Der Mittlere Weg majjhima - patipada Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e. V. Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V. Gemeinnütziger Verein· Zentrum: Drostestraße 8·30161 Hannover Gemeinnütziger Verein · Zentrum: Drostestraße 8 · 30161 Hannover Heftpreis 3,-€ Jahrgang 45.45. Jahrgang Mai - August I 2013 / 2557 Mai - August 2013 Nr. 2 Nr.2 Programm-Termine für den DMW 2-2013 Stand: 06.05.13 P r o g r a m m und E i n l a d u n g Buddhstischer Bund Hannover e.V. - Drostestraße 8 (Nähe Lister Meile) Veranstaltungen von Mai - August 2013 Datum / Uhrzeit 03.- 04.05. Freitag, Vortrag 19 - 21:00 Samstag 10 -17:30 Programm Wochenend-Seminar mit Michael Harbecke, Sri Lanka: - Vortrag: Meditation u. heilsame Gespräche - Meditation, Praktische Anleitungen, Übungen, Reflektion. Teilnahme auf Spendenbasis, bitte rechtzeitig anmelden ! 10.- 12.05. Freitag bis Sonntag 12.05. Sonntag 08:00 Vesakh-Feiertage im Buddhistischen Kloster, Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6 - Programm und Teilnahme unter Tel. 0511-879630 oder www.viengiac.de Abfahrt zur Vesakh-Feier im Haus der Stille, Roseburg (ab 10:30 Uhr) Mitfahrgelegenheit vom BBH - bitte rechtzeitig anmelden ! 16.- 20.05. Donnerstag 19:00 bis Montag - Mittag 25.05. Samstag 15:00 Zen-Sesshin zu Pfingsten im Friedenshof, Niedernstöcken mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig - Beitrag 190 € Anmeldung: Tel. 864871 26.05. Sonntag 15:00 Tee-Nachmittag Einführung in den Buddhismus Info: Tel. 0511-47 14 09 (Bernd Weber) 26.05. Sonntag BADRI Erfahrungsaustausch und Gespräche über die buddhistische Sterbebegleitung. Thema: Ajahn Chah „Unsere wirkliche Heimat“ Teilnahme nach persönl. Anmeldung, Info - Tel. 0511 - 47 14 09 (Bernd Weber) Der Mittlere Weg 2 - 2013 Tibetisch-Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche über die Lehre des Buddha; mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten). Thema: TBG - Vesakhfeier 2 08.06. Samstag 15:00 13.06. Do. 19:00 29.06. Samstag 15:00 BBH-Mitgliederversammlung Einladung Seite 25 30.06. Sonntag 15:00 Tee-Nachmittag Einführung in den Buddhismus Info: Tel. 0511-47 14 09 (Bernd Weber) 30.06. Sonntag BADRI Erfahrungsaustausch und Gespräche über die buddhistische Sterbebegleitung. Teilnahme nach persönl. Anmeldung, Thema: Das Tibetische Totenbuch I (Video) Info - Tel. 0511 - 47 14 09 (Bernd Weber) 06.07. Samstag 10 - 17:00 Ein Tag achtsamen Verweilens im fließenden Hier und Jetzt - Meditative Übungen in Stille und Bewegung Bitte etwas zum gemeinsamen Mittagsimbiss mitbringen. Teilnahme auf Spendenbasis. - bitte anmelden 14.07. Sonntag 07:15 27.07. Samstag 15:00 NDR 4 Info-Radio: Vortrag von Dagmar Doko Waskönig 28.07. Sonntag 15:00 28.07. Sonntag Tee-Nachmittag Einführung in den Buddhismus Info: Tel. 0511-47 14 09 (Bernd Weber) BADRI Erfahrungsaustausch und Gespräche über die buddhistische Sterbebegleitung. Teilnahme nach persönl. Anmeldung, Thema: Das Tibetische Totenbuch II ( Video) Info - Tel. 0511 - 47 14 09 (Bernd Weber) Spiritualität im Buddhismus Rajah Wirasekara, Haus der Religionen, Böhmerstr.8 Tibetisch-Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche über die Lehre des Buddha; mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten). Thema: buddhistische Achtsamkeit Tibetisch-Buddhistischer Gesprächskreis Video und Gespräche über die Lehre des Buddha; mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten). Thema: tibetisch-buddhistische Lehrer 3 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Inhalt Programm ……………………………………. ….S.2 Impressum ………………………………………..S.4 Editorial……………………………………………S.5 Axel Rodeck Die Grundlagen des Buddhismus …………..……S. 6 Manfred Folkers Vorhang auf zum Wohlsein……………………..S. 15 Franz-Johannes Litsch Hat der Buddha dukkha gelehrt?……………….. S. 19 Einladung zur Mitgliederversammlung…………..S. 25 Myoshin-Friedrich Fenzl Mein Weg zum Buddhismus………………….…..S. 26 Axel Rodeck Willfred Hartig – ein Leben für die Buddhalehre…S. 28 Auch das noch……………………………………..S. 29 Uwe Kickstein verstorben…………………………S. 31 Der Mittlere Weg 2 - 2013 4 Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Wenn in diesem Jahr Mitgliederversammlung und 50jähriges Vereinsjubiläum anstehen, müssen die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Und das bedeutet, sich über den Fortbestand des Vereins ernsthafte Gedanken zu machen. Nach dem Gesetz der Vergänglichkeit aller Dinge läuft auch für den BBH irgendwann die Lebenszeit ab. Zwar liegt der Sinn einer Vereinsgründung gerade darin, diesen als juristische Person unabhängig vom fluktuierenden Mitgliederbestand zu machen. Doch ohne „natürliche“ Personen geht es eben doch nicht. Für den BBH heißt das, dass in letzter Zeit gerade eine Handvoll Akteure auf allen Ebenen aktiv waren, die meisten sind schon seit 20 oder gar 30 Jahren dabei. Nach einer kurzen Zeit der Blüte fand sich kein Nachwuchs mehr. Natürlich haben wir nach den Ursachen geforscht und manche vermeintliche Erklärung bekommen – allein, es hat uns nicht geholfen. Müßig ist es, hier weiter zu debattieren, die Erklärungsversuche waren zu widersprüchlich. Wir bieten nun mal statt farbenprächtiger Folklore nur das nüchterne Studium der Buddhalehre an. Besonders schmerzlich ist aber nun der Verlust von zwei langjährigen „Aktivisten“: Wie in Heft3/2012 berichtet verstarb vor einem halben Jahr unser langjähriger Kassenwart Wilhelm Grimm und wir mußten erfahren, wie schwer die Erledigung der Geldangelegenheiten uns Uneingeweihten fiel. Jetzt sind wir durch einen weiteren herben „Schicksals-“Schlag getroffen: Unser Vorstandsvorsitzender und maßgeblicher Gestalter des „Mittleren Weges“ Uwe Kickstein ist nach kurzer, schwerer Erkrankung verstorben. Es bleiben im Vorstand vier Aktive im Seniorenalter, die neben manchen eigenen Problemen sich auch noch um das Wohlergehen des Vereins kümmern sollen. Für die Fortführung des „Mittleren Weges“ bedeutet das, dass auf Sparflamme gekocht bzw. gedruckt werden muß. Das bezieht sich unsbesondere auf die praktische Arbeit am „Mittleren Weg“, wo Uwe Kickstein mit viel Erfahrung und unermüdlichem Einsatz maßgeblich zur Gestaltung beitrug. Wie Sie vorliegender Ausgabe ansehen können, mußten einige Änderungen akzeptiert werden. Wie oben schon erwähnt steht in diesem Sommer die satzungsgemäß alle zwei Jahre stattfindende Mitgliederversammlung an. Sie ist auf den 8. Juni 2013 terminiert worden und alle Vereinsmitglieder und auch alle Freunde unseres Vereins werden dringend gebeten, zu erscheinen und bei der Weichenstellung für die Zukunft mitzuwirken. Die formgerechte Ladung mit Angabe der Tagesordnungspunkte finden Sie auf S. 25 Doch wenden wir uns nach diesen Vereinsinterna noch kurz dem Inhalt dieser Ausgabe zu. Hauptthema ist die Erörterung, ob das Dasein als leidhaft anzusehen ist. Wir geben beiden Seiten noch einmal Raum zur Darstellung und glauben, dass mit dem Beitrag von F. J. Litsch die Diskussion über „dukkha“ (auch im „Mittleren Weg“ mit kenntnisreichen Autoren!) wohl endlich abgeschlossen werden kann. Ob wir als sich tolerant verstehende Redaktion unseren Autoren zu viel Freiheit bei der Wahl ihrer Formulierungen ließen, wollen wir dahingestellt lassen. Sollte die Form sachlicher Kritik überschritten worden sein, wollen wir uns hierfür gern entschuldigen. Bei allem Ernst der Lage wünscht Ihnen einen schönen Sommer Ihre Redaktion A.R. 5 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Die Grundlagen des Buddhismus Von Axel Rodeck I. Das indische Umfeld und der Buddha 1) Die Upanishaden als Ausgangslage Jede geistige Entwicklung erfolgt aus den vorgegebenen Umständen heraus. Auch die Wurzeln des Buddhismus reichen tief in frühere Epochen und sein Inhalt ist ohne Berücksichtigung vorangehender historischer, sozialer und philosophischer Geschehnisse nicht erklärbar. Ausgehend von der interkulturellen Begegnung arischer und drawidischer Tradition war vor 3000 Jahren in den Upanishaden (von der Wortwurzel sad = sitzen, d.h. Texte, die man zu den Füßen des Lehrers sitzend hörte) eine Philosophie entstanden, die sich hauptsächlich mit der Frage nach dem tragenden Prinzip des „Ich“ befasste, mit dem Erleben des Eigenseins. a) Der Atman. Die Suche nach dem wahren „Ich“ führte zunächst in der Naturphilosophie zur Frage nach dem Träger des Lebens, der anfangs im Wasser, später im Wind und letztlich im Feuer vermutet wurde. Im 9. Jhd.v.Chr. wurde der Gedanke jedoch aufgegeben, den Träger des Lebens im stofflichen Bereich zu suchen. Stattdessen wurde eine metaphysische Konzeption entwickelt, wonach es eine als „Atman“ bezeichnete Individualseele gibt, die den Tod des Menschen überdauert und als sein Kern der ständigen Wiedergeburt unterliegt, bis der Mensch die Erlösung gefunden hat, also frei vom Kreislauf der Wiedergeburten geworden ist. Diese Individualseele ist letztlich identisch mit der als „Brahman“ bezeichneten Weltseele. (sog. „All-Einheitsmystik“) b) Das Karma. Wenn aber der „Atman“ sich immer wieder inkarnierte, so ergab sich die Frage, warum dies unter so unterschiedlichen Bedingungen erfolgte, als Reicher oder Armer, gesund oder behindert, als Mensch, Gott oder Tier. Die Antwort gab die Lehre von Ursache und Wirkung, die Karma-Theorie (Karma = Tat, Handlung), welche gegen Ende der UpanishadZeit entstanden war. Mit der Karmalehre wird der alte Schicksalsglaube der Inder abgelöst durch die Vorstellung von einem Zwang zur Wiedergeburt in Abhängigkeit von den Taten und ihrer Vergeltung: Ausgehend von der Naturbeobachtung, dass eine Wirkung stets auf eine Ursache zurückzuführen ist, müssen auch die Handlungen des Menschen kausale Folgen für ihn haben dergestalt, dass gute Taten zu guten und schlechte Taten zu schlechten Folgen führen. Die feinstofflich gedachte Seelensubstanz wird durch die Taten des Individuums in positiver wie in negativer Hinsicht beeinflusst, und zwar über die gegenwärtige Existenz hinaus. Wenn man somit mit gutem „Karma“ in eine gute und mit schlechtem Karma in in eine schlechte Wiedergeburt kommt, so liegt es auf der Hand, dass man n i c h t wiedergeboren (= erlöst) wird, wenn man gar kein Karma mehr ansammelt. Wie dies zu machen sei, wurde dann Buddhas Problemstellung. c) Weitere Axiome indischen Denkens, die für die Buddhalehre von Bedeutung sind, sollen nur kurz erwähnt werden: Die Welt ist ein sich selbst organisierendes System, das dem karmischen transpersonalen Weltgesetz (dharma) gehorcht. An einen allmächtigen Schöpfergott wie in den abrahamitischen Religionen glaubt man daher nicht. Der Mittlere Weg 2 - 2013 6 Es herrscht die Vorstellung eines zyklischen Weltbildes, wonach sich alles in einem (anfangsund endlosen) Kreislauf befindet, aus dem der einzelne Mensch jedoch erlöst werden kann. (Die monotheistischen Religionen haben dagegen ein Weltbild mit Anfang und Ende und eine kollektive Erlösung bzw. Verdammnis der Menschen.) Erlösung ist deswegen erforderlich, weil – entgegen der Weltfreudigkeit der vedischen Zeit – nunmehr von einer universalen Leidhaftigkeit des Daseins ausgegangen wird. Hier bahnt sich bereits die spätere buddhistische Unheilsidee an. Die Erlösung kann sowohl durch rationale Erkenntnis als auch durch meditative Erfahrung erfolgen. Schließlich spielt eine Rolle das Erleben des Daseins unter dem Aspekt von Nichtdauer und Substanzlosigkeit – doch so wie es ist, muß man es hinnehmen. Ein durch zyklisches Denken, eine gewisse Passivität und Egozentrismus charakterisiertes Lebensgefühl hatte dann auch Einfluß auf die großen Asketenbewegungen des 6. vorchristl. Jahrhunderts. 2) Siddhartha Gautama, der Buddha In Kapilavatthu nahe der heutigen indisch-nepalesischen Grenze war Siddhartha Gautama, der spätere Buddha, als Sohn eines lokalen Rajas groß geworden. Er war behütet und in Wohlstand aufgewachsen in einer Zeit, die neue Ideen und neue spirituelle Bemühungen in einem sich ändernden Umfeld brachte. Die Asketenbewegungen zur Zeit Siddhartha Gautamas waren eine Reaktion gegen den vedisch-brahmanischen Opferkult und seine Entartung. Nachdem er im Alter von 29 Jahren auf der Suche nach einem Heilsweg in die Hauslosigkeit gezogen und zunächst einige Zeit suchend herumgewandert war, begab sich Gautama unter die Mentorschaft eines diesen Reformbewegungen zuzuordnenden Lehrers namens Alara Kalama, der vermutlich Yogi war und tiefgehende Erfahrungen in Meditation besaß. Doch dessen Lehren konnten ihn nicht befriedigen und so wandte er sich einem anderen Lehrer zu, Uddaka Ramaputta, von dem er offenbar in den Lehren der Upanishaden (s.o.) unterrichtet wurde. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass ihm Yogatechniken und Philosophie der damaligen Zeit von kompetenten Lehrern vermittelt wurden. Auch Uddaka Ramaputtas Lehre vermochte Gautama nicht zu überzeugen und so begab er sich, nach insgesamt nicht einmal einem Jahr Unterricht bei seinen Lehrern, in die Waldeseinsamkeit, um dort mittels härtester Askese und Selbstquälerei die Erlösung zu suchen. Zur Empörung seiner Mitasketen gab er dann aber die totale Askese auf, weil er sie als nutzlos erkannte. Vielmehr nahm er nun wieder ausreichend Nahrung zu sich, kam zu Kräften und beschritt den Weg der Kontemplation, des heiteren und unverkrampften Versenkens in sich selbst. Dabei kamen ihm die von Alara Kalama erworbenen Meditationskenntnisse zustatten. Gautama war inzwischen 35 Jahre alt geworden, als ihm im Jahre 528 v.Chr. unter einem Bodhi-Baum sitzend der große Durchbruch gelang, als er erleuchtet und damit zu einem „Buddha“ ( Erwachten) wurde. Da seine früheren Lehrer inzwischen gestorben waren, suchte der junge Buddha seine ehemaligen Askesegefährten im Gazellenpark Isipatana bei Benares auf, wo diese gerade weilten. Ihnen erklärte er zunächst, um ihren Ärger über seinen Abbruch der Askese zu zerstreuen, den „Mittleren Weg“ zwischen Selbstpeinigung und Sinnesfreuden: „Diese beiden Extreme, ihr Mönche, sollte ein in die Hauslosigkeit Hinausgezogener nicht verfolgen. Welche beiden? Einerseits Hingabe an Sinnesfreuden; sie ist die Weise des gemeinen Volkes, dörfisch, banausisch, unedel und zwecklos. Andererseits Hingabe an Selbstquälerei; sie ist schmerzhaft, unedel und (gleichfalls) zwecklos. Diese beiden Extreme, ihr Mönche, hat der Erhabene vermieden, denn er hat erkannt, 7 Der Mittlere Weg 2 - 2013 dass es der Mittlere Weg ist, der sehend macht, Wissen erzeugt, zur Beruhigung ( der Leidenschaften ), höherer Erkenntnis, Erleuchtung und Verlöschen führt.“ (Übersetzung hier und folgend von H.W. Schumann) Sodann vermittelte er ihnen die erleuchtende Erkenntnis, die er in jener Vollmondnacht unter dem Bodhibaum meditierend erlangt hatte und die den Kern seiner Lehre bilden sollte: Die „Vier Edlen Wahrheiten“ und der zur Leidensaufhebung führende achtfache Pfad, der als die vierte Wahrheit identisch mit dem vorstehend genannten „Mittleren Weg“ ist. Die Bedeutung der von Buddha Gautama verkündeten vier Wahrheiten wird durch das Adjektiv „edel“ unterstrichen. Sie sind für alle im Laufe der Zeit entstandenen buddhistischen Richtungen fundamental und bilden den Rahmen des gesamten buddhistischen Systems. II. Die Vier Edlen Wahrheiten 1) Die Leidhaftigkeit des Daseins Der Buddha folgt im Aufbau seiner Ausführungen einer der Medizin entlehnten Systematik. Die erste Edle Wahrheit stellt die Diagnose, daß der Mensch leidet, daß alles, aus dem er besteht, leidhaft ist: „Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit vom Leiden (dukkha): Geburt ist leidhaft, Alter ist leidhaft, Krankheit ist leidhaft, Tod ist leidhaft; Trauer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind leidhaft; mit Unliebem vereint, von Liebem getrennt sein ist leidhaft; Begehrtes nicht erlangen ist leidhaft; kurz: Die fünf Skandhas (Elemente, aus denen die empirische Persönlichkeit besteht) sind leidhaft.“ Bei vordergründiger Betrachtung wird man dem Buddha sicherlich zustimmen, daß etwa Krankheit und Schmerz leidhaft sind, jedoch einwenden, wieso solche Binsenweisheiten denn als fundamentale Erkenntnisse eines Erleuchteten gefeiert werden. Auch wird man darauf hinweisen, daß das Leben keineswegs nur aus negativen Momenten besteht, sondern auch aus Glück und Freude. Doch Buddhas Analyse geht tiefer. Er ist keineswegs ein weltfremder Pessimist, sondern anerkennt im Gegenteil Glück und Freude als Bestandteile des menschlichen Lebens, denn wäre dem nicht so, würde man ja gar nicht so an ihnen hängen. Doch zum Maßstab wahren Glücks macht der Buddha die Beständigkeit. Keine Freude ist jedoch von Dauer, alles woran wir haften ist vergänglich und führt damit zu Trennung und Leiden. Jedes Glück trägt den Keim des Leides bereits in sich. Geburt, Alter, Krankheit und Tod sind Eigenheiten des Lebens und Momente des Fließens, des ständigen Anderswerdens. Sie sind ebenso Konsequenz des Zeitablaufs wie Trauer, Jammer, Schmerz und Verzweiflung, die ja aus dem Verlust von geliebten Personen oder Dingen entstehen. Konsequenz räumlicher Verhältnisse sind dann die Vereinigung mit Unliebem und die Trennung von Liebem sowie die Nichterlangung von Begehrtem. All dies führt zu Emotionen wie Haß und Gier, die den Kreislauf der Wiedergeburt in Rotation halten. Der buddhistische Leidensbegriff geht also weit über den herkömmlichen hinaus und umfaßt alles, was dem Kreislauf von Entstehen und Vergehen unterliegt. Das gilt insbesondere für unsere aus den „Fünf Skandhas“ bestehende, in pausenlosem Entstehen und Vergehen stofflicher und immaterieller Vorgänge befindliche Persönlichkeit. Ungeachtet aller Momente flüchtiger Freude ist die menschliche Existenz also ihrem wahren, grundsätzlichen Wesen nach leidhaft. Der Mittlere Weg 2 - 2013 8 Sucht man den tieferen Sinn der Aussagen Buddhas in der Ersten Edlen Wahrheit, so stellt man fest, daß die Leidhaftigkeit der Geburt sich nicht nur auf die offenkundig mit jeder Geburt verbundenen Schmerzen bezieht, sondern auf den Vorgang des Geborenwerdens als solchen, den der dauernden Materialisierung. Die Leidhaftigkeit des Todes umfaßt entsprechend nicht nur den einmaligen Augenblick am Ende des Lebens, sondern bezieht sich generell auf Zerfall und Auflösung, auf den dauernden Wechsel der Elemente des Daseins. Die Annahme einer grundsätzlichen Leidhaftigkeit der menschlichen Existenz ist für den Buddhisten ebenso axiomatisch wie die Vorstellung einer Wiedergeburt entsprechend den ausgeübten Taten. 2.) Der Weg zur Befreiung a) Die zweite Edle Wahrheit benennt als Ursache des Leidens den „Durst“ ( Sanskrit „tanha“, später auch als „Gier“ bezeichnet): „Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Leidensentstehung: Es ist die Wiedergeburt bewirkende, wohlgefällige, mit Leidenschaft verbundene Gier (tanha), die hier und dort Gefallen findet, nämlich die Gier nach Lust, die Gier nach Werden, die Gier nach Vernichtung.“ Der Mensch leidet also an seinem Begehren, dessen Nichterfüllung zu Frustration führt. Die Gier nach Lust mag unter günstigen Umständen dazu führen, daß man sich des Lustobjekts bemächtigen kann, jedoch wegen dessen unvermeidlicher Vergänglichkeit ist das Leiden schon vorprogrammiert. Jeder Gier, auch der erfüllten, wohnt somit das Leiden inne. Die Gier nach Vernichtung bezieht sich auf den Wunsch, nicht mehr existent zu sein. Dies beinhaltet auch das Denken, daß etwas Unangenehmes nicht eintreten möge, womit einem zukünftigen Geschehen bereits Macht über das Denken eingeräumt wird. Die Gier nach Werden schließlich bezieht sich auf das Ergreifen weiterer wiedergeburtlicher Daseinsformen. Es ist also all diese Gier, die zur Wiedergeburt führt. In späteren Lehrreden stellt Buddha dann der Gier die Unwissenheit (avijja) zur Seite, denn nur wer unwissend ist (= die Edlen Wahrheiten nicht kennt) bleibt Opfer seiner Begierden. Die Leidensfaktoren wurden schließlich zu der Dreiergruppe Gier, Haß und Verblendung systematisiert. b) Die dritte Edle Wahrheit benennt die Therapie und folgert aus der Ursächlichkeit der Gier für das Leiden, daß zur Heilung die Gier aufgegeben werden muß und an ihre Stelle der Gleichmut treten soll: „Dies, Mönche, ist die Edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens: Die restlose Aufhebung, Vernichtung, Aufgabe, Verwerfung, das Freigeben und Ablegen eben dieser Gier.“ c) Die vierte Edle Wahrheit benennt dann endlich die Medizin, die uns zur Überwindung der Gier helfen kann, nämlich das Beschreiten eines mittleren Weges zwischen Selbstquälerei und Sinnesfreuden, eines aus acht Gliedern bestehenden Pfades ethischer Selbstdisziplinierung: „Dies Mönche, ist die Edle Wahrheit von dem zur Leidensaufhebung führenden 9 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Wege, es ist dieser Achtfache Weg, nämlich 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. rechte Ansicht (samma-ditthi) rechter Entschluß (samma-sankappa) rechte Rede (samma-vaca) rechtes Verhalten (samma-kammanta) rechter Lebensunterhalt (samma- ajiva) rechte Anstrengung (samma-vayama) rechte Achtsamkeit (samma-sati) rechte Meditation (samma-samadhi).“ Der Indologe H.W. Schumann fasst diese acht Glieder in den drei Gruppen „Erkenntnis“ (Glieder 1 und 2), „Ethik“ (Glieder 3 bis 5) und „Meditation“ (Glieder 6 bis 8) zusammen. Nach anderer Ansicht empfiehlt sich eine Systematisierung in folgenden fünf Gruppen: aa. Rechte Ansicht bezieht sich konsequenterweise auf die Einsicht in die Richtigkeit der Vier Edlen Wahrheiten, denn den buddhistischen Heilsweg kann nur beschreiten, wer die Gier als Ursache des Leidens akzeptiert und auch die anderen buddhistischen Axiome wie die tatengesteuerte Wiedergeburt anerkennt. bb. Auf die rechte Ansicht folgen die drei Begriffe rechter Entschluß (rechte Gesinnung), rechte Rede und rechtes Verhalten, die zusammengehören. Sie erklären sich aus der bereits vorbuddhistischen Einteilung in Gedanken, Worte und Werke. Der Lebenswandel soll also in Gedanken, Worten und Taten so ausgerichtet werden, dass er der Erlösung förderlich ist. Über die Beachtung der Normen weltlichen Rechts hinausgehend gilt es, zu den Mitwesen Mitgefühl (karuna) und Güte (metta) zu entfalten und ihnen mit liebevollem Wohlwollen zu begegnen. cc. Der rechte Lebensunterhalt bezieht sich auf den Beruf, d.h. der Mensch soll keinem Broterwerb nachgehen, der anderen Wesen ein Leid verursacht, wie etwa der des Schlachters. dd. Rechte Anstrengung und rechte Achtsamkeit sollen sich auf die vorgenannten Glieder des Pfades richten, um Fehler bei deren Anwendung zu vermeiden. Der Heilssucher soll alle seine Tätigkeiten und inneren Abläufe ins volle Licht seines Bewusstseins heben, damit er seinen flatterhaften Geist unter Kontrolle bringen kann. - Mit „rechter Anstrengung“ als erster der Meditationstechniken werden „die Sinnestore bewacht“, um keine unheilsamen Geistesinhalte aufkommen zu lassen. Denn jeder Kontakt unserer Sinnesorgane mit den Dingen der Welt kann zu Gier, Hass oder Verwirrung führen. - „Rechte Achtsamkeit“ besteht darin, den Körper, die Empfindungen, den Geist und die Geistobjekte emotionsfrei und vollbewusst zu beobachten und sie sich als vergänglich (anicca), leidhaft (dukkha) und ohne Seele (anatta) klar zu machen. Wie dies zu geschehen hat, insbesondere die Atembetrachtung (anapanasati) als wichtigste Vorübung, führt der Buddha im „Satipatthana-Sutra“ ausführlich aus. Diese Achtsamkeitsmeditation, die zu einem das Objektbewusstsein übersteigenden Erlebnis geistiger Ruhe führt, war dem Buddha offenbar von seinem ersten Lehrer Alara Kalama gelehrt worden. ee. Rechte Meditation (auch „Konzentration“) als 8. Glied hat die gewissenhafte Beachtung der Glieder 1-7 zur Voraussetzung und richtet sich auf den „Zusammenschluß des Geistes“. Der Meditierende soll sein Denken auf einen Punkt konzentrieren mit dem Ziel der Aufhebung des Unterschiedes zwischen Subjekt und Objekt. Denn dadurch erlischt seine Begier nach diesen Objekten, wodurch die Aufhebung des Leidens erreicht wird. „Rechte Meditation“ wird meist Der Mittlere Weg 2 - 2013 10 verstanden als der Vollzug der vier meditativen Versenkungsstufen (jhana), wie sie den Buddha nach seinen eigenen Worten zur Buddhaschaft führten. Die Meditationstechnik des 8. Gliedes (samma-samahdi) umfaßt drei Abteilungen: erstens die vom Meister selber befolgte Versenkung (Trance) in vier (später auf acht erweiterte) Versenkungsstufen; zweitens analytische (auf Durchschauung vorgefundener Dinge gerichtete) Methoden und drittens synthetische (nach außen gerichtete) Methoden. Bei letztgenannten handelt es sich um die sog. „Vier Brahma-Verweilungen“ (brahmavihara), wobei der Meditierende in sich Güte (metta), Mitleid (karuna), Mitfreude (mudita) und Gleichmut (upekkha) erzeugt und diese dann in alle Weltgegenden ausstrahlt. Die einzelnen Glieder des achtfachen Pfades sind nicht zeitlich aufeinanderfolgend gedacht, aber auch nicht gleichzeitig. Zwischen ihnen besteht vielmehr Wechselwirkung. Für das Verständnis des achtgliedrigen Pfades wie überhaupt für die Buddhalehre ist wichtig festzustellen, daß zwar zunächst - durch rechte Anstrengung - positives Karma angesammelt werden soll. Letztes Ziel ist dann aber, überhaupt kein Karma mehr zu sammeln, um die Erlösung zu erreichen. Die „rechte Achtsamkeit“ ist essentiell eine buddhistische Meditation, während die „Konzentration“ auch von den Hindu-Yogis betrieben wird. Ob eine Differenzierung zwischen Beruhigungs- (samatha) und Einsichts- (vipassana) Meditationen sinnvoll ist, wird unterschiedlich beantwortet. III. Die weiteren Lehren 1) Die Lehre vom Nicht-Ich Wenn aber der Ersten Edlen Wahrheit zufolge das Dasein leidhaft ist, so stellt sich die Frage nach dem Subjekt des Leidens, also nach demjenigen, der da leidet. Sei es, dass der Buddha seinen Mönchsgefährten erst einmal eine Verschnaufpause gönnte, sei es, dass er selber seine Lehre noch einmal durchdenken wollte – jedenfalls wartete er ein paar Tage, bis er seine Lehrunterweisung im Gazellenpark Isipatana fortsetzte und die Lehre vom Nicht-Ich, von der Seelenlosigkeit der Person (Sanskrit: anatman; Pali: anatta) verkündete. Mit scharfsinniger Analyse teilt der Buddha die menschliche Persönlichkeit in fünf Gruppen („skandhas“) ein, nämlich den Körper (rupa) als materielle Basis und die vier nichtphysischen Gruppen (nama) Empfindung, Wahrnehmung, Geistesregungen und Bewusstsein. In irgendeiner dieser Gruppen müsste die Seele – der von den Brahmanen postulierte, sich ewig durch die Wiedergeburten ziehende „Atman“ (s.o. I 1 a) – ja dann stecken. „Was denkt ihr, Mönche, ist der Körper beständig oder unbeständig?“ „Unbeständig, Herr.“ „Was aber unbeständig ist, ist das leidhaft oder freudvoll?“ „Leidhaft, Herr.“ „Was aber unbeständig, leidhaft, dem Gesetz des Untergangs unterworfen ist, ist es recht, das anzusehen als >Dies ist mein, dies bin ich, dies ist meine Seele?<“ „Gewiß nicht, Herr.“ Also schon beim Körper, der aus Haut, Knochen, Fleisch und anderem Material bestehenden ersten Gruppe, erhalten wir eine Fehlanzeige. Denn von frühen Kinderjahren bis zum Greisenalter ist er ständiger Veränderung unterworfen und nach dem Tode löst er sich völlig auf. Er ist ein durch permanente Aufnahme und Ausscheidung von Stoffen gebildetes „Fließgleichgewicht“, ein zwischen Zeugung und Tod ablaufender Prozeß. Was derart der Vergänglichkeit unterliegt, 11 Der Mittlere Weg 2 - 2013 kann aber nicht für sich in Anspruch nehmen, die ewige Seele zu sein. Für die anderen Gruppen, die zusammen mit dem Körper die empirische Person bilden, gilt dasselbe. Empfindungen, Wahrnehmungen und dadurch bedingte Geistesregungen und Bewusstsein kommen und gehen pausenlos, wechseln ständig und können daher nicht als Seele, als eine in die nächste Existenzform nach dem Tode übergehende Entität angesehen werden. Die herkömmliche Auffassung von einem „Atman“ musste daher falsch sein und der Buddha brachte das zum Ausdruck, indem er vom „Anatman“ (Pali: anatta) sprach, von der Seelenlosigkeit (Ichlosigkeit) der Person. Buddha Gautamas materialistische Anatta-Lehre hatte erhebliche Konsequenzen. Auch für ihn war entsprechend indischer Tradition Erlösungsziel die Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten, jedoch darüber hinaus das völlige Erlöschen in einem als „Nirvana“ bezeichneten, mit Worten unbeschreibbaren Zustand. Dies war aber nur erreichbar, wenn keine (ewige) Seele einer solchen „Totalauflösung“ entgegen stand. Mit der prinzipiellen Leugnung einer Seele entzog sich der Buddha auch den zeitgenössischen Streitereien, wo die ewigen Seelen im Fall ihrer Erlösung denn verblieben. Für den Heilssucher bedeutete die Aufgabe des Glaubens an einen „Atman“, dass er frei wurde von dem Zwang, sich an den Körper als den vermeintlichen Repräsentanten seiner Persönlichkeit zu klammern. Damit konnte er die Gier nach den Objekten der Welt und die damit verbundenen Frustrationen vermeiden. Freilich bestritt der Buddha nicht, dass jeder Mensch als empirische Person über ein „Ich“ im Sinne einer psycho-physischen Einheit verfügt. Doch es besteht die Gefahr, dieses Ich überzubetonen und es abzugrenzen gegenüber allem, was „Nicht-Ich“ ist. Der Mensch schafft sich so eine Welt der Gegensätze und wird Gefangener der Vorstellung einer allgemeinen Polarität wie gut und böse, richtig und falsch, Gott und Teufel. Er vermag sich nicht einzugestehen, dass nicht die Welt polar ist, sondern sein Bewusstsein. Die Polarität unseres Bewusstseins zwingt uns, immer zwischen zwei gegebenen Möglichkeiten zu entscheiden, was bedeutet, stets wählen und dabei eine der Möglichkeiten unverwirklicht lassen zu müssen. Dieser Dualismus unversöhnlicher Gegensätze beherrscht insbesondere die westliche Kultur, hindert uns an die Gegensätze überwindenden Lösungsansätzen und macht uns gar krank. Meditation ist ein Weg, sich der Polarität zu entziehen und die hinter ihr stehende Einheit zu erkennen. 2) Der Konditionalnexus Allerdings musste sich der Buddha der kritischen Frage stellen, wie man sich denn die Wiedergeburten ohne die Wanderung einer von ihm ja in Abrede gestellten Seele vorstellen solle, was es denn sei, das wiedergeboren werde. Er antwortete hierauf mit dem von ihm entdeckten Prinzip des Entstehens in Abhängigkeit (paticcasamuppada). Die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit (Konditionalnexus) ist, anders als die auf die Praxis bezogene Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten, eher theoretischer Natur. Sie soll die Wiedergeburt ohne Seele erklären und nicht etwa praktische Ziele verfolgen. Vermutlich stammt sie in der überlieferten Form nicht vom Buddha selber, sondern ist das Werk späterer Mönche. Es fällt auf, dass als Ursache des Leidens nicht mehr die Gier (tanha), sondern die Unwissenheit (avijja) angegeben wird, von der die Gier nur eine Folge ist. Die Formel besteht aus zwölf Gliedern, von denen einige „alte Bekannte“ für uns sind, nämlich die oben ( II 1 und III 1 ) schon erwähnten Skandhas, welche die empirische Person ausmachen. Die Beziehung zwischen den Gliedern ist nicht einfach nur kausal ( also nur auf einer Ursache Der Mittlere Weg 2 - 2013 12 beruhend ), sondern es ist eine Mehrzahl von Bedingungen erforderlich, damit eine Wirkung erfolgen kann (Konditionismus). In einem solchen Zusammenhang stehen auch schon die „fünf Skandhas“, diese flüchtigen Scheingebilde. Der 12-gliedrige „Konditionalnexus“ soll aber die über die Einzelpersonen hinausgehende Geburtenfolge verdeutlichen. Dazu erstreckt er sich – sicherlich etwas umständlich - über drei menschliche Existenzen. (1) Das erste Glied der Kette (und des Leidens!) ist die Unwissenheit (avijja), nämlich von der Leidhaftigkeit des Daseins, was gleichbedeutend ist mit der Unkenntnis des in den Vier Edlen Wahrheiten dargelegten Heilsweges. Sie ist die Bedingung für das Entstehen von (2) Tatabsichten (sanskharas, entsprechend den „Geistesregungen“ der Skandhas), welche gut, schlecht oder neutral sind und ein dementsprechendes (3) Bewusstsein hervorrufen. Dieses prägt nach dem Tode eines Menschen - hier Wiedergeburt! – (4) die in einem Mutterschoß entstehende neue empirische Person (namarupa), welche (5) Sechs Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Denken) entwickelt, mit denen sie die (6) Berührungen der weltlichen Dinge erfährt, was zu angenehmen oder unangenehmen (7) Empfindungen führt. Daraus entwickelt sich die (8) Gier (tanha, s.o. II 2) nach den schönen Dingen des Lebens. Und dies ist wiederum der Grund, warum wir im Tode nicht loslassen können, sondern eine neue empirische Person (9) ergreifen mit der Folge des - hier Wiedergeburt!(10) Werdens eines neuen Wesens mit der unausweichlichen weiteren Folge von (11) Geburt und (12) Tod. Nach diesem System geht also keine irgendwie geartete Seelenmonade in die neue Existenz über, sondern diese wird konditional geprägt durch die Eindrücke, die der Sterbende hinterlässt. Das Bewusstsein der vorigen Existenz prägt das neue Bewusstsein, ohne jedoch mit ihm identisch zu sein. 3) Karma, Ethik und Weisheit a) Karma. Der Buddha hatte die Lehre vom Karma, von der Vergeltungskausalität ( s.o. I 1 b), aus den Upanishaden übernommen, jedoch in einem entscheidenden Punkt geändert. Denn nach herkömmlicher Lehre ergaben sich die entsprechenden Folgen aus der Tat als solcher. Wenn aber, so Buddha Gautamas scharfsinnige Überlegung, a l l e Taten Folgen haben, dann kann der Mensch niemals ihren karmischen Wirkungen entfliehen, da er ja nun einmal zur Lebensführung ständig irgendwelche Handlungen vornehmen muß. Der die individuellen Folgen begründende Faktor kann daher nicht in der Tat an sich, sondern nur in der ihr zugrunde liegenden Absicht gesucht werden. Die Tatabsichten (sanskharas) sind es also, die gutes, schlechtes oder neutrales Karma bewirken und die man bei gehöriger Anstrengung auch entsprechend beeinflussen kann. Das Rezept des buddhistischen Erlösungsweges lautet deshalb, man solle wohlwollend und mit klarem Geist handeln ohne jegliche Gier nach Erfolg. Damit hatte der Buddha das karmische Wirkungsprinzip in den Geist verlegt und eine Gesinnungsethik begründet. b) Ethik. Unerlässliche Voraussetzung für den buddhistischen Weg und jede Meditation ist ein angemessenes ethisches Verhalten. Was ethisch korrekt ist, hat der Buddhismus in fünf Grundregeln (silas) festgehalten, die von allgemeiner Gültigkeit sind und sich in ähnlicher Form auch in den christlichen 10 Geboten finden: Am Anfang steht die traditionelle Ablehnung des 13 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Tötens, dann soll man nicht lügen, stehlen, ehebrechen und übermäßig Alkohol genießen. Doch darüber hinaus entwickelt der Buddhismus hieraus Regeln zur positiven Lebensgestaltung, etwa zur Pflege von Natur und Umwelt oder zum heilsamen Umgang mit Worten und Informationen. Denn nicht nur das Unterlassen von negativen Gedanken, Worten und Handlungen, sondern auch das Bemühen um heilsames Denken, gütige Sprache und positive Taten macht die buddhistische Ethik aus. Die für jedermann geltenden fünf Silas werden für Mönche auf zehn verdoppelt, wobei die Erweiterungen mehr disziplinären als ethischen Charakter tragen. (z.B. „Nichtbenutzung hoher Betten“) Die Silas ergänzen den achtfältigen Weg (s.o. II 2 c bb). Woher nimmt aber nun der Buddhismus seine Auffassung von einem sittlichen Lebenswandel, von den „fünf Silas“, deren universale ethische Grundregeln ja in allen Weltreligionen betont werden? Die Antwort ist überraschend einfach: Unter Verzicht auf metaphysische Begründung und außerweltliche Verankerung fordert der Buddhismus, dass die Ethik durch den Verstand kontrolliert werden soll. Wie im chinesischen Dirghagama ausgeführt wird, gehören Sittlichkeit und Verstand unverzichtbar zusammen: „Sittlichkeit und Vernunft sind die beiden Grundpfeiler, auf die das gesamte Gebäude der Religion des Buddhismus gegründet ist.“ (K. Meisig) Sittliches Handeln, das vom gesunden Menschenverstand kontrolliert wird, führt also zwingend zur Beachtung der Grundregeln buddhistischer Sittlichkeit. Allerdings geben dann zusätzlich Mitleid (karuna) und Güte (metta) der buddhistischen Ethik erst die Lebenswärme, die sie den durch göttliche Androhungen oder durch Strafgesetze erzwungenen Verhaltensweisen überlegen macht. (s.o. II 2 c dd) c) Weisheit. Meditation ist sicherlich erforderlich, um den Geist zur Ruhe zu bringen, wenn man jedoch aus der Trance wieder auftaucht, wird das Bewusstsein doch wieder von Fragen und Gedanken gequält. Der Buddha erkannte, dass zur Beendigung dieser Grübeleien noch die Weisheit hinzukommen muß, die sogar noch höher als Ethik und Meditation einzustufen ist (sila – samadhi – prajna). Er akzeptierte jede der Erlösung dienende Wahrheit, gleich ob die Erkenntnis auf eigenem Nachdenken, auf Gehörtem oder auf Kontemplation beruhte. Die Erkenntnis der Relativität aller Wahrheiten, die das Anhaften an ihnen als Illusion zeigt, bekommt dann eine heilspragmatische Bedeutung. Die von Gautama geschaffenen Grundlehren werden von allen späteren Schulen anerkannt und bildeten den Keim künftiger Entwicklungen, so z.B. die Anatta-Lehre für die Leerheitsphilosophie des Mahayana. Alle späteren Neuerungen betreffen nicht die Axiome und die Kernlehre des Buddhismus, sondern nur den für empfehlenswert gehaltenen Heilsweg. Der Mittlere Weg 2 - 2013 14 Vorhang auf zum Wohlsein Eine Art Fortsetzung verschiedener Artikel im MW 3/2012 und im MW 1/2013 von Manfred Volkers Wenn ich überlege, wie sich meine Freundschaft zum Buddha entwickelte, erinnere ich mich gern an die langen Low-Budget-Reisen durch Asien (1982-85). Aber das Tor zum Dharma öffnete sich für mich erst richtig durch Aussagen wie „Komm und sieh selbst“, „Nicht glauben sondern erkennen“, „Das Ich ist ein Konstrukt“, „Triffst Du Buddha unterwegs so töte Buddha“, „Beschreibe den Klang einer (!) Hand beim Klatschen“ und nicht zuletzt durch Buddhas Rede an die Kalamer. Diese Sätze wirkten wie einladende Schilder über den Eingangstoren zur Lehre des Buddha. Es war dann fast so etwas wie eine natürliche Entwicklung, dass die meditative Praxis (Sitzen, Gehen, Taijiquan und Qigong bzw. Entschleunigung und Achtsamkeit) mich allmählich wie von Selbst „buddhistisch denken“ ließ, worüber ich jeden Tag aufs Neue froh bin. Welch wunderbares Geschenk, das Leben mit Buddhas Methoden tiefgründig und umfassend wahr nehmen und wertschätzen zu dürfen! „Suche was sie gesucht haben“ Ermöglicht und unterstützt wird diese Erfahrung durch die seit jener Zeit sich beschleunigende Globalisierung. Sie transportiert nicht nur buddhistische Theorien und Praktiken in die westliche Welt, sondern lässt alle Schulrichtungen gleichzeitig (!) hier ankommen - ein vorher nie gekannter Kulturtransfer. Kann es überhaupt bessere äußere Bedingungen geben, sich einer Geisteslehre zu nähern? Die Globalisierung hat jedoch eine doppelte Wirkungsrichtung. Einerseits ist es superb, wenn alle Ausprägungen, Praktiken und Erfahrungen einer Lehre nebeneinander vorhanden, also ständig und vor Ort zu vergleichen sind. Transparenz ist eine sehr günstige Voraussetzung für eine erfolgreiche geistige Durchdringung eines Angebots. Andererseits kann diese Vielfalt irritieren und Fragen aufwerfen wie: „Wo liegen die Unterschiede, wo die Überschneidungen? Was ist eigentlich wirklich wichtig und richtig? Was ist die Essenz der Lehre des Buddha?“ Da mich sowohl die Theorie als auch die Praxis des Dharma interessierten, konnte ich diesen Fragen weder durch eine Beschränkung auf ein akademisch-exegetisches Vorgehen noch durch ein vertrauensvolles Nachfolgen eines Gurus entkommen. Für mich kam nur ein durch praktische Überprüfungen gefestigtes Überzeugtsein in Frage, weswegen meine Meditationsecke bald von einem Kalenderspruch geschmückt wurde: „Trotte nicht in den Fußstapfen der Lehrer - suche was sie gesucht haben!“ Es dauerte eine Weile (bis 1990), bis ich einen erfahrenen Dharma­freund (Thich Nhat Hanh) traf, der mich „an einer langen Leine“ selbst lernen ließ und gleichzeitig die Lehre des Buddha in einer Weise erläuterte, dass sie meinen westlich geprägten und vom kritischen Bewusstsein der 70er-Jahre durchdrungenen Geist erreichte (vor allem mit seinem Buch „Die Sonne mein Herz“). Besonders erleichternd wirkte die Aussage: „Wenn hundert Menschen Buddhismus praktizieren, kann es sein, dass dir hundert verschiedene Formen von Buddhismus begegnen. Das Gleiche trifft für das Christentum zu“. Seitdem kann ich die spirituellen Bücher in meinem Regal noch besser würdigen. 15 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Erst durch Thich Nhat Hanh konnte ich die alles entscheidende Einsicht des Buddha „Anatman“ (meist mit „Nicht-Selbst“ übersetzt) endlich nachvollziehen. Als Thich Nhat Hanh ausführte, „leer zu sein von einem eigenständigen Selbst bedeutet, erfüllt zu sein von allem“, verstand ich unter „Nicht-Selbst“ nicht mehr etwas Nicht-Auffindbares in meinem Inneren, sondern eine Erfahrung von „Nicht-Getrennt-Sein“. Auf diese Weise verlor „Leerheit“ den letzten Rest an Schrecken und entpuppte sich als Basis einer vollkommenen Verbundenheit. Endlich war auch der (leere) Kern meiner Existenz als Mensch vollständig in dieser Welt angekommen. Endlich war ich ganz hier zu Hause! Von Unterschieden lernen Das überzeugende „offene Fundament“ des Dharma ermöglichte nicht nur angstfreie Blicke in die Wirklichkeit, sondern animierte mich auch zum Schreiben (unter anderem über Achtsamkeit und Entschleunigung). Schließlich war ich sogar bereit, mich als Rat der DBU ehrenamtlich für die Vernetzung der immer zahlreicher werdenden Buddha-Freundinnen und Freunde in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Von dieser Warte aus ergeben sich einerseits einige (durchaus auch ernüchternde) Blicke in die buddhistische „Szene“. Andererseits fühle ich mich ermutigt, auch die etwas zwiespältig interpretierten Stellen im Dharma anzuschauen und mit ihnen zu lernen, wozu (u. a.) die Wiedergeburts-Vorstellungen, die Reichweite des Karma-Gedankens und die Bedeutung des Leidens bzw. des Leidens-Begriffes gehören. Interessant und ergiebig ist auch die Beschäftigung mit der Frage, ob Buddhas Lehre eher als Religion oder als Philosophie oder sogar vorrangig als eine Methode bzw. Lebenspraxis aufzufassen ist. Auf mich wirkte es von jeher befremdlich, wie selten unterschiedliche Vorstellungen zu diesen Themen vorbehaltlos angesprochen wurden, obwohl fast alle Praktizierenden bei ihrer Annäherung ans Dharma mit ihnen konfrontiert sind. Viel zu oft versucht eine Schulrichtung ihre Position zu verteidigen und andere Sichtweisen zu verschweigen bzw. sie als fehlerhaft, nicht-authentisch oder überholt darzustellen. Umso erfreulicher ist es, dass seit einiger Zeit eine differenziertere Betrachtung zentraler Aspekte der Buddha-Lehre stattfindet (u.a. in „Buddhismus aktuell“, in „Tibet & Buddhismus“ und dem „Mittleren Weg“). Diese Entwicklung wurde möglicherweise beflügelt vom 2012erDBU­Kongress „Buddha im 21. Jahrhundert“, von Stephen Batchelors Buch „Bekenntnisse eines ungläubigen Buddhisten“ („Confession of a Buddhist Atheist“), von Thich Nhat Hanhs Buch „Das Herz von Buddhas Lehre“ (1999) und von der Wiederbelebung der Diskussion über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der buddhistischen Hauptschulen (in Deutschland vor allem vorangetrieben von Franz-Johannes Litsch). Transparenz statt Vernebelung Nachdem der „Mittlere Weg“ bereits im Heft 1/1999 bereit war, meine Gedanken zum Phänomen „Leiden“ zu veröffentlichen, konnte ich im Heft 3/2012 dieses Thema mit Aussagen von Thich Nhat Hanh erläutern. Dank der Anmerkungen von Hans Wolfgang Schumann (DMW 3/2012), der Entgegnung von Willfred Hartig (DMW 1/2013) und des kurzen Textes „Die Wahrheit vom Leiden“ (DMW 1/2013) des in dieser Hinsicht unermüdlichen DMW-Redakteurs Axel Rodeck hat sich ein Vorhang geöffnet, wodurch sichtbar wird, wie verschieden der Begriff „Leiden“ im Dharma verstanden werden kann und verwendet wird. Der Mittlere Weg 2 - 2013 16 Diese Unterschiede verdeutlichen, dass sich in den vergangenen Jahren Entwicklungen vollzogen haben, die der Philosoph P. Sloterdijk in seinem Buch „Du mußt dein Leben ändern“ als „epochale Umstimmung von einer Grundhaltung der radikalen Welt- und Lebensverneinung zu der einer prinzipiellen Welt- und Lebensbejahung“ beschreibt (S. 439), bevor er fortfährt: Buddhas „Lehre erwächst aus dem paradoxen Akt eines Schweigenbrechens im vollen Bewußtsein der Tatsache, daß die gesprochenen Worte nie bloß bei ihrem propositionalen Wert genommen werden dürfen, sondern überwiegend als therapeutische Direktiven zu gelten haben. Die Sätze des geistlichen Lehrers sind `indirekte Mitteilungen` von eher hygienischer als dogmatischer Tendenz“. Die zunächst von Durchdringungsversuchen zeugende Entgegnung von W. Hartig (MW 1/013) läuft aber auf eine Abwertung der Sichtweise anderer Dharma-Freunde (v. a. die von Thich Nhat Hanh) hinaus. Wirklich interessierte Leserinnen und Leser werden zwar deswegen den Vorhang nicht wieder schließen, aber Wortgebilde wie Pfuscherei, fatales Defizit, echte logische Kapriole, geistige Bruchlandung, gewaltsamer salto mortale, gefährlicher Trugschluss, Nhat-Hanhismus, epidemisch, systematische Demontage, unfundierte Behauptungen, Produkt eines meditationsgeschädigten Denkens, geistiger Schlingerkurs usw. (Hartig, S. 20/21 ) nebeln die Thematik wieder etwas ein. Schade. Abwertung, Ablehnung und Verschweigen werden leider auch oft anderswo in Debatten (über säkulares Dharma, Wiedergeburts­ vorstellungen, Traditionsunterschiede usw.) praktiziert. Subjektiv und emotional gefärbte enge Argumentationsstrategien (häufiges Motto: „Der Buddha hat etwas gesagt und das kann nur auf diese (m)eine Weise interpretiert werden“) erschweren jedoch einen fruchtbaren Austausch. „Leistet gute Denk-Arbeit“ Solcherart Vorgehen steht im Widerspruch zu Buddhas Aufforderung „Sadhu manasi karotha Leistet gute Denk-Arbeit!“ (Hartig, S. 21 ). Wenn Denk-Arbeit mehr sein soll als die Übernahme von Ansichten, dann beginnt sie erst, wenn unterschiedliche Auffassungen auf tolerante Art transparent gemacht worden und freie Blicke in den Facettenreichtum des Dharma bzw. in „das verzweigteste scholastische Phänomen der Zivilisationsgeschichte“ (P. Sloterdijk, S. 440) möglich sind. Diese Blicke sollten für aktive Dharma-Freundinnen und Freunde bis zum Nirvana reichen, selbst wenn sich dieses nicht beschreiben lässt (das Wort „dieses“ ist schon missverständlich, denn es suggeriert, dass Nirvana „etwas“ und „fassbar“ ist). Dennoch ist es sehr anregend, von derartigen Versuchen zu lesen; sei es beim Dalai Lama („Nirvana ist Frieden“), bei Bodhidharma („Offene Weite - nichts von heilig“), bei Sten Nadolny („Das Nichts kann ich mir nur als ziemlich ruhig vorstellen“) oder Thich Nhat Hanh („Nirvana ist das Erlöschen aller Vorstellungen“). „Anitya“ (im Sinne von Vergänglichkeit, Unbeständigkeit und Wandel) und „Anatman“ (im Sinne von Verbundenheit, „Leer von Selbstheit“, nicht abgetrennt bestehen können) sind Grundelemente der Existenz. Demgegenüber ist „Duhkha“ (im Sinne von Leidhaftigkeit, „grundsätzliche Zwiespältigkeit, Zweischneidigkeit, Entzweiung, Zerrissenheit, Verwundbarkeit, inhärentes Beschädigtsein, Sein zum Tode“) (Hartig S. 20) lediglich eine Geistesregung, die in das Dasein hineingedacht und empfunden wird, aber bewusst gemacht und überwunden werden kann (z. B. mit Hilfe des Edlen Achtfachen Pfades). Zweifellos ist „Duhkha“ ein zentraler Aspekt des Dharma. Und unbestritten drückt Leiden 17 Der Mittlere Weg 2 - 2013 als ein Phänomen des unerwachten, anhaftenden menschlichen Geistes eine Zwiespältigkeit aus. Leidhaftigkeit jedoch als eine essentielle Eigenschaft der Materie, als grundsätzliches Charakteristikum von Dingen oder gar als universelles Merkmal des Daseins zu verstehen, ist nur eine Aktivität eben dieses menschlichen Geistes. Leiden entsteht vor allem durch die aussichtslose Bemühung, sich gegen Unbeständigkeit und Vergänglichkeit zu wehren und sich selbst für etwas Unabhängiges und Besonderes zu halten. Wenn Substanz, Materie und Kosmos von vornherein „Duhkha“ wären, also das Dasein an sich schon Leiden ist, dann allerdings ist eine Befreiung vom Leiden nicht möglich und die Lehre des Buddha könnte auf die 3. und die 4. Edle Wahrheit komplett verzichten. Quanten, Korpuskeln und Wellen sowie Dinge, Wesen und Planeten erledigen zunächst einmal ganz einfach und ungerührt ihren „Job“ - in einer unbedingten Verbundenheit inmitten von Wandel und Bewegung. Wohlsein und Glück Hinter einem Vorhang aus kulturellen Traditionen und einem Festhalten an unzeitgemäßen Interpretationen der an sich zeitlosen Einsichten des Buddha sind selbständiges Lernen und freie Denk-Arbeit kaum möglich. Für die Integration des Dharma ins 21. Jahrhundert ist es deshalb wünschenswert, wenn reformfreudige Buddha-Freunde wie Ajahn Brahm, Stephen Batchelor, Thich Nhat Hanh und viele andere ausführlich zu Wort kommen und unvoreingenommen angehört werden. Ihre Auffassungen sind erhellend für die vielen Menschen, die inmitten der problematischen gegenwärtigen gesellschaftlichen und kulturellen Umstände versuchen, ihr Leben zu verstehen und zu verwirklichen. Hier bietet sich Buddhas Lehre wegen ihrer Offenheit, ihrer Betonung des gesunden Menschenverstandes und ihrer jederzeit überprüfbaren Wahrhaftigkeit als eine überzeugend begründete und Heilung verheißende gute Aussicht bzw. als eine Art Rettungsboot an. Deshalb macht es Sinn, das Gesamtkunstwerk „Vier Edle Wahrheiten“ ständig zu mischen und z.B. mit der Dritten Edlen Wahrheit zu beginnen, wie es neben Thich Nhat Hanh („1. Wahrheit: Wohlsein“) auch der Theravada-Mönch Ajahn Brahm („1. Wahrheit: Das Glück“) vorschlägt. Die leidhaften Gefühle und Vorstellungen, die durch Altern, Krankheit, Tod, Zweifel, Abtrennung usw. entstehen, hat der Buddha tief durchdacht und als überwindbar erlebt. Der Kern seiner Lehre besteht aus einem praktikablen Konzept, Leiden in Wohlsein und Glück umzuwandeln. Dieses Vorgehen entspricht dem eines Arztes, der seinen Beruf nur ausüben kann, weil er Methoden kennt, die gesunden lassen. Deshalb konnte ich während der buddhistischen Hochzeitszeremonie zu meiner Frau sagen: „Wir sind nicht in der Welt, um Angst zu haben“. Wenn alles Leiden ist - wie und wo soll es dann Heilung geben? Wenn die Lehre des Buddha keine Befreiung vom Leiden beinhalten würde, hätte sie seinen Mund niemals verlassen. Der Mittlere Weg 2 - 2013 18 Hat der Buddha dukkha gelehrt? Eine Antwort auf Manfred Folkers Aufsatz „Leiden ist kein Grundmerkmal des Daseins“ Von Franz-Johannes Litsch Im Mittleren Weg Nr. 3/2012 veröffentlichte der DBU-Rat und von Thich Nhat Hanh autorisierte Dharma-­Lehrer Manfred Folkers einen umfangreichen Beitrag unter dem Titel: „Leiden ist kein Grundmerkmal des Daseins“. In diesem stellte er die buddhistische Lehre der „drei Daseinsmerkmale“, insbesondere von Dukkha, fundamental in Frage und ersetzte sie durch eine einschneidende Umgestaltung. Denselben Ver­such hat Folkers zuvor bereits in einem Aufsatz in der DBU-Zeitschrift „Buddhismus aktuell“, Ausgabe 2/2012 unter der Überschrift „Die aktuelle Kraft der Lehre des Buddha“ unternommen. Ein weiteres mal in der Ausgabe von „Buddhismus aktuell“, Nr. 1/2013 mit dem Leitthema „Buddhismus im 21. Jahrhun­dert“ unter dem Titel „Buddha für alle - auf dem Weg zu einem integralen Dharma“. Auch schon in den vergangenen Jahren hat Folkers in jener Zeitschrift und an anderen Orten seine Meinung zu diesem The­ma offensiv in die Öffentlichkeit getragen. Er äußert hier also nicht irgendwelche zeitweiligen und beiläu­figen Überlegungen, sondern lässt das systematische Bemühen deutlich werden, im deutschen (westli­chen) Buddhismus in dieser Frage eine grundlegende Meinungsänderung herbeizuführen. Dabei bleibt Folkers auch nicht bei seiner Uminterpretation dieser, für die Lehre und Praxis des Bud­dha so zentralen Aussagen stehen, denn seine Sichtweise zwingt ihn dazu, auch weitere wesentliche Leh­ren des Buddha umzudeuten, wie die von den „Vier edlen Wahrheiten“ und die Charakterisierung dessen, was unter dem Begriff Nirvana zu verstehen ist. Sehr wahrscheinlich würde Folkers dieses Unternehmen nicht wagen, wenn er sich dabei nicht auf Aussagen seines Lehrers Thich Nhat Hanh berufen könnte.l) Auf diese Weise bekommt der Vorgang eine Weit größere Dimension und stellt sich die Frage, welche Position Thich Nhat Hanh in dieser schwerwiegenden Neudeutung der traditionellen Lehren des Buddha ein­nimmt. Ich halte mich in meiner Antwort hier jedoch weitgehend an das, was Manfred Folkers dazu schreibt und überlasse die weitergehende Frage der nachfolgenden Diskussion. Die vier edlen Wahrheiten Als Ausgangspunkt für Folkers’ Argumentation gibt er an, dass es ihm wichtig sei, die Botschaft zu beto­nen, dass Dukkha (gemeinhin mit Leiden übersetzt) beendet werden könne. Das ist allerdings in der ge­samten Geschichte des Buddhismus nie jemals anders gesehen worden. Es war die christliche Seite, die seit Jahrhunderten die Meinung verbreitete, beim Buddhismus handele es sich um eine pessimistische und nihilistische Religion.2) Der Buddha kennzeichnete seine Haltung zu der Frage von Dukkha kurz und bündig in dem bekannten Satz: „Dies nur, Anuradha, lehre ich, früher wie heute: dukkha und das Beenden von dukkha.“ (Samyutta Nikaya 22,86) Das zeigt, dass für den Erwachten beides zusammengehört und nicht getrennt werden kann. Das gilt auch für die „Vier edlen Wahrheiten“. Die erste und zweite Wahrheit behandelt das Thema Leiden (dukkha), die dritte und vierte das Thema Befreiung (vimutti). Auch sie bil­den eine Einheit. Deshalb ist die Reihenfolge nicht zufällig oder beliebig. Folkers jedoch hält sie für falsch und möchte sie umstellen, möchte mit der Verheißung des Glücks beginnen und später erwähnen, dass es auch Dukkha gibt. Diese „verbesserte“ Reihenfolge motiviere die Menschen eher, dem buddhistischen Weg zu folgen, als der Einstieg mit dem Hinweis auf Leiden. 19 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Abgesehen davon, dass darin ein bedenkliches Entgegenkommen gegenüber dem heutigen, genuss- und glückssüchtigen Zeitgeist erkannt werden kann, begründet er dies an Hand einer ausgesprochen un­logischen Argumentation. So sagt er: „Die Annahme, dass es Ärzte gibt, weil es Krankheiten gibt, halte ich für einen Trugschluss. Ärztinnen gibt es, weil es Möglichkeiten der Heilung gibt.“ Tatsächlich stellt er da­mit das Verhältnis von Ursache und Wirkung auf den Kopf. Heilung gibt es doch zunächst nicht, weil Hei­lung möglich ist, sondern weil es Krankheit gibt. Weil es Krankheit gibt, gibt es Leiden und weil es Leiden gibt, suchen Menschen nach Befreiung vom Leiden durch Heilung. Ohne Krankheit und Leiden sucht nie­mand nach Heilung, weder Patienten noch Ärzte. Ersetze ich das Leiden als Ursache und Antrieb durch das Angebot von Glück, beseitige ich den wichtigsten Anlass dafür, nach Heilung, Glück und Befreiung zu streben. Es ist die gründliche Wahrnehmung von Dukkha, die uns langfristig auf dern Weg der Meditation und Übung hält. Weil es Leiden gibt, darum gibt es Befreiung, weil es Samsara gibt, darum gibt es Nirva­na. Zuerst muss die Erkenntnis da sein, dass Leiden existiert (1. Wahrheit), erst danach suche ich nach einer Lösung (3. Wahrheit). Die Versuche Manfred Folkers, die „Vier edlen Wahrheiten“ in Richtung auf Glück umzuordnen, lassen die Haltung des heute Mode gewordenen Wellness-Buddhismus erkennen, des Versprechens auf ein sanftes und sorgloses Verwöhnprogramm. „Man gönnt sich ja sonst nichts!“ Die drei Daseinsmerkmale Folkers’ Umdeutung der Buddhalehre setzt vor allem an den sog. „drei Daseinsmerkmalen“ an. Nun heißt der Originalbegriff garnicht „Daseinsmerkmale“ sondern nur „Drei Merkmale“ (Pali: Tilakkhana, Sanskrit: Trilakshana). Dennoch ist damit das menschliche Dasein (bhava) gemeint, jedoch das unerwachte; jenes Dasein oder Leben, als das wir die Wirklichkeit und uns üblicherweise erleben. Es ist das (karmisch) selbst geschaffene und erfahrene Dasein, nicht das objektive „Dasein an sich“ und für alle, welches es für den Buddha auch nicht gibt. Und wie wir alle wissen, lehrt der Buddha noch ein anderes Dasein, nämlich das des Erwachtseins (bodhi). Das eine ist das Dasein des Samsara, das andere das Da-sein des Nibbana. Im letzteren sind wir ganz anders da, nämlich achtsam und mitfühlend. Folkers beschreibt, wie er zu seiner neuen Sichtweise kam: „Ich folgte [zunächst] der auch heute noch verbreiteten Ansicht, wonach Nicht-Selbstheit, Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit als Kennzeichen des Daseins zu gelten haben.“ Doch dann habe er ein Buch von Thich Nhat Hanh gelesen (siehe Fußnote), in dem dieser sage, dass Buddha nur die Daseinsmerkmale anicca und anatta gelehrt habe und erkläre: „Leiden wurde erst nach Buddhas Tod als Grundmerkmal des Daseins eingeführt.“ Ein Beweis für diese schwerwiegende Aussage bleiben uns Thich Nhat Hanh und Manfred Folkers jedoch schuldig. Stattdessen werden weitere Behauptungen aufgestellt: „‚Leiden‘ ist für ihn [TNH] kein Grundelement von Existenz, sondern ‚ein Gefühl‘“. Und er bezeichnet es als einen Fehler, „‚Leiden auf die gleiche Stufe zu stellen wie Unbeständigkeit und Nicht-Selbst‘.“ Als einzige Begründung für die Richtigkeit dieser Sichtweise präsen­tiert Folkers immer wieder das Argument, „ein Tisch“ könne nicht leiden oder „Leiden sein“. Er stellt sich überhaupt nicht die Frage, ob es glaubhaft ist, dass der Buddha oder seine Schüler ernsthaft eine solche Absurdität gelehrt haben können, dass ein Tisch Leiden sei. Der Fehler liegt für ihn nicht im mangelnden eigenen Verständnis sondern natürlich im frühen Buddhismus nach Buddha. Was aber lehrt der frühe und auch spätere Buddhismus zu diesem Thema? Die Hinweise auf die drei Merkmale als zusammengehörige Einheit durchziehen den Pali-Kanon der TheravadaTradition von An­fang bis Ende. Die traditionelle Reihenfolge der drei Begriffe ist: anicca, Der Mittlere Weg 2 - 2013 20 dukkha, anatta. Die Mahayana­Tradition mit den Sanskrit-Begriffen anitya, dukhka, anatman fügt als viertes Kennzeichen noch nirvana hinzu und spricht von den „vier Dharmasiegeln“. Der Theravada steht dazu nicht im Widerspruch. Seit Buddha gelten diese drei bzw. vier nun als die entscheidenden Kriterien, an Hand deren geprüft werden kann, ob eine Person oder eine Schule tatsächlich die Lehre des Buddha vertritt. Darum heißen sie Siegel; ein Siegel ist eine Bekräftigung oder Bestätigung. Die DBU hat aus diesem Grund die drei „Daseinsmerk­male“ ausdrücklich in ihr Bekenntnis aufgenommen und ihre Anerkennung zum Aufnahmekriterium ge­macht. Wie ernsthaft kann Folkers dann eigentlich DBU-Ratsmitglied sein, wenn er die eigenen Mitglieds­kriterien nicht anerkennt? Folkers ist bereit, die Existenz von anicca und anatta zu akzeptieren, jedoch nicht von dukkha. Das möchte er aus der Dreiheit streichen und durch nirvana ersetzen. Er versucht dies annehmbar zu machen, indem er das Merkmal dukkha - ohne jeden Quellennachweis - auf eine Weise darstellt, die es von vorn­herein als unglaubwürdig und unannehmbar erscheinen lässt. Nämlich mit der Aussage: „Alles ist Leiden“ oder „Alles Leben ist Leiden“. (Also: auch der Buddha oder das Leben des Buddha ist Leiden). Diese grobe Verzerrung kann man zwar in westlichen Darstellungen des Buddhismus, vor allem in christlichen, zuhauf finden, doch macht sie das nicht auch schon zutreffend. Denn nie und nirgendwo hat der Buddha eine solche Aussage getroffen, an keiner Stelle des Pali-Kanon oder anderer Sutras lässt sich dieser Satz finden. Doch leider ist es unter westlichen Buddhisten, insb. solchen, die über ihn schreiben, heute üblich geworden, ungezügelt über den Buddha und den Buddhismus zu spekulieren und ohne jeden Nachweis angeb­liche Aussagen zu verbreiten. Nur wenige machen sich die Mühe, ihre nicht selten frei erfundenen Mei­nungen an Hand überlieferter authentischer Texte zu überprüfen. Sabbe sankhara anicca Schauen wir also nach, was in den alten Texten tatsächlich zu finden ist. Im Dhammapada des Pali-Kanon, einem sehr alten, in allen buddhistischen Schulen vorhandenen und dort sehr populären Lehrgedicht wird Buddhas Aussage über die drei Merkmale auf folgende Weise dargestellt: „Sabbe sankhara anicca. Sabbe sankhara dukkha. Sabbe damma anatta“. Um die Bedeutung dieser drei kurzen Sätze wirklich zu verste­hen, müssen sie sehr präzise und tiefgründig betrachtet werden. Beginnen wir mit dem ersten Satz und dem ersten Wort. „Sabbe“ heißt: „alle/alles“; dieses Wort ist eindeutig und steht in allen drei Sätzen am Anfang. Das zweite Wort, sowohl im ersten wie im zweiten Satz heißt: „sankhara“ (S. samskara) Es ist ein sehr zentraler, häufig vorkommender, komplexer und daher nicht einfach zu übersetzender buddhisti­scher Begriff. Etliche (z.T. verwirrende) deutsche Übersetzungen davon sind in Gebrauch, wie: Gestaltung oder Gestaltetes, Einprägungen, Bedeutung, Zusammengesetztes, Geistesformationen, Willensimpulse, Absichten, Karmaformationen usw. Am weitesten hilft in der Pali- und Sanskrit-Sprache immer die genaue etymologische Analyse. Dieser folgend setzt sich der Begriff aus zwei Worten zusammen: nämlich sam (oder san) und khara. Sam hat fast immer die Bedeutung von „zusammen“ und „gemeinsam“ (siehe: samadhi - Sammlung, samatha ­Konzentration, sangho - Versammlung usw.). Khara (bzw. kharo) heißt „Machen“, „Herstellen“ (verwandt mit dem Wort karma, Handeln). Zu einem Wort zusammengefügt heißt sankhara somit „Zusammenma­chen“ (das Wort selbst ist Zusammenmachen). „Das Zusammengemachte“ heißt sankhata; nicht selten wird im PaliKanon dafür aber auch (unpräzise) sankhara verwandt. Nyanatilokas Übersetzung „Gestal­ tung“ trifft die Bedeutung recht gut. Noch besser wäre „Gestalten“, denn es handelt sich um eine Tätig­keit, nicht um einen Gegenstand. In der bildlichen Darstellung wird der Begriff 21 Der Mittlere Weg 2 - 2013 zumeist durch einen Töp­fer bei der Arbeit wiedergegeben. Die häufig anzutreffende Übersetzung „Zusammengesetztes“ ist eher irreführend. Denn der Begriff „Zusammengesetztes“ lässt die Vorstellung aufkommen, es handele sich hier um etwas Vorgefundenes, Objektives, außerhalb Zusammengesetzes oder Hergestelltes - etwas von einem Anderen, von der Natur oder gar einem Schöpfergott Erschaffenes. Das wäre jedoch eine schwere Missdeutung, denn der Buddha hat keinen Schöpfergott und keine Schöpfung, wie auch keine objektive, von uns abgetrennte, an sich vorhandene, durch uns auffindbare und in uns abgebildete (widergespiegelte) Wirklichkeit gelehrt. Stattdessen heißt es ebenfalls im Dhammapada gleich im ersten Satz: „Vom Geiste gehen die Dinge aus, vom Geist geführt, im Geist gemacht.“ Das heißt: wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern so, wie wir sie zu sehen gewohnt sind, wie wir sie sehen wollen, wie wir sie als Objekte gestalten, herstellen, konstruieren. Es ist unser eigener Geist, der die Dinge zusammenmacht, nicht die Außenwelt. Sankhara ist also das Erzeugen, Gestalten, Produzieren von vermeintlich realen und objektiven (inneren und äuße­ren) Gegenständen durch unseren Geist. Das letzte Wort im ersten Satz lautet: anicca. Das ist wiederum recht einfach zu übersetzen, es meint die Verneinung von Beständigkeit, Dauerhaftigkeit, Festigkeit, kurz die Unbeständigkeit. Der ganze erste Satz lautet demnach: sabbe sankhara anicca, „Alles Zusammenmachen ist unbeständig“; oder auch „Alles (durch unseren Geist) Zusammengemachte/Hergestellte/ Gestaltete ist unbeständig.“ Sabbe sankhara dukkha Von hier ausgehend wird der zweite Satz relativ schnell verständlich: sabbe sankhara dukkha: „Alles Zu­sammenmachen ist dukkha“ oder „Alles (durch unseren Geist) Zusammengemachte/ Hergestellte/ Gestal­tete ist dukkha.“ Was heißt nun aber dukkha? Auch dieses Wort ist wieder ein zusammengesetztes. Du heißt „schlecht, schwierig“, kha bedeutet „Luftraum, Freiraum, Leerstelle“; zusammen: „schlechte Leer­stelle“. Im alten Indien wurde damit u.a. die schlecht ausgearbeitete Nabe eines Rades bezeichnet, die das Fahren mühsam machte. Das Gegenteil war su-kha, die gut ausgearbeitete Radnabe, die das Fahren leicht machte. Das erste war unbefriedigend, das zweite befriedigend. Gemeint ist mit dukkha also: das Fehlen, Schwierigsein oder Ungenügen von etwas. Anders gesagt: Mangelhaftigkeit, Fehlerhaftigkeit, Un­befriedigung, Unvollkommenheit. Es geht dabei um den geistigen Eindruck - nicht um die objektive Tat­ sache - dass das Wahrgenommene, das von uns sinnlich-geistig Zusammengemachte nicht vollständig, genügend, zufriedenstellend ist. Auf unser Dasein bezogen, der deutliche Eindruck: Da müsste es doch noch ein anderes Leben, eine andere Wirklichkeit geben... Die Übersetzung „Leiden“, die für Dukkha all­gemein gebräuchlich ist, meint insofern dessen unmittelbare Folge, die Empfindung dieses Eindrucks. Denn wie Folkers zunächst richtig bemerkt, kann Leiden nicht Merkmal eines Gegenstands sein, sondern nur des Bewusstseins. Wir leiden also an dem von uns Wahrgenommenen. Folkers hält aber daran fest, dass damit ein objektiver Gegenstand, wie etwa ein Tisch, ein Baum oder ein Berg gemeint sei. Damit ignoriert er, dass der Buddha jede Art von Gegenstand in eine Vielfalt von fünf khandha (skandha) aufgelöst hat, die wiederum aus Vielheiten bestehen. Ein Tisch existiert insofern lediglich als ein gedankliches Konzept, nicht an sich. Er ist von uns „zusammengemacht“ (sankhara). Fol­kers folgt dagegen der üblichen abendländischen, realistischen, objektivistischen Sichtweise, für die die Dinge außerhalb des Bewusstseins so, wie von uns wahrgenommen, tatsächlich existieren. In dieser Wei­se sah der Buddha die Der Mittlere Weg 2 - 2013 22 „Dinge“ ausdrücklich nicht, sondern für ihn waren sie und alles „in unserem Geist gemacht“, subjektiv und konzeptuell existierend. Die sog. Gegenstände sind unsere für wahr gehaltenen Vorstellungen (pannati, papanca, vikappa) von der Wirklichkeit. Nur in unserer Vorstellung (Vor-Stellung, Ver-Stellung) existieren die Phänomene als Dinge oder Objekte. Angesichts dessen, dass Folkers‘ Tisch-Deutung keinen Sinn ergibt, wirft er den Begriff dukkha und die entsprechende Erfahrung einfach über Bord. Dukkha ist für ihn kein Daseinsmerkmal mehr sondern ein bloßes „Gefühl“. Für den Buddha ist Ungenügen, Unvollkommenheit, Unbefriedigung jedoch weit mehr als ein Gefühl sondern eben ein Existenzmerkmal, die zwangsläufige Begleitung der Erfahrung von Unbe­ständigkeit. Es bestimmt das mit, was von unserem Geist als existierend (seiend) angesehen wird. Denn, ist etwas restlos Befriedigendes und Vollkommenes wieder vergangen, kann es nicht mehr befriedigend und vollkommen sein. Dann kann es aber auch nicht befriedigend und vollkommen gewesen sein, da es ja nicht mehr existiert. Die Bewertung von Vollkommenheit und Befriedigung schließt ein, dass es ewig und unveränderlich sein muss. Nur was immer vollkommen ist, ist wirklich vollkommen.3) Von daher sagt der Buddha in bestechender Logik: alles sankhara ist unbefriedigend, dukkha, weil es unbeständig, anicca ist. Umgekehrt: dass es vollkommen Beständiges (nicca) und Befriedigendes (sukha) unter dem von uns Zu­sammengemachten (sankhara) gibt, ist Verblendung. Die Schwächen und Fehler der Menschen und aller ihrer (geistigen und materiellen) Produkte (insbesondere der technischen) sind ein ständiger Beweis da­für. Also gehört dukkha unzweifelhaft auf die selbe Ebene wie anicca. Dukkha als Merkmal besagt: nichts in, von und aus unserem Geist gemachte ist vollkommen und zum geistigen Frieden führend. Dukkha ist somit ein Merkmal von Samsara und nicht ein bloßes Gefühl. Indem Folkers diesen Begriff und die An­erkennung seiner Wahrheit ablehnt, entfernt er eine der wichtigsten Erkenntnisse des Buddha aus seiner Lehre und der meditativen Praxis und nennt das dann „integralen Buddhismus“ oder „die Kraft von Bud­dhas Lehre“. Sabbe dhamma anatta Das zweite Wort im dritten Satz ist diesmal nicht ebenfalls sankhara sondern dhamma. Der äußerst weit­läufige Begriff dhamma befindet sich hier im Plural, steht also nicht für die Wirklichkeit oder die Wahrheit oder die Lehre des Buddha (wie der Begriff dhamma im Singular), sondern meint die momentane Erfah­rung der vielfachen Phänomene, bzw. die vielfältigen Elemente der (sinnlich, emotional und geistig) er­fahrenen Wirklichkeit. Das ist zunächst wiederum all unser Gestalten (sankhara) oder alles Gestaltete; zu­sätzlich aber auch die eine und einzigartige Erfahrung von nibbana (nirvana). Die Dhammas wie auch das Merkmal von anatta umfassen demnach das Erleben von Samsara und von Nibbana. Anatta schließlich - ­der komplexeste aller buddhistischen Begriffe - beinhaltet: Nicht-Ich-Haftigkeit, Nicht-Identität, Nicht­Substantialität, Nicht-Absolutheit, Leerheit. Der ganze Satz lautet hiermit: sabbe dhamma anatta, „Alle Erfahrungen der Wirklichkeit sind nicht-Ichhaft/substanzlos/leer“. Wir sehen: von einer Aussage „Alles Leben (oder Dasein) ist Leiden“ ist weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen ist die Gesamtaussage der drei Sätze oder Daseinsmerkmale in folgendem Sinne zu verste­hen: „Alles, was unser Geist als (vermeintliche und begehrenswerte) Wirklichkeit produziert, ist unbe­ständig, unbefriedigend, nicht substantiell, leer. Nibbana geht über alles konzeptuelle Gestalten (avijja) und Begehren (tanha) hinaus, ist damit Befreiung vom Leiden und ebenfalls leer.“ Diese Lehre bedarf keiner Verbesserung oder Uminterpretation sondern lediglich eines ernsthaften Verstehens. 23 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Nirvāna ist Befreiung Mit der dritten tiefgreifenden Korrektur und Umdeutung von Buddhas Lehre, mit seinen Aussagen zu Nirvāna werden Folkers´ „Verbesserungen“ endgültig unhaltbar. Für Dukkha steht bei ihm nun Nirvāna als drittes Daseinsmerkmal. Wie passt das für eine Mahayana-Schule zu den dort gelehrten vier Dharmasiegeln? Denn jetzt gibt es darin Nirvāna doppelt. Also muss er auch diese Lehre umdeuten. Und wie soll dann der diese Einsicht beschreibende Satz lauten? Etwa: sabbe sankhāra nibbāna, „Alles (von uns) Zusammengemachte ist Nirvāna“. Das würde der heutige Industrie-Kapitalismus gerne hören, denn exakt das ist seine Botschaft: Ewiges Glück in der Produktion und im Konsum von Waren. Oder stattdessen: sabbe dhammā nibbāna, „Alle Phänomene sind Nirvāna“? Daran glaubt allerdings kein Mensch. Doch Folkers geht noch weiter. Er erklärt Nirvāna zum „Seinsgrund“ oder „Grund des Seins“ und ist damit begrifflich gänzlich in den Bereich der abendländischen Metaphysik und christlichen Theologie zurückgekehrt, bei der Denkweise von Parmenides, Platon, Aristoteles, Plotin, Thomas von Aquin usw. Mit der Lehre und Philosophie des Buddha hat dieses Verständnis von Nirvāna nichts mehr zu tun. Dort steht Nirvāna schlicht für das Beenden (Verlöschen) von Gier, Hass und Verblendung in unserem Geist. Die Postulierung eines ewigen und absoluten Seinsgrundes (sat, brahman) als Fundament oder Quelle alles vergänglichen und relativen Seienden (māyā, jīva) – wie in der brahmanischen Upanishaden- und Vedanta-Philosophie propagiert – hat der Buddha ausdrücklich abgelehnt und als Irrweg bezeichnet. Nirvāna ist nicht der buddhistische Gottes- oder Weltenschöpfer- oder Weltseele-Ersatz, es ist einfach nur das Beenden bzw. die Befreiung von Täuschung (avijjā) und Verlangen (tanhā), auch der, die Lehre und Praxis des Buddha den eigenen Vorstellungen und Gewohnheiten anpassen zu wollen, anstatt sie tiefgründig und unvoreingenommen in Lehre und Praxis zu erforschen. Ein Fazit Was sich in den Sichtweisen von Manfred Folkers zeigt, ist kein Problem seiner Person, sondern ein allgemeines Phänomen innerhalb des westlichen Buddhismus. Dieser ist - bei genauer Betrachtung - zwar westlich, aber noch um einiges davon entfernt, buddhistisch genannt werden zu können. Das Beispiel macht deutlich, dass viele westliche Buddhisten nicht in der Lage oder dazu bereit sind, ihr verinnerlichtes abendländisch-christlich-metaphysisches Weltbild hinter sich zu lassen und sich dem alles vertraute Eigene so in Frage stellenden Geist des Buddha zu öffnen. Angesichts einer sich heute krisenhaft auflösenden abendländischen Identität sind zwar viele bereit, auch in außereuropäischen Geistestraditionen nach neuer Orientierung zu suchen. Doch das Gesuchte soll letztlich nichts wirklich Neues und Anderes sein. Die Selbstvergewisserung, die Identitätssuche selbst, soll nicht aufgegeben werden, das gewohnte Eigene soll lediglich in akzeptablerer Form wieder gefunden werden. Darum weigert sich eine Mehrheit der Buddhisten auch, sich gründlich mit den Lehrreden des Buddha, den authentischen Texten und der buddhistischen Philosophie zu beschäftigen. Das wird dann noch durch eine, von einigen buddhistischen Schulen betonte Feindschaft gegenüber jeglicher Lehre und Überlieferung bekräftigt, so dass man sich umso „buddhistischer“ fühlen kann. Auf diese Weise kommen zahlreiche Suchende und Übende nie wirklich aus ihren westlichen Vorstellungen und Interpretationen heraus und übertragen diese dann auch unhinterfragt auf ihre Meditations-Erkundungen. Was sie dort suchen und erwarten, ist das Wiederfinden der abendländischen Metaphysik und christlichen Mystik. Gemäß alter europäischer Tradition wird das eigene Denken ohnehin als allem Außereuropäischen überlegen gesehen und so das Andere durchweg als längst schon bekanntes Eigenes identifiziert. Dieser Versuch, die bedrohte abendländische Identität über den Buddhismus zu retten, wird aber scheitern, weil Der Mittlere Weg 2 - 2013 24 er auf tragischer Selbsttäuschung beruht. Von daher wird es auch hier letztlich die DukkhaEinsicht sein, die wirklich die Türen öffnet. Anmerkungen 1) 2) 3) Siehe: Thich Nhat Hanh: Das Herz von Buddhas Lehre. Freiburg 1999, siehe das Kapitel: „Ist alles nur Leiden?“. Siehe: Papst Johannes Paul II: Die Schwelle der Hoffnung überschreiten. Hamburg 1994, Kapitel: „Buddha?“ Das sah übrigens auch die griechische Philosophie und später christliche Theo logie so, weshalb bei ihr auch nur das reine, eine, unvergängliche Sein oder der höchste, ewige Gott vollkommen ist. Einladung zur Mitgliederversammlung des Buddhistischen Bundes Hannover e.V. am Samstag, dem 8. Juni 2013 um 15.00 Uhr im Buddhistischen Zentrum Drostestraße 8, Hannover Nach §§ 3 und 4 der Satzung des Buddhistischen Bundes Hannover e.V. ist der Vorstand des Vereins alle zwei Jahre auf einer Mitgliederversammlung zu wählen. Dem Vereinsvorsitzenden obliegt es, die Mitgliederversammlung mit einer Frist von mindestens 14 Tagen vor dem Versammlungstermin schriftlich einzuberufen. Da der bisherige Vereinsvorsitzende verstorben und kein Nachfolger vorhanden ist, wird von der Möglichkeit des § 4 Abs. 1 Gebrauch gemacht, wonach auch auf Antrag eines Vorstandsmitgliedes eine Versammlung einzuberufen ist. Einen solchen Antrag haben die unterzeichneten Vorstandsmitglieder Michael Schmidt und Axel Rodeck gestellt. Sie laden daher namens des BBH alle Mitglieder sowie auch als Gäste alle interessierten Nichtmitglieder zum Termin am 8. Juni 2013 im Zentrum des BBH ein. Die Tagesordnung sieht, vorbehaltlich weiterer Meldungen, folgende Punkte vor: TOP 1: Eröffnung, Beschlußfähigkeit, Protokollführung TOP 2: Bericht eines Vorstandsmitgliedes über den abgelaufenen Geschäftszeitraum TOP 3: Kassenbericht und Kassenprüfungsbericht TOP 4: Entlastung des Vorstandes TOP 5: Erörterung der Zukunftsfähigkeit des Vereins insbesondere in personeller Hinsicht TOP 6: Neuwahl des Vorstands TOP 7: Neuwahl des Kassenprüfers TOP 8: Gestaltung des 50jährigen Jubiläums TOP 9: Programmplanung TOP 10: Verschiedenes Wir bitten um rege Beteiligung an dieser Mitgliederversammlung, zumal die zukünftige Entwicklung des Vereins erörtert werden soll. Auch Gäste sind willkommen, können aber nicht mit abstimmen. Bei Verhinderung von Mitgliedern können diese anderen Mitgliedern (auch aus dem Vorstand) eine schriftliche Vertretungsvollmacht ausstellen. Ein entsprechendes Formular liegt diesem Heft bei. Michael Schmidt Axel Rodeck 25 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Wir gratulieren! Es ist nicht erstaunlich, dass sich bei einem Verein, der seit vielen Jahrzehnten eine Zeitschrift herausgibt, einige Stammautoren herausbilden. Wir sind ihnen sehr dankbar dafür, dass sie unseren „Mittleren Weg“ schon so lange Zeit schriftstellerisch begleiten und für manchen diskussionswürdigen Beitrag sorgen. Heute gilt es, zwei Autoren zu würdigen, die beide ihr achtzigstes Lebensjahr im November 2012 bzw. Januar 2013 vollendet haben: Friedrich Fenzl und Willfred Hartig. Ihnen sei unser herzlicher Dank ausgesprochen! Folgend soll die Vita der Jubilare kurz wiedergegeben werden. Mein Weg zum Buddhismus Von Myoshin-Friedrich Fenzl Erste Schritte auf einem späteren Lebensweg werden meist schon in früher Jugend getan. So war es auch in meinem Leben. Geboren in einer römisch-katholischen Familie, die eine Klosteräbtissin unter ihren Vorfahren hatte, kamen mir erste Gedanken über die Wiedergeburt schon im sehr frühen Alter von fünf Jahren, die von meinen Eltern nicht erst genommen und als kindliche Phania­sien abgetan wurden. Seit frühen Kindheitstagen entwickelte ich eine große Sympathie für Japan und die japanische Kultur. Der erste japanische Film, den ich 1943 sah, begeisterte mich und ich betrachtete mit großem Interesse Bilder von japanischen Landschaften, Teegär­ten, Malereien und Holzschnitten. Meine Mutter erzählte mir spä­ter, dass ich mich im Alter von sieben Jahren vor einen Spiegel stellte, eine Brille aufsetzte und rief: „Mama, Mama, ich bin ein Japaner!“ Es muß etwa in den frühen Fünfzigerjahren gewesen sein, dass ich in einer Sa1zburger Bibliotek einen uralten buddhistischen Katechismus aus dem Jahr 1893 fand. Der Verfasser war ein gewisser Friedrich Zimmermann, mit Dharmanamen Subhadra Bhikku. Ich 1as ihn und er begeisterte mich so sehr, dass ich ihn in wochenlanger mühsamer Handarbeit abschrieb, Fotokpiergeräte gab es damals noch nicht. Nun war die nächste Frage, ob es in Österreich überhaupt Bud­dhisten oder buddhistische Gemeinschaften gab. In mühevoller de­tektivischer Kleinarbeit wälzte ich Telefon-und Adressbücher aus ganz Österreich. Durch Zufall fiel mir die Schrift einer esoterischen Sekte in die Hände. Ich schrieb an die Redaktion und man teilte mir mit, dass im Herbst 1954 in Wien eine bud­dhistische Gemeinschaft gegründet worden sei. Ich schrieb an den Sekretär, einen gewissen Franz Zouzelka und er lud mich Ende Oktober 1956 nach Wien ein. Die Reise fand in einer sehr ner­vösen Atmosphäre statt. Im Nachbarland Ungarn war ein Aufstand ausgebrochen und man fürchtete die Rückkehr der Sowjets, die erst ein Jahr zuvor aus Österreich abgezogen waren. Mein Traumberuf war immer Journalist gewesen, aber familiäre Schicksalsschläge machten das unmöglich. Mein Vater starb, als ich siebzehn war, meine Fami1ie war aus dem Land, in dem sie viele Generationen lang gelebt hatte, unter Verlust des gesam­ten Vermögens vertrieben worden - und da war noch ein jüngerer Bruder in Ausbildung. So wurde ich „Steuereintreiber“ beim Finanzamt. Der Mittlere Weg 2 - 2013 26 Ich fand Trost für meine Enttäuschungen über den gescheiterten Jugendtraum im Buddhismus. Es entwickelte sich eine Brieffreund­schaft mit zwei japanischen Tempelpriestern. Entscheidender war aber die herzliche Freundschaft mit einem Berliner Buddhisten: Harry Pieper. Seine tiefe Religiosiät und Ernsthaftigkeit und nüchterne, Realitätssicht fern jeder spirituellen „Schwärmerei“ beeindruckten mich sehr. So wurde er auch mein Lehrer in Shin-Buddhismus. Auch für meine journalistischen Neigungen fand ich ein neues Betätigungsfeld in der buddhistischen Presse mehrerer Länder, besonders im deutschsprachigen Raum. So entstanden in einigen Jahren an die 150 Artikel, Dokumenta­tionen und Buchrezensionen. Ein besonders aktiver Publizist für meine Beiträge wurde eine buddhistische Zeitschrift in Hannover „DER MITTLERE WEG“, die Dutzende Artikel von mir veröffentlichte. Ende der Sechzigerjahre ergab sich für mich die Chance, aufgrund eines Stipendiums des Nishi Honganji Tempels in Kyoto für zwei Jahre nach Japan zu gehen. Die wundervolle alte Kaiserstadt von 794 bis 1868 brachte die Erfüllung aller meiner Jugendträume. Ich studierte Shin-Buddhismus und Geschichte des japanischen Buddhismus. Eine Beschäftigung mit Ikebana (Blumenarrange­ment) und Teezeremonie erschloss mir die subti1e Ästhetik der großartigen Kultur dieses Landes. Eine Nebenbeschäftigung fand ich als Tutor für deutsche Kon­versation am größten buddhistischen Mädchencollege Japans. Ich lernte die japanische Gesellschaft mit a1l ihren Stärken und Schwächen aus nächster Nähe kennen. Nach Rückkehr in mein Heimatland übernahm ich die Aufgabe, in Salzburg die zweite buddhistische Gemeinschaft in Österreich nach Wien zu gründen. Diese Aufgabe erwies sich als überaus schwierig. Salzburg ist die teuerste Stadt Österreichs. So fand ich letzten Endes einen Raum in einer eher obskuren Gaststätte. Es ergab sich eine ku­riose Situation, die ein alter Bekannter als „kafkaresk“ be­zeichnete. Während die erhabenen Worte aus Shakyamunis Lehrreden und aus dem TANNISHO erklangen, eilten Kellner mit Speisetabletts durch den Raum und aus den Nachbarräumen erklang rustikale Blasmusik. Obwohl überzeugter Shin-Buddhist versuchte ich immer die ganze Breite des Dharma den Menschen zu vermitteln. Thervadasmönche gaben sich ebenso wie Zen-Roshis und tibetische Lamas die Türklinke in die Hand. Reisen durch halb Europa führten mich zu zahlreichen buddhistischen Tagungen in Berlin, Hamburg und Düs­seldorf und von London und Antwerpem bis Turin, Warschau und Budapest. Heute gehören diese oft traurigen Kapitel eines buddhistischen „Pioniersdaseins“ der Vergangenheit an. Es gibt heute etwa drei Dutzend buddhistische Gemeinschaften und Grup­pen vom Bodensee bis zum Neusiedlersee, buddhistischen Reli­gionsunterricht, buddhistische TVund Radiosendungen, eine bud­dhistische Hospizbewegung, buddhistische Strafgefangenenbe­ treuung und vor allem ist der Buddhismus von einer dubiosen „Sekte“ zu einer gesetzlich anarkannten Religionsgemeinschaft in unserem Land geworden. Ich hoffe sehr, dass der Buddhismus in Österreich noch eine vielversprechende Zukunft hat und ich wäre bereit, soweit es meine Lebenszeit und meine Gesundheit erlaubt, an dieser Zukunft mitzuwirken. 27 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Willfred Hartig – ein Leben für die Buddha-Lehre Axel Rodeck Am 24. Januar dieses Jahres vollendete Willfred Hartig sein 80stes Lebensjahr in Neckargemünde in seinem Familien- und Freundeskreis. Der Buddhistische Bund Hannover gratuliert herzlich und dankt einem Freund, der seit Jahrzehnten mit anspruchsvollen Beiträgen die Vereinszeitung „Der Mittlere Weg“ mitgestaltet hat. Schon 1950 trat Hartig als 17jähriger Gymnasiast in den buddhistischen Hamburger Kreis um Paul Debes ein, zugleich erfolgte sein Beitritt zum deutschen Zweig der Mahabodhi Society of Ceylon (München). 1954 war er als junger Indologiestudent Dolmetscher und Berater des buddhistischen Weltmissionars Narada Mahathera bei dessen Besuchen in Hamburg, die dann zur Gründung der „Buddhistischen Gesellschaft Hamburg“ führten. Der BGH trat Hartig noch im selben Jahr aus tiefer Überzeugung als „Nr. 26“ bei und ist bis heute ihr Mitglied. Von 1955 bis 1960 betätigte sich Hartig - neben seinem Studium - als Dolmetscher für mehrere Mönchsdelegationen aus Ceylon und war zudem persönlicher Lehrredenvorleser von Paul Debes (gest. 2004) bei dessen sonntäglicher Lehrreden-Auslegung an einem Hamburger Gymnasium. 1961 erfolgte studienhalber der Umzug Hartigs nach Heidelberg, in eine völlige buddhistische Diaspora. Dort fanden sich als weit und breit einzige Buddhafreunde nur Helmut Klar (gest. 2007) und Fritz Schäfer (gest. 2012), die gleichfalls große Verdienste um die Buddhalehre erwarben und im Laufe der Zeit zu wertvollen Unterstützern wurden. Ein Versuch Hartigs, im Anschluß an eine von ihm gestaltete Vortragsreihe an der VHS Heidelberg über Weltreligionen eine kleine buddhistische Studiengruppe zu bilden, wurde von der christlich orientierten Leitung der VHS vereitelt. Die folgenden Jahre waren geprägt durch Teilnahme an Veranstaltungen bekannter buddhistischer Meister, auch aus dem Zen, z.B. ein Seminar des Japaners Prof. Tetsuo Nagaya (gest. 1993). In diese Zeit fällt aber auch eine wohl einmalige Verbindung von Hartigs Beruf als angesehener Rhetoriker mit seinen buddhistischen Studien: Ein buddhistisch ausgerichtetes Rhetorik-Seminar in der BGH. Auch intensivierten sich die Kontakte mit Helmut Klar und beide bemühten sich, die von den deutschen Buddhisten gern ignorierten ausländischen BuddhaGruppierungen an die BGH sowie die DBU (Deutsche Buddhistische Union) heranzuführen. Die BGH erteilte Hartig gar eine Vollmacht als Sondergeauftragter zur Erreichung dieses Zieles, was sich insbesondere auf die „Kontingentflüchtlinge“ aus Indochina bezog. Es würde zu weit führen, alle wichtigen Kontaktgespräche Hartigs mit Buddha-Freunden des In- und Auslandes anzuführen. Erwähnt werden sollen daher lediglich die Wiederbelebung der Kontakte mit der Hamburger Thai-buddhistischen Vereinigung, Gespräche im Tibet-Zentrum, Diskussionen mit einem von starkem Missionsdrang durchdrungenen Nichiren-Mönch und die Öffentlichkeitsarbeit im Rundfunk, die der Bekanntmachung des Buddhismus dienten. All dieses gemäß Hartigs Wahlspruch, dass eine gezielte Solidarisierung statt gedankenloser Entsolidarisierung der buddhistischen Freunde erfo0lgen solle. Im Jahre 1990 erfolgte der Beginn eines ehrgeizigen Unterfangens. Hartig gründete an seinem Wohnort Neckargemünd die „Akademie für Buddhistische Grundlagen-Forschung“ (AFBGF). Sie dient der Herausarbeitung und Wiederbewußtmachung bisher unerkannter existential-buddhistischer, fundamental-ontologischer und kommunikologischer Ansätze der Der Mittlere Weg 2 - 2013 28 ursprünglichen Buddhalehre. Die Leser des „Mittleren Weges“ durften einige dieser wertvollen Beiträge zur Kenntnis nehmen. Und noch eine wissenschaftliche Leistung ist zu erwähnen, die der Wiederbelebung des verstummten Ost-West-Gesprächs diente: 1997 erschien in enger Zusammenarbeit mit Hellmuth Hecker das breit angelegte Werk „Die Lehre des Buddha und Heidegger“ im Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Konstanz „Buddhistischer Modernismus“. Im Zusammenhang mit einer Arbeit über Kommunikations-Ontologie liefert Hartig 2004 die Vorabskizze einer Rhetorik des Buddha anhand seiner Lehrreden. Damit erweist er sich als Wiederentdecker der indo-buddhistischen Rhetorik als östliches Gegenstück zur griechischrömischen Rhetorik (s. DMW 1/2011). Kritisch betrachtet Hartig die buddhistischen Vielschreiber mit ihrer imponierenden Gedankenfülle – die aber kaum etwas bewegt haben. Da könnte er mit seiner Studienbibliothek von 10.000 Bänden gut gegenhalten. Was wünscht sich Hartig für das neue Lebensjahrzehnt? Stabile Gesundheit und die Kraft, auf seinem buddhistischen Denk- und Einsichtsweg unbeirrt weiter voran zu schreiten. Auch das noch… Nachrichten aus den Religionen und ihrem Umfeld Kirche wird Moschee In Hamburg haben erstmals Moslems ein einstiges evangelisches Gotteshaus gekauft. Bislang versammeln sich die Gläubi­gen buchstäblich im Untergrund: Bis zu 600 Muslime der Hamburger Al-Nour-­Gemeinde kommen zu den Freitagsgebe­ten in einer umfunktionierten Tiefgarage zusammen. „Das sind unwürdige Zu­stände“, sagt der Gemeindevorsitzende Daniel Abdin. Jahrelang hat er nach bes­seren Räumen gesucht - und sie schließ­lich im Internet gefunden. „Meine erste Frage an den Makler war, wem dieses Ge­bäude gehört“, sagt er. „Hätte er mir ge­sagt, der Kirche, hätte ich gleich wieder aufgelegt, aus Respekt vor den Christen.“ Doch die evangelische Kirche hatte die entwidmete Kapernaum-Kirche schon 2005 an einen Geschäftsmann verkauft. Verschiedene Nutzungspläne haben sich seither zerschlagen, der Bau ist ziemlich heruntergekommen. Und jetzt wird er wohl zur Moschee werden - als erstes Gotteshaus aus den Reihen der Evangeli­schen Kirche in Deutschland (EKD). HAZ 9.2.13 Video zeigt Scharia-Gericht Im Syrienkonflikt kommt es nach Angaben von Aktivisten zunehmend zu Fällen von Selbstjustiz dschihadisti­scher Gruppierungen. Die oppositionelle Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London veröffentlichte am Sonntag ein Video, das das „Scharia-Ge­richt“ einer islamistischen Splittergruppe zeigt, das vier junge Männer wegen der Zusammenarbeit mit staatlichen Sicher­heitskräften und der Tötung eines Rebel­len befragt. Am Ende des Films werde die Erschießung der zum Tode Verurteilten gezeigt. 29 HAZ 4.2.13 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Erlaubnis für Islam-Lehrer In Nordrhein-Westfalen haben die ersten 60 Islam-Lehrer ihre offizielle Unterrichtserlaubnis erhalten. Der Beirat für den islamischen Religionsunterricht überreichte ihnen am Montag in der Düsseldorger Merkez-Moschee die „Idschaza“ genannte Bevollmächtigung. Bisher arbeiteten die Lehrer mit einer vorläufigen Erlaubnis. Für mehr als 2000 Schüler an 33 Grundschulen in NRW gehört der islamische Religionsunterricht inzwischen zum Alltag. Seit Beginn des Schuljahres steht das Fach auf dem Stundenplan. NRW war bundesweit Vorreiter. HAZ 5.3.13 Ansturm zum Kirchentag Zum Evangelischen Kirchen­tag Anfang Mai in Hamburg haben sich bereits mehr als 100.000 Besucher ange­meldet. Die magische Grenze sei über­schritten, teilten die Organisatoren am Mittwoch in Hamburg mit. Knapp ein Drittel der Teilnehmer wirke gleichzeitig am Programm der 34. Veranstaltung vom 1. bis 5. Mai mit. Erwartet werden auch mehr als 4.000 Gäste aus 83 Ländern. Mehr als 5.000 Ehrenamtliche sind in die Organisation eingebunden, bei der mehr als 2.500 Veranstaltungen vorgesehen sind - von Bibelarbeiten über Gottesdienste und Feierabendmahle bis zu Konzerten. Benötigt werden noch Privatunterkünfte. Bisher wurden rund 10.000 „Kojen“ ge­meldet, rund 2.000 fehlten noch. HAZ 28.03.13 Warnung vor Islamisten Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) warnt vor der Unterstützung islamistischer Organi­sationen im Hinblick auf den Bürgerkrieg in Syrien. Angesichts der katastrophalen Lage syrischer Flüchtlinge bestehe die Gefahr, dass extremistische Gruppen das Gerechtigkeitsbedürfnis von Jugendli­chen ausnutzten, um Geld und Personen für den Krieg in Syrien einzuwerben, teil­te das LfV mit. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes haben vor wenigen Wochen Hamburger Anhänger der verbo­tenen Organisation „Hizb ut-Tahrir“ (Be­ freiungspartei) in Syrien Spendengeld übergeben. HAZ 28.03.13 Die Redaktion dankt der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ für die freundliche Erlaubnis zur Übernahme der Pressemitteilungen. Korrektur Es tut uns leid und ist wohl nur durch unbuddhistische Hektik zu erklären, dass wir im letzten „Mittleren Weg“ 1/2013 einen unerfreulichen Fehler machten: In der Bildunterschrift S. 9 bezeichneten wir die Figur eines Bodhisattvas fälschlich als „Buddha“. Wir danken allen, die uns auf den Fehler aufmerksam machten und wollen gern die aufklärenden Worte eines Lesers wiedergeben: >Der Dargestellte ist der Bodhisattva Avalokiteshvara. Er ist leicht zu identifizieren: 1. am Abbild des Buddha Amithaba in seinem Haarschmuck und 2. an der Flasche in seiner Linken, mit der er den Dürstenden Wasser gibt. Zuweilen heißt es auch, die Flasche (oder Vase) enthalte den Nektar „amrita“. Das Wort amrita hat zwei Bedeutungen, „Nektar“ und „Todlosigkeit“.< Vielen Dank für diese Darlegung! Wir werden künftig Haarschopf und Fläschchen genauer be(tr)achten. A.R. Der Mittlere Weg 2 - 2013 30 Nach kurzer schwerer Krankheit hat sich unser Freund und langjähriges Vereinsmitglied Uwe Kickstein * 15.04. 1954 + 19. 02. 2013 aus diesem Leben verabschiedet. Uwe war von indischer Religion angetan und sein Interesse galt insbesondere dem Yoga und der Musik. Im Jahre 1990 trat Uwe in den damals im Umbruch befindlichen „Buddhistischen Bund Hannover“ ein. Als Betreiber einer kleinen Druckerei gab er zunächst dem etwas hausbackenen „Mittleren Weg“ ein neues Gesicht, das in den Folgejahren immer professioneller gestaltet wurde und zur Beliebtheit der kleinen Zeitschrift beitrug. Wichtiger als solch Äußerlichkeit war aber das Einbringen seiner Kenntnisse, ja seiner ganzen Persönlichkeit in die Gestaltung des Vereinslebens. Wo Aufgaben zu übernehmen waren, machte Uwe mit und übernahm pflichtbewußt Vereinsämter – zuletzt den Vorstandsvorsitz, aus dem ihn sein plötzlicher Tod riß. Dabei zeigte sich Uwe stets tolerant und friedfertig, an irgendeine sprachliche oder sonstige Entgleisung kann sich niemand aus seinem Bekanntenkreis erinnern. Still, unaufdringlich, aufmerksam und zuverlässig sind die Attribute, die wir mit seinem beispielhaften Leben verbinden. Wir danken für sein unvergeßliches Vorbild! Uwe hinterläßt in unserem Verein eine Lücke, die wir nicht werden schließen können. Buddhistischer Bund Hannover Der Vorstand 31 Der Mittlere Weg 2 - 2013 Regelmäßige BBH-Veranstaltungstermine in der Drostestr. 8 Gesprächskreis Buddha-Lehre jeden Dienstag 19.15 - ca. 22.00 Uhr Offener Kreis, auch für Interessierte ohne Vorkenntnisse Meditation (19.25 - 20.00 Uhr), anschließend, ab 20.00 Uhr: Lesung buddhistischerTexte; Gespräche und Diskussion zur buddhistischen Praxis; Buddhismus in der Gegenwart; Meditation und Yoga jeden Donnerstag 19.45 - ca. 22.00 Uhr. Hatha-Yoga; Asanas, Atmung, entspannte Sammlung, Stille und Haltung des Yoga, Lieder als Vorbereäunq für die Meditation. Bitte entsprechende Kleidung und Übungsdecke mitbringen. (Einführung nach telefon. Absprache) Vipassana Meditation jeden Donnerstag 18.00 - 19:30 Uhr. Sitzen in Stille, Atembetrachtung, Gehmeditation, Erfahrungsaustausch. Anfängerlinnen sind willkommen, eine Einführung ist möglich. In diesem Fall bitte vorher anmelden unter (0511) 348 0776 (Franz). Tibetisch - Buddhistischer Gesprächskreis jeden letzten Samstag im Monat, um 15.00 Uhr Video und Gespräche über die Lehre des Buddha, mit Bernd Weber (Karma Gelek Samten) Zen Dojo Shobogendo Spirituelle Leitung: Zen-Meisterin Dagmar Dökö Waskönig Zazen: Montag: 20.00 Uhr Mittwoch: 20.00 Uhr - jeden 1. Mittwoch im Monat, 19.00 Uhr: Einführung für Neue Freitaq: 19.00 Uhr (unregelmäßig, nach Absprache) Info: www.shobogendo.de Tee - Nachmittag Buddhismus jeden letzten Sonntag im Monat, um 15.00 Uhr Einführungs -Gespräch und -Videos, besonders geeignet auch für Jugendliche Anfragen I Info Tel. 0511-4714 09 ( Bernd Weber ) Ansprechpartner/lnnen: Axel Rodeck Tel. 0511167 37 48 Rother Baumert Tel. 0511140 66 88 / Email: [email protected] Michael Schmidt Tel. 05722/8 1725 / Email: [email protected] Rajah Wirasekara Tel. 05722/8 11 52 / Email: [email protected] Dagmar Doko Waskönig (Zen) Tel. 0511 /864871 / Email: [email protected] Bemd Weber Tel. 0511147 1409/ Email: [email protected] www.buddha-hannover.de Der Mittlere Weg 2 - 2013 32