Chiropraktik - Freie Heilpraktiker e.V.

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Chiropraktik
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wir.
Chiropraktik
Sinn und Zweck der
TEIL 2
Chiropraktik aus
naturheilkundlicher Sicht
Wichtige Voraussetzungen für gute Chiropraktik
Das Wissen der neurologische Grundlagen: Radikuläre Syndrome
Radikuläre Syndrome, also eine neurologische Symptomatik, die
durch Irritation oder Kompression einer Nervenwurzel hervorgerufen wird, spielen in der chiropraktischen Diagnostik eine große
Rolle. Mit entsprechenden neuro-anatomischen Kenntnissen ist
es in aller Regel möglich, die betroffene Nervenwurzel mit rein
klinischen Mitteln zu diagnostizieren.
Die Irritation der sensiblen (hinteren) Wurzel führt zu typischen radikuären Schmerzen, die in ihrer Projektion dem Dermatom
oft weitgehend entsprechen. Sensible Ausfallerscheinungen finden sich in dem der
Wurzel zugehörigen Dermatom, wobei die
Grenzen einer Hypalgesie wegen deren geringen Überlappung jene einer Hypästhesie
überschreiten. Die Läsion der motorischen
(vorderen) Wurzel bedingt Ausfälle im
korrespondierenden Myotom, wobei eine
Schwäche der entsprechenden Muskeln mit
Atrophien und Abschwächung der Muskeleigenreflexe auftritt.
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Wurzelsyndrome am Arm
Wurzel-Irritation durch degenerative
Veränderungen
Im Gegensatz zur unteren Extremität, bei
der Wurzelläsionen eine zahlenmäßig wesentlich größere Rolle als periphere Nervenirritationen spielen, überwiegen an den
Armen die Kompressionssyndrome peri-
wir.
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pherer Nerven und des Plexus brachialis
deutlich. Wesentlich häufiger als der akute
zervikale Bandscheibenvorfall sind chronische Wurzelirritationen durch degenerative
Halswirbelsäulenveränderungen mit Foramenstenosierungen durch Spondylarthrosen, Retrospondylosen und sonstige Anbauten.
Von den zervikalen Wurzeln ist die
Wurzel C7 weitaus am häufigsten betroffen, gefolgt von C6, C5, C8 und C4. Die
einzelnen Wurzeln treten im Zervikalbereich jeweils oberhalb des entsprechenden
Wirbelkörpers aus, das heißt die Wurzel
C5 zwischen HWK4 und HWK5 usw. Da
es eine Wurzel C8, jedoch keinen HWK 8
gibt, treten die Nervenwurzeln ab D1 unterhalb der korrespondierenden Wirbelkörper aus. Für Wurzelschmerzen im Zervikalbereich ist es typisch, dass diese durch
Kopfdrehung und Retroreflexion des
Kopfes zur erkrankten Seite verstärkt werden können, bei entsprechenden Bewegungen zur Gegenseite nachlassen.
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Chiropraktik
C4-Syndrom
Die Kompression der Wurzel C4 führt zu
Schmerzen im Bereich der Schulter, eine
Hypalgesie findet sich im Hals- und Schulterbereich. Während die zumeist leichten
Paresen im Schultermuskelbereich klinisch
nur schwer aufzudecken sind, ist der röntgenologische Nachweis einer Zwerchfellparese bei der Durchleuchtung entscheidend für die Diagnose. Refluxstörungen
finden sich in diesem Myotom nicht.
C5-Syndrom
Das C5-Syndrom ist gekennzeichnet durch
Schmerzen im Bereich der Oberarm-Außenseite, die Sensibilitätsstörung betrifft
einen handtellergroßen Bezirk über dem
M. deltoideus und reicht bis zum Ellenbogen an der Außenseite hinab. Motorisch
sind der M.biceps brachii, der M. deltoideus sowie einige Schultermuskeln betroffen.
C6-Syndrom
Das C6-Wurzelsyndrom zeigt Schmerzen
an der Oberarmrückseite, die über den radialen Unterarm zum Daumen ausstrahlen. Sensibel sind diejenigen Hautareale
betroffen, die sichtbar sind, wenn mit
Daumen und Zeigefinger eine 6 nachgebildet wird (s. Abb. 2) Motorisch sind der
M. brachioradialis, der M. biceps brachii
und die Extensoren im Handgelenk betroffen. Daneben ist aber häufig auch
der Bizepssehnenreflex gleichzeitig abgeschwächt.
C7-Syndrom
Das weitaus häufigste C7-Wurzelsyndrom
geht mit Schmerzen einher, die von der
Halswirbelsäule über die Oberarm- und
Unterarmstreckseite bis zum 2. und 3. Finger ziehen, durch Kopfdrehung oder Neigung zur betroffenen Seite sowie durch
Husten, Pressen und Niesen verstärkt werden. Die Sensibilitätsstörung betrifft
schwerpunktmäßig den Mittelfinger, Paresen treten im M. triceps brachii, im M.
pronator teres und im M. pectoralis (mittlere Portion) auf. Daneben sind die Beuger
im Handgelenk sowie die Fingerstrecker
betroffen, sodass der Kranke nicht mehr in
der Lage ist, bei gestrecktem Arm mit Beugung im Handgelenk und gleichzeitiger
Fingerstreckung eine 7 nachzubilden. Vor
allem die Untersuchung von M. triceps
brachii (Streckung im Ellenbogengelenk)
und des M. pectoralis (Adduktion im
Schultergelenk bei gestreckten Armen)
beugt der Verwechslung mit einer Kompression des N. medianus vor, die sich
wegen der oft vorhandenen Atrophie des
Thenar anbietet.
Die C8-Wurzelsyndrome sind relativ
selten. Sie führen zu Schmerzen, die zum
kleinen Finger ausstrahlen, das Dermatom
betrifft neben dem 4. und 5. Finger den
distalen ulnaren Unterarm. Motorisch fallen die Fingerbeuger und der Hypothenar
aus – der Patient kann die gebeugten Finger nicht mehr auseinanderziehen
Ebenfalls selten ist die Kompression der
Wurzel D1, welche Schmerzen an der Inneneite des Ober-Unterarms mit einem
entsprechenden hypalgetischen Band auslöst und durch die Parese der Mm. interossei eine Schwäche von Ab-Adduktion der
Finger bedingt. Der Kranke ist nicht mehr
in der Lage, ein Stück Papier zwischen den
gestreckten Fingern zu halten – der 1-Dollar-Schein mag daran erinnern, dass es sich
um das Myotom D1 handelt.
Der Patient kann sich irren, was seine Krankheit oder seine Beschwerden angeht. Der
Arzt kann sich mit seiner Diagnose ebenfalls
irren, aber die Hand, wenn sie in der Lage
ist, wirklich auf die Bedürfnisse des Körpers
und seine Signale zu hören, kann sich
W. G. Sutherland D.O.
niemals irren.
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Die Dermatome am Rumpf lassen sich
leicht merken, wenn man sich einprägt,
dass D4 in Höhe der Brustwarzen, D8 am
Rippenbogen, D10 in Höhe des Bauchnabels und L1 in Höhe der Leistenbeuge verlaufen.
Intercostalneuralgie durch Metastasen:
Charakteristisch ist der ein- oder beidseitige gürtelförmige Schmerz, der bei Husten
und Pressen zunimmt.
Der thorakale Bandscheibenvorfall ist
ein sehr seltenes Ereignis, was aufgrund der
Stabilisierung der Wirbelsäule durch den
knöchernen Thorax leicht zu verstehen ist.
Wurzelsyndrome am Bein
Anatomische Grundlagen
Die Nervenwurzeln treten lumbal unterhalb des gleichnamigen Wirbelkörpers
aus, sie werden jedoch durch die jeweils in
der Etage darüberliegende Bandscheibe bei
einemVorfall komprimiert. Dies ist so zu
erklären: Die Wurzel liegt vor dem Austritt
aus dem zugehörigen Foramen intervertebrale der im oberen Drittel des Wirbelkörpers befindlichen Bogenwurzel des über
der Austrittsstelle liegenden Wirbelkörpers
an. Die Nervenwurzel ist also hier dem
Druck der in der Regel nach hinten und
seitlich hervortretenden Bandscheibe ausgesetzt. Dies bedeutet, dass zwar die Wurzel L5 im Foramen intervertebrale zwischen 5. LWK und 1. Sakralwirbel austritt,
jedoch durch einen Bandscheibenvorfall in
Höhe L4/L5 komprimiert wird. Gelegentlich kommt es – vor allem bei medialen
oder sehr weit lateral gelegenen Vorfällen
auch zur Kompression von 2 Nervenwurzeln.
Da im Lumbalbereich die Beweglichkeit zwischen L4 und L5 sowie zwischen
L5 und S1 am größten ist, werden hier am
häufigsten Bandscheibenvorfälle gesehen.
Lase‘gue-Zeichen
Einen ersten Hinweis auf die Höhe einer
Wurzelläsion gibt bereits die Prüfung der
sogenannten Dehnungszeichen, die gleichzeitig eine semiquantitative Aussage über
das Ausmaß der Irritation ermöglicht. Betrifft ein Bandscheibenvorfall die Wurzeln
L1, L2, L3 oder L4, kommt es bei Überstreckung im Hüftgelenk – dem sogenannten umgekehrten Lase‘gue-Zeichen – zu
Schmerzen im Kreuz mit Ausstrahlung in
die betroffene Extremität. Werden die
Wurzeln L4-S1 komprimiert, ist das direk3|2013
wir.
Chiropraktik
L1- oder L2-Syndrom
Kompressionen der Wurzel L1 und L2 sind
extrem selten. Kennmuskel der beiden
Myotome ist der M. iliopsoas, der Sensibilitätsausfall betrifft die Region unterhalb
des Leistenbands. Hierhin werden die
Schmerzen projiziert. Bei Vorliegen eines
L1- oder L2-Syndroms sollte stets neben
einem Bandscheibenvorfall an spinale
Raumforderungen anderer Genese und
auch im M.ilipsoas selbst gelegene Prozesse
(Hämatom, Abszess) gedacht werden.
L3-Syndrom
Das Wurzelsyndrom L3 zeigt eine Schmerzausstrahlung zur Innenseite des Knies, die
Hypästhesie und Hypalgesie betrifft das
Band oberhalb des Knies, die motorischen
Ausfälle führen zur Lähmung der Adduktorengruppe, der Adduktorenreflex ist abgeschwächt.
L4-Syndrom
Kennmuskel des Myotoms L4 ist der vierköpfige M. quadrizeps femoris – Kennreflex der Patellarsehnenreflex. Motorisch ist
daneben der M. tibialis anterior betroffen,
die Sensibilitätsstörung erstreckt sich über
die Innenseite des Unterschenkels. Die Tibiavorderkante stellt die Grenze zwischen
Dermatomen L4 und L3 dar.
L5-Syndrom
Weitaus am häufigsten ist die Wurzel L5
bei einem Bandscheibenvorfall betroffen.
Ein L5-Syndrom lässt sich klinisch besonders klar erkennen, da der Kennmuskel Extensor hallucis longus ausschließlich durch
die Wurzel L5 versorgt wird und damit
eine Parese der Großzehenhebung bei
Lumboischialgie für eine L5-Läsion beweisend ist. Kennreflex ist der Tibialis-posterior-Reflex, welcher vor allem hilfreich in
der Abgrenzung gegen eine Läsion des
N. peronaeus ist, da er nur bei der Wurzelläsion abgeschwächt oder ausgefallen ist.
wir.
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te Lase‘gue-Zeichen, das heißt das Anheben des gestreckten Beins beim entspannt
liegenden Patienten, positiv. In der Regel
wird festgehalten, in welchem Winkel von
der Unterlage an gerechnet das Lase`gueZeichen positiv wird.
Wenn sich der Patient im Stehen nach
vorn bückt, beugt er das Knie der betroffenen Seite zur Schmerzentlastung (NeriZeichen).
Das Dermatom L5 erstreckt sich von der
Außenseite des Unterschenkels über das
Sprunggelenk zum Fußrücken, wobei die
Vorder- und Dorsalseite der Großzehe und
der 2. Zehe miteinbezogen sind. Die
Schmerzausstrahlung bei einem Bandscheibenvorfall L4/L5 wird zumeist zur
Außenseite des Unterschenkels oder des
Sprunggelenks angegeben, häufig auch bis
hin zur Großzehe. Sowohl bei L5- als auch
bei S1- Wurzelläsionen gibt es einen sogenannten Generalstreifen – ein hypästhetisches Band an der Außenseite des betroffenen Beins, welches bei L5-Läsionen etwas
weiter ventral als bei S1-Läsionen liegt.
S1-Syndrom
Vor allem beim S1-Syndrom kommt es zu
einer Druckempfindlichkeit der ValeixAustrittspunkte des N. ischiadicus. Der
Patient gibt eine Schmerzausstrahlung zur
Fußaußenseite bzw. zur kleinen Zehe hin
an. Kennmuskeln für das Myotom S1 sind
die Zehenbeuger und die Plantarflexion
des Fußes im Sprunggelenk, darüber hinaus werden die Mm. Peronaei und der
M. glutaeus maximus von der Wurzel S1
versorgt. Das S1-Dermatom betrifft die
Außenseite des Fußrückens und Teile der
Planta. Die S1-Syndrome sind neben L5Syndromen die häufigsten Wurzelkompressionssyndrome.
Bei jeder radikulären Symptomatik
an der unteren Extremtät muss an die
Möglichkeit einer Blasenfunktionsstörung durch den Bandscheibenvorfall,
welcher ja mediolateral liegen kann, gedacht werden. Bei jedem Hinweis auf
eine Blasenfunktionsstörung ist eine
notfallmäßige neuroradiologische Diagnostik und operative Therapie erforderlich, da die Blasenlähmung irreversibel
ist!
Von den Grundlagen des achsenbezogenen Denkens zum
ersten Schritt der Ausübung
chiropraktischen Handelns.
Der Bauplan unseres Haltungs- und Bewegungsapparates (Ordnung seiner Einzelteile zueinander) und seine Leistungen unterliegen den gleichen physikalischen Gesetzen, wie sie der Architekt und Ingenieur in
der Technik zu beachten haben. Der entscheidende Unterschied zur unbelebten
Natur besteht aber darin, dass alle seine
Elemente – Knochen, die verschiedenen
Gewebearten der Gelenke, Sehnen, Muskeln, Gefäße, Nerven und Haut – als lebendige Gebilde Teile des gesamten Organismus und als solche abhängig sind von
den biologischen Gesetzmäßigkeiten unseres Körpers. Formabweichungen und Störungen der Funktion verlangen daher technisches Denken und Vorstellungsvermögen in enger Bezogenheit auf biologische
Vorgänge.
Die „Feineinstellung” der Gelenkachsen, der Zueinanderordnung und Form
kleiner Knochen, etwa der Fußwurzel, und
des komplizierten Muskelspiels erfolgt erst
später als Anpassungsvorgänge an die Bedingungen des postnatalen Lebens (Einflüsse der Schwerkraft, Gewichtsverteilung
und Spannungsverhältnisse im Liegen, Sitzen, Stehen und in Bewegung, Fehlsteue9
Chiropraktik
rungen durch Wachstumsstörungen, Hemmung der Blutzufuhr, Kontrolle der Bewegungsabläufe durch Nervenleistung
u.v.m.). Jede Störung der Form bedingt
eine solche der Funktion und umgekehrt.
Jede Funktionsstörung wiederum löst körperliche Reaktionen aus in Form einer Veränderung des Blutumlaufes, der Gewebsdurchsaftung, der Zelltätigkeit und lokaler
Stoffwechselvorgänge, die zunächst noch
reversiebel sind, schließlich aber durch eine
„Umorganisierung” der betroffenen Strukturen endgültig veränderte Verhältnisse
entstehen lassen. So kommt es z. B. infolge
einer Fehlstellung im sakro-iliakalen Übergang zur Veränderung des SchenkelhalsSchaftwinkels und somit nicht nur zu einer
Verschlechterung der groben Hüftgelenksmechanik, sondern die unphysiologische
Belastungs- und Spannungsverhältnisse lösen im Laufe der Zeit morphologische
Umbauten im Knochengewebe, funktionelle und strukturelle Veränderungen in
der Gelenkkapsel aus, welche die Arbeitsbedingungen des Gelenkes mindern und
zum frühzeitigen Verschleiß führen.
Diese sogenannte meist erworbene
Fehlstatik kann eine Anzahl davon abhängiger Fehlbelastungen im gesamten Bewegungsapparat erzeugen. Schmerzen veranlassen den Patienten, Körperteile in einer
bestimmten Schonstellung zu halten. Die
zugehörige Muskulatur verharrt in einer
(reflektorischen Dauerspannung = Kontraktur), später erschlafft sie und atrophiert. Gelenkkapsel, Sehnen und Muskeln schrumpfen auf der zusammengezogenen Seite, verkürzen sich und ziehen das
Gelenk in eine immer stärkere Fehlstellung.
Aus der ursprünglich nur funktionellen
wird eine organisch fixierte Bewegungsbehinderung.
Bewegungseinschränkung oder Versteifung eines Gelenkes wirkt sich auf alle benachbarten Gelenke aus und muss durch
Haltungsveränderungen kompensiert werden. So können beispielsweise eine Funk-
Palpieren ist der „Sieg“ der Hand über
das Gehirn, der rechten Hemisphäre
über die linke und des Seins über
den Schein.
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Klaus Fertig
tionsstörung am Becken, eine Kniegelenkserkrankung oder auch eine einseitige Beinverkürzung über die damit verbundene
Beckenkippung die Fehlhaltung der Wirbelsäule und damit einhergehende Muskelverspannung Fernwirkungen an ganz anderen Körperteilen auslöst.
Diagnose der Beweglichkeit der
Gelenke – Therapie der Unbeweglichkeit der Gewebe.
Die Chiropraktik hat also die Aufgabe, das
gestörte Gleichgewicht des Lebewesens auf
allen funktionellen Ebenen wiederherzustellen, indem sie allen Gelenken und Geweben ihre Mobilität zurückgibt. Ihre Aufgabe besteht auch darin zu überprüfen, ob
sich alle Strukturen optimal bewegen.
Mehr als ihre Form interessiert die Chiropraktik die Art und Weise, in der sich die
Gelenke und Gewebe bewegen.
Woraus besteht die chiropraktische Behandlung?
a. Das einzige Werkzeug ist die Hand.
b. Der Behandler überprüft die Bewegungsqualität.
c. Der Behandler interessiert sich für die
Art und Weise, in der sich die Gelenke
mobilisieren und bewegen.
Ein Gelenk zu testen, bedeutet, es in mehreren Bewegungsparametern zu testen: Flexion, Extension, Lateroflexion, Rotation
und Translation auf den verschiedenen
räumlichen Ebenen (frontal, sagittal, transversal) und um die verschiedenen Bewegungsachsen herum (vertikal, transversal,
schräg).
Nach der Untersuchung der Beweglichkeit entscheidet sich der Behandler für die
anzuwendenden Behandlungstechniken,
die dem zu behandelnden Gelenk oder Gewebe gerecht werden und die er methodisch anwendet.
a. strukturelle Techniken
b. weiche Gewebstechniken
c. Faszientechniken
d. Listening-Techniken
e. Reflextechniken
f. Craniosakrale Techniken
Die Chiropraktik vermittelt die strukturelle Technik der Osteopathie.
Der Chiropraktiker zwingt dem Organismus keine neue Funktionsweise auf, er
gibt dem Körper lediglich den nötigen Impuls, um den Selbstheilungsprozess zu stimulieren. Die chiropraktische Behandlung
besteht nicht aus einer symptomatischen
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Chiropraktik
Behandlung, die auf den Schmerz ausgerichtet ist, sondern aus einer Behandlung,
die eine kausale Annäherung gewährleistet.
Sie ermöglicht es, die Bewegungseinschränkungen des Körpers zu beheben und
die Strukturen wieder anzupassen, um die
gestörten Funktionen wiederherzustellen
und den gestörten Strukturen ihre Mobilität wiederzugeben, indem die Dysfunktionen behoben werden.
Wir dürfen nicht immer ein sofortiges
Ergebnis erwarten, auch wenn dies manchmal passiert.
Die korrekte Umsetzung einer
chiropraktischen Technik
Um so wenig Schaden wie möglich zu verursachen und um bei der Umsetzung eines
gezielten chiropraktischen Eingriffs eine
maximale Effizienz zu erzielen, muss der
Behandler folgende Schritte berücksichtigen:
> Eine genaue Diagnostik der Mobilitäseinschränkung
> Eine korrekte Lagerung des Patienten
> Eine angemessene Position für sich selbst
> Eine gezielte Vorspannungserzeugung
im zu behandelnden Bereich
> Eine Visualisierung der anatomischen
Struktur und der Korrekturparameter
> Die eigentliche Umsetzung des Impulses
in die vorgegebene Richtung
Die genaue Diagnostik der
Mobilitätseinschränkung
Die Diagnose der Mobilitätseinschränkung ist das Schwierigste in der Chiropraktik oder strukturellen Osteopathie, denn
schließlich erscheint alles unbeweglich
oder alles scheint beweglich. Wie kann
man also sagen, dass diese oder jene Struktur blockiert und Ursache des pathologischen Zustands ist? Jeder gute Chiropraktiker weiß genau, dass oft der betroffene
Bereich nur das „Opfer“ ist! Die Diagnose
der Mobilitätseinschränkung oder der Immobilität beschränkt sich eigentlich darauf, die Ursache des Problems zu finden,
d. h.: Warum ist dieses Gelenk unbeweglich? Wir dürfen nicht vergessen, dass man
die Stärke einer Kette nach Ihrem
schwächsten Glied bemisst!
Der Behandler wird die Bewegungstests
durch eine rein manuelle, subtile und sehr
genaue Palpation durchführen. Seine Hand
bestimmt dabei die Genauigkeit der Diag-
wir.
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Jeder gute
Chiropraktiker
weiß genau, dass
oft der betroffene
Bereich nur das
„Opfer” ist!
Klaus Fertig
nose und sie wird ihm schließlich dabei
helfen, die adäquate Technik auszuwählen,
um die Einschränkung zu beseitigen.
Zur Erinnerung: Palpieren ist der
„Sieg“ der Hand über das Gehirn, der
rechten Hemisphäre über die linke und
des Seins über den Schein.
Die menschliche Hand wurde oft kopiert, aber nie erreicht !
„Der Patient kann sich irren, was seine
Krankheit oder seine Beschwerden angeht.
Der Arzt kann sich mit seiner Diagnose ebenfalls irren, aber die Hand, wenn sie in der
Lage ist, wirklich auf die Bedürfnisse des
Körpers und seine Signale zu hören, kann
sich niemals irren.“ W. G. Sutherland D.O.
Die richtige Lagerung des Patienten
Der Behandler muss sich auf den zu behandelnden Patienten einstellen. Bei einigen Patienten wird er es mit schwer zu
bewegenden Hebeln zu tun haben. Die
Konstitution des Patienten entscheidet
über die Stärke des auszulösenden Impulses. Eine bequeme und schmerzreduzierende Lagerung ist unumgänglich. Es versteht
sich dabei von selbst, dem Patienten keine
Behandlung aufzuzwingen. Der Behandler
sollte sich immer von dem Wohlergehen
des Patienten leiten lassen und nicht durch
den Schmerz, wenn er den Griff vorbereitet. Dies ist sehr wichtig, um nicht durch
eine schmerzhafte und zögerliche Spannungserzeugung eine reflexartige und verweigernde Muskelreaktion zu erzeugen.
Die richtige Position des Behandlers
In erster Linie muss der Behandler so stehen, dass er im Moment der chiropraktischen Impulsgebung keinen Positionswechsel mehr verursacht. Weiterhin ist der
eigene Rücken in vollem Maße zu schonen, da sonst im Ermüdungsprozess eine
korrekte Ausübung der Griffe in Frage gestellt werden kann.
Erstes Prinzip: Die Spannungserzeugung
1. Schritt: Einsatz von Flexion/Extension
2. Schritt: Vorspannung an der betroffenen Gelenkfläche
Zweites Prinzip: Beim Impuls (Thrust) ist
nur geringer Kraftaufwand erforderlich,
wenn
a. der Therapeut die richtige Position zum
Gelenkbereich hat und
b. die Spannungserzeugung richtig verläuft.
Quellennachweis
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AUTOR
Klaus Fertig, Heilpraktiker
• Ausbilder und Facharbeitskreisleiter
Chiropraktik
• Mitglied im Vorstand FH e.V.
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