Schulter-Schmerz Schmerzen in der Schulter sind meist belastungsabhängig, oft aber auch in Ruhe vorhanden; wenn sie in der Nacht den Schlaf stören, generieren sie für viele einen hohen Leidensdruck. Schmerzen können Folge eines Unfalles sein oder ohne Verletzung durch Über- respektiv Fehlbelastungen oder ganz einfach durch Alterung der Gewebe entstehen. Gewisse Aktivitäten können sie auslösen oder verstärken, meist sind dies Tätigkeiten über Kopf. Nicht in der Schulter selber entstehende Schmerzen können dorthin projiziert werden: Krankheiten innerer Organe wie Herz oder Gallesystem, der Halswirbelsäule, Nerveneinklemmungen. Schmerzen in der Schulter sind oft verantwortlich für die Einschränkung der Beweglichkeit und den Gebrauch des Armes im Alltag. Es wird eine Schwäche verspürt, Tätigkeiten über Kopf sind nicht mehr möglich und es kann zu Hilfsbedürtigkeit führen in alltäglichen Anforderungen. Diagnostik Wichtig ist die Geschichte des Patienten, welche Beginn und Umstände von Schmerzen beschreibt, Angaben zu einer Verletzung, Charakter und Zeitpunkt von Schmerzen und Funktionsbehinderungen, Massnahmen zur Linderung, frühere Beschwerden und Verletzungen sowie allgemeine Erkrankungen und entzündliche Gelenksleiden auflistet. Die detaillierte klinische Untersuchung schliesst den Schultergürtel, die Halswirbelsäule und den ganzen Arm mit ein. Im konventionellen Röntgenbild finden wir die Zeichen der Arthrose wie an anderen Gelenken, Verkalkungen, knöcherne Absprengungen, Frakturen und Ausrenkungen. Eine Schädigung der Muskelsehneneinheit wird im Ultraschall oder MRI dargestellt. Ein MRI mit Arthrographie (Einspritzen von Kontrastmittel (Gadolinium) gibt die besten Informationen zu den verschiedensten Fragestellungen. Der Ultraschall ist nicht invasive, aber vom Untersucher abhängig. Im Computertomogramm (meist auch mit Injektion von Kontrastmittel) erhalten wir gute Informationen über die Knochenstrukturen, aber auch über den Zustand der Muskulatur. Es wird zunehmend durch das MRI ersetzt. Impingement (= Einklemmungsproblematik der Rotatorenmanschette zwischen Oberarmkopf und Schulterdach); wird begünstigt durch eine knöcherne Ausziehung des Schulterdaches. Oft entzündet sich auch der zwischen Rotatorenmanschette und Schulterdach liegende Schleimbeutel (Bursitis). Verkalkungen in der Sehne führen zu sehr starken Schmerzen - v.a. in der Auflösungsphase durch Entzündung des benachbarten Schleimbeutels - mit dadurch bedingter vollständiger Funktionsaufhebung einer Lähmung gleichend (Pseudoparalyse). Diese Tendinitis calcarea hat eine hohe Selbstheilungsrate von ca. 50 %. Mittels antientzündlichen Medikamenten, Ultraschallanwendung und Physiotherapie können die Symptome gemildert werden. Needling unter Bildwandler versucht durch Anstechen des Kalkes und Infiltration von Lokalanästhetika und oft auch Cortison eine Auflösung zu bewirken. Falls der Kalk sich nicht auflöst und mechanisch stört, kommt eine arthroskopische oder minioffene Entfernung in Frage, oft mit Naht der Rotatorenmanschette. Rotatorenmanschettenruptur Die Rotatorenmanschette, bestehend aus mehreren schlecht durchbluteten Sehnen, kann durch eine Verletzung akut reissen oder aber langsam infolge Alterung und Einklemmung unter dem Schulterdach örtlich degenerieren. Es gibt Teil- und Totalrisse. Jene können gelenkseitig oder bursaseitig liegen. Die Funktion der Schulter kann durch einen Riss in einer Sehne deutlich eingeschränkt werden, muss dies aber nicht. Vor allem hemmt der Schmerz die Funktion. Mit höher werdendem Alter weist ein zunehmender Prozentsatz Risse an Rotatorenmanschetten auf, die aber nicht zwingend Beschwerden hervorrufen müssen. Auch können Gewebeveränderungen in der Sehne ohne nachweisbare Risse zu starken Schmerzen führen (Tendinose, Tendinitis). Eine gewisse Kompensation durch benachbarte Muskeln ist teilweise möglich. Dem Deltamuskel kommt dabei eine hervorragende Rolle für die meisten Schulterbewegungsfunktionen zu. Eine infolge Schmerzen funktionslose Schulter wird als pseudoparalytisch (paralytisch = gelähmt) beschrieben. Dabei sind nicht die Nerven geschädigt,sondern der bei geringster Bewegung entstehende Schmerz hindert die weitere Bewegung und vermag damit eine Lähmung vorzutäuschen. Die Therapie der Rotatorenmanschettenläsion ist abhängig von der Art der Entstehung (akut durch Unfall oder schleichend durch Überbeanspruchung, Alterung, Entzündung), dem Alter und den Bedürfnissen des Patienten, dem Vorliegen von Schmerzen, der Rekonstruierbarkeit der Sehne ( abhängig von Grösse des Risses, Zustand der Muskulatur, Vorhandensein von fettiger Atrophie der Muskulatur), dem Allgemeinzustand des Patienten betreffend Operablität. Echte Lähmungen der Schultermuskeln entstehen durch Verletzungen, Erkrankungen oder Einklemmung der sie versorgenden Nerven. Durch fehlenden Nervenreiz wird die nicht mehr innervierte Muskeleinheit nicht kontrahiert und infolge Nichtgebrauchs irreversibel abgebaut. Es gibt verschiedene Veränderungen der langen Bicepssehne oder auch an deren Verankerung sowie an der Gelenkslippe der Schulterpfanne (SLAP-Läsion) krankhafter und überlastungsbedingter Art oder nach Unfall. Gewisse dieser Veränderungen verlangen eine Refixation der Lippe oder der Bicepssehne in der Knochenrinne. Frozen Shoulder: Eine Schulter kann einsteifen wegen zu langer Ruhigstellung oder Traumatisierung, gehäuft bei Diabetikern, Halbseitengelähmten und Herzinfarktpatienten, aber auch bei Gesunden (Adhäsive Kapsulitis). Eine Operation entspricht einer Traumatisierung und kann deshalb auch zur Schultersteife führen. Der Erhalt der Schulterbeweglichkeit ist nach Operationen, Verletzungen und Erkrankungen ein wichtiges Ziel der physiotherapeutischen Übungsbehandlung. Auch vor einem Eingriff an der Schulter sollte die passive Beweglichkeit erhalten sein. Die Therapie einer Frozen shoulder ist initial konservativ. Wichtig ist eine gute Schmerztherapie begleitet von schonender Physiotherapie, welche auch eigene Übungen durch den Patienten für zu Hause instruieren muss. Bei Erfolglosigkeit kann eine Infiltration von Lokalanästhetikum mit Cortison eine Verbesserung bewirken. Durch eine arthroskopische Durchtrennung von Narben in einer Narkose mit vorsichtiger Mobilisation wird die Beweglichkeit rascher wieder erlangt. Neuere Daten zeigen, dass nach einem Jahr das gleiche Resultat nach konservativer wie nach operativer Mobilisation erreicht wird. Instabilität Diese ist möglich ohne oder infolge Verletzung, mit und ohne Ausrenkung (Schulterluxation). Die Schulter kann vollständig oder nur fast ausrenken (subluxieren) und dies in verschiedenen Richtungen. Am häufigsten ist die vordere und untere Ausrenkung oder Instabilität der Schulter. Mit einer Schulterausrenkung sind knöcherne Verletzungen an Pfanne (Bankart) und Eindellungen am Oberarmkopf (Hill Sachs) sehr häufig bei jungen Patienten verbunden, die Gelenkslippe und mit zunehmendem Alter auch die Rotatorenmanschette werden verletzt. Des weitern sind Nervenverletzungen durch Überdehnung und seltener Gefässverletzungen möglich. Eine akute Ausrenkung der Schulter ist meist äusserst schmerzhaft und muss raschestmöglich reponiert werden. Je nach Alter und Verletzungsfolgen sowie nach Ansprüchen des Patienten werden instabile Schultern arthroskopisch oder offen durch Rekonstruktion der Pfanne, der Gelenkslippe, der Kapsel, der Rotatorenmanschette und durch Auffüllen von Knochendefekten wiederum stabilisiert. I.d.R braucht eine Stabilisationsoperation eine längere Pause für schulterbelastende und Kontaktsportarten, mindestens ein halbes Jahr. Schmerzen können auch Instabilitäten ohne eigentliches Ausrenken bewirken. Bei genereller Gewebelaxität kann auch die Schulter instabil sein, oft in mehrere Richtungen (multidirektionale Instabilität). Ganz selten können Schultern willentlich luxiert werden. Omarthrose (Schultergelenksarthrose) Diese ist meist Folge von Brüchen, Luxationen, Infektionen oder Entzündungen der Schulter. Arthrose in nicht belastetem Gelenk wird oft erst spät bemerkt durch Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Therapie der Wahl ist nach Ausreizen konservativer Therapiemassnahmen der Einbau einer Prothese. Je nach Zustand der Rotatorenmanschette kann eine anatomische Prothese im Sinne eines Ersatzes bisheriger zerstörter Oberflächen bestehend aus Kopf mit Schaft und Pfanne implantiert werden. Eine Inversprothese erlaubt aufgrund markanter Veränderung der Mechanik mittels dem Deltamuskel Bewegungen. Sie gewährt v.a. Schmerzfreiheit bei eingeschränter Funktion und ist eine Lösung für beschränkte Ansprüche oder in Revisionsfällen. Gelenksentzündungen treten im Rahmen von rheumatischen Erkrankungen oder infolge von Infektionen im Körper entfernt von der Schulter (Infektassoziierte Omarthritis) auf, aber auch im Zusammenhang einer bakteriellen Gelenksentzündung – oft nach Injektionen, seltener bei Blutvergiftung. Letztere ist ein absoluter Notfall und bedarf der raschen Behandlung mit Spülung des Gelenkes und Antibiotikatherapie (Bakterielle Omarthritis). Ein Knochenbruch (Fraktur) Kommt allermeist am Kopf des Oberarmknochens vor, selten am Schulterblatt mit dessen Gelenkspfanne; kann starke Schmerzen auslösen. Nicht zu vergessen sind schulternahe Knochenbrüche wie diejenigen am Schlüsselbein oder an oberen Rippen. Am Oberarmkopf werden Brüche mit Verschiebungen und grösseren Achsabweichungen operativ versorgt. Dabei kommen heute meist Implantate mit winkelstabilen Schrauben zum Einsatz, welche eine höhere Ausreisskraft in osteoporotischem Knochen aufweisen. Bei Trümmerbrüchen des Kopfes und bei Zerstörung der Durchblutung kommt eine Kopfprothese als Ersatz in Frage, deren Funktionsresultat aber vorwiegend vom Zustand der oft auch mitbeteiligten Rotatorenmanschette abhängt. Zunehmend gelten Schlüsselbeinbrüche mit Verkürzung und Trümmerzone als Operationsindikation. Osteosynthesen erlauben eine frühfunktionelle Nachbehandlung ohne Belastung. Wichtig ist ein Erhalten der Beweglichkeit. Verrenkungen von akromioclavicularem (AC-Luxation) oder sternoclavicularem Gelenk (SCLuxation), die beide in der Mechanik der Schulter eine wichtige Rolle spielen, sind relativ häufig. Als Glied in der Kette der Armaufhängung am Brustkorb sind sie hohen Scher-, Dreh- und Druckkräften ausgesetzt. Rekonstruktionen sind aufwändig und immer noch mit ungewissem Erfolg hinsichtlich beschwerdefreier hoher Anforderungen behaftet. Deshalb sind hier Verreknungen geringen Grades der konservativen Therapie zuzuführen, was Schonung, Schmerztherapie und Bewegungstherapie in erlaubtem Ausmass bedeutet.