Die Sonne

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Einführung in die Astronomie
Die Sonne
Die Sonne ist ein „Durchschnittsstern“, wenn wir sie nach Grösse, Leuchtkraft und Lebensalter mit anderen Sternen vergleichen. Viele Eigenschaften der Sonne lassen sich aber auf andere Sterne übertragen.
Sie kann uns als gut beobachtbarer „Musterstern“ dienen.
Das Besondere der Sonne ist, dass wir uns in ihrer unmittelbaren Umgebung befinden. Diese Nähe hat
unser Leben erst möglich gemacht. Bereits eine kleine Änderung ihrer Grösse, ihrer Strahlung oder ihrer
Aktivität würde ausreichen, um alles irdische Leben auszulöschen. Das Verständnis der Sonne lässt uns
auch das Leben auf der Erde besser verstehen.
Steckbrief der Sonne
6.96·108 m
Radius
Oberfläche
6.09·1018 m2
Volumen
1.41·1027 m3
Masse
1.99·1030 kg
Abstand Erde–Sonne
1.50·1011 m
1.41·103 kg/m3
Mittlere Dichte
Beschleunigung an der Oberfläche
274 m/s2
Aufgabe
1.
Berechnen Sie die Dichte und die Beschleunigung an der
Oberfläche aus den anderen gegebenen Daten und dem
Gravitationsgesetz selbst!
Die äusseren Schichten der Sonne
Das Licht, das wir auf der Erde empfangen, strahlt die Photosphäre ab. Sie ist nur 350 km dick und hat eine Temperatur von
etwa 5’800 K. Die auffälligste Erscheinung in der Photosphäre
sind die Sonnenflecken, die Galilei zum ersten Mal beobachtet
hat. Dies sind um bis zu 1’200 K kühlere Stellen an der Sonnenoberfläche. Ihre Häufigkeit wechselt periodisch und erreicht alle
11 Jahre ein Maximum. Der Sonnenfleckenzyklus wird durch das
sich alle 22 Jahre umpolende Magnetfeld der Sonne gesteuert.
Anhand der Sonnenflecken lässt sich die Rotation der Sonne beobachten. Die Rotationsdauer ist vom Breitengrad abhängig. Am
Sonnenäquator dreht die Sonne schneller (ca. 25 Tage pro Umdrehung) als in den Polregionen (ca. 30 Tage pro Umdrehung).
Der Drehsinn stimmt mit dem der meisten Planeten überein. Dies
ist für die Wissenschaft ein beinahe zwingender Hinweis auf eine
gemeinsame Entstehung.
Riesige Sonnenflecken (beobachtet im
April 1947 vom Hale Observatorium, USA)
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Vergrösserte Aufnahmen der Sonnenoberfläche lassen eine
gekörnte Struktur, die Granulation, erkennen. Sie entsteht durch
aufsteigende Gasmassen aus dem Inneren der Sonne (vergleichbar mit Blasen von kochendem Wasser).
Granulation (aufgenommen vom Big Bear
Sonnenobservatorium, USA)
Oberhalb der Photosphäre befinden sich die Chromosphäre
und die Korona. Sie leuchten beide wie die Photosphäre im
sichtbaren Licht, jedoch vergleichsweise schwach. Ohne Hilfsmittel sind sie nur während einer totalen Sonnenfinsternis beobachtbar. Mit speziellen Filtern lassen sich aber Strukturen auch zu
anderen Zeiten sichtbar machen. Am auffälligsten sind die Eruptionen (engl. Flares) und Protuberanzen. Dies sind gewaltige Explosionen, bei denen Materie mehrere 10'000 km von der Sonnenoberfläche weggeschleudert wird. Sie sind manchmal über
mehrere Tage hinweg beobachtbar.
Flare (aufgenommen vom Big Bear
Sonnenobservatorium, USA)
In der Korona herrschen gewaltige Temperaturen, nämlich 2
bis 3 Mio. K. Die Aufheizung wird wahrscheinlich durch das Magnetfeld der Sonne verursacht. Bei diesen enorm hohen Temperaturen erreichen Teilchen so hohe Geschwindigkeiten, dass sie
das Schwerefeld der Sonne verlassen können und als sog. Sonnenwind in den umgebenden Raum strömen. Der Sonnenwind
besteht hauptsächlich aus Protonen, Elektronen und Heliumkernen (alles geladenen Teilchen, die durch Magnetfelder beeinflusst
werden). Er erreicht auch unsere Erde und zeigt sich zum Beispiel
im hohen Norden als Polarlicht. Das Magnetfeld der Erde schützt
uns vor diesem Teilchenstrom weitgehend ab. Sonst wäre auf der
Erde kaum Leben denkbar.
Totale Sonnenfinsternis mit Korona
(beobachtet in der Karibik am 26.2.1998)
Die inneren Schichten und die Energieproduktion
Die Energieproduktion findet nicht mit Hilfe von Verbrennungen statt, sondern durch Kernreaktionen
(Prozessen, bei denen aus Atomkernen bestimmter Elemente Kerne anderer Elemente gebildet werden).
Auf der Erde empfangen wir durch die Sonnenstrahlung 1‘360 J Energie pro Sekunde und Quadratmeter
(Solarkonstante). Dies ergibt für die Sonne eine Strahlungsleistung von etwa 3.8·1026 W.
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Diese gewaltige Energiemenge entsteht durch Kernfusion von Wasserstoffatomen (Protonen) zu Heliumatomen
nach dem nebenstehenden Schema.
Für jedes He–Atom sind 4 Protonen nötig. 2 der 4 Protonen werden im Verlauf eines Zyklus in Neutronen umgewandelt. Neben den He–Atomen entstehen bei diesem
Prozess auch andere Teilchen (z.B. sog. Neutrinos), deren
Energie genau vorausgesagt werden kann. Messungen
konnten so die Richtigkeit des Modells zeigen.
Der Proton–Proton–Zyklus
Bei diesem Prozess geht Masse verloren, denn 1 He–Atom (4.0015 g/Mol) wiegt 0.0305 g/Mol
weniger als 2 Neutronen (je 1.0087 g/Mol) und 2 Protonen (je 1.0073 g/Mol) zusammen (4.0320 g/Mol).
Dieses Phänomen heisst Massendefekt. Die Einsteinsche Formel E = m·c2 (c: Lichtgeschwindigkeit) besagt,
wieviel Energie dieser verlorenen Masseentspricht.
Bei kleinen Atomkernen wie H– oder He–Kernen, wird
bei der Fusion Energie frei. Dies gilt bis zum Eisen. Danach
verbraucht die Verschmelzung Energie. Werden daher
grössere Atome (z.B. Uran) gespalten, so wird ebenfalls
Energie frei.
Die Sonne verliert also an Masse und zwar rund
4·109 kg/s! Dennoch hat sie seit ihrem Entstehen weniger
als 1% ihrer Gesamtmasse in Form von Energie abgegeben!
Die Kernfusion findet in der Kernregion
der Sonne bei rund 15 Mio. K statt. Die freigesetzte Energie durchquert etwa 70% des
Sonnenradius in Form von Gammastrahlung
(vgl. Proton–Proton–Zyklus). Dies geschieht in
kleinen Schritten, denn die Materie im Innern
der Sonne ist so dicht, dass jede Strahlung
nach kurzer Distanz wieder auf ein Atom
trifft, vom ihm absorbiert und wieder neu
emittiert wird.
Die restlichen 30% des Sonnenradius legt
die Energie mit Hilfe von Gasströmen zurück,
die bis an die Oberfläche der Sonne dringen.
Die aufsteigenden Gasmassen kühlen an der
Oberfläche ab und sinken wieder. Man nennt
diese Zone daher Konvektionszone.
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Die aufsteigenden Blasen werden für uns als Granulen sichtbar. In der Photosphäre schliesslich entsteht dann die Lichtstrahlung, die bis zu uns dringt.
Die Sonne strahlt aber nicht nur im sichtbaren Bereich des Lichtes, sondern sendet auch langwellige
Radiostrahlung und kurzwellige ultraviolette Strahlung aus, die aber nur zu einem kleinen Teil die Erdoberfläche erreichen.
Aufgaben
2.
Berechnen Sie anhand der Solarkonstanten und des Sonnenabstandes zur Erde die Energiemenge,
welche die Sonne pro Sekunde abgibt.
3.
Nehmen Sie an, die Sonne sei ein gigantischer Kohlehaufen. Beim Verbrennen von 1 kg Kohle werden 2.9·107 J freigesetzt. Wie lange dauerte es, bis sämtliche Kohle verbrannt wäre, wenn die Sonne
die jetzige Leistung konstant abgäbe?
4.
Berechnen Sie näherungsweise die Temperatur im Innern der Sonne mit Hilfe des Gravitationsgesetzes und des Gasgesetzes.
Lösungen: 1. vgl. Tabelle; 2. 3.8·1026 J/s; 3. 4’800 a; 4. 3·107 K.
Das Sonnenspektrum
Zu Beginn des Kapitels wurde erwähnt, dass die Sonne der einzige Stern ist, den wir detailliert beobachten können. Alle anderen Sterne sind so weit weg, dass sie selbst in den grössten Teleskopen nur als
winzige Punkte sichtbar sind. Das Licht, das sie aussenden, ist — zusammen mit ihrer Position — die einzige Information, die wir von ihnen bekommen können. Was lässt sich alles daraus ablesen?
Die Farbe des Lichts verrät uns zuerst die Temperatur der Oberfläche. Das sog. Wiensche Verschiebungsgesetz besagt, dass das Strahlungsmaximum einer Lichtquelle mit der Erhöhung der Temperatur
sich zu kürzeren Wellenlängen hin verschiebt. Kurz: Rötliche Sterne haben eine kühlere Oberfläche als
gelbe, wogegen weiss–blaue heisser sind.
Zerlegt man jetzt das Licht, das von der Sonne zu uns kommt mit einem Prisma in seine Spektralfarben, so ergibt sich kein kontinuierliches Spektrum wie bei einer Glühlampe, sondern im Spektrum der
Sonne sind dunkle Linien erkennbar. Um 1818 hat Joseph Fraunhofer etwa 500 solcher Linien entdeckt.
Die Tatsache, dass diese Linien immer an der gleichen Stelle des Spektrums erscheinen, nutzte Fraunhofer,
um die Brechungsindizes seiner Gläser exakt bestimmen zu können. Das Phänomen konnte erst 1859
Gustav Kirchhoff erklären. Die sog. Absorptionslinien gehören zu bestimmten Elementen, sind quasi wie
ein Fingerabdruck derselben. Beispielsweise stehen im gelben Teil des Sonnenspektrums zwei markante
schwarze Linien nahe beieinander. Sie gehören zum Element Natrium. Das Fehlen dieser Farben bedeutet,
dass oberhalb der Photosphäre Natrium vorhanden sein muss, dass genau diese Farben herausfiltert. Umgekehrt strahlt eine Natriumröhre genau diese beiden Farben ab, wenn sie zum Leuchten angeregt wird
(Emissionsspektrum).
blau
Sonnenspektrum mit den Fraunhofer–Linien
grün
gelb
orange
Spektrallinien von Natrium
589 nm und 589.59 nm
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rot
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Wie entsteht Strahlung im Allgemeinen und das Sonnenspektrum im Besonderen? Dazu müssen wir
kurz etwas über den Atomaufbau sagen.
Ein Atom besteht aus einem Kern (mit Protonen und Neutronen) und einer Elektronenhülle. Die Elektronen füllen diese Hülle von innen nach aussen. Sie können sich nur in ganz bestimmen Zuständen befinden, zu denen eindeutig definierte Energiemengen gehören.
In der Photosphäre haben die Atome auf Grund der hohen Temperatur ei-
Freies Elektron
nige ihrer Elektronen verloren. Solche Atome sind insgesamt positiv geladen
heissen ionisiert. In diesem Fall können sie ein negatives freies Elektron einfangen. Beim Einfang gibt das Elektron die überschüssige kinetische Energie in
Form von elektromagnetischer Strahlung ab, die der Differenz zwischen seinem Energiezusand vorher und dem Energieniveau, das es im Atom besetzt,
entspricht. Diese Energiemenge — und damit auch die zur Energie proportio-
4
Elektronenhülle
3
nale Frequenz der Strahlung — kann natürlich irgend einen Wert annehmen
und lässt keinen Rückschluss auf das Atom zu, von dem es eingefangen
wurde. So entsteht ein kontinuierliches Spektrum mit allen Farben.
2
1
Dieses Licht trifft nun in den kühleren Schichten der Chromosphäre auf
Atome, deren Hülle normal mit Elektronen besetzt ist. Solche Atome sind in
der Lage, diejenigen Frequenzen aus der kontinuierlichen Strahlung herauszufiltern, die einer Niveaudifferenz in ihrer Hülle entsprechen. Das betroffene
n=
44
Elektron kann die Energiemenge auf den tieferen Niveau übernehmen und in
einen angeregten Zustand auf einem höherem Niveau übergehen. Dieser Zustand ist allerdings sehr kurzlebig. Nach etwa 10–8 s gibt es die Energie in Form
der gleichen Strahlung in irgend eine Richtung wieder ab (Rekombination). Bei
diesem ganzen Vorgang wird die betroffene Linie im Spektrum durch
n=
33
n2 = 2
n=
11
Streuung stark geschwächt. Das typische Sonnenspektrum entsteht.
Welche Informationen können wir nun herauslesen? Da die Differenzen zwischen den Energieniveaus
in allen Atomen verschieden sind, entsprechen die Spektrallinien resp. die dunklen Linien einer ganz bestimmten Rekombination in einem ganz bestimmten Atom. Das Element hinterlässt quasi einen Fingerabdruck. Der Vergleich zwischen den dunklen Linien im Spektrum und den Emissionsspektren, die im Labor
gewonnen werden können, lässt auf die Substanzen schliessen, die sich in der Chromosphäre oder der
Korona befinden. Deutlich sind zum Beispiel die Linien des Wasserstoffs.
Zu Beginn der Untersuchungen im letzten Jahrhundert wurden auch Linien gefunden, zu denen kein
bekanntes Spektrum passte. Während Helium einige Jahre später auch auf der Erde entdeckt wurde, erwies sich das Coronium getaufte Element als 13–fach ionisiertes Eisen. Der hohe Ionisationsgrad lässt den
Schluss zu, dass in der Korona Temperaturen von über 1 Mio. Kelvin herrschen.
Andere Sterne als die Sonne zeigen häufig auch ganz andere dunkle Linien in ihren Spektren. Andere,
mehr oder weniger Elemente können erkannt werden. Rückschlüsse auf einen anderen Aufbau und Zustand des Sterns sind möglich. Zudem filtern auch interstellare Staubwolken gewisse Frequenzen aus,
sodass sich auch ihre Zusammensetzung studieren lässt.
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Mit Filtern lassen sich Bilder der Sonne gewinnen, bei denen das Licht einer einzigen Spektrallinie zu
sehen ist. So können z.B. die Strukturen der Chromosphäre im Licht des Wasserstoffs (Hα–Linie)
beobachtet werden.
Alle drei Bilder sind vom Big Bear Sonnenobservatorium* (USA) am gleichen Tag aufgenommen worden:
Die Sonne im weissen Licht, im Licht von Kalzium (Ca I) und im Licht von Wasserstoff (Hα).
Magnetfelder haben ebenfalls Auswirkungen auf die Spektrallinien: Sie spalten eine einzelne Linie in
mehrere getrennte auf (Zeeman–Effekt). Also lassen sich aus dem Spektrum auch Rückschlüsse auf ein
allfällig vorhandenes Magnetfeld ziehen.
Eine letzte Information, die in einem Spektrum stecken kann, soll noch erwähnt werden. Bewegt sich
ein Objekt auf uns zu, so werden die Lichtwellen gestaucht, bewegt es sich von uns weg, so werden sie
gedehnt. Eine Änderung der Frequenz macht sich aber in einer Verschiebung der dunklen Absorptionslinien bemerkbar. Je schneller sich das Objekt auf uns zu bewegt, desto mehr sind die Linien gegen das
hochfrequente Blau verschoben, je schneller es sich von uns entfernt, desto mehr sind die Linien gegen
rot verschoben. Auf diese Art und Weise lassen sich Doppelsterne, sich drehende Galaxien und schliesslich
die Expansion des Universums nachweisen.
*
Internetadressen von Sonnenobservatorien:
National Solar Observatory (USA): http://www.nso.noao.edu/welcome.html
Big Bear Solar Observatory (Kalifornien, USA): http://www.bbso.njit.edu
Kanzelhöhe Sonnenobservatorium (Österreich): http://www.solobskh.ac.at/index.htm
SOHO (Sonnensatellit, USA): http://sohowww.nascom.nasa.gov
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