AKUT Pneumokokken Zielgruppe ist viel zu selten geimpft D ie Grippe-Schutzimpfung stößt erfreulicherweise bei Ärzten und Patienten auf regen Zuspruch. Ganz anders ist die Lage bei der Pneumokokken-Impfung, für die prinzipiell dieselben Indikationen gelten. Sie kann am selben Tag (nicht gerade an derselben Stelle) appliziert werden; der Patient ist dann sowohl gegen die epidemieartig auftretenden Viren als auch gegen die heimtückischen Bakterien geschützt. Die Kosten werden in der Regel von den Kassen übernommen und sind honorar- und verwaltungstechnisch unbudgetiert. In der Praxis ist die Schutzimpfung gegen Pneumokokken jedoch noch ein Stiefkind, obwohl die Ständige Impfkommission die Vakzinierung routinemäßig für Personen über 60 Jahren und/oder mit chronischen Erkrankungen und geschwächtem Immunsystem empfiehlt: Nur sechs Prozent der Zielgruppe sind gegen Infektionen mit diesen Bakterien geimpft. P neumokokken sind die häufigsten Erreger von schweren, ambulant erworbenen Pneumonien. Ihre Infektionen sind die häufigste Todesursache unter den durch Impfung vermeidbaren Infektionskrankheiten, betonte Prof. Rudolf Lüttiken (Aachen). Durch die aktive Immunisierung mit dem polyvalenten Impfstoff PneumovaxR23 werden nach Angaben des Experten etwa 80 bis 90 Prozent aller Serotypen erfaßt, die im Erwachsenenalter vorkommen. Die Impfung bietet eine 60- bis 70prozentige Protektion bei allen systemischen Pneumokokken-Erkrankungen über eine Dauer von etwa sechs Jahren. A uch wenn in Deutschland die Resistenzlage gegen die gängigen Antibiotika weitaus besser ist als beispielsweise in den USA oder Spanien, verlaufen fünf Prozent der ambulant erworbenen schweren Pneumonien letal; bei Bakteriämien steigt die Todesrate auf 20, bei Meningitiden auf 30 Prozent. Bei Meningitiden im Kindesalter stellen Pneumokokken heute die wichtigsten Erreger dar. Invasive Pneumokokken-Infektionen treten bei 3,8 von 100 000 Kindern auf. Die begleitenden Meningitiden gehen mit Letalitätsraten von 9,2 und neurologischen Folgeschäden von 14,7 Prozent einher. Bei Kindern unter zwei Jahren ist der handelsübliche reine Polysaccharid-Impfstoff wegen des unreifen Immunsystems nicht wirksam. Klinisch erprobt werden für diese Zielgruppe derzeit Konjugat-Impfstoffe, bei denen die Kapselsaccharide der wichtigsten Serotypen an Protein-Trägermoleküle konjugiert wurden. Dr. Renate Leinmüller A-2316 (4) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 38, 24. September 1999