Aus dem Weinkeller 3/2011 Biogene Amine Erwin Eccli, Versuchszentrum Laimburg Blutdruck, die Reizleitung in der glatten Muskulatur, die Drüsensekretion und ist Biogene Amine sind niedermolekulare or- als Neurotransmitter im zentralen Nerganische Basen, die im Stoffwechsel von vensystem tätig (beeinflusst u.a. GlücksMikroorganismen, Pflanzen und Tieren gefühle). Andere biogene Amine wie z.B. durch enzymatische Decarboxylierung Putrescin, Spermin, Spermidin, Dimethylvon Aminosäuren entstehen. Sie sind häu- amin und Pyrrolidin können krebserregenfig Synthesevorstufen von Hormonen und de Nitrosamine bilden. auch Aminogruppen für die Synthese von Grenzwerte für Wein sind in der EU nicht Coenzymen, Vitaminen und Phospholipi- festgelegt. Normalerweise ist die Einnahden. Biogene Amine können zudem auch me bis zu 500 mg pro Person problemals Aroma- und Geschmacksstoffe wirken. los. Weine mit Histamingehalten zwiDas bekannteste biogene Amin ist das schen 8 - 20 mg/L können für besonders Histamin. sensible Personen gefährlich sein, wenn sie in hohen Mengen konsumiert werden. Die auftretenden Symptome sind nicht mit Allergien zu Grafik: Biosynthese von Histamin aus Histidin. ve r w e c hs e ln Die biogenen Amine kann man je nach und äußern sich durch Kopfschmerzen, Anzahl deren Bausteine in drei Gruppen Augendruck, Tränen und Nasenlaufen, einteilen: Mono-, Di- oder Polyamine, Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Eroder auch in flüchtige oder nicht flüchti- brechen, Ausschlag (Urticaria), Juckreiz, ge Amine. Nur letztere sind für Menschen Hustenreiz, Atemnot oder geschwollene generell nicht toxisch, auch wenn sie im Lippen (Angioödem). Im schlimmsten Fall Vergleich zu den flüchtigen Aminen weni- kann ein anaphylaktischer Schock eintreger erforscht sind. ten. Die stärkste Wirkung zeigen Histamin und Phenylethylamin. Definition Herkunft und Wirkung Sogar im menschlichen Körper werden biogene Amine produziert, viele werden jedoch über die Nahrung aufgenommen: endogene biogene Amine werden in verschiedenen Geweben produziert z.B.: Adrenalin im Nebennierenmark oder Histamin in Leber und Mastzellen. Die Ausschüttung erfolgt lokal oder über das Blutsystem. Exogene biogene Amine werden direkt aus der Nahrung im Darm resorbiert. Alkohol kann die Aufnahmerate erhöhen. Das körpereigene Enzym Monoaminooxidase (MAO) baut biogene Amine ab und verhindert eine übermäßige Resorption (im Darm und in der Leber). Beim Menschen hat Histamin sogar regulierende Funktionen. Es steuert u.a. den Entstehung in Lebensmitteln und im Wein Biogene Amine entstehen in der Lebensmittelverarbeitung durch Fermentation und Reifung, deshalb werden sie auch als Kriterium in der Qualitätskontrolle von Lebensmitteln herangezogen. Vergorene Lebensmittel können hohe Mengen dieser Stoffe enthalten. Durch lange Lagerung und höhere Temperaturen wird die Bildung von biogenen Aminen gefördert (v.a. Putrescin und Cadaverin). Aber auch in einigen frischen Lebensmitteln können biogene Amine vorhanden sein. Der Gehalt im Wein ist normalerweise sehr gering (10-100 Mal geringer im Vergleich zu Wurstwaren oder Käse). Im Wein entstehen sie während der al- koholischen Gärung, werden jedoch zum Teil währenddessen auch abgebaut. Viel bedeutender sind der BSA und die Weinreifung. Eine besondere Bedeutung wird dem pH-Wert zugeschrieben. Bei Werten, die höher als 3,6 sind, vermehren sich Pediokokken und Lactobacillen leichter und der Gehalt an biogenen Aminen steigt. Weine aus überreifem Lesegut mit geringem Säuregehalt und hohem pH-Wert sind demnach gefährdeter. Durch längeren Hefekontakt werden größere Mengen an Aminosäuren freigesetzt, deren Decarboxilierung führt zum Anstieg der Gehalte an biogenen Aminen. Ein spontaner BSA kann zu erhöhten Gehalten an biogenen Aminen führen (insbesondere Histamin), bei Verwendung von kommerziellen Bakterienstarterkulturen sind experimentell hingegen nur marginale Zunahmen der Amingehalte festgestellt worden. Kann man biogene Amine aus dem Wein entfernen? Nicht vollständig! Schönungsmittel haben nur zu einem geringen Teil eine reduzierende Wirkung. Die Fachpresse berichtet von kontroversen Ergebnissen. Bentonit zeigt eine relativ gute reduzierende Wirkung, wobei die Wirkung bei hohen Gehalten an biogenen Aminen und hoher Schönungsmittelaufwandmenge stärker ist. Auch mit Aktivkohle lässt sich Histamin entfernen, doch erfährt der Wein eine starke Aromabeeinflussung. Andere Behandlungsmittel wie Kaseinat, Gelatine, Hausenblase und PVPP bewirken keine selektive Verminderung biogener Amine. Wie vermeidet man deren Entstehung? Man soll nur gesunde Trauben verwenden, eine saubere, kontrollierte und möglichst rasche Vergärung ohne Fehlgärungen durchführen sowie pH-Werte unter 3,6 anstreben und die Kontaktzeit mit der Hefe nach der Gärung kurz halten. Der BSA sollte mit Starterkulturen erfolgen und Brettanomyces durch eine sachgerechte Schwefelung vermieden werden. Eine ordentliche Betriebs- und Kellerhygiene verspricht somit die besten Resultate auch im Sinne der menschlichen Gesundheit. 89