Die Prävalenz des M. Gaucher bei idiopathischer Splenomegalie liegt bei 1:50 Ergebnisse eines bundesweiten Pilotprojektes an 200 Patienten M. Bange¹, M. Merkel², J. Voßbeck³, E. Mengel⁴, A. Herrmann¹, S. vom Dahl1 1 Klinik für Innere Medizin/Gastroenterologie, St. Franziskus-Hospital, Akadem. Lehrkrankenhaus Universität zu Köln, Köln ²Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Diabetes, Gastroenterologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Asklepios-Klinik St. Georg, Hamburg ³Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Ulm ⁴Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Villa Metabolica, Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Hintergrund: Bei Morbus Gaucher handelt es sich um eine der häufigsten lysosomalen Speicherkrankheiten, einer autosomal-rezessiv bedingten Störung des Glucocerebrosid-Abbaus, bedingt durch einen Mangel an β-Glucocerebrosidase. Die Inzidenz bei Neugeborenen beträgt ca. 1:40.000. M. Gaucher führt unbehandelt zu Hepatosplenomegalie, Anämie, Thrombozytopenie, Knochenschmerzen und Knochendestruktion, Invalidisierung und Verkürzung der Lebenserwartung. Ursächlich für die Panzytopenie ist der mit der makrophagozytären Erkrankung verbundene Hypersplenismus. Zwischen den anhand der Heterozygoten-Frequenz vorausgesagten und der tatsächlich identifizierten Anzahl von Gaucher-Patienten in Deutschland (ca. 2000 vs. ca. 300 diagnostizierte Fälle) besteht eine Diskrepanz, sodass von einer höheren Anzahl nicht-diagnostizierter Fälle ausgegangen werden muss. Leitsymptom der Erkrankung ist eine moderate bis massive Splenomegalie. Patienten mit einer Splenomegalie unklarer Genese werden normalerweise an Hämatoonkologen verwiesen. In der Regel erfolgt nach klinischem Ausschluss einer hepatischen, hämatologischen, onkologischen, autoimmunen oder infektiösen Genese eine Knochenmarkbiopsie, die aber oft keine typischen „GaucherZellen“ aufweist. Ziel: Im Rahmen eines deutschlandweiten Screeningprojektes mit Hämatologen und Onkologen wurde nach sicherem Ausschluss einer hepatischen, malignen, hämatoonkologischen oder infektiösen Genese der Splenomegalie eine Aktivitätsbestimmung von β-Glucocerebrosidase in Leukozyten (GBA) und Chitotriosidase (CT) durchgeführt. Methoden: Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit niedergelassenen sowie in der Klinik tätigen Hämatoonkologen durchgeführt. Bei idiopathischer Splenomegalie wurde eine direkte Bestimmung der β-Glucocerebrosidase-Aktivität in Leukozyten (GBA) aus EDTA-Blut und der Aktivität Chitotriosidase (CT) im Plasma durchgeführt. Bei der Chitotriosidase (CT) handelt es sich um ein makrophagozytäres Enzym, dass bei M. Gaucher fast immer massiv erhöht ist. Mittels Fragebogen wurden biographische Basisdaten sowie Grad der Splenomegalie oder/und Hepatomegalie, Thrombozytopenie und/oder Anämie, Erhöhung der Plasma-ACE-Aktivität, Hyperferritinämie, Blutungsneigung, Knochenschmerzen, Osteonekrosen und bisherige Differentialdiagnosen erfragt. Im Rahmen der Auswertung des Pilotprojektes wurden die acht Gaucher-Behandlungszentren in Deutschland kontaktiert (Hamburg (2), Mainz, Berlin, Oberhausen, München, Düsseldorf, Leipzig, Köln). Ergebnisse: Im Zeitraum 2008-2012 wurden bei insgesamt 200 Proben Aktivitätsbestimmungen von β−Glucocerebrosidase in Leukozyten (GBA) und Chitotriosidase (CT) durchgeführt. 59% Prozent waren männlich, die Alterspanne reichte von 0 bis 88 Jahren. Eine Splenomegalie lag in 85% der Fälle vor, in schwerer Form bei 34%. Eine Hepatomegalie zeigte sich bei 46%, bei 7% in schwerer Ausprägung. Bei 57% lag zudem eine Thrombozytopenie vor, bei 40% eine Anämie. Erhöhtes Serum-Ferritin zeigte sich bei 18%, eine erhöhte Serum-ACEAktivität bei 7%. 42% der Patienten gaben Knochenschmerzen an, bei 8% bestand klinisch eine Osteonekrose. Bei 13% zeigte sich eine Blutungsneigung. Bei 74% der Patienten war zuvor als anderweitige mögliche Erklärung der Splenomegalie ein Lymphom, eine Leukämie, ein multiples Myelom oder eine Infektion ausgeschlossen. Von den insgesamt 200 Patienten ließen sich im Rahmen des Screenings bei vier Patienten eine pathologische GBA-Aktivität nachweisen, von denen drei eine erhöhte Plasma-CT-Aktivität aufwiesen (Tab. 1). Bei drei der vier betroffenen Patienten zeigten sich erhöhte Messwerte für Ferritin und ACE. Bei zwei der vier Patienten wurde Saure Phophatase bestimmt, hier zeigte sich in beiden Fällen eine deutliche Erhöhung. m / w m Alter 11 d Symptome und Befunde GBA-Aktivität (Ref.: 20-70 pmol/min/mg) 3,9 CT-Aktivität (Ref.: < 1,5 nmol/min/ml) 19,7 KMBiopsie* Stadt Ikterus, neg. Bonn Splenomegalie, Thrombozytopenie w 21 J. Thrombozytopenie, 7,0 0,1** k.A. Mainz Hepatosplenomegalie m 45 J. Thrombozytopenie, 10,0 20,0 pos. Borkum Splenomegalie, Gelenkbeschwerden w 43 J. Thrombozytopenie, 10,0 18,7 pos. Hambur Hepatosplenomegalie g Tab. 1: Klinische und laborchemische Befunde der vier neudiagnostizierten Gaucher-Patienten: *Eine von drei durchgeführten Knochenmark-Biopsien war negativ auf Gaucherzellen.**, ChitotriosidaseNull-Mutation (5 % der Bevölkerung); GBA: β-Glucocerebrosidase; CT: Chitotriosidase. Diskussion: In der untersuchten Kohorte mit idiopathischer Splenomegalie ergab sich bei vier von 200 Patienten (2 %) eine signifikant erniedrigte GBA-Aktivität. In allen Fällen konnte ein M. Gaucher bestätigt werden. Die Prävalenz des Morbus Gaucher bei Patienten mit idiopathischer Splenomegalie läge somit bei ca. 1:50. Bei idiopathischer Splenomegalie ist angesichts der guten therapeutischen Optionen mittels Enzymersatztherapie oder Substratreduktionstherapie (Imiglucerase, Velaglucerase, Miglustat etc.) früh eine laborchemische Gaucher-Diagnostik einzuleiten. Diese ist inzwischen als Trockenblut-Test möglich. Funding: Das Screeningprojekt wurde unterstützt von der Firma Genzyme GmbH, Deutschland sowie von der Deutschen Leber-Liga, Düsseldorf.