T THERAPIE Bauchwasser bei Krebspatienten: Neue Möglichkeiten der Behandlung von Aszites bei Krebserkrankungen Im Verlauf verschiedener Tumorerkrankungen kann es zu einer Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum kommen, die für die Betroffenen oft sehr belastend ist. Der medizinische Fachbegriff für dieses Bauchwasservorkommen lautet „Aszites“. Prof. Jalid Sehouli, Berliner Charité, berichtet über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten dieser Begleiterkrankung. Prof. Jalid Sehouli, Charité Comprehensive Cancer Center, Europäis ches Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs (EKZE), Klinik für Frauen-heilkunde und Geburtshilfe, Charité/Campus Virchow-Klinikum, Universitätsmedizin Berlin M it Aszites wird die übermäßige Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchbereich bezeichnet, d. h. zwischen den Organen, wie Darm, Leber und Blase und den Bauchwänden zwischen den Bauchfellblättern (Peritoneum). Wie wird Aszites erkannt? Was sind die Ursachen? Die häufigsten Symptome sind die Zunahme des Bauchumfangs, Völlegefühl, Druck auf die Blase, Übelkeit und Schmerzen. Das Vorhandensein von Bauchwasser kann aber auch völlig symptomlos sein. Das Bauchwasser kann meist leicht mittels Ultraschalluntersuchung oder radiologischen Methoden wie Computer (CT)- oder Magentresonantomographie (MRT) erkannt werden. Das Bauchfell kleidet den gesamten Bauchraum aus Anatomische Zeichnung des Bauchfellraumes (aus: Sehouli J, Lichtenegger W: Eierstockkrebs, Eileiterkrebs und Bauchfellkrebs: 100 Fragen –100 Antworten. Akademos Verlag, Hamburg, 2. Auflage, 2008) Leber Magen Pankreas Dickdarm Dünndarm Dickdarm Bauchhöhle Bauchfell (Peritoneum) 14 K-Journal 4/09 THERAPIE Ultraschallbild: Bauchwasser um die Leber herum. T Peritonealkarzinosen*, gehören der Eierstock- (siehe Abb. XX), Eileiter-, sowie Bauchfellkrebs und bösartige Tumoren des Magen-Darm-Traktes. Hierbei liegt häufig ein Befall des Bauchfells vor, was die natürliche (physiologische) Wideraufnahme (Resorption) des Wassers über die Gefäße des Bauchfells in den Kreislauf verhindert. Die Folge ist somit ähnlich wie bei einem Staudamm die Ansammlung von „Wasser“ im Bauchraum. In einigen Fällen liegt neben der Ansammlung von Bauchwasser auch eine Flüssigkeitsansammlung im Bereich der Lungenräume (Pleura) vor, auch hier sind dann häufig Tumorabsiedlungen (Pleurakarzinose) die Ursache und Luftnot häufig die Folge. Peritonealkarzinose: Was nun? Wenn das Bauchwasser die Ursache der Beschwerden ist, wird als erste Behandlungsmaßnahme meist die Punktion durch die Bauchdecke vorgenommen, die in der Regel unter einer örtlichen Betäubung völlig problemlos durchzuführen ist. Mikroskopisches Bild zweier Tumorzellen (Bildmitte) neben vielen Entzündungszellen (Leukozyten) bei einer Patientin mit Eierstockkrebs Verschiedene Krankheiten können Bauchwasser als Symptom aufweisen, wobei prinzipiell bei den Ursachen zwischen bösartigen und nicht-bösartigen Erkrankungen zu unterschieden ist. Zu den nicht-bösartigen Krankheitsbildern zählen u. a. verschiedene Herzkrankheiten, Entzündungen und Lebererkrankungen. Zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen, die mit Bauchwasser einhergehen, den sogenannten Neben der Entlastung des Bauches kann das Bauchwasser mikroskopisch untersucht werden, um die Tumorzellen zu beschreiben oder auszuschließen. Therapiestrategie ... nur nach einer detaillierten Interpretation aller klinischen Befunde Welche Therapiestrategie bei Nachweis einer Peritonealkarzinose am besten ist, kann nur nach einer detaillierten Interpretation aller klinischen Befunde und in Abhängigkeit verschiedener Faktoren, wie Allgemeinzustand, vorherige medikamentöse und operative Behandlungen und aktuelle Organfunktionen definiert werden. Hierbei sind Behandlungsziele, wie Verbesserung der Lebensqualität oder Verhinderung des Wider- Anzeige K Ö RP ER ·S EELE · GEIST Info-Tel. 08 00 / 8 90 11 00, kostenfrei Onkologie ist Partnerschaft! KÖRPER · SEELE · GEIST „Unsere Klinik steht für intensive Begleitung und menschenwürdige Therapie. Wir arbeiten nach dem Prinzip der integrativen Onkologie. Der ganzheitliche Ansatz bewirkt bei unseren Patienten neben einer optimalen schulmedizinischen Behandlung auch Momente des Innehaltens und Atemschöpfens, um neue Kräfte aufzubauen. Habichtswald-Klinik · Die Onkologische Abteilung Fachklinik für Onkologie, Innere Medizin und Psychosomatik. Es ist uns wichtig, dass unsere Patienten uns als verlässlichen Partner auf ihrem Weg verstehen und eine starke Vertrauensbasis entsteht, denn Krebs ist mehr als eine Diagnose, es ist eine Herausforderung an Ihren Körper, Ihre Seele und Ihren Geist. Wir nehmen diese Herausforderung gemeinsam mit Ihnen an.“ Wigandstr. 1 · 34131 Kassel · Tel. 0561/3108-0 Fax 0561/3108-858 · www.habichtswaldklinik.de T THERAPIE und die Ergebnisse aus kontrollierten sogenannten Phase-III Studien. intraperitoneal: Abk. ip; innerhalb der Bauchhöhle Peritonealkarzinose: Ausbreitung des Tumors auf das Bauchfell und auf Bauchorgane wie Leber, Milz, Magen oder Darm Örtliche Betäubung im Hautbereich des Unterbauchs. Anschließend erfolgt die Entnahme des Bauchwassers. auftretens der Erkrankung klar zu definieren. Für die Entscheidung der individuellen Therapiestrategie gilt neben den Ergebnissen aus kontrollierten Studien die Präferenz der Patientin als eine der wichtigsten Entscheidungskriterien. Bei wideraufgetretener Tumorerkrankung (Rezidiv) des Eierstockkrebs, Eileiterkrebs oder Bauchfellkrebs bleibt nach den aktuellen Leitlinien die Unterscheidung zwischen Patientinnen mit einen platinresistenten und platinsensitiven Tumor als einer der wichtigsten Faktoren sowohl für die Prognose als auch für die Auswahl der Therapiestrategie und der Krebsmedikamente. Grundlage der Therapie für Frauen mit Eierstock-, Eileiter- oder Bauchfellkrebs bleiben die Empfehlungen der Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO, www.ago-online.de) Nach den aktuellen Leitlinien sind auch alle intraperitoneale Therapiestrategien bei den gynäkologischen Tumoren als noch nicht ausreichend untersucht und als experimentell einzustufen und sollten nicht außerhalb von kontrollierten klinischen Studien erfolgen . In der gültigen Leitlinie (aktualisierte Version 2009) für den Eierstockkrebs heißt es: „Für die intraperitoneale Chemotherapie liegen positive Daten vor, allerdings konnte bisher kein für die klinische Routine geeignetes Regime entwickelt werden und weitere Studien sind erforderlich, bevor die ip-Therapie als Standard empfohlen werden könnte.“ Diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf die postoperative (nach Operation) und nicht auf die intraoperative (während der Operation) Chemotherapie und nur zum Zeitpunkt der Erstdiagnose (Primärtherapie). Auch die HIPEC (Hypertherme Intraperitoneale Chemotherapie) wird in den aktuellen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO) nicht empfohlen. Wichtig ist zu betonen, dass alle operativen und medikamentösen Behandlungen stets in ein onkologisches Gesamtkonzept eingebettet sein müssen und die aktuellen Empfehlungen der Leitlinie und die Ergebnisse aus großen kontrollierten Studien berücksichtigt werden müssen. Gerne beraten wir Sie zu den verschiedenen bösartigen Erkrankungen, die mit Bauchwasser verbunden sein können. Hierzu haben wir seit vielen Jahren ein spezialisiertes interdisziplinäres Expertenteam in der Charité etabliert. Neue Behandlungsoption bei Aszites aufgrund einer Peritonealkarzinose! Seit kurzem ist eine neue Immuntherapie mittels den in Deutschland entwickelten Antikörper Catumaxomab (Removab) zur Behandlung von Aszites bei Patienten mit verschiedenen bösartigen Tumoren, wie Brust-, Eierstock-, Magen- und Darmkrebs in Deutschland zugelassen. Diese Substanz wird in vier Einzelgaben im Abstand von je drei Tagen direkt in den Bauch verabreicht und ist gegen das Eiweiß THERAPIE (Protein) EpCam gerichtet, welches sehr häufig auf der Oberfläche der Krebszellen vorkommt. Zusätzlich werden immunkompetente Zellen des Körpers angeregt und bei ihrer Bekämpfung der Krebszellen unterstützt. Eine große internationale Studie demonstrierte die Wirksamkeit dieser Substanz bei der Behandlung des Bauchwassers bei verschiedenen bösartigen Tumoren, wie Eierstock-, Brust- und Magenkrebs. Die Zahl der erneuten notwendigen Bauchwasserpunktionen konnte erheblich vermindert und auch das Zeitintervall bis zu einer erneuten Entlastung von Bauchwassers mittels Immuntherapie verlängert werden. Um diese innovative Therapieoption weiter zu entwickeln, wurde eine europäische Studie (CASIMAS) gestartet und ist in Deutschland in verschiedenen Zentren zur Teilnahme offen. Diese europaweite Studie untersucht die Verträglichkeit, Sicherheit und Effektivität der Behandlung von Aszites-Patienten mit Catumaxomab bei Anzeige gleichzeitiger Gabe eines Corticosteroids. Außerdem wurde nun über die Berliner Charité eine weitere Studie (SECIMAS) gestartet, die erneute Behandlung mit Catumaxomab nach erfolgreicher Erstbehandlung zur Bekämpfung des Bauchwassers untersucht. Ob Patienten für diese Studien geeignet sind, hängt von verschiedenen Faktoren, wie Allgemeinzustand, Tumorbefallmuster und Vortherapien ab, und wird von den Ärzten der Studienzentren detailliert überprüft. Ob sie außerhalb dieser Studie für eine Behandlung mit Catumaxomab geeignet sind, erfahren sie von ihren behandelnden Ärzten. Von Prof. Jalid Sehouli Weite Informationen zur Leitlinie finden Sie unter: www.agoonline.de/_download/unprotected/ovar_ empfehlung_maligner_tumoren_de_09.pdf T Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.eierstockkrebs-forum.de SECIMAS = Second Cycle catumaxomab Intraperitoneal infusion Malignant Ascites Safety) CASIMAS steht für Catumaxomab Study with Intraperitioneal infusion in Malignant Ascites patients Kontakt Prof. Dr. Jalid Sehouli Charité Comprehensive Cancer Center (CCCC) Europäisches Kompetenzzentrum für Eierstockkrebs Klinik für Gynäkologie E-Mail: [email protected] Tel.: 030-450 56 40 52