Dosis-Wirkungs-Beziehungen

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Grundlagen der Umwelttechnik
7. Toxikodynamik
Vorlesung an der Hochschule Augsburg
Dr. Siegfried Kreibe
Stand 2013
Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “
Copyright: Siegfried Kreibe
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Dosis-Wirkungs-Beziehungen
Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “
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Dosis-Wirkungsbeziehungen (1)
Je höher die Dosis, desto stärker die Wirkung
NOEL = no observed
effect level
LOEL = lowest observed
effect level
links: linear / rechts: logarithmisch
EC50 = Dosis (Konz.),
bei der 50 % des
maximalen Effekts
beobachtet wird.
Kurven-Verlauf meist asymptotisch:
anfangs rasche, später langsamere Zunahme
in Richtung auf die maximale Wirkung
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Dosis-Wirkungsbeziehungen (2)
Verschiedene Wirkungen einer Substanz folgen
unterschiedlichen Dosis-Wirkungs-Beziehungen
Bsp.: therapeutisch erwünschte
Wirkung (1) und unerwünschte
Wirkung (2) eines Medikaments
Für ein und denselben Stoff gilt:
Verschiedene Wirkungen treten bei
unterschiedlichen Dosen erstmals auf
Die Intensivierung verschiedener
Wirkungen wird in unterschiedlicher
Weise von der Steigerung der Dosis
beeinflusst
Das Maximum verschiedener
Wirkungen wird bei unterschiedlichen
Dosen erreicht
Quelle: Fichtl (1992) S. 5
=> Wenn eine Dosis mit Blick auf eine
Wirkung A noch unproblematisch ist,
kann sie mit Blick auf eine Wirkung B
schon kritisch sein.
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Dosis-Wirkungsbeziehung im Kollektiv
Die Empfindlichkeit der Individuen innerhalb eines
Kollektivs ist unterschiedlich wegen Unterschieden in:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Körpergewicht
Geschlecht
Lebensalter
Ernährungszustand
Vorerkrankungen
Erbfaktoren
Lebensweise
Toleranz (Gewöhnung)
...
Quelle: Fichtl (1992) S. 6
EDx = „effektive Dosis“ (Dosis, die einen bestimmten Effekt bei
x % des Kollektivs, also z.B. der Versuchstiere verursacht)
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Charakterisierung toxikologischer
Wirkungen
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Nach Einwirkungsdauer, -häufigkeit
– Akut toxische Wirkung von Stoffen/Dosen:
Wirkung, die nach einmaliger Gabe bzw. kurzer Einwirkzeit einer
relativ hohen Dosis (= akute Exposition) auftritt.
– Chronisch toxische Wirkung von Stoffen/Dosen:
Wirkung, die nach wiederholter Gabe oder langer Einwirkzeit
relativ niedriger Dosen (= chronische Exposition) auftritt.
Davon zu unterscheiden:
• Akute Symptomatik =
plötzlich auftretende, schnell verlaufende Wirkung
• Chronische Symptomatik =
sich langsam entwickelnde oder verlaufende Wirkung
Hinweis:
akute Exposition kann auch chronische
Symptomatik verursachen!
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Nach Reversibilität
– Reversibler Effekt: rückbildungsfähig
z. B. Schleimhautreizung nach leichter SO2-Intoxikation
z. B. Übelkeit nach akuter Alkoholintoxikation
– Irreversibler Effekt: permanent, Dauerschäden
z. B. Lungenkarzinom durch Asbest
z. B. Leberzirrhose durch chronische Alkoholintoxikation
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Teratogenität
Teratogene = Substanzen, die bei Menschen oder Tieren
angeborene Fehlbildungen auslösen können
Hinweise:
– Fehlbildungen können nur verursacht werden von Stoffen, die die
Plazenta-Schranke passieren oder erbgutverändernd wirken
– Fehlbildungen können auch andere Ursachen haben: Strahlung,
Viren
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Mutagenität
Mutagene = Substanzen, die bei Menschen oder Tieren
Mutationen auslösen können
Hinweis:
– Mutagenität gibt Hinweis auf mögliche Karzinogenität und mögliche
Teratogenität
– Die meisten Karzinogene sind auch mutagen und umgekehrt
– Mutationen können auch andere Ursachen haben: Strahlung, Viren
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Karzinogenität
Karzinogene = Substanzen, die bei Menschen oder Tieren
bösartige Tumoren erzeugen können („krebserzeugend“);
auch: Carcinogene, Kanzerogene, Cancerogene
Hinweise:
– Es gibt mehrere Gruppen bösartiger Tumore:
• Karzinome: von Epithel ausgehende Tumoren (Epithel = Zellverband,
der innere oder äußere Körperoberfläche bedeckt, z.B.
Darmschleimhaut)
• Sarkome: von Mesenchym ausgehende Tumoren (Mesenchym =
Stütz-, Bindegewebe, z.B. Knochen)
• ...
– Bösartige Tumoren können auch andere Ursachen haben:
Strahlung, Viren, Erblichkeit...
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Was sind bösartige Tumoren?
– Bösartige Tumoren:
zerstören umgebendes Gewebe und setzen Metastasen
• Körperzelle geht in eine Zelle über, die nicht mehr den
Wachstumsbeschränkungen des jeweiligen Gewebes unterliegt,
sondern sich ungezügelt und ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des
Gesamtorganismus vermehrt.
• Bösartige Tumoren können sich durch freigesetzte Zellen im Körper
ausbreiten (Metastasen-Bildung).
– Gutartige Tumoren:
wachsen ohne direkte Schädigung der Umgebung (allenfalls
mechanische Beeinflussung)
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Krebsentstehung durch Chemikalien
–
Vollständige Karzinogene:
können ohne weitere wirksame Stoffe bösartige Tumoren
erzeugen, reagieren mit DNA, wirken initiierend, Wirkung
irreversibel und additiv, keine Wirkungsschwelle, Latenzzeit
zwischen erstem Kontakt mit einer Substanz und Tumorbildung
8 bis 20 Jahre.
–
Promotoren / Initiatoren (Co-Karzinogene):
Reagieren nicht mit DNA, sind nicht mutagen, fördern aber
Tumorbildung, Wirkung reversibel, Wirkung kann additiv sein,
Wirkungsschwelle möglich
Häufig wirken Karzinogene erst in Kombination mit anderen
Substanzen (Co-Karzinogenen, Promotoren). Z. B. ist Benzpyren
in Kombination mit TPA (kommt im Öl des Krotonölbaumes vor)
mehr als 10 mal so wirksam wie alleine
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Phasen d. chemisch induzierten Krebsentstehung
1. Initiationsphase:
Karzinogen wirkt auf DNA. DNA-Schäden können repariert werden.
Gelingt dies nicht, werden sie bei Zellteilung an Tochterzellen
weitergegeben (irreversibel). Zellen noch ohne autonomes Wachstum.
2. Latenzperiode:
Zeit zwischen Initiation durch ein Karzinogen und Entstehung autonom
wachsender Tumorzellen. Kann durch Einwirken von weiteren
Karzinogenen oder von Promotoren verkürzt werden. Ein Promotor
wirkt auf Zelle ein und fördert oder beschleunigt die Entwicklung von
Tumoren oder deren Vorstufen.
3. Bildung des bösartigen Tumors:
häufig mit gutartigen Tumoren als Vorstufe
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Krebserzeugende Arbeitsstoffe
Liste der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2013): Stoffe, die b.
Menschen Krebs erzeugen u. nennenswerten Beitrag zum
Krebsrisiko leisten:
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Aflatoxine
Arsen und anorganische Verbindungen
Asbest
Benzol
Buchenholzstaub
Cadmium und seine anorganischen Verbindungen (einatembare)
Chrom(VI)-Verbindungen (einatembare)
Eichenholzstaub
Nickel und Nickelverbindungen (einatembare)
Passivrauchen am Arbeitsplatz
...
(insges. 36 Positionen zzgl. einzelner Arsen- u. Nickelverbindungen)
Quelle: MAK- und BAT-Werte-Liste 2013. DFG, WILEY-VCH, Weinheim
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Allergenität
Allergene = Substanzen, die Überempfindlichkeiten in
Form allergischer Reaktionen hervorrufen können
Einer Allergie geht in der Regel eine Sensibilisierung voraus:
1. Sensibilisierung:
Erster Kontakt mit Substanz: Körper reagiert unauffällig, es entstehen
aber Zellen, die Antikörper (spezifische Abwehr-Agentien des Körpers)
auf das sensibilisierende Antigen bilden können (Körper ist sensibilisiert)
2. Allergische Reaktion:
Bei erneutem Kontakt mit Substanz reagieren Antigen (die Substanz) und
Antikörper zum Antigen-Antikörper-Komplex und es kommt zu
Folgereaktionen, die zu allergischen Erscheinungsbildern
unterschiedlicher Art führen können
Bsp.: Berufsdermatitis von Schornsteinfegern oder Teerarbeitern
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Bevorzugte Angriffspunkte toxischer Stoffe
–
Blockade oder Aktivierung von Enzymen
(z.B. Blei hemmt die Schlüsselenzyme der Häm-Synthese)
–
Blockade oder Aktivierung anderer funktioneller Proteine
(z.B. Curare blockiert Rezeptoren der Nerven-MuskelReizübertragung)
–
Entkopplung biochemischer Reaktionsfolgen
(z.B. Cyanide blockieren ATP-Gewinnung in der Atmungskette)
–
Störung von Gleichgewichten im Körper
(z.B. Methanol senkt den pH-Wert im Blut)
–
Reaktion mit Nukleinsäuren
(z.B. Vinylchlorid-Abbauprodukte binden an DNA => Tumoren)
–
Störung von Prozessen an Membranen
(z.B. Phosgen erhöht Durchlässigkeit der Alveolarmembranen
=> Austritt von Plasma => Lungenödem)
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