Die Biomineralisation von magnetischen Nanokristallen in

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B I O S P E K T R U M • 6. 0 0 • 6. J A H R G A N G
Dirk Schüler,
Max-Planck-Institut f. Marine Mikrobiologie,
Bremen
Die Biomineralisation von
magnetischen Nanokristallen in
magnetotaktischen Bakterien
Die Fähigkeit magnetotaktischer Bakterien
zur Orientierung im erdmagnetischen Feld
basiert auf intrazellulären Strukturen, die
aus membranumgebenen Kristallen eines
magnetischen Eisenminerals bestehen. Die
Bildung dieser Magnetosomen erfolgt
durch einen biologischen Mechanismus,
der die Akkumulation von Eisen sowie die
Biomineralisation der magnetischen
Kristalle innerhalb von Membranvesikeln
steuert. Er könnte für die Herstellung von
Biomaterialien mit perfekten magnetischen und kristallinen Eigenschaften
relevant sein. Neben einem kurzen
Überblick über die Mikrobiologie magnetotaktischer Bakterien steht in diesem Artikel
die Magnetitbiomineralisation im magnetischen Bakterium Magnetospirillum
gryphiswaldense im Vordergrund.
Abkürzungen:
MTB = magnetotaktische Bakterien,
MM = Magnetosomenmembran
쑺 Bringt man einen Tropfen Schlamm aus
einem Tümpel auf einem Objektträger in
die Nähe eines Magneten, so kann man unter dem Mikroskop verschiedene Bakterien
beobachten, die sich erstaunlich verhalten:
Die Zellen folgen aktiv schwimmend den
magnetischen Feldlinien und sammeln sich
innerhalb weniger Minuten am “nördlichen“
Tropfenrand an, während sie bei Umkehr
der magnetischen Feldrichtung ihre Bewe-
gung in die entgegengesetzte Richtung fortsetzen (Abb. 1). Die Fähigkeit zur Magnetfeldorientierung („Magnetotaxis“) ist auf die
Existenz von intrazellulären Kristallen eines
magnetischen Minerals, den „Magnetosomen“, zurückzuführen.
Magnetotaktische Bakterien (MTB)
kommen in beträchtlicher Zahl im Sediment
vieler Gewässer vor, weshalb es umso erstaunlicher ist, daß ihre Existenz bis vor relativ kurzer Zeit völlig unbekannt war und
erst auf Grund einer zufälligen Beobachtung
durch den amerikanischen Mikrobiologen
Richard Blakemore entdeckt wurde [1]. Der
allgemeinen Begeisterung über diese Entdeckung folgte jedoch bald Ernüchterung,
da sich trotz großer Anstrengungen die meisten der natürlich vorkommenden MTB lange Zeit nicht unter Laborbedingungen züchten ließen, was intensive Forschungen zunächst verhinderte. Erst später gelang es,
grundlegende Probleme bei der Isolierung
und Zucht verschiedener MTB zu lösen, so
daß die Erforschung dieser Organismen in
den letzten Jahren verstärkt in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Die Bildung der
Magnetosomen ist eines der bemerkenswertesten Beispiele für einen hochgeordneten
Biomineralisationsvorgang, der für die Herstellung von Biomaterialien mit perfekten
magnetischen und kristallinen Eigenschaften relevant sein könnte und durch die fort-
Abb. 1: Mikroskopische Aufnahmen der Bewegung von magnetotaktischen Bakterien aus einer
natürlichen Anreicherung. Dargestellt ist der Rand eines hängenden Tropfens zu unterschiedlichen
Zeitpunkten nach Anlegen eines magnetischen Feldes. Die zunächst zufällig orientierten Bakterien
schwimmen im Magnetfeld gerichtet entlang der Feldlinien und sammeln sich innerhalb weniger
Minuten am „nördlichen“ Tropfenrand an.
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schreitende Entwicklung von nanotechnologischen Methoden zunehmend an Interesse gewinnt [2].
Das Vorkommen von Magnetit ist in der
belebten Natur nicht allein auf Bakterien
beschränkt. Wurden Berichte über die Extraktion von magnetosomenähnlichen Partikeln aus dem Gehirn höherer Organismen
und sogar des Menschen noch mit Skepsis
aufgenommen [3], so gelang kürzlich in Fischen der Nachweis eines Magnetfeldrezeptors, der mit Ketten von Magnetitkristallen
assoziiert ist. Diese sind bakteriellen Magnetosomenpartikeln in Struktur und Größe erstaunlich ähnlich, so daß über einen universellen Biomineralisationsmechanismus spekuliert worden ist [4]. Schließlich sei noch
erwähnt, daß kürzlich in einem Mars-Meteoriten Magnetitkristalle nachgewiesen
wurden, die irdischen Magnetosomen ähneln und als möglicher Beweis für extraterrestrisches Leben angeführt worden sind,
was MTB neuerdings zu einem Gegenstand
astrobiologischer Forschung gemacht hat [5].
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Vorkommen und Diversität
magnetotaktischer Bakterien
MTB wurden in einer Vielzahl von marinen und Süßwasserhabitaten nachgewiesen, wo sie ein wesentlicher Bestandteil natürlicher Bakterienpopulationen sind und in
großen Zellzahlen an der oxisch-anoxischen
Übergangszone vorkommen, die in vielen
Gewässern an der Grenzfläche zwischen
Sediment und Wasser verläuft [6, 7]. Natürliche Populationen von MTB weisen eine
bemerkenswerte Formenvielfalt auf, die
magnetische Kokken, Stäbchen, Vibrionen
und Spirillen beinhaltet [8]. Auffällig ist in
einigen Standorten das Vorkommen von
multizellulären und außergewöhnlich großen Formen von mehr als 20 µM Länge, die
bis zu 1000 Magnetosomenpartikel enthalten. [7, 9].
Alle bisher bekannten MTB sind Gramnegativ und lassen sich auf der Basis von
vergleichenden 16S rRNA-Analysen verschiedenen phylogenetischen Gruppen zu-
ordnen, was als Hinweis auf einen polyphyletischen Ursprung der Fähigkeit zur Magnetosomenbildung interpretiert worden ist
[10]. Die große Mehrheit der bisher untersuchten MTB, darunter alle bisher isolierten magnetischen Kokken, Vibrionen und
Spirillen, gehören zu den Alpha-Proteobakterien, wobei interessanterweise einige magnetische Vertreter dieser Gruppe eine nahe
Verwandtschaft zu nichtmagnetischen, photosynthetischen, schwefelfreien Purpurbakterien aufweisen, mit denen sie offenbar
auch die Fähigkeit zur Bildung intracytoplasmatischer Membranen gemeinsam haben
[8]. Weitere Vertreter konnten der DeltaUntergruppe der Proteobakterien [10, 11]
beziehungsweise dem Nitrospira-Phylum
zugeordnet werden [7].
Trotz ihrer ubiquitären Verbreitung und
natürlichen Häufigkeit hat sich die Kultivierung von MTB im Labor als schwierig erwiesen. Ursachen dafür liegen in ihrer Anpassung an chemisch stratifizierte Habitate
mit komplexen Gradienten, die unter Laborbedingungen nur schwer zu rekonstruieren sind. Da keine selektiven Wachstumsbedingungen bekannt sind, ist die Abtrennung magnetischer Zellen von nicht-magnetischen Kontaminanten eine Voraussetzung
für die erfolgreiche Isolierung, wozu die aktive Bewegung von MTB entlang magnetischer Feldlinien ausgenutzt werden kann
[12, 13]. Dennoch ist die Zahl der in Reinkultur verfügbaren MTB noch immer relativ klein und die meisten der Isolate sind
bisher weitgehend uncharakterisiert.
Magnetosomen und Magnetotaxis
Abb. 2: Elektronenmikroskopische Aufnahmen unterschiedlicher Magnetosomenformen aus verschiedenen, zumeist unkultivierbaren magnetotaktischen Bakterien. Die Kristalle weisen je nach Bakterienart kubo-oktaedrische (a), projektilförmige (b, c) bzw. gestreckt-prismatische (d, e, f) Morphologien auf
und sind intrazellulär in einer oder mehreren Ketten angeordnet. (– 100 nm).
In den meisten MTB bestehen die Magnetosomen aus membranumgebenen, einkristallinen Partikeln des ferromagnetischen
Eisenminerals Magnetit (Fe3O4). Die Magnetosomenpartikel zeichnen sich durch
eine enge Größenverteilung sowie einheitliche, artspezifische Kristallformen aus, die
aus anorganischen Systemen unbekannt sind
und eine exakte biologische Kontrolle des
Mineralisationsprozesses nahelegen (Abb. 2)
[14]. Die Partikel haben je nach Bakterienart eine Größe von 35-120 nm und entsprechen damit magnetischen Einbereichsteilchen („single domain particles“) [15]. Das
magnetische Moment, das sich aus der Summe der meist kettenförmig angeordneten
Einzelpartikel ergibt, ist groß genug, um das
gesamte Bakterium bei Umgebungstemperatur im erdmagnetischen Feld zu orientieren.
Allgemein akzeptiert ist die Hypothese,
daß die Magnetotaxis durch Wechselwirkung mit dem erdmagnetischen Feld einen
Beitrag zur Orientierung im natürlichen
Habitat leistet [1, 6]. Da die im Sediment
lebenden MTB mikroaerophil oder anaerob
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als angenommen und eine aktive Wechselwirkung mit anderen, beispielsweise aerotaktischen Orientierungsmechanismen beinhaltet [16].
Die Magnetitbiomineralisation in Magnetospirillum gryphiswaldense
Abb. 3 Elektronenmikroskopische Aufnahme des
Bakteriums Magnetospirillum gryphiswaldense.
Die Zellen enthalten bis zu 60 kettenförmig
angeordnete Magnetosomen (– 0,5 µm).
sind, ist für sie ein Mechanismus vorteilhaft,
der eine Aufwärtsbewegung in sauerstoffreiche Wasserschichten effektiv verhindert.
Dabei könnte die Navigation entlang der
vertikal verlaufenden geomagnetischen
Feldlinien die Einhaltung der bevorzugten
Position im Sauerstoffgradienten erleichtern.
Magnetotaktische Zellen weisen eine Polarität in ihrer Schwimmrichtung auf: Die bevorzugte Bewegungsrichtung von MTB auf
der Nordhalbkugel ist Nord-suchend, während von der Südhalbkugel isolierte Bakterien in Richtung des magnetischen Südpols
schwimmen. Aufgrund der entgegengesetzten Orientierung der Inklination (vertikalen
Neigung) des Erdmagnetfelds in beiden
Hemisphären führt eine aktive Bewegung
mit der entsprechenden Polarität demnach
jeweils in die ökologisch sinnvolle Richtung,
also nach unten. Neuere Befunde deuten
darauf hin, daß der Mechanismus der magnetotaktischen Orientierung komplexer ist
Abb. 4 Modell der Magnetitbiomineralisation in
M. gryphiswaldense. Eisen (III) wird von
niedrigen extrazellulären Konzentrationen über
die äußere und innere Membran aufgenommen
und durch die Magnetosomenmembran in die
Vesikel transportiert, vermutlich unter Beteiligung von MamB. Die Bildung der Magnetitkristalle erfolgt innerhalb der Magnetosomenvesikel. Die magnetosomenassoziierten Proteine
haben wahrscheinlich eine entscheidende
Bedeutung bei der Steuerung von Nukleation
und Kristallwachstum.
In unserem Labor untersuchen wir die
biochemischen und genetischen Grundlagen der bakteriellen Magnetitbiomineralisation. Ein großer Teil der Arbeiten befaßt sich
dabei mit dem α-Proteobakterium M. gryphiswaldense [17], das das gegenwärtig am besten kultivierbare Magnetbakterium ist und
sich damit als Modellorganismus empfiehlt.
Die Zellen wachsen unter mikroaeroben
Bedingungen heterotroph mit verschiedenen organischen Säuren und bilden kubooktaedrische Magnetosomen mit einem
Durchmesser von 42 nm (Abb. 3).
Die Biosynthese von Magnetitkristallen
ist ein komplexer Prozeß, der die aktive
Aufnahme von Eisen sowie die kontrollierte Nukleation und das Wachstum der Magnetitkristalle in speziellen Membranvesikeln beinhaltet (Abb. 4). Transportstudien
ergaben, daß Eisen bevorzugt als Fe(III) in
einem energie-abhängigen Prozeß mit hoher Rate aufgenommen wird, wobei anscheinend spezifische Proteine der äußeren
Membran, jedoch keine Siderophore (spezifische Eisen-Komplexbildner) beteiligt
sind [18]. Sowohl die Aufnahme von Eisen
als auch die Magnetitbildung sind bei extrazellulären Eisenkonzentrationen von 1520 µM nahezu gesättigt, was die bemerkenswerte Fähigkeit der Bakterien belegt,
Eisen von niedrigen Konzentrationen bis zu
mehr als zwei Prozent des Trockengewichts
zu akkumulieren. Während Größe und
Form der reifen Magnetitpartikel weitgehend unabhängig von den Wachstumsbedingungen sind, ist die Zahl der Partikel pro
Zelle variabel zwischen Null und 60 [19].
Neben der Verfügbarkeit von Eisen sind
mikroaerobe Bedingungen für die Magnetitsynthese erforderlich. In unmagnetischen
Zellen, die bei einer Sauerstoffkonzentration von mehr als 25 µM gezogen wurden,
kann die Magnetitbildung durch einen Shift
zu niedrigen Sauerstoffkonzentrationen induziert werden, was gleichzeitig mit einem
drastischen Anstieg der Eisenaufnahme verbunden ist [20].
Die Magnetosomenmembran –
ein spezifisches Kompartiment für die
Bildung von Magnetitkristallen
Die Biosynthese von Magnetitkristallen
findet in speziellen Vesikeln statt, die durch
die Magnetosomenmembran (MM), einem
proteinhaltigen Phospholipidbilayer, gebildet werden. Durch die Anwendung einer
speziellen magnetischen Separationstechnik lassen sich reine Suspensionen intakter
Magnetosomen gewinnen (Abb. 5). Die
Analyse der extrahierten MM ergab, daß
diese im Vergleich zu anderen subzellulären Fraktionen ein charakteristisches Proteinprofil aufweist, wobei bisher 13 MMspezifische Polypeptide in unterschiedlichen Mengen nachgewiesen werden konnten [14]. Über die Bestimmung von N-terminalen Aminsosäuresequenzen wurden
die Gene für eine Reihe von Magnetosomen-assoziierten Polypeptiden identifiziert
[21]. Mindestens zwei der MM-Gene sind
zusammen mit einer Reihe weiterer offenen Leserahmen (ORFs) in einem Operon
lokalisiert (Abb. 6). Die Sequenzanalyse der
bisher identifizierten MM-Gene sowie der
benachbarten ORFs lieferte in den meisten
Fällen keine Hinweise auf Homologie zu
bekannten Proteinen. Eine Ausnahme stellt
dabei ein 31 kDa MM-Protein mit einem
Anteil von etwa 15 Prozent am Gesamtprotein der MM dar. Eine starke Sequenzähnlichkeit zu Schwermetall-transportierenden
Proteinen aus der sogenannten CDF
(„cation diffusion facilitator“)-Familie legt
eine Rolle beim Transport von Eisen in die
MM-Vesikel nahe [22]. Ein weiteres 24
kDaHauptprotein der MM von M. gryphiswaldense, das Sequenzähnlichkeit zu Motiven aus funktionell diversen TPR-(„tetratricopeptide repeat“) Proteinen aufweist,
wurde interessanterweise auch in der MM
anderer MTB nachgewiesen [23, 24].
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Abb. 5 a) Isolierung von Magnetosomen aus M. gryphiswaldense: a) Nach Abtrennung der Magnetosomen aus dem dunkelbraun gefärbten Rohextrakt (A) weist dieser eine orange-rote Färbung auf (B),
während gereinigte Magnetosomen tiefschwarze, stabile Suspensionen bilden (C).
b) Magnetosomenpellet an einem Stabmagneten. Die dargestellte Menge wurde aus 3 Liter Kultur
gewonnen und entspricht ca. 25 mg Magnetit.
c) Elektronenmikroskopische Aufnahme von isolierten Magnetosomen. Die Magnetitkristalle haben
eine einheitliche Größe von 42 nm und sind von der Magnetosomenmembran umgeben, die eine
Agglomeration verhindert (—— 100 nm).
für ein gezieltes „Tailoring“ von magnetischen Nanokristallen ausgenutzt werden.
Die Charakterisierung neuer Isolate ist daher von großer Bedeutung. Da sich MTB
selektiv aus ihrer natürlichen Umgebung
anreichern lassen, könnte das in den letzten
Jahren entwickelte Methodenspektrum zur
molekularen Analyse nicht kultivierbarer
Bakterien künftig außerdem den direkten
Zugriff auf die genetische Diversität bakterieller Biomineralisationsprozesse erlauben.
Danksagung
Ich danke der DFG, der MPG sowie
dem BMBF für die finanzielle Förderung
meiner Arbeiten. Mein besonderer Dank gilt
allen gegenwärtigen und ehemaligen Kollegen und Mitarbeitern.
Literatur
Abb. 6: Molekulare Organisation des mam-Operons in M. gryphiswaldense. Neben mamA und mamB
(rot), deren Genprodukte als Hauptproteine der Magnetosomenmembran identifiziert wurden, enthält
die chromosomale Region acht weitere offene Leserahmen (ORFs) mit bisher unbekannter Funktion.
Biotechnologische Anwendungen
bakterieller Nanomagnete
Bakterielle Magnetosomen sind hinsichtlich ihrer strukturellen Perfektion und
Uniformität synthetischen Magnetitpartikeln überlegen und können ohne drastische
Bedingungen von Temperatur, pH und
Druck gewonnen werden [2, 25]. Eine mögliche Anwendung von Magnetosomen ist die
Immobilisierung von bioaktiven Substanzen, wie etwa Enzymen und Antikörpern,
die dann magnetisch manipuliert werden
können. Wegen des günstigen OberflächenVolumen Verhältnisses sowie der natürlichen
Membran, die zur Kopplung genutzt werden
kann und eine Agglomeration verhindert,
haben sich Magnetosomen hier als außerordentlich geeignet erwiesen [25]. Eine weitere vielversprechende Anwendung liegt in
der medizinischen Diagnostik. So wurden
gereinigte Magnetosomen beispielsweise
hinsichtlich ihrer Eignung als Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie untersucht. Die Ergebnisse bei der Detektion
eines Tumors übertrafen die mit synthetischen Eisenformulierungen erzielten Ergebnisse in verschiedenen Parametern deutlich
[26]. Obwohl das biotechnologische Potential der bakteriellen Biomineralisation magnetischer Nanokristalle überzeugend demonstriert worden ist, steht eine Verwirklichung der zahlreichen Anwendungsvorschläge in technischem Umfang noch aus. Die
Gründe dafür lagen bisher vor allem in einem nach wie vor mangelhaften Verständnis der Magnetitbiomineralisation auf biochemischer und molekulargenetischer Ebene.
Ausblick
Trotz wichtiger Fortschritte, die in den
letzten Jahren bei der Untersuchung der
Magnetitbiomineralisation gemacht wurden,
sind eine Reihe grundlegender Fragen noch
immer offen. So ist zum Beispiel nicht klar,
wie die verschiedenen Komponenten der
Magnetosomenmembran auf molekularer
Ebene die Bildung spezieller Kristallformen
regulieren. Die Mehrheit der bisher identifizierten magnetosomenspezifischen Proteine läßt sich keinen bekannten Funktionen
zuordnen, so daß künftig genetische Ansätze wie die gezielte Erzeugung von Mutanten und deren Analyse in den Vordergrund
treten werden. Funktionale Aspekte gewinnen zunehmend Bedeutung auch vor dem
Hintergrund der vollständigen Genomsequenzierung eines Magnetbakteriums, die
innerhalb der nächsten Zeit zu erwarten ist.
Eine besondere Herausforderung stellt
der Umstand dar, daß noch immer nur ein
kleiner Teil der beeindruckenden natürlichen Diversität von MTB kultivierbar ist.
Das Verständnis, wie verschiedene Mikroorganismen die Bildung ihrer artspezifischen
Kristallmorphologien steuern, könnte etwa
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Korrespondenzadresse
Dr. Dirk Schüler
Max-Planck-Institut f. Marine Mikrobiologie
Celsiusstraße 1
D- 28 359 Bremen
Tel.: 0421-20 28-746
Fax: 0421-20 28-580
eMail: [email protected]
Dirk Schüler
geb. 1964, Biologiestudium (1985-1990) an der
Universität Greifswald, 1995 Promotion am MPI für
Biochemie (Martinsried) bei Prof. Edmund Bäuerlein,
1996-99 Postdoc im Labor von Dennis Bazylinski
(Iowa State University, Ames, USA) sowie Brad Tebo
(Scripps Institution of Oceanography, San Diego,
USA). Seit März 2000: Leiter einer im Rahmen des
BMBF-Wettbewerbs “BioFuture“ geförderten
Nachwuchsgruppe am MPI für Marine Mikrobiologie
Hauptarbeitsgebiet ist die Untersuchung der
Magnetitbiomineralisation in magnetotaktischen
Bakterien.
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