10.04.2014 Psychisch belastete Kinder und Jugendliche verstehen, sichern, stärken ADHS Qualifizierungsprogramm, Modul 3 – SOS-Kinderdorf e.V. Fulda 21.04.2015 Nils Jenkel KJPK Basel Einleitung Schwierigkeiten & Kontroversen › ADHS und Verstehensansatz im üblichen Sinn ist problematisch. › Was ist der «gute Grund» bei ADHS? › Für manche ist ADHS überdiagnostiziert, für andere immer noch unterdiagnostiziert. › Manche lehnen die Diagnose an sich komplett ab, andere wollen eine Kindesmisshandlung melden, wenn Eltern eine Medikation mit Ritalin ablehnen › 25’000 Studien › Doch die Ursache von ADHS ist umstritten und bietet unterschiedlichsten Philosophien Raum für ihre Grabenkämpfe. › «Ritalin» polarisiert. | 2 1 10.04.2014 Was ist ADHS? ADS, ADD, ADHS, ADHD, POS › Aufmerksamkeits-Defizit-Störung › Attention-Deficit Disorder › Aufmerksamkeits-Defizit / Hyperaktivitäts-Störung › Attention-Deficit / Hyperactivity Disorder › Psycho-Organisches Syndrom › „Minimal brain dysfunction“ | 3 Geschichte ADHS › 1770 "Der Philosophische Arzt» (Weikard) › 1798 angeborene (oder durch Schädigung verursachte) Übersensibilität der Gehirnnerven, die vermutlich mit zunehmendem Alter verschwinden (Crichton) › 1844 Struwwelpeter (Hoffmann) › 1902 Kinder, Aufmerksamkeitsdefinzig und Impulskontrolle, normale Intelligenz, erhebliche Schulprobleme (Still) › 60er & 70er minimale cerebrale Dysfunktion › 1978 hyperkinetisches Syndrom des Kindesalters (ICD-9) › 1980 ADD Residual Type (DSM) › 1992 hyperkinetisches Syndrom im Erwachsenenalter (ICD-10) | 4 2 10.04.2014 | 5 Geschichte Ritalin › › › › › 1887 Amphetamin (Edeleanu) 1937 Benzedrin bei ADHS (Bradley) 1944 MPH (Panizzon) 1954 Ritalin (Ciba/ Novartis) 1971 BtmG › Mit kurzer Tageswirkdauer › Medikinet, Methylphenidat TAD, Methylphenidat Ratiopharm, Methylphenidat Hexal, Concerta › Mit langer Tageswirkdauer › Equasym Retard, Medikinet Adult, Medikinet Retard, Ritalin LA, Ritalin SR, Ritalin Adult | 6 3 10.04.2014 Ritalin im Gehirn | 7 | 8 4 10.04.2014 «Dopamindefizit» ADHS vs. Amphetaminmissbraucher › Mangelnde Impulskontrolle › Übersteigerter Bewegungsdrang › Aufmerksamkeitsstörungen vs. › Abgeschlagenheit › Lustlosigkeit › Schlappheit | 9 Wie häufig ist ADHS Prävalenzen › Prävalenz › Kinder ca. 5% › Erwachsene ca. 3% › 70 % haben noch Symptome im Erwachsenenalter ? › In der Jugendhilfe bis 20, 25% › m:w=3:1 › 1:1 bei isolierter Aufmerksamkeitsstörung | 10 5 10.04.2014 ADHS Eine Modediagnose? Diese Kinder gab es schon immer, vermutlich sind gesellschaftliche Veränderung für die häufigeren Diagnosen verantwortlich: › Andere Erwartungen an Elternschaft. › Erziehung lastet auf immer weniger Schultern. › Weniger klare Erziehungsrichtlinien – Wozu erziehen? › Höhere Bedeutung von Schulbildung. › Viel stärkere Reizüberflutung! › Weniger Bewegungsmöglichkeiten im Alltag › etc. › Ärzte kompetenter? › V.a. bei Erwachsenen wird die Diagnose häufiger gestellt. | 11 Kulturelle Normen und Erwartungen › USA › Prävalenz 11% › Im Tessin 5 x weniger Ritalin als in der Deutschschweiz | 12 6 10.04.2014 ADHS ist eine beschreibende Diagnose. Es gibt keinen eindeutigen „Test“ auf ADHS und auch keine beweisende apparative oder LaborUntersuchung. Entscheidend ist die sorgfältige Verhaltensbeobachtung und die Vorgeschichte. Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch | 10. April 2014 | 13 Kernsymptome ADHS | 14 7 10.04.2014 Was ist Aufmerksamkeit › Aufmerksamkeit ist das alleinige intensive Wahrnehmen (Herausfiltern) eines für die Lösung einer Aufgabe relevanten Reizes und das Ausblenden aller anderen für diese Aufgabe irrelevanten Reize. › Was ist JETZT wichtig? | 15 Was ist eine Aufmerksamkeitsstörung? › › › › › Oberflächlicher, flüchtiger Arbeitsstil. Ständige Suche nach dem Superreiz. Zu oberflächliche Wahrnehmung von normal intensiven Reizen. Aversion gegen Langeweile und Reizarmut. Permanente Suche nach Reizen führt zur Hyperaktivität. | 16 8 10.04.2014 Blickverhalten ohne ADHS › Jedes Bild und viele Details werden beachtet. › Antwort nach ca. 50 Sekunden. | 17 Blickverhalten mit ADHS › Nicht jedes Bild und nur wenige Details werden beachtet. › Impulsive Antwort nach wenigen Sekunden. | 18 9 10.04.2014 Kriterien Unaufmerksamkeit › Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder anderen Tätigkeiten. › Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder Spielen aufrechtzuerhalten. › Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn ansprechen. › Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen. › Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren. › Vermeidet häufig Aufgaben, hat eine Abneigung gegen Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern^(z.B. Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben). › Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt (z.B. Spielsachen, Hausaufgabenhefte, usw.) › Lässt sich durch äussere Reize leicht ablenken. › Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich. | 19 Was ist Impulsivität › Probleme bei der Selbst-/Emotionskontrolle › Allgemeine starke Reizbarkeit, Distanzlosigkeit, Dazwischenreden, geringe Frustrationstoleranz › Schnelle, heftige Stimmungswechsel. › Probleme, Mimik und Gestik einzuschätzen. › Fühlen sich schnell bedroht und provoziert. › Dieses impulsive Verhalten wird häufig mit Aggressivität gleichgesetzt. › Mangel an vorausschauender Planungsfähigkeit › Handeln ohne an Konsequenzen zu denken › Gefahren werden nicht wahrgenommen / Risikoverhalten | 20 10 10.04.2014 Impulsivität und Bindung › Lieber der Spatz in der Hand… › Belohnung aufschieben ist schwierig. (-> Kontingenz) › (entwickelt sich -> Frontalhirn) & muss gelernt werden. › Bindungsperson als Vorbild › Vertrauen auf Bezugsperson und später andere Erwachsene Stanford Marshmallow Experiment (W. Mischel) | 21 Kriterien Impulsivität › Platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. › Kann in Gruppensituationen häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist. › Unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein). › Redet häufig übermässig viel ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren. | 22 11 10.04.2014 Kriterien Hyperaktivität › Zappelt häufig mit Händen oder Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum. › Steht häufig in Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird. › Läuft / klettert häufig herum in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben). › Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen. › Zeigt ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer Aktivität das durch die soziale Umgebung oder durch Aufforderungen nicht durchgreifend beeinflussbar ist. | 23 Diagnose-Kriterien ADHS › Mindestens 6 Symptome aus dem Bereich Unaufmerksamkeit oder Hyperaktivität/Impulsivität oder jeweils mindestens 6 Symptome aus beiden Bereichen › Früher Beginn › Vor dem 7. Lj. (ICD-10) › Vor dem 12 Lj. (DSM-V) › Aufgrund der Symptomatik Beeinträchtigungen in mindestens zwei Lebensbereichen. | 24 12 10.04.2014 Jedes AD(H)S ist anders | 25 Klassifikation ICD-10 & DSM-V › ICD-10 › F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung › F90.1 Hyperkinetische SSV › F90.8 Sonstige hyperkinetische Störung › F98.8 Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität › DSM-V › 314.01 Kombinierter Subtyp › 314.02 Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Subtyp › 314.03 Vorwiegend unaufmerksamer Subtyp | 26 13 10.04.2014 Diagnose-Kriterien ADHS › Mindestens 6 Symptome aus dem Bereich Unaufmerksamkeit oder Hyperaktivität/Impulsivität oder jeweils mindestens 6 Symptome aus beiden Bereichen › Früher Beginn › Vor dem 7. Lj. (ICD-10) › Vor dem 12 Lj. (DSM-V) › Aufgrund der Symptomatik Beeinträchtigungen in mindestens zwei Lebensbereichen. › Symptome nicht besser durch eine andere psychische Störung oder eine medizinische Erkrankung erklärbar. › Andere Faktoren? | 27 | 28 14 10.04.2014 Andere Ursachen › Schulische Über- oder Unterforderung › Extreme Ausprägung der Intelligenz › Bindungsstörungen › Traumata und frühe Vernachlässigung › Depressive Erkrankungen › Asperger-Syndrom › Anfallsleiden (Absencen) › Vergiftungen › Entzündungen im ZNS › Psychosen › Hirntumore › ... | 29 | 30 15 10.04.2014 Folgen für die Kinder, Jugendlichen und Adoleszenten | 31 Komorbidität bei Erwachsenen | 32 16 10.04.2014 Der Alltag mit ADHS-Kindern Sitz still! Du nervst! Schreib ordentlich! Pass doch auf! Du musst die Klasse wiederholen. Warum kannst du nicht einmal…? | 33 ADHS und soziale Probleme › Sprunghaftigkeit von ADHS empfinden viele Kinder als unangenehm. Negative Haltung gegenüber ADHS-typischem Verhalten (Law 2007). › Geringere soziale Präferenz, oft sozial ausgeschlossen, kaum Freunde (Hoza et al. 2005,2007) › Geringere soziale Präferenz zeigt sich bereits nach wenigen Tagen in einem Ferienlager (Erhardt, 1994, Hoza, 2007). › „Diagnoseeröffnung“ an Gleichaltrige reduziert soziale Zurückweisung (Jastrowski, 2007). | 34 17 10.04.2014 Folgen Teufelskreis › Ein Kind mit ADHS erhöht auch das Risiko für eine Überforderung der Eltern › Misshandlung (4-8fach erhöhtes Risiko) › weniger elterliche Aufsicht und Steuerung › Weniger Freude › Das Kind erhält die Botschaft, es sei krank. | 35 BE NICE OR LEAVE | 36 18 10.04.2014 | 37 ADHS im Entwicklungsverlauf Schulalter Lernschwierigkeiten Umschulungen, Klassenwiederholungen Oppositionelles und aggressives Verhalten Ablehnung durch Gleichaltrige, soziale Unsicherheit Niedriges Selbstbewusstsein Selbstwertprobleme Hohe Unfallhäufigkeit | 38 19 10.04.2014 ADHS im Entwicklungsverlauf Adoleszenz (kritische Phase) › Hormonale Veränderung und Veränderung neuronaler Strukturen im Gehirn. › Grundlegende Veränderung in der Entwicklung der eigenen Identität (sowie dem elterlichen Einfluss) › Schulpensum wächst, Anforderungen steigen › Erschwerend: Selbstwahrnehmung, dass gestellte Anforderungen nicht bewältigbar sind | 39 ADHS im Entwicklungsverlauf Adoleszenz Schulprobleme, komplexe Lernprobleme 60% häufiger Schulverweise, 32% Schulabbrüche (Barkley et al., 2006) Aggressives, dissoziales und delinquentes Verhalten Hohes Risikoverhalten, hohe Unfallhäufigkeit Früher Substanzmissbrauch: 75% vs. 18% (Biedermann et al., 1998, Davids & Gastpar, 2003) Ungewollte Schwangerschaft: 38% vs. 4% (Barkley & Murphey, 1998) | 40 20 10.04.2014 ADHS im Entwicklungsverlauf Junges Erwachsenenalter › Milwaukee-Young-Adult Outcome Study (Barkley et al. 2002) › › häufiger Arbeitsplatzverlust › mehr Partnerschaftsprobleme › häufiger finanzielle Probleme › häufiger Vorstrafen › mehr Krankenhausaufenthalte (50% häufiger Fahrradunfälle, 4-fach häufiger Autounfälle) › Vielzahl komorbider Störungen (65-89%) Andere Studien › Dissoziale Entwicklung › Depressive Entwicklung (Suizidversuche 17mal häufiger) | 41 | 42 21 10.04.2014 Neurophysiologische Befunde › Störung von Neurotransmittersystemen › Dopamin, Noradrenalin, Serotonin › Dysfunktion in frontalen Regelkreisen › Planung & Kontrolle von Handllungen & Motorik › Dysfunktion in emotionalen Regelkreisen › Affektregulation › Und strukturell: › Fronto-striatale und cerebellare Abweichungen in der Anatomie des Gehirns | 43 | 44 22 10.04.2014 Ursachen Genetik › 55% der Kinder von Eltern mit hyperkinetischen Störungen entwickeln eine ADHS (Smalley et al., 2000) › Zwillingsstudien: Konkordanzrate von 81% bei eineiigen Zwillingen, 29% bei zweieiigen (Smidt et al., 2003) › Verschiedenste Kandidatengene im Zusammenhang mit Dopaminrezeptoren, Dopamintransporter und Serotoninrezeptoren (Mick u. Faraone 2008). › 60-80% der Varianz genetisch erklärbar (Biedermann et al., 1992; Farone et al., 2000) | 45 Ursachen Umwelt › Frühgeburt (OR: 2.6; Bhutta et al., 2002) › Ca. 20-25% der phänotypischen Varianz ist auf Umweltfaktoren zurückzuführen › Strukturelle und funktionale Unterschiede im Gehirn könnten sich auch in Abhängigkeit von anderen Faktoren entwickelt haben › Mütterliches Rauchen (OR: 2.4; Langley et al., 2005) › Bindung › Trauma | 46 23 10.04.2014 Psychosoziale Risikofaktoren Familie › Frühkindliche Deprivation (Reizarmut) › Mangel an Förderung und Zuwendung › Strafender und inkonsequenter Erziehungsstil › Überforderte, hilflose Eltern Peergruppe › Ablehnung durch Gleichaltrige Kultur › Reizüberflutung (Medien) › Gestiegene Leistungsanforderungen › Schulsystem (Klassengröße, Unterrichtsmethoden) | 47 Ursachen Genetik/Biologie vs. Umwelt › Die eine Ursache des ADHS gibt es nicht. › ADHS ist das Ergebnis eines Zusammenspiels genetischer, biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. › Gen x Umwelt Interaktionen sind entscheidend: Mehrere Genvarianten bestimmen vermutlich in Verbindung mit zahlreichen Umweltfaktoren den Schweregrad und den Subtyp von ADHS (Elia et al., 2012) › Die Behandlung sollte die verschiedenen bekannten Faktoren berücksichtigen. | 48 24 10.04.2014 ADHS Medikamente › Methylphenidat: • Ritalin, Ritalin LA, Ritalin SR • Medikinet, Medikinet retard • Equasym, Equasym retard • Concerta • Methylphenidat-Generika › Atomoxetin (Strattera) › Amphetamin-Präparate • Amphetamin-Sirup • Elvanse | 49 Was macht MPH? Und was macht es nicht? › Extrem gute Wirksamkeit in > 100 Studien nachgewiesen › Erhöhung der Aufmerksamkeit › Verlängerung der Aufmerksamkeitsspanne › Beschleunigung der „Verschaltungsprozesse“ › Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit › Reduzierung motorischer Unruhe › Reduzierung von Impulsivität › › › › › macht nicht abhängig (wirkt nicht euphorisierend) verbessert nicht die Intelligenz verändert nicht die Persönlichkeit stellt nicht ruhig erzeugt keine Toleranzentwicklung | 50 25 10.04.2014 Bekannte Nebenwirkungen MPH › › › › Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust (Ein-)Schlafstörungen Tics Depressive Verstimmungen möglich › (oft in Folge der verbesserten Wahrnehmung) › Minimale Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks › Die Nebenwirkungen lassen sich oft durch eine optimale Dosierung bzw. Dosisanpassung reduzieren | 51 Multimodal Treatment Study (Swanson et al 2001) N=579, 7-9J. mit ADHS vom Mischtyp Bei der Reduktion aggressiver u. internaler Symptome, Verbesserung sozialer Kompetenzen, Eltern-Kind-Beziehung u. schulischen Leistungen sind Pharmakotherapie u. VT gleich wirksam bzw. Kombinationsbehandlung überlegen | 52 26 10.04.2014 Therapieziele ADHS | 53 Multimodaler Behandlungsansatz | 54 27 10.04.2014 Kindzentrierte Ansätze Ziele › Ressourcenorientierte Aufklärung über das Störungsbild › Fein-, Graphomotorik und Grobmotorik weiterentwickeln › Verbesserung der Wahrnehmung (Verlangsamen & Intensivieren) Memory mit Geräuschen oder Gerüchen Hörspiele, Strategiespiele, Puzzle, Achtsamkeit Beschreibung von Bildern Nacherzählen von Geschichten › Langsamer und planvoller an komplexe Aufgaben herangehen › Förderung der sozialer Kompetenzen | 55 Elternzentrierte Ansätze Ziele › Psychoedukation (Entlastung, Ressourcen) › Verbesserung der Eltern-Kind Beziehung (Blick auf das Positive) › Positives Bild des Kindes aufbauen › Richtige Aufforderungen geben › Richtig Loben und Kritisieren › Teufelskreis aus wirkungslosen Aufforderungen unterbrechen › Arbeit mit Belohnungssystemen › Einführung von Familienregeln › Austausch mit anderen Eltern (Gruppe nützen) | 56 28 10.04.2014 Regeln zu wirkungsvollen Aufforderungen 1. Stellen Sie nur Aufforderungen, wenn Sie bereit sind, sie auch durchzusetzen! 2. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind aufmerksam ist, wenn Sie die Aufforderung geben! 3. Verringern Sie jegliche Ablenkung, bevor Sie eine Aufforderung geben! 4. Geben Sie immer nur eine Aufforderung 5. Bieten sie falls möglich zwei Wahlmöglichkeiten der Durchführung an (Jugendliche). 6. Äußern Sie die Aufforderung eindeutig und nicht als Bitte! 7. Bitten Sie Ihr Kind freundlich, Ihre Aufforderung zu wiederholen! 8. Bleiben Sie in unmittelbarer Nähe Ihres Kindes, um sicher zu gehen, dass Ihr Kind der Aufforderung nachkommt! 9. Loben Sie Ihr Kind, sobald es die Aufforderung befolgt! 10. Loben Sie Ihr Kind ganz besonders, wenn es eine Aufgabe erfüllt hat, ohne dass Sie es darum direkt gebeten haben! 11. Konzentrieren Sie sich zunächst auf wenige Aufforderungen und protokollieren Sie diese in Ihrem Tagebuch! 12. Besprechen Sie abends zusammen mit Ihrem Kind noch einmal, welche Aufforderungen und Regeln es tagsüber befolgt hat! | 57 Richtiges Lob & richtige Kritik Richtiges Lob: › Ich-Form, ohne Einschränkungen (ziemlich, endlich) › Keine negativen Nachsätze (Ja super, aber gestern etc.) › Detaillierte Beschreibung des positiven Verhaltens › Mimik und Gestik im Einklang mit dem Gesagten › Sollte sofort auf das positive Verhalten erfolgen Richtige Kritik: › Ich-Form › Exakte Beschreibung des zu veränderten Verhaltens › Keinerlei Verallgemeinerungen (Nie, Immer, ständig, Du……) › Begründung › Genauer Wunsch (detailliert Formulieren) für zukünftiges Verhalten. › Kritik sollte nicht im höchsten Erregungszustand geäußert werden. | 58 29 10.04.2014 Grundregeln für die Schule › Reizarme Klassenräume, Arbeitsplätze › Feste Sitzpläne, möglichst keine Gruppentische › ADHS nach vorne, neben positives Modell › Stärken der Kinder fördern › Viele kleine Leistungsprüfungen › Individuelle Verbesserung und Anstrengungsbereitschaft positiv bewerten › Klare Anweisung: Aufträge deutlich machen / kurz wiederholen lassen › Tagesreflexionen, Blick auf das Positive (beschreibend loben) › Feste Klassenregeln einführen | 59 Kleine Hilfen für den Alltag Umgebung & Regeln › Reizarme WG-, Klassenräume und Arbeitsplätze › Freundlich, hell sicher, kein Hochsicherheitstrakt › Rückzugsmöglichkeiten › Weniger TV, Computer, etc. › Handeln statt Reden › Keine langen Diskussionen. › Positives Verhalten verstärken › Wenige(r) gut vermittelte Regeln, die durchsetzbar sind › ADHSler brauchen 8 - 12 mal länger (Goldstein & Goldstein 1998) › Klare (visualisiert vermittelte) Verantwortlichkeiten für › Hausaufgaben & Ämtli | 60 30 10.04.2014 Kleine Hilfen für den Alltag Abläufe › Zeitdruck vermeiden › Übergänge ankündigen und vorbereiten › Schwierige Situationen antizipieren › Reizüberflutung vorbeugen › «Ärger, den man nicht gehabt hat, hat man nicht gehabt.» › Zeit zum Runterkommen › Ruhezeiten & Rituale › Kontrollierte «Bewegungsabfuhr» › Sport | 61 Kleine Hilfen für den Alltag Team & Haltung › Modell sein › Nichts verlangen, was man selber nicht bereit ist zu tun. › Deutlich machen, was erwartet wird. › Erwartetes Verhalten bewusst selbst anwenden. › «Motzereien» nicht persönlich nehmen. › Kind nie vor anderen kritisieren › Umgang mit Symptomen im Team festlegen. › Wird Problemverhalten durch Aufmerksamkeit verstärkt? › «Ressourcenübergaben» › Andere um Hilfe bitten. | 62 31 10.04.2014 Eigenschaften der ADHS Persönlichkeit Ressourcen der Kinder wahrnehmen › Gerechtigkeitssinn › Energie, Power › Begeisterungsfähigkeit › Ehrlichkeit › Sensibilität, Empathie › Viele Interessen › Kreativität, fantasievoll › Tierliebe, Kinderliebe › „Steh-auf-Männchen“ › Ausdauer bei Interesse › Risikobereitschaft | 63 | 64 32 10.04.2014 › › › › › › › › › Kerzenzieher Schriftsteller, Verleger, Gründer von Zeitschriften Gründer von Druckereien, die sämtliche Kolonien umspannten erster Posthalter von Pennsylvania und Reorganisator des Postsystems der USA Gründer › der ersten öffentlichen Bücherei und der ersten Feuerwache in Pennsylvania › einer Universität, einer Versicherungsgesellschaft, eines Krankenhauses › der Abteilung von städtischen Bauvorhaben › einer Freiwilligenmiliz Erfinder › eines heute noch gebräuchlichen Ofens › von Segelschiffen › von Bifokalgläser für Brillen › Des Blitzableiters Wissenschaftler › Blitze = Elektrizität › Nachweis des Golfstroms Führer militärischer Expeditionen Politiker, Staatsmann, Diplomat › Mitverfasser der Unabhängigkeitserklärung | 65 Eine andere Art, die Welt zu sehen (Thom Hartmann) „Farmer“ „Hunter“ › Lassen sich nicht leicht ablenken › Kontrollieren immer die Umgebung › Ertragen langfristige Anstrengungen › Vertiefen sich ins Jagen › Haben langfristige Sicht › Flexible Strategien › Kümmern sich um Details › Können kurzzeitig viel Energie bereitstellen › Langweilen sich nicht leicht › Langweilen sich schnell › Sind vorsichtig › Gehen gerne Risiken ein › Sind hart gegen sich selbst › Mannschaftsspieler › Einzelgänger | 66 33 10.04.2014 | 67 Zusammenfassung der klinischen Relevanz ADHS zählt zu den häufigsten Vorstellungsanlässen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. › ADHS ist häufig eine chronische Störung: 30-60% Persistenz bis ins Erwachsenenalter. › ADHS zeigt meist ursächlich eine hohe neuropsychologische /-biologische Komponente. › ADHS führt oft zu psychosozialen Beeinträchtigungen. › schulische & berufliche Entwicklung, erhöhtes Unfallrisiko, beeinträchtigte soziale Beziehungen, Auffälligkeiten im Sozialverhalten | 68 34 10.04.2014 Zusammenfassung zur Diagnose › Nicht alle lebhaften oder konzentrationsschwachen Kinder haben ADHS! › viele haben gar keine Störung, manche haben andere Erkrankungen. › Eine sorgfältige klinische Diagnose ist unverzichtbar! › Um negative schulische und soziale Karrieren zu verhindern, sind Früherkennung und Frühintervention anzustreben. | 69 Zusammenfassung zur Behandlung › Bei Kindern mit hyperkinetischen Störungen sind sowohl Verhaltenstherapie als auch medikamentöse Behandlung (+Beratung) wirkungsvoll. › Am besten ist eine Kombinationsbehandlung. › Die Förderung der sozialen Kompetenz und Selbstverbalisierungstrainings spielen als kindzentrierte Ansätze eine wichtige Rolle. › Haltung und der positive Blick ist zentral. › Verbesserung der Beziehung. › Selbstwert | 70 35