Rechtssituation des Burgundertrüffels und Spielräume für eine Nutzung Dr. Bernd-Jürgen Seitz Regierungspräsidium Freiburg Ref. 56 Naturschutz und Landschaftspflege Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen (§39 BNatSchG) (1) Es ist verboten, 1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten, 2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten, 3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Wie ist der Burgundertrüffel naturschutzrechtlich geschützt? • • • • • Bundesnaturschutzgesetz Bundesartenschutzverordnung Flechten und Pilze gelten als „Pflanzen“ Besonders oder streng geschützte Arten Alle Arten der Gattung Tuber besonders geschützt Vorschriften für besonders geschützte … Tierund Pflanzenarten (§ 44 BNatSchG) Es ist verboten, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbot) Es ist ferner verboten, 1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbot) Vorschriften für besonders geschützte Tierund Pflanzenarten (§ 44 BNatSchG) 2. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten a) zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen, b) zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden (Vermarktungsverbot) Welche Ausnahmen gibt es? (§ 45 BNatSchG) Von den Besitzverboten ausgenommen sind … Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten, die rechtmäßig … gezüchtet …, durch künstliche Vermehrung gewonnen oder aus der Natur entnommen worden sind. Soweit Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten keinen Besitzverboten unterliegen, sind sie auch von den Vermarktungsverboten ausgenommen. (Gilt nicht für aus der Natur entnommene streng geschützte Arten und europäische Vogelarten) Welche Ausnahmen gibt es? (§ 45 BNatSchG) Weitere Ausnahmen in folgenden Fällen möglich: 1. zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden, 2. zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt, 3. für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung, 4. im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder 5. aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art. Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert … Welche Ausnahmen gibt es? (§ 2 BArtSchV) (1) Die Verbote des § 44 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes gelten nicht für Pilze der nachstehend aufgeführten Arten, soweit sie in geringen Mengen für den eigenen Bedarf der Natur entnommen werden: • Boletus edulis Steinpilz • Cantharellus spp. Pfifferling - alle heimischen Arten • Gomphus clavatus Schweinsohr • Lactarius volemus Brätling • Leccinum spp. Birkenpilz und Rotkappe - alle heimischen Arten • Morchella spp. Morchel - alle heimischen Arten Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann im Einzelfall für die in Satz 1 genannten Pilze weitergehende Ausnahmen von den dort genannten Verboten zulassen, solange und soweit die Erhaltung der betreffenden Arten landesweit oder in bestimmten Landesteilen nicht gefährdet ist. Wie kommt eine Art in die Bundesartenschutzverordnung? • Übernahme aus EU-Regelungen oder anderen Rechtsgrundlagen • Fachliche Beurteilung der nationalen Gefährdungssituation. Die sogenannten Roten Listen liefern Informationen über die Gefährdungen von Pflanzen, Tieren, Pilzen etc. in Deutschland oder den Bundesländern Rote Listen Rote Listen – wo steht Tuber aestivum? Rote Liste der Großpilze Deutschlands (1992): 1 (vom Aussterben bedroht) Rote Liste Baden-Württemberg (1984): 3 (gefährdet) Rote Liste Rheinland-Pfalz (1999): 1 (vom Aussterben bedroht) Rote Liste der Großpilze des Landes Sachsen-Anhalt (2004): „…wurden z.B. bei den hypogäisch wachsenden Pilzen … aus den neuen Erkenntnissen heraus verschiedenen Arten anders bewertet, u.a. Tuber aestivum VITT. von Kat. 1 in Kat. 3“ Wodurch sind Pilze gefährdet? • Sammeln der Fruchtkörper? • Waldbewirtschaftung (Kahlschläge, Baumarten, Totholz…) • Luftschadstoffe/Nährstoffeintrag Was gilt für das Sammeln nicht geschützter Pilze? Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen (§39 BNatSchG) (3) Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen. Was gilt für das Sammeln nicht geschützter Pilze? (4) Das gewerbsmäßige Entnehmen, Be- oder Verarbeiten wild lebender Pflanzen bedarf unbeschadet der Rechte der Eigentümer und sonstiger Nutzungsberechtigter der Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Bestand der betreffenden Art am Ort der Entnahme nicht gefährdet und der Naturhaushalt nicht erheblich beeinträchtigt werden. Die Entnahme hat pfleglich zu erfolgen…. Was gilt für den Anbau von Trüffeln? § 40 BNatSchG Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten (4) Das Ausbringen von Pflanzen gebietsfremder Arten in der freien Natur sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Künstlich vermehrte Pflanzen sind nicht gebietsfremd, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist. Von dem Erfordernis einer Genehmigung sind ausgenommen 1. der Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft, 4. das Ausbringen von Gehölzen und Saatgut außerhalb ihrer Vorkommensgebiete bis einschließlich 1. März 2020; bis zu diesem Zeitpunkt sollen in der freien Natur Gehölze und Saatgut vorzugsweise nur innerhalb ihrer Vorkommensgebiete ausgebracht werden. Was gilt für Trüffeln aus anderen Ländern? • Bei legaler Entnahme im Ursprungsland bestehen keine Restriktionen bezüglich Einfuhr nach Deutschland und ggf. Vermarktung. • Das Ausbringen zum Anbau im Inland bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Fazit • Auch wenn Tuber aestivum nicht besonders geschützt wäre, würden bestimmte Regeln gelten (Sammeln nur für den privaten Bedarf, Regeln in Schutzgebieten, gewerbliche Entnahme nur mit Genehmigung) • Tuber aestivum bleibt besonders geschützt, auch wenn eine Herabstufung in den Roten Listen erfolgt • Ausnahmegenehmigungen sind im Prinzip möglich, werden von den Behörden aber bisher sehr zurückhaltend gehandhabt. • Der Erhaltungszustand darf sich durch der Entnahme der Fruchtkörper auf keinen Fall verschlechtern. Das sollte auch belegt werden. Vielen Dank für Ihr Interesse!