicht: Einbau von Linse (Lens cristallina) und Hornhaut (Cornea) in den Augapfel Histologischer Schnitt durch die Hornhaut sowie durch die Linse und ihren Halteapparat. Die normalerweise glasklare und nur 4 mm dicke Linse liegt locker in der Fossa hyaloidea des Glaskörpers (s. S. 124). Durch sehr feine Fasern (Zonulafasern = Fibrae zonulares) ist sie mit dem Ziliarmuskel verbunden, durch dessen Kontraktion sich Form und damit Brennweite der Linse ändern (zum Aufbau des Ziliarkörpers s. B ). Das Auge ist also eine dynamische Struktur, die ihre Gestalt während des Sehens verändert (s. Cb). Vor der Linse liegt die Vorderkammer des Auges, zwischen Iris und vorderem Linsenepithel die Hinterkammer (s. S. 128). Wie der Glaskörper enthält auch die Linse weder Nerven noch Gefäße, sondern ist aus lang gestreckten Epithelzellen, den Linsenfasern, aufgebaut. vordere Augenkammer Cornea hintere Augenkammer Iris SchlemmKanal Sklerasporn Conjunctiva bulbi M. ciliaris Sclera Pars plana Pars plicata Corpus ciliare Fibrae zonulares Lens Epithel des Corpus ciliare Trabekelwerk Lens Iris Corpus ciliare, Pars plicata Corpus ciliare, Pars plana B Die Linse und ihr Halteapparat, das Corpus ciliare Ansicht von dorsal. Der Krümmungsgrad der Linse wird durch die Muskulatur des kreisrunden Ziliarkörpers (Corpus ciliare) reguliert (s. Cb). Das Corpus ciliare liegt zwischen Ora serrata und Iriswurzel und besteht aus einem mehr ebenen Teil (Pars plana) und einem faltig aufgeworfenen Teil (Pars plicata). Innerhalb der Pars plicata liegen etwa 70 – 80 radiär ausgerichtete, wulstartige Ziliarfortsätze (Procc. ciliares), die von dorsal gesehen wie ein Strahlenkranz um die Linse angeordnet sind. Die Ziliarfortsätze enthalten weitlumige Kapillaren; ihr Epithel sezerniert das Kammerwasser (s. S. 129). Von den Ziliarfortsätzen (Lamina basalis) ziehen sehr feine Zonulafasern (Fibrae zonulares) zum Linsenäquator und bilden mit ihren Zwischenräumen den Aufhängeapparat der Linse (Zonula ciliaris). Der größte Teil des Ziliarkörpers wird vom M. ciliaris ein- Sclera Choroidea Retina, Pars optica Fibrae zonulares Procc. ciliares M. ciliaris genommen, der aus glatter Muskulatur mit meridionalen, radiären und zirkulären Faserzügen besteht. Er entspringt hauptsächlich vom sog. Sklerasporn (Verstärkungsring der Sklera unmittelbar unter dem Schlemm-Kanal) und zieht u. a. zur Bruch-Membran der Choroidea sowie zur Innenfläche der Sclera (vgl. Lehrbücher der mikroskopischen Anatomie). Bei Kon- Ora serrata traktion zieht der M. ciliaris die Choroidea nach vorne und entspannt damit die Fibrae zonulares. Infolgedessen kann die Linse aufgrund ihrer Eigenelastizität ihre stärker gewölbte entspannte Form annehmen, die für das Nahsehen notwendig ist (s. Cb). Dieser Mechanismus ist die Grundlage der Akkommodation. 126 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita Ziliarmuskel entspannt, Zonularfasern gespannt, Linse abgeflacht Äquator Lichtstrahlen bei Fernakkommodation Linse Linsenkapsel Polus posterior Polus anterior Lichtstrahlen bei Nahakkommodation b Axis a C Bezugslinien und Dynamik der Linse a Die wichtigsten Bezugslinien der Linse: An der Linse werden vorderer und hinterer Pol (Polus anterior und posterior), die Verbindungslinie zwischen beiden Polen (Axis) sowie der Linsenäquator unterschieden. Die Linse ist bikonvex und hinten stärker gekrümmt (6 mm Krümmungsradius) als vorne (10 mm Krümmungsradius). Sie dient der Feineinstellung der Lichtstrahlen und hat je nach Akkommodationszustand eine Brechkraft von 10–20 Dioptrien. Die Hornhaut hat mit 43 Dioptrien die wesentlich größere Brechkraft. b Lichtbrechung und Dynamik der Linse: • Obere Bildhälfte: Ferneinstellung des Auges bei Fernsicht. Aus dem Unendlichen treffen parallele Strahlen ein, die Linse ist flach. • Untere Bildhälfte: Bei der Naheinstellung (Akkommodation; bei Objekten, die weniger als 5 m vom Auge entfernt sind) wird die Linse zur Fixierung des Objekts kugeliger (s. B ). Dies geschieht durch Kontraktion des Ziliarmuskels (parasympathische Innervation aus dem N. oculomotorius), die dazu führt, dass sich die Zonulafasern entspannen und die Linse aufgrund ihrer Eigenelastizität kugelförmiger wird. mehrschichtiges, nicht verhorntes Plattenepithel Embryonalkern Außenansicht der Linsenkapsel Fetalkern Ziliarmuskel kontrahiert, Zonularfasern entspannt, Linse gewölbt Basalmembran BowmanMembran Linsenrinde Linsenepithel Linsenkapsel a infantiler Kern Erwachsenenkern Stroma b D Wachstum und Zonierung der Linse (nach Lang) a Vorderansicht; b Seitenansicht. Die Linse wächst zeitlebens weiter und zwar umgekehrt als andere epitheliale Gebilde, so dass sich die jüngsten Zellen immer an der Oberfläche, die ältesten in der Mitte der Linse befinden. Durch die ständige Vermehrung der Epithelzellen, die alle fest in der Linsenkapsel eingeschlossen sind, verdichtet sich das Gewebe der Linse permanent. Man kann deshalb mit der Spaltlampe Zonen unterschiedlicher Zelldichte feststellen (sog. Linsenzonierung). Dabei liegt die Zone mit der größten Zelldichte, der Embryonalkern, am weitesten innen. Er wird während des weiteren Wachstums vom Fetalkern umschlossen; nach der Geburt entsteht dann der infantile Kern und letztlich der Erwachsenenkern (ab dem 3. Lebensjahrzehnt). Diese Zonierung ist die Grundlage für die morphologische Klassifizierung von Katarakten (= grauer Star), einer Strukturveränderung der Linse, die im Alter mehr oder weniger physiologisch und damit sehr häufig ist: 10 % aller 80-Jährigen leiden an einer Katarakt! Man spricht dann z. B. von einer Kernkatarakt. DescemetMembran Endothel E Aufbau der Hornhaut (Cornea) Die Cornea wird außen von einem mehrschichtigen, nicht verhornten Plattenepithel bedeckt, dessen Basallamina an die Lamina limitans anterior (Bowman-Membran) angrenzt. Die Substantia propria, das sog. Stroma, macht etwa 90 % der Hornhautdicke aus und wird nach innen von der Lamina limitans posterior (Descemet-Membran) begrenzt. Darunter liegt ein einschichtiges Hornhautendothel. Die Hornhaut ist zwar innerviert (Kornealreflexe), aber nicht vaskularisiert und dadurch immunologisch privilegiert: Eine Hornhautransplantation kann daher normalerweise ohne Rücksicht auf die immunologisch bedingten Abstoßungsreaktionen durchgeführt werden. 127 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita 8.5 Iris und Kammerwinkel Cornea Iris vordere Augenkammer M. sphincter pupillae M. dilatator pupillae Kammerwinkel SchlemmKanal M. ciliaris Conjunctiva bulbi Corpus ciliare Fibrae zonulares hintere Augenkammer Pupille A Lage von Iris sowie Vorder- und Hinterkammer (Camera anterior und Camera posterior) Horizontalschnitt durch den vorderen Augenabschnitt, Ansicht von kranial. Die Iris (Regenbogenhaut) ist mit Aderhaut (Choroidea) und Ziliarkörper (Corpus ciliare), in den ihr äußerer Rand übergeht, ein Teil der Gefäßhaut (Uvea). In ihr werden die Pigmente gebildet, die unsere Augenfarbe bestimmen (s. D ). Die Iris bildet eine Lochblende vor der Linse mit einer zentralen Öffnung, der Pupille. Diese Öffnung (Durchmesser 1–8 mm) verengt sich bei Kontraktion des M. sphincter pupillae (para- Sclera Linse sympathisch innerviert durch N. oculomotorius) und weitet sich bei Kontraktion des M. dilatator pupillae (sympathisch innerviert über den Plexus caroticus internus). Iris und Linse zusammen trennen vordere (Camera anterior) und hintere Augenkammer (Camera posterior) voneinander ab. Die hintere Augenkammer liegt an der Rückseite der Iris. Nach hinten grenzt sie an den Glaskörper, zur Mitte an die Linse und seitlich an den Ziliarkörper an. Die Vorderkammer wird vorn von der Cornea, hinten durch die Iris und die Linse begrenzt. C Ursachen für Miosis und Mydriasis (nach Sachsenweger) a b B Pupillenweite a Normale Pupillenweite; b maximale Verengung (Miosis); c maximale Dilatation (Mydriasis). Die Pupillenweite wird mit Hilfe der beiden inneren Augemuskeln, M. sphincter pupillae und M. dilatator pupillae (s. D) reguliert: Der parasympathisch innervierte M. sphincter pupillae verengt die Pupille, der vom Sympathikus versorgte M. dilatator pupillae erweitert sie. Die Pupillenweite wird normalerweise durch den c Lichteinfall reguliert und dient v. a. der Verbesserung der Abbildungsschärfe. Beim Gesunden sind die Pupillen kreisrund und gleich groß (normale Weite 3–5 mm). Durch unterschiedliche Einflüsse (s. C ) kann die Pupillenweite zwischen 8 mm (= Mydriasis) und 1,5 mm (= Miosis) schwanken. Seitenunterschiede in der Pupillenweite von mehr als 1 mm nennt man Anisokorie. Zu den Pupillenreflexen, z. B. konsensuelle Lichtreaktion, Konvergenzbewegung, s. S. 362. Miosis Mydriasis Licht Dunkelheit Schlaf, Ermüdung Schmerzen, psychische Erregung Miotika (Parasympathomimetika, Sympatholytika) Mydriaka (Parasympatholytika, z. B. Atropin und Sympathomimetika, z. B. Adrenalin) Horner-Syndrom (inkl. Ptosis und verengter Lidspalte) Okulomotoriusparese Narkose, Morphium Migräneanfall, Glaukomanfall reflektorische Pupillenstarre absolute Pupillenstarre 128 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf Cornea M. sphincter pupillae M. dilatator pupillae Circulus arteriosus iridis minor Stroma iridis zweischichtiges pigmentiertes Irisepithel Circulus arteriosus iridis major Trabekelwerk mit Fontana-Räumen Cornea 8. Auge und Orbita D Struktur der Iris (Regenbogenhaut) Das Grundgerüst der Iris wird vom gefäßhaltigen Stroma iridis gebildet, dem auf der Hinterseite ein zweischichtiges pigmentiertes Irisepithel anliegt. In dem lockeren kollagenhaltigen Stroma sind ein äußerer und ein innerer arterieller Gefäßkranz (Circulus arteriosus iridis major und minor) durch anastomisierende kleine Arterien miteinander verbunden. In der Nähe der Pupille liegt, ebenfalls im Stroma, der ringförmige M. sphincter pupillae. Der radiär ausgerichtete M. dilatator pupillae liegt dagegen nicht im Stroma, sondern wird durch zahlreiche Myofibrillen im Irisepithel (Myoepithel) repräsentiert. Das Stroma iridis ist mit pigmenthaltigen Bindegewebszellen (Melanozyten) durchsetzt. Die Anzahl der Melanozyten und ihr Melaningehalt bestimmen unsere Augenfarbe. Bei starker Pigmentierung im Stroma erscheint die Iris braun gefärbt, überwiegt hingegen der Melaningehalt des Irisepithels, hat die Iris eher eine blaue Farbe. vordere Augenkammer Schlemm-Kanal Conjunctiva Sklerasporn a episklerale Venen Sclera Zonulafasern Corpus ciliare Kammerwinkel hintere Augenkammer Iris Linse E Normaler Abfluss des Kammerwassers Das Kammerwasser (etwa 0,3 ml pro Auge) bestimmt den Innendruck des Auges mit (s. F ). Es wird vom nicht pigmentierten Ziliarepithel der Ziliarfortsätze im Bereich der Augenhinterkammer produziert (etwa 0,15 ml/h) und gelangt durch die Pupille in die Vorderkammer des Auges. Über die Spalten des Trabekelwerks (Fontana-Räume) im Bereich des Kammerwinkels sickert das Kammerwasser in den Schlemm-Kanal (Sinus venosus sclerae) und von dort weiter in die episkleralen Venen. Das abfließende Kammerwasser strömt aufgrund eines Druckgradienten (Augeninnendruck: 15 mm Hg; Druck in den episkleralen Venen: 9 mm Hg) in Richtung Kammerwinkel, muss dabei jedoch an zwei Orten einen physiologischen Widerstand überwinden: • den Pupillarwiderstand (zwischen Iris und Linse) und • den Trabekelwiderstand (enge Spalträume im Trabekelwerk). Ca. 85 % des Kammerwassers fließen über das Trabekelwerk in den Schlemm-Kanal, nur 15 % gelangen über das uveosklerale Gefäßsystem in die Vortexvenen (uveoskleraler Abflussweg). b F Gestörter Abfluss des Kammerwassers und Glaukom Der normale Augeninnendruck des Erwachsenen (15 mm Hg) ist für ein funktionierendes optisches System erforderlich, da er u. a. eine glatte Wölbung der Hornhautoberfläche sowie das Anpressen der Photorezeptorzellen an das Pigmentepithel bewirkt. Beim Glaukom (sog. „grüner“ Star – im Unterschied zum „grauen“ Star = Katarakt, s. D, S. 127) ist dieser Druck erhöht, so dass der Sehnerv (N. opticus) an der Lamina cribrosa, also dort, wo er den Augapfel durch die Sclera verlässt, eingeklemmt wird. Diese Einklemmung führt letztlich zur Erblindung. Ursache für den erhöhten Druck ist ein Hindernis, das den normalen Abfluss des Kammerwassers stört, so dass entweder der Pupillar- oder der Trabekelwiderstand (s. E ) nicht überwunden werden kann. Es entsteht demzufolge entweder • ein Pupillar- oder Winkelblockglaukom ( a ), bei dem der Kammerwinkel durch Irisgewebe verschlossen ist (das Kammerwasser kann aufgrund des Pupillarblocks nicht in die Vorderkammer abfließen, dadurch drückt es Teile der Iris nach oben, so dass der Kammerwinkel blockiert wird), oder • ein Offenwinkelglaukom ( b), bei dem der Kammerwinkel zwar offen, der Abfluss durch das Trabekelwerk aber behindert ist (der rote Balken markiert jeweils den Ort des Abflussstopps). Die weitaus häufigste Form (ca. 90 % aller Glaukome) ist das primär chronische Offenwinkelglaukom ( b), das ab dem 40. Lebensjahr vermehrt auftritt. Bei der Behandlung versucht man in erster Linie, den Abfluss zu verbessern (z. B. durch Parasympathomimetika, die zu einer Dauerkontraktion des M. ciliaris und des M. sphincter pupillae führen) oder die Kammerwasserproduktion zu vermindern. 129 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8.6 8. Auge und Orbita Netzhaut (Retina) Pars caeca retinae Pars optica retinae Macula lutea A Übersicht über die Netzhaut (Retina) Die Retina ist die 3. Schicht des Augapfels, die ihn von innen auskleidet. Sie besteht v. a. aus dem lichtempfindlichen Teil, der Pars optica retinae zum kleineren Teil aus dem lichtunempfindlichen Teil, der Pars caeca retinae. Die hier gelb dargestellte Pars optica retinae ist an verschiedenen Orten unterschiedlich dick; sie liegt dem Pigmentepithel der Uvea auf und wird durch den Augeninnendruck an sie gepresst. Die Pars optica geht an einem gezackten Rand, der Ora serrata, in die Pars caeca über (vgl. B ). Die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut ist die Netzhautgrube (Fovea centralis retinae), eine kleine Vertiefung in der Mitte des gelben Flecks (Macula lutea). An dieser Stelle ist die Pars optica retinae besonders dünn, an der Stelle des Sehnerveneintritts in der Lamina cribrosa dagegen besonders dick. Sclera Uvea Fovea centralis retinae N. opticus Papilla nervi optici Ora serrata Cornea Conjunctiva bulbi Iris Corpus ciliare Ora serrata Pars iridica retinae Pars ciliaris retinae Stratum nervosum Pars caeca retinae Stratum pigmentosum Sclera Pars optica retinae B Abschnitte der Netzhaut (Retina) An der Rückfläche der Iris befindet sich ein zweischichtiges Epithel, das Pigmente enthält, die Pars iridica retinae. An sie schließt die Pars ciliaris retinae an, die ebenfalls von einem zweischichtigen Epithel gebildet wird (eine der Schichten enthält Pigmente) und die Rückfläche des Corpus ciliare bedeckt. Pars iridica und Pars ciliaris retinae bilden zu- sammen die Pars caeca retinae, den lichtunempfindlichen Teil der Retina (vgl. A). Die Pars caeca retinae geht in einer gezackten Linie, der Ora serrata, in die lichtempfindliche Pars optica retinae über. In Anlehnung an die Entwicklung aus dem embryonalen Augenbecher werden innerhalb der Pars optica retinae zwei Blätter unterscheiden: • ein äußeres, zur Sclera gelegenes Blatt, das Stratum pigmentosum, ein einschichtiges retinales Pigmentepithel (vgl. Ca) und • ein inneres, zur Glaskörperseite gelegenes Blatt, das Stratum nervosum, ein System aus Rezeptorzellen, Interneuronen und Ganglienzellen (s. Cb). 130 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf innere Grenzschicht (Stratum limitans internum) Lichteinfall Blutgefäße 10. innere Grenzschicht 8. Zellkerne der Ganglienzellen 7. innere plexiforme Schicht amakrine Zellen 6. Zellkerne der bipolaren Zellen (innere Körnerschicht) a 5. äußere plexiforme Schicht Horizontalzelle 4. Zellkerne der Photorezeptorzellen (äußere Körnerschicht) 1. Neurone (Photorezeptoren) 3. äußere Grenzschicht 2. Fortsätze der Photorezeptorzellen äußere Grenzschicht (Stratum limitans externum) MüllerZellen 9. Nervenfaserschicht 3. Neurone (Ganglienzellen) 2. Neurone (bipolare Zellen) Erregung 8. Auge und Orbita 1. Pigmentepithel Pigmentepithel Bruch-Membran Choroidea b C Aufbau der Netzhaut (Retina) a Schema der ersten drei Projektionsneurone der Sehbahn und ihrer Verschaltung; b die zehn Schichten der Retina. Das Licht muss, bevor es auf die lichtempfindlichen Teile der Photorezeptoren trifft, zunächst alle weiter innen liegenden Schichten durchdringen (Inversion der Retina), die Aktionspotentiale hingegen laufen dem Lichteinfall entgegen von außen nach innen. Innerhalb der Retina liegen die ersten drei Projektionsneurone der Sehbahn. Von außen nach innen folgen aufeinander ( a ): • 1. Neuron: Photorezeptorzellen (Stäbchen und Zapfen) sind lichtempfindliche Sinneszellen, die Lichtreize in elektrochemische Signale umsetzen. Man unterscheidet zwei Arten von Photorezeptoren, die nach der Form des Rezeptorsegments benannt sind: Stäbchen und Zapfen. Es gibt 100–125 Millionen Stäbchen, die für das Dämmerungs- und Nachtsehen verantwortlich sind, aber nur 6–7 Millionen Zapfen. Es gibt Zapfen für Rot-, Grün- und Blauwahrnehmung. • 2. Neuron: bipolare Zellen, die Signale von den Photorezeptoren aufnehmen und an die Ganglienzellen weitergeben. • 3. Neuron: Ganglienzellen, deren Neuriten sich an der Papilla nervi optici zum N. opticus vereinigen und in Richtung Corpus geniculatum laterale (zum 4. Neuron) ziehen. Bruch-Membran Choroidea Zusätzlich zu diesen vertikalen Verbindungen bilden Horizontalzellen und sog. amakrine Zellen als Interneurone laterale Verknüpfungen. Dadurch werden bereits in der Retina die von den Rezeptorzellen gelieferten Informationen verarbeitet und gebündelt (Signalkonvergenz). Als Vertreter der Gliazellen durchspannen die Müller-Zellen in radiärer Ausrichtung von der inneren zur äußeren Grenzschicht (Stratum limitans internum und externum) das Stratum nervosum und bilden auf diese Weise eine Art Stützgerüst für die Neurone. Nach außen folgt das Pigmentepithel, das mit seiner Basalmembran der Bruch-Membran (enthält elastische Fasern und Kollagenfibrillen) fest aufsitzt und den Stoffaustausch zwischen der angrenzenden Choroidea (Choriokapillaris) und den Photorezeptorzellen vermittelt. Beachte: Die Photorezeptoren liegen mit ihren Außensegmenten dem Pigmentepithel nur an, es bestehen keine Haftstrukturen. Dies ist die anatomische Ursache für die Möglichkeit einer Ablösung der Netzhaut vom Pigmentepithel (sog. Netzhautablösung; bei Nichtbehandlung: Erblindung). Im histologischen Bild der Retina ( b) lassen sich traditionell zehn Schichten unterscheiden, die jeweils Teile der drei Neurone (z. B. Kerne oder Zellfortsätze) sind und innerhalb einer Schicht auf einer Höhe liegen. Ganglienzellen Fovea centralis Papilla nervi optici innere Körnerschicht Lamina cribrosa A. centralis retinae Hirnhäute äußere Körnerschicht Subarachnoidalraum D Papilla nervi optici („blinder Fleck“) und Lamina cribrosa Die marklosen Neuriten der Optikusganglienzellen (ca. 1 Million Axone pro Auge) ziehen zu einer Sammelstelle im Bereich des hinteren Augenpols (Papilla nervi optici), wo sie sich zum N. opticus vereinigen und die Retina durch die hier siebartig durchlöcherte Sclera (Lamina cribrosa) in Richtung Corpus geniculatum laterale verlassen. Beachte die an dieser Stelle eintretende A. centralis retinae (vgl. S. 132) und die den N. opticus umgebenden Hüllen. Da der Sehnerv eine Ausstülpung des Zwischenhirns darstellt, wird er wie das Gehirn von sämtlichen Hirnhäuten (Dura mater, Arachnoidea und Pia mater) sowie einem mit Liquor gefüllten Subarachnoidalraum umgeben, der mit dem von Gehirn und Rückenmark kommuniziert. Pigmentepithel Blutgefäße BruchMembran Choriocapillaris E Macula lutea und Fovea centralis Nasal der Papilla nervi optici befindet sich die Macula lutea. In ihrem Zentrum liegt eine trichterförmige Vertiefung, die Fovea centralis, die Stelle des schärfsten Sehens (Durchmesser ca. 1,5 mm). An dieser Stelle sind die inneren Retinaschichten an den Trichterrand verlagert, so dass die Zellen der Photorezeptoren (ausschließlich Zapfen und keine Stäbchen) dem einfallenden Licht direkt ausgesetzt sind. Auf diese Weise wird eine Streuung des einfallenden Lichts deutlich reduziert. 131 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8.7 8. Auge und Orbita Blutversorgung des Augapfels Circulus arteriosus iridis minor Cornea Sinus venosus sclerae Iris A. conjunctivalis anterior Circulus arteriosus iridis major Linse Aa. ciliares anteriores Retina Sclera Zinn-HallerGefäßkranz (Circulus arteriosus zinnii) Aa. ciliares posteriores longae V. vorticosa Choroidea (Lamina choroidocapillaris) Aa. ciliares posteriores breves A. u. V. centralis retinae piales Gefäßnetz N. opticus A Blutversorgung des Augapfels Horizontalschnitt durch das rechte Auge in Höhe des Sehnervs, Ansicht von kranial. Die Arterien des Augapfels stammen alle aus der A. ophthalmica, einem Endast der A. carotis interna (s. S. 61). Sie gibt mehrere Äste zur Versorgung des Auges ab: • Aa. ciliares posteriores longae zu Ziliarkörper und Iris, wo sie die beiden Gefäßkränze (Circulus arteriosus iridis minor und major) versorgen (s. D, S. 129) sowie • Aa. ciliares anteriores, die von Gefäßen der geraden Augenmuskeln stammen und mit den hinteren Ziliargefäßen anastomosieren. • A. centralis retinae zur Netzhaut (s. B), • Aa. ciliares posteriores breves zur Choroidea, Neben der V. centralis retinae drainieren 4–8 Wirbelvenen (Vv. vorticosae) das Blut aus dem Augapfel. Sie durchdringen die Sclera hinter dem Äquator und münden in die V. ophthalmica superior oder inferior. 132 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita Gefäße zum N. opticus B Arterielle Gefäßversorgung von Sehnerv und Sehnervenkopf Ansicht von lateral. Als erster Ast der A. ophthalmica tritt die A. centralis retinae etwa 1 cm hinter dem Augapfel von unten in den Sehnerv ein und zieht unter Abgabe mehrerer kleiner Äste mit ihm zur Retina. Aus der A. ciliaris posterior zweigen ebenfalls mehrere kleine Äste zur Versorgung des Sehnervs ab. Der Sehnervenkopf wird vom Circulus arteriosus (Zinnii) = Haller-Zinn-Gefäßkranz mit arteriellem Blut versorgt. Dieser Gefäßkranz wird von Anastomosen der Seitenäste der Aa. ciliares posteriores breves und der A. centralis retinae gebildet. Aa. ciliares posteriores longae Aa. ciliares posteriores breves Haller-ZinnGefäßkranz A. ophthalmica A. ciliaris posterior nasal A. centralis retinae temporal Fovea centralis Excavatio disci Papilla nervi optici (blinder Fleck) Ein- bzw. Austrittsstelle der A. u. V. centralis retinae Ast der V. centralis retinae Ast der A. centralis retinae Macula lutea (gelber Fleck) b a C Spiegelung des Augenhintergrundes mit dem Ophthalmoskop (Augenspiegel) a Untersuchungstechnik (direkte Ophthalmoskopie); b normaler Augenhintergrund. Mit Hilfe der direkten Ophthalmoskopie kann man in etwa 16 facher Vergrößerung folgende Strukturen am Augenhintergrund (Fundus oculi) direkt beurteilen: • den Zustand der Netzhaut, • die Gefäße (wichtig v. a. die A. centralis retinae), • die Papilla (Discus) nervi optici (= Austrittstelle des Sehnervs aus dem Bulbus sowie • Macula lutea mit Fovea centralis. Aufgrund der Transparenz der Netzhaut wird die Farbe des Augenhintergrundes im Wesentlichen vom Pigmentepithel und den Gefäßen der Choroidea bestimmt: bei Weißen ist sie gleichmäßig hellrot, bei Dunkelhäutigen deutlich bräunlicher. Bei einer pathologischen Netzhautablösung kommt es meist zu einem Transparenzverlust, und die Netzhaut erscheint weißlich-gelblich. Die eigentlichen Netzhautgefäße (A. und V. centralis retinae) können anhand ihrer Farbe und Dicke unterschieden werden: Arterien zeigen ein helleres Rot und einen geringeren Durchmesser im Vergleich zu den Venen. Gefäßveränderungen (z. B. Stenosen, Wandverdickungen, Mikroaneurysmen) wie sie z. B. beim Diabetes mellitus (diabetische Retinopathie) oder beim Bluthochdruck auftreten, lassen sich auf diese Weise schon frühzeitig diagnostizieren. Die Papilla nervi optici ist normalerweise randscharf, gelb-orange gefärbt und weist eine zentrale Vertiefung auf (Excavatio disci). An der Papille findet man Veränderungen z. B. bei erhöhtem Hirn(Liquor-)druck (Stauungspapille mit unscharfem Rand). Bei der Betrachtung der 3–4 mm temporal der Papille gelegenen Macula lutea fällt auf, dass zahlreiche Äste der A. centralis retinae radiär auf die Makula zustreben, ihr Zentrum, die Fovea centralis jedoch nicht erreichen (die Gefäßversorgung der Fovea erfolgt von der Choroidea aus). Pathologische Veränderungen der Macula lutea treten in Form der sog. Makuladegeneration auf (häufige, altersbedingte Erkrankung), die schrittweise zur Erblindung führen kann. 133 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita Äußere Augenmuskeln 8.8 M. obliquus inferior M. rectus superior Sehne des M. obliquus superior Trochlea M. obliquus superior M. rectus superior M. obliquus superior M. rectus inferior M. rectus lateralis M. rectus medialis M. rectus lateralis Anulus tendineus communis N. opticus M. levator palpebrae superioris a A Lage der äußeren Augenmuskeln (Musculi externi bulbi oculi) Rechtes Auge, Ansicht von kranial ( a) und vorne ( b). Die Bewegungen des Augapfels werden von vier geraden (Mm. recti superior, inferior, medialis und lateralis) und zwei schrägen Muskeln (Mm. obliquii superior und inferior) bewirkt (zu Innervation und Bewegungsrichtung s. B u. D). Bis auf den M. obliquus inferior (Ursprung am medialen Orbitarand) entspringen alle äußeren Augenmuskeln an einem sehnigen Ring um den Canalis opticus (Anulus tendineus communis). Alle äußeren Augenmuskeln setzen an der Lederhaut (Sclera) an; wobei die Ansatzsehne des M. obliquus superior zunächst durch eine am Anulus tendineus communis M. levator palpebrae superioris M. rectus inferior M. rectus medialis M. obliquus inferior b oberen, inneren Orbitarand befestigte sehnige Umlenkrolle (Trochlea) zieht, um dann im spitzen Winkel nach hinten zu laufen und dann auf der temporalen Seite der oberen Bulbusfläche zu inserieren. Die Funktionstüchtigkeit aller sechs äußeren Augenmuskeln und ihr reibungsloses Zusammenspiel sind notwendig, um beide Augen auf das Sehobjekt zu richten. Dem Gehirn obliegt es, die zwei wahrgenommenen Netzhautbilder so zu verarbeiten, dass ein binokularer Seheindruck entsteht. Im Falle einer Störung dieser Abläufe, z. B. durch Lähmung eines Augenmuskels (s. E ), kommt es zur Wahrnehmung von Doppelbildern (Diplopie), d. h. die Sehachse eines Auges weicht von der Normalstellung ab. M. rectus medialis M. obliquus superior M. rectus superior N. oculomotorius M. rectus lateralis N. trochlearis A. carotis interna M. obliquus inferior N. abducens M. rectus inferior Fissura orbitalis superior Fissura orbitalis inferior Clivus Sinus maxillaris Os sphenoidale B Innervation der äußeren Augenmuskeln Rechtes Auge, Ansicht von lateral; temporale Wand der Orbita entfernt. Mit Ausnahme des M. obliquus superior (N. trochlearis) und des M. rectus lateralis (N. abducens) werden alle Augenmuskeln (Mm. recti superior, medialis und inferior sowie M. obliquus inferior) vom N. oculomotorius innerviert. Nach ihrem Austritt aus dem Hirnstamm verlaufen die drei Hirnnerven zunächst durch den Sinus cavernosus (bzw. in seiner lateralen Wand, vgl. A, S. 138), wo sie in unmittelbarer Nachbarschaft der A. carotis interna liegen. Von dort ziehen sie weiter durch die Fissura orbitalis superior (s. B, S. 138) in die Orbita zu den von ihnen innervierten Muskeln. 134 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf C Funktion und Innervation der äußeren Augenmuskeln Rechtes Auges, Ansicht von kranial; Orbitadach entfernt. Die beiden Mm. recti haben nur eine a b c Hauptfunktion bzw. -zugrichtung ( a u. b), während die anderen Muskeln noch Nebenfunktionen bzw. -zugwirkungen besitzen ( c – d ). d e f Hauptfunktion Nebenfunktion Innervation a M. rectus lateralis Abduktion keine N. abducens (VI) b M. rectus medialis Adduktion keine N. oculomotorius (III), R. inferior c M. rectus superior Elevation Innenrotation und Adduktion N. oculomotorius (III), R. superior d M. rectus inferior Depression Außenrotation und Adduktion N. oculomotorius (III), R. inferior e M. obliquus superior Innenrotation Depression und Abduktion N. trochlearis (IV) f M. obliquus inferior Außenrotation Elevation und Abduktion N. oculomotorius (III), R. inferior Muskel M. obliquus inferior M. rectus superior M. rectus lateralis M. rectus medialis M. obliquus superior M. rectus inferior Blick nach rechts oben M. obliquus inferior M. rectus superior Blick nach rechts M. rectus lateralis M. rectus medialis Blick nach rechts unten M. obliquus superior M. rectus inferior D Die sechs Hauptblickrichtungen Bei der klinischen Prüfung der Bulbusmobilität zur Feststellung von Augenmuskellähmungen werden sechs Hauptblickrichtungen getestet (s. Pfeilrichtungen). Die bei jeder Blickrichtung aktivierten Muskeln und ihre Hirnnerven sind an beiden Augen schematisch dargestellt. Beachte, dass bei einer Blickrichtung unterschiedliche Muskeln in beiden Augen aktiviert 8. Auge und Orbita M. obliquus inferior M. rectus lateralis M. obliquus superior Blick nach links oben M. rectus superior M. obliquus inferior Blick nach links M. rectus medialis M. rectus lateralis Blick nach links unten M. rectus inferior M. obliquus superior werden können, so z. B. beim Blick nach rechts der M. rectus lateralis des rechten Augen und der M. rectus medialis des linken Auges. Beide werden zudem noch von verschiedenen Hirnnerven innerviert (VI bzw. III). Fällt ein Muskel aus bzw. ist er geschwächt, weicht das Auge bei bestimmten Bewegungen ab (s. E ). a b c E Augenmuskellähmungen a Komplette Okulomotoriusparese rechts; b Trochlearisparese rechts; c Abduzensparese rechts (Blickrichtung jeweils geradeaus). Augenmuskellähmungen können infolge einer Läsion im Kerngebiet bzw. im Verlauf des entsprechenden Hirnnervs oder im Augenmuskel selbst entstehen (s. S. 72). Die Folgen sind eine – je nach ausgefallenem Muskel typische – Fehlstellung des betroffenen Auges und das Auftreten von Doppelbildern, das der Betroffene durch eine veränderte Kopfhaltung (Kopfzwanghaltung) zu umgehen versucht. a Bei einer kompletten Okulomotoriusparese fallen folgende Muskeln aus (jeweilige Ausfallerscheinung in Klammern dahinter): die äußeren Augenmuskeln Mm. recti superior, inferior, medialis und obliquus inferior (Bulbus steht nach außen unten) sowie die inneren Augenmuskeln M. sphincter pupillae (Weitstellung des Auges = Mydriasis) und M. ciliaris (keine Nahakkommodation), außerdem der Lidheber M. levator palpebrae superioris (Ptosis: Lid mehr oder weniger geschlossen). Ist die Ptosis komplett, wie hier dargestellt, kommt es bei der kompletten Okulomotoriusparese nicht zu Doppelbildern, da ja nur ein Auge sieht. Zur seltenen, isolierten Okulomotoriusparese, bei der jeweils nur die inneren oder die äußeren Augenmuskeln gelähmt sind, vgl. S. 72. b Bei einer Trochlearisparese fällt der M. obliquus superior aus, der das Auge nach einwärts rollt und senkt (betroffener Bulbus steht nach nasal und oben). c Bei einer Abduzensparese fällt der M. rectus lateralis aus (betroffener Bulbus steht nach innen). 135 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8.9 8. Auge und Orbita Einteilung und Leitungsbahnen der Augenhöhle (Orbita) Spatium episclerale knöchernes Orbitadach Vagina bulbi (Tenon-Kapsel) Periorbita M. levator palpebrae superioris Corpus adiposum orbitae M. rectus superior Bulbus oculi N. opticus mit Durascheide M. rectus inferior Septum orbitale M. obliquus inferior Sclera N. infraorbitalis Orbitaboden A Einteilung der Orbita in eine obere, mittlere und untere Etage Sagittalschnitt durch die rechte Orbita in der Ansicht von medial. In der von Periost (Periorbita) ausgekleideten Augenhöhle liegen, eingebettet in einen schützenden Fettgewebskörper (Corpus adiposum orbitae): Bulbus oculi, N. opticus, Gl. lacrimalis, äußere Augenmuskeln und die versorgenden Leitungsbahnen. Nach vorne wird das Fettgewebe durch das Septum orbitale, zum Bulbus hin durch eine bindegewebige Gleithülle (Vagina bulbi = Tenon-Kapsel) begrenzt. Zwischen Vagina bulbi Sinus maxillaris und Sclera befindet sich ein dünner Spaltraum, das Spatium episclerale. Topografisch wird die Augenhöhle in drei Etagen eingeteilt: • obere Etage: zwischen Orbitadach und M. levator palpebrae superioris, • mittlere Etage: zwischen M. rectus superior und N. opticus und • untere Etage: zwischen N. opticus und Orbitaboden. Zum Inhalt der einzelnen Etagen s. B. B Die drei Orbitaetagen und ihre wesentlichen Inhalte Zum Eintritt der Leitungsbahnen in die Orbita s. S. 14). Etage Inhalt Übergeordnete Struktur obere Etage • • • • • • • • N. lacrimalis A. lacrimalis V. lacrimalis N. frontalis Nn. supraorbitalis u. supratrochlearis A. supraorbitalis V. supraorbitalis N. trochlearis • • • • • • • • Ast des N. ophthalmicus (V1) Ast der A. ophthalmica (aus A. carotis interna) zieht zur V. ophthalmica superior Ast des N. ophthalmicus (V1) Endäste des N. frontalis Endast der A. ophthalmica vereinigt sich mit den Vv. supratrochleares zur V. angularis Nucleus n. trochlearis im Mesencepahlon mittlere Etage • • • • • • • • • • • • • A. ophthalmica A. centralis retinae Aa. ciliares posteriores N. nasociliaris N. abducens N. oculomotorius, R. superior N. opticus Nn. ciliares breves Ganglion ciliare Radix parasympathica Radix sympathica Radix nasociliaris V. ophthalmica superior • • • • • • • • • • • • • Ast der A. carotis interna Ast der A. ophthalmica Äste der A. ophthalmica Ast des N. ophthalmicus (V1) Nucleus n. abducentis im Pons Nucleus n. oculomotorii im Mesencephalon Diencephalon postganglionäre vegetative Fasern zum Augapfel parasympathisches Ganglion für Mm. ciliaris u. sphincter pupillae präganglionäre vegetative Fasern des N. oculomotorius postganglinäre Fasern aus dem Ganglion cervicale superius sensible Fasern aus dem Bulbus durch das Ganglion ciliare zum N. nasociliaris zieht in den Sinus cavernosus untere Etage • • • • N. oculomotorius, R. inferior V. ophthalmica inferior N. infraorbitalis A. infraorbitalis • • • • Nucleus n. oculomotorii im Mesencephalon zieht in den Sinus cavernosus Ast des N. maxillaris (V2) Endast der A. maxillaris (A. carotis externa) 136 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf A. supratrochlearis 8. Auge und Orbita A. dorsalis nasi A. supraorbitalis A. palpebralis medialis Aa. ciliares posteriores longae Aa. ciliares posteriores breves V. supratrochlearis V. dorsalis nasi V. ophthalmica superior A. lacrimalis A. ethmoidalis anterior V. angularis V. lacrimalis Sinus cavernosus A. centralis retinae A. ethmoidalis posterior N. opticus A. carotis interna A. ophthalmica A. meningea media V. ophthalmica R. anastomoticus C Äste der A. ophthalmica Rechte Orbita, Ansicht von kranial; Canalis opticus und Orbitadach gefenstert. Die A. ophthalmica ist ein Ast der A. carotis interna; sie verläuft unter dem N. opticus durch den Canalis opticus zur Orbita und versorgt die in ihr liegenden Strukturen einschließlich des Augapfels. V. ophthalmica inferior V. infraorbitalis D Venen der Orbita Rechte Orbita, Ansicht von lateral; laterale Orbitawand entfernt und Sinus maxillaris gefenstert. Die Venen der Orbita haben Verbindung zu Venen der oberflächlichen und tiefen Gesichtsregion sowie zum Sinus cavernosus (Keimverschleppung!). N. frontalis N. lacrimalis N. oculomotorius, R. superior N. oculomotorius V. facialis N. supraorbitalis A. carotis interna mit Plexus caroticus internus Gl. lacrimalis N. infratrochlearis Nn. ciliares longi N. trochlearis N. nasociliaris N. ophthalmicus Nn. ciliares breves N. trigeminus Ganglion ciliare Ganglion trigeminale N. mandibularis N. abducens Radix parasympathica N. maxillaris N. opticus N. oculomotorius, R. inferior E Innervation der Orbita Rechte Orbita, Ansicht von lateral; temporale knöcherne Wand entfernt. Die motorische, sensible und vegetative Versorgung übernehmen vier Hirnnerven: N. oculomotorius (III), N. trochlearis (IV), N. abducens (VI) Radix sympathica Radix nasociliaris und der N. ophthalmicus (V1). Der N. oculomotorius enthält zusätzlich noch präganglionäre parasympathische Fasern zum Ganglion ciliare. Die postganglionären sympathischen Fasern gelangen über den Plexus caroticus internus bzw. ophthalmicus in die Orbita. 137 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8.10 8. Auge und Orbita Topografie der Orbita A Verlauf der zur Orbita ziehenden Hirnnerven im Sinus cavernosus Vordere und mittlere Schädelgrube der rechten Seite, Ansicht von kranial; laterale und kraniale Wand des Sinus cavernosus gefenstert, Ganglion trigeminale leicht nach lateral verlagert, Orbitadach entfernt und Periorbita gefenstert. Im Sinus cavernosus gelangen alle drei Augenmuskelnerven (N. oculomotorius, N. trochlearis und N. abducens) in enge Beziehung zum 1. und 2. Ast des N. trigeminus sowie zur A. carotis interna. Während jedoch der III. und IV. Hirnnerv zusammen mit den beiden ersten Ästen des N. trigeminus (N. ophthalmicus und N. maxillaris) in der lateralen Wand des Sinus cavernosus verlaufen, zieht der N. abducens direkt, in unmittelbarer Nachbarschaft der A. carotis interna, durch den Sinus cavernosus. Dadurch ist er bei einer Sinusthrombose oder einem Aneurysma der A. carotis interna stark gefährdet. Periorbita (= Periost der Orbita) R. medialis N. supraorbitalis R. lateralis orbitales Fettgewebe N. frontalis vordere Schädelgrube A. ophthalmica A. carotis interna Chiasma opticum N. trochlearis N. oculomotorius Sinus cavernosus N. abducens Ganglion trigeminale Fissura orbitalis superior B Hinterwand der Orbita: Anulus tendineus communis und Eintrittsstellen der Leitungsbahnen durch den Canalis opticus und die Fissura orbitalis superior Rechte Orbita, Ansicht von vorne; größter Teil des Orbitainhaltes entfernt. Durch den Canalis opticus gelangen der N. opticus und die A. ophthalmica in die Augenhöhle. Von den Leitungsbahnen, die über die Fissura orbitalis superior in die Augenhöhle gelangen, verlaufen einige innerhalb und einige außerhalb des Anulus tendineus communis: • innerhalb: R. superior und R. inferior des N. oculomotorius, N. abducens und N. nasociliaris, • außerhalb: Vv. ophthalmica superior und inferior, N. frontalis, N. lacrimalis und N. trochlearis. N. trigeminus, Portio minor N. frontalis N. trigeminus, Portio major M. levator palpebrae superioris mittlere Schädelgrube M. rectus superior M. obliquus superior N. lacrimalis V. ophthalmica superior N. opticus Anulus tendineus communis N. trochlearis N. oculomotorius, R. superior A. ophthalmica Fissura orbitalis superior N. nasociliaris M. rectus lateralis M. rectus medialis N. oculomotorius, R. inferior Fissura orbitalis inferior N. abducens V. ophthalmica inferior M. rectus inferior 138 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag Kopf 8. Auge und Orbita Trochlea N. infratrochlearis Lamina cribrosa A. u. N. ethmoidalis anterior A. supratrochlearis A. u. N. ethmoidalis posterior N. frontalis A. supraorbitalis N. nasociliaris N. trochlearis R. medialis R. lateralis N. supraorbitalis N. supratrochlearis M. levator palpebrae superioris Gl. lacrimalis A. u. N. lacrimalis M. rectus superior N. abducens V. ophthalmica superior A. ophthalmica N. opticus A. carotis interna Chiasma opticum C Topografie der rechten Orbita: Inhalt der oberen Etage Ansicht von kranial; knöchernes Dach der Orbita, Periorbita und Corpus adiposum orbitae entfernt. N. oculomotorius N. trochlearis M. rectus medialis M. obliquus superior V. ophthalmica superior N. nasociliaris Nn. ciliares breves N. trochlearis Aa. ciliares posteriores breves N. opticus N. oculomotorius M. levator palpebrae superioris M. rectus superior Gl. lacrimalis Bulbus oculi A. u. N. lacrimalis M. rectus lateralis V. ophthalmica inferior N. abducens Ganglion ciliare D Topografie der rechten Orbita: Inhalt der mittleren Etage Ansicht von kranial. Der M. levator palpebrae superioris und der M. rectus superior sind durchtrennt und hochgeklappt (Fettgewebe vollständig entfernt). Man blickt direkt auf den N. opticus. Beachte das ca. 2 mm große Ganglion ciliare, das lateral des N. opticus etwa 2 cm hinter dem Bulbus oculi liegt. In ihm werden die parasympathischen Fasern für die inneren Augenmuskeln (M. ciliaris und M. sphincter pupillae) umgeschaltet. Die postganglionären sympathischen Fasern für den M. dilatator pupillae ziehen ebenfalls durch das Ganglion hindurch. 139 Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus (ISBN 3131395419), © 2006 Georg Thieme Verlag