Serologisches Infektions-Screening

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INHALT
12 –15: Infektions-screening
16 –17: Gen-Analyse
18 –19: Allergie-Testung
Schwangerschaftsrelevante Infektionen, Teil 1
Serologisches
Infektions-Screening
Bestimmte Infektionen können zu Erkrankungen und/oder Entwicklungsstörungen des Kindes führen, insbesondere wenn sie während der Schwangerschaft oder Geburt als Erstinfektion ohne vorbestehenden Immunschutz auftreten.
Ein Überblick.
In vielen Fällen verläuft die Infektion der Mutter asymptomatisch und kann nur durch geeignete Laboruntersuchungen nachgewiesen werden. Da die Ätiologie z. B. bei
Aborten oder bei erst postnatal auftretenden Symptomen
oft nicht geklärt werden kann, ist hier auch von einer
beträchtlichen Dunkelziffer auszugehen.
Durch die Mutterschaftsrichtlinien sind Screeninguntersuchungen auf Röteln (bei nicht dokumentierter Immunität),
Lues, Hepatitis B, Infektionen mit Chlamydia trachomatis
Serologisches Screening
V.a. frische schwangerschaftsrelevante Infektion
Seronegativ
Weitere Abklärung
Kein Immunschutz!
Expositionsprophylaxe
Kontrolluntersuchungen im
weiteren SS-verlauf
Ggf. Therapie
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und HIV (bei Einwilligung der Patientin) vorgegeben. Darüber hinaus gibt es einige weitere wichtige Erreger – wie Toxoplasma gondii, Cytomegalie-Virus oder Parvovirus B19 –, bei
denen Screeninguntersuchungen kein Bestandteil der gesetzlichen Mutterschaftsvorsorge sind. Eine frühzeitige Diagnose
und Therapie verbessert die Prognose jedoch maßgeblich.
• Die Kenntnis des Serostatus im Bezug auf diese Erreger
hat klare Konsequenzen für die Schwangere und deren
Betreuung (siehe Screening-Schema links).
• Darüber hinaus führt das Wissen
um den bestehenden Immunschutz
zu einer entspannteren Haltung der
Schwangeren („Alles im grünen
Bereich“).
zurückliegende Infektion
Bitte teilen Sie bei serologischen
Anforderungen
immer
die
Schwangerschaftswoche
sowie
gegebenenfalls klinische Angaben
und Vorbefunde mit.
Immunschutz
Durch diese Angaben ermögkeine weiteren Maßnahmen
lichen Sie uns eine sinnvolle rationelle Stufendiagnostik zur
Abklärung sowie eine eingehende
Interpretation und Empfehlungen bezüglich des weiteren
Vorgehens.
Serologische Stufendiagnostik
Bei den meisten Erregern wird zunächst das spezifische
IgG und IgM bestimmt.
• Wenn weder erregerspezifisches IgG noch IgM nachweisbar ist, hat die Schwangere noch keinen Kontakt
mit dem Erreger gehabt. Eine Primärinfektion ist somit
möglich (mögliche Ausnahme: Infektion in der Inkubationsphase; ggf. Nachweis durch Verlaufskontrolle bei
V.a. kürzliche Exposition).
• Positives IgG bei negativem IgM spricht gegen eine Primärinfektion (mögliche Ausnahme: Bei einer kürzlichen Infektion mit Parvovirus B19 kann das erregerspezifische IgM bereits wieder abgesunken sein, obwohl
noch eine Virämie vorliegt).
• Bei positivem IgG- und IgM-Nachweis muss nicht
unbedingt eine frische Infektion vorliegen. Es kann sich
auch um persistierendes IgM oder eine unspezifische
Reaktion handeln.
Durch die Bestimmung der Avidität der IgG-Antikörper
kann der Zeitpunkt der Primärinfektion weiter eingegrenzt werden. Hochavide Antikörper (Avidität = Maß
für die Bindungsstärke zwischen Antigen und Antikörper) entstehen im Laufe mehrerer Monate durch immer
bessere Anpassung der gebildeten Antikörper während
der Immunreifung. Der Nachweis von Antikörpern gegen
bestimmte Antigene in speziellen Immunoblots
(-> typisches Bandenmuster) spricht ebenfalls für eine
zurückliegende Infektion.
Auch bei Nachweis von erregerspezifischem IgM lässt
sich mit Hilfe dieser speziellen Abklärungsteste in den
meisten Fällen eine Primärinfektion innerhalb der letzten
3 bis 4 Monate ausschließen. Natürlich kann man
eine schwangerschaftsrelevante Infektion umso eindeutiger ausschließen, je früher im Schwangerschaftsverlauf ein solcher Befund erhoben wird.
In der Regel kann der Infektionsstatus anhand einer einzelnen Serumprobe ermittelt werden. Bei unklaren Befunden
und auch zur Dokumentation von frischen Infektionen
sollte jedoch eine IgG- und IgM-Verlaufskontrolle nach
2 bis 3 Wochen durchgeführt werden. Bei einem signifikanten Titeranstieg liegt eine aktive Infektion vor.
Da das Alter der Schwangerschaft für die Beurteilung des
Übertragungsrisikos eine entscheidende Rolle spielt,
muss die Schwangerschaftswoche für das weitere Vorgehen einschließlich Therapie immer
mit berücksichtigt werden.
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Toxoplasmose
Diagnostik: Serologisches Screening.
– Falls negativ: Testwiederholung alle 8 bis 12 Wochen.
– Falls positiv: weitere Untersuchungen zur Bestimmung
des Infektionsstatus (siehe Diagramm zur Stufendiagnostik) sowie Ultraschalldiagnostik; ggf. Pränataldiagnostik
zum Nachweis von Toxoplasma-DNA im Fruchtwasser.
Eine unauffällige Sonographie schließt eine fetale Infektion nicht aus.
In Deutschland ist etwa ein Drittel der Frauen im
gebärfähigen Alter seropositiv, d.h. sie weisen schützende IgG-Antikörper auf.
Primärinfektionen können sich durch Lymphknotenschwellungen oder Fieber manifestieren, verlaufen jedoch
in den meisten Fällen asymptomatisch.
Das fetale Infektionsrisiko nimmt im Lauf der Schwangerschaft zu (ohne Therapie: 1. Trimenon 4-15 Prozent, 2. Trimenon 30 Prozent, 3. Trimenon 70 Prozent), der Schädigungsgrad jedoch ab. Im 1. Trimenon ist die Folge meistens
ein Abort oder seltener schwere Schäden des Neugeborenen
(klassische Trias: Hydrocephalus, Retinochorioiditis, intracerebrale Verkalkungen mit postenzephalitischen Schäden).
Bei einer Primärinfektion im 3. Trimenon weisen die
Neugeborenen meist nur leichte Schäden auf oder sind
zunächst asymptomatisch, bekommen aber häufig Spätschäden (Augenmanifestationen, neurologische und
kognitive Entwicklungsverzögerungen).
Optimale Untersuchungstermine
Wird bei einer dieser Untersuchungen eine frische Infektion festgestellt, ist eine wirksame Therapie noch möglich:
1. Termin: 6.-8. SSW
2. Termin: 18.-20. SSW
3. Termin: 28.-32. SSW
4. Termin: Wochenbett
Therapie: Bei nachgewiesener frischer Infektion nach
den RKI-Richtlinien in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche. Bei nicht auszuschließendem V.a. frische Infektion Sicherheitsbehandlung.
Toxoplasma gondii-IgG
Toxoplasma gondii-IgM
Toxo IgG neg.
Toxo-IgM pos.
Toxo IgG pos.
Toxo-IgM pos.
Frische Infektion
oder unspez.
IgM-Reaktion
Toxo IgG pos.
Toxo-IgM neg.
zurückliegende
Infektion
Toxo IgG neg.
Toxo-IgM neg.
Wiederholung alle 8-12 Wochen
während der Schwangerschaft
pos.
Bestätigungsdiagnostik
(Toxo-IgG, -IgM, Avidität; wenn
möglich Parallelansatz mit Vorserum)
Toxoplasma-IgGAvidität
Kontrolle in
2 Wochen
hoch
niedrig oder
intermediär
Bestätigung der Serokonversion
Primärinfektion liegt
mindestens 4 Monate zurück
ggf. (>16. SSW)
neg.
Frische Infektion
Therapie
Toxoplasma-Blots
Toxoplasma-IgA
Eingrenzung des
Infektionszeitpunktes
Therapie in Abhängigkeit von der
diagnostischen Gesamtsituation
(SSW, Labor, Sono)
Weitere Diagnostik:
Sonographie im 2. und 3. Trimenon
ggf. Pränataldiagnostik
Stufendiagnostik zum Nachweis oder Ausschluss einer schwangerschaftsrelevanten
Infektion mit Toxoplasma gondii (Ablaufschema des synlab-Schwerpunktlabors für
Infektionsserologie in Augsburg)
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Fotos: lightpoet, karoshi, Sven Bähren, Hannes Eichinger (2), Kaarsten, Tripod - Fotolia.com
Prophylaxe für seronegative Schwangere:
• Keine rohen oder nicht ausreichend erhitzte, gefrostete
(-12°C) oder durch andere Verfahren behandelten
Fleischprodukte essen. Das Fleisch muss vollständig
durchgebraten sein oder gekocht werden. Gepökelte
Dauerrohwaren (z.B. Rohschinken, Salami) sind sicher.
• Rohes Gemüse und Früchte gründlich waschen.
• Hände vor dem Essen gründlich mit Seife waschen.
• Hände nach dem Zubereiten von rohem Fleisch, nach
Garten-, Feld- oder anderen Erdarbeiten und nach dem
Besuch von Sandspielplätzen gründlich waschen.
• Wenn eine Katze in der Umgebung der Schwangeren
gehalten wird, sollte diese mit Dosen- und/oder Trockenfutter ernährt werden. Die Kotkästen sollten täglich durch
andere Personen mit heißem Wasser gereinigt werden.
Hinweis: Ein „begründeter Verdacht“ auf Toxoplasmose
(= serologisches Screening als Kassenleistung) liegt vor
– bei Symptomen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen;
– wenn die Schwangere rohe oder halbrohe Fleisch- und
Wurstwaren gegessen hat;
– oder mit Katzenkot in Berührung gekommen ist, etwa
durch kontaminiertes Obst und Gemüse oder unsachgemäße Hygiene bei der Reinigung des Katzenklos.
Cytomegalie
In Deutschland sind etwa 45 Prozent der Frauen im
gebärfähigen Alter seropositiv.
Es handelt es sich um die häufigste konnatale Infektion
(zirka 1 Prozent aller Neugeborenen) und die häufigste
virusbedingte Ursache von Hörschädigungen und mentaler
Retardierung.
Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektion (Urin,
Speichel, sexuell).
Die Primärinfektion verläuft in 90 Prozent asymptomatisch
oder mit uncharakteristischer Symptomatik. Intrauterine
Infektionen sind bei Primärinfektionen, aber auch bei rekurrierenden Infektionen (Reaktivierung oder Reinfektion)
möglich. Die fetale Infektionsrate bei Primärinfektionen
beträgt 30 bis 40 Prozent, die Folge sind meist schwere Schäden der Neugeborenen (Hydrozephalus, zerebrale Verkal-
kungen, Chorioretinitis, Mikrozephalie,
Hepatosplenomegalie) sowie Spätschäden
(Hörschäden, Intelligenzdefekte). Bei rekurrierenden Infektionen infizieren sich zirka 1,2 Prozent der Feten, von denen zirka 1 Prozent meist
leichtere Schäden aufweisen.
Diagnostik: Serologisches Screening.
– Falls negativ: weitere Kontrollen im Laufe der Schwangerschaft.
– Falls positiv: weitere Untersuchungen zur Bestimmung
des Infektionsstatus (s.o.) sowie Ultraschalldiagnostik
(Sensitivität für fetale Infektion aber nur zirka 15 Prozent).
Bei einer Reaktivierung oder Reinfektion kann das CMVIgM auch negativ sein. In diesem Falle muss der IgGTiterverlauf beobachtet werden. Der Nachweis hochavider IgG-Antikörper schließt eine Primärinfektion aus.
Therapie: bei nachgewiesener frischer Infektion Gabe
von Immunglobulinen
Prophylaxe für seronegative Schwangere:
Engen Kontakt mit Kleinkindern nach Möglichkeit vermeiden, CMV wird im Urin und Speichel ausgeschieden.
Die Übertragung erfolgt bei längerem Körperkontakt
durch Schmierinfektion.
Bei Kontakt mit Kleinkindern:
• Händehygiene mit Seife (nach Füttern, Windelwechsel,
Baden, Naseputzen, Hantieren mit Spielzeug).
• Kein gemeinsames Essbesteck oder Zahnbürste.
• Kein Mundkuss.
• Spielzeug waschen nach Speichelkontakt.
(Teil 2 in der nächsten Ausgabe von labor&werte).
Kontakt
Dr. Ulrike Hauser
Fachärztin für Mikrobiologie,
Virologie und Infektionsepidemiologie
synlab MVZ Augsburg
Telefon: 08 21 – 22 78 00
E-Mail: [email protected]
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