081_086_ibb_inst.qxd 20.05.2005 9:15 Uhr Seite 81 Die Institute Institut für Biomathematik und Biometrie Institute of Biomathematics and Biometry Neuherberg (Direktor / Director: Prof. Dr. Rupert Lasser) D ie Forschungsschwerpunkte des IBB sind als Titel der vier Arbeitsgruppen formuliert: 1. Approximationstheorie. 2. Mathematische Modellierung. 3. Statistik. 4. Harmonische Analysis. Das Institut betreibt angewandte Forschung in Biologie, Medizin und Ökologie wie z.B.: 1. Medizinische Signalverarbeitung, Mustererkennung, Landschaftsanalyse und Geoinformationssysteme. 2. Bildgebende Verfahren in der Medizin. Stochastische Modellbildung und Analyse in den Bereichen Rhizosphäre, Gehirnforschung, Mammographie und Genetik. 3. Statistische Datenanalyse bei ökologischen Projekten. Besonderer Wert wird auf mathematische Methoden und Modelle gelegt, die hinter den konkreten Anwendungen stehen. Die methodische Forschung konzentriert sich auf die Gebiete: 1. Wavelet-Methoden und Zeit-FrequenzAnsätze in der Signalverarbeitung. 2. Räumliche zeitliche stochastische Modellierung und deren Statistik. 3. Statistische Methoden zur Analyse komplexer Prozesse und Strukturen. Das Institut für Biomathematik und Biometrie ist am Programm „vergleichende Genomforschung“ mit einer FE-Nummer beteiligt. Hier werden vor allem mathematische Modelle, z.B. im Bereich der Somitogenese, der lateralen Inhibition und Genexpression entwickelt und analysiert. Im Programm „Environmental Health“ werden in drei FE-Einheiten mathematische Methoden R esearch activities focus on the following: 1. Approximation Theory, 2. Mathematical Modelling, 3. Statistics, and 4. Harmonic Analysis. Ecological and medical activities and projects include the following. 1. Medical signal processing, pattern recognition, landscape analysis, and GIS systems 2. Medical imaging, stochastic modelling in brain research, mammography, the rhizosphere, and genetics 3. Statistical data analysis in ecological projects The emphasis is on the mathematical methods and models that lie behind the particular applications. The focus is on 1. wavelet-methods and time-frequency concepts for signal processing, 2. spatial-time modelling and the related algorithms, and 3. statistical methods for the analysis of complex processes and structures. The Institute has one project in the POF programme on ‘Comparative Genome Research’. The focus is on the development and analysis of mathematical models, for example in the areas of somitogenesis, lateral inhibition, and gene expression. Mathematical methods for the analysis of time sequences and images are developed in three projects in the programme on ‘Environmental Health Disorders’. Approaches to quorum sensing and modern compartment models for questions GSF 81 081_086_ibb_inst.qxd 20.05.2005 9:15 Uhr Seite 82 der Analyse von Zeitreihen und Bildern neu entwickelt. Insbesondere stehen Zeitreihen und Bilder aus der Genexpression und dem Brainmapping im Fokus. Darüber hinaus werden Ansätze des Quorum Sensing und moderne Kompartment-Modelle für systembiologische Fragestellungen untersucht. Im Programm „Biogeosysteme“ werden stochastische Modelle zur Rhizosphärenforschung entwickelt und analysiert. Weitere Forschungsgebiete liegen hier in der Geound räumlichen Statistik. Vorhabenleiter: • Dr. F. Filbir: Leiter der AG1 • Prof. G. Dr. Winkler: Leiter der AG2 • PD Dr. V. Liebscher: Leiter der AG3 • Prof. Dr. K. Gröchenig: Leiter der AG4 Im Jahre 2004 hatte das Institut 27 Mitarbeiter/innen, davon waren 20 Wissenschaftler/ innen und 4 Doktoranden. related to biological systems are also investigated. Stochastic models for rhizosphere research are developed and analysed in the programme on ‘Biogeosystems: Dynamics, Adaptation and Adjustment’. Other research areas in this programme include geo and spatial statistics. Senior scientists: • Prof. Dr. R. Lasser: Institute Director • Dr. F. Filbir: Head, Research Group 1 • Prof. G. Dr. Winkler: Head, Research Group 2 • PD Dr. V. Liebscher Head, Research Group 3 • Prof. Dr. K. Gröchenig: Head, Research Group 4 In 2004 the Institute had 27 members of staff, including 20 scientists and 4 postgraduate students. Mathematische Modellierung von „Quorum Sensing“ Bakterielle Kommunikation und Quorum sensing Rhizosphäre In den letzten Jahren wurden für immer mehr Bakterienspezies Kommunikationswege entdeckt, die innerhalb oder auch zwischen verschiedenen Spezies funktionieren. Diese Kommunikation erlaubt den Bakterien, ihr Verhalten zu koordinieren. Vielfach ist eine Verhaltensweise der Bakterien erst dann sinnvoll, wenn ihre Zahl (oder Dichte) genügend groß ist. Bei pathogenen Bakterien ist es während der Infektion eines Wirts beispielsweise wichtig, die Virulenz zu koordinieren, um die Immunantwort des Wirts erfolgreich zu überraschen. Solche Kommunikationssysteme beruhen auf Produktion und Austausch kleiner Mengen von spezifischen Signalmolekülen. Zum Teil werden von einer Bakterienspezies mehrere Substanzen („Kommunikationskanäle“) verwendet; umgekehrt gibt es auch Beispiele, bei denen ein- und derselbe Signalstoff von mehreren Bakterienspezies produziert wird. Anschaulich könnte man sagen, es gibt mehrsprachige Bakterienspezies, und es werden von verschiedenen Bakterienspezies gemeinsame Sprachen gesprochen. Oft wird ein solches Kommunika- Die Rhizosphäre umfasst sowohl die Pflanzenwurzeln selber als auch die sie umgebende Erde. Durch die Wurzeln werden viele Substanzen in die Umgebung abgegeben, die dann für Bodenorganismen als Lebensgrundlage dienen können. Dies führt zu einem komplexen Ökosystem, in dem verschiedene Organismen, wie zum Beispiel Bakterien und Pilze, leben. Auch diese produzieren Substanzen, die ihre Nachbarn beeinflussen. Es existieren verschiedene Arten der Interaktion: zwischen Wurzel und Kleinorganismen ebenso wie zwischen den Kleinorganismen untereinander. Einige Bakterien (auch außerhalb der Rhizosphäre) verfügen über die Möglichkeit einer Kommunikation über Signalstoffe. Im Folgenden wird ein einfaches bakterielles Modell-System betrachtet. Die Erkenntnisse, die damit gewonnen werden, sollen später bei der Modellierung analoger Systeme in der Rhizosphäre angewandt und entsprechend verfeinert werden, sowie in Zusammenhang mit Reaktionen der Pflanze gebracht werden. 82 GSF 20.05.2005 9:15 Uhr Seite 83 tionssystem als Quorum sensing bezeichnet, das heißt, man geht davon aus, dass die Signalstoffdichte den Bakterien einen Rückschluss auf ihre Zahl bzw. Dichte ermöglicht und beim Erreichen bzw. Überschreiten einer kritischen Signalstoffdichte ggf. weitere Reaktionen ausgelöst werden. Diese Signalstoffe werden auch „Quormone“ genannt. Eine andere Interpretation der Signalstoffproduktion ist „Diffusion sensing“. In diesem Fall ist für die Bakterien nicht ihre Zahl oder Dichte „interessant“, sondern wie groß das sie umgebende freie Volumen ist, also ob der Raum klein genug ist, dass sie ihn mit einer genügend großen Signalstoffkonzentration anfüllen können (um den gewünschten Effekt zu erzielen). Unter Umständen kann ein Bakterium so feststellen, ob es auf einer Wurzeloberfläche sitzt oder sich im freien Raum befindet. Im Folgenden wird ein einfaches Modell zu Quorum sensing entwickelt. Der Beispielorganismus Vibrio fischeri (kurz: V. fischeri), bei dem das Prinzip des Quorum sensings zuerst beschrieben wurde, ist ein marines Bakterium, tritt sowohl in geringen Konzentrationen im Meer frei lebend auf als auch höher konzentriert in spezialisierten Leuchtorganen von einigen Tintenfischen. Bei höherer Bakteriendichte (d.h. in einem Leuchtorgan oder in Laborkulturen) beginnen die Bakterien zu leuchten. Nur in Symbiose mit dem Tintenfisch ist es für das Bakterium vorteilhaft zu leuchten, außerhalb des Tintenfischs ist das „Energieverschwendung“. Daher erscheint Quorum sensing sinnvoll. Diese Biolumineszenz wird durch den Signalstoff N-(3-oxohexanoyl)-L-Homoserin Lacton (ein so genanntes N-Acylhomoserinlacton, kurz AHL) reguliert. Aufgrund seiner einfachen Kultivierbarkeit ist V. fischeri gut geeignet zum Studium von Quorum sensing, es gibt bereits zahlreiche Untersuchungen, auch zum Regulationssystem. Ein weiterer Vorteil ist das homogene Umgebungsmedium (Flüssigkeit) der Bakterien, mit räumlich gleichmäßiger Diffusion (im Gegensatz zur Rhizosphäre). Das Regulationssystem (Abb. 1) beinhaltet eine Autoinduktionsschleife mit positivem Feedback. Im Grundzustand wird auf einem niedrigen Niveau AHL produziert (von einer LuxI-Homolog genannten Proteinklasse). AHL Diffusion AHL Diffusion Cytoplasma AHL LuxR (Dimer) LuxR (Dimer), one AHL LuxI AHL/LuxR Polymer Lumineszenz DNA Die Institute 081_086_ibb_inst.qxd Externes Medium Abb. 1: LuxI/ LuxR-Regulationssystem bei V. fischeri. AHL kann im Fall von V. fischeri mehr oder weniger frei durch die Zellmembran des Bakteriums diffundieren. Rezeptorproteine in der Zelle, so genannte LuxR-Homologe, binden als Dimer mit AHL-Molekülen und polymerisieren (d.h. einzelne dieser AHL-Rezeptorprotein-Verbindungen schließen sich zu größeren Molekülen zusammen). Dadurch wird die Expression des lux-Operons aktiviert, das alle Gene, die für die Biolumineszenz benötigt werden, sowie das luxI-Gen selbst beinhaltet. Dies bedeutet, es werden mehr LuxI-Moleküle erzeugt, die wiederum AHL produzieren. So kommt es zu einer positiven Rückkopplung, die (ab einem gewissen Schwellenwert) zu einer raschen Zunahme der AHL-Produktion (und damit auch der Biolumineszenz) führt. Das Bakterium befindet sich dann im angeregten Zustand. AHL wird unter anderem abiotisch, d.h. nicht unter dem Einfluss von Lebewesen und deren Enzymen, in Abhängigkeit vom pH-Wert abgebaut. So kann sich die AHLDichte auf ein stationäres Level einpendeln, auf dem sich AHL-Produktion und -Abbau die Waage halten. Modellierung Die Modellierung erlaubt die Kommunikation der Bakterien in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Man beginnt mit kleineren Modellen, die einzelne Aspekte beschreiben und auf entsprechenden Experimenten basieren. Diese können zu einem großen Modell zusammengefasst werden, was eine GSF 83 9:15 Uhr Seite 84 über experimentelle Möglichkeiten hinausgehende Untersuchung von Einflussgrößen ermöglicht. Derartige Modelle können semiquantitative Ergebnisse liefern und dienen außerdem dem Vergleich und der Validierung von Hypothesen. Für das oben genannte Regulationssystem (Abb. 1) wird ein Modell erstellt (in Form von Differentialgleichungen). Damit können In-Silico-Experimente durchgeführt werden (einzelne Prozesse oder auch komplette wissenschaftliche Versuche werden mit Hilfe von Computern simuliert). Ein interessanter Aspekt ist die Untersuchung, wie groß die Reichweite der Kommunikation zwischen Zellen ist. Zunächst benötigt man Werte für die Modellparameter, wie Produktionsraten, Abbaurate. Diese sind meist nicht direkt verfügbar, können aber durch Fitten des Modells an experimentelle Daten näherungsweise bestimmt werden. Ob bzw. wie gut sich das Modell an diese Daten anpassen lässt, liefert zugleich einen Hinweis auf die Güte des Modells: sind die Abweichungen (abgesehen von statistischen Abweichungen) sehr groß oder liefert das Fitten (biologisch) unrealistische Parameterwerte, ist das Modell offenbar nicht gut geeignet, um die gewünschten Zusammenhänge zu beschreiben. In unserem Beispiel lässt sich das Modell sehr gut an experimentelle Daten anpassen (Abb. 2). Mit Hilfe dieser Parameter lässt sich ein Modell formulieren, das es erlaubt, die Position von Bakterien im Raum sowie gewünschte räumliche Bedingungen (Größe und „Form“ des umgebenden Raumes) vorzugeben. Solch ein Modell kann dann Aussagen zum Zustand der Bakterien und der lokalen AHL-Dichten machen. Zunächst werden stationäre Lösungen betrachtet, d.h. solche Verteilungen der Signalstoffdichte, bei denen sich Produktion und Abbau von AHL ausgleichen. In der Regel kann man näherungsweise davon ausgehen, dass sich die Verteilungen der Signalstoffdichte nach gewisser Zeit in einem Gleichgewicht befindet. Der Übergang in den angeregten Zustand geschieht etwas verzögert. Man betrachtet ein Bakterium in einer Umgebung, in der die AHL-Dichte von außen gesteuert werden kann. Erhöht man laufend diese AHL-Dichte, so springt das Bakterium bei einem Schwel- 84 GSF 4 log(Lumineszenz/OD) 20.05.2005 2 0 -2 -4 0 5 10 Zeit 15 20 Abb. 2: Beispiel von gefitteten Daten (Quorum sensing-Modell; Daten aus Gray&Greenberg, J. Bact. 174:4384-4390, 1992). Gezeigt wird die Lumineszenz bezogen auf die optische Dichte (OD) der Bakterien im Zeitverlauf. Die optische Dichte ist proportional zur Bakteriendichte, die experimentell gemessene Lumineszenz ist proportional zur vorhandenen AHL-Dichte. lenwert vom Grund- in den angeregten Zustand. Verändert man dieses Experiment so, dass man mit einer hohen AHL-Dichte beginnt und diese immer weiter verringert, bis das Bakterium vom angeregten Zustand in den Grundzustand übergeht, so liegt der entsprechende Schwellenwert bei einer geringeren AHL-Dichte als der Übergang vom Grund- in den angeregten Zustand. Bei diesem Phänomen handelt es sich um Hysterese, bekannt z.B. von der Magnetisierung ferromagnetischer Stoffe. Typisch für die Hysterese ist ein bistabiles Verhalten (zu einem Parameterwert, hier der externen AHL-Dichte, existieren teilweise zwei stabile Gleichgewichtszustände; vgl. Abb. 3). Die Hysterese kann das System insofern stabilisieren, als durch die unterschiedliche AHL-Produktion in der Zelle 081_086_ibb_inst.qxd stabiler angeregter Zustand instabiler Zustand stabiler Grundzustand externe AHL-Dichte Abb. 3: Typische Hysterese-Kurve, die Kurve beschreibt zu jeder externen AHL-Dichte die möglichen stationären Zustände der Zelle. Welcher dieser stationären Zustände wirklich angenommen wird, hängt von der „Vorgeschichte“ ab. 20.05.2005 9:15 Uhr Seite 85 10 10 10 5 5 5 0 0 0 -5 -5 -5 -10 -10 -10 -10 -5 0 5 10 -10 -5 0 5 10 -10 -5 0 5 10 Abb. 4: Simulation einer Population mit 200 Bakterien (jeweils stationärer Zustand). Dieselbe Anordnung wird (von links nach rechts) geschrumpft, d.h. die Abstände zwischen den Bakterien nehmen ab. Bakterien im Grundzustand werden durch violette Punkte markiert, rote Punkte kennzeichnen Bakterien im angeregten Zustand. Die AHL-Dichte wird durch die Hintergrundfarbe beschrieben (gelb: hohe Dichte; orange: niedrige Dichte). Aktivierungs- und Deaktivierungsschwelle z.B. ein ständiges Hin- und Herspringen zwischen Grund- und angeregtem Zustand verhindert wird. Mit Hilfe eines räumlichen Modells (in Form einer partiellen Differentialgleichung) kann man abschätzen, wie weit die Kommunikation zwischen Zellen reicht, um in den angeregten Zustand zu kommen. Letztendlich gilt das Interesse aber der Frage, welche Anordnungen von Bakterien als gesamtes „Cluster“ in einen angeregten Zustand kommen. In der Zukunft sollen die Ergebnisse der Modellierung (angepasst auf Bakterien in der Rhizosphäre) und die mit Hilfe der Bildverarbeitung aufbereiteten 3D-Aufnahmen von Experimenten verglichen werden. Dort wurde eine AHL-produzierende Bakterienspezies so verändert, dass sie rot fluoresziert; andere Bakterien produzieren selbst kein AHL, fluoreszieren aber grün, wenn sie durch externes, d.h. von den rot fluoreszierenden Bakterien produziertes AHL in den angeregten Zustand gebracht werden (IBÖ, Abt. Rhizosphärenbiologie). Für eine räumliche Anordnung von Bakterien in einem In-Silico-Experiment kann man überprüfen, ob bzw. welche Bakterien sich im angeregten Zustand befinden. Wenn die Abstände zwischen den Bakterien noch groß sind, bleibt die AHL-Dichte gering und alle Bakterien im Grundzustand. Sind die Bakterien näher beieinander, so springen nach und nach mehr Bakterien in den angeregten Zustand über (Abb. 4). Experimentell wurde festgestellt, dass bereits bei überraschend kleinen, von außen vorgegebenen AHL-Konzentrationen ein Die Institute 081_086_ibb_inst.qxd Übergang in den angeregten Zustand möglich ist, in einem Fall z.B. bei 2 Signalstoffmolekülen pro Bakterium (Kaplan&Greenberg, J. Bact. 163:1210-1214, 1985). Durch folgende Überlegungen kann diese geringe Konzentration etwas plausibler gemacht werden: Bei den angegebenen Signalstoffdichten handelt es sich prinzipiell um Durchschnittswerte. Da die AHL-Moleküle im Reagenzglas aber einer Diffusion unterworfen sind, bedeutet dies, dass zu einem festen Zeitpunkt sich an einzelnen Stellen weniger, dafür an anderen Stellen deutlich mehr Moleküle befinden, als es im Durchschnitt der Fall ist. So können bei einzelnen Bakterien durchaus 100 Moleküle oder mehr sich zufällig „anhäufen“. Dort erscheint ein Übergang dieser einzelnen Bakterien in den angeregten Zustand durchaus möglich. Da diese angeregten Bakterien aber ihre AHL-Produktion sehr stark erhöhen, werden nach und nach immer mehr Bakterien in der Umgebung auch in den angeregten Zustand gebracht. So können auch sehr niedrig erscheinende AHL-Konzentrationen zu angeregten Zuständen ganzer Bakteriencluster führen. Mit Hilfe der Modellierung kann man auch Hinweise auf die Bedeutung des Diffusion sensings gewinnen. Um einen Eindruck von der Größenordnung von Diffusion sensing zu bekommen, betrachtet man einen Würfel mit Kantenlänge d, durch dessen Seitenflächen kein AHL transportiert werden kann, mit einem AHL-produzierenden Bakterium in der Mitte. d soll so bestimmt werden, dass sich das Bakterium durch die eigene Produktion trotz Abbau selbst anregen kann. Dies lässt sich im Hinblick auf Diffusion GSF 85 081_086_ibb_inst.qxd 20.05.2005 9:15 Uhr Seite 86 Abb. 5: Einzelne Teilmodelle (basierend auf Experimenten, die jeweils Teilaspekte untersuchen) können zu einem großen Modell zusammengefasst werden. sensing so interpretieren, dass die „Größe“ des umgebenden Raumes für das Bakterium klein genug ist, um ihn mit AHL „auszufüllen“. Mathematisch ist diese Kantenlänge äquivalent zum Abstand von Bakterien, die in einem 3D-Gitter (mit jeweils gleichen Abständen) angeordnet werden. Auf diese Weise kann man mit Hilfe experimenteller Ergebnisse eine Abschätzung für d erhalten (in einem konkreten Fall ungefähr das 14fache der Bakterienlänge). Es kommt daher entscheidend auf die Struktur des umgebenden Raumes an, ob Diffusion sensing möglich ist oder nicht, z.B. ob die Rhizosphären-Bakterien bevorzugt in kleinen Nischen (bei der Wurzel) sitzen. Zur Aufklärung spielen entsprechende 3D-Aufnahmen mit geeigneter Bildverarbeitung eine wichtige Rolle. Ausblick auch noch mehr geeignete experimentelle Ergebnisse und Daten benötigt. So kann man dann Schritt für Schritt weitere Reaktionswege beschreiben, um letztendlich ein Gesamtmodell anzustreben. Zusammenarbeit Es bestehen enge Beziehungen zu mehreren Universitäten. Der Leiter des Instituts hat einen Lehrstuhl für ,Angewandte Mathematik in Ökologie und Medizin‘ an der Technischen Universität München (TUM) inne. Als Professoren bzw. Privatdozenten sind Herr Prof. Dr. G. Winkler und PD Dr. V. Liebscher an der LMU und PD Dr. H. Führ an der TUM tätig. Des weiteren sind Mitarbeiter des Instituts im Lehrbetrieb der Technischen Universität München (TUM) und der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. Mitarbeit in Gremien WTR – Stellvertretender Vorsitzender: Prof. Dr. R. Lasser In der Rhizosphäre ist es möglich, dass die Signalstoffe der Bakterien auch auf die Wurzeln, und damit die Pflanzen, Auswirkungen haben. Ein Ziel ist es, die Bakteriendichte bzw. deren Verteilung zu bestimmen, die erforderlich ist, um eine Reaktion der Pflanze hervorzurufen. Ein Schritt zu einem derartigen Rhizosphären-Modell besteht darin, das Quorum sensing-System der betreffenden Bakterien räumlich zu beschreiben, wie es bereits geschieht (Abb. 5). Ein solches Modell soll auch eine zeitliche Beobachtung ermöglichen, so dass auch Systeme, die sich noch nicht im Gleichgewicht befinden, beschrieben werden können. Hierzu werden außer der Weiterentwicklung der analytischen, stochastischen und numerischen Methoden und Ansätze 86 GSF Mitglied des WTR: Dr. J. Altschuh Sprecherversammlung – Vorsitzender: Dr. J. Altschuh Gleichstellungsbeauftragte – Stellvertreterin: Dr. K. Voigt Ausgewählte Veröffentlichungen Barreto, S.D., Bhat, B.V.R., Liebscher, V., Skeide, M.: Type I product systems of Hilbert modules. J. Funct. Anal. 212, 121-181 (2004) zu Castell, W.: Fractional derivatives and the inverse Fourier transform of l1-radial functions. Integ. Transf. Spec. F. 15, 209-223 (2004) Cordero, E., Gröchenig, K.: Localization of frames II. Appl. Comput. Harmon. A. 17, 29-47 (2004) Heim, S., Hahn, K., Sämann, P.G., Fahrmeir, L., Auer, D.P.: Assessing DTI quality using bootstrap analysis. Magnet. Reson. Med. 52, 582-589 (2004) Sidorova, N.A., Smolyanov, O.G., v. Weizsäcker, H., Wittich, O.: The surface limit of Brownian motion in tubular neighborhoods of an embedded Riemannian manifold. J. Funct. Anal. 206, 391-413 (2004)