Grundlagen der Umwelttechnik 5. Biomoleküle und Grundlagen des Stoffwechsels Vorlesung an der Hochschule Augsburg Dr. Siegfried Kreibe Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 1 Autotrophe und heterotrophe Organismen Autotrophe Organismen: bauen durch Fotosynthese organische Substanz aus anorganischer, Materie (CO2 , H2O, …) auf. Heterotrophe Organismen: müssen organische Substanz abbauen, um daraus Energie zu gewinnen und ihre Körpersubstanz aufzubauen. Dabei setzen sie Abbauprodukte (CO2 , H2O, …) frei. Abbauprozesse: Aerob (unter Sauerstoffzufuhr) Anaerob (unter Sauerstoffabschluss; „Gärung“) Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 2 1 Wichtigster Aufbauprozess: Fotosynthese Aufbau von Kohlenhydraten durch Fotosynthese: Licht 2n H2O + n CO2 (CH2O)n + n H2O + n O2 Chlorophyll Kohlenhydrate Zum Beispiel: 6 H2O + 6 CO2 Licht C6H12O6 + 6 O2 Chlorophyll Glucose (der wichtigste Energielieferant) Stand 2008 3 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe Gärung (A) u. Atmung (B) beispielhaft Milchsäuregärung (anaerob) Milchsäure Milchsäure 22CC3HH6OO3 3 6 3 A 1 Reaktionsschritt (Hydrierung) Kohlenhydrate Kohlenhydrate CC6HH12OO6 6 Quelle: Bliefert (2002) S. 22, nach Schidlowski 1973 Stand 2008 6 ca. 10 Reaktionsschritte Glykolyse (anaerob) Brenztrauben Brenztrauben -säure* -säure* 22CC3HH4OO3 3 B Energieausbeute ca. 15 mal so hoch wie bei Milchsäuregärung 12 4 3 Zitronensäurezyklus, Atmungskette (ca. 30 Reaktionsschritte) 66CO CO22++66HH22OO Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe Atmung (aerob: + 6 O2) * Salze = Pyruvate 4 2 Wichtige Biomoleküle Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 5 Wichtige Biomoleküle – Kohlenhydrate sind Hauptenergielieferant für die meisten Tiere sowie wichtigstes Struktur- und Speichermaterial von Pflanzen. – Lipide sind Verbindungen, die mit unpolaren Lösungsmitteln aus Gewebe extrahiert werden können. Sie sind die wichtigste Energie-Speicherform des Körpers. – Proteine (Eiweiße) erfüllen vielfältige Funktionen im Körper, sie sind Bestandteil von Muskeln, Sehnen, Knorpel und von Enzymen. – Nukleinsäuren (DNS und RNS) sind Träger der Erbinformation (DNS) und haben zentrale Funktionen bei der Proteinbiosynthese (RNS). Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 6 3 Kohlenhydrate: Aufbau – Monosaccharide Glucose (G), Fructose (F) und viele andere G F – Disaccharide (bestehen aus zwei Monosacchariden) z.B. Saccharose (besteht aus Glucose und Fructose) G F – Polysaccharaide (bestehen aus vielen Monosacchariden) z.B. Cellulose (>10.000 Glucose-Einheiten) G Stand 2008 G G G Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 7 Lipide: Aufbau – Die häufigsten Lipide sind Fette (Neutralfette) – Fette sind aus drei Fettsäuremolekülen und Glycerin zusammengesetzt: Fettsäure Fettsäure + Glycerin => Fett Fettsäure Fettmoleküle können drei gleiche oder unterschiedliche Fettsäuren enthalten Quelle: Lehninger S. 338 Es gibt gesättigte Fettsäuren (ohne Doppelbindungen) und ungesättigte Fettsäuren (mit Doppelbindungen) Es gibt auch „polare Lipide“ (z.B. Phospholipide) Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 8 4 Proteine: Aufbau Proteine sind Ketten von Aminosäuren Es gibt 20 verschiedenen Aminosäuren (= verschiedene „R“) H Aminosäure: H2N C COOH R Protein: Stand 2008 H O N C C H R1 „R“ kann: polar, apolar sein negativ, positiv geladen sein verschiedene funktionelle Gruppen tragen H O N C C H R2 H O N C C H R3 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe H O N C C H R4 9 Proteine: die 20 Aminosäuren Quelle: F. Gmünder, ETH Zürich Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 10 5 Proteine: Vielfalt – Durch Kombination von 20 unterschiedlichen Aminosäureresten kann eine unvorstellbare Vielfalt an Proteinen entstehen Bsp.: eine Kette mit einer Länge von 20 Aminosäureresten, in der jede Aminosäure nur einmal vorkommt, kann auf 2*1018 verschiedene Arten aufgebaut sein. – Ein Protein enthält ca. 50 bis 1800 (und mehr) Aminosäurereste – Proteine sind auf spezifische Weise gefaltet durch: • Zusammenlagerung (z.B. von apolaren Resten) • Abstoßung (z.B. von gleich geladenen Resten) • Bindungen zwischen verschiedenen Aminosäureresten • etc. Stand 2008 11 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe Nukleinsäuren (DNS, RNS) Ein Nukleotid – DNS und RNS sind Nukleotid-Ketten Die DNS bildet Doppelketten (Doppelhelix) – Jedes Nukleotid besteht aus • Einem Phosphat-Rest • Einem Zucker-Molekül: Ribose (RNS) oder Desoxyribose (DNS) • Einer stickstoffhaltigen Base Cytosin, Uracil, Thymin, Adenin oder Guanin – DNS und RNS verwenden nur jeweils vier der fünf stickstoffhaltigen Basen – Durch Kombination von vier Nukleotiden werden die Erbinformationen verschlüsselt – Das menschliche Genom ist in ca. 4,4 Mrd. Nukleotidpaaren verschlüsselt Stand 2008 DNS Molekül Quelle: G. Vogel (1968), S. 30 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 12 6 Enzyme Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 13 Enzyme sind Biokatalysatoren – Enzyme sind Proteine, die als Biokatalysatoren wirken. – Enzyme werden bei der Reaktion nicht verbraucht. – Enzyme beschleunigen chemische Reaktionen durch Senkung der Aktivierungsenergie. Quelle: Lehninger (1987), S. 234 Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 14 7 Enzym sind hochspezifisch – Enzym passt zum Substrat wie Schloss zum Schlüssel – Enzyme sind hochspezifisch Quelle: Lehninger (1987), S. 231, 245 Größenvergleich Stand 2008 Das aktive Zentrum (Bsp.) Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 15 Enzyme: Reaktionsgeschwindigkeit Enzym (E) und Substrat (S) bilden Enzym-Substrat-Komplex (ES), der das Enzym nach der Reaktion zum Produkt (P) wieder freisetzt 1. E+S ES (schnell) 2. ES E + P (langsam) Reaktion 2 bestimmt die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion Reaktionsgeschwindigkeit der Gesamtreaktion (V) ist maximal, wenn gesamtes Enzym als ES vorliegt (Enzymsättigung) Quelle: Lehninger (1987), S. 235 Stand 2008 V steigt mit zunehmender Substratkonzentration bis zur Enzymsättigung Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 16 8 Im Stoffwechsel wirken Multienzymsysteme – – Substrate werden in der Regel von mehreren Enzymen schrittweise abgebaut Jedes Enzym katalysiert dabei spezifisch einen Reaktionsschritt Quelle: Bogen 1967 S. 205 Bsp.: es gibt ca. 4000 unterschiedliche Enzym-katalysierte Reaktionen im Darmbakterium Escherischia coli Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 17 Enzyme: Steuerung Enzym-Steuerung erfolgt durch Substrate oder Produkte von Enzymreaktionen, durch Hormone, Gifte und andere Stoffe Mechanismen der Enzymsteuerung: • Enzyminduktion: Enzym-Produktion wird gestartet/gesteigert • Enzymrepression: Enzym-Produktion wird gestoppt/gebremst • Enzymaktivierung: vorhandene Enzyme werden in einen wirksamen Zustand versetzt • Enzymhemmung: vorhandene Enzyme werden in einen unwirksamen Zustand versetzt Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 18 9 Enzym-Steuerung: Beispiel für Induktion (1) Substrat A „schaltet“ im Zellkern Gene für Enzym-Produktion ein (2) Zellkern produziert Messenger-RNA (Enzym-Bauplan) (3) an den Ribosomen werden Enzyme f. d. Abbau von A gebildet Quelle: Lehninger (1987) S. 383 Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 19 Zellstoffwechsel Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 20 10 Zellatmung und Zitronensäurezyklus 1. Verdauung der Nährstoffe zu Monosacchariden, Aminosäuren etc. 2. Stufe 1 der „Zellatmung“: Abbau von Nährstoffen zu zwei-C-Bruchstücken, der Acetylgruppe von Acetyl-CoA 3. Stufe 2 der „Zellatmung“: Abbau des Acteyl-CoA im Zitronensäurezyklus. Zitronensäurezyklus = oxidativer Abbau der Nährstoffe zu CO2 („Drehscheibe des Stoffwechsels“). Die im Zitronensäurezyklus gebildeten energiereichen H-Atome werden in Form von NADH (Nicotinamid-AdeninDinukleotid) weitergereicht an: 4. Stufe 3 der Zellatmung: „Atmungskette“ Quelle: Vogel (1968), S. 302 Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 21 Atmungskette 4. Stufe 3 der Zellatmung: „Atmungskette“ Hier größter Teil der Energieerzeugung. Der Zitronensäurezyklus liefert nur wenig Energie. In der Atmungskette werden energiereiche H-Atome der NADH mit molekularem Sauerstoff zu Wasser umgesetzt. Mit der dabei freiwerdenden Energie wird ADP zu ATP umgesetzt. Zitronensäurezyklus und Atmungskette sind in den Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“) lokalisiert. Quelle: Lehninger (1987), S. 482 Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 22 11 ATP: wichtigster Energieträger der Zelle – Speicherung von Energie im Stoffwechsel durch Umwandlung von ADP (Adenosindiphosphat) zu ATP (Adenosintriphosphat) – Diese Energie wird bei Bedarf wieder freigesetzt durch Hydrolyse von ATP zu ADP Pro Tag setzt der Körper ca. 190 kg ADP zu ATP um Im Körper vorhandene ATP-Menge: 50 g Quelle: Lehninger (1987), S. 379 Stand 2008 Vorlesung „Grundlagen der Umwelttechnik “ Copyright: Siegfried Kreibe 23 12