biologische stabilität und biogene amine

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GAFNER, BIOLOGISCHE STABILITÄT UND BIOGENE AMINE, S. 1
BIOLOGISCHE STABILITÄT UND BIOGENE AMINE
Dr. Jürg Gafner
Microbiology and Molecular Biology in Winemaking, Federal Research Station for Fruit-Growing, Viticulture and
Horticulture. CH-8820 Wädenswil, Switzerland
Zusammenfassung
Biogene Amine dürften im Wein nicht vorkommen und sind immer Ausdruck der Aktivität von
unerwünschten
Mikroorganismen,
gekennzeichnet
von
einer
hohen
Decarboxylierungsaktivität der Aminosäuren , wie bei den Milchsäurebakterien Pediococcus
damnosus angetroffen. Mit der Kontrolle unter dem Mikroskop während der Weinbereitung
ist es möglich, das Vorkommen von Pediococcus damnosus festzustellen und dem
Wachstum vorzubeugen. Das Hinzufügen von Starterkulturen von Oenococcus oeni kann
dem Wachstum von Pediococcus damnosus, sowie der folgenden Bildung biogener Amine,
vorbeugen oder es verspäten. Indem Bakterienstarterkulturen verwendet werden und der
Wein unter dem Mikroskop kontrolliert wird, kann der Önologe wirksam der Bildung biogener
Amine auf einfache und günstige Art und Weise vorbeugen.
Einleitung
Die Decarboxylierung der Aminosäure Histidin führt zur Bildung des Histamins, ein biogenes
Amin. Das Histamin ist unter allen biogenen Aminen das wichtigste für den Menschen.
Normalerweise wird diese Substanz ohne Probleme nach der Aufnahme mit dem Essen
abgebaut. Aber der Anteil an Personen, die mit heftigen Symptomen auf kleine Mengen an
biogenen Aminen in der Nahrung reagieren, wächst zunehmend an. Diese Art Krankheit wird
„Intoleranz gegenüber dem Histamin“ genannt. Die Personen, die diese Krankheit haben,
hängen von Diäten mit einer geringen Zufuhr an Histamin ab. Im Wein ist das Histamin ein
unerwünschter Bestandteil. Das Histamin bildet sich während der Biosynthese der Proteine
im menschlichen Organismus, aber auch beim Metabolismus der Bakterien. Die biogenen
Amine bilden sich vor allem im Laufe der Gärung und Reifung von Nahrungsmitteln wie
Käse, Gemüse, Wurst und Fisch, aber auch in alkoholischen Getränken (Tabelle 1,2). Die
gebildete Histaminmenge hängt stark von der korrekten Handhabung des
Produktionsprozesses ab. In Anbetracht der Tatsachen, dass ein hoher Gehalt an Histamin
in Nahrungsmitteln auch mit ihrer Veränderung verbunden ist, ist die Histaminkonzentration
ein Index für den Frischezustand und die Qualität der Nahrungsmittel (Tabelle 2). Andere
biogene Amine wie Putrescin, Tiramin, Kadaverin etc. werden während der Verarbeitung der
Nahrungsmittel und ihrer Konservierung gebildet. Das gleichzeitige Auftreten dieser Amine
erhöht die Toxizität des Histamins (1,5).
Störungen der Histaminintolleranz
Heutzutage kennt man die Effekte des Histamins. Bei einem Großteil der Personen, die
gegenüber dem Histamin intolerant sind, ist die Wirkung der Diaminoxidase (DAO), ein
natürlich im Menschen vorkommendes Enzym, nicht ausreichend. Dieses Enzym wandelt
die biogenen Amine wie das Histamin in Produkte um, die nicht schädlich sind. Die Reaktion
wird nach einer histaminreichen Mahlzeit ausgelöst. Die wichtigsten Symptome sind
Rötungen mit Juckreiz der Haut, Kopfweh, Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall und
Atemprobleme. Es gibt auch typische allergische Signale wie gerötete Augen und eine
laufende Nase. Die Fähigkeit, in der Nahrung vorkommendes Histamin abzubauen, wird in
allen Personen drastisch reduziert durch den Konsum von Alkohol und durch die
Nebenwirkungen einiger Medikamente. Beide hemmen die Diaminoxidase, die im Darm
vorkommt und fähig ist, das Histamin und andere biogene Amine abzubauen. Daher sollte
der gleichzeitige Konsum von alkoholischen Getränken (Bier, Wein, Bränden etc.) und
Nahrungsmitteln mit hohen Konzentrationen an biogenen Aminen vermieden werden. Der
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häufigste Grund für den Anstieg der Menge an biogenen Aminen in der Nahrung ist das
Wachstum von Bakterien, die biogene Amine wie das Histamin im Laufe der nicht gut
überwachten Produktion, Reifung und Konservierung bilden können (1,5).
Vorbeugung der Bildung von biogenen Aminen in den Nahrungsmitteln
Die Toleranzwerte des Histamins in verschiedenen Nahrungsmitteln wurden von Swiss Food
Regulations festgelegt. Was den Wein betrifft, liegt dieser Wert bei 10 mg/l. Ein als
histaminfrei betrachteter Wein muss weniger als 0.5 mg/l Histamin enthalten. Es ist bekannt,
dass es unter den Milchsäurebakterien solche Arten und Stämme gibt, die keine biogenen
Amine produzieren und andere, die im Gegensatz dazu, hohe Mengen produzieren.
Besonders im Wein produzieren dies Stämme von Pediococcus damnosus viel Histamin.
Die Nahrungsmittelindustrie sowie die önologische Industrie haben damit begonnen,
Bakterienstarterkulturen mit bestimmten Eigenschaften zu verwenden, die auch die Bildung
von biogenen Aminen betreffen. Die Einimpfung von Arten oder Stämmen von
Milchsäurebakterien, die keine biogene Amine produzieren, reduzieren deren Vorkommen in
den Nahrungsmitteln. Die biogenen Amine dürfen nicht im Wein vorkommen. Im Laufe der
Weinbereitung können sich auch nicht erwünschte Mikroorganismen entwickeln. Die
Önologen müssten das Wachstum von bestimmten belastenden Mikroorganismen
verhindern. Eine gute Einimpfung von Saccharomyces cerevisiae für die alkoholische
Gärung und eine gute Einimpfung von Oenococcus oeni für die malolaktische Gärung sind
eine Garantie für die Qualität eines Weins (1,5). Die Starterkulturen werden aufmerksam
kontrolliert, um ihr Potential, unerwünschte Metabolite zu produzieren, zu bestimmen. Über
einen langen Zeitraum durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass die korrekte
Einimpfung von Oenococcus oeni der Bildung von biogenen Aminen vorbeugt (Tabelle 3 e
4).
Mikrobiologische Sicherheit und Qualität des Weins
Im Lauf der Weinbereitung ist es sehr wichtig, die Zusammensetzung der mikrobiellen Flora
zu kennen. Es gibt erwünschte Hefen und Bakterien (Saccharomyces cerevisiae,
Oenococcus oeni) und unerwünschte (Hanseniaspora uvarum und Brettanomyces
bruxellensis, Pediococcus damnosus und Lactobacillus brevis). Unser Test wäre in der
Lage, nicht nur zwischen den oben erwähnten Arten zu differenzieren, sondern auch, ob es
sich um lebende oder tote Mikroorganismen handelt. Wir haben die genetische Sequenz
bestimmt und die Primer über PCR. Die Gesamtzahl an Zellen und die mit der quantitativen
Analyse PCR bestimmte Anzahl treten statistisch im gleichen Intervall ein. In den sterilen
filtrierten Weinen haben wir mit beiden Methoden keine Mikroorganismen festgestellt. Mit
unserer Methode können wir die verschiedenen Arten unterscheiden. In den Weinen, die
größere Mengen an biogenen Aminen enthielten, haben wir immer Pediococcus damnosus
angetroffen. Im Großteil der Fälle besteht ein Zusammenhang zwischen der Konzentration
an gebildeten Aminen und der Zellenzahl. In vielen Proben, die die Bakterien Pediococcus
damnosus enthielten, wurden auch die Hefen Brettanomyces bruxellensis vorgefunden. Wir
haben diese Kopräsenz ab den ersten Studien vorgefunden. Wir wissen aber nicht, wie
diese Mikroorganismen interagieren. In den Proben, die beide Mikroorganismen enthielten,
haben wir nicht nur hohe Mengen an biogenen Aminen festgestellt, sondern auch den BrettGeruch, der als medizinisch, animalisch, nach verschwitzten Socken, nach Stall, nach
Rauch, metallisch, nach Bandaid und gewürzt beschrieben wird. In unseren Proben haben
wir beobachtet, dass die Zellenzahl von Brettanomyces und der Grad an „Brettiness“ des
Weins korreliert waren. Weiterhin haben wir eine Korrelation zwischen der Konzentration an
4-Ethylguaiacol und 4-Ethylphenol beobachtet, die beiden Hauptsubstanzen des BrettinesCharakters sowie die Zellenzahl: je höher die Zellenzahl, desto höher die Konzentration an
gebildeten Verbindungen. In einer Kellerei haben wir den Anstieg von „Brettiness“ ab Ende
Juli 2002 bis Ende September 2002 beobachtet. Dieser sensorische Effekt ist korreliert mit
der Konzentration der beiden Verbindungen und einem Ansteigen der Zellenzahl.
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Tabelle 1: Nahrungsmittel, die negative Effekte haben können (2):
A.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
alkoholische Getränke (besonders die Rotweine)
Käse (besonders harte Käse wie Emmentaler )
Schokolade
Salamie und andere Wurst
Nüsse
Tomaten
Erdbeeren, Zitrusfrüchte und andere Histaminbefreier
saurer Kohl
Spinat
Fisch
Tabelle 2: Histamingehalt der Hauptnahrungsmittel, die Histamin enthalten
Die Werte sind ausgedrückt in mg/kg (wenn anders, wird darauf hingewiesen),
Intervall (max) (2)
Käse
Emmentaler
Bergkäse
Parmigiano
Gouda, Edammer, Stangenkäse
Tilsiter, Geheimratskäse, Butterkäse
Österreichische Käse
Camembert, Brie
Schlosskäse, Romadur
Quargel (acid cured cheese)
Cottage cheese, fresh cheese
<10-500 (2’500)
<10-1’200
<10-580
<10-200 (900)
<10-60
<10-80
<10-300 (600)
<10-100
<10-50 (390)
0
Alkoholische Getränke (µg/kg)
Rotwein
Österreichische Rotweine
Österreichische Weißweine
Spritzige Weine
Champagne
Bier
Weizenbier
Alkoholfreies Bier
bis zu 3’800
60-600 (1’100)
10-120
15-80
670
20-50
120-300
15-40
Wurst
Salamie
Andere Wurst
Westfälischer Schinken
Frisches Fleisch
<10-280
<10-100
<10-300
<1
Fisch/Fischprodukte
Frischer Fisch
Frischer veränderter Fisch
Gefrorene Lebensmittel
In Dosen (Thunfisch)
0
bis zu 13’000
0-5 (>50)
0-15 (300)
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Gemüse
Tomaten (Ketchup)
Spinat
Avocado
Aubergine
Saurer Kohl
22
30-60
23
26
10-200
Essig (µg/kg)
Rotweinessig
4’000
Tabelle 3: Gehalt an biogenen Aminen in der östlichen Schweiz 1984 (3,5)
Average values in mg/L
biogene Amine
Histamin
Tiramin
2-Phenylethylamin
Putrescin
Isoamylamin
Kadaverin
151 Rotweine / 51 Weißweine (Maximumwerte)
2.0 (20) / 1.5 (10)
2.8 (24.6) / 7.5 (43.8)
1.7 (9.4) / 1.7 (8.5)
21.4 (200) / 11.1 (>100)
8.2 (38.8) / 6.3 (17)
0.3 (1.2) / 0.1 (0.8)
Die Minimum- und Mittelwerte erhielt man unter kontrollierter Weinbereitung – die nicht
kontrollierte Weinbereitung führte zu den Maximumwerten.
Tabelle 4: Histamingehalt in den Weinen, die die malolaktische Gärung ausgeführt
haben – die Wirkung von Starterkulturen auf eine bessere Weinqualität (4,5)
Starterkultur Oenococcus oeni
Histamingehalt in mg / L
Bitec
<1
EQ 54
<1
Weinflora oenos
“spontan”
<1
<1
Die anderen, in den Weinen gefundenen biogenen Amine sind <1 mg/L.
Artikel entnommen der Präsentation des 32. Annual New York Wine Industry Workshop.
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Referenzen
1. Bodmer S. und Gafner, J. Histamin in Wein. Schweizerische Zeitschrift für Obst- und
Weinbau, 21, 546-547, 2000.
2. Jarisch R. Histamine Intolerance (HTI) – an overlooked disease. COST 917 Biogenically
active amines in food; Volume IV First general workshop; 30-35, 2000.
3. Mayer K. und Pause G. Amingehalte in Ostschweizer Weinen. Schweizerische Zeitschrift
für Obst- und Weinbau, 123, 303-309, 1987.
4. Hoffmann-Boller P., Oettli M., Egli C.M., Albisser S., Pulver D., Bill R., Henick-Kling T.
and Gafner J. Impact of molecular biology on the study of the origin of biogenic amines
in foods. COST 917 Biogenically active amines in food; Volume V; 72-75, 2001.
5. Gafner J. Biogenic amines in wine. Proceedings of the 13th International Enology
Symposium in Montpellier / France, 95-106, 2002.
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