INFOBLATT | HPV – DIE BIOLOGISCHEN GRUNDLAGEN 1 HPV – Die biologischen Grundlagen Wie sind Papillomaviren gebaut? HP-Viren sind doppelsträngige DNS-Viren mit etwa 8000 Basenpaaren. Zum Vergleich: die menschliche DNS hat drei Milliarden Basenpaare, welche rund 750 Megabyte an digitalen Daten entsprechen, also bequem auf einem Datenträger Platz finden. Sie sind etwa 50 nm klein – als Grössenvergleich passen in einen Intermediärzellkern des zervikalen Plattenepithels also rein rechnerisch eine Million Viren. Das Virusgenom kodiert das Kapsid (bestehend aus Hüllprotein), das sehr stark immunogen ist. Wie viele Humane Papillomaviren gibt es? Zurzeit sind über 100 humane Papillomaviren bekannt, neue kommen durch Mutation hinzu. Damit ein Virus eine eigene Nummer erhält, muss es mindestens 10% unterschiedliche Basenpaare im Vergleich zu einem anderen Typ aufweisen. Das von zur Hausen (postulierte als erster den Zusammenhang von HPV und Krebs) gegründete Deutsche Krebsforschungszentrum DKFZ führt die Referenz Datenbank der WHO (Genomdatenbank): www.dkfz.de/de/forschung/whozentren/who_hpv.html U U Welche Gewebe infizieren Papillomaviren beim Menschen? Die HP-Viren penetrieren durch Mikroverletzungen in die Haut und Schleimhautepithelzellen von Konjunktiva, Mundhöhle, Larynx, Bronchotrachealbaum, Oesophagus, Blase, Anus und Genitaltrakt beider Geschlechter. Kurz & bündig Abbildung 1: Atommodell eines Papillomavirus mit Kapsomeren (immunogene Hüllprotein-Bausteine, Kreis) Wo kommen Papillomaviren vor ? Papillomaviren sind bei Mensch und Tier bekannt. Die Viren sind spezies-spezifisch, d.h. ein Hundepapillomavirus infiziert beispielsweise nicht den Menschen und umgekehrt. HPV ist ein doppelsträngiges, speziesspezifisches DNS-Virus mit stark immunogenem Kapsid. HPV befällt Gastrointestinaltrakt und Genitalien beider Geschlechter und wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen. Es existieren rund 100 Typen in drei Gruppen, wovon die Untergruppen 1 und 2 wahrscheinlich karzinogen sind. Infektionen der Zervix können latent oder replikativ sein und dauern ca. ein Jahr. DR. MED. BERNHARD RINDERKNECHT FACHARZT FMH FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE, PATHOLOGIE, GYNÄKOLOGISCHE ZYTOLOGIE LABOR DR. RINDERKNECHT | HARDSTRASSE 34, CH - 4052 BASEL TEL: +41 61 377 99 96 | FAX: +41 61 377 99 95 | INTERNET: WWW.LABOR-RINDERKNECHT.CH INFOBLATT | HPV – DIE BIOLOGISCHEN GRUNDLAGEN 2 Können die einzelnen Typen überall vorkommen? Infektion von Mutter auf Kind während der Geburt ist möglich. Nein. Die Viren sind ausgesprochen gewebespezifisch. HPV-Typ 1 infiziert beispielsweise nur das Plattenepithel der Fusssohle und löst dort Plantarwarzen aus. Wo dringen die Zervix-HP-Viren ein und wie verläuft der Infekt? Welche Klassen von Humanen HP-Viren gibt es? Es gibt drei Klassen: • Die Gruppe der Mucocutanen HP-Viren (Verantwortlich für Hautwarzen (Bspl 1,2,3,4,7 etc.) • Die Gruppe der Epidermodysplasia verruciformis HP-Viren Genus Beta (Bspl 5,8,9,12 etc.) • Die Gruppe der Genitalen HP-Viren Genus Alpha (Bspl: 6,11,16,18, 30 etc.) Welche Untergruppen gibt es bei den genitalen HP-Viren? Das Virus infiziert die Basalzellen in der proliferativ aktiven Transformationszone. Nun gibt es zwei Varianten: 1. 2. Latente Infektion: Das Virusgenom liegt „frei" im Kern, redupliziert sich selbst aber nur, wenn sich die Zelle teilt. Die Zelle erfährt keine morphologischen Veränderungen. Der Zytologe kann den Infekt nicht erkennen (die PCR-Reaktion hingegen wohl). Replikative Infektion: Das Virus repliziert sich massiv unabhängig von der Wirtszelle. Die Intermediär- und Superfizialzellen des Epithels sind befallen und zeigen die typischen zytologischen, zytopathischen Zeichen wie Dyskeratose, Koilozytose, Multinucleität, Kernatypien etc. Die Einteilung erfolgt nach der Carcinogenität. Die IARC (International Agency for Research on Cancer), eine Institution der WHO, hat fünf Gruppen etabliert: • • • • • Gruppe 1: karzinogen Gruppe 2 A: wahrscheinlich karzinogen Gruppe 2 B: möglicherweise karzinogen Gruppe 3: nicht klassifizierbar Gruppe 4: wahrscheinlich nicht karzinonogen Karzinogene HPV Typen-Gruppe 1 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 66 Ev. karzinogene HPV Typen-Gruppe 2 B 5, 6, 8 und 11 Wie kommt es zur Infektion bei genitalen HPV-Viren? Abbildung 2: ein Koilozyt, eine virusbefallene Plattenepithelzelle (Kreis) Wie lange ist der natürliche Verlauf einer Infektion? Die mediane Dauer einer genitalen HPVInfektion ist circa 1 Jahr, wobei man sagen kann, dass aufgrund der Variabilität nach 1 ½ Jahren eine Viruspersistenz vorliegt. Viren sind obligat intrazelluläre Lebewesen, d.h. sie sind auf eine intakte lebende Zelle (Wirtszelle) angewiesen. Die Infektion wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen. Dabei kann sowohl durch meist direkten oral-anogenitalen Kontakt als auch durch indirekten Kontakt infiziert werden (Zahnbürste, Handtuch, etc.). Auch eine vertikale DR. MED. BERNHARD RINDERKNECHT FACHARZT FMH FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE, PATHOLOGIE, GYNÄKOLOGISCHE ZYTOLOGIE LABOR DR. RINDERKNECHT | HARDSTRASSE 34, CH - 4052 BASEL TEL: +41 61 377 99 96 | FAX: +41 61 377 99 95 | INTERNET: WWW.LABOR-RINDERKNECHT.CH INFOBLATT | HPV – DIE BIOLOGISCHEN GRUNDLAGEN Wie erfolgt die maligne Transformation der Wirtszelle? Bedingung dafür ist die sogenannte Virusintegration. Das Genom des Virus wird in die Wirtszell-DNS integriert. Bei CIN I liegt nie, bei CIN III immer eine Integration vor. Wie hoch schätzt man heute den Anteil an infektiös bedingten Malignomen? 20 % bei Männern und 18 % bei Frauen. Abbildung 3: Weltweite Verteilung der jährlichen, infektiös bedingten Krebserkrankungen bei Frauen. 1'006'544 = 19.9% der gesamten Krebserkrankungen. (Quelle: dkfz) DR. MED. BERNHARD RINDERKNECHT FACHARZT FMH FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE, PATHOLOGIE, GYNÄKOLOGISCHE ZYTOLOGIE LABOR DR. RINDERKNECHT | HARDSTRASSE 34, CH - 4052 BASEL TEL: +41 61 377 99 96 | FAX: +41 61 377 99 95 | INTERNET: WWW.LABOR-RINDERKNECHT.CH 3