Hydrophyten (Wasserpflanzen) - bei der Abt. Aquatische Ökologie

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Hydrophyten (Wasserpflanzen)
Almut Gerhardt
Zu den Hydrophyten zählen Pflanzen mit Anpassungen an das Leben "im "Wasser, submerse
Pflanzen und Schwimmpflanzen. Zur schnellen Stoffaufnahme unter Wasser ist die Epidermis
oft besonders angepaßt, chloroplastenreich, hat dünne Wände und meist keine Cuticula.
Schwimmblätter sind oft epistomatisch. Das Mesophyll der Blätter ist of einfach strukturiert,
Festigungsgewebe fehlen, das Wurzelsystem ist reduziert oder fehlt ganz. Aerenchym
ausgeprägt. Die Nährstoffaufnahme inkl. gelöstem C02 erfolgt über die gesamte Pflanze. Die
Vermehrung ist oft rein vegetativ (ohne Blütenbildung).
Im Praktikum studieren wir zwei Arten von schwimmendenWasserpflanzen,
1) der Wasserfarn/Algenfarn Azolla sp. und 2) die Blütenpflanzen der Wasserlinsen
(Lemnaceae).
Beide Arten kommen in der "Algenfarn-Wasserlinsen-Gesellschft" (Azollo filiculoidesLemnetum minusculae) in kleinen, wenig bewegten, überwiegend nährstoffreichen Gewässern
vor und vertragen Beschattung. Das Gewässer darf im Winter nicht einfrieren.
Die Schimmpflanzen gehören auch zu der "Lebensgemeinschaft der Wasseroberfläche",
bestehend aus dem makroskopischen Pleuston und dem mikroskopischen Neuston.
Azolla sp.:
Systematik: Abt. Pteridophyta (Farne), Kl: Leptosporangiatae ("Zarthäusige"), Ord.
Salviniales, Fam. Azollaceae (Algenfarngewächse), Azolla (2 Arten in Deutschland)
Beschreibung: moosähnliche, reichverzweigte Schwimmpflanzen mit Wurzeln. Die Blätter
sind zweireihig, jedes Blatt ist in 2 Lappen unterteilt, von denen der Oberlappen schwimmt
und der Assimilation dient, und der kleinere Unterlappen untergetaucht ist. Azolla-Arten sind
(sub)tropischen Ursprungs.
Verbreitung: A. filiculoides und die Varietät A. filiculoides var. rubra findet man in Europa,
USA bis Alaska, Hawaii, Australien, Asien und Neuseeland. A. caroliniana stammt
ursprünglich aus den USA und wurde von dort nach Mexiko und Europa eingeschleppt,
besonders nach Spanien und Deutschland. Azolla-Arten sind weiterhin in Japan, Südamerika,
Westindien, Madagaskar, Südafrika, Australien, Ceylon, Indochina und China vertreten. Zu
dieser weiten Verbreitung haben einerseits Wasservögel, die vegetative Vermehrung
(Knospung) aber auch der Mensch beigetragen.
Fortpflanzung: Azolla sp. hat einen für Farne typischen heteromorphen, heterophasischen
Generationswechsel. Von einem Generationswechsel (GW) spricht man, wenn es sich um
einen regelmäßigen Wechsel von zwei sich unterschiedlich fortpflanzenden Generationen
handelt. Heteromorph ist der GW, wenn die beiden Generationen unterschiedlich aussehen,
oft wurden sie für verschiedene Pflanzenarten gehalten. Heterophasisch bedeutet, dass sich
ein diploider Sporophyt (die eigentliche Farnpflanze) von einem haploiden Gametophyt
abwechselt. Der Gametophyt ist ein "reduziertes Wesen", besitzt keine Chloroplasten, ernährt
sich vonRreservestoffen und ist bei Farnen oft ein Zwitter, d.h. enthält sowohl die Antheridien
(männl. Microsporangien?) alsauch die Archegonien (weibl. Megasporangien?) und kann bis
auf wenige Zellen reduziert sein. Nach der Befruchtung entwickelt sich aus der diploiden
Zygote der Embryo und der Sporophyt, die eigentliche Pflanze.
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Ökologie:
1) Symbiose: In den Gewebehöhlen der Blätter von Azolla sp. lebt das Cyanobakterium
Anabaena azollae, welches in der Lage ist mit Hilge des Enzymkomplexes Nitrogenase
(bestehend aus 2 Enzymen: Azoferredoxin und Molybdoferredoxin) atmosphärischen
Stickstoff zu Ammoniak zu binden und somit der Pflanze Nährstoffe zu liefern. Der
Ammoniak wird von der Glutamin/Glutamat sythetase gebunden, sodaß die zelluläre
Ammoniak-Konzentration niedrig bleibt. Die Fixierung von Luftstickstoff ist
energieaufwändig, da die Dreifachbindung des Stickstoffs zu den stärksten kovalenten
Bindungen zählt. Deshalb ist dieses Phänomen auch nicht so weit in der Natur verbreitet.
Vergleichbar ist die Symbiose von Nostoc sp. (Cyanobakterium) in Lebermoosen.
Vorteile dieser "echten mutualistischen Symbiose" für Bakterium und Pflanze: A. azollae
liefert N-Verbindungen an die Pflanze, die Pflanze liefert Zuckerverbindungen an die
Bakterien, bietet ihnen Schutz und Neueroberung von Lebensraum. N2-Fixierungsrate: 1-2 kg
N/ ha, Tag
2) Standortansprüche:
Volles Sonnenlicht mit 20 Std. Photoperiode, bei Beschattung tritt Rotfärbung auf. Licht
reguliert Nitrogenaseaktivität. Temperaturoptimum: 18-28 0C, Toleranzzone: -5 bis + 35 0C.
pH-Optimum: 4.5 - 7, Toleranz: pH 3.5 - 10, Luftfeuchtigkeit: 85-90%, limiteirende
Nährstoffe: P (Rotfärbung als Mangelindikator), Mo, Co. Schädlinge: Seerosenblattlaus,
verschiedene Pilze, Schnecken. Optimale Dichte: 50-199 g TG/m. Luftverschmutzung:
empfindlich! (S02, N02, 03).
Einsatz von Azolla sp.
1) Als Gründünger im Reisanbau in China, Vietnam seit über 1000 Jahren.
2) Tierfutter
3) Biogasgewinnung
4) Abwasserreinigung: A. filiculoides kann den P-gehalt von häuslichem Abwasser um 36 %
verringern.
5) Mosquitobekämpfung: eine vollständige Bedeckung der Wasseroberfläche mit Azolla sp.
hemmt die Entwicklung von Mücken (Malariabekämpfung). Jedoch hemmt das auch die
Entwicklung anderer aquatischer Wasserpflanzen, z.T solcher, die gefährdet sind.
Lemna sp.
Systematik: Abt. Spermatophyta, U-Abt. Angiospermae, Kl. Monocotyledoneae, Ord.
Spadicifloae, Fam. Lemnaceae with Lemna sp. (3 Arten in Deutschland), Spirodela
polyrhyza., Wolffia arrhiza.
Beschreibung: Frei schwimmende, teils untergetauchte, nicht in Sproß und Blatt gegliederte,
"thallöse" (Engl. "frond"), sich ausschließl. vegetativ vermehrende Wasserpflanzen. Blüten
(selten ausgebildet), an einem Kolben sitzend (Spadix), deshalb auch die Verwandtschaft zu
den Arales (per DNA-Analysen belegt) und von Hüllblatt (Spatha) umgeben, deshalb die
Einordnung zu den Spadiciflorae. Oft entstehen dichte, homogene, clonale Populationen.
Wurzellos (Wolffia arrhiza) oder Wurzeln ohne Wurzelhaare (Lemna sp.: pro Glied eine
Wurzel, Spirodela sp.: pro Glied ein Büschel von Wurzeln). Wolffia arrhiza: kleinste
Blütenpflanze (1-1.5 mm), immer nur 2 Glieder zusammenhängend, in Europa nicht blühend.
Ausgedehntes Aerenchymgewebe. Kleinste Angiospermen mit einfachster Struktur,
reduziertem Tracheensystem. L. gibba: oft rot gefärbt (Anthocyane).
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Verbreitung: weltweit, besonders in temperierten und tropischen Regionen. Im westlichen
Nordamerika sind fast die Hälfte aller Arten der Welt vertreten. Wasservögel verbreiten die
Wasserlinsen, jedoch auch Schiffe, Ausbreitung erfolgt entlang der Flussysteme, bei
Hochwässern sowie Verbreitung in Tornados wurde beobachtet.
Ökologie:
1) Jahreszeitenaspekte und Anpassungen:
1.1) Photoperiodik: Bei den Pflanzen sorgt das Phytochrome-system für die Steuerung der
Tages- und Saison-periodik, z.B. stuert es die Induktion des Blühens oder die Samenkeiming.
Die beiden Proteine P-730 und P-660 (benannt nach der Wellenlänge ihrer max. Absorption)
wandeln sich je nach Lichtverhältnissen ineinander um. Tagsüber wird das Pigment
Phytochrom 730 (P-730) gebildet, nachts wird es in P-660 umgebaut. Bei denLemnaceae gibt
es Kurztag-Pflanzen die 15 Stunden Dunkelheit brauchen um zum Blühen angeregt zu
werden. Lemna gibba ist eine Langtag-Pflanze und braucht nur 9 Stunden Dunkelheit.
1.2) Überwinterung: Im Herbst erzeugte Glieder haben infolge der Hemmung des
Zellwachstums stark verengte Intercellularräume (Luftgewebe) und außerdem wird in den
Zellen vermehrt Reservestärke angehäuft, beides erhöht das spezifische Gewicht der Glieder,
die daraufhin absinken und am Gewässerboden überwintern. Diese Überdauerungsstadien
heißen "Turion", haben keine Wurzeln, sind kleiner und dunkler als die normalen Blätter. Sie
ertragen jedoch keine lange Austrocknung.
1.3) Austrocknung: Samen können bis zu mehrere Jahre Trockenheit ertragen. Wasserlinsen
können in feuchtem Schlamm tagelang überleben.
2) Lemna-Blüten: In nährstoffreichem Wasser (besonders P, N) kommt es aufgrund des
exponentiellen Wachstums zur Ausbildung von "Blüten", ähnlich der Algenblüten. Die
Lemnamatten enthalten oft auch Fauna wie Hydra sp., Würmer und Schnecken. Die
Lemnateppiche lassen sich am besten manuell entfernen. Lemnaceae sind sehr empfindlich
gegenüber Herbiziden und werden deshalb auch als ökotoxikologische Testorganismen in
Europa und USA benutzt, besonders für Herbizidtests, aber auch für komplexe Abwässer.
3) r-Strategen: Lemnacae sind die einzigen "höheren" Pflanzen mit so rasant schnellem
Wachstum. Auf vegetativer Basis können innerhalb von etwa 10 Tagen bis zu 10
Generationen einer Pflanze erzeugt werden. Doie pflanzen können innerhalb von 2 Tagen ihre
Biomasse verdoppeln.
Ökotoxikologie:
Lemna minor (oder gibba)-test (Standardtest in: USA, Canada, Europa)
4 Pflanzen mit insgesamt 12-16 Gliedern werden für 4-7 Tage in Bechergläsern in
standardisiertem Wasser mit Nährstoffen gehalten, die Blattfärbung und das Wachstum
(Anzahl Glieder, Biomasse) werden regelmäßig bestimmt.
Versuch: Die Toxizität von Bergbauabwasser aus einer Metall-Mine in Süd-Portugal wurde
ermittelt. Das Bergbauabwasser enthält hohe Metallkonzentrationen und ist stark versauert
(pH 3). Unser Versuch wurde ohne zusätzliche Närhstoffe in Wasser aus dem Freiland im
Labor durchgeführt und anschliessend im Feld verifiziert.
Nach 4 Tagen Exposition nahm die Chlorosis/Necrosis der Pflanzen mit sinkenden pH
Werten deutlich zu und die Vermehrung wurde deutlich gehemmt. Im Feld waren die Effekte
stärker als im Laborversuch.
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Standortansprüche:
Die optimalen Wachstumstemperaturen sind je nach Art verschieden, z.B. bevorzugt
Spirodela polyrhiza 9-20 oC, Lemna minor 4-10 oC. Die pH-Toleranz ist weit (pH 3.5 bis
10), das Optimum liegtzwischen pH 5-9. Wasserlinsengesellschaften sind meist Reinbestände
der Kleinen Wasserlinse (Lemna minor), die teichlinse (Spirodela polyrhiza) ist viel seltener.
Wasserlinsengesellschaften werden je nach der dominanten Art unterschieden, obwohl es
umstritten ist, ob die Dominanz einer Art wirklich ökologische besonderheiten eines
gewässers wiederspiegelt, oder eher zufällig ist.
Einsatz:
1) natürliche Nahrung von Fischen und Wasservögeln
2) Futter für Vieh, Fische, Hühner, etc.
1 ha Wasserfläche reicht aus um 4000-7000 Hühner während 1 Vegetationsperiode zu füttern!
Das "duckweed farming" entwickelt sich besonders in den Entwicklungsländern zu einer
einfachen Methode der Fischzucht.
3) Wolffia globosa wird in Südost-Asien von Menschen verzehrt: hoher Proteingehalt und
Ähnlichkeit der Sojabohne aufgrund des Aminosäuregehaltes und dessen Zusammensetzung,
außerdem hoher Gehalt an Carotin und Xanthophyll.
4) Abwasserbehandlung: Nährstoffeliminierung (N) durch diese schnell-wachsenden Pflanzen
Diese Art der "Pflanzenklärung" von Abwasser ist besonders für Entwicklungsländer
interessant. Die Wasserlinsen können bis 99 % der Nährstoffe aus dem Abwasser eliminieren!
5) Kompostierung, Grün-Düngung
Literatur:
Allgemein:
1) Troll, W. (1973): Allgemeine Botanik. F. Enke Verlag Stuttgart.
2) Strassburger, E. (1983): Lehrbuch der Botanik. Stuttgart.
3) Nusch, W. (1971): Allgemeine Botanik. G. Thieme Verlag, Stuttgart
4) Rauh, W. & K. Senghas (1976): Flora von Deutschland (Schmeil-Fitschen), Quelle &
Meyer Verlag, Heidelberg.
Speziell:
1) Den Hartog, C. & van der Plas, F. (1970): A synopsis of the Lemnaceae in: "Blumea" 18,
355-368.
2) Moore, A.W. (1969): Azolla sp., biology and agronomic significance. in: Bot. Rev. 35 81),
17-34.
3) Gerhardt, A. (ed.) (1999): Biomonitoring of polluted water- reviews on actual topics. TTP,
Zürich.
4) Internetseiten:
www.mobot.org/jwcross/duckweed
www.waynesword.palomar.edu
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