Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Wahrscheinlichkeit, Zufallsvariable • In der Statistik spricht man von Ereignissen und Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten dieser Ereignisse. • Ereignisse sind Mengen. • Unter einen Elementarereignis versteht man eine Teilmenge, die nicht leer ist und nicht weiter zerlegt werden kann. • Für Elementarereignisse ai gilt ai ∩ a j = ∅ SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg . (1) Seite 1 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Es sei E die Menge aller Elementarereignisse. • In der statistischen Physik verstehen wir Mikrozustände als Elementarereignisse. Dies sind vollständig charakterisierte physikalische Zustände. • In der klassischen Physik von N Teilchen in 3 Dimensionen sind sie durch Angabe aller Orte q1 · · · q3N und Impulse p1 · · · q3N gegeben. • Den 6N-dimensionalen Raum bezeichnet man als Phasenraum, und damit entspricht einem Mikrozustand ein Punkt im Phasenraum. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 2 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • In der Quanten-statistischen Mechanik ist ein Mikrozustand durch Angabe eines vollständigen Satzes von Quantenzahlen gegeben. • Betrachtet man etwa Teilchen in einem Volumen der Lineardimension L, sind hierfür die Komponenten der Wellenvektoren aller Teilchen ki = 2πni,α /L und deren Spins si geeignet. Dabei sind ni,α ganze Zahlen und i = 1 · · · N, α = 1 · · · 3. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 3 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Es seien A und B Teilmengen von E, nicht notwendigerweise elementar. Falls A∩B =∅ , (2) nennt man A und B unvereinbar. • Ā ist komplementär zu A, falls A ∩ Ā = ∅ und A ∪ Ā = E , (3) wobei die Vereinigung (Summe) A ∪ B ist. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 4 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • In der statistischen Physik werden wir Makrozustände einführen, die unvereinbare Teilmengen aus Mikrozuständen darstellen. • Beispielsweise kann man alle Mikrozustände mit einer Energie in einem Intervall E − 12 ≤ E · · · E + 12 ≤ E zu einem Makrozustand der Energie E zusammenfassen. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 5 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • In der Quantenmechanik sind die Energiewerte von Mikrozuständen, für N Teilchen in einem Volumen der Größe V = L3 , diskret. • Der typische Abstand benachbarter Energieniveaus ist ∼ L−1 , wogegen die typische Energie E ∼ N ist. Im thermodyamischen Grenzfall N → ∞, V → ∞ kann also ∆E sehr klein gewählt werden, und die Energie kann als kontinuierliche Variable aufgefasst werden. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 6 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • In der Statistik wird einem Ereignis A eine Wahrscheinlichkeit P (A) für das Auftreten von A zugeordnet, und es soll gelten: 1. 0 ≤ P (A) ≤ 1 reell 2. P (E) = 1 (das sichere Ereignis) 3. Für zwei Ereignisse A und B gilt P (A ∪ B) = P (A) + P (B) P (A ∪ B) < P (A) + P (B) falls A ∩ B = ∅ oder P (A ∩ B) sonst Hieraus leitet man leicht ab: – P (Ā)1 − P (A) – P (Ā ∪ A) = 1 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 7 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Für P (B) > 0 definiert man eine bedingte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von A, falls sich B ereignet hat (Bayes-Gesetz) P (A ∩ B) . P (A|B) = P (B) (5) • Falls diese nicht vom Eintreffen von B abhängt, also P (A|B) = P (A), bezeichnet man A und B als unabhängig und dann gilt P (A ∩ B) = P (A)P (B). SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 8 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Grundgesamtheit, Verteilungen • Das Maß an dem wir interessiert sind, ist das Gibbs-Maß e−H(s)/kB T ds , jedoch lohnt es sich, allgemeiner vorzugehen. • Die Grundmenge, auf die wir uns beziehen, kann sowohl abzählbar, als auch überabzählbar sein. So ist Ω = {s1 , . . . , sN |si = ±1}, Ω = 2N abzählbar. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 9 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Weiter für ein System von N Teilchen mit der Hamiltonfunktion H= N X p2i /2m + i=1 X U (rij ) (6) i<j ist Ω = R6N , also überabzählbar. • Gewöhnlich ist Ω der Phasenraum. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 10 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.1 Sei Ω 6= 0 und A ⊂ POT(Ω). Dann i.) A heißt vereinigungsstabil: ∀A, B ∈ A: A ∪ B ∈ A ii.) A heißt Ring über Ω: 1.) ∅ ∈ A 2.) A vereinigungsstabil 3.) A, B ∈ A: A − B ∈ A iii.) A heißt Algebra über Ω: 1.) Ω ∈ A 2.) A vereinigungsstabil 3.) ∀A ∈ A: Ā ∈ A SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 11 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie iv.) A heißt σ-Algebra über Ω: 1.) Ω ∈ A 2.) ∀A ∈ A: Ā ∈ A S 3.) ∀(An )n∈N , An ∈ A: n∈N An ∈ A • Die kleinste σ-Algebra über Ω ist: A = {∅, Ω}. • A = POT(Ω) ist die größte σ-Algebra über Ω. • Sei mit R̄ = R ∪ {+∞, −∞} der Abschluss von R bezeichnet. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 12 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.2 Sei A ein Ring über Ω und µ: A → R̄ 1. µ heißt positiv: µ(∅) = 0 und ∀ ∈ A: µ(A) ≥ 0 2. µ heißt additiv: ∀, B ∈ A, A ∩ B = ∅: µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B) 3. µ heißt σ-additiv: S ∀ (An )n∈N , An ∈ A, n∈N An ∈ A ∀n, m ∈ N, n 6= m, An ∩ Am = ∅: P µ (An )n∈N = n∈N µ(An ) 4. µ heißt Prämaß: µ positiv und σ-additiv SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 13 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 5. µ heißt Maß: µ ist Prämaß und A ist eine σ-Algebra 6. µ heißt Wahrscheinlichkeitsmaß (W-Maß): µ ist Maß und µ(Ω) = 1 • Sei A eine σ-Algebra über Ω und ω ∈ Ω. Die Abbildung µ : A → R̄ sei durch ( 0 falls ω 6∈ A µ(A) = 1 falls ω ∈ A µ ist ein W-Maß und heißt Dirac-Maß. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 14 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.3 i.) Ein Paar (Ω, A) heißt Messraum: Ω 6= 0 und A ist eine σ-Algebra über Ω. ii.) Das Tripel (Ω, A, µ) heißt Maßraum: (Ω, A) Meßraum und µ : A → R ein Maß. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 15 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.4 Seien (Ω, A, µ) ein Maßraum, (Ω0 , A0 ) ein Messraum und f eine Abbildung f : Ω → Ω0 . 1. f heißt (A, A0 )-messbar: ∀0 ∈ A0 : f −1 (A0 ) ∈ A 2. Sei f (A, A0 )-messbar und µ0 : A0 → R̄ definiert durch µ0 (A0 ) = µ(f −1 (A0 )), ∀0 ∈ A0 , dann heißt µ0 das Bild von µ bzgl. f (µ0 = f (µ)) SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 16 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.5 Sei (Ω, A, µ) ein Maßraum, (Ω0 , A0 ) ein Maßraum und X : Ω → Ω0 . (i) (Ω, A, µ) heißt W-Raum ⇔ µ ist ein W-Maß. (ii) (Ω, A, µ) sei ein W-Raum und X (A, A0 ) messbar, dann heißt X (A, A0 )-messbare stochastische Variable. (iii) Ist (Ω, A, µ) ein W-Raum und X (A, A0 )-messbare stochastische Variable, dann heißt das Bild von µ bzgl. X die Verteilung der stochastischen Variablen X. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 17 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Ist (Ω, A, µ) ein W-Raum und wählt man als Abbildung X : Ω → Ω die Identität, dann ist das Bild von µ bzgl. X wieder µ. • Damit kann jedes W-Maß µ als Verteilung einer stochastischen Variablen aufgefasst werden! SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 18 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.6 (Ω, A, µ) heißt Laplacescher W-Raum: ⇔ 1. |Ω| = n ∈ N 2. A = P OT (Ω) 1 . 3. ∀ω ∈ Ω: µ({ω}) = n SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 19 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Beispiele • Wir wollen nun praktisch Zahlen erzeugen, die einer Gleichverteilung, d.h. einer Wahrscheinlichkeitsverteilung, bei der für jeden möglichen Zustand die gleiche Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte des Zutreffens besteht, genügen. Diese generieren wir mit Hilfe einer Rekursion xi+1 = G(xi ), SS 2005 x0 = Anfangswert Heermann - Universität Heidelberg . (7) Seite 20 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Da die Zahlen rekursiv erzeugt werden, sind sie zwar korreliert, aber man kann zeigen, dass sie statistische Eigenschaften besitzen, die der gewünschten sehr nahe kommen. Typisch ist die folgende Form der Rekursion G(x) = (xa + b) mod M , (8) wobei es ein Vielzahl von verschiedenen Parametern gibt. • So wählt man etwa a = 16807, 630360016 oder 397204094 zusammen mit M = 231 − 1. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 21 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie R 0.1 RANDU <- function() { seed <- ((2^16 + 3) * seed) %% (2^31) seed/(2^31) } y<-rep(0,300000) seed<-45813 for (i in 1:300000){ y[i]<-RANDU() } x<-cbind(y[1:29999],y[2:30000]) plot(x) y<-matrix(y,ncol=3,byrow=T) z<-y[(0.5<y[,2])&(y[,2]<0.51),c(1,3)] plot(z[,1],z[,2]) SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 22 0.0 0.2 0.4 z[, 2] 0.6 0.8 1.0 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 z[, 1] Abbildung 1: Test der Gleichverteilung des Zufallszahlengenerators RANDU SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 23 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Nehmen wir an, dass wir ein Computerprogramm geschrieben hätten und nun testen möchten, ob die Zahlen auch gleichverteilt sind. • Dazu berechnen wir die Momente der Verteilung . Das k-te Moment einer Verteilung P (x) ist (bzw. zentrales Moment) n X 1 k <x > = xki P (xi ) n i=1 (9) n X 1 (xi − < x >)k P (xi ) < (x− < x >)k > = n i=1 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg k = 2, (10) ... Seite 24 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Wenn die Verteilung also gleichmäßig im Definitionsbereich sein soll, dann darf sie nicht schief sein. Dies messen wir durch Schiefe < (x− < x >)3 S= [< (x− < x >)2 >]3/2 (11) • Für spätere Betrachtungen ist noch der Excess von Interesse < (x− < x >)4 > e= [(< (x− < x >)2 >]2 − 3 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg . (12) Seite 25 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Verteilungen • Wir befassen uns nun mit einigen praktischen Verteilungen von Zufallsvariablen. • Als erstes widmen wir uns der Binomial-Verteilung n x Pn (x) = p (1 − p)n−x x (13) Die Binomialverteilung gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass ein bestimmtes Ereignis bei n unabhängigen Ausführungen eines Experimentes genau x-mal eintrifft, wenn es bei einer Einzelausführung die Wahrscheinlichkeit p besitzt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 26 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Die Varianz ergibt sich zu np(1 − p) . Der Erwartungswert ist np SS 2005 . Heermann - Universität Heidelberg Seite 27 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie MAPLE 0.1 > restart; > with(stats); > n:=100; > p:=0.4; > binom:=(x)->statevalf[pf,binomiald[n,p]](x); > pts:=seq([i,binom(i)],i=1..100); > plot([pts],x=1..100,style=point,symbol=circle); SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 28 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 0,08 0,06 0,04 0,02 0 20 40 60 80 100 x Abbildung 2: Binomial-Verteilung SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 29 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Wir betrachten nun die Approximation der Binomial-Verteilung durch die Gauss-Verteilung −(x−hxi)2 1 P (x) = √ e 2σ2 σ 2π (14) wobei σ die Standardabweichung ist. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 30 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie MAPLE 0.2 > restart; > with(plots, display): > n := 6; > binomials := n -> [seq([m,2^(-n)*n!/(m! * (n-m)!)], m > Gaussian_approx := x -> exp(-(x-n/2)^2/(n/2)) / sqrt( > plot({binomials(n), Gaussian_approx}, 0..n); SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 31 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0 1 2 3 4 5 6 Abbildung 3: Approximation der Binomial-Verteilung durch eine GaussVerteilung SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 32 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Hypergeometrische-Verteilung. • Die Hypergeometrische-Verteilung beschreibt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei N gegebenen Elementen, d.h. einer Grundgesamtheit vom Umfang N , von denen M die gewünschte Eigenschaft besitzen, beim Herausgreifen von n Probestücken, d.h. einer Stichprobe mit Umfang n, genau x Treffer erzielt werden. f (x) = SS 2005 M x N −M n−x N n Heermann - Universität Heidelberg (15) Seite 33 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie MAPLE 0.3 > restart; > with(stats); > n:=20; > a:=5; > N:=100; > pts:=seq([i,hypgeo(i)],i=0..5); > plot([pts],x=0..5,style=point,symbol=circle); SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 34 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 1 2 3 4 5 x Abbildung 4: Hypergeometrische Verteilung SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 35 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Kommen wir zurück zur Physik. • Für ein, wenigstens im Mittel, räumlich homogenes System hängt der Erwartungswert einer Dichte nicht vom Ort ab, und damit wird hÂi = V hn̂A (r)i. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (16) Seite 36 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Beobachtet man etwa zwei Dichten n̂A (r) und n̂B (r0 ), so findet man im Regelfall, daß deren Korrelation CAB (r, r 0 ) = CAB (|r−r 0 |) = hn̂A (r)n̂B (r0 )i−hn̂A (r)ihn̂B (r0 )i (17) als Funktion des Abstandes der Punkte r und r 0 rasch abfallen. • Für große Abstände findet man typischerweise CAB (r) ∼ e−r/ξ , (18) wobei die “Korrelationslänge” ξ auch im thermodynamischen Grenzfall endlich bleibt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 37 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Sie von der Größenordnung der Reichweite der Wechselwirkung oder der mittleren freien Weglänge der Teilchen ist. • Nur in unmittelbarer Nähe von kontinuierlichen Phasenübergängen kann ξ stark anwachsen. • Für die Korrelation der extensiven Observablen findet man hÂB̂i−hÂihB̂i = Z d3 rd3 r̄ hn̂A (r+r̄)n̂B (r)ic ∼ V ξ 3 , (19) wobei zu beachten ist, dass die beiden Terme auf der linken Seite jeweils von der Größenordnung V 2 sind. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 38 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Speziell für die Varianz der Observablen  erhält man q p ∆A = hÂ2 i − hÂi2 ∼ V ξ 3 , (20) und damit verschwinden die relativen Schwankungen ∆A/hÂi einer extensiven Variablen im thermodynamischen Grenzfall p ∆A/hÂi ∼ ξ 3 /V −→ 0. V →∞ SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg (21) Seite 39 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Im Fall der Quantenmechanik, falls die Operatoren  und B̂ nicht kommutieren, hängt eine simultane Bestimmung der Erwartungswerte von der Reihenfolge ab, also hÂB̂i 6= hB̂ Âi. • Konstruiert man die zugehörigen Dichten, findet man jedoch im Regelfall [n̂A (r), n̂B (r0 )] −→ 0 0 |r−r |ζ , (22) wobei auch ζ im thermodynamischen Grenzfall endlich bleibt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 40 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Beispielsweise findet man [ĵ(r), n̂Epot (r0 )] = 2i~ n̂(r)∇0 W (2r − 2r 0 )n̂(2r 0 − r) , (23) und man erhält für die Kohärenzlänge ζ die Reichweite der Wechselwirkung. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 41 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Damit ist für endliche ζ Z h[Â, B̂]i = d3 rd3 r0 h[n̂A (r), n̂B (r0 )]i ∼ V ξ 3 , (24) und folglich können Operatoren, die extensiven Variablen entsprechen, im thermodynamischen Grenzfall als vertauschbar und damit simultan messbar angesehen werden. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 42 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Gesetz der großen Zahlen • Im Folgenden sei stets (Ω, A, µ) als W -Raum vorausgesetzt. Definition 0.7 Seien X, Y stochastische Variable. R 1. hXi = Ω Xdµ heißt Erwartungswert von X. 2. Sei n ∈ N, n > 0, α ∈ R. h(X − α)n i heißt n-tes Moment von X bzgl. α. hX n i heißt n-tes Moment von X. 2 3. Sei hXi endl. τ := (X − hXi) heißt die Varianz von X. 4. Sei hxi , hY i , hXY i endl. cov [X, Y ] := h(X − hXi) (Y − hY i)i heißt Kovarianz SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 43 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie von X und Y . 5. X und Y heißen unkorreliert, wenn cov[X, Y ] = 0. p 6. ρ(X, Y ) = cov[X, Y ]/ σ(x)σ(y) heißt Korrelationskoeffizient, falls 0 < σ(x), σ(y) < ∞. 7. Lα (µ) := {X| h|X|α i < ∞} , α ∈ R, α ≥ 1 (Menge der über (Ω, A, µ) definierten reellwertigen stochastischen Variablen mit endlichem Moment) SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 44 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Wir müssen uns nun mit der Konvergenz von Folgen stochastischer Variablen befassen. Definition 0.8 Sei (Xn )n∈N eine Folge stochastischer Variablen. 1. (Xn )n∈N konvergiert gegen X (Xn → X)n→∞ gdw für alle ω ∈ Ω : limn→∞ Xn (ω) = X(ω) 2. (Xn )n∈N konvergiert mit Wahrscheinlichkeit 1 gegen X (Xn → X)n→∞ gdw ∃N ∈ M, µ(N ) = 0, für alle ω ∈ N̄ : limn→∞ Xn (ω) = X(ω) SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 45 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie 3. (Xn )n∈N konvergiert µ-stochstisch gegen X µ (Xn → X)n→∞ gdw für alle ∈ <, > 0 : limn→∞ µ({ω ∈ Ω||Xn (ω) − X(ω)| ≥ ) = 0 4. X und Xn , n ∈ N ∈ Lα (µ) (Xn )n∈N konvergiert im α-ten Mittel gegen X α (Xn → X)n→∞ gdw limn→∞ (|Xn − X|α )1/α = 0 SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 46 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Bemerkungen: 1. α = 1 bedeutet Konvergenz im Mittel. α = 2 bedeutet Konvergenz im quadratischen Mittel. α 2. Falls (Xn → X)n→∞ und (Xn → X)n→∞ , folgt µ . (Xn → X)n→∞ 3. < |Xn − X|α >1/α definiert eine Norm auf dem Raum Lα (µ) . SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 47 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie Definition 0.9 Sei (Xn )n∈N eine Folge stochastischer Variablen mit Xn ∈ L1 (µ). 1. (Xn )n∈N genügt dem schwachen Gesetz der großen Zahlen Pn µ 1 gdw n i=1 (Xi − < Xi >) → 0 für n → ∞ 2. (Xn )n∈N genügt dem starken Gesetz der großen Zahlen Pn 1 gdw n i=1 (Xi − < Xi >) → O(µ) für n → ∞ SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 48 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Eine Summe von sehr vielen unabhängigen Zufallsvariablen ist also unter der Voraussetzung, dass jede der unabhängigen Zufallsvariablen nur einen geringen Einfluss auf die Summe hat, angenähert normalverteilt. • Gegeben seien n voneinander unabhängige Zufallvariablen X1 , X2 , ..., Xn , die nur den Wert 1 (mit Wahrscheinlichkeit p) und den Wert 0 (mit Wahrscheinlichkeit q) annehmen k¨önnen. • Wie gross ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Summe X := X1 + X2 + ... + Xn den Wert x annimmt? • Dies ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis “Wert 1 annehmen” genau x-mal von n-mal eintreten muss. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 49 Vorlesung Statistische Mechanik: Wahrscheinlichkeitstheorie • Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eben Pn (x). • Nach dem zentralen Grenzwertsatz ist X angenähert normalverteilt. SS 2005 Heermann - Universität Heidelberg Seite 50