Wilms Tumor Nephroblastoma - State of the Art Der Wilms-Tumor bzw. das Nephroblastom wurde erstmals 1814 von Rance als renale Neoplasie klassifiziert (Rance 1814) und 1899 von dem Chirurgen Max Wilms in einer 90-seitigen Monographie &bdquo;Die Mischgeschwülste der Niere&ldquo; ausführlich beschrieben (Wilms 1899). Der ehemals immer zum Tod führende Tumor gilt heute als das Paradebeispiel einer heilbaren malignen Erkrankung. Die Verbesserungen in der Behandlung des Nephroblastoms fußen insbesondere auf den Fortschritten in der Chirurgie, der Radiotherapie und in der Entwicklung effektiver Chemotherapien. Interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fachdisziplinen (Radiodiagnostiker, Chirurgen, Radiotherapeuten, Pathologen, Pädiater) und prospektive randomisierte Therapiestudien haben einen erheblichen Beitrag zu diesem Erfolg geleistet. Epidemiologie Die Inzidenz des Wilms-Tumors liegt bei 7 pro 1.000.000 Kinder unter 15 Jahren. In der Bundesrepublik Deutschland ist jährlich mit ca. 100 Neuerkrankungen zu rechnen. Mit 6 % aller kindlichen Malignome stellen Nephroblastome den häufigsten bösartigen Nierentumor im Kindesalter dar (Steliarova-Foucher et al. 2004, 2005; Pastore et al. 2006). Weltweit treten Wilms-Tumoren seltener bei Jungen als bei Mädchen auf. Es bestehen allerdings Unterschiede hinsichtlich der Inzidenz in unterschiedlichen ethnischen und geographischen Regionen. So liegt die Rate an Nephroblastomen in asiatischen Ländern deutlich unter der Rate in den USA oder in Europa. Die Altersverteilung zeigt einen Gipfel zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr. Kinder mit einem bilateralem Tumor weisen einen niedrigeren Altersgipfel auf (Breslow et al. 1993; Gutjahr et al. 1990; Pastore 2006). Ätiologie und Risikofaktoren 1964 berichten Miller und Mitarbeiter erstmals über eine Assoziation zwischen Wilms-Tumor und Aniridie. Seit dieser Zeit ist die Assoziation des Nephroblastoms mit weiteren und unterschiedlichen Fehlbildungen bekannt. Zu diesen zählen insbesondere Hemihypertrophie und urogenitale Fehlbildungen (Kryptorchismus, Hypospadie, Pseudohermaphroditismus und Gonadendysgenesie). Aniridie und Hemihypertrophie treten in der Normalbevölkerung ausgesprochen selten auf. Bei Kindern mit diesen Anomalien sollte deshalb regelmäßig auf das Auftreten eines WilmsTumors geachtet werden. Der Wilms-Tumor tritt gehäuft bei Kindern mit dem WAGR-Syndrom (Wilms-Tumor, Aniridie, genitale Missbildung, Retardierung), dem Beckwith-Wiedemann-Syndrom(BWS; Hemihypertrophie, Omphalozele, Makroglossie), dem Denys-Drash-Syndrom (DDS; Pseudohermaphroditismus, Glomerulopathie und Wilms-Tumor), dem Perlman-Syndrom (Makrozephalus, tief sitzende Augen und Ohren, Makrosomie und Organomegalie) und der Neurofibromatose Recklinghausen auf. Umweltfaktoren spielen nach heutigem Erkenntnisstand keine Rolle in der Genese des Nephroblastoms (Birch u. Breslow 1995; Breslow et al. 1993). Pathogenese Molekularbiologie und Genetik Das Nephroblastom ist ein genetisch heterogener Tumor. Seine Entstehung ist wesentlich komplexer als durch das einfache &bdquo;Two-hit-Paradigma&ldquo; zu beschreiben, das beim Retinoblastom entwickelt wurde (Coppes et al. 2000). In die Entwicklung dieses Tumors sind nicht nur unterschiedliche Gene involviert, sondern auftretende Mutationen können zudem eine inkomplette Penetranz aufweisen (Dome et al. 2002; Malik et al., 2001). Als Mechanismen der Tumorentwicklung werden neben Genmutationen, der Verlust von Heterozygotie (&bdquo;loss of heterozygosity&ldquo;, LOH) und von Imprinting (&bdquo;loss of imprinting&ldquo;, LOI) gefunden. Das Nephroblastom weist jedoch meistens einen euploiden Chromosomensatz auf, und die Frequenz des Verlustes von Heterozygotie im Genom liegt auf einem sehr niedrigen Niveau von weniger als 5 % (Huff 1998). Mehrere Gene sind bekannt, die eine entscheidende Rolle in der Entstehung des Nephroblastoms spielen. Bis heute wurde jedoch lediglich das Wilms-Tumorsuppressorgen wtl auf Chromosom 11p13 kloniert (Gessler et al. 1990, 1992). Deletionen dieses Gens finden sich in 10&ndash;30 % der WilmsTumoren (Grundy et al. 1988). Weitere Wilms-Tumorkandidatengene wurden auf den Chromosomen 11p15.5 (wt2), 16q (wt3) 17q12-q21 (wt4; fwt1) und 7p15-p11.2 (wt5) lokalisiert. Numerische und strukturelle Veränderungen betreffen insbesondere die Chromosomen 1, 6, 7, 8, 11, 12, 16, 17 und 18 (Klamt et al. 1998). LOH betrifft dabei am häufigsten (ca. 40 %) 11p, seltener wird es für 1p, 7p und 16q beobachtet (Grundy et al. 1995; Huff 1998). Neben diesen genetischen Alterationen werden epigenetische Alterationen beobachtet, die in erster Linie LOI von 11p15.5, aber auch von 11p13 betreffen. Eine präoperative Chemotherapie führt zur Änderung des Musters involvierter Gene im verbliebenem vitalen Tumor, wodurch die Identifikatiion von Genen, die mit Therapieresistenz einhergehen, ermöglicht wird (Schlomm et al. 2005). Syndrome und kongenitale Anomalien mit einer Prädisposition für Nephroblastome und deren Häufigkeit (Bürger et al. 1986; Cowell et al. 1989; Gronskov et al. 2001; Rump et al. 2005) SIOP [ %] NWTS [ %] Syndrome/Anomalien mit vermehrtem Wachstum Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS) Risiko für Tumoren 5 - 10% Loss of imprinting von LIT1 1 - 5% Loss of imprinting von LIT1 und H19 (UPD 11p15) 25 - 30% Normales Methylierungsmuster ? ? Isolierte Hemihypertrophie 3,13 2,47 Perlman-Syndrom <1,00 &ndash; Sotos-Syndrom <1,00 &ndash; Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom <1,00 &ndash; Syndrome/Anomalien ohne Wachstumsstörungen WAGR-Syndrom <1,00 &ndash; Augenmissbildungen 2,17 1,21 Isolierte Aniridie &ndash; 0,84 Denys-Drash-Syndrom (DDS) <1,00 &ndash; Urogenitale Missbildungen 4,41 4,61 ZNS-Missbildungen 1,66 0,47 Bloom-Syndrom <1,00 &ndash; Trisomie 18 <1,00 &ndash; M. Recklinghausen <1,00 &ndash; Familiärer Wilms-Tumor 1,00 &ndash; WilmsTumorsuppressorgen wt1 WT1 Bei Wilms-Tumorpatienten mit dem seltenen WAGR-Syndrom wurde eine zytogenetische Deletion gefunden, die immer die Bande 11p13 umspannt (Fischbach et al. 2005; Francke et al. 1979; Riccardi et al. 1978). Patienten mit entsprechender Deletion haben oft auch urogenitale Missbildungen und sind geistig retardiert. Diese Ergebnisse, zusammen mit der Analyse von überlappenden Deletionen verschiedener Patienten (Couillin et al. 1989; Cowell et al. 1989; Human Gene Mapping 10 1989; Van Heyningen et al. 1985) führten zur Isolierung des wt1Gens, das spezifisch in der Niere exprimiert wird und eine Schlüsselrolle in der urogenitalen Entwicklung spielt (Call et al. 1990; Gessler et al. 1990, Wagner et al. 2003). wt1 besteht aus 10 Exonen und kodiert für ein Protein mit vier http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor carboxyterminalen Zinkfingern (ZF) und einer mehr aminoproximal gelegenen prolin-/glutaminreichen (Pro/Gln) Domäne. Es stellt ein Tumorsuppressorgen mit den Eigenschaften eines Transkriptionsfaktors dar. Für die ZF-Region wurde eine spezifische DNA-Bindung nachgewiesen, während die Pro-/Gln-reiche Region bei der Regulation der Transkription entscheidend ist (Madden et al. 1991; Rauscher et al. 1990). Insbesondere werden Promotoren kritischer Gene für das Zellwachstum über das Wilms-Tumorprotein gesteuert (Ellisen 2002; Malik et al. 2000). Hierzu zählen der &bdquo;insulinlike growth factor 2&ldquo; (IGF-2), der &bdquo;platelet-derived growth factor A&ldquo; (PDGFA), der &bdquo;epidermal growth factor receptor&ldquo; (EGFR) und der &bdquo;retinoic acid receptor a&ldquo; (RAR-a). Die Behandlung primärer Kulturen des Wilms-Tumors mit ATRA (all-trans retinoic acid) führt zu einer Umkehr der Genexpression im Tumor (Zirn et al. 2005). Über alternative Spleißprozesse entstehen unterschiedliche Isoformen des Proteins (Baudry et al. 2000; Lamond 1995, Shibata et al. 2002). So kann das 5. Exon vollständig fehlen oder durch einen alternativen Spleißprozess können im Intron 9 drei weitere Aminosäuren (Lys-Thr-Ser, KTS) zwischen dem 3. und 4. Zinkfinger eingefügt werden. Diese unterschiedlichen Spleißprozesse führen zu unterschiedlichen Funktionen des entsprechenden Wilms-Tumorproteins (Lamond 1995). Insofern determinieren spezifische Veränderungen im Genotyp den Phänotyp. Eindrucksvoll gezeigt werden kann dies an einer spezifischen wt1-Spleißmutation, bei der der Verlust der +KTS-Isoform vorliegt. Hierdurch ist das Frasier-Syndrom bedingt (Barbaux et al. 1997), das durch einen männlichen Pseudohermaphroditismus und eine progressive Glomerulopathie, die in der Adoleszenz zum Nierenversagen führt, charakterisiert ist. Diese Patienten entwickeln häufig ein Gonadoblastom, aber keinen Wilms-Tumor. Somit stellt die Regulation dieses Spleißingprozesses einen kritischen Faktor in der Entwicklung des Urogenitalsystems, aber auch der Tumorentstehung dar (Davies et al. 1999). Wegen der Schlüsselfunktion in der urogenitalen Entwicklung führen Keimbahnmutationen im wt1-Gen oft zu urogenitalen Missbildungen (Huff 1998). So u. a. beim WAGR-Syndrom und beim Denys-Drash-Syndrom. Bei Letzteren liegt eine Punktmutation im wt1-Gen vor, die zu einer Verkürzung des Proteins am C-terminalen Ende der ZF-Region führt (Patek et al. 1999; Rauscher et al. 1990; McTaggart et al. 2001). Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass diese Verkürzung des murinen WT1 zu den charakteristischen urogenitalen Missbildungen des Denys-Drash-Syndroms und auch zum Wilms-Tumor in der Maus führt (Patek et al. 1999). Im Gegensatz zum WAGR-Syndrom, das durch eine Haploinsuffizienz des wt1 und weiterer Genloci charakterisiert ist, resultiert das Denys-Drash-Syndrom aus einer dominant-negativen Wirkung der wt1-Mutation (Patek et al. 1999). Selten (5 %) finden sich Keimbahnmutationen ohne kongenitale Anomalien. Bei diesen Patienten treten aber häufiger bilaterale Tumoren auf (Huff 1998). Dagegen sind unilaterale Tumoren durch somatische und nicht durch Keimbahnmutationen charakterisiert (Huff 1998). Dies steht völlig im Einklang mit dem genetischen Modell, das besagt, dass unilaterale Tumoren durch somatische Mutationen entstehen, während bilaterale Tumoren eine Keimbahnmutation im wt1-Gen aufweisen. Auf zellulärer Ebene handelt es sich um eine rezessive Wirkung der wt1-Mutationen. Es müssen immer beide Allele des wt1 betroffen sein, damit sich ein Tumor entwickeln kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob beide Allele mutiert oder deletiert sind oder das eine Allel eine Mutation aufweist, während das andere Allel deletiert ist (Huff 1998). Veränderungen im wt1-Gen findet man bei verschiedenen Neoplasien. Hierzu zählen nicht nur der Wilms-Tumor, sondern auch Mesotheliome, Leukämien und Mammakarzinome (Little et al. 1999). In einer Leukämiezelllinie konnte erstmals der tumorsupprimierende Effekt der wt1-Expression und damit ein direkter Zusammenhang von wt1 an der Leukämieentwicklung nachgewiesen werden (Smith et al. 2000). Beim Wilms-Tumor ist die Keimbahnmutation von wt1 gehäuft mit stromareichen Nephroblastomen assoziiert (Schumacher et al. 1997). Dies belegt eindrucksvoll das klassische Zwei-Hit-Modell der Tumorentstehung und die enge Assoziation eines Genotyps mit einem morphologischen Bild (Schumacher et al. 1997; Strong 2003). Insgesamt weist aber nur ein geringer Anteil von Wilms-Tumoren (10&ndash;30 %) Deletionen oder Mutationen von wt1 auf (Huff 1998). Dies bedeutet entweder, dass die wt1-Funktion durch andere genetische Alterationen als durch direkte Mutationen im Bereich 11p13 gestört ist oder dass andere genetische Veränderungen zur Entstehung der meisten Wilms-Tumoren notwendig sind. So können auch Mutationen von Promotoren der wt1-Expression zur fehlenden Expression des Gens führen. Dieser Mechanismus wurde bisher nur selten nachgewiesen (Grunning et al. 1996). Ein unterschiedliches Imprinting in der wt1Antisense-regulatorischen Region (wt1-as), das im normalen Nierengewebe im Vergleich zum Wilms-Tumorgewebe gefunden wurde, führt ebenfalls zu einer gestörten wt1-Funktion. In Wilms-Tumoren liegt dabei eine Hypomethylation und biallelische Expression von wt1-as vor (Malik et al. 2000). Somit tragen auch epigenetische Fehlregulationen von wt1 zur Tumorentstehung bei. Die Funktion von wt1 kann aber auch ausschließlich durch Veränderungen des translatierten Proteins gestört sein. All dies unterstreicht deutlich die Heterogenität der molekularen Pathomechanismen von WilmsTumoren. Genetische Veränderungen außerhalb von 11p13 Als Ursache für das Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS) spielen sowohl eine väterliche uniparentale Disomie (UPD) als auch ein verändertes Imprinting von BWS-Kandidatengenen in der Chromosomenregion 11p15.5 eine Rolle (Cohen et al. 2005; Cooper et al. 2005; Dao et al. 1999; Koufos et al. 1989; Li et al. 1998; Maher u. Reik 2000; Ping et al. 1989; Weksberg et al. 2005). Die Assoziation dieses Syndroms mit Wilms-Tumor weist daher auf ein zweites Gen in 11p15.5 (wt2) hin, das bei der Entwicklung von Wilms-Tumoren eine Rolle spielen könnte. Es gibt Hinweise darauf, dass beide Gene wt1 und wt2 bei der Tumorentwicklung kooperieren, da Nephroblastome mit konstitutionellen Deletionen der Region 11p13 und LOH von 11p15.5-Markern im Tumor beschrieben wurden (Haber et al. 1990; Henry et al. 1989). Die Bande 11p15.5 kodiert für mehrere Gene, wobei deren Expression durch Imprinting modifiziert wird. Dies führt dazu, dass immer nur eines der beiden Allele aktiv ist. Welches Allel exprimiert wird, wird dabei durch die Herkunft &ndash; ob vom Vater oder von der Mutter &ndash; bestimmt. In der Bande 11p15 liegen neben anderen Genen zwei &bdquo;wachstumshemmende&ldquo; Gene [cdkn1c (auch bekannt als p57KIP2) und h19] und ein &bdquo;wachstumsförderndes&ldquo; Gen (igf2). Imprinting führt dabei normalerweise zur Expression des mütterlichen h19- und cdkn1-Allels und des väterlichen igf2-Allels. Alle drei Gene spielen eine Rolle beim BWS und in der Tumorentwicklung. Der &bdquo;insulin-like growth factor 2&ldquo; (IGF2) stellt einen mitogenen Faktor dar, der in vielen Zelltypen prä- und postnatal zur Expression kommt. cdkn1 kodiert für einen cyclinabhängigen Kinaseinhibitor, der zu einem Stopp im Zellzyklus in der G1-Phase führt. h19 spielt eine Rolle in der http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Wachstumssuppression durch Veränderung der Expression von igf2. Die väterliche UPD als Ursache des BWS stimmt dabei gut mit der Expression der Gene in 11p15.5 überein, indem die väterlich exprimierten Gene wachstumsfördernd und die mütterlich exprimierten Gene wachstumshemmend sind (Maher u. Reik 2000). Frühe Beobachtungen bei WilmsTumoren zeigten, dass Unterschiede in der Expression der 11p-Loci, in Abhängigkeit der elterlichen Herkunft der Allele, eine Rolle in der Tumorentwicklung spielen (Schroeder et al. 1987). So fehlen im Falle von LOH die mütterlichen Allele im Tumor mit dem daraus resultierendem Überwiegen väterlicher wachstumsfördernder Allele. Ein LOH kann zur Reduplikation oder somatischer Rekombination des zweiten Chromosoms führen, wodurch zwei Kopien identischer Chromosomen bzw. Chromosomenarme entstehen (Huff 1998; Steenman et al. 2000). Im Fall des Wilms-Tumors führt dies in der Region 11 p15 zu einem Nettoverlust der Expression von h19 und cdkn1, den wachstumshemmenden mütterlichen Genen. Das Wilms-Tumorkandidatengen wt2 ist über diesen spezifisch mütterlichen Verlust von Heterozygotie von 11p15.5 definiert (Dao et al. 1999). Der gleiche Effekt kann auch durch epigenetische Fehlregulationen hervorgerufen werden. So ist beim Wilms-Tumor das h19-Gen in dieser Region durch Imprinting hypermethyliert und eine Expression unterbunden. Bei gleichzeitiger pathologischer biallelischer Expression von igf2 kommt es zu einem Überwiegen der Expression wachstumsfördernder väterlicher Gene (Dao et al. 1999). Interessanterweise wurde der Verlust der Expression von h19 auch in präneoplastischen nephrogenen Resten gefunden (Cui et al. 1997). Neben Wilms-Tumoren findet sich LOH und LOI von 11p15 auch in anderen Tumoren (Li et al. 1995), was auf die allgemeine Bedeutung einer veränderten Expression der Gene des Locus 11p15 im Rahmen der Tumorgenese hinweist. LOI von IGF2 charakterisiert dabei verschiedene biologische Subtypen des Wilms Tumors (Ravenel et al. 2001). Das Risiko der Entwicklung von Tumoren ist entscheidend abhängig von den Genen mit LOI in dieser Region. Bei UPD und LOI von LIT1 und H19 ist das Risiko am höchsten und liegt bei bis zu 45 % (siehe Tabelle 74.1, Rump et al. 2005). LOH von Chromosom 16q findet sich in ca. 20 % der Tumoren. Hieraus wird auf die Existenz eines dritten Wilms-Tumorgens (wt3) geschlossen (Grundy et al. 2005; Maw et al. 1992; Safford et al. 2003). Bei LOH von 16q scheint es sich um einen prognostisch ungünstigen Marker zu handeln (Klamt et al. 1998; Grundy et al. 2005). Eine ähnliche Korrelation zur Prognose zeigen auch LOH von 11q und 22q (Grundy et al. 1994). Diese Veränderungen sind mit anaplastischen Wilms-Tumoren assoziiert (Grundy et al. 1994). Der Nachweis von Veränderungen an Chromosom 17p beim Wilms-Tumor führte zur Analyse von p53-Mutationen. Der Vergleich mit der Histopathologie zeigt dabei eine enge Assoziation von p53-Mutationen mit anaplastischen Tumoren (Bardeesy et al. 1994) oder fortgeschrittener Erkrankung (Malkin et al. 1994). Die Restorierung der p53 Funktion ist in vitro möglich und es wird spekuliert, ob dies in der Therapie der anaplastichen Wilmstumoren eine Rolle spielen wird (Delatte et al. 2001). In der Entwicklung des Wilmstumors spielt zudem der Wnt/ß-catenin Pathway eine Rolle (Zirn et al. 2005, 2006). Ein weiteres Wilms-Tumorkandidatengen wird auf 7p15-p11.2 (wt5) (Miozzo et al. 1996; Sossey-Alaoui et al. 2003), bzw. 7p14 (Perotti et al. 2004) vermutet. Daneben ist eine Vermehrung genetischen Materials auf 1q mit einer schlechten Prognose assoziiert (Hing et al. 2001). In einer Reihe von Labors werden mittels Chip-technologie Genexpressionsanalysen durchgeführt, um prognostische Genkombinationen zu identifizieren (Yuan et al. 2005; Zirn et al. 2006). Daneben ist ein Vergleich der Genexpression während der embryonalen Nierenentwicklung möglich (Dekel 2003), um dadurch neue Targets für zukünftige Therapie zu finden. Hierachische Clusteranalyse von 52 intermediären Tumoren und 8 Tumoren mit hoher Malignität. Dargestellt sind 74 Gene. Individuelle Tumoren sind durch vertikale Spalten gekennzeichnet. Grüne Quadrate kennzeichnen herunterregulierte und rote Quadrate hochregulierte Gene (Zirn et al. 2006). Familiärer WilmsTumor Eine familiäre Häufung liegt bei ca. 1 % aller Kinder vor. Sie folgen einem autosomal-dominanten Erbgang mit variabler Penetranz (Breslow et al. 1988; Ruteshouser et al. 2004). Hierzu zählen alle bilateralen Tumoren. Die meisten unilateralen Tumoren sind nicht erblich. Kopplungsanalysen in drei Familien mit erblicher Prädisposition für WilmsTumoren ohne assoziierte Anomalien haben weder eine Kopplung mit 11p13 noch mit 11p15 ergeben (Grundy et al. 1995; Huff et al. 1988; Schwartz et al. 1991). Deshalb wurde für diese familiäre Form des Wilms-Tumors ein weiteres Gen postuliert (Grundy et al. 1988; Schwartz et al. 1991). Die Untersuchung einer großen kanadischen Familie mit 7 bestätigten Fällen von Wilms-Tumor über 3 Generationen führte zur Entdeckung eines solchen Kandidatengens auf Chromosom 17q12q21 [fwt1 (wt4); Rahman et al. 1996, 1998]. In der Familie wurden keine anderen Malignome oder kongenitalen Anomalien gefunden. Interessanterweise lag das durchschnittliche Alter bei Diagnose mit 5 Jahren relativ hoch und überwiegend lagen unilaterale Tumoren vor. Besonderheiten in den histologischen Subtypen waren nicht zu verzeichnen. Neben dem fwt1-Kandidatengen wird ein weiteres familiäres Wilms-Tumorgen (fwt2) vermutet, da in 6 weiteren Fällen von 2 Familien keine Veränderungen im fwt1 und wt1 gefunden wurden und diese Patienten ein deutlich niedrigeres Alter bei Diagnose aufwiesen als Patienten mit fwt1-Mutationen (Rahman et al. 1998). Nephrogener Rest und Nephroblastomatose Nephrogene Reste bzw. eine Nephroblastomatose können als Vorstufen eines Nephroblastoms auftreten und diagnostiziert werden (Beckwith et al. 1990). Der Begriff Nephroblastomatose wurde erstmals 1961 von Hou und Holman benutzt, um eine ausgeprägte bilaterale Nephromegalie bei einem Frühgeborenen zu beschreiben. Charakteristisch fanden sie eine erhaltene Nierenform bei diffus verändertem embryonalem Parenchym der Nieren, das dem Aussehen bei Wilms-Tumoren glich. Die Definition der Nephroblastomatose ist seither in ständigem Fluss. Synonym wird manchmal der Begriff &bdquo;nephrogener Rest&ldquo; benutzt. Hierunter sollten jedoch alle Läsionen zusammengefasst werden, die potentielle Vorstufen des Nephroblastoms darstellen. Die Nephroblastomatose ist dann als das diffuse oder multifokale Auftreten von nephrogenen Resten definiert. Eine andere Definition charakterisiert die Nephroblastomatose als ein Spektrum von Entitäten mit persistierendem abnormalem embryonalem Nierengewebe jenseits der 36. Gestationswoche. Von Beckwith sind die verschiedenen Formen der Nephroblastomatose entsprechend ihrer Lokalisation im Nierenlappen in folgende Formen unterteilt worden: &ndash; perilobäre Nephroblastomatose, &ndash; intralobäre Nephroblastomatose, &ndash; gemischt peri-/intralobäre Nephroblastomatose, &ndash; panlobäre Nephroblastomatose (Beckwith et al. 1990). Der Einfluss einer abnormalen metanephrischen Differenzierung auf die http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Entstehung des Wilms-Tumors bleibt weiterhin unklar (Beckwith et al. 1990; Stone et al. 1990). Trotz der histologischen Ähnlichkeit zum Wilms-Tumor verhält sich die Nephroblastomatose wie Residuen von primitivem embryonalem Gewebe und scheint keine invasive oder metastatische Tendenz zu besitzen (Hennigar et al. 1989). Das maligne Potential der Nephroblastomatose ist gut begründet in ihrer hohen mitotischen Aktivität und der engen Assoziation mit dem WilmsTumor. Der wohl wichtigste Hinweis, dass es sich bei der Nephroblastomatose um eine prämaligne Läsion handelt, ist ihr Vorkommen in ungefähr 40 % aller Kinder mit einem Wilms-Tumor, verglichen mit einer Häufigkeit von 0,6 % in kindlichen Autopsieserien (Stone et al. 1990). Die Progression von einer Nephroblastomatose zum Nephroblastom wird beobachtet (Heidemann et al. 1985; Stone et al. 1990). Die Nephroblastomatose repräsentiert möglicherweise die 1. Mutation im TwoHit-Modell der Entstehung des Wilms-Tumors (Stone et al. 1990). Deletionen von Chromosom 11p als auch epigenetische Fehlregulationen in der Region 11p15.5 sind bei der Nephroblastomatose gefunden worden (Cui et al. 1997; Hennigar et al. 1989; Riccardi et al. 1978) und sind ein weiterer Hinweis, dass es sich hierbei um eine Vorstufe des Wilms-Tumors handelt. Bei weiteren Nierentumoren des Kindesalters ist der histogenetische Ursprung unklar. Das Klarzellensarkom stellt jedoch möglicherweise die maligne Variante des mesoblastischen Nephroms dar. Bei dem malignen Rhabdoidtumor handelt es sich allerdings nicht um einen ausschließlich in der Niere vorkommenden Tumor, sondern er ist in vielfältigen extrarenalen Lokalisationen beschrieben worden (Beckwith 1982; Delemarre et al. 1996; Schmidt u. Beckwith 1995). Molekulargenetisch weist dieser Tumor Mutationen von ini1 auf Chromosom 22q11.2 auf (Biegel et al. 1999). Pathologie und pathohistologische Klassifikation Histopathologie Trotz enormer Fortschritte in der molekulargenetischen Charakterisierung der Nephroblastome beruht die Diagnose des Nephroblastoms auf der histopathologischen Klassifikation (Beckwith 1982; Schmidt u. Beckwith 1995). In den meisten Fällen tritt dieser Tumor einzeln und unilateral auf. Aber auch multizentrisches Wachstum und bilaterale Tumoren sind nicht selten. Ungefähr 5 % aller Wilms-Tumoren treten bilateral auf (Breslow et al. 1993; Gutjahr et al. 1990). Makroskopisch imponiert der Tumor als solide Raumforderung, die die Niere überschreiten kann. Er ist häufig gelappt, aber auch zystisch und weist oft enzephaloide Areale auf. Klassische Nephroblastome (Mischtyp) sind renale Tumoren mit einer blastemischen, epithelialen (Tubuli) und mesenchymalen Komponente (Stroma). Der Anteil dieser drei Komponenten kann stark variieren, sodass es sich nicht immer um triphasische Tumoren handelt. Gemäß dem Konzept von Wilms ist das Nephroblastom ein Tumor mesodermalen Ursprungs und entwickelt sich in der embryonalen Niere. Damit erklärt sich die Vielfalt der Differenzierungen. Der Tumor besteht aus lockerem myxoiden Stroma, in dem sich Zellhaufen mit hyperchromatischen ovoiden Kernen entwickeln, dem Blastem. In diesem Blastem formieren sich Rosetten, Tubuli und pseudoglomeruläre Strukturen. Im Stroma findet sich nicht selten eine besondere Differenzierung &ndash; am häufigsten in Form quer gestreifter Muskulatur &ndash; daneben auch in Knorpel, Knochen, Fett und neurale Elemente. Pathohistologische Klassifikation Die pathohistologische Klassifikation kindlicher Nierentumoren erfolgt für primär chemotherapeutisch vorbehandelte Patienten im Rahmen der International Society of Paediatric Oncology (SIOP) nach einer im Jahr 2002 überarbeiteten Fassung der Stockholm-Working-Klassifikation von 1995 (Vujanic et al. 2002; s. Übersicht). Die Histologie von Patienten mit primärer Operation richtet sich weiterhin nach der Stockholm-WorkingKlassifikation von 1995 (Delemarre et al. 1996) (niedrige, intermediäre und hohe Malignität) oder der Klassifikation der National Wilms Tumor Study Group der USA [NWTS; günstige (&bdquo;favorable&ldquo;) und ungünstige (&bdquo;unfavorable&ldquo;) Histologie]. Die Tumoren mit niedriger und intermediärer Malignität in der SIOP entsprechen weitgehend Tumoren der Gruppe mit günstiger Histologie der NWTS. Die SIOP-Klassifikation kindlicher Nierentumoren für Patienten mit präoperativer Chemotherapie (Vujanic et al. 2002) I. Nephroblastom &ndash; niedriger Malignitätsgrad (günstige Histologie) &ndash; Zystisches, partiell differenziertes Nephroblastom (CPDN) &ndash; Komplett nekrotisches Nephroblastom (nach präoperativer Chemotherapie) &ndash; differenziertes epitheliales Nephroblastom II. Nephroblastom &ndash; intermediärer Malignitätsgrad (Standardhistologie) &ndash; Epithelreiches Nephroblastom &ndash; Stromareiches Nephroblastom &ndash; Mischtyp des Nephroblastoms &ndash; Nephroblastom mit postchemotherapeutischen Veränderungen &ndash; Nephroblastom mit fokaler Anaplasie III. Nephroblastom &ndash; hoher Malignitätsgrad (ungünstige Histologie) &ndash; Nephroblastom mit diffuser Anaplasie &ndash; Blastemreiches Nephroblastom (cave: entspricht intermediärer Malignität bei primärer Operation) IV. Andere Tumoren oder Läsionen &ndash; Benigne Tumoren &ndas Mesoblastisches Nephrom &ndash; Zystisches Nephrom &ndash; Adenome &ndash; Maligne Tumoren &ndas Klarzellensarkom der Niere (BMRTC) &ndash; Rhabdoidtumor der Niere &ndash; Nierenzellkarzinom (alle Varianten) &ndash; &bdquo;Transitional cell carcinoma&ldquo; &ndash; Neuroepitheliale Tumoren (renales Neuroblastom, renaler PNET, renales Karzinoid) &ndash; Verschiedene Sarkome &ndash; Renales Lymphom &ndash; Angiomyolipom &ndash; Andere Tumoren und Läsionen &ndash; Metastasen von anderen Lokalisatione V. Addendum &ndash; Vorhandensein oder Fehlen von nephrogenen Resten muss immer beachtet werden Stadieneinteilung und Prognosefaktoren Basierend auf der Korrelation zwischen histologischem Erscheinungsbild und Prognose kann dieser Tumor in unterschiedliche Risikogruppen unterteilt werden (D&rsquo;Angio et al. 1976, 1981, 1989; Ghanem et al. 2005; Graf u. Weirich 1996; Green et al. 1995; Gutjahr et al. 1990; Kraker et al. 1995; PritchardJones et al. 2002; Tournade et al. 1993, 1991), die sich in der histologischen Klassifikation der SIOP und der NWTS widerspiegeln. Der Unterschied zwischen beiden Klassifikationen beruht in erster Linie auf dem unterschiedlichen Therapieansatz, indem in der SIOP der Tumor erst nach einer präoperativen Chemotherapie histologisch untersucht wird. Als Ergebnis einer präoperativen Chemotherapie ändert sich die Verteilung der verschiedenen histologischen Subtypen. So nimmt insbesondere der blastemreiche Subtyp nach präoperativer Chemotherapie deutlich ab, während es zu einem geringen Anstieg der Tumoren mit Anaplasie kommt (Graf et al. 2000). Der histologische Subtyp stellt dabei einen prognostischen Parameter dar (Weirich et al. 2001) Einige Tumoren werden nach 4 Wochen präoperativer Behandlung mit Vincristin und Actinomycin D komplett nekrotisch und wenige sind nur noch in der Grundstruktur mit schemenhaften Tumorzellen erkennbar (Delemarre et al. 1996). Andere Tumoren (25 %) zeigen ausgeprägte regressive Veränderungen in http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Form von Nekrosen, Fibrosierung und Ansammlung xanthomatöser Zellen. Trotzdem sind noch Areale vitalen Nephroblastomgewebes wie Blastem oder Tubuli nachweisbar. Diese Fälle werden als schwer klassifizierbar eingestuft und der Gruppe mit intermediären Malignität zugeordnet (Schmidt et al. 1992). Der Nachweis einer Anaplasie ist jenseits des Stadiums I von prognostischer Bedeutung (Graf u. Weirich 1996; Green et al. 1995). Neben der histologischen Subtypisierung muss die Ausdehnung des Tumors genau beschrieben werden. Verschiedene Stadiensysteme stehen zur Verfügung. Die Einteilung in die SIOP-Stadien I bis V ist von wesentlicher klinischer Bedeutung. Die Überschreitung der Tumorkapsel durch den Tumor stellt dabei das entscheidende Merkmal zwischen Stadium I und II dar. Ein Einbruch in die Gefäße (einschließlich der V. cava, wenn diese operativ vollständig saniert werden konnte) bedingt ein Stadium II. Jede unvollständige operative Entfernung eines Thrombus der V. cava ist ebenso wie jede Tumorruptur oder Tumorbiopsie und die unvollständige Tumorentfernung als auch ein Lymphknotenbefall dem Stadium III zuzuordnen. Im Stadium IV liegen Fernmetastasen vor. Bilaterale Tumoren werden als Stadium V gekennzeichnet. Die Prognose des Nephroblastoms ist neben der durchgeführten Therapie in erster Linie abhängig vom Tumorstadium und dem histologischen Subtyp (Graf u. Weirich 1996; Graf et al. 2000; Green et al. 1995). Weitere prognostische Kriterien stellen das Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie dar (Graf et al. 2000). Hierbei spielen sowohl das Tumorvolumen nach präoperativer Chemotherapie als auch der histologische Subtyp eine entscheidende Rolle (Graf et al. 2000). Zusätzlich scheinen verschiedene genetische Marker (LOH von 11q, 16q, 22q und p53-Mutationen) im Tumor mit einer schlechten Prognose zu korrelieren (Bardeesy et al. 1994; Bown et al. 2002; Grundy et al. 1994; Klamt et al. 1998; ). Die Prognose der Erkrankung ist in den folgenden Life-Table-Analysen dargestellt. 90 % aller Kinder mit einem Nephroblastom können heute geheilt werden. Patienten mit niedriger und intermediärer Malignität überleben bei nichtmetastasiertem Tumor zu über 90 %. Patienten mit einem Tumor mit diffuser Anaplasie und einem blastemreichen Nephroblastom nach präoperativer Chemotherapie haben dagegen eine deutlich ungünstigere Prognose (Graf u. Weirich 1996; Graf et al. 2000; Green et al. 1995). Im Stadium IV ist die Prognose der Patienten entscheidend abhängig vom Ansprechen auf die durchgeführte Chemotherapie. Kann eine komplette Remission nach präoperativer Chemotherapie und operativer Tumorentfernung erzielt werden, weisen diese Patienten eine Heilrate von 80 % auf (de Kraker et al. 1990; Graf et al. 2000). Ebenso hat sich die Prognose des Klarzellensarkoms deutlich verbessert mit Heilraten um 80 %, während der Rhabdoidtumor weiterhin durch eine sehr schlechte Überlebenschance von nur 10 % gekennzeichnet ist (Graf u. Weirich 1996). Histologische Subtypen des Nephroblastoms in Abhängigkeit vom primären therapeutischen Vorgehen (SIOP 93&ndash;01-GPOH) Prognose des Nephroblastoms in Abhängigkeit von der Histologie (SIOP 93&ndash;01/GPOH Studie) SIOP-Stadieneinteilung des Nephroblastoms Stadium Beschreibung I Der Tumor ist auf die Niere beschränkt und kann vollständig entfernt werden. II Tumorausdehnung über die Niere hinaus, jedoch vollständig entfernt. III Unvollständige Tumorentfernung oder lokale Lymphknotenmetastasen bei Fehlen hämatogener Metastasen IV Fernmetastasen. Insbesondere in Lunge, Leber, Knochen, Gehirn usw. V Bilaterales Nephroblastom Prävention und Früherkennung Die meisten Nephroblastome treten sporadisch im Kleinkindesalter auf, ohne klinisches Syndrom und ohne familiäre Vorgeschichte eines Nephroblastoms. Bei fehlendem Tumormarker ist ein Screening auf ein Nephroblastom nicht möglich. Dagegen sollten Kinder mit einer Aniridie, mit urogenitalen Missbildungen, einem Beckwith-Wiedemann-Syndrom oder mit anderen Syndromen, die gehäuft mit einem Nephroblastom assoziiert sind, als Risikopatienten für die Entwicklung dieses Tumors angesehen werden (Clericuzio u. Johnson 1995, McNeil et al. 2001). Durch molekulargenetische Untersuchungen kann bei einem Teil der Patienten das individuelle Risiko zur Entwicklung eines Nephroblastoms bestimmt werden. Bei Kindern mit einem erhöhten Risiko sind neben der klinischen Untersuchung mit Palpation des Abdomens abdominelle Ultraschalluntersuchungen im dreimonatigen Abstand indiziert. Inwieweit hierdurch eine Früherkennung des Nephroblastoms möglich ist, ist Gegenstand von verschiedenen zurzeit laufenden Studien. In Deutschland werden ca. 10 % der Kinder mit einem Nephroblastom im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen (U3 und U4) durch den Kinderarzt allein durch Palpation zu einem Zeitpunkt völliger Beschwerdefreiheit entdeckt (Gutjahr et al. 1990). Die Prognose des Nephroblastoms in Abhängigkeit vom präoperativen Tumorvolumen (SIOP 93&ndash;01/GPOH Studie) Molekulargenetische Untersuchungen zur Risikoabschätzung der Entwicklung eines Wilms-Tumors und Indikation zum Screening mit 3 monatigen Ultraschalluntersuchungen. Phänotyp Methode Ergebnis Screening Aniridie FISH für PAX6 / WT1 Del(WT1) WT1 normal Ja Nein Denys-Drash Syndrom WT1 Mutation Ja Ja Fanconi Anämie BRCA2 Biallelisch Monoallelisch Ja Nein BWS LOI, UPD 11p15 LOI KvDMR1 LOI Cdkn1C Alle anderen Nein Nein Ja Simpson-Golabi- Behmel-Syndrom GPC3 Mutation Männlich Weiblich Ja Nein Hemihypertrophie UPD 11p15 Ja Nein Ja Nein Klinische Symptomatik Typischerweise ist das erste Zeichen eines Wilms-Tumors der asymptomatische palpaple oder sichtbare abdominale Tumor (Gutjahr et al. 1990). Seltener sind Schmerz oder eine Hämaturie das Erstsymptom der Erkrankung. Der Hypertonus ist ein seltenes Symptom des Nephroblastoms. Bei erhöhten Blutdruckwerten kann dieser jedoch unter einer präoperativen Behandlung schwer einzustellen sein und große Probleme bereiten. Ausgesprochen selten treten im Zusammenhang mit dem Nephroblastom humorale Gerinnungsstörungen auf, die nach operativer Tumorentfernung verschwinden (Coppes et al. 1992). Pränatale Diagnosen durch Ultraschalluntersuchung sind beschrieben (Siemer et al. 2004) gibt die Häufigkeit der Erstsymptome wieder (Gutjahr et al. 1990). Erstsymptome bei Diagnose eines Nephroblastoms (Gutjahr et al. 1990) Symptom Häufigkeit [ %] Asymptomatische Tumorschwellung 61,6 Hämaturie 15,1 Vorsorgeuntersuchung 9,2 Obstipation 4,3 Gewichtsverlust 3,8 Harnwegsinfekt 3,2 Diarrhö 3,2 Diagnose bei Trauma 2,7 Nausea, Erbrechen, Schmerz, Hernie, Pleuraerguss, hoher Blutdruck Selten Diagnostik Sicherung der Primärdiagnose Die Diagnose des Nephroblastoms beruht neben der klinischen Untersuchung zunächst auf bildgebenden Verfahren (Babyn et al. 1995, Schenk et al. 2005). Hierzu zählen der abdominelle Ultraschall, http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor das Ausscheidungsurogramm, die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie. Unabdingbar zur Diagnosestellung sind die Sonographie sowie ein schnittbildgebendes Verfahren (CT oder bei Verfügbarkeit MRT) des Abdomens nativ und mit i. v. -Kontrastmittelgabe. Eine orale Kontrastierung des Darms sollte dabei immer erfolgen. Um bei einer präoperativen Chemotherapie das Risiko einer Fehldiagnose mit der Konsequenz einer nichtindizier ten Zytostatikatherapie zu reduzieren, müssen die bildgebenden Untersuchungen von guter Qualität sein. Die Beurteilung setzt zudem eine große Erfahrung voraus. Die wesentlichen Kriterien, die eine sichere bildgebende Diagnose des WilmsTumors erlauben, sind in der folgenden Übersicht aufgeführt (Rieden et al. 1993, Schenk et al. 2005). Charakteristische bildgebende Befunde beim Nephroblastom (Rieden et al. 1993; Schenk et al. 2005) &ndash; Der Tumor ist solide und inhomogen mit teilweise zystischen Arealen und Arealen niedriger Dichte &ndash; Der Tumor ist glatt und scharf begrenzt &ndash; Das umgebende Gewebe wird eher verdrängt als infiltriert &ndash; Charakteristisch ist die Destruktion, Spreizung und Verdrängung der Kelche und des Nierenbeckens &ndash; Die Inhomogenität im Tumor steigt nach i. v.-Kontrastmittelgabe im CT &ndash; Einblutungen in den Tumor sind relativ häufig (27 %) &ndash; Verkalkungen im Tumor sind selten (8 %) Das Risiko einer Fehldiagnose bei Anwendung von Ausscheidungsurogramm und Sonographie als diagnostische Maßnahme wurde in der SIOP-6-Studie anhand von 1095 Patienten ermittelt (Tournade et al. 1993). Dabei wurde die Diagnose mit einer 93 %igen Sicherheit gestellt. Bei 3,5 % der Kinder handelte es sich um andere maligne Tumoren (9 Neuroblastome, 9 Adenokarzinome, 3 Lymphome, 2 Histiozytose X, 1 Teratom und 3 nichtklassifizierbare maligne Tumoren). Bei 4 % der radiologisch als Nephroblastom diagnostizierten Kinder lag keine maligne Erkrankung vor (20 mesoblastische Nephrome, 5 Nierenzysten, 2 Hämatome, 2 xanthogranulomatöse Pyelonephritiden, 1 Hamartom, 2 Zystadenome, 1 Ganglioneurom und 1 unklassifizierbarer Tumor). Von diesen 34 Patienten mit nichtmalignen Veränderungen wurden 15 einer präoperativen Chemotherapie unterzogen, d. h. 1,5 % aller gemeldeten Patienten. Bei 61 der gemeldeten Patienten wurde bei Zweifel an der radiologischen Diagnostik eines Nephroblastoms eine primäre Operation durchgeführt. Dabei handelte es sich insbesondere um ältere Kinder mit eher kleinen Tumoren. Histologisch fanden sich 53 Nephroblastome, 6 andere maligne Tumoren und 2 benigne Tumoren. Das gleiche Risiko einer Fehldiagnose nach alleiniger Bildgebung wurde in der SIOP-9-Studie bestätigt. Durch die Einführung einer zentralen Referenzradiologie kann das Risiko gesenkt werden (Graf et al. 2000, Schenk et al. 2006). Die Prognose eines Kindes mit Neuroblastoms, das als Folge einer Fehldiagnose die präoperative Chemotherapie für das Nephroblastom erhält, verschlechtert sich hierdurch nicht (Hero et al. 2002). Risiko der präoperativen Chemotherapie ohne histologische Diagnose eines Wilms-Tumors (Graf et al. 2000) Studie Registrierte Patienten Falsch präoperativ behandelt (alle Diagnosen) Falsch präoperativ behandelt (gutartige Tumoren) Anzahl % Anzahl % SIOP 6 1095 38 3,5 16 1,5 SIOP 9 511 28 5,5 8 1,6 Differentialdiagnosen Differentialdiagnostisch müssen folgende Erkrankungen vom Nephroblastom abgegrenzt werden: Neuroblastom, Lymphom der Niere, Nierenzellkarzinom, Nephroblastomatose, Rhabdoidtumor, Teratom, Ganglioneurom, zystisches Nephrom, Hamartom, Nierenzysten, Hämatom, Nierenabszess, xanthogranulomatöse Pyelonephritis, Angiomyolipom, Adenom. Die Diagnose der Nephroblastomatose kann nur unter Berücksichtigung des klinischen Bildes, der Bildgebung und der Histologie bewiesen werden (Heidemann et al. 1985). Anamnestische Hinweise sind eine positive Familienanamnese bezüglich eines Nierentumors bei Verwandten 1. Grades, renale Anomalien, weitere Organfehlbildungen im Kontext übergeordneter genetisch determinierter Krankheitsbilder (Trisomie 13, Trisomie 18, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, kongenitale Herzerkrankungen, Klippel-Trenaunay-Syndrom, Milzagenesie mit Lebermalformation (Hennigar et al. 1989). Typischerweise handelt es sich um sehr junge Kinder mit einem medianen Alter zwischen 11 und 16 Monaten (Heidemann et al. 1985; Hennigar et al. 1989). Sie werden symptomatisch durch bilaterale abdominale Raumforderungen, wobei häufig multiple meistens unscharf begrenzte Tumorknoten beschrieben werden. Ansonsten sind die Patienten meist unauffällig (Hennigar et al. 1989). Obwohl die Nephroblastomatose als bilateraler Prozess angesehen werden muss, ist ein symmetrischer Befall beider Nieren nicht obligat. Die Evaluation einer Nephromegalie beim Säugling sollte immer eine ausführliche bildgebende Diagnostik beinhalten. Bei persistierend großen Nieren jenseits des 2. bis 3. Lebensmonats ist eine Nephroblastomatose auszuschließen. Differentialdiagnostisch müssen bilaterale polyzystische Nierendysplasien, bilaterale Hydronephrosen, Lymphome, Leukämien, das kongenitale mesoblastische Nephrom und bilaterale Wilms-Tumoren erwogen werden. Die Verdachtsdiagnose kann nur histologisch bestätigt werden, sodass eine offene Nierenbiopsie notwendig wird. Eine frühzeitige Diagnose ist wegen der potentiellen Gefahr der Entwicklung eines Nephroblastoms anzustreben. Charakteristische bildgebende Befunde bei der Nephroblastomatose sind in der folgenden Übersicht aufgelistet (Hennigar et al. 1989, Günther et al. 2004). Charakteristische bildgebende Befunde bei der Nephroblastomatose (Hennigar et al. 1989) Sonographie &ndash; Bilaterale Nephromegalie, meist asymmetrisch, häufig multiple unscharf begrenzte, nicht runde Tumorknoten &ndash; Echoarme Rinde, normal echogenes Parenchym umschließend &ndash; Selten zystische Areale Ausscheidungsurogramm &ndash; Verdrängung und mediale Verlagerung des Nierenbeckenkelchsystems &ndash; Ohne Zeichen der Obstruktion, Elongation der Infundibula Computertomographie &ndash; Bilaterale homogene Nephromegalie ohne Kontrastmittel-Enhancement &ndash; Verlagerung des Nierenbeckenkelchsystems Angiographie &ndash; Bilaterale Nephromegalie, meist asymmetrisch &ndash; Selten Verlagerung der V. cava durch vergrößerte Nieren &ndash; Gespreizte, verengte und elongierte kortikale Gefäße &ndash; Nephrogrammphase: nicht angefä subkapsuläre Rinde kontrastiert mit sehr stark angefärbtem innerem Kortex und Mark &ndash; Glatter abgerundeter äußerer Rindenaspekt &ndash; Irregulärer innerer Rindenaspekt &ndash; Stase von Kontrastmedium um avaskuläre kortikale Herde Verlaufsdiagnostik Bei histologischer Diagnose eines Klarzellensarkoms ist die Durchführung einer Skelettszintigraphie zum Ausschluss von Knochenmetastasen notwendig. Wegen der erhöhten Rate an Hirnmetastasen sollte eine http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Computertomographie oder MRT-Untersuchung des Schädels bei diesen Patienten und bei Patienten mit einem Rhabdoidtumor erfolgen. In Abhängigkeit von der durchgeführten Therapie, des histologischen Subtyps und des postoperativen Stadiums wird eine auf den Patienten abgestimmte Verlaufsdiagnostik durchgeführt. Diese dient zum einen dem frühzeitigen Erkennen eines Rezidivs und zum anderen der Evaluation von Spätfolgen. Zu den diagnostischen Maßnahmen zählen bildgebende Verfahren (in erster Linie Ultraschall) und funktionsdiagnostische Untersuchungen im Bereich der Niere (wegen Nephrektomie, Ifosfamid, Carboplatin), des Herzens (Anthrazykline), der Ohren (Carboplatin) und der Gonaden (Radiatio). Ein Nachsorgeschema für Kinder mit einem Nephroblastom ist in folgender Tabelle aufgeführt. Therapie Verbesserungen der Therapie und der Prognose des Nephroblastoms sind bei der heute hohen Heilungsrate nur noch in Studien, in die viele Patienten eingebracht werden, zu erzielen. Die Therapie dieses Tumors sollte deshalb immer in prospektiven Studien erfolgen, wobei Operation, Chemotherapie und Bestrahlung in unterschiedlichem Ausmaß zur Anwendung kommen. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen einem primären operativen Vorgehen (NWTS: National Wilms Tumor Study, USA) und einem zunächst präoperativen chemotherapeutischen Ansatz (SIOP: International Society of Paediatric Oncology und GPOH: Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Deutschland). Argumente für eine präoperative Chemotherapie sind die Reduktion der Zahl der intraoperativen Tumorrupturen und die deutliche Erhöhung der Zahl der Patienten mit einem postoperativen lokalen Stadium I der Erkrankung. Beides erlaubt eine deutliche Therapiereduktion, insbesondere auch eine Minderung der Zahl postoperativ zu bestrahlender Kinder. Seit Beginn der 70er-Jahre wurden in prospektiven Studien der NWTS und der SIOP die in der folgenden Übersicht aufgezählten wichtigen Erkenntnisse gewonnen. Diese bilden die Grundlage heutiger Therapiestudien (Bürger et al. 1986; D&rsquo;Angio et al. 1976, 1981, 1989; de Kraker et al. 2004; Graf et al. 2000, 2004; Lemerle et al. 1976, 1981, 1983; Ludwig et al. 1992, 1997; Neville et al. 2000; Reinhard et al. 2004; The National Wilms Tumor Study Committee 1991; Thomas et al. 1991; Tournade et al. 1993, 1991; Weirich et al. 2004) Gewonnene Erkenntnisse bisheriger Nephroblastomstudien &ndash; Die Therapie muss entsprechend dem Stadium und dem histologischen Subtyp erfolgen &ndash; Die Kombination von Vincristin und Actinomycin D ist effektiver als der alleinige Einsatz eines der beiden Zytostatika &ndash; Im Stadium I ist keine Bestrahlung notwendig &ndash; Im Stadium II ohne Lymphknotenbefall ist bei intermediärer Malignität keine Bestrahlung notwendig &ndash; B Gabe von Adriblastin im Stadium II mit Lymphknotenbefall oder Stadium III kann die Strahlendosis bei intermediärer Malignität reduziert werden &ndash; Die zusätzliche Gabe von Cyclophosphamid führt zu keiner Prognoseverbesserung im Stadium IV, jedoch zu einer fraglichen bei vorhandener Anaplasie &ndash; Anthrazykline sind für die Prognose des Klarzellensarkoms entscheidend &ndash; Die einmalige Bolusgabe von Actinomycin-D ist gleich effektiv wie die gesplittete Gabe &ndash; Die Dauer der Behandlung beträgt bei intermediärer Malignität im Stadium I nur 8 Wochen, ab Stadium II nicht länger als 6 Monate &ndash; Durch eine präoperative Therapie wird eine signifikante Reduktion von Tumorrupturen sowie eine Zunahme niedriger Tumorstadien erzielt &ndash; Eine präoperative Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin D ist gleich effektiv wie eine präoperative Radiatio mit 2000 Gy &ndash; Durch eine 4-wöchige präoperative Chemotherapie mit Vincristin un Actinomycin D ist die gleiche postoperative Stadieneinteilung wie durch eine 8-wöchige Therapie zu erzielen &ndash; Bei Patienten mit Lungenmetastasen und kompletter Remission nach präoperativer Chemotherapie kann auf eine lokale Therapie der Metastasen verzichtet werden &ndash; Bislang kann keine Patientengruppe definiert werden, die durch eine alleinige Operation geheilt werden kann (Ausnahme: kongenitales mesoblastisches Nephrom, niedrige Malignität) Nachsorgeschema für Kinder mit einem Nephroblastom Therapieende 1. Jahr 2. Jahr 3.&ndash;5. Jahr ab 6. Jahr Soziale Anamnese + Alle 12 Mo Alle 12 Mo Alle 12 Mo Alle 12 Mo Klinische Untersuchung + Alle 2 Mo Alle 3 Mo Alle 6 Mo Alle 12 Mo Bildgebung Röntgenthorax + Alle 2 Mo Alle 3 Mo Alle 6 Mo Alle 12 Mo Sonographie, Abdomen + Alle 2 Mo Alle 3 Mo Alle 3 Mo Alle 12 Mo Labor BB + Alle 4 Wo Alle 2 Mo Alle 6 Mo Alle 12 Mo Urinstatus + Alle 4 Wo Alle 2 Mo Alle 6 Mo Alle 12 Mo Nierenwerte + Alle 2 Mo Alle 4 Mo Alle 6 Mo Alle 12 Mo &bdquo;Fanconi-Syndrom"a + Alle 3 Mo Alle 4 Mo HBV, HCV, HIV + Ende 1. Jahr Nach Impfung TSHb + Alle 6 Mo Alle 12 Mo Alle 12 Mo wenn path. Einmalig, wenn path. Einmalig, wenn path. Alle 6 Mo Alle 12 Mo Alle 12 Mo Ende 5. Jahr Audiogrammc + Einmalig, wenn path. Impfstatus, T3, T4, Einmalig, EKG/ECHOd + Alle 6 Mo Alle 12 Mo Alle 12 Mo Alle 24 Mo Skelettszintigraphiee + Alle 6 Mo Nur bei Rez. Nur bei Rez. Nur bei Rez. Sonstigef aNur nach Gabe von Ifosfamid, bnur nach thorakaler Bestrahlung, cnur nach Gabe von Carboplatin, dnur nach Anthrazyklintherapie, enur bei Klarzellensarkom, fUntersuchungen in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik. Rate an Tumorrupturen bei primärer Operation und nach präoperativer Behandlung in SIOP 1 and SIOP 2 (Graf et al. 2000) SIOP 1 Rupturen SIOP 2 Rupturen [ %] [ %] Präoperative Radiatio 4 Präoperative Behandlung 5 Primäre Operation 32 Primäre Operation 20 p=0,001 inklusive &bdquo;kleiner Tumoren" p=0,0025 Operation Die Operation eines Wilms-Tumors ist fast immer ein elektiver Eingriff, der relativ selten mit Komplikationen verbunden ist (Ritchey et al. 1992; Roth et al. 1996). Sehr selten handelt es sich um eine notfallmäßige Operation wie bei traumatischer oder spontaner Tumorruptur. Selbst wenn die Tumornephrektomie in den meisten Fällen technisch einfach erscheint, sollten das erfahrenste Team von Chirurgen und Anästhesisten den Eingriff durchführen. Bei der Operation ist der Tumor http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor onkologisch radikal zu entfernen und gleichzeitig die Tumorausbreitung festzustellen. Bei der intraoperativen Stadieneinteilung ist zu berücksichtigen, dass die Qualität der initialen bildgebenden Diagnostik wesentlich verbessert wurde und ein bilateraler Nierenbefall mit großer Sicherheit diagnostiziert wird. Ist die kontralaterale Niere bei guter Qualität der initialen Bildgebung unauffällig, kann bei der Operation auf die Freilegung dieser normalen Niere verzichtet werden. Bestehen vor oder während der Operation Zweifel an der Diagnose eines Nephroblastoms, darf eine Biopsie oder Punktion des Tumors nur bei sicher inoperablen Tumoren erwogen werden, da dabei das hohe Risiko einer peritonealen Tumorzellaussaat besteht. Dagegen sollte bei Zweifel an der Art und Dignität der renalen Raumforderung anhand der bildgebenden Diagnostik und guter Operabilität die primäre komplette Tumorentfernung einer Biopsie vorgezogen werden. Zur Operationsplanung sind 3D-Visualisierungen mittels Bildgebung hilfreich (Schenk et al., 2004). Die Durchführung nierenerhaltender Operationen bei unilateralem Tumor ist selten möglich. Sie sollte immer erfahrenen Chirurgen vorbehalten sein (Haecker 2003). Die Operation von Thrombosen der V. cava erfordert oft den Einsatz der HerzLungenmaschine. Die Prognose dieser Patienten ist bei adäquater Operation gut (Szavay et al. 2004). Primäre Lebermetastasen sollten durch erfahrene Chirurgen nach präoperativer Chemotherapie entfernt werden (Szavay et al. 2006). Rupturrate und postoperative Stadienverteilung im Verlauf der SIOP-Studien Tumorvolumenabnahme bei einem Patienten mit Nephroblastom Etwa die Hälfte der renalen Tumoren des Säuglingsalters und fast 90 % der Nephroblastome der Neugeborenenzeit sind nach den Daten der SIOP-Studien kongenitale mesoblastische Nephrome, d. h. Tumoren mit niedriger Malignität. Kongenitale mesoblastische Nephrome zeigen ein für Nephroblastome ungewöhnliches Wachstumsverhalten mit feinen fingerförmigen Ausläufern in das angrenzende Nierengewebe. Wegen der Tumorausläufer in die Umgebung ist bei der Operation besonders sorgfältig auf eine komplette Entfernung inklusive der Nierenfettkapsel möglichst unter Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes zu achten (Beckwith 1982; Delemarre et al. 1996; Schmidt u. Beckwith 1995). Strahlentherapie Das Nephroblastom ist ein ausgesprochen strahlenempfindlicher Tumor. Mit der Entwicklung effektiver Chemotherapiekombinationen konnte ihr Stellenwert auf lokale Risikosituationen und in wenigen Fällen auf die Behandlung von Lungenmetastasen beschränkt werden (Graf u. Weirich 1996; Green et al. 1995). Die aktuellen Indikationen zur Strahlentherapie sind in der folgenden Übersicht aufgelistet. Reduktion des Tumorvolumens und postoperative Stadienverteilung nach präoperativer Chemotherapie (SIOP-9-Studie) Eine Radiotherapie erfolgt sowohl im Rahmen der amerikanischen NWTS-Studien wie auch der SIOP-Studien bei lokalem Stadium III sowie bei hoher Malignität jenseits des Stadium I. Die Gesamtdosis beträgt in den SIOP-Studien 15 Gy bei intermediärer und 30 Gy bei hoher Malignität. Bei makroskopischen Resten erfolgt eine lokale Dosiserhöhung um weitere 10&ndash;15 Gy auf das verbliebene Tumorareal. Bestrahlt wird das Tumorbett entsprechend der Tumorausdehnung vor Operation mit einem Sicherheitssaum. Die Behandlung erfolgt im Allgemeinen postoperativ, insbesondere in den NWTSStudien war ein Bestrahlungsbeginn innerhalb der ersten 10 Tage prognostisch relevant. Eine Ganzabdomenbestrahlung wird durchgeführt bei diffuser peritonealer Aussaat oder nach ausgeprägter Tumorruptur. Hierbei ist eine Dosisbeschränkung im Hinblick auf die Leber und insbesondere die nicht befallene Niere (12 Gy) erforderlich. Indikation zur Strahlenbehandlung Niedrige und intermediär maligne Histologie &ndash; Stadium III Hoch maligne Histologie &ndash; Stadium II &ndash; Stadium III Stadium IV und Stadium V Die Strahlentherapie richtet sich nach der Histologie und dem lokalen Stadium: &ndash; niedrige und intermediäre Malignität: wie lokales Stadium III &ndash; hohe Malignität: wie lokales Stadium II und III Metastasen &ndash; Keine CR nach präoperativer Chemotherapie und Operation Auf eine Bestrahlung von Lungenmetastasen kann nach den Daten der SIOP-Studien verzichtet werden, wenn diese unter der Chemotherapie nicht mehr nachweisbar werden (Graf et al. 2000). Im Rahmen der NWTS-Studien wird weiterhin eine thorakale Bestrahlung jedes Kindes mit Lungenmetastasen durchgeführt. Bei der Bestrahlungsplanung ist zu berücksichtigen, dass insbesondere bei Dosen über 15 Gy die Wirbelsäule in ihrer ganzen Breite homogen erfasst wird, um Wachstumsstörungen mit späterer Skoliose zu vermeiden. Auch die Dosis an den Geschlechtsorganen ist zu berücksichtigen. Sie sollte, wenn irgend möglich, unter 2 Gy bei mindestens einem Ovar und unter 1 Gy für die Hoden liegen (Pfeil et al. 1986; Thomas et al. 1983). Chemotherapie SIOP-Studien Das Schema der SIOP 2001/GPOH-Studie ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Präoperative Therapie. Eine präoperative Chemotherapie wird grundsätzlich in den SIOP-Studien durchgeführt. Sie erfolgt bei sicherer bildgebender Diagnose bei allen Patienten mit einem Alter von über 6 Monaten und unter 16 Jahren. An Medikamenten werden Vincristin und Actinomycin D eingesetzt. Anthrazykline werden nur beim primär metastasiertem Nephroblastom verabreicht. Die Dauer der präoperativen Behandlung erstreckt sich über 4 Wochen, bzw. 6 Wochen bei initialen Metastasen. Hierdurch ist eine deutliche Tumorvolumenabnahme zu erzielen, die in erster Linie vom histologischen Subtyp abhängig ist. Der Anteil der Patienten mit einem lokalen Stadium I kann so auf 60 % gesteigert werden. Die Rate der operativ bedingten Tumorrupturen konnte durch die präoperative Therapie von 20 % auf unter 5 % deutlich reduziert werden. Bei Patienten mit einem bilateralen Nephroblastom wird die präoperative Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin D individualisiert durchgeführt. Die Therapiedauer orientiert sich in dieser Situation in erster Linie an der Möglichkeit, nierenerhaltend zu operieren. Säuglinge unter 6 Monaten und Jugendliche über 16 Jahre werden auch im Rahmen der SIOP-Studien primär operiert, da in diesen Altersgruppen andere Nierentumoren (kongenitales mesoblastisches Nephrom, Nierenzellkarzinom) gehäuft auftreten. Postoperative Therapie. Die postoperative Behandlung erfolgt immer auf der Basis von operativem Stadium und histologischem Subtyp. Für die einzelnen Subtypen gelten folgende Richtlinien: Bei niedrig malignen Nephroblastomen (günstige Histologie) liegt überwiegend ein StadiumI vor und die Mehrzahl der Patienten erhält bei einem Erkrankungsalter unter 6 Monaten keine präoperative Chemotherapie. Der prognostische Vorteil einer postoperativen Chemotherapie bei kompletter Tumorentfernung ist nicht bewiesen. Die Behandlung wird nach der Operation beendet. Bei Kindern mit einem postoperativem Tumorrest muss die Behandlung entsprechend den Kriterien für intermediär maligne Nephroblastome (Standardhistologie) erfolgen. Intermediär maligne Nephroblastome (Standardhistologie): Intermediär maligne http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Nephroblastome im StadiumI machen etwa 45 % aller Patienten mit einem Nephroblastom aus. Die rezidivfreie Überlebensrate liegt mit der SIOP-93/01-Therapie bei 90 %. Im Stadium II und III erhalten die Patienten eine Dreimitteltherapie bestehend aus Vincristin, Actinomycin D und Adriamycin über 6 Monate. Bei Patienten mit initialem StadiumIV, deren Metastasen nach 6-wöchiger präoperativer Chemotherapie nicht mehr nachweisbar sind (Responder), erfolgt die postoperative Behandlung entsprechend der Histologie und dem abdominalem Stadium nach Nephrektomie. Auf eine Bestrahlung der Lungenmetastasen kann dann verzichtet werden. Bei Patienten im StadiumIV mit noch nachweisbaren Metastasen nach 6-wöchiger präoperativer Chemotherapie und Operation (Non-Responder) ist die Chemotherapie durch weitere Medikamente (Etoposid, Cyclophosphamid, Anthrazykline, Carboplatin) zu intensivieren. Die Metastasen sollten möglichst operativ entfernt werden. Eine Strahlentherapie ist bei nicht erzielbarer Remission notwendig. Hoch maligne Nephroblastome (ungünstige Histologie): Bei Patienten mit hoher Malignität, die etwa 10 % der Nephroblastome ausmachen, ist die Prognose bei Einsatz von Vincristin, Actinomycin D, Anthrazyklin und Ifosfamid mit einem rezidivfreien Überleben nach 2 Jahren von unter 50 % unbefriedigend. Eine Erhöhung der Bestrahlungsdosis oder der kumulativen Dosis der bisher eingesetzten Medikamente erscheint wenig sinnvoll, da Rezidive nicht selten bereits unter Therapie beobachtet werden. Deswegen werden bevorzugt die bei der Behandlung von Rezidiven und NonRespondern erfolgreich eingesetzten Substanzen VP-16 und Carboplatin an Stelle von Vincristin und Actinomycin D gegeben. Nephroblastomstudie SIOP 2001/GPOH. AV-1 Vincristin und Actinomycin D über 4 Wochen, AV-2 Vincristin und Actinomycin D über 28 Wochen, AVD Vincristin, Actinomycin D und Doxorubicin über 28 Wochen, HR Hochrisikotherapie mit VP16, Carboplatin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, CR komplette Remission, NON-CR keine komplette Remission. Stadieneinteilung nach SIOP NWTS-Studien Eine präoperative Behandlung wird nicht durchgeführt. Die postoperative Behandlung erfolgt immer auf der Basis von operativem Stadium und histologischem Subtyp. Die wichtigsten Medikamente in der Behandlung sind Vincristin, Actinomycin D und Anthrazykline. Die zuletzt durchgeführte NWTS-4-Studie evaluierte eine frühe Intensivierung der Behandlung durch die häufigere und simultane Gabe effektiver Substanzen in maximal tolerierten Dosen. Es zeigte sich, dass diese sog. &bdquo;Pulse-intensive-Behandlung&ldquo; der Standardtherapie gleichwertig ist und zusätzlich in den Kosten wegen seltenerer Krankenhausbehandlungen günstiger liegt. Daneben konnte gezeigt werden, dass die Dauer der Behandlung auf maximal 6 Monate verkürzt werden kann (Green et al. 1998). Ungefähr 25 % der Kinder in den NWTS-Studien erhalten eine Strahlenbehandlung und Anthrazykline. In der NWTS-5-Studie wurde bei Kindern unter 2 Jahren mit einseitigem Nephroblastom mit einer &bdquo;favorable&ldquo; Histologie &ndash; einem Stadium I der Erkrankung und einem Tumorgewicht von unter 550 g &ndash; die Notwendigkeit einer postoperativen Therapie evaluiert. Wegen einer zu hohen Rate an Rezidiven in dieser Patientengruppe, musste dieser Beobachtungsarm der Studie frühzeitig beendet werden (Green et al. 2001). Bislang kann keine Gruppe von Kindern definiert werden kann, bei denen auf eine postoperative Chemotherapie ohne erhöhtes Risiko verzichtet werden kann. Bei weiterhin schlechter Prognose der Kinder mit einem Nephroblastom mit diffuser Anaplasie jenseits des Stadiums I und einem Rhabdoidtumor der Niere wird versucht, die Überlebensrate durch eine Intensivierung der Behandlung zu verbessern. Ein wesentlicher Schwerpunkt der NWTS-5-Studie lag zudem in der prospektiven Evaluierung molekulargenetischer Marker. In der jetzt anlaufenden neuen Studie werden die Patienten entsprechend dem Befund von LOH 1p und 16q stratifiziert. Patienten mit gleichzeitigem LOH von 1p und 16q erhalten eine intensivierte Therapie. Therapie der Nephroblastomatose Die Frage der Therapie der Nephroblastomatose wird kontrovers diskutiert und liegt zurzeit ebenso wie die genaue Definition dieser Entität im ständigen Fluss. Operative Maßnahmen beschränken sich zunächst auf die Biopsie zur Diagnosesicherung. Nach Diagnosestellung kann bei gesicherter nichtdiffuser Nephroblastomatose eine Resektion oder partielle Nephrektomie des Nephroblastomatoseanteils erwogen werden. Eine initiale totale Nephrektomie ist nicht indiziert. Die postoperative Behandlung orientiert sich an der Therapie des Wilms-Tumors. Bei gleichzeitigem Vorliegen eines Wilms-Tumors wird die Therapie entsprechend dem histologischen Befund und dem Stadium des Tumors durchgeführt. Die Prognose des Wilms-Tumors ist dabei unabhängig von dem Fehlen oder Vorhandensein einer Nephroblastomatose (Hennigar et al. 1989). Bei alleinigem Vorhandensein einer Nephroblastomatose ohne Wilms-Tumor wird die Durchführung einer protrahierten Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin D empfohlen. Tumorvolumen bei Diagnose und nach präoperativer Chemotherapie unter Berücksichtigung der Histologie Hierunter sind eindrucksvolle Regressionen beschrieben (Heidemann et al. 1985; Stone et al. 1990). Die Indikation zur Strahlenbehandlung ist sehr zurückhaltend zu stellen. Im Verlauf der Behandlung ist eine engmaschige sonographische Kontrolle der Nieren notwendig, um frühzeitig die Entwicklung eines Wilms-Tumors zu erkennen. Therapie bilateraler Nephroblastome Ungefähr 5 % aller Nephroblastome treten bilateral auf. Das durchschnittliche Alter dieser Kinder ist jünger und der Tumor ist häufiger mit kongenitalen Anomalien assoziiert als dies bei Kindern mit einem unilateralen Tumor zutrifft. Die Verteilung der histologischen Subtypen des Nephroblastoms gleicht dem Spektrum, das bei unilateralem Befall gesehen wird (Coppes et al. 1989). Mit ca. 10 % hochgradiger Malignität ist zu rechnen. Charakteristischerweise finden sich häufig nephrogene Reste als Vorstufen zum Wilms-Tumor. Im Vordergrund der Diagnostik steht die Bildgebung mit Ultraschall und CT bzw. NMR. Differentialdiagnostisch sind insbesondere Lymphome der Niere abzugrenzen, die ähnlich wie die Nephroblastomatose als homogene Raumforderung im CT imponiert. Das therapeutische Bemühen ist darauf gerichtet so viel Nierengewebe zu erhalten wie möglich (Ritchey u. Coppes 1995). Eine präoperative Chemotherapie ist immer indiziert. Diese sollte individualisiert werden und so lange erfolgen, bis nierenerhaltende Operationen möglich sind. Autotransplantationen nach Tumorentfernung auf einer Arbeitsbank sind zu erwägen. Die postoperative Therapie orientiert sich an der histologischen Subtypisierung und dem lokalen Stadium, wobei das höchste lokale Stadium beider Seiten für die Behandlung ausschlaggebend ist. Sie wird entsprechend der Therapie bei unilateralem Befall durchgeführt (Coppes et al. 1989; Ritchey u. Coppes 1995). Die wesentlichen Medikamente in der Behandlung sind Vincristin und Actinomycin D, die präoperativ in Abhängigkeit vom Ansprechen und postoperativ in Abhängigkeit vom Stadium um Anthrazykline ergänzt werden können. Die Behandlung bei hochgradiger Malignität wird entsprechend der Therapie bei http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor unilateralem Befall durchgeführt. Die Prognose der Erkrankung ist bei adäquater Therapie gut. Sie liegt in den SIOPStudien nach 10 Jahren bei 69 % Überleben. Als Spätfolge der Behandlung sind in erster Linie Nierenfunktionsstörungen zu beachten, die bis zur Niereninsuffizienz führen können und Dialyse oder eine Nierentransplantation notwendig machen (Thomas et al. 1983). Als eine Ursache wird die Hyperfiltration des verbliebenen Restnierenparenchyms angesehen. In jedem Fall sollte die Behandlung eines solchen Patienten in einem pädiatrisch onkologischen Zentrum erfolgen. Therapie von Erwachsenen mit einem Nephroblastom Selten wird ein Nephroblastom auch bei Erwachsenen diagnostiziert. Die Behandlung kann entsprechend der Therapie für Kinder erfolgen. Im Unterschied zu diesen erfolgt zunächst immer die operative Tumorentfernung zur histologischen Sicherung. Häufig ist der Tumor in dieser Patientengruppe weiter fortgeschritten, mit einem hohen Anteil an Patienten mit initialen Metastasen. Hieraus ergibt sich die bislang berichtete schlechtere Prognose im Vergleich zu Kindern. Ursache kann aber auch die nichtstandardisierte Behandlung im Erwachsenenalter sein, sodass nur über heterogene Patientenkollektive berichtet wird. Erwachsene Patienten, die entsprechend den Richtlinien der kindlichen Nephroblastomstudien behandelt werden, scheinen eine bessere Prognose aufzuweisen (Reinhard et al. 2000, Reinhard et al. 2004). Auf die erhöhte Neurotoxizität des Vincristins ist in dieser Altersgruppe zu achten. Therapie von Rezidiven Tritt ein Rezidiv auf, können die Patienten entsprechend der Prognose in 2 Gruppen unterteilt werden: Einteilung der Rezidivpatienten nach der Prognose Hohe Überlebenschance bei konventioneller Therapie &ndash; Erstes Rezidiv mit günstiger oder Standardhistologie und &ndash; später als 6 Monate nach Nephrektomie und &ndash; nur ein Gewebe oder Organ (Lunge, Leber, Knochen, Abdomen) befallen und &ndash; Rezidiv in einem nicht bestrahlten Feld und kein Lymphknotenbefall Überlebenschance von weniger als 20 % &ndash; Zweit- oder Mehrfachrezidive oder ungünstige Histologie &ndash; Frühe Metastasen (weniger als 6 Monate nach Nephrektomie) &ndash; Abdominelle Metastasen in bestrahlten Feldern &ndash; Multiple Knochenmetastasen oder Metastasen an verschiedenen Orten &ndash; Lymphknotenmetastasen Eine hohe Überlebenschance besitzen bei konventioneller Therapie nur Kinder mit erstem Rezidiv, das später als 6 Monate nach Nephrektomie in einem zuvor nicht bestrahlten Feld aufgetreten ist. Zudem darf keine Lymphknotenmetastase bestehen, es darf nur ein Gewebe oder Organ befallen sein und es darf keine hochgradige Malignität vorliegen. Bei allen anderen Rezidiven liegt die Überlebenschance unter 20 % (Miser u. Tournade 1995). Inwieweit bei solchen Patienten durch eine Hochdosischemotherapie mit nachfolgendem Stammzell-Rescue die Prognose verbessert werden kann, ist weiterhin unklar (Hempel et al. 1996; Pein et al. 1998, Kremens et al. 2002) und ist zurzeit Gegenstand einer prospektiven randomisierten gemeinsamen Studie der SIOP und NWTS. Intrakranielle Rezidive sind selten und prognostisch ungünstig (van den Heuvel-Eibrink et al. 2004). Zusammenfassung des therapeutischen Vorgehens in den verschiedenen Krankheitsstadien Eine präoperative Chemotherapie wird grundsätzlich nur in den SIOP-Studien durchgeführt. Sie erfolgt bei sicherer bildgebender Diagnose bei allen Patienten mit einem Alter von über 6 Monaten und unter 16 Jahren. Die postoperative Behandlung erfolgt immer auf der Basis von postoperativem Stadium und histologischem Subtyp. Die wichtigsten Medikamente in der Behandlung des Nephroblastoms sind Vincristin und Actinomycin D. Anthrazykline werden nur bei Patienten mit höheren Tumorstadien eingesetzt. Weitere Medikamente (Cyclophosphamid, Ifosfamid, Carboplatin, Etoposid) sind nur bei hoher Malignität, bei fehlendem oder ungenügendem Ansprechen oder im Rezidiv indiziert. Die Strahlentherapie erfolgt nur postoperativ im lokalen Stadium III sowie bei hoher Malignität jenseits des Stadium I. Die Dosis beträgt 15 Gy bei intermediärer und 30 Gy bei hoher Malignität. Ein Boost erfolgt bei makroskopischem Tumorrest auf das verbliebene Tumorareal. Nachsorge An akuter Toxizität bereitet insbesondere das Auftreten einer Venenverschlusskrankheit der Leber (&bdquo;venous occlusive disease&ldquo;, VOD) Probleme (D&rsquo;Angio 1987; Flentje et al. 1994; Ludwig et al. 1992; Oberlin et al. 1989; Raine et al. 1991). Bei Säuglingen und Kleinkindern kann unter der präoperativen Zytostatikatherapie und auch postoperativ eine VOD auftreten. Diese steht am ehesten im Zusammenhang mit einer relativen Überdosierung von Actinomycin D bei dystrophen Kindern mit einem niedrigen Körpergewicht (Ludwig et al. 1992). Weitere Risikofaktoren sind rechtsseitiger Tumor und postoperative Strahlentherapie mit Einschluss von Lebergewebe (Flentje et al. 1994). Andere akute Nebenwirkungen sind selten. Sie betreffen hauptsächlich Infektionen, Neuropathien (Vincristin) und Nebenwirkungen am Darm durch die Raumforderung. Operative Komplikationen sind nach präoperativer Behandlung geringer und liegen in einer Größenordnung von 5 % (Ritchey u. Coppes 1995). Langfristig ist vor allem auf Wachstumsstörungen von Skelett und Weichteilen als Folge der Radiatio zu achten (Thomas et al. 1983). Zumeist wird dies während der Wachstumsschübe offenkundig. Das Ausmaß der Beeinträchtigung ist abhängig von der Bestrahlungsdosis, dem Bestrahlungsvolumen und dem Alter des Kindes bei der Bestrahlung. Manifestationsformen der Spättoxizität sind Kyphoskoliose, Hypoplasien im Bereich von Wirbelsäule, Becken, Rippen und Weichteilgewebe der Flanke sowie die Entwicklung von Osteochondromen (Pfeil et al. 1986; Thomas et al. 1983). Es wird erwartet, dass nach Bestrahlung mit niedrigen Dosen (15 Gy) die Beeinträchtigungen nur wenig ausgeprägt sind. Spätfolgen am Herzen (Anthrazykline) und an den Nieren (einseitige Nephrektomie, Gabe von Ifosfamid und Carboplatin bei hoher Malignität) sind möglich (Bardi et al 2004). Ein gehäuftes Auftreten von Zweitmalignomen ist nicht zu erwarten. Im Rahmen der Studien der NWTS wurden 1 % maligne Zweittumoren beobachtet (Breslow et al. 1988). Ein Nachsorgeschema ist oben aufgeführt. Zusammenfassung Der Wilms-Tumor gehört zu den embryonalen Tumoren und stellt die häufigste bösartige Neubildung der Niere im Kindesalter dar. Er tritt insbesondere im Kleinkindesalter auf und ist häufig mit kongenitalen Anomalien und Syndromen assoziiert. Pathogenetisch kann sich der Tumor aus nephrogenen Resten bzw. einer Nephroblastomatose entwickeln. Molekulargenetisch spielen verschiedene Gene in der Tumorentstehung eine Rolle. Hierzu zählen wt1 (11p13), wt2 (11p15.5), wt3 (16q), wt4 bzw. fwt1 (17q12-q21), wt5 (7p15-p11.2). Als einziges Gen wurde bisher wt1 kloniert. Es handelt sich bei diesem Gen um ein Tumorsuppressorgen, das für ein Protein mit den Eigenschaften eines Transkriptionsfaktors kodiert. In der Tumorgenese spielen sowohl genetische als auch epigenetische Mutationen eine wichtige Rolle und stellen z. T. prognostisch ungünstige Marker dar. Exogene Faktoren der Tumorentstehung sind nicht bekannt. Die Behandlung des http://www.nephroblastom.de Powered by Joomla! Generiert: 13 February, 2017, 18:18 Wilms Tumor Wilms-Tumors sollte immer im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien in einem kinderonkologischen Zentrum erfolgen. Hierdurch wird ein Höchstmaß an Heilung ermöglicht. Im Rahmen der SIOP-Studien beginnt die zytostatische Therapie nach bildgebender Diagnose vor einer histologischen Sicherung des Tumors. Um das Risiko einer nichtindizierten Chemotherapie zu minimieren, muss die Bildgebung von hoher Qualität sein und eine entsprechende Kompetenz in der Beurteilung vorliegen. Neben der Chemotherapie ist die operative radikale Tumorentfernung immer notwendig, die in die Hand des erfahrenen Chirurgen gehört. Die postoperative Behandlung richtet sich immer nach dem histologischen Subtyp und dem erzielten postoperativem Stadium. Die Chemotherapie muss in höheren Stadien oder bei hoher Malignität durch eine Radiatio ergänzt werden. Einen wesentlichen prognostischen Faktor stellt das Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie dar, die am histologischen Subtyp und dem erzielten Tumorvolumen nach präoperativer Chemotherapie gemessen werden kann. Einige genetische Marker (Deletionen von 11q, 16q, 22q) sind mit ungünstiger Prognose korreliert. Ungefähr 90 % der Patienten mit einem Wilms-Tumor können heute dauerhaft geheilt werden. Eine ungünstige Prognose weisen noch Patienten mit diffuser Anaplasie und einem blastemreichem Subtyp nach präoperativer Chemotherapie auf. Dagegen ist bei initialen Metastasen eine hohe kurative Chance gegeben (80 % Überleben). In Anbetracht der hohen Heilraten ist ein besonderes Augenmerk auf akute Nebenwirkungen und Spätfolgen der Erkrankung und Therapie zu richten. Erwachsene mit einem Nephroblastom können entsprechend den Therapierichtlinien für Kinder behandelt werden. Hierdurch scheint sich deren Prognose zu verbessern. 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