Agglomeration Zürich 5 2 3 Lebensstil 17,4% 15,4% Mittelschicht 65,1% 67,0% 67,6% Oberschicht 12,2% 15,6% 17,0% Quelle: Fahrländer Partner & sotomo Soziale Milieus … 7 9 8 6 4 5 1 2 3 1 Ländlich Traditionelle 2 Moderne Arbeiter 3 Improvisierte Alternative 4 Klassischer Mittelstand 5 Aufgeschlossene Mitte 6 Etablierte Alternative 7 Bürgerliche Oberschicht 8 Bildungsorientierte Oberschicht 9 Urbane Avantgarde (Mittelschichts-Milieus) 1 2 6 Agglomeration Bern 4 5 1 2 Veränderung zwischen 1990 und 2010 Mittelstand Unterschicht Mittelstand unverändert oder geschrumpft Mittelstand Oberschicht 3 Quelle: Fahrländer Partner & sotomo, BFS Geostat / swisstopo Darstellung: raumdaten GmbH bürgerlich-traditionellindividualisiert Wo der Mittelstand geschrumpft ist Agglomeration Genf Hier sind die Mittelschichtmilieus am schwächsten vertreten, statushohe und -tiefe Milieus sind überrepräsentiert. Hingegen ­individualisierte sich der Lebensstil ausgesprochen stark. Der soziale Aufstieg war weniger ausgeprägt als anderswo. 8 6 4 5 1 2 Lebensstil Schweiz: Entwicklung der sozialen Milieus von 1990 bis 2010 In zwanzig Jahren hat sich das Milieu «Klassischer Mittelstand» halbiert. ­Wegen der ­Individualisierung, die sich in allen Schichten beobachten lässt, sind Lebensweise und Werthaltung des Mittelstandes unscharf geworden. 14,5% 9,1% 6,6% 16,2% 13,7% 12,8% Moderne Arbeiter 8 6 7,6% Improvisierte Alternative 11,2% 12,5% 4 22,4% Klassischer Mittelstand 5 14,4% 11,4% 13,6% Aufgeschlossene Mitte 17,2% 18,6% 4,9% Etablierte Alternative 1 2 8,9% 9,6% 3 bürgerlich-traditionellindividualisiert 12,2% Bürgerliche Oberschicht Lebensstil 8,3% 6,9% = 4% Zunahme 9,3% 11,6% 3,4% Urbane Avantgarde = 4% Abnahme 7,9% 9,8% Datengrundlage Als methodische Grundlage dient das Modell der «Nachfragesegmente» von Fahrländer Partner und sotomo. Es stammt aus der Immobilienmarktforschung und ermöglicht es, die Haushalte auf Basis wirtschaft­ licher und ­sozialer Merkmale in Milieus zu gruppieren. ­Zudem erlaubt es präzise Aussagen zu deren räumlichen Verteilung. Grund­ lage für die ­Zuordnung der Haushalte zu einem der neun Milieus ist der «sozio-kulturelle Raster» mit den beiden ­Dimensionen soziale Schicht und Lebensstil. Die soziale ­Schichtung (vertikal) läuft von ­statustief bis statushoch und berücksichtigt Indikatoren zu Bildung, Einkommen und beruf­licher Stellung. Der Lebensstil (horizontal) ­bildet ein Kon­tinuum zwischen «bürgerlich-traditionell» und «individualisiert». Er differenziert die Haushalte nach Lebensform und Werthaltung. Die Einteilung basiert auf Angaben zu Familienmodellen, Berufsgruppen und Ausbildungsunterschieden zwischen Paaren. 5,1% Bildungsorientierte Oberschicht % der Gesamtbevölkerung 1990 und 2010 3 bürgerlich-traditionellindividualisiert Ländlich Traditionelle 9 7 Bern ist stärker mittel­ ständisch geprägt als andere ­Agglomerationen – der Anteil der statushohen Milieus ist kleiner, jener der statusniedrigen Milieus grösser als in anderen Ballungs­ zentren. Der Aufstieg in ­höhere Milieus war weniger verbreitet als anderswo. 9 … und wie sich die Anteile der Milieus verändert haben = 4% 3 7 Soziale Schicht 8 statusniedrigstatushoch 9 Soziale Schicht 22,7% 5 Lebensstil 7 statusniedrigstatushoch Unterschicht 4 Die Agglomeration Lausanne ähnelt in ihrer sozialen Schichtung eher Bern als dem Nachbarn Genf. Auch das Ausmass der Individualisierung und des ­sozialen Aufstiegs ist mit der Agglomeration Bern ­vergleichbar. Scheinbar bleibt der Mittelstand mit einem leichten Plus von 65,1 auf 67,6 % gleich. Doch es herrscht eine hohe soziale Dynamik: 5 % des Mittelstandes stiegen in die Oberschicht, 7 % der Unterschicht in den Mittelstand auf. 2010 6 bürgerlich-traditionellindividualisiert Schweiz: Entwicklung der sozialen Schichten von 1990 bis 2010 2000 8 Agglomeration Lausanne Lebensstil 1990 9 7 Soziale Schicht 4 statusniedrigstatushoch 6 Soziale Schicht statusniedrigstatushoch Dem Schweizer Trend folgend fand auch in der ­Agglomeration Basel eine ausgeprägte Individualisierung der ­Gesellschaft statt. Besonders Vielen gelang der Aufstieg in Milieus mit höherem s­ ozialem Status. 8 1 Der Grossraum Zürich weist den grössten Anteil ­statushoher Milieus auf, die Milieus der Mittelschicht sind leicht unterrepräsentiert. Die Entwicklung hat dies noch akzentuiert. Auch hier haben sich die Lebensstile sehr deutlich individualisiert. Agglomeration Basel 9 7 bürgerlich-traditionellindividualisiert Soziale Schicht Die Mainstream-Medien, aber auch Teile der Politik haben den Schweizer Mittelstand zur Problemzone erklärt. Für viele gilt es als ausgemacht, dass die Mitte der Gesellschaft schrumpft und gleichzeitig die Ränder anschwellen. In einem Land, das zum Ausgleich neigt, den Eliten skeptisch gegenübersteht und politische Extreme ablehnt, gibt dies zu reden. Die Druckfaktoren sind schnell gefunden: Es sei der Cocktail aus stagnierenden Löhnen, steigenden Mieten und wachsender Abgabenlast, der den Mittelstand belaste. Dies mündet in der Angst, aus dem angestammten Lebensraum verdrängt zu werden. Entspricht diese Wahrnehmung der Wirklichkeit? In der vor­ liegenden Analyse für die Periode 1990 – 2010 wurde die Standarddefinition des Mittelstands (Intervall um das Medianeinkommen) um die Faktoren Bildung und Stellung im Beruf erweitert. In dieser Definition hat der Mittelstand im Untersuchungszeitraum ­sogar leicht – von 65,1 % auf 67,6 % Anteil – zugelegt. Eine hohe soziale Dynamik zeigt sich darin, dass 4,8 % der Bevölkerung in die Oberschicht aufsteigen konnten, während 7,3 % der Aufstieg aus der Unterschicht in den Mittelstand gelang. Die Karten zeigen auf Gemeindestufe, wie sich diese Entwicklung (Zunahme oben, Abnahme unten) räumlich verteilt. In der Agglomeration Zürich sind gesamthaft kaum Veränderungen auszumachen. Wo der Mittelstand zurückging, geschah dies zugunsten der Oberschicht. Ähnliches gilt für den Grossraum Basel. Auch im ­Zentrum der Agglomeration Bern blieb der Anteil des Mittelstandes konstant, während er im weiteren Umland zulasten der Unterschicht wuchs. Weniger einheitlich zeigt sich die Entwicklung am Genfersee: Neben Orten mit rückläufigem Mittelstand und wachsender Oberschicht sind Gemeinden mit abnehmender Unterschicht zu sehen. Die Schweiz ist und bleibt das Land der Mitte. Diese wurde aber deutlich vielfältiger und bunter. Dies zeigt eine Milieuanalyse, die neben den Einkommen auch Lebensstil und Werthaltung einbezieht. Angesichts der zunehmenden Individualisierung (Verschiebung zu den Milieus auf der rechten Seite) verschwimmt die Vorstellung von einem einheitlichen Mittelstand zusehends. statusniedrigstatushoch Gesellschaft Land der Mitte Wo der Mittelstand gewachsen ist 0% 1990 2000 5% 10% 15% 20% 25% 2010 (Anteile in %) Quelle: Fahrländer Partner & sotomo Das Buch zum Thema Woher kommt das Unbehagen unter den Mittelständlern? Zu dieser Frage geben Patrik Schellenbauer und Daniel Müller-Jentsch eine umfangreiche Studie heraus. Verschiedene Autoren untersuchen die Entwicklung der Erwerbskraft, der staatlichen Umverteilung oder – wie hier – der Lebenssituation. Die Studie, mit französischer ­Zusammenfassung, kommt im November 2012 heraus. Veränderung zwischen 1990 und 2010 Mittelstand Oberschicht Mittelstand unverändert oder gewachsen Mittelstand Unterschicht Quelle: Fahrländer Partner & sotomo, BFS Geostat / swisstopo Darstellung: raumdaten GmbH Konzept, Text: Patrik Schellenbauer, Lukas Rühli, Daniel Müller-Jentsch Konzept, Gestaltung: arnold.kircherburkhardt.ch