Seite 1 von 6 6. Kognition II – Lernen und Gedächtnis Positive Auswirkungen guter grafischer Gestaltung Informationsverarbeitung Gedächtnismodell – Zustände und Prozesse Sensorisches Gedächtnis sensory buffer, very short term memory - Kurzzeitspeicher einer spezifischen Modalität (Sehen, Hören, …) - Iconic Memory (visuelle Information) - Echoic Memory (akustische Information) ca. 1s - Nachbilder, Nachhallen - Versuchsanordnung Tachistoskop - Veränderungsblindheit (Change blindness): Wenn zwischen zwei zu vergleichenden Bildern kurzzeitig eine Störung gezeigt wird, sind Änderungen sehr schwer zu erkennen. Kurzzeitgedächtnis short term memory - Speicher kleiner Informationsmengen über mehrere Sekunden - Ca. 7±2 Informationseinheiten (5-9) - Modalitätsübergreifend Seite 2 von 6 - Rehearsal als Mechanismus der Erhaltung der Information Chunking als Mechanismus zur Steigerung der Effizienz Primacy und Recency Effekt (Tendenz für das erste und letzte Item besser berichtet zu werden) - Zugriff / Suche erfolgen vollständig „erschöpfend“ Arbeitsgedächtnis - Verarbeitung der Inhalte des KZG Bestehend aus Aufmerksamkeit o Central Executive o Phonologische Schleife o Visu / Spatial Schleife Langzeitgedächtnis - Systeme zur Speicherung großer Informationen über lange Zeitperioden - Kapazität 1015 Einheiten - Deklaratives Gedächtnis: „Wann hat was wo stattgefunden“ (Daten, Fakten, Konzepte, Modelle) o Semantische Inhalte: Weltwissen, allgemeine Fakten o Episodische Inhalte: Episoden, Ereignisse aus dem eigenen Leben - Prozedurales Gedächtnis: „wie ist was zu tun“ (automatisierte Handlungsabläufe und Fertigkeiten) Gedächtnis – Allgemeines Modell Seite 3 von 6 Alterseffekte - Kurzzeitgedächtnis weitestgehend unbeeinträchtigt - Arbeitsgedächtnis nimmt in seiner Leistung ab, reduzierte Geschwindigkeit und sensorische Leistung / Qualität - Abnahme des episodischen Gedächtnis (weniger aktive Assoziationen werden gebildet) - Stetige Zunahme des semantischen Gedächtnisses - Alzheimer mit pathologischen Defiziten im episodischen Gedächtnis als Symptom Lernhilfen - Semantische Strukturen (Eselsbrücken) - Erhöhung der Bedeutsamkeit - Einheitenbildung / Strukturierung - Visualisierung - Locibildung Lerntheorien - Konditionierung: Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern - Versuch und Irrtum: Zulässige Lösungsmöglichkeiten werden so lange probiert, bis die gewünschte Lösung gefunden wird - Modelllernen: Lernen durch Beobachtung von Vorbildern Transferlernen: Lernen durch Übertragen von bereits Erlerntem auf ein neues Problem Seite 4 von 6 Lernen - Assoziationen o Neu erlerntes Wissen wird mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft (s.a. Loci) Bsp.: Tastenkombination werden mit dem ersten Buchstaben der Funktion belegt: Ctrl+C = copy, Ctrl+P = print, Ctrl+S = save usw.) o Mentales Modell repräsentiert den neu erlernten Inhalt auf Basis der bereits vorhandenen Modelle o Metaphern werden in der Software-Ergonomie genutzt, um ein schnelleres Verknüpfen an das Langzeitgedächtnis zu erzielen. Meist werden Metaphern aus der realen Welt eingesetzt. - Durch Üben (häufige Wiederholung) werden neu gelernte Inhalte stärker verknüpft Intuitivität und Erlernbarkeit - Intuitivität als die Eigenschaft einer Sache, die eine Form der direkten Erkenntnis unterstützt, die durch ihre Unmittelbarkeit und ihre Plötzlichkeit charakterisiert ist. - Intuition beruht auf einer spontanen innerlichen Organisation, auf einer Wahrnehmung oder auf einer Vorstellung - Lernförderliches System: System, das den Benutzer beim Erlernen des Dialogs unterstützt und anleitet (ISO 9241) - Lernen: Generell wird Lernen als eine „dauerhafte Verhaltensänderung aufgrund von Erfahrung“ definiert (Hilgard & Bower 1966) Vergessen - Theorie des Spurenzerfalls: Je größer der zeitliche Abstand vom Zeitpunkt der Aneignung des Gedächtnismaterials ist, desto mehr wird die Gedächtnisleitung vermindert - Theorie des Adressenverlustes: Zugangsmöglichkeiten zu Gedächtnisinhalten gehen verloren, die Inhalte selber bleiben jedoch unberührt - Theorie der Verdrängung: Kognitive Vermeidung von Inhalten, die sich in der betreffenden Situation als unangenehm erwiesen haben - Prozesse der Interferenz: Ersatz der Gedächtnisinhalte durch andere, ähnlich (vorher oder nachher gelernte) - Vergessen hat nicht nur eine negative Bedeutung, sondern ist auch unabdingbar für die Handlungsfähigkeit des Individuums und soziale Interaktion Lernförderliche Gestaltung - Nutzerorientierter Einsatz von Metaphern - Berücksichtigung von Kulturstereotypen, Standards - Sinnfällige Gruppierung von Information - Konsistente Gestaltung von Abläufen und Bildschirmlayouts Seite 5 von 6 Recall vs. Recognition Erinnern vs. Wiedererkennen Adaptivität Anpassung des Systems an - die Situation (Wetter, Verkehrssituation, Tageszeit, Beleuchtung) - den Nutzer (Präferenzen, Zustand, Kenntnisstand) - Nutzer und Situation Allgemein: - Fähigkeit sich selbstständig an veränderte Bedingungen anzupassen - Ein gegebenes System ändert seine Eigenschaften in Abhängigkeit (system-)externer Informationen. Beispiel 1 Nutzer navigieren wiederholt in einer Menüstruktur Nach fünf Trainingssituationen (je 30‘) wird die Menüstruktur optimiert Im darauffolgenden Durchgang Seite 6 von 6 Spracheingabe Grundsatzproblem: - Wann soll ich sprechen? - Was soll ich sagen? - Wie soll ich sprechen? Interaktion mit einem nichtadaptiven System Lernexperiment im Fahrversuch: 11 Probanden ohne Systemerfahrung je 4 Eingaben von Telefonnummern und Navigationszielen Adaptive MMI oder lernender Nutzer - Hohe Erlernbarkeit des Sprachdialogsystems - Geeignete Gestaltung vorausgesetzt - Lernaufwand ist messbar Adaptive Systeme - Nutzer ist per se hochadaptiv - Stabile, vorhersehbare Gestaltung begünstigt die Adaption des Nutzers (Lernen) - Adaption des Systems löst einen Lernprozess beim Nutzer aus - Adaptive Änderungen des Systems müssen für den Nutzer erkennbar angezeigt werden - Ungünstig eingesetzte Adaptivität kann zu erheblichen Leistungseinbußen und Akzeptanzproblemen führen