2.1 Magnetisches Feld Das magnetische Feld ist die bestimmende Größe im Elektromaschinenbau. Es hat drei Wirkungen: ● Kraftwirkung auf bewegte Ladungsträger oder stromdurchflossene Leiter ● Kraftwirkung auf ferromagnetische Stoffe ● Induktionswirkung Die drei Erscheinungsformen des magnetischen Feldes sind: ● das magnetische Erdfeld ● das Magnetfeld in der Umgebung von Dauermagneten ● das Magnetfeld in der Umgebung stromdurchflossener Leiter – jeder magnetische Ladungstransport (stromdurchflossener Leiter) verursacht in einer Umgebung ein elektromagnetisches Feld, wobei man durch Gleichstrom ein konstantes Magnetfeld und durch Wechselstrom ein kontinuierlich veränderbares Wechselmagnetfeld erzeugen kann. Die Stärke des magnetischen Feldes kann durch die Wirkung bestimmt werden, die auf einen im Inneren des Magnetfeldes befindlichen Probemagneten ausgeübt wird. Ist kein weiteres Magnetfeld vorhanden, richtet sich der Probemagnet nach dem magnetischen Erdfeld aus. Es entsteht also ein Drehmoment, das den Probemagneten in Nord-Süd-Richtung bringt. Man unterscheidet zwischen dem geographischen und dem magnetischen Nord- bzw. Südpol. Wird ein Strom durch eine Spule geleitet, entsteht ein Magnetfeld, und der Probemagnet verändert seine Lage, d. h., es entsteht ein Drehmoment, das ein Maß für die magnetische Feldstärke an dieser Stelle ist. Schließt man eine niederfrequente Wechselspannung (z. B. von f = 10 Hz) an, führt der Probemagnet eine Drehbewegung aus. Ist die Frequenz verstellbar, ergibt sich eine einstellbare Umdrehungszahl. Bei einer Zylinderspule ist die Kraftwirkung proportional zur Windungszahl und zur Stromstärke und umgekehrt proportional zur Spulenlänge. Die Richtung der Feldstärke stimmt in jedem Punkt des Magnetfeldes mit der Richtung der Feldlinien überein. Dadurch wird der Probemagnet im Inneren der Spule vom Süd- zum Nordpol und außerhalb vom Nord- zum Südpol ausgerichtet. 2.1.1 Kraft auf parallele Stromleiter Fließt ein Strom durch einen elektrischen Leiter, baut sich um ihn ein Magnetfeld auf. Bringt man parallel dazu einen zweiten stromdurchflossenen Leiter an, kommt es zu einer Kraftwirkung zwischen den beiden Leitern, wie Bild 2.1 zeigt. Das Kreuz in der schraffierten Fläche symbolisiert einen in die Zeichenebene hineinfließenden, der Punkt einen aus der Zeichenebene herausfließenden Strom. Es gilt: µ0 ⋅ l F = ------------------ ⋅ I 1 ⋅ I 2 2⋅π⋅b Darin sind 92 I1 I2 I2 I1 l b F F Bild 2.1 Wirkung der Kraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern (Stromschienen). Durch die entgegengesetzte Stromrichtung stoßen sich die beiden Leiter ab F Kraft in N µ0 magnetische Feldkonstante (4· π ·10–6 Vs/(Am) oder 0,1256637·10–6 Vs/(Am)) l Leiterlänge in m b Leiterabstand in m I1, I2 Leiterströme in A Parallele Leiter mit gleicher Stromrichtung ziehen sich an; parallele Leiter mit entgegengesetzter Stromrichtung stoßen sich ab. Beispiel: Zwei parallele Leitungen mit einer Länge von l = 10 m sind im Abstand von b = 10 cm angeordnet. Es fließt jeweils ein Strom von I1 = I2 = I = 1000 A. Wie groß ist die Kraft? Vs 1,256 · 10 –6 --------- ⋅ 10 m µ0 ⋅ l Am F = ------------------ ⋅ I 1 ⋅ I 2 = -------------------------------------------------------- ⋅ 1000 A · 1000 A = 20 N 2⋅π⋅b 2 ⋅ 3,14 ⋅ 0,1 m Im Kurzschlussfall kann es deshalb in Schaltschränken häufig zu Problemen kommen. Nicht nur die hohe Wärmeentwicklung führt zu Verformungen bei den Leitern, sondern auch die Kraft zwischen den Stromschienen. 2.1.2 Kraft auf stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld Magnetische Felder üben auf Ladungsträger entsprechende Kräfte aus, wenn sich die Ladungsträger relativ zum Feld bewegen. Dabei ist es unerheblich, ob das frei im Raum geschieht oder als elektrischer Strom durch einen Leiter. Die Richtung der Kraft ist immer rechtwinklig zur Bewegung der Ladungsträger und zum Feld. Man nennt das eine „Lorentz-Kraft“. Sie entsteht an einem stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld: F=B·I·l·z mit F Kraft in N B magnetische Flussdichte in T I Leiterstrom in A l wirksame Leiterlänge in m z Leiterzahl 93 In Bild 2.2 ist die Entstehung einer Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld gezeigt. Die Feldlinien können von oben nach unten oder umgekehrt verlaufen und „schneiden“ dabei den Leiter. Die Feldlinien sind durch Kreuze symbolisiert und fließen in die Zeichenebene hinein. Bei Punkten fließen sie aus der Zeichenebene heraus. Im Bild hat man nur einen wirksamen Leiter, also ist z = 1. B Kraft F S Strom Feld N I l I Bild 2.2 Wirkung der Kraft auf stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld und die Wirkungsweise der „Linkehandregel“ (Motorprinzip) Beispiel: Durch einen Dauermagneten lässt sich eine magnetische Flussdichte von B = 0,1 T erreichen. Der Leiterstrom wird gemessen mit I = 1 A, die wirksame Leiterlänge beträgt l = 2 m, und die Leiterzahl beträgt z = 10. Wie groß ist die Kraft? F = B · I · l · z = 0,1 T · 1 A · 2 m · 10 = 2 N Aus diesem Beispiel erkennt man, dass sich durch größere Flussdichte, höheren Leiterstrom, Vergrößerung der wirksamen Leiterlänge oder Erhöhung der Leiterzahl die Kraft auf den stromdurchflossenen Leiter erheblich steigern lässt. Jeder Strom in einem Leiter besteht aus bewegten Ladungen, auf die ebenfalls die Lorentz-Kraft wirkt. Die Richtung der Kraft und die daraus resultierende Bewegung des Leiters lassen sich durch die Linkehandregel bestimmen, wie auch in Bild 2.2 gezeigt ist. Hält man die linke Hand so, dass die magnetischen Feldlinien in die innere Handfläche eintreten und die gestreckten Finger in Stromrichtung zeigen, deutet der abgespreizte Daumen die Richtung der Kraft an. Wenn man die Gleichung anwendet, kommt man beispielsweise zum Wechselstrommotor. In den sich drehenden Anker werden nicht nur ein oder zwei Leiter eingelegt, sondern eine größere Anzahl von Leitern, die parallel geschaltet sind. Die beiden Enden der dadurch entstehenden Ankerwicklung werden zu zwei Schleifringen geführt. Hier fließt der Strom über die Kohlen bzw. Bürsten zu den Wicklungen auf dem Rotor. Um ein Magnetfeld für den Elektromotor zu erhalten, wird normalerweise eine Gleichstromquelle an die Schleifringe angeschlossen. Bei Gleichstrommotoren muss ein Anker mit Wicklungen und Kommutator (mechanischer Polwender) vorhanden sein. Außerdem benötigt man Feldmagnete mit ihren Feldwicklungen zur Erzeugung eines magnetischen Felds. Das Motorgestell (teilweise als Leiter des magnetischen Felds von Pol zu Pol benutzt) ist mit Lagern, Bürs- 94