7. Chemische Reaktionen 7.1 Thermodynamik chemischer Reaktionen Welche Reaktion läuft spontan freiwillig ab ? H2 + I2 → 2HI H2 + I2 ← 2HI H2 + I2 ⇄ 2HI Wie ist der Energieumsatz einer Reaktion? Welche Wärme (Q) wird bei einer Reaktion frei ? Kann die Reaktion Arbeit (W) leisten? – Wenn ja wieviel? Thermodynamische Systeme • Ein System ist das was untersucht wird. Der Rest heißt Umgebung. • Ein thermodynamisches System ist makroskopisch. • Die Gesamtenergie eines Systems wird in der Thermodynamik als Innere Energie U bezeichnet. • Daher lassen sich Größen wie Druck, Temperatur und Volumen definieren. Q, W > 0: Arbeit wird am System verrichtet bzw. Wärme wird zugeführt System Umgebung Q, W < 0: System leistet Arbeit bzw. gibt Wärme ab Thermodynamische Systeme (I) Bombenkalorimeter – isoliertes bzw. abgeschlossenes System: Rührer Zünder Thermometer S + O2 SO2 Isoliertes Gefäß Probenbehälter Wasser (II) Quartzglassampulle – geschlossenes System: Mn + I2 MnI2 I2 Probe (III) Becherglas – offenes System: Na + H2O Na+ + OH- + ½ H2 H2 Na Wasser 7. Chemische Reaktionen • Thermodynamik • 1. Hauptsatz Die Änderung der inneren Energie eines Systems ist gleich der mit der Umgebung ausgetauschten Energie (Wärme und Arbeit) ΔU = Q + W ΔUisoliert = 0 dU = dQ + dW Spezialfall: W ist ausschließlich Volumenarbeit, dann dW = -pdV Thermodynamische Systeme Die innere Energie U ist eine Zustandsfunktion, d. h. ihre Änderung ist unabhängig von der Reaktionsführung, während Q und W dagegen abhängig vom Reaktionsführung sind: ΔU = U2 – U1 Für ein ideales Gas: ΔU = U(T2) – U(T1) Falls W ausschließlich Volumenarbeit ist, dann ist bei konstantem Volumen die Änderung der inneren Energie gleich der ausgetauschten Wärme: ΔU = QV V = const. Expansion eines idealen Gases U = U(T) Ideales Gas: Fall 1: Expansion gegen einen äußeren Druck (genauer der äußere Druck wird unendlich langsam verringert) p T = const. ΔU = 0 p Umgebung = Wärmebad ( nGas = 2 mol, T = 300 K = konst., V1 = 0.5 m3, V2 = 5 m3 ) Expansion eines idealen Gases Fall 2: Expansion ins Vakuum T = const. ΔU = 0 Umgebung = Wärmebad p=0 ( nGas = 2 mol, T = 300 K = konst., V1 = 0.5 m3, V2 = 5 m3 ) Thermodynamische Systeme Die Enthalpie H ist eine Zustandsfunktion. Sie ist bei konstantem Druck gleich der ausgetauschten Wärme H=U+p•V ΔH = Qp ΔH < 0 exotherm ΔH > 0 endotherm Thermodynamische Systeme Die Standardreaktionsenthalpie H0298 (rH0298 , H0 ) ist die Änderung der Enthalpie beim Standarddruck po = 1013,25 hPa für ein Mol Reaktionsumsatz der angegebenen Reaktion und bei T = 298,15K (25°C). Standardreaktionsenthalpie : H0T Die Standardbildungsenthalpie HB0 ( f H0298 , BH0298 ) ist die auf ein Mol bezogene Reaktionsenthalpie bei Standarddruck po = 1013,25 hPa für die Synthese der Verbindung aus ihren Elementen (genauer stabilen Modifikationen) bei T = 298,15K (25°C). Standardbildungsenthalpie : ( f H0T , BH0T ) per Definition: Die Standardbildungsenthalpie eines Elements in seiner stabilen Modifikation bei Standarddruck po = 1013,25 hPa ist Null. Dies gilt unabhängig von der Temperatur. Satz von Heß Die beim Übergang eines chemischen Systems von einem bestimmten Anfangs- in einem bestimmten Endzustand abgegebene oder aufgenommene Enthalpie ist unabhängig vom Weg der Umsetzung (Spezialfall des 1. Hauptsatz als Energieerhaltungssatz und H als Zustandsfunktion) Weg 1: ΔH1 Anfangszustand Endzustand Weg 2: ΔH2 ΔH1 = ΔH2 Anwendung des Satz von Heß Edukte → Produkte H0298 HB0 (Pr odukte) HB0 (Edukte) iA i 0 H0298 iHB0 i Stöchiometrische Koeffizienten i positiv für Produkte negativ für Edukte 7. Chemische Reaktionen • Thermodynamik • Massenwirkungsgesetz Welche Reaktion läuft spontan freiwillig ab ? H2 + I2 → 2HI 2HI → H2 + I2 H2 + I2 ⇄ 2HI Massenwirkungsgesetz H2 1 mol H2 HI 2 mol HI 1 mol I2 I2 to t1 V = 1L, T = 490 °C H2 + I2 ⇄ 2HI to Massenwirkungsgesetz Hinreaktion H2 + I2 → 2 HI Gleichgewicht → 2HI H2 + I2 ← 1 mol H2 1 mol I2 0 mol HI 0,228 mol H2 0,228 mol I2 1,544 mol HI Rückreaktion 2HI → H2 + I2 0 mol H2 0 mol I2 2 mol HI Mol 2 Mol 2 HI HI 1 1 H2, I2 0 Zeit H2, I2 V = 1L, T = 490 °C Zeit 0 Massenwirkungsgesetz Der Quotient aus dem Produkt der Konzentrationen der Produkte und dem Produkt der Konzentrationen der Edukte im Gleichgewichtszustand heißt Gleichgewichtskonstante Kc. Kc ist temperaturabhängig. H2 + I2 ⇄ 2HI Kc cHI cHI cH2 cI2 Kc Kc (T ) Gleichgewichtskonstante ci sind Gleichgewichtskonzentrationen Massenwirkungsgesetz A A BB Kc ⇄ CC DD C D cC cD cAA cBB oder iA i 0 KC cii ci sind Gleichgewichtskonzentrationen Prinzip von Le Chatelier Wenn ein System im stabilen Gleichgewicht ist, dann muss jede spontane Änderung seiner Parameter zu einem Prozess führen, welcher die Tendenz hat das System wieder ins Gleichgewicht zu bringen. oder Wird auf ein im stabilen Gleichgewicht befindliches System durch Änderung der äußeren Bedingungen ein Zwang ausgeübt, verschiebt sich die Lage des Gleichgewichtes so, dass das System diesem Zwang ausweicht. Änderungen 1. Änderungen der Konzentrationen bzw. der Partialdrücke 2. Änderung des Gesamtdrucks 3. Änderung der Temperatur Konzentrationsabhängigkeit des chemischen Gleichgewichts H2 + I2 ⇄ 2HI Kc cHI cHI cH2 cI2 H2 H II2 1 mol H2 1 mol I2 to 2 mol HI to t1 Kc = 45.9 für T = 490°C und c0H = c0I = 1 mol im Gleichgewicht: cH = cI = 0.228 mol L-1 2 2 cHI = 1.544 mol L-1 η = 77 % (Umsatz) Umsatzoptimierung: η = 99% 2 c0(H2) c0(I2) = 9.53 2 Prinzip von Le Chatelier 1. Ändert man die Konzentration einer Spezies eines Systems im Gleichgewicht, so bewirkt das Prinzip von Le Chatelier, daß das System dem Zwang durch Verbrauch der Spezies ausweicht und ein neues Gleichgewicht einstellt. Einfluss der Konzentration auf die Lage des chemischen Gleichgewichtes Bildung von Borsäuretrimethylester in Anwesenheit von konz. H2SO4 B(OH)3 + 3CH3OH ⇌ (CH3O)3B + 3H2O Prinzip von Le Chatelier 1. Ändert man die Konzentration einer Spezies eines Systems im Gleichgewicht, so bewirkt das Prinzip von Le Chatelier, daß das System dem Zwang durch Verbrauch der Spezies ausweicht und ein neues Gleichgewicht einstellt. 2. Übt man Zwang auf ein System durch Druckerhöhung aus, so verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung einer Verringerung des Volumens. 3. Bei endothermen (exothermen) Reaktionen verschiebt sich das Gleichgewicht mit zunehmender Temperatur auf die Seite der Produkte (Edukte). Einfluss der Temperatur auf die Lage des chemischen Gleichgewichtes NO2/N2O4- Kugelrohr 2 NO2 20°C T↓ T↑ T↓ -80°C N2O4 ∆ H0 = -58 kJ/mol -80°C Temperaturabhängigkeit von Kp Gesetz von van‘t Hoff: d lnKp dT In guter Näherung: H0T RT 2 H0T H0298 H0298 1 1 ( ) lnKp (T1) R T2 T1 lnKp (T2 ) 2H2O → 2H2 + O2 H0298 484kJ / mol Kp( 298K) Kp(1500K) Kp(2500K) = 10 -80 bar = 10 -12 bar = 10 - 5 bar 7. Chemische Reaktionen 7.1 Thermodynamik chemischer Reaktionen Welche Reaktion läuft spontan freiwillig ab ? Wie kann man das chemische Gleichgewicht beschreiben? H2 + I2 → 2HI H2 + I2 ← 2HI H2 + I2 ⇄ 2HI Wie ist der Energieumsatz einer Reaktion? Welche Wärme (Q) wird bei einer Reaktion frei ? Kann die Reaktion Arbeit (W) leisten? – Wenn ja wieviel? Expansion eines idealen Gases Fall 2: Expansion ins Vakuum T = const. ΔU = 0 Umgebung = Wärmebad p=0 ( nGas = 2 mol, T = 300 K = konst., V1 = 0.5 m3, V2 = 5 m3 ) 7. Chemische Reaktionen • Thermodynamik • 2. Hauptsatz Jedes thermodynamische System besitzt eine Zustandsgröße, Entropie genannt. In jedem Prozeß, der in einem isolierten System abläuft und von einem makroskopischen Gleichgewichtszustand ausgehend in einem solchen endet, kann die Entropiedifferenz nicht negativ sein: S 0 S wird berechnet, indem das System vom Ausgangszustand in den Endzustand durch eine Folge von Gleichgewichtszuständen überführt wird. Für jeden Schritt gilt: dS dQ rev. T Expansion eines idealen Gases starrer Glaskörper Im Wärmebad p2 = 0 atm V1 = 5 L V2 = 5 L Fall 1 (Expansion ins Vakuum) Expansion eines idealen Gases starrer Glaskörper im Wärmebad p2 = 0 atm V1 = 5 L V2 = 5 L irreversibel Vges = V1 + V2 = 10 L Fall 1 (Expansion ins Vakuum) Expansion eines idealen Gases T = 300 K starrer Glaskörper im Wärmebad V1 = 5 L V2 = 5 L Fall 2 (reversible Expansion) Expansion eines idealen Gases T = 300 K starrer Glaskörper im Wärmebad reversibel V1 = 5 L Vges = V1 + V2 = 10 L V2 = 5 L Fall 2 (reversible Expansion) Vereinigung von 1. HS und 2. HS der Thermodynamik 1. HS DU = Q + W dU = dQ + dW = T dS – p dV dQrev 2. HS dS = nur Volumenarbeit dW = - p dV reversibler Prozeß T U = U(S, V) dU = U S T= V U S p =- dS + V U V S U V dV S thermodynamische Definition der Temperatur Thermodynamische Systeme H = H(S,p,n1n2…) H = H(T,p,n1,n2…) U = U(S,V,n1,n2…) U = U(T,V,n1,n2…) S Entropie T Temperatur V Volumen V Volumen p Druck p Druck ni Molzahl des Stoffs i ni Molzahl des Stoffs i Zustandsfunktionen Thermodynamische Potentiale Zustandsfunktionen Gleichgewichtsbedingungen für U(S, V) und S(U, V) 2. HS ΔS ≥ 0 für jeden freiwillig ablaufenden Prozeß S ist maximal im Gleichgewicht mit U = const. und V = const. S ΔU ≤ 0 für jeden freiwillig ablaufenden Prozeß U ist minimal im Gleichgewicht mit S = const. und V = const. U Thermodynamische Systeme H = H(S,p,n1n2…) H = H(T,p,n1,n2…) U = U(S,V,n1,n2…) U = U(T,V,n1,n2…) G = G(p,T,n1,n2…) S = S(U,V,n1,n2…) S Entropie T Temperatur V Volumen V Volumen p Druck p Druck ni Molzahl des Stoffs i ni Molzahl des Stoffs i Zustandsfunktionen Thermodynamische Potentiale Zustandsfunktionen 7. Chemische Reaktionen • Thermodynamik • 2. Hauptsatz Jedes thermodynamische System besitzt eine Zustandsgröße, Entropie genannt. In jedem Prozeß, der in einem isolierten System abläuft und von einem makroskopischen Gleichgewichtszustand ausgehend in einem solchen endet, kann die Entropiedifferenz nicht negativ sein: S 0 S wird berechnet, indem das System vom Ausgangszustand in den Endzustand durch eine Folge von Gleichgewichtszuständen überführt wird. Für jeden Schritt gilt: dS dQ rev. T Freie Enthalpie, G G = G(p,T) G )p T Entroie, S S (p , T ) ( Enthalpie, H H (p , T ) G T ( Volumen, V V( G )p T G )T p Wärmekapazität, cp 2G c p T ( 2 )p T Thermische Expansion, α 1 2G )p ( V p T Isothermische Kompressibilität,κ 1 2G ( 2) V p 100000 133333.3 Cu H(T) 66666.7 G, H, -TS[J/mol] G, H, -TS[J/mol] G zeigt keine Unstetigkeit am Schmelzpunkt, da dort gilt: 0 0.0 G = H-TS -66666.7 -100000 ΔG = ΔH – TΔS = 0 -TS -133333.3 -200000 -200000.0 300 500 700 T[K] 900 1100 1100 1300 1300 1500 1500 T[K] fccCu 2 1 7 3 Gm HSER Cu 7770,46 130,485 T 24,1124 T ln(T) 0,00265684 T 52478 T 1,29223 10 T Die freie Enthalpie (G) • G ist minimal im Gleichgewicht bei p, T = const. G ξ: Reaktionslaufzahl G ξ ΔG < 0 ΔG = 0 ΔG > 0 ΔG = Wmaximal T, P für freiwillig ablaufende Prozesse im Gleichgewicht Prozeß läut nicht freiwillig ab maximale Arbeit, die ein System leisten kann Reaktionsarbeit Thermodynamische Systeme Die freie Standardreaktionsenthalpie G0298 (r G0298 , G0 ) ist die Änderung der freien Enthalpie bei Standarddruck po = 1013,25 hPa für ein Mol Reaktionsumsatz der angegebenen Reaktion und bei T = 298,15K (25°C). Freie Standardreaktionsenthalpie : G0T Die freie Standardbildungsenthalpie GB0 ( f G0298 , BG0298 ) ist die auf ein Mol bezogene freie Reaktionsenthalpie bei Standarddruck po = 1013,25 hPa für die Synthese der Verbindung aus ihren Elementen (genauer stabilen Modifikationen) bei T = 298,15K (25°C). Freie Standardbildungsenthalpie : ( f G0T , BG0T ) per Definition: Die freie Standardbildungsenthalpie eines Elements in seiner stabilen Modifikation bei Standarddruck po = 1013,25 hPa ist Null. Dies gilt unabhängig von der Temperatur. Definition thermodynamisch relevanter Größen H = H(p, T, ni) H(p, T, ni) H0298 H0B Enthalpie Reaktionsenthalpie Standardreaktionsenthalpie Standardbildungsenthalpie G = G(p, T, ni) G(p, T, ni) G0298 G0B freie Enthalpie freie Reaktionsenthalpie freie Standardreaktionsenthalpie freie Standardbildungsenthalpie S = S(p, T, ni) S(p, T, ni) S0298 S0298 Entropie Reaktionsentropie Standardreaktionsentropie molare Standardentropie H0298 = i H0B G0298 = i G0B S0298 = i S0298 Tabellenwerke Reaktionswärme bei konstantem Druck Reaktionsarbeit bei konstantem Druck Gibbs-Helmholtz Funktion ΔG = ΔH – T ΔS < 0 freiwillig ablaufende Reaktion 1) ΔH < 0 2) ΔH < 0 & & ΔS > 0 ΔS < 0 3) ΔH > 0 & ΔS > 0 4) ΔH > 0 & ΔS < 0 exotherm und Erhöhung der Entropie exotherm und Verringerung der Entropie | T ΔS | < | ΔH | Reaktion bei geringer T. endotherm und Erhöhung der Entropie | T ΔS | > | ΔH | Reaktion bei hoher T. nicht freiwillig ablaufende Reaktion Gleichgewichtsbedingung: ΔG = 0 T ΔS = ΔH T S H Gibbs-Helmholtz Funktion CaCO3(s) CaO(s) + CO2(g) ΔG0298 = 130,41 kJ mol-1 ΔH0298 = 178,30 kJ mol-1 ΔS0298 = 160,59 kJ mol-1 ΔG0T = ΔH0T – T ΔS = 0 ΔH0T ΔS0T ΔH0298 im Gleichgewicht =T (Zersetzung) ΔS0298 178,30 x 1000 J mol-1 160,59 J mol-1 K-1 = 1110 K Freie Enthalpie und chemisches Gleichgewicht Systembedingungen: Kontakt mit Wärme- und Druckreservior Gleichgewichtsbedingungen: ΔG = 0 G ist minimal dG = G T dT + p, ni G p dp + T, ni S U(S, V, ni) G ni dni T, p, nj G(p, T, ni) dG = -S dT + V dp + ∑ μi dni S V μi Entropie Volumen chemisches Potential T Temperatur p Druck ni Molzahl S(U, V, ni) Freie Enthalpie und chemisches Gleichgewicht (1 Komponentensystem) dG = -S dT + V dp + i dni H2O(g) H2O(l) 1) thermisches Gleichgewicht T(l) = T(g) T = 0 2) mechanisches Gleichgewicht p(l) = p(g) p = 0 3) Stoffaustausch im Gleichgewicht (l) = (g) = 0