J.J. Thomson und die Entdeckung des Elektrons Prägende Jahre • geboren am 18.12.1856 in Cheetham Hill, Manchester als Sohn eines Buchhändlers Studium am Owens College • • • • soll mit 16 Jahren eine Ausbildung zum Ingenieur antreten wird dazu mit 14 Jahren auf eine Warteliste gesetzt und studiert in der Zwischenzeit Ingenieurwesen am Owens College in Manchester kurz vor Antritt der Ausbildung stirbt J.J.s Vater und J.J. bleibt aus finanziellen Gründen am Owens College Studium der Mathematik und Physik Themen mit denen Thomson am Owens College in Berührung kommt: Äthertheorie, Hydrodynamik (Vortices in Flüssigkeiten), Maxwells Elektrodynamik erste wissenschaftliche Veröffentlichung zu einem Detail aus Maxwells Theorie: „On Contact Electricity of Insulators“ Maxwell wird zu Thomsons Vorbild Studium am Trinity College, Cambridge • • 1876: Aufnahme des Mathematikstudiums am Trinity College 1880: Abschluss als Second Wrangler d.h. als zweitbester Absolvent Frühe Forschungsarbeit • • • • Bewerbung als Wissenschaftler in Cambridge Einreichung einer Arbeit zum Thema Energieerhaltung (grundlegende Idee: alle Formen von Energie sind letztendlich kinetischen Ursprungs) 1880: Anstellung als Wissenschaftler am Trinity College Beschäftigung mit Maxwells Elektrodynamik 1881: „On the Electric and Magnetic Effects Produced by the Motion of Electrified Bodies“ These: Masse eines Körpers ist - durch den Äther bedingt - teilweise elektrischen Ursprungs 1882: Ernennung zum Assistant Lecturer Adams Prize für eine Ausarbeitung zum Thema „A general investigation of the action upon each other of two closed vortices in a perfect incompressible fluid“ Thomson zieht zum ersten mal die Möglichkeit in Betracht, dass Atome aus kleineren Einheiten aufgebaut sind Erklärung der periodischen Eigenschaften durch die Konfiguration der Vortex Ringe in Analogie zu Mayers Magneten Frühe Professorenjahre am Cavendish Lehrstuhl (1884-1890) • • • 1884: Lord Layleigh tritt vom Cavendish Lehrstuhl zurück Thomson wird überraschenderweise im Alter von 28 Jahren zu Rayleighs Nachfolger gewählt 1888: Heirat mit Rose Paget, Tochter Joan, Sohn George, George wird später ebenfalls berühmter Physiker und Nobelpreisgewinner Hinwendung zur Experimentalphysik Wahl der Gasentladung als Forschungsgebiet Eine kurze Geschichte der Gasentladung Gasentladungen = Leuchterscheinungen, die man beobachten kann wenn man einen Glasbehälter mit Gas bei niedrigem Druck befüllt und entlang des Glasbehälters ein elektrisches Potential anlegt • Gasentladungen natürlicher Art: Blitze und Polarlichter • älteste in einem Labor erzeugte Gasentladung: 1675, Jean Picard schüttelt in seinem Labor ein Quecksilberthermometer und beobachtet Leuchterscheinungen • 1745: Bau der ersten Leuchtröhre durch Johann Heinrich Winckler • ab 1850: Systematische Erforschung der Gasentladungsphänomene Heinrich Geißler enwickelt neue Vakuumpumpe und nach ihm benannte GeißlerRöhren Zusammenarbeit mit Julius Plücker und dessen Schüler Johann Hittorf in Bonn wichtigste Entdeckungen: Ablenkbarkeit durch Magnetfeld, Hindernisse verursachen geometrische Schatten • William Crookes (britischer Wissenschaftler): Kathodenstrahlen übertragen Energie und Impuls Auffassung der Kathodenstrahlen als geladene Teilchen • Hertz entdeckt jedoch dass Kathodenstrahlen dünne Metallfolien durchdringen können und findet irrtümlicherweise heraus, dass sie sich nicht durch ein elektrisches Feld ablenken lassen Rückschluss auf Wellennatur der Kathodenstrahlen => Zwei konkurrierende Theorien • • • • Thomsons Vorstellung der Gasentladung: Elektrisches Feld ist nach Maxwell Geschwindigkeitsverteilung im Äther, dadurch Aufbrechen der Vortex-Moleküle, Rekombination äußert sich in der Leitung von Strom bis 1890: Untersuchung des Mechanismus der Leitung von Elektrizität in Gasen 1886: Veröffentlichung einiger seiner Experimente mit theoretischen Überlegungen zu den Ergebnissen Ziel der Experimente: Untersuchung der Durchbruchfeldstärke keine nenneswerten Ergebnisse Rückschluss, dass die Durchbruchfeldstärke keine fundamentale Eigenschaft von Gasen ist Weitere Entwicklungen in der Gasentladungsforschung (1891-1895) • • Entfernung von der Vortex-Atomtheorie neue Vorstellung: Ausbildung von Grotthus-Ketten zwischen den Elektroden, anziehende Kraft durch Faraday-tube, Aufbrechen der Ketten und Ausbreitung der Entladung • Experimente zum Zusammenhang zwischen Gadentladung und Elektrolyse Elektrolyse von Wasserdampf, überraschendes Ergebnis: Wasserstoff kann sowohl positive als auch negative Ladung aufnehmen Experimente zum Zusammenhang zwischen chemischen Reaktion und der Anwesenheit von Wasserdampf Ergebnis: Kondensation von Wasserdampf durch chemische Reaktionen in der Umgebung Erklärung: Moleküle dissoziieren kurzzeitig in geladene Atome, entstehendes elektrisches Feld vermindert Oberflächenspannung des Wassers weiteres Ergebnis: chemische Reaktionen werden durch die Anwesenheit von Wasserdampf begünstigt Experimente zum Einfluss von Wasserdampf auf Gasentladungen Ergebnis: für Entladung nötige Spannung ist umso größer, je trockener das Gas ist; außerdem ist nach der Entladung einige Zeit nötig, bis die urprüngliche Durchbruchfeldstärke wieder aufgebaut ist, ist jedoch Wasserdampf anwesend ist dies nicht der Fall • • Interpretation: Moleküle kondensieren vor der Entladung zu größerem Aggregat, sind diese gebildet kann die zweite Zündung bei niedrigerer Spannung erfolgen, Wasserdampf erleichtert die Kondensation, Gasentladung = Herausreißen geladener Atome aus Molekülaggregat => Abwendung vom Grotthus-Kettenmodell • Ausarbeitung eines Atommodells unter Berücksichtigung aller Ergebnisse Erklärungsversuch weshalb manche Elemente bevorzugt ene negative, andere eine positive Ladung aufnehmen => Gyroskopisches Atommodell Aufnahme der bevorzugten Ladung bedeutet gleichsinnige Rotation, Aufnahme der entgegengesetzten Ladung gegensinnige Rotation unter größerem Energieaufwand • Thomson erkennt die wichtige Rolle von Ladungen im Zusammenhang von Materie und Äther: „...the relation between matter and electricity is indeed one of the most important problems in the whole range of physics... These relations I speak of are between charges of electricity and matter. The idea of charge does not arise as long as we deal with the ether alone.“ Thomson erkennt auch: Natur elektrischer Ladungen ist untrennbar mit chemischen Eigenschaften der Elemente verbunden Röntgenstrahlen und Kathodenstrahlen (1895-1900) • Ansturm auswärtiger Studenten an den Cavendish Lehrstuhl, ständiger Platz- und Gerätemangel auch Ernest Rutherford aus Neuseeland kommt an den Lehrstuhl und wird Freund, Schüler und Assistent Thomsons • • 1895: Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen auch Thomson widmet sich ihrer Erforschung Entdeckung: geladene Platte entläd sich bei Bestrahlung mit Röntgenstrahlung durch Ionisation der Luft Existenz einer Sättigungsstromstärke, Veröffentlichung zusammen mit Rutherford weitere gemeinsame Untersuchungen: Ionisation eines Gases wird beim Durchtritt durch Glaswolle zerstört, die Teilchen sind folglich zu groß stromdurchflossener Draht zerstört die Ionisation ebenfalls, daher neue Interpretation der Sättigungsstromstärke: Gleichgewicht zwischen Erzeugung der Ionen durch Röntgenstrahlen und deren Entfernung durch elektrisches Feld • • • • • auch die Erforschung von Kathodenstrahlen gewinnt wieder an Interesse Thomson zeigt: Geschwindigkeit der Kathodenstrahlen ist sehr viel kleiner als die von Licht, Widerspruch für Anhänger der Wellenhypothese Debatte um Natur der Kathodenstrahlen 30.4.1897: Vortrag Thomsons bei der Royal Institution, erstmalige Behauptung Kathodenstrahlen seien kleine negativ geladene Teilchen = Korpuskel aus denen auch Atome aufgebaut sind experimentelle Ausgangspunkte: Trajektorie von Kathodenstrahlen im Magnetfeld ist unabhängig vom Gas und immer gleich negative Ladung ist ein stetiger Begleiter der Kathodenstrahlen, nicht nur Nebeneffekt Überlegungen zur Größe: Korpuskel müssen wesentlich kleiner sein als Moleküle Überlegungen zum Urspung der Röntgenstrahlen: Vibration der Korpuskel Berechnung des Masse-zu-Ladung Verhältnisses aus Messung der verursachten Wärmeenergie und Trajektorie im Magnetfeld m −7 g =1,6⋅10 Ergebnis: , Wert des Wasserstoff-Ions um etwa Faktor 1000 größer e emu • Thomson erkennt dass sich Kathodenstrahlen doch in einem elektrischen Feld ablenken lassen und kann dadurch in einem neuartigen Experiment erneut das Masse-zu-Ladungs Verhältnis bestimmen • 1899: Entwicklung eines Verfahrens zur Bestimmung der Masse der Korpuskel Ergebnis: m=3⋅10−29 kg , heute verwendeter Wert: m=9,1⋅10−31 g • Thomson verwendet stets den Begriff Korpuskel, sieht diese als fundamentale Bausteine der Materie als auch Ladungsträger im Gegensatz zum Konzept des Elektrons als Ladungsträger allein Das Thomson-Atom • • Entdeckung Becquerels 1896, dass sich Atome in kleinere Atome teilen lassen, veranlasst Thomson genauere Überlegungen zum Aufbau der Atome anzustellen 1905: „On the Structure of the Atom“, plum pudding / Rosinenkuchen-Modell negativ geladene Korpuskel in positiver Umgebung, stabile Anordnung in Analogie zu VortexAtomen bzw. Mayers Magneten ein Atom besteht aus tausenden Korpuskeln, da die Masse allein durch diese ausgemacht wird Rotation der Korpuskel und Abstrahlung von Energie bis es zum radioaktiven Zerfall kommt • 1906: Nobelpreis "in recognition of the great merits of his theoretical and experimental investigations on the conduction of electricity by gases" • Thomson findet mit seinem Atommodell unvereinbare Ergebnisse, Anzahl der Korpuskel im Atom ist wesentlich kleiner als angenommen Thomson untersucht mit seinem Assistenten Aston im folgenden Kanalstrahlen (positive Strahlen), erhält aber keinen neuen Aufschluss über die positive Elektrizität aber: Entdeckung der Isotope und Erfindung des Massenspektrographen durch Aston • Folgejahre • • • • • • 1908: Thomson wird zum Ritter geschlagen 1914: Ausbruch des ersten Weltkriegs, viele Studenten und Wissenschaftler verlassen Cambridge Thomson arbeitet im „board for invention and research“ 1915: Thomson wird Präsident der Royal Society 1917: Thomson wird Master of Trinity College 1919: Rücktritt als Cavendish Professor, Rutherford tritt Nachfolge an Thomson arbeitet als Honorarprofessor weiter am Cavendish Lehrstuhl, Veröffentlichung weiterer 50 Papers 30.8.1940: Thomson stirbt im Alter von 83 Jahren Quellen: E. A. Davis and I. J. Falconer – J.J. Thomson and the Discovery of the Electron Falk Müller – Gasentladungsforschung im 19. Jahrhundert Per F Dahl . Flash of the Cathode Rays, A History of J.J. Thomson's Electron