Technische Universität München Zentrum Mathematik Algebraische Topologie Sommersemester 2011 Prof. Dr. Josef Dorfmeister — Dr. Jan Wehrheim Übungsblatt 4 - Musterlösung Aufgabe 1: Überlagerungen aus lokalen Homöomorphismen Es seien X und Y wegzusammenhängende und lokal wegzusammenhängende Hausdorff Räume. Ferner sei X kompakt und f : X → Y ein lokaler Homöomorphismus. Beweisen Sie, dass (X, f ) damit schon eine Überlagerung ist. Lösung zu Aufgabe 1: Zunächst stellen wir fest, dass f surjektiv ist: Als lokaler Homöomorphismus ist f offen, also ist f (X) ⊂ Y offen. Da X kompakt und f stetig ist, ist f (X) ⊂ Y kompakt. Und da Y Hausdorff ist folgt aus kompakt schon abgeschlossen. Für X 6= ∅ ist auch f (X) 6= ∅, also ist f (X) ⊂ Y eine nicht leere offene und abgeschlossene Teilmenge. Da Y wegzusammenhängend ist, ist Y auch zusammenhängend und es folgt somit f (X) = Y . Damit ist für jedes y ∈ Y die Menge f −1 (y) ⊂ X nicht leer. Wir zeigen als nächstes, dass f −1 (y) ⊂ X für jedes y ∈ Y endlich ist: Ist die Menge f −1 (y) unendlich, so existiert aufgrund der Kompaktheit von X ein Häufungspunkt x dieser Menge. Jede Umgebung U von x enthält also unendlich viele Urbilder von y. Die Funktion f kann also auf keiner Umgebung von x injektiv sein. Also kann f kein lokaler Homöomorphismus sein. Dies ist der gewünschte Widerspruch. Zu den Urbildern x1 , . . . , xn ∈ X eines fest gewählten y ∈ Y wählen wir nun offene und wegzusammenhängende Umgebungen U1 , . . . , Un ⊂ X, so dass f |Ui jeweils ein Homöomorphismus ist. Da X Hausdorff ist, können diese Ui disjunkt gewählt werden. Dann ist V := n \ f (Ui ) i=1 eine Elementarumgebung von y: Als endlicher Schnitt offener Mengen ist V offen und die Wegzusammenhangskomponenten von f −1 (V ) sind offene Teilmengen der Ui . Aufgabe 2: SU(2) → SO(3) - das Ende Zeigen Sie, dass der auf Übungsblatt 3 konstruierte Gruppenhomomorphismus φ : SU(2) → SO(3) tatsächlich eine Überlagerung ist. Lösung zu Aufgabe 2: Nach Aufgabe 1 auf diesem Blatt genügt es zu zeigen, dass φ ein lokaler Homöomorphismus ist. Ferner genügt es, den Punkt IdC2 ∈ SU(2) zu betrachten und eine Umgebung U davon anzugeben, so dass φ|U : U → φ(U ) ein Homöomorphismus ist: Ist A0 ∈ SU(2) dann ein anderer Punkt, so betrachten wir die Homöomorphismen λA0 −1 : SU(2) → SU(2) ; A 7→ A0 −1 · A und λφ(A0 ) : SO(3) → SO(3) ; ϕ 7→ φ(A0 ) ◦ ϕ. Es gilt dann φ = λφ(A0 ) ◦ φ ◦ λA0 −1 und damit ist U0 := A0 · U ⊂ SU(2) eine Umgebung von A0 , die von φ homöomorph auf ihr Bild abgebildet wird. Wir verwenden nun, dass die Exponentialabbildungen exp : su(2) → SU(2) und exp : so(3) → SO(3) jeweils in der Identität lokale Homöomorphismen sind. Unser φ induziert dann eine Abbildung von einer Umgebung der Null in su(2) in eine Umgebung der Null in so(3) und es bleibt noch zu zeigen, dass die linearisierte Abbildung f : su(2) → so(3) surjektiv ist. Dies geschieht, indem man explizite Urbilder einer Basis von so(3) angibt. Dafür ist es hilfreich, eine explizite Formel für φ zu haben. Wir schreiben ein A ∈ SU(2) als 1 0 i 0 0 1 0 i A = cos(α) · + sin(α) · v1 · + v2 · + v3 · 0 1 0 −i −1 0 i 0 mit einem Winkel α und einem Einheitsvektor v = (v1 , v2 , v3 ) ∈ R3 . Die Drehung φ(A) ist dann die Drehung um den Winkel 2α mit der Drehachse v. Dies kann man explizit schreiben als 0 −v3 v2 0 −v1 . φ(A) = exp 2α · v3 −v2 v1 0 Aufgabe 3: Pullback von Überlagerungen e → X eine Überlagerung und f : Y → X eine stetige Abbildung zwischen wegzusamEs sei p : X menhängenden und lokal wegzusammenhängenden Räumen. Wir setzen e := {(y, x̃) ∈ Y × X e | f (y) = p(x̃)} Ye := f ∗ X und q : Ye → Y ; (y, x̃) 7→ y. Zeigen Sie, dass q : Ye → Y wieder eine Überlagerung ist. Betrachten Sie die Retraktion f : S 1 ∪ [1, 2] → S 1 , welche die Identität auf S 1 ist und das Intervall [1, 2] auf den Punkt 1 ∈ S 1 abbildet. Bestimmen Sie f ∗ von allen Überlagerungen der S 1 und vergleichen Sie das Ergebnis mit Aufgabe 1 von Blatt 2 Lösung zu Aufgabe 3: e Da die Projektion Y × X e →Y Der Raum Ye erhält die Teilraumtopologie des Produktraumes Y × X. stetig ist, ist somit die Abbildung q als Einschränkung dieser Projektion auf den Teilraum Ye ebenfalls stetig. Wir fixieren einen Punkt y0 ∈ Y und konstruieren eine Elementarumgebung. Dazu sei x0 := f (y0 ). Die Faser q −1 (y0 ) besteht dann genau aus den Punktpaaren (y0 , x̃) mit x̃ ∈ p−1 (x0 ). Sei ferner U ⊂ X eine Elementarumgebung von x0 und V := f −1 (U ). Da f stetig ist, ist V eine offene und wegzusammenhängende Umgebung von y0 . Es gilt e | f (y) ∈ U und f (y) = p(x̃)}. q −1 (V ) = {(y, x̃) ∈ Y × X Es sei W ⊂ q −1 (V ) die Wegzusammenhangskomponente von (y0 , x̃) für ein gewisses x̃ ∈ p−1 (x0 ). Wir wollen zeigen, dass q : W → V ein Homöomorphismus ist. Dazu sei Z ⊂ p−1 (U ) die Wegzusame und φ := p|Z −1 : U → Z der entsprechende Homöomorphismus. menhangskomponente von x̃ in X Die Umkehrabbildung zu q : W → V ist dann gegeben durch q −1 (y) = (y, φ(f (y))) und diese ist ebenfalls stetig. Tatsächlich kann man alle Überlagerungen von X = − als Pullback von Überlagerungen der S 1 unter der angegebenen Retraktion beschreiben. Aufgabe 4: Höhere Homotopie-Gruppen e → X eine Überlagerung mit p(x̃) = x, so sind die Beweisen Sie die folgende Aussage: Ist p : X induzierten Abbildungen e x̃) → πn (X, x) p∗ : πn (X, für alle n ≥ 2 Isomorphismen. Berechnen Sie damit sämtliche Homotopie-Gruppen der S 1 . Lösung zu Aufgabe 4: Per Konstruktion sind die induzierten Abbildungen p∗ Homomorphismen. Es ist nur noch zu zeigen, dass es für n ≥ 2 auch Bijektionen sind: Sei dazu a ∈ πn (X, x) eine von einer stetigen Abbildung α : S n → X repräsentierte Klasse. Da S n für n ≥ 2 einfach zusammenhängend ist, existiert dann e mit p ◦ α̃ = α. Die von α̃ repräsentierte Klasse ã ∈ πn (X, e x̃) erfüllt damit ein Lift α̃ : S n → X p∗ (ã) = a. e x̃) eine von α̃ : S n → X e repräsentierte Klasse mit p∗ (a) = 0 ∈ πn (X, x). Die Es sei nun ã ∈ πn (X, n Abbildung α := p ◦ α̃ : S → X ist also homotop zur konstanten Abbildung auf den Basispunkt x ∈ X. Die entsprechende Homotopie ist eine stetige Abbildung φ : S n × [0, 1] → X mit φ(z, 0) = α(z) und φ(z, 1) = x für alle z ∈ S n . Da die S n für n ≥ 2 einfach zusammenhängend ist, ist auch S n × [0, 1] für n ≥ 2 einfach zusammenängend und damit existiert ein eindeutiger Lift dieser Homotopie durch den Punkt e (x̃, 0) und damit ist tatsächlich schon α̃ homotop zur konstanten Abbildung x̃ ∈ X. Die Abbildungen p∗ sind für n ≥ 2 also injektiv und surjektiv und somit bijektiv. Für n = 1 ist die e und X auch stets injektiv, aber nur genau Abbildung p∗ zwischen den Fundamentalgruppen von X dann surjektiv, wenn p ein Homöomorphismus ist. Die Homotopie-Gruppen πn (S 1 , 1) für n ≥ 2 sind somit alle isomorph zu den Homotopie-Gruppen der universellen Überlagerung πn (R, 0), und diese sind alle isomorph zu {0}, da R zusammenziehbar ist.