Der ‚falsche Daumen’ der Pandas – Kompetenzorientierte Klausuraufgabe science-live-lemgo www.schülerlabor.com Abb. 1: Riesenpanda Abb. 2: Roter Panda http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Chengdu-pandas-d04.jpg http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Red_Panda_Tennoji_2.jpg M1 Der Riesenpanda (Ailuropoda melanoleuca) Der vorwiegend dämmerungs- und nachtaktive, als Einzelgänger lebende Riesenpanda lebt endemisch in kühlen und feuchten Bambuswäldern in 1.500 bis 3.400 Metern Höhe in Zentral- und Westchina. Bambus ist die Hauptnahrung der 100 bis 150 kg schweren und 70 bis 80 cm großen Tiere (Schulterhöhe). Der Schwanz ist mit 12 cm kurz. Männliche Tiere sind etwa 10% größer und schwerer als weibliche. Da Bambus nährstoffarm ist, benötigen die Tiere täglich eine Nahrungsmenge in Höhe von etwa 40% ihres Körpergewichtes. Die tägliche Nahrungaufnahme dauert bis zu 14 Stunden. Riesenpandas fressen im Sitzen und führen die Bambusstängel mit den Vorderpfoten zum Maul. Dabei umklammern sie die Stängel mit ihrem ‚falschen Daumen’, einer Struktur, die nahezu einzigartig bei den Bärenartigen ist. Dieser ‚falsche Daumen’ hat sich aus dem radialen Sesambein der Handwurzel gebildet. Er ist gegen die anderen fünf Finger opponierbar. Tagsüber schlafen Riesen2 pandas. Die Tiere besetzen große Reviere (♂ 30 km ; ♀ 42 10 km ). Mit vier Jahren wird die Geschlechtsreife erreicht. Männliche Tiere kämpfen um paarungswillige Weibchen. Die Tragzeit beträgt fünf Monate. Das Jungtier kommt in einer Höhle oder in einem hohlen Baum zur Welt. Es ist 100 bis 200 g leicht und als typischer Nesthocker blind und hilflos. Mindestens ein Jahr lang wird es von der Mutter gesäugt und zwei bis drei Jahre bis zur nächsten Trächtigkeit der Mutter geführt. Im Gegensatz zu anderen Bärenartigen halten die Tiere keinen Winterschlaf. Die Art ist nach dem IUCN-Status stark gefährdet. M2 Der Rote Panda (Ailurus fulgens) alt: Katzenpanda, Kleiner Panda Ailurus fulgens kommt endemisch vom Himalaya bis Südchina vor. Seine Körperlänge beträgt 50 bis 60 cm, die Schwanzlänge 30 bis 50 cm und das Gewicht 3 bis 5 kg. In den Bambuswäldern der Hochlagen findet er seine bevorzugte Nahrung: die Blätter und Sprossen des Bambus. Das dämmerungs- und nachtaktive Tier schläft etwa 14 Stunden täglich, die übrige Zeit wird gefressen. Beim Fressen umklammert der Rote Panda den Bambus mit seiner Vorderpfote. Dabei hilft der so genannte ‚falsche Daumen’, einer Struktur, die nahezu einzigartig bei den Bärenartigen ist. Dieser ‚falsche Daumen’ hat sich aus dem radialen Sesambein der Handwurzel gebildet. Er ist gegen die anderen fünf Finger opponierbar. Eine weitere Besonderheit dieser Pfote sind die halb einziehbaren Krallen. Die Tiere leben nach Geschlechtern getrennt, paarweise oder als kleine Familienverbände in eigenen Revieren. Sie verständigen sich durch vielfältige Lautäußerungen. Die Reviere haben eine Größe zwischen 1,4 2 bis 11,6 km . Die Reviergrenzen werden mit einem stark riechenden Sekret aus den Analdrüsen gekennzeichnet. Nach der Paarungszeit im Winter und einer Tragzeit von 112 bis 158 Tagen kommen ein bis zwei Jungtiere pro Wurf zur Welt. Diese werden in Felsspalten oder hohlen Bäumen geworfen und sind bei der Geburt 100 bis 130 g schwer und blind. Sie werden von der Mutter mindestens ein Jahr geführt. Die Art ist nach dem IUCN-Status stark gefährdet. M3 Die Sesambeine der Handwurzel Die Handwurzel besteht aus sieben echten Handwurzelknochen (HWK) sowie einem oder mehreren Sesambeinen. Unter einem Sesambein versteht man einen kleinen Knochen, der im Bereich eines Gelenks in eine Sehne eingewachsen ist. Das bekannteste Sesambein ist die Kniescheibe. Im Bereich der Handwurzel findet sich als Sesambeine regelmäßig das Erbsenbein (E) sowie das radiale Sesambein (rS). Das Erbsenbein liegt unterhalb des kleinen Fingers, das radiale Sesambein unterhalb des Daumens. Echte Handwurzelknochen haben eine Gelenkfunktion, Sesambeine dienen dagegen als eine Art Umlenkrolle. Sie vergrößern den Abstand der Sehne zu den umliegenden Knochen. Dies verbessert die Hebelwirkung der Sehne und verhindert eine Druckschädigung in ihrem Verlauf über das Gelenk. Tab. 1: Untersuchungen zur Verwandtschaft der Bärenartigen Präzipiztintest Ausfällung in % Riesenpanda Brillenbär Lippenbär Amerikanischer Schwarzbär Malaienbär Asiatischer Schwarzbär Eisbär Braunbär Roter Panda Waschbär rS 100,0 85,0 80,1 79,6 Schmelzpunkt Tm in °C von HybridDNA 99,0 87,1 83,5 83,4 79,3 79,2 83,3 83,1 70,5 70,0 49,0 45,4 80,3 80,2 74,0 72,4 Abb. 3.1: Skelett der menschlichen Hand (Innenseite der rechten Hand, ohne Fingerknochen, Sesambeine gestrichelt: links Erbsenbein, rechts radiales Sesambein) rS Abb. 3.2: Skelett der Panda-Vorderpfote (Innenseite der rechten Vorderpfote, rS radiales Sesambein, ohne Erbsenbein, Fingerknochen, Elle und Speiche) Abb. 4: Stammbaum der Bärenartigen rS Abb. 3.3: Skelett der Simocyon-Vorderpfote (Innenseite der rechten Vorderpfote, rS radiales Sesambein, ohne Erbsenbein, Fingerknochen, Elle und Speiche) Abb. 5: Simocyon batalleri Simocyon batalleri lebte vor etwa fünf Millionen Jahren. Er gilt als engster Verwandter des Roten Pandas. Aufgaben 1. 2. 3. Nennen Sie das erste Homologiekriterium (HK)! Überprüfen Sie mithilfe dieses HK, ob die menschliche Hand und die Vorderpfoten von Panda und Simocyon homolog sind! Benennen Sie hierfür in Abbildung 3 die zu überprüfenden Strukturen und kennzeichnen Sie übereinstimmende Strukturen farbig! Vergleichen Sie die beiden Panda-Arten mithilfe von M1 und M2 kriteriengestützt! Leiten Sie aus den Angaben zu den Tieren eine Hypothese zur Evolution des ‚falschen Daumens’ sowie zur Verwandtschaft der beiden Panda-Arten ab! Überprüfen Sie Ihre Hypothese durch Beschreibung, Analyse und Auswertung der Abbildungen 3 und 4 sowie von Tabelle 1!