© procy_ab – Fotolia.com Chiropraktik 6 3|2013 wir. Chiropraktik Sinn und Zweck der TEIL 2 Chiropraktik aus naturheilkundlicher Sicht Wichtige Voraussetzungen für gute Chiropraktik Das Wissen der neurologische Grundlagen: Radikuläre Syndrome Radikuläre Syndrome, also eine neurologische Symptomatik, die durch Irritation oder Kompression einer Nervenwurzel hervorgerufen wird, spielen in der chiropraktischen Diagnostik eine große Rolle. Mit entsprechenden neuro-anatomischen Kenntnissen ist es in aller Regel möglich, die betroffene Nervenwurzel mit rein klinischen Mitteln zu diagnostizieren. Die Irritation der sensiblen (hinteren) Wurzel führt zu typischen radikuären Schmerzen, die in ihrer Projektion dem Dermatom oft weitgehend entsprechen. Sensible Ausfallerscheinungen finden sich in dem der Wurzel zugehörigen Dermatom, wobei die Grenzen einer Hypalgesie wegen deren geringen Überlappung jene einer Hypästhesie überschreiten. Die Läsion der motorischen (vorderen) Wurzel bedingt Ausfälle im korrespondierenden Myotom, wobei eine Schwäche der entsprechenden Muskeln mit Atrophien und Abschwächung der Muskeleigenreflexe auftritt. © procy_ab – Fotolia.com Wurzelsyndrome am Arm Wurzel-Irritation durch degenerative Veränderungen Im Gegensatz zur unteren Extremität, bei der Wurzelläsionen eine zahlenmäßig wesentlich größere Rolle als periphere Nervenirritationen spielen, überwiegen an den Armen die Kompressionssyndrome peri- wir. 3|2013 pherer Nerven und des Plexus brachialis deutlich. Wesentlich häufiger als der akute zervikale Bandscheibenvorfall sind chronische Wurzelirritationen durch degenerative Halswirbelsäulenveränderungen mit Foramenstenosierungen durch Spondylarthrosen, Retrospondylosen und sonstige Anbauten. Von den zervikalen Wurzeln ist die Wurzel C7 weitaus am häufigsten betroffen, gefolgt von C6, C5, C8 und C4. Die einzelnen Wurzeln treten im Zervikalbereich jeweils oberhalb des entsprechenden Wirbelkörpers aus, das heißt die Wurzel C5 zwischen HWK4 und HWK5 usw. Da es eine Wurzel C8, jedoch keinen HWK 8 gibt, treten die Nervenwurzeln ab D1 unterhalb der korrespondierenden Wirbelkörper aus. Für Wurzelschmerzen im Zervikalbereich ist es typisch, dass diese durch Kopfdrehung und Retroreflexion des Kopfes zur erkrankten Seite verstärkt werden können, bei entsprechenden Bewegungen zur Gegenseite nachlassen. 7 Chiropraktik C4-Syndrom Die Kompression der Wurzel C4 führt zu Schmerzen im Bereich der Schulter, eine Hypalgesie findet sich im Hals- und Schulterbereich. Während die zumeist leichten Paresen im Schultermuskelbereich klinisch nur schwer aufzudecken sind, ist der röntgenologische Nachweis einer Zwerchfellparese bei der Durchleuchtung entscheidend für die Diagnose. Refluxstörungen finden sich in diesem Myotom nicht. C5-Syndrom Das C5-Syndrom ist gekennzeichnet durch Schmerzen im Bereich der Oberarm-Außenseite, die Sensibilitätsstörung betrifft einen handtellergroßen Bezirk über dem M. deltoideus und reicht bis zum Ellenbogen an der Außenseite hinab. Motorisch sind der M.biceps brachii, der M. deltoideus sowie einige Schultermuskeln betroffen. C6-Syndrom Das C6-Wurzelsyndrom zeigt Schmerzen an der Oberarmrückseite, die über den radialen Unterarm zum Daumen ausstrahlen. Sensibel sind diejenigen Hautareale betroffen, die sichtbar sind, wenn mit Daumen und Zeigefinger eine 6 nachgebildet wird (s. Abb. 2) Motorisch sind der M. brachioradialis, der M. biceps brachii und die Extensoren im Handgelenk betroffen. Daneben ist aber häufig auch der Bizepssehnenreflex gleichzeitig abgeschwächt. C7-Syndrom Das weitaus häufigste C7-Wurzelsyndrom geht mit Schmerzen einher, die von der Halswirbelsäule über die Oberarm- und Unterarmstreckseite bis zum 2. und 3. Finger ziehen, durch Kopfdrehung oder Neigung zur betroffenen Seite sowie durch Husten, Pressen und Niesen verstärkt werden. Die Sensibilitätsstörung betrifft schwerpunktmäßig den Mittelfinger, Paresen treten im M. triceps brachii, im M. pronator teres und im M. pectoralis (mittlere Portion) auf. Daneben sind die Beuger im Handgelenk sowie die Fingerstrecker betroffen, sodass der Kranke nicht mehr in der Lage ist, bei gestrecktem Arm mit Beugung im Handgelenk und gleichzeitiger Fingerstreckung eine 7 nachzubilden. Vor allem die Untersuchung von M. triceps brachii (Streckung im Ellenbogengelenk) und des M. pectoralis (Adduktion im Schultergelenk bei gestreckten Armen) beugt der Verwechslung mit einer Kompression des N. medianus vor, die sich wegen der oft vorhandenen Atrophie des Thenar anbietet. Die C8-Wurzelsyndrome sind relativ selten. Sie führen zu Schmerzen, die zum kleinen Finger ausstrahlen, das Dermatom betrifft neben dem 4. und 5. Finger den distalen ulnaren Unterarm. Motorisch fallen die Fingerbeuger und der Hypothenar aus – der Patient kann die gebeugten Finger nicht mehr auseinanderziehen Ebenfalls selten ist die Kompression der Wurzel D1, welche Schmerzen an der Inneneite des Ober-Unterarms mit einem entsprechenden hypalgetischen Band auslöst und durch die Parese der Mm. interossei eine Schwäche von Ab-Adduktion der Finger bedingt. Der Kranke ist nicht mehr in der Lage, ein Stück Papier zwischen den gestreckten Fingern zu halten – der 1-Dollar-Schein mag daran erinnern, dass es sich um das Myotom D1 handelt. Der Patient kann sich irren, was seine Krankheit oder seine Beschwerden angeht. Der Arzt kann sich mit seiner Diagnose ebenfalls irren, aber die Hand, wenn sie in der Lage ist, wirklich auf die Bedürfnisse des Körpers und seine Signale zu hören, kann sich W. G. Sutherland D.O. niemals irren. 8 Die Dermatome am Rumpf lassen sich leicht merken, wenn man sich einprägt, dass D4 in Höhe der Brustwarzen, D8 am Rippenbogen, D10 in Höhe des Bauchnabels und L1 in Höhe der Leistenbeuge verlaufen. Intercostalneuralgie durch Metastasen: Charakteristisch ist der ein- oder beidseitige gürtelförmige Schmerz, der bei Husten und Pressen zunimmt. Der thorakale Bandscheibenvorfall ist ein sehr seltenes Ereignis, was aufgrund der Stabilisierung der Wirbelsäule durch den knöchernen Thorax leicht zu verstehen ist. Wurzelsyndrome am Bein Anatomische Grundlagen Die Nervenwurzeln treten lumbal unterhalb des gleichnamigen Wirbelkörpers aus, sie werden jedoch durch die jeweils in der Etage darüberliegende Bandscheibe bei einemVorfall komprimiert. Dies ist so zu erklären: Die Wurzel liegt vor dem Austritt aus dem zugehörigen Foramen intervertebrale der im oberen Drittel des Wirbelkörpers befindlichen Bogenwurzel des über der Austrittsstelle liegenden Wirbelkörpers an. Die Nervenwurzel ist also hier dem Druck der in der Regel nach hinten und seitlich hervortretenden Bandscheibe ausgesetzt. Dies bedeutet, dass zwar die Wurzel L5 im Foramen intervertebrale zwischen 5. LWK und 1. Sakralwirbel austritt, jedoch durch einen Bandscheibenvorfall in Höhe L4/L5 komprimiert wird. Gelegentlich kommt es – vor allem bei medialen oder sehr weit lateral gelegenen Vorfällen auch zur Kompression von 2 Nervenwurzeln. Da im Lumbalbereich die Beweglichkeit zwischen L4 und L5 sowie zwischen L5 und S1 am größten ist, werden hier am häufigsten Bandscheibenvorfälle gesehen. Lase‘gue-Zeichen Einen ersten Hinweis auf die Höhe einer Wurzelläsion gibt bereits die Prüfung der sogenannten Dehnungszeichen, die gleichzeitig eine semiquantitative Aussage über das Ausmaß der Irritation ermöglicht. Betrifft ein Bandscheibenvorfall die Wurzeln L1, L2, L3 oder L4, kommt es bei Überstreckung im Hüftgelenk – dem sogenannten umgekehrten Lase‘gue-Zeichen – zu Schmerzen im Kreuz mit Ausstrahlung in die betroffene Extremität. Werden die Wurzeln L4-S1 komprimiert, ist das direk3|2013 wir. Chiropraktik L1- oder L2-Syndrom Kompressionen der Wurzel L1 und L2 sind extrem selten. Kennmuskel der beiden Myotome ist der M. iliopsoas, der Sensibilitätsausfall betrifft die Region unterhalb des Leistenbands. Hierhin werden die Schmerzen projiziert. Bei Vorliegen eines L1- oder L2-Syndroms sollte stets neben einem Bandscheibenvorfall an spinale Raumforderungen anderer Genese und auch im M.ilipsoas selbst gelegene Prozesse (Hämatom, Abszess) gedacht werden. L3-Syndrom Das Wurzelsyndrom L3 zeigt eine Schmerzausstrahlung zur Innenseite des Knies, die Hypästhesie und Hypalgesie betrifft das Band oberhalb des Knies, die motorischen Ausfälle führen zur Lähmung der Adduktorengruppe, der Adduktorenreflex ist abgeschwächt. L4-Syndrom Kennmuskel des Myotoms L4 ist der vierköpfige M. quadrizeps femoris – Kennreflex der Patellarsehnenreflex. Motorisch ist daneben der M. tibialis anterior betroffen, die Sensibilitätsstörung erstreckt sich über die Innenseite des Unterschenkels. Die Tibiavorderkante stellt die Grenze zwischen Dermatomen L4 und L3 dar. L5-Syndrom Weitaus am häufigsten ist die Wurzel L5 bei einem Bandscheibenvorfall betroffen. Ein L5-Syndrom lässt sich klinisch besonders klar erkennen, da der Kennmuskel Extensor hallucis longus ausschließlich durch die Wurzel L5 versorgt wird und damit eine Parese der Großzehenhebung bei Lumboischialgie für eine L5-Läsion beweisend ist. Kennreflex ist der Tibialis-posterior-Reflex, welcher vor allem hilfreich in der Abgrenzung gegen eine Läsion des N. peronaeus ist, da er nur bei der Wurzelläsion abgeschwächt oder ausgefallen ist. wir. 3|2013 © Dan Race – Fotolia.com te Lase‘gue-Zeichen, das heißt das Anheben des gestreckten Beins beim entspannt liegenden Patienten, positiv. In der Regel wird festgehalten, in welchem Winkel von der Unterlage an gerechnet das Lase`gueZeichen positiv wird. Wenn sich der Patient im Stehen nach vorn bückt, beugt er das Knie der betroffenen Seite zur Schmerzentlastung (NeriZeichen). Das Dermatom L5 erstreckt sich von der Außenseite des Unterschenkels über das Sprunggelenk zum Fußrücken, wobei die Vorder- und Dorsalseite der Großzehe und der 2. Zehe miteinbezogen sind. Die Schmerzausstrahlung bei einem Bandscheibenvorfall L4/L5 wird zumeist zur Außenseite des Unterschenkels oder des Sprunggelenks angegeben, häufig auch bis hin zur Großzehe. Sowohl bei L5- als auch bei S1- Wurzelläsionen gibt es einen sogenannten Generalstreifen – ein hypästhetisches Band an der Außenseite des betroffenen Beins, welches bei L5-Läsionen etwas weiter ventral als bei S1-Läsionen liegt. S1-Syndrom Vor allem beim S1-Syndrom kommt es zu einer Druckempfindlichkeit der ValeixAustrittspunkte des N. ischiadicus. Der Patient gibt eine Schmerzausstrahlung zur Fußaußenseite bzw. zur kleinen Zehe hin an. Kennmuskeln für das Myotom S1 sind die Zehenbeuger und die Plantarflexion des Fußes im Sprunggelenk, darüber hinaus werden die Mm. Peronaei und der M. glutaeus maximus von der Wurzel S1 versorgt. Das S1-Dermatom betrifft die Außenseite des Fußrückens und Teile der Planta. Die S1-Syndrome sind neben L5Syndromen die häufigsten Wurzelkompressionssyndrome. Bei jeder radikulären Symptomatik an der unteren Extremtät muss an die Möglichkeit einer Blasenfunktionsstörung durch den Bandscheibenvorfall, welcher ja mediolateral liegen kann, gedacht werden. Bei jedem Hinweis auf eine Blasenfunktionsstörung ist eine notfallmäßige neuroradiologische Diagnostik und operative Therapie erforderlich, da die Blasenlähmung irreversibel ist! Von den Grundlagen des achsenbezogenen Denkens zum ersten Schritt der Ausübung chiropraktischen Handelns. Der Bauplan unseres Haltungs- und Bewegungsapparates (Ordnung seiner Einzelteile zueinander) und seine Leistungen unterliegen den gleichen physikalischen Gesetzen, wie sie der Architekt und Ingenieur in der Technik zu beachten haben. Der entscheidende Unterschied zur unbelebten Natur besteht aber darin, dass alle seine Elemente – Knochen, die verschiedenen Gewebearten der Gelenke, Sehnen, Muskeln, Gefäße, Nerven und Haut – als lebendige Gebilde Teile des gesamten Organismus und als solche abhängig sind von den biologischen Gesetzmäßigkeiten unseres Körpers. Formabweichungen und Störungen der Funktion verlangen daher technisches Denken und Vorstellungsvermögen in enger Bezogenheit auf biologische Vorgänge. Die „Feineinstellung” der Gelenkachsen, der Zueinanderordnung und Form kleiner Knochen, etwa der Fußwurzel, und des komplizierten Muskelspiels erfolgt erst später als Anpassungsvorgänge an die Bedingungen des postnatalen Lebens (Einflüsse der Schwerkraft, Gewichtsverteilung und Spannungsverhältnisse im Liegen, Sitzen, Stehen und in Bewegung, Fehlsteue9 Chiropraktik rungen durch Wachstumsstörungen, Hemmung der Blutzufuhr, Kontrolle der Bewegungsabläufe durch Nervenleistung u.v.m.). Jede Störung der Form bedingt eine solche der Funktion und umgekehrt. Jede Funktionsstörung wiederum löst körperliche Reaktionen aus in Form einer Veränderung des Blutumlaufes, der Gewebsdurchsaftung, der Zelltätigkeit und lokaler Stoffwechselvorgänge, die zunächst noch reversiebel sind, schließlich aber durch eine „Umorganisierung” der betroffenen Strukturen endgültig veränderte Verhältnisse entstehen lassen. So kommt es z. B. infolge einer Fehlstellung im sakro-iliakalen Übergang zur Veränderung des SchenkelhalsSchaftwinkels und somit nicht nur zu einer Verschlechterung der groben Hüftgelenksmechanik, sondern die unphysiologische Belastungs- und Spannungsverhältnisse lösen im Laufe der Zeit morphologische Umbauten im Knochengewebe, funktionelle und strukturelle Veränderungen in der Gelenkkapsel aus, welche die Arbeitsbedingungen des Gelenkes mindern und zum frühzeitigen Verschleiß führen. Diese sogenannte meist erworbene Fehlstatik kann eine Anzahl davon abhängiger Fehlbelastungen im gesamten Bewegungsapparat erzeugen. Schmerzen veranlassen den Patienten, Körperteile in einer bestimmten Schonstellung zu halten. Die zugehörige Muskulatur verharrt in einer (reflektorischen Dauerspannung = Kontraktur), später erschlafft sie und atrophiert. Gelenkkapsel, Sehnen und Muskeln schrumpfen auf der zusammengezogenen Seite, verkürzen sich und ziehen das Gelenk in eine immer stärkere Fehlstellung. Aus der ursprünglich nur funktionellen wird eine organisch fixierte Bewegungsbehinderung. Bewegungseinschränkung oder Versteifung eines Gelenkes wirkt sich auf alle benachbarten Gelenke aus und muss durch Haltungsveränderungen kompensiert werden. So können beispielsweise eine Funk- Palpieren ist der „Sieg“ der Hand über das Gehirn, der rechten Hemisphäre über die linke und des Seins über den Schein. 10 Klaus Fertig tionsstörung am Becken, eine Kniegelenkserkrankung oder auch eine einseitige Beinverkürzung über die damit verbundene Beckenkippung die Fehlhaltung der Wirbelsäule und damit einhergehende Muskelverspannung Fernwirkungen an ganz anderen Körperteilen auslöst. Diagnose der Beweglichkeit der Gelenke – Therapie der Unbeweglichkeit der Gewebe. Die Chiropraktik hat also die Aufgabe, das gestörte Gleichgewicht des Lebewesens auf allen funktionellen Ebenen wiederherzustellen, indem sie allen Gelenken und Geweben ihre Mobilität zurückgibt. Ihre Aufgabe besteht auch darin zu überprüfen, ob sich alle Strukturen optimal bewegen. Mehr als ihre Form interessiert die Chiropraktik die Art und Weise, in der sich die Gelenke und Gewebe bewegen. Woraus besteht die chiropraktische Behandlung? a. Das einzige Werkzeug ist die Hand. b. Der Behandler überprüft die Bewegungsqualität. c. Der Behandler interessiert sich für die Art und Weise, in der sich die Gelenke mobilisieren und bewegen. Ein Gelenk zu testen, bedeutet, es in mehreren Bewegungsparametern zu testen: Flexion, Extension, Lateroflexion, Rotation und Translation auf den verschiedenen räumlichen Ebenen (frontal, sagittal, transversal) und um die verschiedenen Bewegungsachsen herum (vertikal, transversal, schräg). Nach der Untersuchung der Beweglichkeit entscheidet sich der Behandler für die anzuwendenden Behandlungstechniken, die dem zu behandelnden Gelenk oder Gewebe gerecht werden und die er methodisch anwendet. a. strukturelle Techniken b. weiche Gewebstechniken c. Faszientechniken d. Listening-Techniken e. Reflextechniken f. Craniosakrale Techniken Die Chiropraktik vermittelt die strukturelle Technik der Osteopathie. Der Chiropraktiker zwingt dem Organismus keine neue Funktionsweise auf, er gibt dem Körper lediglich den nötigen Impuls, um den Selbstheilungsprozess zu stimulieren. Die chiropraktische Behandlung besteht nicht aus einer symptomatischen 3|2013 wir. Chiropraktik Behandlung, die auf den Schmerz ausgerichtet ist, sondern aus einer Behandlung, die eine kausale Annäherung gewährleistet. Sie ermöglicht es, die Bewegungseinschränkungen des Körpers zu beheben und die Strukturen wieder anzupassen, um die gestörten Funktionen wiederherzustellen und den gestörten Strukturen ihre Mobilität wiederzugeben, indem die Dysfunktionen behoben werden. Wir dürfen nicht immer ein sofortiges Ergebnis erwarten, auch wenn dies manchmal passiert. Die korrekte Umsetzung einer chiropraktischen Technik Um so wenig Schaden wie möglich zu verursachen und um bei der Umsetzung eines gezielten chiropraktischen Eingriffs eine maximale Effizienz zu erzielen, muss der Behandler folgende Schritte berücksichtigen: > Eine genaue Diagnostik der Mobilitäseinschränkung > Eine korrekte Lagerung des Patienten > Eine angemessene Position für sich selbst > Eine gezielte Vorspannungserzeugung im zu behandelnden Bereich > Eine Visualisierung der anatomischen Struktur und der Korrekturparameter > Die eigentliche Umsetzung des Impulses in die vorgegebene Richtung Die genaue Diagnostik der Mobilitätseinschränkung Die Diagnose der Mobilitätseinschränkung ist das Schwierigste in der Chiropraktik oder strukturellen Osteopathie, denn schließlich erscheint alles unbeweglich oder alles scheint beweglich. Wie kann man also sagen, dass diese oder jene Struktur blockiert und Ursache des pathologischen Zustands ist? Jeder gute Chiropraktiker weiß genau, dass oft der betroffene Bereich nur das „Opfer“ ist! Die Diagnose der Mobilitätseinschränkung oder der Immobilität beschränkt sich eigentlich darauf, die Ursache des Problems zu finden, d. h.: Warum ist dieses Gelenk unbeweglich? Wir dürfen nicht vergessen, dass man die Stärke einer Kette nach Ihrem schwächsten Glied bemisst! Der Behandler wird die Bewegungstests durch eine rein manuelle, subtile und sehr genaue Palpation durchführen. Seine Hand bestimmt dabei die Genauigkeit der Diag- wir. 3|2013 Jeder gute Chiropraktiker weiß genau, dass oft der betroffene Bereich nur das „Opfer” ist! Klaus Fertig nose und sie wird ihm schließlich dabei helfen, die adäquate Technik auszuwählen, um die Einschränkung zu beseitigen. Zur Erinnerung: Palpieren ist der „Sieg“ der Hand über das Gehirn, der rechten Hemisphäre über die linke und des Seins über den Schein. Die menschliche Hand wurde oft kopiert, aber nie erreicht ! „Der Patient kann sich irren, was seine Krankheit oder seine Beschwerden angeht. Der Arzt kann sich mit seiner Diagnose ebenfalls irren, aber die Hand, wenn sie in der Lage ist, wirklich auf die Bedürfnisse des Körpers und seine Signale zu hören, kann sich niemals irren.“ W. G. Sutherland D.O. Die richtige Lagerung des Patienten Der Behandler muss sich auf den zu behandelnden Patienten einstellen. Bei einigen Patienten wird er es mit schwer zu bewegenden Hebeln zu tun haben. Die Konstitution des Patienten entscheidet über die Stärke des auszulösenden Impulses. Eine bequeme und schmerzreduzierende Lagerung ist unumgänglich. Es versteht sich dabei von selbst, dem Patienten keine Behandlung aufzuzwingen. Der Behandler sollte sich immer von dem Wohlergehen des Patienten leiten lassen und nicht durch den Schmerz, wenn er den Griff vorbereitet. Dies ist sehr wichtig, um nicht durch eine schmerzhafte und zögerliche Spannungserzeugung eine reflexartige und verweigernde Muskelreaktion zu erzeugen. Die richtige Position des Behandlers In erster Linie muss der Behandler so stehen, dass er im Moment der chiropraktischen Impulsgebung keinen Positionswechsel mehr verursacht. Weiterhin ist der eigene Rücken in vollem Maße zu schonen, da sonst im Ermüdungsprozess eine korrekte Ausübung der Griffe in Frage gestellt werden kann. Erstes Prinzip: Die Spannungserzeugung 1. Schritt: Einsatz von Flexion/Extension 2. Schritt: Vorspannung an der betroffenen Gelenkfläche Zweites Prinzip: Beim Impuls (Thrust) ist nur geringer Kraftaufwand erforderlich, wenn a. der Therapeut die richtige Position zum Gelenkbereich hat und b. die Spannungserzeugung richtig verläuft. Quellennachweis t"DLFSNBOO1 6OWFSÚê"SCFJUTQBQJFS Fortbildungsseminar Ackermann Institut Stockholm. t"DLFSNBOO81"DLFSNBOO)P+ Einen Millimeter von der Krankheit. Ackermann Institut Stockholm. t"DLFSNBOO81 %JFHF[JFMUF%JBHOPTF und Technik der Chiropraktik. Ackermann Institut Stockholm. t"DLFSNBOO81 4PFOUTUFIFOv)FYFOschuß und Ischialgie“. Ackermann Institut Stockholm. t"DLFSNBOO81P+ %SFJ#SFOOQVOLUFBMT Grundursache der meisten Krankheiten. Ackermann Institut Stockholm. t"EMFS$1,SBVTF8(FCFSU( Knochen und Gelenke. In: Thomas, C. (Hrsg.) Grundlagen der Klinischen Medizin. Band 8. Stuttgart: Schattauer. t#JFEFSNBOO' (SVOETÊU[MJDIFT[VS Chiropraktik. Heidelberg: Haug Verlag. t$POTJMJVN$FEJQ 13"$5*$6.%JBHnose und Therapie. Rökan Novo t)BZ-- )FJMF%FJOFO,ÚSQFS'SFJburg i. Br.: Alf Lüchow. t1ëOHTUFO.)JMEFCSBOEU+ %FHFnerative und andere nicht-entzündliche Erkrankungen der Haltungs- und Bewegungsorgane. In: Petermann, F. (Hrsg.). Rehabilitation. (S. 101-130). Göttingen: Hogrefe. t1JU[FO3ÚTTMFS,VS[HFGBUFT-FISCVDIEFS 0SUIPQÊEJF64 AUTOR Klaus Fertig, Heilpraktiker • Ausbilder und Facharbeitskreisleiter Chiropraktik • Mitglied im Vorstand FH e.V. 11