LS12 Grundlegen elektrischer Messtechnik 2 Wechselspannungsmessungen / Oszilloskop Version vom 4. März 2016 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Wechselspannung und Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Effektivwerte von Wechselspannung und Wechselstrom . . . 1.1.4 Wechselstromwiderstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Versuchsaufbau und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Messung von Amplitude und Effektivwert . . . . . . . . . . 1.3.2 Messung der Phasenverschiebung in der RC-Serienschaltung 1.3.3 Koaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Bedienung des Funktionsgenerators . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Bedienung des Digitaloszilloskops . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Hinweise zu Protokollierung und Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 2 2 3 6 7 7 7 8 8 10 10 19 LS12 Inhaltsverzeichnis Lehr/Lernziele • Wechselstromgrößen (Effektivspannung, Amplitude, Frequenz,...) kennenlernen. • Die Auswirkungen von komplexen Widerständen (Impedanzen) in Wechselstromkreisen kennenlernen. • Grundlegende Kenntnisse zu Funktionsweise und Bedienung digitaler Oszilloskope erwerben. -1- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1.1 Grundlagen 1.1.1 Begriffe Wechselstrom, Wechselspannung, Phasenverschiebung, komplexe Widerstände, Kapazität, Induktivität, Impedanz, Schwingung, Periodendauer, Frequenz 1.1.2 Wechselspannung und Wechselstrom Bei Wechselströmen hängt der Momentanwert der Spannung bzw. der Stromstärke von der Zeit ab. Es gibt verschiedenste Formen von Wechselstrom. Die öffentliche Elektrizitätsversorgung liefert an Haushalte und Industrie Wechselstrom mit einem periodischen sinusförmigen zeitlichen Verlauf. U (t) = U0 · sin(ωt + ϕU ) I(t) = I0 · sin(ωt + ϕI ) (1) worin U0 und I0 die Amplituden(maxima) von Spannung und Strom(stärke) sind und ω als Kreisfrequenz bezeichnet wird. Diese Darstellung basiert auf der Idee, die Winkelfunktion „Sinus“ in eine Funktion der Zeit zu verwandeln, indem ihr Argument als ein in der Zeit gleichmäßig veränderlicher Winkel ϕ(t) = ωt (die Phase)1 angesetzt wird (rotierender Zeiger im Zeigermodell). ϕU , ϕI sind die Phasenkonstanten, d.h. die Werte der Phase zum Zeitpunkt t = 0. Sie sind i.A. verschieden, d.h. es besteht eine Phasendifferenz ∆ϕ zwischen Spannung und Strom. Definitionsgemäß gilt: ∆ϕ = ϕU − ϕI (2) Oft werden die Gleichungen 1 vereinfacht, indem durch geeignete Wahl des Nullpunktes der Zeit ϕU = 0 wird. Beachten Sie bitte, dass in diesem Fall ∆ϕ = −ϕI gilt. Formelzeichen Einheit U V U0 V I A I0 A ω s−1 ϕU , ϕI 1 (rad) ∆ϕ 1 (rad) 1 Bezeichnung Spannung Amplitude der Spannung od. Scheitelspannung Stromstärke Amplitude des Stromes od. Scheitelstrom Kreisfrequenz Phasenkonstanten Phasendifferenz zwischen U und I ω ist die „Winkelgeschwindigkeit“ des fiktiv rotierenden Zeigers im Zeigermodell; deswegen werden Kreisfrequenz und Winkelgeschwindigkeit oft fälschlicherweise synonym verwendet, obwohl sie das streng genommen nicht sind. Eine Winkelgeschwindigkeit ist zudem eine vektorielle Größe, die Kreisfrequenz nicht. -2- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Als Wechselspannungsquellen dienen z.B. Generatoren diverser Elektrizitätswerke, Windkraftanlagen aber auch Solarpaneele (mit nachgeschaltetem Wechselrichter2 ). Solche Wechselströme sind in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: • Die Höhe von Wechselspannungen kann ohne Schwierigkeiten und ohne große Verluste mit Transformatoren in weiten Bereichen verändert und so den technischen Anforderungen leicht angepasst werden. Diese leichte Transformierbarkeit ist auch der Grund dafür, dass der Transport elektrischer Energie mittels Wechselspannungen (Hochspannungstransport) viel einfacher und verlustärmer durchzuführen als mit Gleichspannungen. Außerdem ist die Erzeugung von Wechselspannung (mittels Drehstromgeneratoren) technisch einfacher und effizienter zu realisieren. • Jede beliebige andere, zeitlich veränderliche Spannung kann in eine Fourierreihe von einfachen sinus- und cosinusförmigen Spannungen zerlegt werden. Die Frequenz des Haushaltsstromnetzes beträgt 50 Hz, also f = 50 s−1 , das entspricht einer Kreisfrequenz von ω = 2 · π · f = 314 s−1 und einer Periodendauer T = 20 ms. 1.1.3 Effektivwerte von Wechselspannung und Wechselstrom Eine Wechselspannung U (t) = U0 · sin ωt, die an einem ohmschen Widerstand anliegt, erzeugt einen Wechselstrom I(t) = I0 · sin ωt mit I0 = UR0 (siehe Abb. 1) Abbildung 1: Wechselstrom und Wechselspannung an einem ohmschen Widerstand Damit ist die elektrische Leistung P (t) = U (t) · I(t) = U0 · I0 · sin2 ωt ebenfalls eine zeitlich periodische Funktion (siehe Abb. 2). 2 Solarzellen sind Gleichstromquellen, sie müssen erst technisch zu Wechselstromquellen „gemacht“ werden -3- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Abbildung 2: Wechselstrom, Wechselspannung und Leistung an einem ohmschen Widerstand Die vom ohmschen Widerstand während einer Periode verbrauchte Energie (umgesetzte Wärme) ist dabei: Z T U0 · I0 · sin2 ωt dt (3) WT = 0 Für das zeitliche Mittel der elektrischen Leistung (Arbeit pro Zeiteinheit) erhält man damit: Z 1 1 T U0 · I0 · sin2 ωt dt = · I0 · U0 (4) P = T 0 2 Unter dem Effektivwert Ueff einer Wechselspannung bzw. Ieff eines Wechselstroms versteht man den Wert einer Gleichspannung bzw. eines Gleichstroms, der an einem ohmschen Widerstand R die gleiche Leistung erbringt wie die betrachtete Wechselspannung U (t): 2 1 U02 Ueff 1 · U0 · I0 = = 2 2 R R bzw. 1 1 2 · U0 · I0 = I02 · R = Ieff ·R 2 2 U0 Ueff = √ 2 ⇒ ⇒ I0 Ieff = √ 2 (5) (6) In Abbildung 3 wird der Zusammenhang noch einmal veranschaulicht. Das Rechteck Ueff , Ieff , T RT hat die gleiche Fläche wie 0 U0 · I0 · sin2 ωt dt. -4- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Abbildung 3: Zusammenhang der Effektivwerte mit der Leistung von Wechselstrom Die obige Herleitung gilt nur für Sinusspannungen. Eine allgemeinere Definition der Effektivwerte, die für periodische Wechselspannungen beliebiger Form gilt, selbst wenn sie noch von einem Gleichspannungsanteil UDC überlagert sind, lautet: v v u u ZnT u ZT u 1 u1 u Ueff = t (U (t) + UDC )2 dt = t (U (t) + UDC )2 dt (n = 1, 2, 3, ....). T nT 0 0 Es werden also die momentanen Spannungswerte quadriert, diese Quadrate über die Periodendauer (bzw. einem ganzzahligen Vielfachen davon) gemittelt und hinterher die Wurzel aus diesem Mittelwert der Quadrate gezogen. Diese Operation heißt im Englischen root mean square (RMS) und ein Messgerät, das nach diesem Prinzip arbeitet heißt folglich RMS-Meter. Weil aber ein solches Messgerät im allgemeinen keine Information über die Periodendauer hat, wird in der Regel eine fest eingestellte Zeit TI für die Mittelwertbildung verwendet. Der so erhaltene Wert wird dann als True-RMS-Wert URMS bezeichnet. Im Spezialfall sinusförmiger Wechselspannungen (ohne Gleichspannungsanteil) erhält man aus dieser Formel wieder den oben hergeleiteten Effektivwert. Messgeräte für Wechselspannung und Wechselstrom zeigen stets die Effektivwerte an und auch in den technischen Daten elektrischer Geräte werden sie stets angegeben. Bei unserem 3 einphasigen Wechselstromnetz liegt zwischen den Polen der Steckdose eine Effektivspan√ nung Ueff = 230 V , das entspricht einer Scheitelspannung U0 = 2 · 230 V ≈ 325 V . Wie lässt sich somit die zeitliche Funktion dieser Wechselspannung angeben? 3 Die Pole der 230 V - Steckdose sind Phase und Nullleiter. Bei Starkstromsteckdosen erlangt man eine Effektivspannung von 400 V indem man beide Pole mit einer Phase belegt. Jeder Haushalt verfügt über einen Anschluss mit 3 unterschiedlichen Phasen. Das sind sinusförmige Spannungssignale mit 325 V Scheitelspannung, die um je 120◦ phasenverschoben sind. Sie werden im Kraftwerk mit Drehstromgeneratoren gewonnen. -5- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1.1.4 Wechselstromwiderstände Bei Wechselstrom kann ein Verbraucher zusätzlich zum ohmschen Widerstand noch einen kapazitiven oder induktiven Widerstand besitzen. Ein kapazitiver Widerstand entsteht z.B. durch das elektrische Feld zwischen den Platten eines Kondensators, ein induktiver durch das magnetische Feld einer Spule. Für kapazitive und induktive Widerstände gilt: • Es hängen die Widerstände von der Frequenz des Wechselstroms ab. • Es kommt an induktiven und kapazitiven Widerständen zu einer Phasenverschiebung ∆ϕ zwischen Strom und Spannung, d.h. die Funktionen von Strom und Spannung durchlaufen nicht gleichzeitig ihre Maxima und Minima (vgl. Abb. 4). Am ohmschen Widerstand entsteht keine Phasenverschiebung; am Kondensator eilt der Strom um 90◦ bzw. π/2 voraus, an der Spule hinkt er um 90◦ bzw. π/2 hinterher. Also ist auch die Beziehung U/I nicht zeitunabhängig, was eine unmittelbare Darstellung dieses Zusammenhanges mit Hilfe eines zeitunabhängigen Faktors analog des ohmschen Gesetzes im Allgemeinen unmöglich macht. Abb. 4 zeigt schematisch die Verläufe von Strom und Spannung an den drei Typen von Wechselstromwiderständen. Abbildung 4: Verlauf von Strom und Spannung als Funktion der Phase a)am Ohm’schen Widerstand, b)am Kondensator und c)an der Spule. Nur (ideale) ohmsche Widerstände verhalten sich im Wechselstromkreis genauso wie im Gleichstromkreis. Die Berechnung von Wechselstromschaltungen ist deswegen schwieriger als die von Gleichstromschaltungen. Eine Vereinfachung wird erzielt, wenn man sämtliche Wechselstromgrößen mittels komplexer Zahlen darstellt. Das wird durch die Euler’sche Relation eiωt = cos ωt + i sin ωt möglich. Größen wie Spannung, Strom, Widerstand werden durch komplexe Zahlen beschrieben: Û = U0 eiωt+ϕU , Iˆ = I0 eiωt+ϕI und Z (7) wobei Z ein zeitunabhängiger Faktor ist: Z= U0 i∆ϕ e = Re(Z) + i Im(Z) I0 -6- (8) LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Der Vorteil dieser Methode: die bekannten Gesetze und Regeln für Gleichstromschaltungen (Ohm’sches Gesetz, Kirchhoff’sche Regeln) gelten vollkommen analog für diese komplexen Größen. 1.2 Aufgabenstellung 1. Messen Sie Amplitude und Effektivwert einer Wechselspannung an einem ohmschen Widerstand in Abhängigkeit der Frequenz. 2. Messen Sie die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom in einer RCSerienschaltung. 1.3 Versuchsaufbau und Durchführung 1.3.1 Messung von Amplitude und Effektivwert Abbildung 5: Aufbau der Wechselspannungs-Messschaltung Abb. 5 zeigt den Aufbau der Messschaltung für die erste Aufgabe. Am bekannten Widerstand R legen Sie sinusförmige Wechselspannung mit einer Frequenz von 50Hz vom Funktionsgenerator an und messen (parallel) dazu die Spannung mit einem Multimeter (z.B. Fluke 175) und mit dem Oszilloskop. Mit welchen Hilfsmitteln die Schaltung aufgebaut wird und wie die Geräte bedient werden, erfahren Sie weiter unten im Text. Wählen Sie eine Amplitude von U0 = 4.5 V (Messung mit dem Oszilloskop). Nun können Sie am Oszilloskop die Amplitude U0 und am Voltmeter die Effektivspannung Ueff ablesen, daraus ihr Verhältnis U0 /Uef f bilden und mit dem theoretischen Wert vergleichen. Erhöhen Sie die Frequenz der Wechselspannung danach schrittweise bis ca. 5000 Hz und finden Sie jene Frequenzen, bei denen das Verhältnis um 1 % bzw. um 5 % vom Anfangswert abweicht. -7- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1.3.2 Messung der Phasenverschiebung in der RC-Serienschaltung Abbildung 6: Aufbau der RC-Serienschaltung Abb. 6 zeigt den Aufbau der Messschaltung für die zweite Aufgabe. In einer Serienschaltung aus ohmscher und komplexer Impedanz (hier: kapazitiver Widerstand) kommt es zu einer Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom. Diese gilt es über die Beziehung ∆t = ∆ϕ bzw. ∆ϕ = ω · ∆t zu bestimmen (achten Sie bei der Bestimmung des Vorzeichens T 2π auf die Definition in Gleichung 2). Dazu müssen Sie zuerst die Schwingungsdauer T der Spannung und dann den Zeitunterschied ∆t zwischen 2 Punkten gleicher Phase (z.B. Nulldurchgänge) bestimmen. Dazu verwendet man am besten die „Cursor“-Funktion des Oszilloskopes. Eine genauere Erklärung hierzu finden Sie weiter unten im Text. Messen Sie bei der gleichen Amplitude wie im ersten Experiment, aber bei einer Frequenz zwischen 150 und 300 Hz. Das Ergebnis ihrer gemessenen Phasenverschiebung können Sie über folgende theoretische Beziehung überprüfen: Für R in Serie mit C gilt: tan ∆ϕ = − 1 ω·C ·R (9) Wenn die Kapazität C am Bauteil selbst nicht angeschrieben ist, messen Sie diese mit dem Multimeter. Lassen Sie jede Schaltung vor Inbetriebnahme durch einen Betreuer kontrollieren. 1.3.3 Koaxialkabel Der Anschluss der zu messenden Spannung an das Oszilloskop erfolgt über Koaxial-Kabel. Das sind abgeschirmte Kabel mit sogenanntem BNC-Stecker. Die Signalspannung liegt dabei zwischen dem Innenleiter und der Abschirmung, die selbst über das Gerät an Masse liegt, wie in Abb. 7 dargestellt. Auf dem Steckbrett, auf dem Sie die zu messenden Bauteile -8- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik montieren werden, befinden sich konventionelle Steckbuchsen (4 mm), oft „Bananenstecker bzw. -buchsen“ genannt. Sie benötigen daher Übergangselemente, wie z.B. die in Abb. 8 gezeigten. Beachten Sie dabei, dass die roten Stecker an den Kabeln mit dem Innenleiter der BNC-Buchse verbunden sind, die schwarzen mit dem Außenleiter. Die Außenleiter sind in der Regel über die geräteseitige Erdung der Steckdosen verbunden und somit auf dem gleichem (Grund-)Potential. Man sagt auch sie sind „auf Masse“ oder „auf Erde“ geschaltet. Bei den beiden Adaptern kennzeichnet eine „Nase“ auf dem Gehäuse den Außenleiter. Abbildung 7: Koaxialkabel und BNC-Stecker Abbildung 8: Adapter und Übergangskabel zwischen BNC und „Bananen“-Anschlüssen. Die roten Pfeile zeigen auf die Nase, die den Außenleiter kennzeichnet. -9- LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 1.3.4 Bedienung des Funktionsgenerators Abbildung 9: Funktionsgenerator der Firma HAMEG. Die Bedienungselemente mit den Nummern werden im Text beschrieben. Die für Sie wichtigen Bedienungselemente sind in Abbildung 9 mit einer Nummer versehen - außer dem Einschaltknopf (der rote Knopf in der Mitte). Mit dem Drehschalter 1 kann die Amplitude der Wechselspannung geändert werden. Sie wird auf dem Gerät nicht angezeigt, sondern muss durch Messung bestimmt werden (wie in Abbildung 9 gezeigt). Die Buchse 2 gibt die eingestellte Wechselspannung an die Schaltung ab. Zum Anschluss muss ein Koaxialkabel mit einem BNC-Stecker verwendet werden, das am anderen Ende zwei 4-mm-Stecker besitzt. Mehr über solche Kabel erfahren Sie im zweiten Teil dieses Beispieles (Messungen mit dem Oszilloskop). Die Schalter 3 und 4 dienen zur Einstellung der Frequenz der Wechselspannung. 4 ist eine Grobverstellung, 3 eine Feinverstellung. Mit dem Schalter 5 wird die Form der Wechselspannung eingestellt. Es stehen Sinusspannung, Dreiecksspannung, Rechtecksspannung und Impulsspannung zur Verfügung. Für die Messungen wählen Sie die Sinusspannung, durch mehrmaliges Drücken des Schalters (bis der Sinus aufleuchtet). Die anderen Schalter des Gerätes werden Sie nicht benötigen. Achten Sie darauf, dass keiner dieser Schalter gedrückt ist! 1.3.5 Bedienung des Digitaloszilloskops Allgemeines zu Digitaloszilloskopen Mit Oszilloskop können Spannungen (Potentialdifferenzen) nicht nur dargestellt, sondern auch vermessen werden. Das setzt allerdings voraus, dass alle zu messenden Spannungen ausgehend vom gleichen Grundpotential weg gemessen werden. Um (auch schon bei der Spannungsquelle) ein einheitliches Grundpotential sicherzustellen, bedient man sich der Erdung von Netzstromkreisen (alle Schutzkontaktsteckdosen müssen über eine Erdung verfügen) und benutzt das Potential der Erde (= Nullpotential) als Ausgangspunkt aller angelegten wie abgegriffenen Spannungen. Das Steck- und Kabelsystem (siehe noch - 10 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik folgende Ausführung zu Koaxialkabeln) für die Messung mit dem Oszilloskop verbindet den Außenleiter der Kabel automatisch mit der Erdung des Stromnetzes. Sie müssen beim Aufbau der Schaltung nur darauf achten, dass alle Außenleiter potentialdifferenzfreie Verbindung zueinander haben (das bedeutet, es darf sich kein Bauteil zwischen ihnen befinden, an dem Spannung abfällt). Das Zeichen in Schaltungen für das Grundpotential ist oft: ⊥ oder eben das Zeichen für Erdung (siehe z.B. Abb. 6 rechts unten). Digitale Oszilloskope („Oszi“ oder „DSO“) tasten das eingehende Signal mit einer hochfrequenten digitalen Spannungsmessmethode ab und bilden die Messwerte als Kurve auf einem Bildschirm ab. Bei ihnen hängt die Messgenauigkeit von der Abtastrate ab, welche auch den Messbereich nach oben hin begrenzt. Moderne digitale Oszilloskope haben sehr hohe Abtastraten im Bereich von einigen Giga-Samples pro Sekunde (Gs/s), d.h. das Signal wird einige 109 mal pro Sekunde abgetastet. Der Trigger löst hier nicht - wie beim analogen Oszi das Weglaufen eines Elektronenstrahles aus, sondern startet die Datenaufnahme. Die Schalter VOLT/DIV und SEC/DIV sind hier als Skalierung der grafischen Darstellungen zu betrachten. Aus Sicht des Benutzers ist der Umgang mit einem digitalen Oszi nicht wesentlich verschieden von dem mit einem analogen Gerät: man triggert das Signal und wählt die Bereiche VOLT/DIV bzw. SEC/DIV so, dass man ein möglichst stabiles und charakteristisches Bild der Wechselspannung erhält, an dem man Messungen durchführen kann. Zusätzlich zu den Grundfunktionen stellt jedoch ein digitales Gerät eine große Auswahl verschiedenster Bearbeitungs- und Analysemethoden zur Verfügung. Damit kann man z.B. • das Signal glätten (Mittelwertbildung); • Größen wie Anstiegszeit, Frequenz, Periodendauer, Spitze-Spitze-Spannung direkt ausrechnen lassen; • Mathematische Operationen ausführen lassen (z.B. Differenzspannung zwischen den zwei Eingangskanälen des Gerätes); • sogenannte „single-shot“ Messungen durchführen - das sind Messungen, bei der die Datenaufnahme nur ein einziges Mal (also nicht wiederholt) erfolgt, wodurch nicht nur periodische Signale, sondern auch Einzelereignisse dargestellt werden können; • Frequenzspektren/Fast-Fourier-Transformation (FFT), Histogramme und Statistiken ausrechnen lassen. Diese Vielfalt an Funktionen wird durch eine kompliziertere Bedienung erkauft. Die Funktionen werden durch ein Menü-System ausgewählt und hier hat jedes Gerät seine Eigenarten und auch Bezeichungsweisen. In dieser kurzen Anleitung wird der Umgang mit einem einfachen Digital-Oszi der Firma Tektronix erklärt. Die meisten kleinen Oszilloskope (auch anderer Firmen) funktionieren im Prinzip gleich, sodass das Lesen dieser „Ersten Schritte“ in den meisten Fällen ein guter Start für das Messen mit solchen Oszilloskopen sein könnte. Die Bezeichnung der Tasten und Menüpunkte wird in der Regel englisch und deutsch bezeichnet sein; beides kommt bei den verschiedenen Oszilloskopen im Praktikum vor. - 11 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Das Tektronix TDS 1002B Das Tektronix TDS 1002B ist ein digitales Speicheroszilloskop (DSO) mit 2 Eingangskanälen und einer Bandbreite von 60 MHz4 . Die Vorderseite des Geräts ist in Abb. 10 dargestellt. Die Ziffern in Abb. 10 weisen auf Bedienungselemente und die Buchstaben auf Elemente der Anzeige hin, die im Folgenden besprochen werden. Dabei werden die entsprechenden Buchstaben oder Ziffern in Klammern gesetzt, also z.B. (a). Um diese Erklärungen nicht ausufern zu lassen, werden sie weitgehend in der Art eines „Kochrezeptes“ formuliert sein. Lassen Sie in eigenem Interesse alle anderen Bedienungselemente unberührt, denn es ist möglich, durch wahllose Tastendrücke das Oszilloskop in einen schwer durchschaubaren Zustand zu versetzen, den auch erfahrene Betreuer nur durch Ein- und Ausschalten des Gerätes wieder rückgängig machen können! Der Netzschalter zum Einschalten des Geräts befindet sich auf der Oberseite des Geräts. Das Gerät wird über eine Menüführung bedient. Bei Druck auf eine der Tasten im rechten Teil der Gerätefront (Ziffern 2, 5, 9 und 10) erscheinen mehrere Optionen des Menus auf dem rechten Bildschirmrand (e). Die unmittelbar daneben angeordnete Tastenreihe (1) dient zur Auswahl einer Menufunktion. Wiederholtes Drücken einer dieser Tasten schaltet zwischen den verschiedenen Optionen hin- und her. Abbildung 10: Frontansicht des verwendeten Oszilloskops Tektronix TDS 1002B. Man kann ein DSO auch so verwenden wie ein analoges Gerät, nämlich indem man das 4 Die Bandbreite eines DSO ist ein Maß für größte Frequenz eines Signals, das noch dargestellt werden kann. - 12 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Raster auf dem Bildschirm zum Messen benutzt. Zur Messung der Amplitude einer sinusförmigen Wechselspannung gehen Sie folgendermaßen vor: lesen Sie vom Oszilloskopenschirm die „Anzahl der Kästchen“ auf der vertikalen Achse ab und multiplizieren Sie diese Anzahl mit dem Wert von VOLT/DIV. Das Achsenkreuz in der Mitte besitzt eine Feinunterteilung in 0.2-Schritten. Sie können die Kurve mit dem Drehknopf (8) in Abb. 10 so verschieben, dass einmal das Maximum und einmal das Minimum der Kurve auf diesem mittleren Achsenkreuz liegt. Die Differenz ist gleich der Spitze-Spitze-Spannung. In Abb. 10 ist die Skalierung 2 VOLT/DIV (der Wert nahe dem Buchstaben d) und für den Abstand von Maximum zu Minium ergäben sich rund 4.8 „Kästchen“. Somit ist in diesem Fall die Spitze-Spitze-Spannung 9.6 V. Für eine sinusförmige Wechselspannung gilt USS = 2 · U0 , daher U0 = 4.8 V für die Amplitude U0 . Analog können Sie auch die Zeitachse zum Messen der Periodendauer der Wechselspannung benutzen: die „Kästchen“ zwischen zwei gleichsinnigen Nulldurchgängen einer Kurve abzählen und mit dem Maßstabsfaktor SEC/DIV multiplizieren. Am Beispiel der Abb. 10: Abstand der Nulldurchgänge 5.2 „Kästchen“, Skalierungsfaktor ist 500 µs pro „Kästchen“ (angezeigt durch das M 500 µs am unteren Bildschirmrand), daher ist die Periodendauer 2.6 ms. Üblicherweise wird aber mit einem DSO gemessen, indem man die vielen eingebauten Funktionen benutzt, von denen im Folgenden nur die grundlegenden beschrieben werden. Eingangskanäle Beide Eingangskanäle werden auf die gleiche Weise konfiguriert, es genügt also, die Einstellungen für Kanal 1 (CH1) zu erläutern. Drücken Sie zunächst Taste (2). Das Menü zeigt Ihnen jetzt die verschiedene Optionen für den Eingangskanal an. Wichtig sind die Einstellungen für die Kopplung (COUPLING) und PROBE. COUPLING sollte auf AC stehen (wenn reine Wechselspannungen gemessen werden sollen, sonst auf DC) und PROBE auf „1x“ (diese Option ermöglicht die Verwendung von sog. Tastköpfen, die einen Verstärkungsfaktor haben, z.B. 10x oder 100x.). Der eingestellte Messbereich wird bei (d) angezeigt und kann mit dem Drehschalter (3) verändert werden. Die Angabe erfolgt in „VOLT/DIV“, also Volt pro Skalenteil der Skala (ungefähr 1 cm) im Anzeigefenster. In Abb. 10 ist gerade 2.00 V eingestellt, d.h. ein Skalenteil („Kästchen“) im Anzeigefenster einspricht 2 V. Zur Verschiebung der Kurve in vertikaler Richtung dient der Drehknopf POSITION (4). Wo sich ihr Spannungsnullpunkt (Erdpotential) auf dem Bildschirm befindet, gibt Ihnen das Symbol (b) am linken Bildschirmrand an. - 13 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Trigger Ein Trigger ist ein Taktgeber für das Oszilloskop, der dafür sorgt, dass periodische Signale bei vielfach aufeinander folgenden Messungen immer vom gleichen Phasenpunkt weg gemessen und dargestellt werden. (z.B. immer bei jedem 20. Nulldurchgang, bei dem die Sinuskurve ansteigend verläuft). Das sorgt dafür, dass das Signal am Bildschirm zeitlich stabil auf der selben Stelle angezeigt wird. Das Menü für die Triggerfunktionen rufen Sie mit Taste TRIG MENU (5) auf. Legen Sie den Trigger jedenfalls (unabhängig welches Signal Sie verwenden) auf Flanke (EDGE) fest. Ob steigende oder fallende Flanke (SLOPE) verwendet wird, ist in Ihrem Fall nicht so wichtig. Wichtig hingegen ist die Einstellung der Quelle (SOURCE). Zur Wahl stehen: EXT - wenn Sie mit dem externen Triggersignal des Funktionsgenerators arbeiten - oder CH1, wenn Sie das Signal an Kanal 1 zur Triggerung nehmen. Letzteres sollten Sie als erstes versuchen. MODE stellen Sie auf NORMAL ein. Für die Kopplung des Triggersignals (COUPLING) wählen Sie bevorzugt DC. Bei kleinen Signalen könnte man die Kopplung NOISE REJECT (Rauschsperre) versuchen. Solange Sie sich im Triggermenu befinden, wird die aktuelle Einstellung des Triggerpegels (also der Spannungswert, der den Trigger auslöst) rechts unten angezeigt und ein Pfeilsymbol am rechten Rand des Diagramms zeigt das aktuelle Spannungsniveau an. In Abb. 10 ist dies der Wert 2.08 V. Verändern können Sie den Triggerpegel mittels Drehknopfes (6). Auf dem oberen Bildschirmrand weist die Anzeige „T Trig’d“ (a) darauf hin, dass das Oszilloskop ein Triggerereignis gefunden hat. Stünde hier die Angabe R „Ready“, dann bedeutet das „bereit für ein Triggerereignis“ - bisher wurde allerdings keines erkannt. Zeitbasis festlegen Die Skalierung der Zeitachse (x-Achse) bestimmen Sie mit dem Drehknopf SEC/DIV, den Zeitnullpunkt mit dem Drehknopf POSITION. Den Zeitnullpunkt markiert das Symbol (c) am oberen Bildschirmrand. In der unteren Informationszeile (d) sehen Sie die Angabe des Zeitbereichs und beginnt mit M (z.B. M250µs in Abb. 10, also 1 Skalenteil auf der horizontalen Zeitachse entspricht 250 µs). Das Menü ERFASSUNG (AQUIRE) Die digitalisierten Spannungswerte werden als Zahlenfolge in einem Speicherblock abgelegt und von dort zur Anzeige auf den Bildschirm gebracht. Diese Datensätze können danach noch numerisch verarbeitet werden. Diese Verarbeitungs-Funktionen werden über das Menü ERFASSUNG (AQUIRE) (9) eingestellt. Die einfachste Form der Datenerfassung ist - 14 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik SAMPLE (Abtastung), bei der die aktuellen Werte direkt in den Speicher übertragen werden und dabei die alten Werte überschreiben. In dieser Betriebsart funktioniert das digitale wie ein analoges Oszilloskop. Änderungen in der Kurvenform (durch Änderungen am Stromkreis oder Funktionsgenerator) werden fast unmittelbar erfasst und angezeigt. Diese Betriebsart eignet sich daher am besten, um das Oszilloskop für die eigentliche Messung vorzubereiten. Die anderen Betriebsarten PEAK DETECT (Spitzenwerterfassung) und AVERAGING (Mittelwert) führen Manipulationen zwischen gespeicherten und aktuell eingelesenen Daten durch. Bei PEAK DETECT werden Ausreißer detektiert; wenn es keine solchen gibt, ist diese Funktion unnötig. AVERAGING könnte interessant sein, wenn die Kurve stark verrauscht ist, z.B. beim Messen extrem kleiner Wechselspannungen. Bei AVERAGING enthält der Datenspeicher einen Mittelwert über die vorausgegangenen Datensätze. Die Anzahl der für den Mittelwert verwendeten Datensätze wird durch die Menueoption AVERAGES (Mittelwerte) zwischen 4 und 128 festgelegt. Bedenken Sie dazu folgendes: Diese Operationen benötigen Zeit und folglich werden Kurvenänderungen erst mit zeitlicher Verzögerung angezeigt. Daher eignen sich diese beiden Betriebsarten nicht für das Einstellen des Oszilloskops, da Änderungen erst spät am Bildschirm erkannt werden. Das Menü MESSUNG (MEASURE) Alle weiter gehenden Auswertefunktionen werden mit der Taste MESSUNG (10) aufgerufen. Diese Funktionen verwenden den Speicherinhalt in der aktuellen Betriebsart, um die numerischen Rechen- bzw. Auswerte-Operationen durchzuführen. Es können z.B. der zeitliche Mittelwert der Spannung, der Spitze-Spitze-Wert (PK-PK) und die Periodendauer (Period) ausgerechnet werden. Abb. 11 zeigt ein Beispiel, in dem die für Sie wichtigsten Größen ausgerechnet werden. - 15 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Abbildung 11: Einige Optionen des Menüs MESSUNG. Auf einen Druck der Taste MESSUNG (10) erscheint dieses Menü. Sie haben 5 Plätze für berechnete Werte zur Verfügung (beim TDS 1002B; bei anderen Modellen eventuell verschieden). Die Optionen werden durch wiederholtes Drücken der Tasten im Tastenfeld (1) ausgewählt. In Abb. 11 wurden der Spitze-Spitze-Wert USS , die Frequenz und die Periodendauer gewählt, jeweils für den Kanal 1 (CH1). Hier wurde eine sinusförmige Wechselspannung von USS = 9.60 V mit einer Frequenz von ca. 390 Hz und einer Periodendauer von ca. 2.6 ms gemessen. Die Amplitude (auch: Scheitelspannung) dieser Wechselspannung war also 4.8 V. Wichtiger Hinweis: damit diese Messfunktionen zuverlässige Ergebnisse erbringen, müssen mehrer Perioden (mindestens zwei!) vollständig auf dem Bildschirm dargestellt werden! Die Abb. 11 erfüllt diese Bedingung nicht ganz. Eine weitere nützliche Einrichtung des Digital-Oszilloskopes sind die CURSOR, mit denen (auch!) Messungen an zwei Spannungen durchgeführt werden können, welche auf CH1 und CH2 gleichzeitig angezeigt werden. Dazu mehr im nächsten Abschnitt. Das Menü CURSOR Die CURSORs eines DSO sind eine nützliche Einrichtung, mit der man Spannungs- und Zeitdifferenzen zwischen beliebigen Punkten einer angezeigten Spannungskurve messen kann. Mit einem „Trick“ ist es auch möglich, Zeitunterschiede (und damit Phasenverschiebungen) zwischen den beiden Kurven auf Kanal 1 und Kanal 2 zu messen. - 16 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Eine Anwendung5 dieser Vorgangsweise ist das Messen der Phasenverschiebung ∆ϕ zwischen Strom und der Spannung mit dem Oszilloskop. Dazu benötigt man eine Spannung, die phasengleich mit dem Strom ist, denn das Oszilloskop kann nur Spannungen messen. Man legt dazu die Spannung an einem Ohm’schen Widerstand, welche in Phase mit dem durchfließenden Strom ist, an Kanal 2 und die Gesamt-Spannung an Kanal 1. Dann bestimmt man zunächst ∆t (den Zeitunterschied zwischen den beiden Kurven) und berechnet hieraus ∆ϕ. Die CURSOR-Funktion wird mit der Taste CURSOR unmittelbar unter MESSUNG (MEASURE) aufgerufen. Es erscheint das in Abb. 12 gezeigte Menü. Im obersten Feld des Menüs legen Sie mit TYPE fest, ob Sie Spannungs- (VOLTAGE) oder Zeitdifferenzen (TIME) bestimmen wollen, sowie den Eingangskanal. Mit den CURSORs können Sie jetzt die Kurve auf diesem Kanal Punkt für Punkt abfahren. Für Spannungsmessungen werden 2 horizontale Striche an den beiden Cursorpositionen am Bildschirm angezeigt, für Zeitmessungen zwei senkrechte (Cursor 1 und Cursor 2 in Abb. 12). Für die Messung der Phasenverschiebung brauchen Sie die Einstellung TIME, wie in der Abbildung gezeigt. Mit Hilfe des Drehknopfes (11) in Abb.10 werden die Cursoren bewegt. Dazu wählen Sie zuerst den Cursor aus, den Sie bewegen wollen: Drücken Sie eine der Menü-Auswahltasten neben den unteren beiden Feldern des Menüs. Diesen Cursor können Sie dann bewegen. Bei anderen Tektronix-Modellen können Sie die CURSOR ohne Umschalten mittels der beiden Drehknöpfe POSITION unterhalb von VERTICAL bewegen. Abbildung 12: Das Menü der Taste CURSOR. Abb. 12 zeigt, wie Sie am besten vorgehen: Wählen Sie zunächst den Maßstab der Zeitskala 5 Andere mögliche Anwendungen der CURSOR sind das Messen der Phasenverschiebung zwischen der Erregerspannung und der Spannung in einem elektrischen Schwingkreis oder zwischen Ausgangs- und Eingangsspannung eines elektronischen Filters. - 17 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik so, dass Sie den Zeitunterschied deutlich sehen können. Achten Sie undbedingt darauf, dass die Spannungs-Nullpunkte beider Kanäle (b) mit dem Nullpunkt der Spannungsskala übereinstimmen! Setzen Sie jetzt den Cursor 1 auf den Nulldurchgang der ersten Kurve. Dann wählen Sie Cursor 2 und setzen ihn auf den (gleichsinnigen!) Nulldurchgang der anderen Kurve. In einem der Felder des Menüs zeigt Ihnen das Oszilloskop sofort die Zeitdifferenz ∆t an (die anderen Werte sind in diesem Zusammenhang unwichtig). Jetzt müssen Sie nur noch die Zeitdifferenz einen Winkel umrechnen, der ihr entspricht. TIPP: Überlegen Sie - eine Periodendauer entspricht einem Winkel von 2π (bzw. 360◦ ). Daher muss sich ∆t zu ∆ϕ so verhalten wie die Periodendauer T zu 2π (bzw. 360◦ ). Das Vorzeichen von ∆ϕ ist ein eigenes Thema. Bei Strom- und Spannung wird die Phasenverschiebung als „Phase der Spannung minus Phase des Stromes“ definiert (nicht umgekehrt!). Wenn also die Spannung am Ohm’schen Widerstand vorauseilt, dann eilt der Strom voraus, d.h. seine Phase ist größer als die der Spannung. Somit ist die Phasenverschiebung als negativ zu interpretieren. Als Beispiel sei hier die Auswertung für die Kurven in Abb. 12 gezeigt. Die kurzen waagrechten Strich im Display zeigen an, auf welche Kurve die CURSORs bezogen sind: es ist die Kurve auf Kanal 1. Als Zeitdifferenz wird ∆t = 1.04 ms angezeigt. Die Periodendauer T war in diesem Fall (ca.) 8 ms. Daraus folgt für die Phasendifferenz: ∆ϕ = 1.04 1.04 · 360◦ = 46.8◦ bzw. ∆ϕ = · 2π = 0.26 · π = 0.82 rad 8 8 Die Kurve auf Kanal 2 läuft der Kurve auf Kanal 1 in der Zeit voraus, somit ist die Phasenverschiebung in diesem Fall positiv, wenn es nur um die Phasenverschiebung zwischen diesen Spannungen geht. Wenn die Spannung auf CH2 die Phase des Stromes anzeigt und CH1 die Phase der Spannung, dann ist Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung negativ. Ein Beispiel für den Einsatz der CURSORs zur Messung von Spannungsdifferenzen ist die Bestimmung der Amplituden einer gedämpften Schwingung eines Schwingkreises. Im CURSOR-Menü (erster Eintrag) wählt man für TYPE die Option VOLTAGE. Darauf erscheinen zwei horizontale Linien im Display. Eine dieser beiden setzt man auf die Nulllinie der Spannungsskala, die andere auf das erste Maximum der Kurve. Die angezeigte Spannungsdifferenz ∆V zwischen den beiden CURSORs ist dann gleich der gesuchten Amplitudenspannung. Mit dem zweiten CURSOR fährt man dann zu jedem der nachfolgenden Maxima. Analoges macht man mit den Zeit-CURSORS und bekommt somit recht schnell die Amplitudenfunktion der Schwingung, also die Amplitude als Funktion der Zeit. - 18 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik Ein (vertontes) Video zur Bedienung des verwendeten digitalen Speicheroszilloskops finden Sie auf der eLearning-Seite des Anfängerpraktikums zu diesem Kurstag. 1.4 Hinweise zu Protokollierung und Fehlerrechnung Die Fehlerrechnung steht bei dieser Praktikumseinheit nicht im Vordergrund, was aber nicht bedeutet, dass Ergebnisse ohne Angabe ihrer Unsicherheit protokolliert werden. Die exakte Bestimmung der jeweiligen Messunsicherheit mit dem Oszilloskop ist recht komplex (siehe Spezifikationen im Leitfaden) und kann näherungsweise mit ≤ 5% geschätzt werden. Damit lassen sich praktikable Schätzwerte für die Unsicherheiten Ihrer Ergebnisse erzielen. Im Protokoll empfiehlt es sich zu notieren, welche Einstellungen am Oszilloskop Sie vorgenommen haben um zum jeweiligen Messergebnis zu gelangen. Vorbereitungsfragen 1. Geben Sie jene Funktion an, die den zeitlichen Verlauf von sinusförmiger Wechselspannung beschreibt und benennen Sie alle verwendeten Variablen. 2. Geben Sie jene Funktion an, die den zeitlichen Verlauf von sinusförmigem Wechselstrom beschreibt und benennen Sie alle verwendeten Variablen. 3. Wie wird die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom definitionsgemäß bestimmt? 4. Wie lautet der Zusammenhang zwischen Amplitude und Effektivwert bei sinusförmiger Spannung? 5. Digitalmultimeter bestimmen die Effektivspannung mittels RMS-Methode (Root Mean Square). Was genau berechnen diese? 6. Wie wird im Allgemeinen der Wechselstromwiderstand Z bestimmt und wodurch unterscheidet er sich vom ohmschen Widerstand R? - 19 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 7. Sie sehen Strom und Spannung an einem unbekannten Bauteil im Wechselspannungskreis. Um welchen Bauteil handelt es sich und warum? 8. Sie sehen Strom und Spannung an einem unbekannten Bauteil im Wechselspannungskreis. Um welchen Bauteil handelt es sich und warum? 9. Sie sehen Strom und Spannung an einem unbekannten Bauteil im Wechselspannungskreis. Um welchen Bauteil handelt es sich und warum? 10. Was muss man messen, um die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung an einem unbekannten Bauteil zu bestimmen? - 20 - LS12 1 Grundlagen zur Wechselstromtechnik 11. In jeder Schaltung, in der Koaxialkabel (BNC-Stecker Bayonet Neil Concelman) verwendet werden, ist dieses Schaltzeichen (siehe Pfeil) dabei. Was bedeutet es und worauf muss man beim Aufbau der Schaltung achtgeben? 12. Bei der Messung der Phasenverschiebung mit dem Oszilloskop wird eine Zeitdifferenz zwischen Spannungs- und Strommaximum (oder -minimum) gemessen. Mit welchem funktionalen Zusammenhang kann daraus die Phasenverschiebung berechnet werden? - 21 -