Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem Van der Waals-Theorie und Zustandsgleichung • Eine verbesserte Zustandsgleichung für klassische Gase bei höheren Dichten liefert die Van der Waals-Gleichung. • Diese Gleichung beschreibt auch den Phasenübergang Flüssigkeit-Gas wenigstens näherungsweise. • Wir betrachten wieder ein einatomiges Gas mit der Hamiltonfunktion X X p2 i + H= W (|ri − rj |). 2m i>j i SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (1) Seite 1 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Die freie Energie ist Z Z e−βH(p,r) d3N rd3N p F = −kB T ln Z Y e−βW (|ri −rj |) d3 r1 . . . d3 rN = F0 − kB T ln V −N i>j wobei F0 die freie Energie des idealen einatomigen Gases ist. • Betrachten wir zunächst nur den abstoßenden Teil des Potentials. Dann ist e−βW (|ri −rj |) ≈ 1 − Θ(a − |ri − rj |). SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (2) Seite 2 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Wir untersuchen Z Y N YN = V −N (1 − Θ(a − |ri − rj |)) d3 r1 . . . d3 rN i>j=1 = V −(N −1) Z NY −1 (1 − Θ(a − |ri − rj |)) d3 r1 . . . d3 rN −1 i>j=1 ×V −1 Z Y N (1 − Θ(a − |rN − r` |)) d3 rN . (3) `=1 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 3 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Die Integration über rN erstreckt sich über das Volumen V 0 , wobei die ausgeschlossenen Volumina Kugeln mit Radius a sind 4π 3 0 VN ≈ V − (N − 1) a 3 N −1 = V 1−2 b0 . (4) V • Die verbleibende Integration über r1 . . . rN −1 ergibt YN −1 . SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 4 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Damit erhält man N −1 YN = 1−2 b0 YN −1 V N −1 N −2 1 = 1−2 b0 b0 . . . 1 − 2 b0 1−2 V V V N N ≈ 1 − b0 (5) V und Frep SS 2005 N = F0 − N kB T ln 1 − b0 . V Heermann - Universität Heidelberg (6) Seite 5 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Daraus erhält man für die Entropie Srep ∂Frep N =− = S0 + N kB ln 1 − b0 . ∂T V (7) • Wir sehen also, dass die Entropie gegenüber dem Wert des idealen Gases, S0 , reduziert ist. • Dies hat seine Ursache darin, daß den einzelnen Atomen nicht mehr das gesamte Volumen zur Verfügung steht, N sondern nur noch ein Bruchteil 1 − V b0 V . • Wegen F = E − T S sieht man aber auch, daß der abstoßende Teil der Wechselwirkung nicht zur Energie beiträgt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 6 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Der anziehende Teil W̄ (r) des Potentials trägt jedoch zur potentiellen Energie bei. • Ist das ausgeschlossene Volumen N b0 V und ist die Wechselwirkung W̄ (r) schwach, können wir annehmen, daß die Dichte in der Umgebung eines herausgegriffenen Teilchens im Abstand r > a konstant gleich N/V ist. • Dann ist die gesamte potentielle Energie 2 Z 2 N N Epot = d3 r W̄ (r) = − kB b 1 2V V (8) und die freie Energie N F = F0 − N kB T ln 1 − b0 V SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg N2 kB b 1 . − V (9) Seite 7 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Mit P = −(∂F/∂V )T,N erhält man die van der Waals’sche Zustandsgleichung ( ) 1 N b1 P V = N kB T − . N V T 1 − V b0 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (10) Seite 8 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem Abbildung 1: Van der Waals Phasendiagramm SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 9 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Betrachte die isotherme Kompressibilität (engl. isothermal comressibility) ∂P 1 = −V (11) κT ∂V T N SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 10 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Für eine Temperatur kleiner als die kritische Temperatur 8 b1 Tc = 27 b0 (12) können negative Werte auftreten können. • Für T = Tc ist κT endlich, bis auf den kritischen Punkt (engl. critical point) 1 b1 Pc = kB 2 27 b0 Vc = 3b0 N (13) bei dem sie divergiert. • Für Temperaturen T < Tc erwartet man Koexistenz von flüssiger und gasförmiger Phase. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 11 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Dies ist in obiger Herleitung der van der Waals-Gleichung nicht enthalten. • Koexistenz bedeutet, daß das Gesamtvolumen V in zwei Teile zerfällt V = V1 + V2 , von denen einer mit Flüssigkeit, der andere mit Gas gefüllt ist. • Für jeden Teil für sich kann die Van der Waals-Gleichung wieder benutzt werden. Da beide Phasen im Gleichgewicht stehen, muß gelten P (V1 , T, N1 ) = P (V2 , T, N2 ) µ(V1 , T, N1 ) = µ(V2 , T, N2 ). SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (14) Seite 12 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem • Beide Größen können aber nur vom Verhältnis v1 = V1 /N1 bzw. v2 = V2 /N2 abhängen. • Das chemische Potential kann man aus der Duham-Gibbs-Relation und der freien Entalpie berechnen G(T, N, P ) F V µ= = +P . N N N (15) • Man erhält den in der Figur(1) gezeichneten Verlauf, wobei für T < Tc der jeweils tiefste Zweig zu wählen ist und die anderen Zweige unphysikalisch sind. • Für Volumina V̄F < V < V̄G erwartet man Koexistenz zwischen flüssiger und gasförmiger Phase. • Dabei sind V̄F und V̄G die jeweiligen Volumina an der SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 13 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem Koexistenzgrenze. • Die freie Energie im Zweiphasengebiet ist VG VF FF + FG F (V ) = V V (16) mit VF + VG = V . • Die freie Energie im Zweiphasengebiet ist also durch die Doppeltangente an die freien Energien der homogenen Phasen gegeben. • Bei dieser Konstruktion wird der unphysikalische Bereich der van der Waals-Gleichung nicht mehr explizit benutzt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 14 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem Beispiele: Van-der-Waals Schauen wir uns als Beispiel das van der Waals-System für CO2 an. MAPLE 0.1 > restart; > eq1:=(p+a/v^2)*(v-b)=R*T; > Pressure:=solve(eq1,p); > R:=8314: > a:=366000: b:=.0429: > a:=13800: b:=.0318: R:=8314: > Pressure1:=subs(T=300,Pressure); > Pressure2:=subs(T=340,Pressure); > Pressure3:=subs(T=380,Pressure); SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 15 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem > plot({Pressure1,Pressure2,Pressure3},v=0.068..0.4,p=0 > plot3d(Pressure,v=0.068..0.4,T=250..380,view=0..2e+00 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 16 Vorlesung Statistische Mechanik: N-Teilchensystem Pressure˚vs˚Volume 2E7 1,5E7 p 1E7 5E6 0 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4 v Abbildung 2: CO2 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 17