Skriptum zu den Grundlagen der Elektrotechnik von Prof. Dr. rer. nat. Hartmann Bearbeitet von: Thorsten Parketny Stand: 02.10.2002 i Inhaltsverzeichnis 1. Grundbegriffe und Werkzeuge ................................................1 1.1. Elektrische Ladungen ............................................................................. 1 1.2. Kraftwirkungen zwischen Ladungen ...................................................... 2 1.3. Der Begriff Feld ...................................................................................... 3 1.4. Werkzeuge für den Umgang mit Vektorfeldern ..................................... 6 1.4.1 Der Fluß eines Vektorfeldes ......................................................................................6 1.4.2 Die Zirkulation eines Vektorfeldes ...........................................................................11 2. Der Stromkreis ..........................................................................16 2.1. Bewegte Ladungen ................................................................................. 16 2.2. Quellen .................................................................................................... 17 2.3. Stromstärke und Stromdichte ................................................................. 18 2.4. Potentielle Energie einer Ladung und Spannung ................................... 20 2.5. Metallische Leiter ................................................................................... 21 2.5.1 Leitungsmechanismen ...............................................................................................21 2.5.2 Anwendung des Ohm‘schen Gesetzes ......................................................................22 2.5.3 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes ..............................................................23 3. Gleichstromschaltungen ...........................................................25 3.1. Strom und Spannung im einfachen Stromkreis ...................................... 25 3.2. Zweipole ................................................................................................. 27 3.3. Die Kirchhoffschen Regeln .................................................................... 28 3.4. Serien- und Parallelschaltung von Widerständen ................................... 31 3.4.1 Serienschaltung .........................................................................................................31 3.4.2 Parallelschaltung .......................................................................................................32 3.4.3 Einfache Widerstandsnetzwerke ...............................................................................33 3.5. Ersatzquelle ............................................................................................ 33 3.5.1 Ersatzspannungsquelle ..............................................................................................33 3.5.2 Ersatzstromquelle ......................................................................................................35 3.5.3 Allgemeine Ersatzquelle ...........................................................................................36 3.5.4 Spannungsteiler .........................................................................................................37 3.6. Energieumsetzung im Stromkreis ........................................................... 39 3.6.1 Energie und Leistung ................................................................................................39 3.6.2 Leistungsanpassung und Wirkungsgrad ....................................................................41 3.7. Schaltung mit nichtlinearen Zweipolen .................................................. 42 4. Lineare Netzwerke ....................................................................45 4.1. Definition linearer Netze ........................................................................ 45 4.2. Darstellung linearer Netze durch Graphen ............................................. 46 4.3. Können beliebige lineare Netze berechnet werden? ............................... 48 4.3.1 Wieviele Gleichungen sind notwendig? ....................................................................48 4.3.2 Gibt es genügend unabhängige Gleichungen? ..........................................................48 4.3.3 Gibt es einer optimale Strategie? ..............................................................................51 4.4. Netzwerkstopologie ................................................................................ 51 4.4.1 Der vollständige Baum ..............................................................................................51 4.4.2 Die Baumzweigspannungen als unabhängige Variablen ..........................................52 4.4.3 Die Verbindungszweigströme als unabhängige Variablen .......................................53 GET-Skript ii 4.5. Maschenanalyse ...................................................................................... 54 4.5.1 Schritte des Rechenverfahrens ..................................................................................54 4.5.2 Herleitung des Gleichungssystems ............................................................................55 4.5.3 Unmittelbare Aufstellung des Gleichungssystems ....................................................58 4.5.4 Berechnung eines Beispiels........................................................................................62 4.6. Knotenanalyse ........................................................................................ 64 4.6.1 Schritte des Rechenverfahrens ..................................................................................64 4.6.2 Herleitung des Gleichungssystems ............................................................................65 4.6.3 Unmittelbare Aufstellung des Gleichungssystems ....................................................68 4.6.4 Berechnung eines Beispiels: ......................................................................................70 4.7. Berechnung von Netzwerken nach dem Überlagerungsprinzip ............. 73 5. Elektrostatik ..............................................................................77 5.1. Vereinfachung der Grundgesetze für die Elektrostatik .......................... 77 5.2. Berechnung symmetrischer Felder ......................................................... 78 5.2.1 Das E -Feld einer Punktladung .................................................................................78 5.2.2 Feld einer „Linienladung“ .........................................................................................81 5.2.3 Feld einer gleichförmigen Flächenladung ................................................................83 5.3. Berechnung beliebiger Felder mit bekannter Ladungsverteilung ........... 84 5.3.1 Superposition der E -Felder aller Einzelladungen ....................................................84 5.3.2 Superposition der Potentiale aller Einzelladungen ....................................................85 5.4. Das elektrostatische Potential ϕ .............................................................. 86 5.4.1 Arbeit einer im E -Feld bewegten Ladung ................................................................86 5.4.2 Potential einer Punktladung ......................................................................................87 5.4.3 Potential beliebiger, bekannter Ladungsverteilungen ...............................................89 5.4.4 Das E -Feld als Gradient des Potentials ...................................................................90 5.5. Berechnung von E -Feldern bei unbekannter Ladungsverteilung ........... 92 5.6. Kapazität und Influenzerscheinungen .................................................... 94 5.6.1 Definition der Kapazität ............................................................................................94 5.6.2 Schaltungen mit Kondensatoren ................................................................................95 5.7. Influenz und Verschiebungsdichte D ...................................................... 96 5.8. Energie im elektrischen Feld .................................................................. 98 5.8.1 Die Gesamtenergie elektrostatischer Systeme ..........................................................98 5.8.2 Berechnung von Kräften aus der Gesamtenergie ......................................................99 5.8.3 Das E -Feld als Sitz der elektrostatischen Energie ....................................................100 5.9. Der elektrische Dipol .............................................................................. 101 5.9.1 Kräfte und Drehmomente am elektrischen Dipol .....................................................101 5.9.2 Potential und E -Feld des Dipols ...............................................................................102 5.10. Materie im elektrischen Feld ................................................................ 103 5.10.1 5.10.2 5.10.3 5.10.4 Dielektrika ..............................................................................................................103 Die Polarisation ......................................................................................................105 E -Feld und Verschiebungsdichte D im Dielektrikum ..........................................106 Felder an Grenzflächen von Dielektrika ................................................................108 6. Magnetostatik ............................................................................111 6.1. Vereinfachung der Grundgesetze für die Magnetostatik ........................ 111 6.2. Die Lorentz-Kraft ................................................................................... 112 6.2.1 Regeln für den Umgang mit äußeren Vektorprodukten (Kreuzprodukten) ..............112 iii Inhaltsverzeichnis 6.2.2 Kraft auf stromdurchflossende Leiter .......................................................................114 6.2.3 Drehmoment auf stromdurchflossenen Schleifen im homogenen Feld B ................115 6.3. Berechnung von B -Feldern .................................................................... 117 6.3.1 Es gibt keine magnetischen Ladungen ......................................................................117 6.3.2 Durchflutungsgesetz, Ampere‘sches Gesetz .............................................................117 6.3.3 Berechnung symmetrischer Felder aus dem Durchflutungsgesetz ...........................118 6.3.4 Berechnung beliebiger Magnetfelder mit bekannter Stromverteilung (Biot-Savart‘sches Gesetz) ................................................................................................122 6.4. Materie im magnetischen Feld ............................................................... 123 6.4.1 Magnetische Werkstoffe und deren Eigenschaften ...................................................123 6.4.2 Der Magnetisierungsvektor ......................................................................................124 6.4.3 Magnetische Induktion B und Magnetfeld H in Materie ........................................126 6.4.4 Diamagnetismus, Paramagnetismus, Ferromagnetismus ..........................................127 6.5. Der magnetisc .......................................................................................... 130 6.5.1 Die Konstanz des magnetischen Flusses ..................................................................130 6.5.2 Das „sog. Ohm‘sche Gesetz des magnetischen Kreises“ ..........................................131 6.5.3 Berechnung magnetischer Kreise ..............................................................................132 7. Elektrodynamik .........................................................................135 7.1. Die Grundgesetze der Elektrodynamik ................................................... 135 7.2. Die Induktionsvorgänge ......................................................................... 136 7.2.1 Der im Magnetfeld bewegte Leiter ...........................................................................136 7.2.2 Änderung des magnetischen Flusses in Leiterschleifen.....................................................................................................................137 7.2.3 Induktionsgesetz und Flußregel ................................................................................139 7.2.4 Anwendung des Induktionsgesetzes ..........................................................................140 7.3. Selbstinduktion und Gegeninduktion ..................................................... 142 7.3.1 Selbstinduktion ..........................................................................................................142 7.3.2 Gegeninduktion .........................................................................................................143 7.3.3 Abschätzung von Induktivitäten ................................................................................144 7.4. Energie im magnetischen Feld ............................................................... 145 7.4.1 Die magnetische Energie einer stromdurchflossenen Spule .....................................145 7.4.2 Energie mehrerer (gekoppelter) Spulen ...................................................................146 7.4.3 Das magnetische Feld als Sitz der magnetischen Energie ........................................148 7.4.4 Energieverluste durch Ummagnetisierung ................................................................149 7.4.5 Berechnung von Kräften aus der magnetischen Energie ..........................................150 7.5. Wirbelströme .......................................................................................... 151 7.6. Der Verschiebungsstrom und sein Magnetfeld ...................................... 152 8. Stromkreis im quasistationären Zustand ................................154 8.1. Der quasistationäre Zustand ................................................................... 154 8.2. Idealisierte Bauelemente und Quellen .................................................... 155 8.2.1 Ideale Induktivität .....................................................................................................155 8.2.2 Ideale Kapazität .........................................................................................................156 8.2.3 Idealer Widerstand ....................................................................................................157 8.2.4 Idealer Generator .......................................................................................................158 8.2.5 Kirchhoff‘schen Gleichungen im quasistationären Fall ............................................159 8.2.6 Reale Bauelemente und deren Ersatzschaltung .........................................................160 GET-Skript iv 9. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand .......................163 9.1. Zeitveränderliche Vorgänge ................................................................... 163 9.2. Wichtige Mittelwerte .............................................................................. 165 9.2.1 Arithmetischer Mittelwert .........................................................................................165 9.2.2 Gleichrichtwert ..........................................................................................................166 9.2.3 Effektivwerte .............................................................................................................167 9.2.4 Weitere Definitionen .................................................................................................167 9.3. Zeigerdarstellung .................................................................................... 168 9.3.1 Drehzeiger .................................................................................................................168 9.3.2 Zeigerdiagramm ........................................................................................................168 9.4. Darstellung sinusförmiger Vorgänge in der komplexen Ebene .............. 171 9.4.1 Rechnen mit komplexen Zahlen ................................................................................171 9.4.2 Komplexe Schwingung, komplexe Amplitude .........................................................173 9.4.3 Rechenvorteile bei komplexer Schreibweise .............................................................174 9.4.4 Neue Beschreibung sinusförmiger Wechselgrößen ..................................................175 9.5. Ideale Schaltelemente im Wechselstromkreis ........................................ 177 9.5.1 Der ohm‘sche Widerstand .........................................................................................177 9.5.2 Die Induktivität .........................................................................................................177 9.5.3 Der Kondensator .......................................................................................................178 9.5.4 Frequenzabhängige Widerstände ..............................................................................179 9.6. Netzwerke aus komplexen Widerständen ............................................... 180 9.6.1 Komplexer Widerstand und komplexer Leitwert ......................................................180 9.6.2 Serien- und Parallelschaltung komplexer Widerstände ............................................182 9.7. Ortskurven .............................................................................................. 184 9.8. Wechselstrommeßbrücken ...................................................................... 189 9.8.1 Maxwellbrücke ( Z ind ) ..............................................................................................190 9.8.2 Frequenzmeßbrücke nach Wien-Robinson ..............................................................191 9.9. Schwingkreise ......................................................................................... 192 9.10. Leistung im Wechselstromkreis ........................................................... 200 9.10.1 9.10.2 9.10.3 9.10.4 Zeitabhängige Leistung ..........................................................................................200 Spezialfälle: Rein ohm‘sche, induktive oder kapazitive Schaltelemente ...............201 Beliebige Impedanz ................................................................................................202 Die Scheinleistung S ..............................................................................................203 10. Lineare Zweipole und Zweitore .............................................206 10.1. Grundüberlegung .................................................................................. 206 10.2. Leistungsberechnung an linearen Zweipolen ....................................... 207 10.3. Leistungsanpassung bei Zweipolen ...................................................... 208 10.4. Beschreibung von Vierpolen durch Matrizen ....................................... 209 10.4.1 10.4.2 10.4.3 10.4.4 10.4.5 10.4.6 Die Widerstandsmatrix ...........................................................................................210 Die Leitwertmatrix .................................................................................................212 Die Kettenmatrix ....................................................................................................214 Die Reihen-Parallelmatrix ......................................................................................216 Die Parallel-Reihenmatrix ......................................................................................217 Umrechnung der Matrizen und ............................................................................218 10.5. Zusammenschaltung von Zweitoren ..................................................... 221 10.5.1 Reihenschaltung .....................................................................................................221 v 10.5.2 10.5.3 10.5.4 10.5.5 10.5.6 Inhaltsverzeichnis Parallelschaltung ....................................................................................................222 Reihen-Parallelschaltung ........................................................................................223 Parallel-Reihenschaltung ........................................................................................224 Kettenschaltung ......................................................................................................224 Beispiele und Anwendungsgrenzen .......................................................................225 10.6. Der Übertrager (Transformator) ........................................................... 228 10.6.1 10.6.2 10.6.3 10.6.4 10.6.5 Beschreibung durch und .......................................................................................228 Ersatzschaltbild des verlustfreien Übertragers .......................................................230 Der Übertrager mit Eisenkern ................................................................................235 Übertrager mit Verlusten ........................................................................................236 Die Transformationseigenschaften des Übertragers ..............................................237 Grundbegriffe und Werkzeuge 1 Seite 1 Grundbegriffe und Werkzeuge 1.1 Elektrische Ladungen Bewegte Ladungsträger nennt man „elektrischen Strom“ (analog: bewegtes Wasser = Wasserstrom, bewegte Luft = Luftstrom) Ladungsträger: Elektron, Proton mit Elementarladung ± e = ±1.602 mal 10 -19 As (Coulomb) Protonen + Neutronen bilden positive Atomkerne, Elektronen bilden die negative Hülle Wenn gleichviele Protonen und Elektronen → neutrale Atome Wenn im Atom Elektronen fehlen oder überzählig sind → Ionen -e + p -e + + p p e H-Atom H+-Ion H--Ion In der Elektrotechnik von praktischer Bedeutung: - Elektronenströme (Metalle, Halbleiter, Vakuumröhren) - Ionenströme (Flüssigkeiten, Gase, Schmelzen) - Löcher (Halbleiter) Aufbau der Materie ist viel komplizierter und es kommen weitere Elementarteilchen hinzu, z.B. : Mesonen: neutral, ± e Quarks: ± 2/3 e usw. In der Elektrotechnik kann es nur Ladungsmengen q geben, die ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung ±e betragen, also q = n⋅e Seite 2 GET-Skript 1.2 Kraftwirkungen zwischen Ladungen Kräfte auf ruhende Ladungen q1 ⋅ q2 - (Coulomb‘sches Gesetz) elektrostatische Kräfte F ∼ -------------2 r 12 r12 -q 2 + q1 F1 F2 m1 ⋅ m2 - , Ähnlich wie Gravitation F ∼ ----------------2 r 12 jedoch bei elektrischen Ladungen - zwei Arten von Ladung (+ und -) - ungleiche Ladungen ziehen sich an, gleiche stoßen sich ab - Kräfte viel, viel ... viel größer als bei Gravitation. 1m F F Jedem fehlt 1% der Elektronen. F entspricht Gewicht der Erde Normalerweise sind elektrostatische Kräfte dieser Größenordnung nicht zu bemerken. Das Gleichgewicht zwischen positiven und negativen Ladungen ist sehr gut austariert Also: keine äußeren Kräfte. Bei Ungleichgewicht wird Ausgleich durch Ströme angestrebt. Beispiele für elektrostatische Kräfte: - Elektron/Atomkern - Molekülkräfte - Abstoßende Kräfte zwischen Protonen (was hält dann Atomkern zusammen?) Grundbegriffe und Werkzeuge Kräfte auf bewegte Ladungen. Diese Kräfte heißen elektromagnetische Kräfte. Sie hängen in komplizierter Weise von der Ladung und deren Bewegung ab. Frage: Gibt es jemals eine Chance, die Kräfte zwischen vielen, evtl. bewegten Ladungen nach Betrag und Richtung auszurechnen? Antwort: Ja, wenn man den Begriff Feld einführt. 1.3 Der Begriff Feld Die Kraft F auf eine Ladung q ist gegeben durch - die Größe (Menge) der Ladung q die Geschwindigkeit v der Ladung q das elektrische Feld E am Ort q das magnetische Feld B am Ort q Die Kraft F auf eine Ladung q wird beschrieben durch die sog. Lorentz-Beziehung F = q ⋅ (E + v × B) Wir interessieren uns also für die Kraft auf eine der vielen Ladungen, also für die Kraft auf q. Der Einfluß aller anderen Ladungen läßt sich zusammenfassen zu: - einem Vektor E am Ort der Ladung q und - einem Vektor B am Ort der Ladung q Kennt man die Vektoren E und B am Ort der untersuchten Ladung q, so kennt man die Kräfte, die die Ladung q in Bewegung setzen wollen, also die Ursache für den Strom. Neue Frage: Wie berechnet man die Vektoren E und B am Ort der Ladung q bei einer komplizierten Verteilung der restlichen Ladungen? Antwort: Es gilt das Superpositionsprinzip (Überlagerungsprinzip), eines der wichtigsten vereinfachenden Prinzipien der Physik. Seite 3 Seite 4 GET-Skript Es gilt: E = E 1 + E 2 + E 3 + ... + E n B = B 1 + B 2 + B 3 + ... + B n q1 q3 B q2 v q E q4 qn Bei unserer bisherigen Betrachtung diente E und B nur zur Beschreibung der Kraftwirkungen aller anderen Ladungen auf die eine betrachtete Ladung q. - E und B hängt also ab von der Verteilung aller anderen Ladungen ohne q - Es wurde vorausgesetzt, daß die Verteilung aller anderen Ladungen nicht dadurch beeinflußt wird, an welchem Ort sich q befindet Frage: Was bleibt am Ort (x,y,z) der betrachteten Ladung q, wenn man diese wegnimmt? Antwort: E und B am Ort (x,y,z) der weggenommenen Ladung bleiben unverändert. Man kann also E und B an jedem Ort (x,y,z) ausrechnen bzw. messen Definition: Eine Größe, die man an jedem Punkt des Raumes (x,y,z) berechnen bzw. messen kann, heißt Feld. Ein Feld ist also eine Funktion des Ortes (x,y,z), eventuell auch eine Funktion der Zeit t. Man schreibt deshalb: E = E (x,y,z) bzw. E = E (x,y,z,t) und B = B (x,y,z) bzw. B = B (x,y,z,t) Grundbegriffe und Werkzeuge Seite 5 Beispiel: Temperaturfeld (skalares Feld) y T=T(x0,y0,z0)=14 °C z y0 z0 x x0 Es gibt eine skalare Funktion T = T(x,y,z). Sie hat für den Punkt (x0,y0,z0) den Wert T = T(x0,y0,z0) = 140C. T kann eventuell von der Zeit t abhängen, also T = T(x,y,z,t) Beispiel: Geschwindigkeitsfeld (Vektorfeld) y v y0 x0 x Es gibt eine Vektorfunktion v = v (x,y,z). Diese Geschwindigkeitsfunktion v hat z.B. an der Wasseroberfläche z0=0 und am Ort (x0,y0,z0) den Wert v = v (x0,y0,0) = (0.5m/s, 0.1m/s, 0m/s). v kann eventuell von der Zeit t abhängen, also v = v (x,y,z,t). Das elektrische Feld E (Vektorfeld) ist eine Vektorfunktion von ( x, y, z ) und evtl. von der Zeit t , also E = E ( x, y, z ) bzw. E = E ( x, y, z, t ) Das magnetische Feld B (Vektorfeld) ist eine Vektorfunktion von ( x, y, z ) und evtl. von der Zeit t , also B = B ( x, y, z ) bzw. B = B ( x, y, z, t ) Anschauliche Hilfsmittel (immer unzulänglich, weil auf eine Auswahl von Koordinaten in der Papierebene beschränkt): Seite 6 GET-Skript - Vektoren an jeden Punkt zeichnen (nur bedingt möglich) - „Feldlinien“ als Tangenten an Vektoren (Feldliniendichte entspricht der Größe des Betrags). 1.4 Werkzeuge für den Umgang mit Vektorfeldern 1.4.1 Der Fluß eines Vektorfeldes Gedankenversuch: Wir setzen eine Fläche aus Maschendraht in strömendes Wasser, also in ein Strömungsfeld v . Frage: Welche Wassermenge fließt pro Zeit durch diese Fläche A im Strömungsfeld v (Fluß)? Zunächst eine Masche mit Fläche δ A . n δA Da eine Fläche eine Größe δ A und eine Orientierung im Raum hat, die man mit der Richtung eines auf der Fläche senkrechten Vektors n (Flächennormale, Länge 1) angeben kann, ist sie beschrieben durch den Vektor δ A mit δ A = n ⋅ δA δA Bei Strömung v senkrecht zur Fläche, d. h. v || δ A , ist dann die Menge pro Zeit Menge ----------------- = Ψ = v ⋅ δ A Zeit δA v Grundbegriffe und Werkzeuge Seite 7 Bei Strömung v in beliebiger Richtung zur Fläche δ A wird die Menge pro Zeit ebenfalls durch das innere Produkt v ⋅ δ A richtig beschrieben. Ψ = v ⋅ δ A = v ⋅ δ A ⋅ cos α v α δA Der Fluß durch die gesamte Fläche A = ∑ δ A i ergibt sich durch Aufsummieren der Teilflüsse durch alle Maschen i vi Α α δ Ai Durch die i-te Masche fließt Ψ i = v i ⋅ δ A i insgesamt fließt Ψ = ∑ Ψi i = ∑ vi ⋅ δ Ai i und bei unendlich kleinen Maschen geht die Summe in ein Integral über. Der Fluß wird dann beschrieben durch: Ψ = ∫ v ⋅ d A oder ψ A = ∫ ∫ v ⋅ dA A Seite 8 GET-Skript Anschauliche Einführung des Flußintegrals Herkömmliche Integrale f(x) fi Flußintegrale ψi δ Ai vi Fi a b δx i Teilfläche: F i = f i ⋅ δx i Fläche: F = Α x ∑ f i ⋅ δx i Teilfluß: ψ i = vi ⋅ δ Ai Fluß: ψi = bei δ Ai → 0 i δx i → 0 bei unendlich viele Streifen, keine Nummern, dafür Bezeichnung des Integrationsgebiets (hier Intervall a . . . b ) statt ∑ →∫ unendlich viele Maschen, keine Nummern, dafür Bezeichnung des Integrationsgebiets (hier Fläche A) statt statt δ → d ∑i vi ⋅ δ Ai ∑ →∫ statt δ → d b also: F = ∫ f ⋅ dx also: ψ = A a f ist Funktion von ( x ) , also auf einem eindimensionalem Gebiet definiert, eigentlich: F = b ∫a f ( x ) ⋅ d x ∫ v ⋅ dA v ist Funktion von (x, y, z) , also auf einem dreidimensionalen Gebiet definiert, eigentlich ψ = ∫ v(x, y, z) ⋅ d A A Grundbegriffe und Werkzeuge Seite 9 In dieser Vorlesung ist keine allgemeine Berechnung solcher Integrale erforderlich. Es werden nur zwei Spezialfälle berechnet: Spezialfall 1: v || d A und v = const. auf dem gesamten Integrationsgebiet, d. h. Vektor v steht im gesamten Integrationsgebiet A 0 senkrecht auf der Oberfläche ( α = 0 ) . Dann ist v ⋅ d A = v ⋅ dA ⋅ cos α = v ⋅ dA und weil v = const. auf A , ist ∫A v d A = v ⋅ ∫ dA . A Weil Summe aller Flächenelemente d A des Gebiets A eben gerade die Fläche des Gebiets ergibt, ist ∫ d A = A A also: ∫A v d A = v ⋅ A für v || A und v = const. auf A Spezialfall 2: v ⊥ d A auf dem gesamten Integrationsgebiet, d. h. der Vektor v liegt im gesamten Integrationsgebiet A in ° der Oberfläche ( α = 90 ) . Dann ist v ⋅ d A = v ⋅ dA ⋅ cos α = 0 also: ∫ vdA = 0 für v⊥ A A Häufig interessiert man sich für den Fluß durch geschlossene Hüllflächen A Vereinbarung: Flächennormale n , und damit der Vektor δ A jeder Masche zeigt immer nach außen. Seite 10 GET-Skript Beispiel: Kasten aus Maschendraht im Strömungsfeld v a) Fluß durch eine geschlossene Hüllfläche ohne Quelle: Α2 Α1 v δA Α ∫ dA = A Ψ1 = ∫ dA + ∫ dA A1 A2 ∫A v ⋅ d A ; 1 Ψ2 = ∫A v ⋅ d A = –ψ 1 2 Ψ1 + Ψ2 = Ψ = °A∫ v ⋅ d A Fluß ohne Quelle = 0 Durch den Ring im Integral wird angedeutet, daß das Integrationsgebiet eine geschlossene Hüllfläche ist b) Fluß durch eine geschlossene Hüllfläche mit Quelle: v δA Α ψ = °A∫ v ⋅ d A ≠ 0 Fluß mit Quelle Grundbegriffe und Werkzeuge Seite 11 Der Fluß eines Vektorfeldes v durch eine geschlossene Fläche A zeigt also an, ob sich in A eine - Quelle ( ψ > 0 ) befindet, oder eine - Senke ( ψ < 0 ) , oder ob A ganz einfach - durchflossen wird ( Ψ = 0 ) 1.4.2 Die Zirkulation eines Vektorfeldes + r0 F0 Seiltrommel als „anschauliches“ Vektorfeld. Man kann an jedem Punkt der Trommel die Kraftrichtung und Größe der Kraft messen. Also: Vektorfeld F = F ( x, y, z ) Besser wählt man hier Zylinderkoordinaten: F = F ( r, x, ϕ ) - Dann ist Kraftrichtung immer tangential an Kreise. - Die Größe der Kraft hängt nur von dem Radius r ab. Gesucht: Arbeit bei Bewegung längs eines Weges Γ . Seite 12 GET-Skript Anschauliche Einführung des Linienintegrals Herkömmliche Integrale f(x) fi Linienintegrale b δs i . Fi δs 1 a b δx i Teilfläche: F i = f i ⋅ δx i Fläche F = F1 x ∑ f i ⋅ δx i a Teilarbeit: W i = F i ⋅ δs i Arbeit längs Γ : W = i i (hier F:= Fläche) (hier F:= Kraft) δx i → 0 bei unendlich viele Streifen, keine Nummern, dafür Bezeichnungen des Integrationsgebiets (hier Intervall a . . . b ) statt ∑ →∫ δs i → 0 bei unendlich viele Schritte, keine Nummern, dafür Bezeichnung des Integrationsgebiets (hier Γ = Weg a → b ) statt statt δ → d ∑ →∫ statt δ → d b also: F = b ∫ f ⋅ dx a f ist Funktion von ( x ) , also auf einem eindimensionalem Gebiet definiert, eigentlich: F = ∑ F i ⋅ δs i b ∫a f ( x ) ⋅ d x also: W = ∫ F ⋅ ds = ∫Γ F ⋅ ds a F ist Funktion von( ( x, y, z ) ), also auf einem dreidimensionalen Gebiet definiert, eigentl.: W = oder: W = b ∫a F ( x, y, z ) ⋅ ds ∫Γ F ( x, y, z ) ⋅ ds Grundbegriffe und Werkzeuge Seite 13 In dieser Vorlesung ist keine allgemeine Berechnung solcher Integrale erforderlich. Es werden nur zwei Spezialfälle berechnet: Spezialfall 1: F || ds und F = const. auf Weg Γ , d.h. längs des gesamten Integrationsweges Γ stimmt Richtung von F und ds überein und ° der Winkel zwischen F und ds ist Null ( α = 0 ) . Dann ist F ⋅ ds = F ⋅ ds ⋅ cos α = F ⋅ ds und weil F = const. auf Γ , ist ∫Γ F ⋅ ds = F ⋅ ∫ ds Γ Weil die Summe aller Wegelemente ds desWeges Γ also ∫ ds gerade der Gesamtweg ist, gilt: Γ ∫Γ F ⋅ ds = F ⋅ Gesamtweg für F || ds und F = const. Spezialfall 2: ° F ⊥ ds d.h. längs des gesamten Integrationsweges ist α = 90 . Dann ist F ⋅ ds = F ⋅ ds ⋅ cos α = 0 und ∫Γ F ⋅ ds = 0 für F ⊥ ds Häufig interessiert man sich für Linienintegrale längs eines geschlossenen Weges Γ , also z.B. für ∫ F ⋅ ds Γ = geschlossenerWeg Man schreibt statt „geschlossener Weg“ ein Ringsymbol in das Integralzeichen, also ∫ F ⋅ ds °Γ Mit diesen Grundkenntnissen über Linienintegrale können wir zurückkommen zu dem anschauliches Beispiel für ein Vektorfeld, zur Seiltrommel. Hier ist Seite 14 GET-Skript - die Richtung der Kraft F immer tangential und - der Betrag F der Kraft F nur von r abhängig. Dieser Betrag der Kraft läßt sich aus dem Drehmoment bestimmen: F ( r ) ⋅ r = const = F 0 ⋅ r 0 und damit F ( r ) = F 0 ⋅ r 0 ⁄ r a) Umlauf auf geschlossenem Kreis mit Radius r δs i + r F(r) Hier gilt Spezialfall 1, - weil F || ds ( F und ds tangential) und - weil mit r der Betrag F der Kraft auf dem Integrationsweg Γ konstant ist ( F ( r ) = F 0 ⋅ r 0 ⁄ r = const. ) W = °∫Γ F ⋅ ds = °∫Γ F ⋅ ds = F°∫Γ ds = F ⋅ Gesamtweg = = F ⋅ 2πr = F 0⋅ ( r 0 ⁄ r ) ⋅ 2πr = F 0 ⋅ 2πr 0 Dieses Ergebnis W = Gewichtskraft ⋅ Hubweg ist sehr plausibel, weil sich bei der Bewegung eines Punktes der Seiltrommel auf einer geschlossenen Kreisbahn diese um eine volle Umdrehung dreht und das Gewicht F 0 um den Umfang 2πr 0 gehoben wird b) Umlauf auf Weg aus radialen und tangentialen Abschnitten. 1 4 + 2 3 Auf den tangentialen Wegstücken (Kreisbögen) gilt - wie oben Spezialfall 1. Auf den radialen Wegstücken gilt Spezialfall 2, weil F ⊥ ds . Weiterhin gilt: Grundbegriffe und Werkzeuge °∫Γ ∫Γ = 1 +∫ Γ2 +∫ Γ3 +∫ Seite 15 Γ4 Dann ist aber W = ∫ F ⋅ ds = πr 0 F 0 + 0 + πr 0 F 0 + 0 = 2πr 0 F 0 ° d. h. wir erhalten das gleiche Ergebnis wie bei der Bewegung auf einer Kreisbahn. c) Umlauf auf beliebigem geschlossenen Weg um die Achse + Jeder beliebige Weg kann aus radialen und tangentialen Wegelementen zusammengesetzt werden, wenn man deren Länge gegen Null gehen läßt. Auch dann gilt weiterhin das Ergebnis °∫ F ds = 2πr 0 F 0 Dies ist leicht einzusehen, weil bei Umlauf eines Punktes um die Achse bei beliebigen Wegen sich die Trommel um eine volle Umdrehung dreht. Man nennt das ∫ F ds die Zirkulation eine Vektorfeldes. ° d) Wenn der Integrationsweg die Achse nicht umfaßt 2 1 3+ 4 W = ∫ F ds = πr 0 F 0 + 0 – πr 0 F 0 + 0 = 0 ° Merke: Ein Vektorfeld F ist zirkulationsfrei, wenn für alle Wege ∫ F ds = 0 ist. Im Beispiel ist dies ja nicht für alle Wege der Fall! °Γ Seite 16 GET-Skript 2 Der Stromkreis 2.1 Bewegte Ladungen Bei nicht homogener Verteilung positiver und negativer Ladung: Aufbau eines elektrischen Feldes E - Kraft F = q ⋅ E auf jede Ladung q - Antriebskraft (elektromotorische Kraft, EMK) für Ausgleichsvorgang ist vorhanden. - Wenn Verbindungsweg vorhanden, kann der Ausgleich durch Bewegung der Ladung stattfinden. Beispiel: Zwei Metallplatten mit Elektronenüberschuß (-), bzw. Elektronenmangel (+). Elektronenüberschuß −− Elektronenmangel − −− ++ + ++ Bewegungsrichtung der Elektronen Stromrichtung nach Definition Leiter Man kann den Ausgleichsvorgang als Funktion der Zeit beobachten. - Kupferdraht, Silberdraht usw.: schneller Ausgleich - Holzstab, Faden usw.: langsamer Ausgleich, d.h. transportierte Ladungsmenge pro Zeit ist unterschiedlich. Man definiert: Die elektrische Stromstärke I ist die pro Zeiteinheit durch einen gegebenen Querschnitt hindurchfließende Ladungsmenge I = δq ⁄ δ t . Für zeitlich veränderliche Ströme wählt man δt → 0 , also I = dq / dt Definition der Stromstärke Die Einheit der Stromstärke heißt Ampere (Basiseinheit im MKSA-System) ; [ I ] = A = Ampere Der Stromkreis Seite 17 2.2 Quellen Beim Ausgleichsvorgang kommt die Antriebskraft ( E -Feld, EMK bzw. Spannung U) aus der ungleichen Ladungsverteilung nimmt also zeitlich ab. Einen Gleichstrom erhält man, wenn die Elektromotorische Kraft (EMK), auch Quellspannung bzw. Urspannung trotz des fließenden Stromes I konstant bleibt, wenn also zur Erhaltung des Überschusses (-) bzw. Mangels (+) Ladung nachgeliefert wird . Dies geschieht durch - chemische Vorgänge (Batterien, Akkumulatoren), mechanische Ladungstrennung (Reibung usw.), Induktionsvorgänge (Generatoren), photoelektrischen Effekt (Solarzellen) wobei mechanische, chemische Energie bzw. Strahlungsenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Es wird also zwischen zwei Polen eine konstante Spannung erzeugt, man spricht von einer Spannungsquelle + Pluspol U Zählpfeil - Minuspol Der Zählpfeil wird so definiert, daß er vom positiven Pol (Elektronenmangel) zum negativen Pol (Elektronenüberschuß) zeigt. Die technische Stromrichtung (Zählpfeilrichtung) ist also der Bewegungsrichtung der Elektronen entgegengesetzt und stimmt mit der Bewegungsrichtung positiver Ladungsträger überein (z.B. mit der Bewegungsrichtung positiver Ionen) Verbindet man beide Pole einer Quelle mit einem Leiter, so fließt ein Strom konstanter Stärke an jeder Stelle dieses Stromkreises, also ein Gleichstrom. Seite 18 GET-Skript 2.3 Stromstärke und Stromdichte Beschreibung der Stromstärke ist möglich dq - entweder über I = -----dt - oder durch Ladungsdichte ρ und Geschwindigkeit v der Ladungsträger, die durch Leiterquerschnitt A laufen. δq Ladung Ladungsdichte ρ = ------- = ----------------------δV Volumen δl A δQ δV Bei gleichförmiger Geschwindigkeit v der Ladungsträger und bei gleichförmiger Verteilung über den senkrechten Querschnitt A, ist I = δ q ⁄ δ t = ρ ⋅ δV ⁄ δt = ρ ⋅ A ⋅ δl ⁄ δt = ρ ⋅ A ⋅ v oder I ⁄ A = ρ ⋅ v Man bezeichnet I/A = Strom pro Fläche als Stromdichte S, also S = ρ ⋅ v . Im allgemeinen ist aber die Geschwindigkeit der Ladungsträger nicht gleichförmig und senkrecht zum Querschnitt A und die Stromdichte S ist ein Vektor, dessen Richtung durch die Bewegungsrichtung der Ladungsträger festgelegt wird zu S = ρ⋅v Die Stromdichte ist also an unterschiedlichen Stellen des Leiters unterschiedlich, hängt vom Ort (x,y,z) ab und ist demzufolge ein Feld (Strömungsfeld), also genauer S ( x, y, z ) = ρ ⋅ v ( x, y, z ) Berechnet man den Fluß dieses Vektorfeldes (siehe Werkzeuge, 1.4.1), so läßt sich leicht der Gesamtstrom I durch einen beliebigen Leiterquerschnitt A berechnen. Der Stromkreis Seite 19 dA v, S Für ein Flächenelement d A ist der Teilfluß S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⋅ d A = ρ ⋅ v ⋅ dA ⋅ cos α Zerlegt man v bzw. S in Komponenten parallel bzw. senkrecht zur Oberfläche des Elements d A , so ist in der obigen Gleichung v ⋅ cos α = v ⊥ die senkrechte Komponente von v und S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⊥ ⋅ dA Für senkrecht zur Oberfläche mit v = v ⊥ laufende Ladungen galt aber dI ⁄ dA = ρ ⋅ v ⊥ . Dann ist S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⊥ ⋅ dA = ( dI ⁄ dA ) ⋅ dA = dI und für die gesamte Fläche A ist I = I = ∫ A dI = ∫A S d A = ∫ A dI und somit ∫A ρ ⋅ v d A Also: Gleiche Stromstärke I aus vielen Ladungsträgern (großes ρ ) bei kleiner Geschwindigkeit v oder wenigen Ladungsträgern bei großer Geschwindigkeit oder bei beliebiger Geschwindigkeitsverteilung. Ebenso: Gleiche Stromstärke I aus positiven Ladungsträgern ρ mit positiver Geschwindigkeit v wie aus negativen Ladungsträgern - ρ mit negativer Geschwindigkeit - v oder beliebiger Mischung. Merke: Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Hall-Effekt) hängen die äußeren Wirkungen des Stromes I nicht vom Vorzeichen der beteiligten Ladungsträger ab. Daher kann in E-Technik festgelegt werden: Flußrichtung des Stromes ist Bewegungsrichtung der positiven Ladungen. Seite 20 GET-Skript Beachte: Nach 1.4.1 war Ψ = ∫ v ⋅ d A das (Volumen/Zeit) das A sich durch A bewegte. Dann ist ρ ⋅ Ψ = ∫ ρ ⋅ v ⋅ d A = ∫ S ⋅ d A , A A also ( Ladungsdichte ⋅ Volumen ⁄ Zeit ) die Ladung, die sich pro Zeit durch den Leiterquerschnitt bewegt, also der Strom I. 2.4 Potentielle Energie einer Ladung und Spannung Ohne Magnetfeld ( B = 0 ) ist die Kraft im elektrischen Feld E auf Ladung q gegeben durch F = q ⋅ E und die Energie, die eine Ladung q bei Bewegung im E -Feld aufnimmt (die potentielle Engerie der Ladung), ist – dW = F ⋅ ds = q ⋅ E ⋅ ds δs δs q m E Erdfeld Beachte: Bei Bewegung in Feldrichtung ist dW = – ( q ⋅ E ⋅ ds ) negativ d. h. die Ladung verliert potentielle Energie. (Vergleiche: Masse, die in Richtung des Erdfeldes fällt, verliert Energie!) Die Änderungen dW der potentiellen Energie Wab auf dem Weg von a → b einer Ladung kann man aufsummieren zu –W ( a → b ) = b ∫a q ⋅ E ⋅ ds . Man kann plausibel machen (und später beweisen), daß die Energieänderung W ( a → b ) nur von der potentiellen Energie W(a) im Punkt a und W(b) im Punkt b und nicht vom Weg des Ladungsträgers abhängt. W(a) und W(b) sind der Ladung proportional und man schreibt deshalb W ( a ) = q ⋅ ϕ ( a ) bzw. W ( b ) = q ⋅ ϕ ( b ) und nennt ϕ ( a ) bzw. ϕ ( b ) das Potential von Punkt a bzw. von Punkt b. Dann ist aber b – W ( a → b ) = – q ⋅ [ ϕ ( b ) – ϕ ( a ) ] = q ⋅ ∫ q ⋅ E ⋅ ds a Der Stromkreis Seite 21 Die Potentialdifferenz [ ϕ ( a ) – ϕ ( b ) ] spielt in der Elektrotechnik eine wichtige Rolle. Sie bekommt einen eigenen Namen Uab und heißt elektrische Spannung. Es ist also U ab = ϕ ( a ) – ϕ ( b ) = b ∫a E ⋅ ds Spannung, Potentialdifferenz Die Richtung a → b ist die Zählpfeilrichtung der (skalaren) Spannung. Die Einheit der Spannung ist 1 Volt, also [ U ] = 1Volt = 1V 2.5 Metallische Leiter 2.5.1 Leitungsmechanismen Pro Atom gibt es wenigstens ein freies Elektron, d.h. wenigstens circa 1023/cm3. Sie bewegen sich ungeordnet wie Gasmoleküle, ohne Vorzugsrichtung. Bei einer Spannung Uab zwischen den Enden des Leiters ist ein E Feld vorhanden, d.h. Kraft F = – e ⋅ E beschleunigt alle Elektronen in Richtung - E . Nach kurzer Laufstrecke erfolgen Stöße mit dem „Atomgitter“ und Streuung der Elektronen in alle Richtungen (Flipper). Also: Beschleunigung wird nach kurzer Zeit unterbrochen und v e = b ⋅ t bleibt klein. Nur eine mittlere Driftgeschwindigkeit v , die proportional zu E ist, stellt sich ein: v = –µe ⋅ E Die Proportionalitätskonstante µ e heißt Beweglichkeit der Elektronen. Sind N Leitungselektronen im Volumen V, so ist durch n = N/V und die Elementarladung -e auch die Ladungsdichte ρ = – n ⋅ e bekannt. Mit ρ und v läßt sich aber auch S berechnen S = ρ ⋅ v = ( –n ⋅ e ) ⋅ ( –µe ⋅ E ) = κ ⋅ E Seite 22 GET-Skript Die Proportionalitätskonstante κ = µ e ⋅ e ⋅ n faßt die Materialeigenschaften zusammen und heißt spezifische Leitfähigkeit. Der Kehrwert ρ R = 1/ κ heißt spezifischer Widerstand. Bei konstanter Temperatur ist in Metallen κ (praktisch) konstant, also unabhängig von S und E (Ohm‘sches Gesetz). 2.5.2 Anwendung des Ohm‘schen Gesetzes In der Praxis verwendet man häufig metallischer Leiter der Länge l mit Querschnitt A. Dann verläuft auch E in Leiterrichtung und damit in Richtung des Wegelements ds . Es gilt Spezialfall 1 für das Linienintegral und die Spannung Uab ist l A a U ab = b Uab ∫a E ⋅ ds b b = E ⋅ ∫ ds = E ⋅ l , a Mit E ist auch die Stromdichte S = κ ⋅ E überall gleich und parallel zur Flächennormalen, d.h. zur Berechnung des Stromes gilt bei der Integration Spezialfall 1 I = oder ∫A S ⋅ d A = S ⋅ ∫ dA = S ⋅ A A I = κ⋅E⋅A zusammen mit U ab = E ⋅ l ergibt sich eine Beziehung zwischen Spannung Uab und Strom I ρR ⋅ l l U ab = ----------- ⋅ I = ------------ ⋅ I κ⋅A A Diese Beziehung zwischen den integralen Größen Uab und I wurde durch Integrieren der Beziehung zwischen E und S gewonnen. Der Stromkreis Seite 23 Man nennt die Proportionalitätskonstanten zwischen U und I den elektrischen Widerstand R des Leiters, also R = l ⁄ ( κ ⋅ A ) bzw. R = ρ R ⋅ l ⁄ A elektrischer Widerstand Den Kehrwert nennt man den elektrischen Leitwert G, also G = 1 ⁄ R elektrischer Leitwert Damit kann man also schreiben U = R⋅I oder I = G⋅U Ohm‘sches Gesetz Bei konstanter Temperatur ist R bzw. G in Metallen konstant (Ohm‘sches Gesetz) und somit sind Spannung und Stromstärke einander proportional. Dies ist gleichwertig mit der differentiellen Form E = ρR ⋅ S S = κ⋅E oder Der ohm‘sche Widerstand R bzw. der Leitwert G sind wichtige Größen in der Elektrotechnik und die Einheiten [ R ] bzw. [ G ] erhalten eigene Namen [ R ] = 1Ohm = 1Ω = 1V ⁄ A ; [ G ] = 1Siemens = 1S = 1 A ⁄ V ; Die Einheiten der Konstanten ρ R und κ sind somit [ ρ R ] = Ω ⋅ m und [ κ ] = S ⁄ m 2.5.3 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes Im allgemeinen ist R temperaturabhängig, also: R = R(T), z.B. bei Kupfer: ρR Ωm 6 ⋅ 10 –8 4 ⋅ 10 –8 2 ⋅ 10 –8 T;ρR(T) T0;ρR0 T 0 200 400 600 K Da ρ in einem großen Bereich linear mit der Temperatur geht, Seite 24 GET-Skript kann man von ρ RO auf ρ R ( T ) schließen ρ R ( T ) = ρ R0 ⋅ ( 1 + α ( T – T 0 ) ) . Die Konstante ρ RO ist der spezifische Widerstand bei T = T 0 ; α hängt i. a. etwas von der Wahl von T o ab. ° Z.B. wird für T 0 = 20 = 293K der Wert von α mit α 20 gekenn–3 zeichnet und beträgt α 20 = 3, 93 ⋅ 10 ⁄ K . Dieser Temperaturkoeffizient α ist bei vielen Stoffen positiv, bei manchen auch negativ. Für manche Anwendungen möchte man eine möglichst geringe Temperaturabhängigkeit, also α ≈ 0 . Dies läßt sich bei einigen Legierungen erreichen, z. B. Konstantan (54% Cu, 45% Ni, 1% Mn) –3 mit α = - 0.0035 ⋅ 10 ⁄ K . Wenn der lineare Bereich für die geforderte Berechnung zu klein ist oder die Linearität zu gering ist, verwendet man auch eine quadratische Näherung: 2 ρ R ( T ) = ρ R0 ⋅ ( 1 + α ⋅ ( T – T 0 ) + β ⋅ ( T – T 0 ) ) Bei einigen Metallen geht ρ R ( T ) bei T = 0 nicht exakt auf den Wert Null. Bei Supraleitern springt ρ R ( T ) bereits unterhalb einiger K auf exakt Null (z. B. in Quecksilber bei 4,2K). Ωm ρR T K Gleichstromschaltungen 3 Seite 25 Gleichstromschaltungen 3.1 Strom und Spannung im einfachen Stromkreis Einfacher Stromkreis: Eine Spannungsquelle, ein Verbraucher VL1 UG I RV U VL2 Symbol: 27 1.2 M ≡ R = 27Ω ≡ R = 1,2MΩ Nur bei unendlich hoher Leitfähigkeit der Verbindungsleitungen VL1 und VL2 ist UV am Verbraucher gleich UG am Generator. In der Praxis: Widerstand der Verbindungsleitung ρR ⋅ l R L = ----------A l = Länge, A = Querschnitt ρ R = spezif. Widerstand. Man denkt sich diesen Widerstand in den Bauelementen RL1 und RL2 vereinigt und betrachtet die Symbole für Leitungen (-----) als unendlich leitfähig. RL ersetzt also die Leitungen und heißt Ersatzwiderstand. I 2 RL1 3 UL1 UG U RV UL2 1 RL2 4 Stromkreis unter Berücksichtigung des Widerstands der Verbin- Seite 26 GET-Skript dungsleitungen Damit ergibt sich innerhalb des Stromkreises folgender Potentialverlauf UG 1 ϕ ϕ2 ϕ3 ϕ4 UL1 2 U 3 UL2 4 1 I UL1 UG ϕ1 U UL2 Im Generator: Anhebung des Potentials von ϕ 1 auf ϕ 2 . Auf idealen Verbindungsleitungen: konstantes Potential. Über den Widerständen: Abfall des Potentials von ϕ 2 → ϕ 3; ϕ 3 → ϕ 4 und ϕ 4 → ϕ 1 . Der Stromkreis schließt sich an Klemme 1 mit Potential ϕ 1 . D.h. bei Umlauf von einem beliebigen Anfangspunkt durch den Stromkreis zurück zu diesem Anfangspunkt ist die Potentialdifferenz = Null. Also: Für Umlauf in Zählpfeilrichtung (ZPR) des Stromes: 0 = – U G + U L1 + U + U L2 Mit dem Ohm‘schen Gesetz lassen sich die Spannungen durch die Widerstände ausdrücken, also: U L1 = I ⋅ R L1; U = I ⋅ R V ; und U L2 = I ⋅ R L2 . Dann ist U G = I ⋅ ( R L1 + R V + R L2 ) Damit läßt sich der Strom I berechnen zu I = U G ⁄ ( R L1 + R V + R L2 ) und die Spannung U am Verbraucher ist U = U G – U L1 – U L2 = U G – ( R L1 + R L2 ) ⋅ I D.h.: Infolge der endlichen Leitfähigkeit der Verbindungsdrähte sinkt die Verbraucherspannung mit dem Strom I ab. Festlegung der ZPR: Im bisher verwendeten Zählpfeilsystem war am Verbraucher Zählpfeil für U und I in der gleichen Richtung. Gleichstromschaltungen Dieses System heißt daher Verbraucherzählsystem. Legt man dagegen fest, daß die Zählpfeile von U und I am Generator die gleiche Richtung haben sollen, so spricht man vom Generatorzählpfeilsystem. 3.2 Zweipole Alle im Beispiel gezeigten Elemente des Stromkreises (Spannungsquelle, Widerstände) haben zwei Anschlüsse und werden deshalb als Zweipole bezeichnet. Bei einem Zweipol interessiert man sich - nicht für Schaltungsdetails im Inneren, sondern - nur für die Strom-Spannungscharakteristik I = f(U), die man von außen bestimmen kann. Definition: Zweipole heißen linear, wenn die Beziehung I = f(U) (Strom-Spannungs-Charakteristik) linear ist, d.h. wenn gilt U = a + b ⋅ I oder I = p + q ⋅ U . Man unterscheidet noch einmal Passive lineare Zweipole: d.h. es ist keine Strom- oder Spannungsquelle im Zweipol enthalten (passiv) und es ist I = G ⋅ U bzw. U = R ⋅ I (linear). Beispiele: Ohm‘sche Widerstände und beliebige Kombinationen daraus. Aktive lineare Zweipole: d.h. der Zweipol kann elektrische Energie abgeben (aktiv) und es ist U = a + b ⋅ I bzw. I = p + q ⋅ U (linear). Beispiel: Realer Generator, bei dem die Klemmenspannung vom Strom I abhängt. Man kann einen realen Generator durch ein Ersatzschaltbild aus einem idealen Generator und einem Widerstand darstellen. Eine solche Spannungsquelle zeigt von außen die gleiche Strom-Spannungscharakteristik, ersetzt also die reale Spannungsquelle für unsere Betrachtungen und heißt deshalb Ersatzspannungsquelle. Es gilt: U = UG - UR = UG - R ⋅ I = a + b ⋅ I , d.h. die Ersatzspannungsquelle ist ein linearer, aktiver Zweipol. Seite 27 Seite 28 GET-Skript . R UL U UG 3.3 Die Kirchhoffschen Regeln Beim Zusammenschalten mehrerer Zweipole ergeben sich netzartige Strukturen, sogenannte Netzwerke, z. B. Ein Netzwerk besteht aus: - Zweigen von Zweipolen - Knoten, an denen Zweige zusammenstoßen und - Maschen, das sind beliebige geschlossene Wege im Netzwerk, bei denen kein Zweig oder Knoten mehrfach durchlaufen wird. Für die Knoten und Maschen lassen sich einfache Gesetzmäßigkeiten (Regeln) formulieren, die die Berechnung der Spannungen und Ströme in beliebigen Netzwerken ermöglichen. Gleichstromschaltungen Seite 29 a) Die Kirchhoff‘sche Knotenregel Gummiball I2 I3 I1 Wasserströme I4 I5 In einen Knoten darf sich keine Ladung stauen (wie z.B. Wasser in einem Gummiball). Also muß gelten → Summe aller auf einen Knoten zufließenden Ströme = Summe aller vom Knoten wegfließenden Ströme. Für eine mathematische Beschreibung dieser Regel muß man eine für alle Ströme einheitliche Bezugsrichtung festlegen. - Der Strom Ii im Zweig i zählt positiv, wenn die technische Stromrichtung zum Knoten hin zeigt. Dies ist der Fall bei ZPR zum Knoten und positivem Vorzeichen, oder bei ZPR weg vom Knoten und negativem Vorzeichen - Der Strom Ii im Zweig i, zählt negativ, wenn die technische Stromrichtung vom Knoten weg zeigt. Dies ist der Fall bei ZPR zum Knoten und negativem Vorzeichen, oder bei ZPR weg vom Knoten und positivem Vorzeichen Mit dieser Vereinbarung gilt ∑i = 1 I i = 0 n Kirchhoff‘sche Knotenregel b) Die Kirchhoff‘sche Maschenregel: ϕc U2 U3 ϕb ϕd U4 U1 ϕa ϕe U6 ϕf U5 Seite 30 GET-Skript In diesem Beispiel einer Masche haben die sechs Knoten die Potentiale ϕ a , ϕ b , ϕ c , ϕ d , ϕ e und ϕ f . Bezeichnet man die beteiligten Spannungen mit ϕ a – ϕ b , ϕ b – ϕ c , .... und ϕ f – ϕ a , so gilt: ( ϕa – ϕb ) + ( ϕb – ϕc ) + ( ϕc – ϕd ) + ( ϕd – ϕe ) + ( ϕe – ϕ f ) + + ( ϕ f – ϕa ) = 0 weil ja die Potentialdifferenz bei einem beliebigen Umlauf in einer Masche zwischen Anfangs- und Endpunkt (beides gleich!) Null ist. Für eine allgemeine mathematische Beschreibung des obigen Beispiels muß man eine Umlaufrichtung festlegen, auf die sich die ZPR der Spannungen Ui bezieht. (siehe Abb.) - Eine Spannung zählt positiv, wenn sie positives Vorzeichen hat und die ZPR mit der Umlaufrichtung übereinstimmt, oder wenn sie negatives Vorzeichen hat und die ZPR der Umlaufrichtung entgegengesetzt ist. - Eine Spannung zählt negativ, wenn sie negatives Vorzeichen hat und die ZPR mit der Umlaufrichtung übereinstimmt, oder wenn sie positives Vorzeichen hat und die ZPR der Umlaufrichtung entgegengesetzt ist. Mit dieser Vereinbarung gilt ∑i = 1 U i = 0 n Kirchhoff‘sche Maschenregel Die Kirchhoff‘sche Maschenregel gilt nicht nur für geschlossene Umläufe in Maschen eines Netzwerks, sondern für jeden geschlossenen Umlauf. Beispiel: Ersatzspannungsquelle: R Umlaufrichtung UR UG ∑i = 1 U i = n U ( – U G + U R + U ) = 0 oder U = U G – U R Gleichstromschaltungen Seite 31 3.4 Serien- und Parallelschaltung von Widerständen 3.4.1 Serienschaltung I R1 U1 R2 U2 Rn Un U=U0 Maschenregel: n ∑ Ui n = –U 0 + i=0 ∑ Ui = n 0 oder U 0 = i=1 ∑ Ui i=1 n = ∑ I i ⋅ Ri i=1 Knotenregel: Alle Ströme Ii = I sind gleich, weil im einfachen Stromkreis zu jedem Knoten nur zwei Zweige führen, deren Sröme in Summe gleich Null sind. Damit gilt n n U0 = ∑ I i ⋅ Ri i=1 = ∑ I ⋅ Ri i=1 n = I⋅ ∑ Ri i=1 Bezeichnet man R = ∑i = 1 Ri als Gesamtwiderstand der Reihenschaltung, n und U = U0 als die Gesamtspannung, so gilt U = I⋅R , Also: Bei einer Reihenschaltung addieren sich die Teilwiderstände Ri zu einem Gesamtwiderstand R. Seite 32 GET-Skript 3.4.2 Parallelschaltung Knoten I=I0 I=I0 I1 I2 In U In I1 I2 I1 I2 U In I=I0 Knoten Knotenregel: Für jeden der Knoten also z. B. für den unterer Knoten gilt ∑i = o I i = –I o + ∑ n n I i=1 i = 0 oder I0 = ∑i = 1 I i n = ∑i = 1 U i ⋅ Gi n Maschenregel: Alle Spannungen Ui = U sind gleich, weil beliebige Paare von Widerständen Maschen mit zwei Zweigen bilden, deren Spannungen in Summe Null sind. Somit gilt Io = ∑i = 1 U i ⋅ Gi n = ∑i = 1 U ⋅ G i n = U⋅∑ n i=1 Gi Bezeichnet man G = ∑i = 1 Gi als den Gesamtleitwert der Parallelschaltung, n und I = I0 als den Gesamtstrom, so gilt I = G⋅U, Also: Bei einer Parallelschaltung addieren sich die Leitwerte Gi bzw. die Kehrwerte 1/Ri der Widerstände zum Leitwert G bzw. Kehrwert 1/R des Gesamtwiderstandes. Gleichstromschaltungen Seite 33 3.4.3 Einfache Widerstandsnetzwerke Beispiel: R6 R2 1 R ? R7 R5 R4 R1 R3 2 Der Gesamtwiderstand R zwischen den Klemmen 1 und 2 kann bereits mit den bekannten Regeln für Reihen- und Parallelschaltung schrittweise berechnet werden. Schritte: R 123 = R 1 + R 2 + R 3 (Reihenschaltung) 1 1 1 1 --------------- = ---------- + ------ + ------ (Parallelschaltung) R 12345 R 123 R 4 R 5 R 123456 = R 12345 + R 6 1 1 1 --- = ----------------- + -----R R 123456 R 7 (Reihenschaltung) (Parallelschaltung) 3.5 Ersatzquelle 3.5.1 Ersatzspannungsquelle Ersatzschaltbild des linearen aktiven Zweipols Ri I URi U0 U Das Klemmenverhalten U = U 0 – R i ⋅ I (Strom-Spannungs-Charakteristik) einer realen Spannungsquelle wird durch obige Ersatz- Seite 34 GET-Skript spannungsquelle richtig beschrieben. Man nennt U: Klemmenspannung I: Klemmenstrom U0 : Quellenspannung und Ri : Innenwiderstand Betrachtet man die Ersatzspannungsquelle als Zweipol, so sind U0 und Ri von außen nicht zugänglich und müssen durch Messung von U und I bestimmt werden. Die lineare Strom-Spannungs-Kennlinie U = U 0 – R i ⋅ I kann durch zwei beliebige Meßwertpaare (U,I) festgelegt werden, besonders vorteilhaft sind jedoch Messungen bei Leerlauf und Kurzschluß. Leerlauf: Betriebszustand, in dem kein Strom fließt (I = 0). UL: Leerlaufspannung = Klemmenspannung U bei I = 0. Mit I = 0 wird der Spannungsabfall am Innenwiderstand Ri zu Null und die Quellspannung wird als Klemmenspannung meßbar: Uo = UL = U (I = 0) Kurzschluß: Betriebszustand, in dem beide Klemmen auf gleichem Potential liegen (U = 0). IK : Kurzschlußstrom = Strom I bei Klemmenspannung U = 0. Mit U = 0 liegt die gesamte Quellspannung am Innenwiderstand und dieser wird als Quotient aus Quellspannung und Kurzschlußstrom meßbar: I K = U 0 ⁄ R i = I ( U = 0 ) , und damit R i = U 0 ⁄ I K = U L ⁄ I K Gleichstromschaltungen Seite 35 3.5.2 Ersatzstromquelle Ersatzschaltbild des linearen aktiven Zweipols. I IG I0 1 G i = ----Ri U Das Klemmenverhalten I = I 0 – G i ⋅ U (Strom-Spannungs-Charakteristik) einer realen Stromquelle wird durch obige Ersatzstromquelle richtig beschrieben. Man nennt U: Klemmenspannung I: Klemmenstrom I0 : Quellstrom und Gi: Leitwert des Innenwiderstands Betrachtet man die Ersatzstromquelle als Zweipol, so sind I0 und Gi = 1/Ri von außen nicht zugänglich und müssen durch Messung von U und I bestimmt werden. Die lineare Strom-Spannungs-Kennlinie I = I 0 – G i ⋅ U kann durch zwei beliebige Meßwertpaare (U,I) festgelegt werden, besonders vorteilhaft sind jedoch Messungen bei Leerlauf und Kurzschluß. Kurzschluß: Betriebszustand, in dem beide Klemmen auf gleichem Potential liegen (U = 0). IK : Kurzschlußstrom = Strom I bei Klemmenspannung U = 0. Mit U = 0 ist I G = G i ⋅ U = 0 und der gesamte Quellstrom fließt am Innenwiderstand vorbei, wird also als Kurzschlußstrom direktmeßbar: I0 = IK = I (U = 0) Leerlauf: Betriebszustand, in dem kein Strom fließt (I = 0). UL: Leerlaufspannung = Klemmenspannung U bei I = 0. Seite 36 GET-Skript Mit I = 0 fließt der gesamte Quellstrom durch den Innenwiderstand Ri und dieser wird als Quotient aus Leerlaufspannung und Kurzschlußstrom von außen messbar: Ri = U L ⁄ I 0 = U L ⁄ I K 3.5.3 Allgemeine Ersatzquelle Ersatzspannungsquelle und Ersatzstromquelle sind gleichwertig und lassen sich eindeutig ineinander umrechnen. I Ersatzspannungsquelle I Ersatzstromquelle U U Ri = U L ⁄ I K Ri = U L ⁄ I K U = U L – Ri ⋅ I I = I K – Gi ⋅ U weil U L = R i ⋅ I K ist U = Ri ( I K – I ) oder G i ⋅ U = I K – I weil I K = U L /R i ist I = ( U L – U ) ⁄ Ri oder R i ⋅ I = U L – U I = I K – Gi ⋅ U U = U L – Ri ⋅ I Spezialfälle: Ersatzspannungsquelle Ersatzstromquelle mit Ri = 0 ist U unabhängig von I, also Ideale Spannungsquelle mit Gi = 0 ist I unabhängig von U, also Ideale Stromquelle I I U U Gleichstromschaltungen Seite 37 mit U0 = 0 (Kurzschluß) mit I0 = 0 (Unterbrechung) U = – Ri ⋅ I I = –Gi ⋅ U I I Ri U I0=0 U Ri U0=0 oder im Verbraucherzählpfeilsystem U = Ri ⋅ I I = Gi ⋅ U I Ri I U Ri U Das entspricht dem passiven linearen Zweipol (Ohm‘scher Widerstand) 3.5.4 Spannungsteiler Zur Erzeugung einer Teilspannung U aus der Quellspannung U 0 verwendet man die Spannungsteilerschaltung. IG R1 I UG U R2 Verbraucher U R Seite 38 GET-Skript Spannungsteiler im Leerlauf Bei I = 0 , näherungsweise bei I ≈ 0 also bei R » R 1, R 2 gilt U G = I G ⋅ ( R 1 + R 2 ) und im Leerlauf ist U L = I G ⋅ R 2 , also U L ⁄ U G = R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) oder Teilspannung/Gesamtspannung = = Teilwiderstand/Gesamtwiderstand Belastete Spannungsteiler U G = I G ⋅ R 1 + U mit I G = I + U ⁄ R 2 R U G = ( I + U ⁄ R 2 ) ⋅ R 1 + U = I ⋅ R 1 + U ⋅ 1 + -----1- oder R 2 –I ⋅ U = U0 R1 ⋅ R2 -----------------R1 + R2 R2 U G ⋅ -----------------R1 + R2 U = –I⋅ Ri Diese lineare Beziehung zwischen U und I entspricht einem aktiven linearen Zweipol mit Quellspannung U 0 = U G ⋅ R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) und Innenwiderstand R i = R 1 ⋅ R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) oder R i = R 1 || R 2 Bestimmt man für den Spannungsteiler Leerlaufspannung und Kurzschlußstrom und wendet die bekannten Regeln zur Bestimmung des Innenwiderstandes und der Quellspannung einer Ersatzquelle an, so erhält man das gleiche Ergebnis für U0 und Ri Leerlauf: U L ⁄ U G = R 2 ⁄ R 1 + R 2 oder U L = U G ⋅ R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) Kurzschluß: I K = U G ⁄ R 1 also U 0 = U L = U G ⋅ R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) und R i = U L ⁄ I K = R 1 ⋅ R 2 ⁄ ( R 1 + R 2 ) Gleichstromschaltungen Seite 39 Damit kann der Spannungsteiler durch folgendes Ersatzschaltbild dargestellt werden: R1 I UG ⋅ R2 U 0 = -----------------R1 + R2 R2 U 3.6 Energieumsetzung im Stromkreis 3.6.1 Energie und Leistung U I ds S dA E I dV = ds ⋅ dA l Die Ladungen dq im Volumen dV erfahren im Feld E die Kraft F = dq ⋅ E und verrichtet beim Durchlaufen des Weges ds dieArbeit dW = F ⋅ ds = dq ⋅ E ⋅ ds . Weil dq = ρ ⋅ dV = S ⋅ d A ⋅ dt ist, gilt dW = S ⋅ d A ⋅ E ⋅ ds ⋅ dt = S ⋅ E ⋅ dV ⋅ dt , Die Arbeit dW = S ⋅ E ⋅ dV ⋅ dt im Volumenelement dV muß nun über den gesamten Verbraucher aufsummiert werden. (a) Erst über Scheibe der Dicke ds , wobei überall E ⋅ ds = dU konstant ist, also dW Scheibe = ∫A E ⋅ ds ⋅ S ⋅ d A ⋅ dt Seite 40 GET-Skript und weil bei Integration über die Fläche sowohl E ⋅ ds = dU , als auch dt konstant sind, ist dW Scheibe = dU ⋅ dt ⋅ ∫ S ⋅ d A = dU ⋅ dt ⋅ I A ds E S dA Gesamtfläche A dU = E ⋅ ds (b) Aufsummieren über den gesamten Verbraucher der Länge l Weil l ∫0 dU = U ist W = l ist, ∫0 dW Scheibe l = I ⋅ dt ⋅ ∫ dU = U ⋅ I ⋅ dt 0 Bezeichnet man die pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit dW/dt mit Leistung P, so ist dW P = -------- = U ⋅ I dt Elektrische Leistung Als abgeleitete Einheit für die Größe Leistung ergibt sich [P] = [U ] ⋅ [I ] = V ⋅ A Wegen der Wichtigkeit hat [ P ] einen eigenen Namen, nämlich 1 Watt. 1 Watt = 1 W = 1 VA = 1 Joule/s = 1 kg m2/s3 In der Elektrotechnik hat die Arbeit W die Einheit 1 Wattsekunde [ W ] = 1 Wattsekunde = 1Ws ; 6 3.6 ⋅ 10 Ws = 1KWh Gleichstromschaltungen Seite 41 3.6.2 Leistungsanpassung und Wirkungsgrad Bei der Kombination eines aktiven Zweipols (Ersatzquelle) und eines passiven Zweipols (Verbraucher) wird am Verbraucher R und am Innenwiderstand Ri der Quelle Leistung verbraucht. Ri I U0 U Quelle R Verbraucher Wann ist die Leistung P am Verbraucher, maximal? Hinweis: R = 0: U = 0 I = IK also P = U ⋅ I = 0 R → ∞ : U = UL I = 0 also P = U ⋅ I = 0 Dazwischen Maximum. Allgemein: P = U ⋅ I und weil I = U 0 ⁄ ( R i + R ) und U = R ⋅ I = U 0 ⋅ R ⁄ ( R i + R ) , ist 2 P = U ⋅ I = U 0 ⋅ R ⁄ ( Ri + R ) 2 also: P = 0 für R = 0 und R → ∞ Das Maximum liegt bei ∂P ⁄ ∂R = 0 . An dieser Stelle ist R = Ri (Beweis durch Differenzieren!) 1 2 2 2 Dort ist P max = U 0 ⋅ R i ⁄ ( 2R i ) = --- ⋅ U 0 ⁄ R i . 4 Trägt man P/Pmax über R/Ri auf, so ergibt sich P/Pmax 1 0 0 1 2 3 1 2 Bei R = R i ist P = P max = --- ⋅ U 0 ⁄ R i 4 Man spricht hier von Leistungsanpassung. R/Ri Seite 42 GET-Skript Die Gesamtleistung von Quelle und Verbraucher ist 2 P ges = U 0 ⋅ I = U 0 ⁄ ( R i + R ) Ermittelt man das Verhältnis zwischen Verbraucherleistung und Gesamtleistung P ⁄ P ges , so erhält man den Wirkungsgrad η mit η = P ⁄ P ges = R ⁄ ( R + R i ) = ( R ⁄ R i ) ⁄ ( 1 + R ⁄ R i ) Trägt man η über R/Ri auf, so erhält man den Verlauf des Wirkungsgrades. η 1 ,5 0 1 2 3 R/Ri Bei R = Ri: η = 0, 5 (Leistungsanpassung) Bei R → ∞ : η = 1 (maximaler Wirkungsgrad) 3.7 Schaltung mit nichtlinearen Zweipolen Es gelten weiterhin - Knotenregel für Ströme - Maschenregel für Spannungen aber: es sind Bauelemente (Zweipole) enthalten, für die keine lineare Beziehung U = a + b ⋅ I vorhanden, für die jedoch eine eindeutige Beziehung U = f(I) gilt. Diese Beziehung zwischen U und I ist entweder kT I - explizit bekannt, z. B. Diode: U D = ------ ln 1 + ---- , e I 0 - als Kennlinie aufgenommen (Graphik) - für die in der Schaltung enthaltenen linearen Zweipole weiterhin durch U = I ⋅ R gegeben. Die Schaltungen lassen sich daher eindeutig, oft aber nicht mehr geschlossen, sondern nur graphisch oder numerisch berechnen. Beispiel: Schaltung mit einer Diode. Gleichstromschaltungen Seite 43 Ri I URi R UR U U0 UD Maschenregel: – U 0 + U Ri + U R + U D = 0 Durch alle Bauelemente fließt I und es gilt k⋅T I U D = ----------- ⋅ ln 1 + ---- nichtlinearer Zweipol e I 0 U Ri = R i ⋅ I Ohm‘sches Gesetz UR = R ⋅ I k⋅T I also: [ – U 0 + ( R i + R ) ⋅ I ] + ----------- ⋅ ln 1 + ---- e I 0 = 0 Hierfür läßt sich keine geschlossene Lösung finden. Graphische Lösung: Wir stellen die obige Beziehung um und suchen den Strom I, bei dem der rechte und der linke Term gleich werden. [ U 0 – ( Ri + R ) ⋅ I ] = kT I ------ ln 1 + ---- e I 0 Diodenkennlinie Widerstandsgerad Der linke Term stellt einen passiven nichtlinearen Zweipol (Diode) dar, der rechte einen aktiven linearen Zweipol (Quelle mit Innenwiderstand R = Ri). Beide Zweipole sind miteinander verbunden, sodaß Spannung und Strom bei beiden übereinstimmen muß. Zeichnet man für beide die Strom-Spannungs-Kennlinie, so ist diese Bedingung am Schnittpunkt erfüllt. Dieser Schnittpunkt heißt Arbeitspunkt (UDA, IA) und in diesem Punkt sind alle Bedingungen Seite 44 GET-Skript der Schaltung erfüllt. I Widerstandsgerade Diodenkennlinie IA 0 Arbeitspunkt UDA UR + URi U0 U Lineare Netzwerke 4 Seite 45 Lineare Netzwerke 4.1 Definition linearer Netze Aufgabe: Berechnung der Spannungen und Ströme in einem beliebigen Netzwerk, das mit Gleichspannungen und/oder Gleichströmen gespeist wird. Bei linearen Netzen läßt sich zur Lösung dieser Aufgabe ein lineares Gleichungssystem aufstellen und zwar mithilfe der Kirchhoff‘schen Regeln: ∑υ I υ = 0 (Knotenregel) ∑υ U υ = 0 (Maschenregel) ohnehin linear Weitere Gleichungen beschreiben Abhängigkeit zwischen U υ und I υ . Falls die Zweige des Netzes aus linearen Zweipolen bestehen, gilt für jeden Zweig υ : U υ = U 0υ + R υ ⋅ I υ bzw. I υ = I 0υ + G υ ⋅ U υ ebenfalls linear Bisher hießen die Zweipolgleichungen U υ = U 0υ – R υ ⋅ I υ bzw. I υ = I 0υ – G υ ⋅ U υ . Weil man bei der Beschreibung linearer Netzwerke nur einen Zählpfeil je Zweig verwendet, weil also die ZPR für Strom und Spannung auch bei aktiven Zweipolen gleiche Richtung haben, ändert sich das Vorzeichen bei R υ bzw. G υ . Eine beliebige Zusammenschaltung aktiver und passiver linearer Seite 46 GET-Skript Zweipole heißt also lineares Netzwerk und läßt sich durch ein System linearer Gleichungen beschreiben. 4.2 Darstellung linearer Netze durch Graphen Für die Aufstellung des Gleichungssystems muß (insbesondere bei größeren Netzen) auf formale Methoden zurückgegriffen werden, die sich an der Struktur der Netzwerke orientieren. Da in einem linearen Netz alle Zweige durch formal gleiche Beziehungen beschrieben werden (z. B. U υ = U 0υ + R υ ⋅ I υ ), können die linearen Zweipole durch Striche symbolisch dargestellt werden. Dieser Streckenkomplex gibt eindeutig die Struktur des Netzes wieder und heißt Graph. Beispiel: Netzwerk Graph Wie erwähnt ist es vorteilhaft anstelle der Zählpfeile für Strom und Spannung einen gemeinsamen Pfeil an jeder Strecke des Graphen anzubringen, wobei der Vorzeichenwechsel in den Zweipolgleichungen zu beachten ist. Die Zweige des Graphen werden also orientiert Lineare Netzwerke Seite 47 . A 1 4 5 E B 6 2 C 8 7 3 Graph mit orientierten Zweigen D Zur weiteren Vereinfachung der Bezeichnung werden Zweige numeriert und Knoten durch Buchstaben gekennzeichnet. Seite 48 GET-Skript 4.3 Können beliebige lineare Netze berechnet werden? 4.3.1 Wieviele Gleichungen sind notwendig? Unbekannt sind die Ströme I υ und die Spannungen U υ aller Zweige υ . Ein Netz mit z Zweigen hat deshalb 2z Unbekannte und es sind 2z Gleichungen nötig. (a) Zweipolgleichungen: Für jeden Zweig υ gibt es eine Zweipolgleichung U υ = U 0υ + R υ ⋅ I υ bzw. I υ = I 0υ + G υ ⋅ U υ für υ = 1 ... z Jede Unbekannte U υ , I υ kommt nur in einer (der υ -ten) Gleichung vor, d.h. die Zweipolgleichungen sind linear unabhängig → Es gibt z linear unabhängige Zweipolgleichungen (b) Knoten- und Maschengleichungen: ∑υ U υ = 0 und ∑υ I υ = 0 müssen weitere z Gleichungen liefern. Bei k Knoten und z Zweigen findet man i. a. sogar mehr als z Gleichungen. Es ist also bei komplexeren Netzen nicht ganz einfach festzustellen, ob bei einer Auswahl von z Gleichungen diese linear unabhängig sind. Die Frage lautet: 4.3.2 Gibt es genügend unabhängige Gleichungen? Unabhängige Knotengleichungen: Netzwerk mit k Knoten und z Zweigen, z.B.: k = 7; z = 12 Lineare Netzwerke A 1 Seite 49 C 8 2 11 3 9 B 10 4 G 12 D 6 7 G‘ 5 E Knoten mit Buchstaben bezeichnen und verbinden, Zweige dieses Strekkenzuges numerieren. F Dann sieht man: Knoten A enthältStrom I1 Knoten B enthältneuStrom I2 Knoten C enthältneuStrom I3 Knoten D enthältneuStrom I4 Knoten E enthältneuStrom I5 Knoten F enthältneuStrom I6 allgemein Knoten (k-1) enthältneuStrom Ik-1 In jeder der (k-1) Gleichungen kommt zumindest (!) ein Strom I υ neu hinzu, der in keiner vorherigen enthalten ist. → Es gibt (k-1) linear unabhängige Knotengleichungen Für Knoten G (allgemein k) gibt es ebenfalls eine Knotengleichung. Diese ist aber identisch mit der Gleichung für Knoten G‘ (Entspricht Summe aller Knoten A bis F bzw. 1 ... (k-1)), also nicht linear unabhängig. Es fehlen also noch z-(k-1) linear unabhängige Maschengleichungen Seite 50 GET-Skript Unabhängige Maschengleichungen: alle Knoten sind schon über Streckenzug 1, ... 6 verbunden. Alle weiteren Zweige 7, ... 12 mit den Spannungen U7 ... U12 bilden zusätzliche Verbindungen zwischen Knoten bilden also zusammen mit den vorhandenen Verbindungen 1 ... 6 Maschen. Verbindungen zusammen mitbilden mit Spannungneuer SpannungMasche U4, U5 U7 1 U1, U2 U8 2 U2, U3 U9 3 U2, U3, U4, U10 4 U3, U4, U5, U6U11 5 U4, U5, U6U12 6 Weil in jeder Gleichung genau eine der Spannungen U7 ... U12 vorkommt, die in keiner der anderen Maschen auftritt, sind alle Gleichungen linear unabhängig. Jede der zusätzlichen Verbindungen 7 ... 12 verbindet aber zwei Knoten, die bereits über 1 ... 6 auf genau einem, jedoch jeweils anderen Weg verbunden sind, bildet also eine Masche. Allgemein: Bei k Knoten und z Zweigen wurden die Knoten über (k-1) Zweige miteinander verbunden. Die [ z – ( k – 1 ) ] zusätzlichen Zweige - können alle je eine Masche bilden - kommen jeweils nur in einer Masche vor → Es gibt (z - k +1) linear unabhängige Maschengleichungen. Lineare Netzwerke z - Zweipolgleichungen Bilanz: k-1 Knotengleichungen [ z – ( k – 1 ) ]Maschengleichungen Seite 51 2 z Unbekannte Die Kirschhoff‘schen Regeln (Maschen- und Knotenregel) und die Zweipolgleichungen liefern eine notwendige und hinreichende Zahl linear unabhängiger Gleichungen. 4.3.3 Gibt es einer optimale Strategie? Beim Aufstellen der (k - 1) Knotengleichungen und (z - k + 1) Maschengleichungen kommen i. a. alle z Ströme und alle z Spannungen vor, die über z Zweipolgleichungen verknüpft sind, also i. a. ein großes Gleichungssystem mit 2z Unbekannten. Strategie: - Einteilung in abhängige und unabhängige Variable (Ströme, Spannungen). - Berechnung der unabhängigen Variablen durch kleineres Gleichungssystem mit weniger Unbekannten. - Berechnung der abhängigen Variablen direkt aus den unabhängigen in einem zweiten Schritt. - Oft ist nur ein Teil der Variablen gesucht und sollten dann als unabhängige Variable berechnet werden. - Verwendung topologischer Überlegungen bei der Festlegung der unabhängigen Ströme bzw. Spannungen. 4.4 Netzwerkstopologie 4.4.1 Der vollständige Baum Bei der Aufzählung der Gleichungen half in 4.3.2 Streckenzug zwischen Knoten A, B, C ... G, allgemein bis Knoten k. Dadurch sind: - Alle Knoten miteinander verbunden. - Keine Maschen enthalten. Jede Verbindung, die diese Bedingungen erfüllt, heißt vollständiger Baum. Seite 52 GET-Skript A B E D C Netzwerk Beispiele für vollständigen Baum (a) Baumzweige Zur Verbindung des ersten mit dem zweiten Knoten mindestens ein Baumzweig. Zum Verbinden jedes weiteren Knoten mindestens ein weiterer Baumzweig → mindestens (k - 1) Baumzweige Aber jeder weitere Zweig zwischen zwei Knoten bildet Masche, also kein vollständiger Baum mehr. → höchstens (k - 1) Baumzweige Bei k Knoten gibt es k - 1 Baumzweige. Jeder herausgenommene Zweig läßt Knoten in zwei Gruppen zerfallen, jeder zusätzliche bildet Maschen (b) Verbindungszweige In einem Netzwerk mit k Knoten und z Zweigen heißen die [ z – ( k – 1 ) ] weiteren Zweige, die bereits über Baumzweige verbundene Knoten nocheinmal verbinden und Maschen bilden, Verbindungszweige oder Maschenzweige. Bei k Knoten und z Zweigen gibt es z - k + 1 Verbindungszweige oder Maschenzweige. Diese Verbindungszweige gehören nicht zum vollständigen Baum. 4.4.2 Die Baumzweigspannungen als unabhängige Variablen Im vollständigen Baum ist jeder Knoten mit jedem anderen über Zweipole verbunden. Die (k - 1) Zweipolspannungen der Baumzweige legen eindeutig die relativen Potentiale aller Knoten fest. Jedes kann unabhängig von allen anderen festgelegt sein. Lineare Netzwerke Seite 53 Legt man eine Baumzweigspannung nicht fest, so wird mindestens ein Knotenpotential unbestimmt, → mindestens (k - 1) Spannungen müssen festgelegt werden. Alle weiteren Spannungen, also die Spannungen der Verbindungszweige sind durch die relativen Potentiale der Knoten bereits festgelegt. → höchstens (k - 1) Zweipolspannungen unabhängig wählbar. In einem Netzwerk mit k Knoten sind zur Festlegung aller Spannungen (k - 1) unabhängige Spannungen notwendig. Die (k - 1) Spannungen des vollständigen Baumes bilden ein vollständiges System von unabhängigen Spannungsvariablen. Beispiel: 1 4 5 6 2 5 8 7 6 3 Netzwerk 8 7 Baum Die Spannunngen U 5, U 6, U 7 und U 8 sind als Baumzweigspannungen unabhängig wählbar. Die abhängigen Spannungen U1, U2, U3, U4 lassen sich eindeutig durch die Maschenregel bestimmen. U1 = U5 -U6 U2 = U6 -U7 U3 = U7 -U8 U4 = -U5 +U8 4.4.3 Die Verbindungszweigströme als unabhängige Variablen Die beiden Enden eines Verbindungzweiges können auf einem Weg, der ausschließlich über Baumzweige führt, verbunden werden. Jeder dieser (z - k + 1) Verbindungszweigströme kann unabhängig von den anderen fließen. Legt man einen Verbindungszweigstrom nicht fest, so bleibt er unbestimmt. → mindestens (z - k + 1) unabhängige Ströme. Seite 54 GET-Skript Da der vollständige Baum keine Maschen enthält, gibt es nur einen Weg zwischen den Endpunkten eines Verbindungszweiges, d. h. der unabhängige Verbindungszweigstrom fließt eindeutig durch eine Masche. Durch die (z - k + 1) Maschen mit je einem Verbindungszweigstrom sind also alle Baumzweigströme festgelegt. → höchstens (z - k + 1) Zweigströme unabhängig wählbar In einem Netzwerk mit z Zweigen und k Knoten sind zur Festlegung aller Ströme (z - k + 1) unabhängige Ströme notwendig. Die (z - k + 1) Verbindungszweigströme bilden ein vollständiges System von unabhängigen Stromvariablen. Beispiel: 1 4 1 4 5 6 8 7 2 3 Netzwerk 2 3 Verbindungszweige (Komplementärbaum) Die Ströme I 1, I 2, I 3, I 4 sind als Verbindungszweigströme unabhängig wählbar. Die abhängigen Ströme I5, I6, I7, I8 lassen sich eindeutig durch die Knotenregel bestimmen: I5 = -I1 I6 = I 1 I7 = I8 = +I4 -I2 I2 -I3 I3 -I4 4.5 Maschenanalyse 4.5.1 Schritte des Rechenverfahrens Gesucht: Ströme I υ einiger/aller Zweige. Vorgehensweise: - Vollständigen Baum aufstellen. Falls nur wenige Ströme I υ ge- Lineare Netzwerke - - - Seite 55 sucht, Baum nach Möglichkeit so wählen, daß die gesuchten Ströme durch die Verbindungszweige fließen, also unabhängige Variable werden. Alle Maschen suchen, in denen nur ein unabhängiger Strom fließt und für diese (z - k + 1) Maschen die Maschengleichungen aufstellen. Spannungen der Maschengleichungen mittels Zweipolgleichungen durch Ströme ausdrücken: U υ = U 0υ + R υ ⋅ I υ In diesen (z - k + 1) Maschengleichungen sind jetzt i. a. noch alle z Ströme I υ als Unbekannte enthalten. Mit Knotenregel können (k - 1) abhängige Ströme sofort durch (z - k + 1) unabhängige Ströme ersetzt werden. Diese (z - k + 1) Gleichungen mit (z - k + 1) Ungekannten kann man sofort auflösen und kennt alle unabhängigen Ströme. Sind alle Ströme gesucht, mit Knotenregel abhängige Ströme berechnen. Es zeigt sich, daß man das Gleichungssystem mit (z - k + 1) Gleichungen aus dem vollständigen Baum ablesen und direkt aufstellen kann. 4.5.2 Herleitung des Gleichungssystems Gegeben: Orientierter Graph des Netzwerks mit k = 5 und z = 8 Gesucht: Die Ströme I υ 1 4 5 6 2 8 7 3 Aufstellen des vollständigen Baumes Falls alle Ströme gesucht, beliebiger Baum. Falls z. B. I1, I2, I3, I4 gesucht, Baum so wählen, daß Zweige 1, 2, 3, 4 Verbindungszweige werden. Die Abbildung zeigt ein Beispiel für einen vollständiger Baum, bei dem I1, I2, I3 und I4 in Verbindungszweigen fließen und somit unabhängige Ströme sind. Seite 56 GET-Skript . 5 6 8 7 Aufstellen der Maschengleichungen Es gibt (z - k + 1) (also 4) Maschen mit je einem unabhängigen Strom (I1, I 2, I 3, I 4). I1 I4 5 6 I2 8 7 I3 Also (z - k + 1) linear unabhängige Maschengleichungen: U1 -U 5 +U 6 U2 =0 -U 6 +U 7 U3 =0 -U 7 +U 8 = 0 U 4 +U 5 -U 8 = 0 Spannungen durch Ströme ausdrücken Diese Spannungen können mit Hilfe der z Zweipolgleichungen durch Ströme ersetzt werden: U υ = U 0υ + R υ I υ und man erhält Lineare Netzwerke ( U 01 + R 1 I 1 ) – ( U 05 + R 5 I 5 ) + ( U 06 + R 6 I 6 ) = 0 ( U 02 + R 2 I 2 ) – ( U 06 + R 6 I 6 ) + ( U 07 + R 7 I 7 ) = 0 ( U 03 + R 3 I 3 ) – ( U 07 + R 7 I 7 ) + ( U 08 + R 8 I 8 ) = 0 ( U 04 + R 4 I 4 ) – ( U 08 + R 8 I 8 ) + ( U 05 + R 5 I 5 ) = 0 Abhängige Ströme durch unabhängige ersetzen Mit Knotengleichungen werden (k - 1) abhängige Ströme durch unabhängige ausgedrück I5 = I4 – I1 I6 = I1 – I2 I7 = I2 – I3 I8 = I3 – I4 und I5 ... I8 aus Maschengleichungen eliminiert. ( U 01 + R 1 I 1 ) – U 05 + R 5 ( I 4 – I 1 ) + U 06 + R 6 ( I 1 – I 2 ) = 0 ( U 02 + R 2 I 2 ) – U 06 + R 6 ( I 1 – I 2 ) + U 07 + R 7 ( I 2 – I 3 ) = 0 ( U 03 + R 3 I 3 ) – U 07 + R 7 ( I 2 – I 3 ) + U 08 + R 8 ( I 3 – I 4 ) = 0 ( U 04 + R 4 I 4 ) – U 08 + R 8 ( I 3 – I 4 ) + U 05 + R 5 ( I 4 – I 1 ) = 0 Diese (z - k + 1) (also 4) Gleichungen enthalten nur (z - k + 1) Unbekannte, nämlich die unabhängigen Ströme. Im günstigsten Fall sind das bereits die gesuchten Ströme. Sind alle z Ströme gesucht, dann abhängige durch (bereits bekannte) unabhängige Ströme ausdrücken (Knotengleichungen). Seite 57 Seite 58 GET-Skript 4.5.3 Unmittelbare Aufstellung des Gleichungssystems Bringt man das Gleichungssystem mit (z - k + 1) Unbekannten in Matrix-Schreibweise, so kann man die Elemente der Matrix und der Vektoren direkt aus dem vollständigen Baum ablesen und so das Gleichungssystem unmittelbar aufstellen. 1 4 5 4 1 6 8 2 3 7 2 3 Grundvoraussetzung hierfür: Umlaufrichtung einer Masche mit zugehörigem Verbindungszweig - Stromzählpfeil gleichsinnig Bringt man im Gleichungssystem unseres Beispiels alle Quellspannungen nach rechts und ordnet man die Spalten nach Strömen I υ , so erhält man ( R 1 + R 5 + R 6 )I 1 – R6 I 2 – R6 I 1 + ( R2 + R6 + R7 ) I 2 – R 5 I 4 = – U 01 + U 05 – U 06 – R7 I 3 = – U 02 + U 06 – U 07 – R7 I 2 + ( R3 + R7 + R8 ) I 3 – R 8 I 4 = – U 03 + U 07 – U 08 + ( R 4 + R 8 + R 5 ) I 4 = – U 04 + U 08 – U 05 – R8 I 3 – R5 I 1 Dieses Gleichungssystem läßt sich auch in der Form W M ⋅ IV = U0 schreiben, wenn man die Widerstandsmatrix W M , den Vektor der Verbindungszweigströme I V und den Quellspannungsvektor U 0 wie folgt definiert: WM = ( R1 + R5 + R6 ) – R6 0 – R5 – R6 ( R2 + R6 + R7 ) – R7 0 0 – R7 ( R3 + R7 + R8 ) – R8 – R5 0 – R8 ( R4 + R8 + R5 ) Lineare Netzwerke Seite 59 I1 IV = I2 I3 – U 01 + U 05 – U 06 und – U 02 + U 06 – U 07 U0 = – U 03 + U 07 – U 08 I4 – U 04 + U 08 – U 05 Die Maschenwiderstandsmatrix W M zeigt folgende (hier nicht bewiesene) Gesetzmäßigkeit: Die Elemente der Hauptdiagonalen sind gleich der Summe der Widerstände der betreffenden Masche. 1 1 4 5 4 1 6 8 2 2 = Nummer und Umlaufrichtung der Masche 3 7 3 D. h. das Diagonalelement W11 der Matrix W M ist gleich der Summe der Widerstände von Masche 1 W 11 = R 1 + R 5 + R 6 W 22 = R 2 + R 6 + R 7 W 33 = R 3 + R 7 + R 8 W 44 = R 4 + R 5 + R 8 Die übrigen Elemente der Matrix W M werden von den Widerständen gebildet, die den verschiedenen Maschen gemeinsam sind. D. h. R6 ist Masche 1 und Masche 2 gemeinsam und bestimmt Element W12 bzw. W21 . Wird der gemeinsame Widerstand von Umlaufrichtung Masche m und von Umlaufrichtung Masche n gleichsinnig durchlaufen, dann wird W mn = W nm > 0 , wird er in entgegengesetzter Richtung durchlaufen, so wird W mn = W nm < 0 . Seite 60 GET-Skript In unserem Beispiel ist die Umlaufrichtung von Masche 1 in Richtung der Orientierung von Zweig 6, die von Masche 2 entgegen der Orientierung von Zweig 6, also wird W 12 = W 21 < 0 . W 12 = W 21 = – R 6 W 23 = W 32 = – R 7 W 34 = W 43 = – R 8 W 41 = W 14 = – R 5 Alle anderen Elemente W mn = 0 . Damit kann W M direkt aus dem vollständigen Baum abgelesen werden. Der Vektor U 0 enthält ausschließlich Quellspannungen (Stromquellen umrechnen) und zeigt folgende (hier nicht bewiesene) Gesetzmäßigkeiten: Die Elemente des Vektors U 0 sind gleich der Summe der Quellspannungen der betreffenden Masche. Das jeweilige Vorzeichen der Quellspannungen ist negativ, wenn die Orientierung des Graphen mit der Umlaufrichtung der Masche übereinstimmt, ansonsten positiv. D.h.: Masche 1 bestimmt Element 1 von U 0 und dieses enthält -U01, -U06 und +U05. Also insgesamt – U 01 + U 05 – U 06 U0 = – U 02 + U 06 – U 07 – U 03 + U 07 – U 08 – U 04 + U 08 – U 05 Praktischer Hinweis: Enthält ein Netzwerk nur einen Generator und gelingt es, diesen in einem Verbindungszweig unterzubringen, dann hat U 0 nur diese eine, von Null verschiedene Komponente. Es kann also auch U 0 direkt aus dem vollständigen Baum abgelesen werden. Lineare Netzwerke Das Maschengleichungssystem zur Bestimmung der unabhängigen Ströme kann also allein aufgrund topologischer Überlegungen direkt aufgestellt werden. Seite 61 Seite 62 GET-Skript 4.5.4 Berechnung eines Beispiels Gegeben: Gesucht: I I Aufstellung des Graphen und des vollständigen Baumes 4 3 1 2 5 6 Zweig mit gesuchtem Strom I (Zweig 2) und Zweig mit Generator (Zweig 1) werden zu Verbindungzweigen, d.h. - Strom I2 wird unabhängige Variable - Quellspannungsvektor wird bis auf eine Komponente gleich Null. Numerierung: - Erst Verbindungszweige (1, 2, 3) - Dann Baumzweige (4, 5, 6) Die Zählrichtung (Orientierung des Graphen) ist willkürlich. Die unabhängigen Ströme sind I1, I2 I3 . Diese bestimmen drei linear unabhängige Maschen 1, 2 und 3 , deren Umalufrichtung in Lineare Netzwerke Seite 63 Richtung des enthaltenen Verbindungszweiges festgelegt wird. 4 4 1 2 1 5 5 2 3 3 5 6 6 Daraus ergibt sich für die Diagonalelemente W 11 = ( R 1 + R 4 + R 5 ) Widerstände der Masche 1 W 22 = ( R 2 + R 5 + R 6 ) Widerstände der Masche 2 W 33 = ( R 3 + R 4 + R 5 + R 6 ) Widerstände der Masche 3 Für die weiteren Elemente der Matrix: Gemeinsamer Zweig von Masche 1 und Masche 2 ist Zweig 5. Umlaufrichtungen der Maschen entgegengesetzt, also negatives Vorzeichen: W 12 = W 21 = – R 5 Gemeinsame Zweige von Masche 1 und 3 sind Zweige 4 und 5. Umlaufrichtungen entgegengesetzt, also negatives Vorzeichen: W 13 = W 31 = – ( R 4 + R 5 ) Gemeinsame Zweige von Masche 2 und 3 sind Zweige 5 und 6. Umlaufrichtungen gleichsinnig, also positives Vorzeichen: W 23 = W 32 = ( R 5 + R 6 ) Damit W M bekannt WM = ( R1 + R4 + R5 ) – R5 –( R4 + R5 ) – R5 ( R2 + R5 + R6 ) ( R5 + R6 ) –( R4 + R5 ) ( R5 + R6 ) ( R3 + R4 + R5 + R6 ) Der Quellspannungsvektor U 0 besteht nur aus einem Element (nur ein Generator im Verbindungszweig). Quellspannung in Masche 1, Richtung des Zählpfeils in Umlaufrichtung, also negatives Vorzeichen. Seite 64 GET-Skript I1 – U 01 U0 = , I = I2 0 0 I3 Das Gleichungssystem heißt daher: W M ⋅ I = U0 oder ( R1 + R4 + R5 ) ⋅ I 1 – R5 ⋅ I 2 –( R4 + R5 ) ⋅ I 3 – R5 ⋅ I 1 + ( R2 + R5 + R6 ) ⋅ I 2 + ( R5 + R6 ) ⋅ I 3 –( R4 + R5 ) ⋅ I 1 = –U 01 = 0 + ( R5 + R6 ) ⋅ I 2 + ( R3 + R4 + R5 + R6 ) ⋅ I 3 = 0 Dieses Gleichungssystem kann man noch „zu Fuß“ lösen. Bei größeren Systemen benutzt man die aus der Mathematik bekannten Verfahren zur Lösung linearer Gleichungssysteme. 4.6 Knotenanalyse 4.6.1 Schritte des Rechenverfahrens Gesucht: Spannungen U υ einiger/aller Zweige. Vorgehensweise: - Vollständigen Baum aufstellen. Falls nur wenige Spannungen U υ gesucht sind, Baum nach Möglichkeit so wählen, daß die gesuchten Spannungen an Baumzweigen abfallen, also unabhängige Variable werden. - Einen Knoten aussondern und für die restlichen (k-1) Knoten die Knotengleichungen aufstellen. Die Auswahl des einen Knoten ist willkürlich, oft wird aber ein Sternpunkt im Baum, ein geerdeter Knoten o.ä. ausgesondert. - Ströme der Knotengleichungen mittels Zweipolgleichungen durch Spannungen ausdrücken: I υ = I 0υ + G υ U υ . - In diesen (k-1)Knotengleichungen sind jetzt i. a. noch alle z Spannungen U υ als Unbekannte enthalten. Mit der Maschenregel können (z-k+1) abhängige Spannungen sofort durch (k-1) unabhängige Spannungen ersetzt werden. - Diese (k-1) Gleichungen mit (k-1) Unbekannten kann man sofort auflösen und kennte alle unabhängigen Spannungen. - Sind alle Spannungen gesucht, mit Maschenregel abhängige Spannungen berechnen. - Es zeigt sich, daß man bei einer bestimmten Wahl des Baumes Lineare Netzwerke Seite 65 und des ausgesonderten Knotens (Bezugsknotens) die Gleichungen aus dem vollständigen Baum ablesen und direkt aufstellen kann. 4.6.2 Herleitung des Gleichungssystems Gegeben: Orientierter Graph des Netzwerks mit k=5 und z=8 Gesucht:Die Spannungen U υ A 1 4 5 E B 6 C 8 7 2 3 D Aufstellen des vollständigen Baumes Falls alle Spannungen gesucht, beliebiger Baum Falls z.B. U5, U6, U7, U8 gesucht, Baum so wählen, daß Zweige 5, 6, 7, 8 Baumzweige werden. Die Abbildung zeigt ein Beispiel für einen vollständigen Baum, bei dem U5, U6, U7 und U8 über Baumzweigen abfallen und somit unabhängige Spannungen sind. A 5 B E 6 8 C 7 D Aufstellen der Knotengleichungen Von den k (also 5) Knoten wird E als Sternpunkt ausgesondert und man kann mit den restlichen (k-1) (also 4) Knoten linear unabhängige Knotengleichungen aufstellen: Seite 66 I1 – I 4 +I 5 – I 1 +I 2 =0 +I 6 – I 2 +I 3 GET-Skript =0 +I 7 – I 3 +I 4 =0 +I 8 = 0 Ströme durch Spannungen ausdrücken Die Ströme können mit Hilfe der Zweipolgleichungen I υ = I 0υ + G υ U υ ersetzt werden und man erhält: - I 04 + G 4 U 4 + I 05 + G 5 U 5 = 0 – I 01 + G 1 U 1 + I 02 + G 2 U 2 + I 06 + G 6 U 6 = 0 I 01 + G 1 U 1 – I 02 + G 2 U 2 + I 03 + G 3 U 3 + I 07 + G 7 U 7 = 0 – I 03 + G 3 U 3 + I 04 + G 4 G 4 + I 08 + G 8 U 8 = 0 Abhängige Spannungen durch unabhängige ersetzen Mit den Maschengleichungen werden jetzt (z - k + 1) (also 4) abhängige Spannungen durch unabhängige ausgedrückt: U1 = U 5 -U 6 U2 = U 6 -U 7 U3 = U 4 = -U 5 U 7 -U 8 U8 und man kann U1 ... U4 aus den Knotengleichungen eliminieren: I 01 + G 1 ( U 5 – U 6 ) - I 04 + G 4 ( U 8 – U 5 ) + I 05 + G 5 U 5 =0 - I 01 + G 1 ( U 5 – U 6 ) + I 02 + G 2 ( U 6 – U 7 ) + I 06 + G 6 U 6 =0 - I 02 + G 2 ( U 6 – U 7 ) + I 03 + G 3 ( U 7 – U 8 ) + I 07 + G 7 U 7 =0 - I 03 + G 3 (U 7 – U 8 ) + I 04 + G 4 ( U 8 – U 5 ) + I 08 + G 8 U 8 =0 Diese (k - 1), (also 4) Gleichungen enthalten nur (k-1) Unbekannte, nämlich die unabhängigen Spannungen. Im günstigsten Fall sind dies bereits die gesuchten Spannungen. Lineare Netzwerke Sind alle z Spannungen gesucht, dann abhängige durch (bereits bekannte) unabhängige Spannungen ausdrücken (Maschengleichungen). Seite 67 Seite 68 GET-Skript 4.6.3 Unmittelbare Aufstellung des Gleichungssystems In umgestellter Form lautet das Gleichungssystem unseres Beispiels: ( G 1 + G 4 + G 5 )U 5 -G 1 U 5 -G 1 U 6 + ( G 1 + G 2 + G 6 )U 6 -G 2 U 6 -G 4 U 5 -G 4 U 8 = -I 01 + I 04 – I 05 -G 3 U 8 = -I 02 + I 01 – I 06 = -I 03 + I 02 – I 07 -G 2 U 7 + ( G 2 + G 3 + G 7 )U 7 -G 3 U 7 + ( G 3 + G 4 + G 8 )U 8 = -I 04 + I 03 – I 08 Dieses Gleichungssystem läßt sich auch in der Form W B ⋅ UB = I0 schreiben, wenn man die Knotenleitwertmatrix WB , den Vektoor der Baumzweigspannungen U B und den Quellstromvektor I 0 wie folgt definiert: (G + G + G ) – G1 0 – G4 1 4 5 -G 1 ( G1 + G2 + G6 ) -G 2 0 WB = 0 -G 2 ( G2 + G3 + G7 ) -G 3 -G 4 0 -G 3 ( G3 + G4 + G8 ) U5 UB = U6 U7 U8 -I 01 + I 04 – I 05 und I 0 = -I 02 + I 01 – I 06 -I 03 + I 02 – I 07 -I 04 + I 03 – I 08 Lineare Netzwerke Die Knotenleitwertmatrix W B zeigt folgende (hier nicht bewiesene) Gesetzmäßigkeit: Die Elemente der Hauptdiagonalen sind gleich der Summe der Leitwerte der vom betreffenden Knoten ausgehenden Elemente. Numeriert man die Knoten A = 1, B = 2, C = 3, D = 4, so sieht man: Das Diagonalelement W11 ist gleich der Summe der Leitwerte von Knoten 1. W 11 = ( G 1 + G 4 + G 5 ) W 22 = ( G 1 + G 2 + G 6 ) W 33 = ( G 2 + G 3 + G 7 ) W 44 = ( G 3 + G 4 + G 8 ) Die übrigen Elemente der Matrix W B werden von den Leitwerten gebildet, die den verschiedenen Knoten gemeinsam sind. D. h. G1 ist Knoten 1 und 2 gemeinsam und bestimmt das Element W 12 = W 21 von W B . Das Vorzeichen ist negativ! Also: W 12 W 23 W 34 W 41 = = = = W 21 W 32 W 43 W 14 = = = = -G 1 -G 2 -G 3 -G 4 Alle anderen Matrixelemente W mn sind Null, wenn Knoten m und n keine gemeinsamen Elemente haben, also nicht über G υ verbunden sind. Der Vektor I 0 enthält ausschließlich Quellströme (Spannungsquellen umrechnen!) und zeigt folgende (hier nicht bewiesene) Gesetzmäßigkeit: Die Elemente des Vektors I 0 sind gleich der Summe der einge- Seite 69 Seite 70 GET-Skript prägten Ströme aller Zweige, die im betreffenden Knoten zusammentreffen. Die zufließenden Ströme sind dabei positiv, die abfließenden negativ gezählt. (Vereinbart man die umgekehrte Zählrichtung, so erhält auch der Vektor I 0 ein negatives Vorzeichen!) Diese beobachteten Gesetzmäßigkeiten gelten aber nicht allgemein, sondern nur unter folgenden Bedingungen: - Der Baum verbindet strahlenförmig alle (k - 1) Knoten mit einem k-ten Knoten, dem Bezugsknoten. - Der Bezugsknoten wird für die Knotengleichungen nicht benutzt. - Die Zählpfeile der unabhängigen Spannungen weisen auf den Bezugsknoten zu. Unter diesen Bedingungen ist das Gleichungssystem direkt aus dem vollständigen Baum ablesbar. Dieser Vorteil der Ablesbarkeit und der Symmetrie der Matrix hat dazu geführt, daß man bei der Knotenanalyse praktisch immer diese Bedingungen einhält. Selbst wenn kein Baum gefunden werden kann, bei dem alle Knoten sternförmig mit dem Bezugsknoten verbunden sind, so werden solche Knoten über zusätzliche Zweige mit Leitwert Null mit dem Bezugsknoten verbunden. 4.6.4 Berechnung eines Beispiels: Gegeben: Gesucht: U U Lineare Netzwerke Seite 71 Aufstellung des Graphen und des vollständigen Baumes. Das Gleichungssystem soll aus dem vollständigen Baum abgelesen werden, also: - Bezugsknoten im Graphen festlegen - Vollständigen Baum durch sternförmiges Anbinden aller (k - 1) weiteren Knoten erstellen - Baumzweige auf den Bezugsknoten zu orientieren 2 4 4 5 Bezugsknoten 2 4 3 1 1 2 6 4 2 1 5 3 3 Wählt man Knoten 4 als Bezugsknoten, so wird die gesuchte Spannung U2 Baumzweigspannung, also unabhängig. Dann ergibt sich für die Diagonalelemente von W B : W 11 = G 2 + G 3 + G 6 Leitwerte des Knoten 1 W 22 = G 1 + G 3 + G 4 Leitwerte des Knoten 2 W 33 = G 1 + G 5 + G 6 Leitwerte des Knoten 3 Für die anderen Elemente von W B ergibt sich: Gemeinsamer Zweig von Knoten 1 und 2 ist Zweig 3, also W 12 = W 21 = -G 3 Gemeinsamer Zweig von Knoten 1 und 3 ist Zweig 6, also W 13 = W 31 = -G 6 Gemeinsamer Zweig von Knoten 2 und 3 ist Zweig 1, also W 23 = W 32 = -G 1 Damit sind alle Elemente von W B bekannt. Seite 72 GET-Skript ( G2 + G3 + G6 ) -G 3 -G 6 -G 3 ( G1 + G3 + G4 ) -G 1 -G 6 -G 1 ( G1 + G5 + G6 ) WB = Der Quellstromvektor I 0 Im Knoten 1 treffen zusammen: Zweig 2, 3, 6 Im Knoten 2 treffen zusammen: Zweig 1, 3, 4 Im Knoten 3 treffen zusammen: Zweig 1, 5, 6 Nur Zweig 1 enthält eine Stromquelle I 01 , die auf Knoten 3 zu (+) und von Knoten 2 weg (-) orientiert ist. Daraus ergibt sich: I0 0 = -I 01 I 01 Dieses Gleichungssystem kann nach bekannten Regeln gelöst werden. Lineare Netzwerke Seite 73 4.7 Berechnung von Netzwerken nach dem Überlagerungsprinzip Bei Netzwerken mit mehreren Quellen kann man in geeigneten Fällen auch das Überlagerungsprinzip anwenden (genauere Begründung im Kapitel „Elektromagnetische Felder“). Ist eine Spannung/ein Strom im Zweig υ gesucht und sind n Spannungsquellen/Stromquellen vorhanden, so kann man wie folgt vorgehen: - Alle Quellen bis auf U 01 bzw. I 01 ausschalten (Spannungsquellen kurzschließen, Stromquellen unterbrechen). Damit Spannung U υ1 /Strom I υ1 im Zweig υ für Quelle 1 berechnen. - Alle Quellen bis auf U 02 bzw. I 02 ausschalten. Damit Spannung U υ2 bzw. Strom I υ2 im Zweig υ für Quelle 2 berechnen. - Für alle weiteren Quellen ähnlich verfahren bis zur letzten Quelle n und U υn bzw. I υ n berechnen. - Die gesuchte Spannung U υ /der gesuchte Strom I υ ist dann U υ = U υ1 + U υ2 + ... + U υn bzw. I υ = I υ1 + I υ2 + ... + I υn Beispiel: R1 U1 U2 = 0 ; Gesucht: U3 R2 R3 U3 U2 U 1 eingeschaltet R2 ⋅ R3 R2 ⋅ R3 U 31 ⁄ U 1 = ------------------ ⁄ -----------------+ R 1 und R 2 + R 3 R 2 + R 3 R2 ⋅ R3 U 31 = U 1 ⋅ --------------------------------------------------------------R2 ⋅ R3 + R2 ⋅ R1 + R3 ⋅ R1 Seite 74 GET-Skript U1 = 0 ; U 2 eingeschaltet R1 ⋅ R3 U 32 = U 2 ⋅ --------------------------------------------------------------R2 ⋅ R3 + R2 ⋅ R1 + R3 ⋅ R1 Aus U31 und U32 ergibt sich dann U 1 ⋅ R2 ⋅ R3 + U 2 ⋅ R1 ⋅ R3 U 3 = U 31 + U 32 = -------------------------------------------------------------R2 ⋅ R3 + R2 ⋅ R1 + R3 ⋅ R1 Seite 75 5,6,7 Elektrische und magnetische Felder Elektrische und magnetische Felder ermöglichen eine einfache Beschreibung der Kräfte auf ruhende und bewegte Ladungen. Diese Felder, ihre Struktur, ihre Quellen, sowie ihr wechselseitiges Zusammenwirken wird durch einen Satz von Gleichungen beschrieben. Diese Grundgesetze lassen sich mithilfe der Begriffe Fluß und Zirkulation einfach formulieren. Grundgesetze (1) (Der Fluß von E durch eine beliebige Hüllfläche A) = = (Netto-Ladung innerhalb der Hüllfläche) /ε 0 (2) (Die Zirkulation von E um den Rand Γ einer beliebigen Fläche A = = - d ⁄ ( dt ) (des Flusses von B durch diese Fläche A) (3) (Der Fluß von B durch eine beliebige Hüllfläche A) = 0 (4) 1 ⁄ µ 0 (Zirkulation von B um den Rand Γ einer beliebigen Fläche A = = (Fluß des elektrischen Stroms durch diese Fläche A) + d + ----- (des Flusses von E durch diese Fläche A) ⋅ ε 0 dt (5) Das bereits bekannte Kraft-Gesetz Die Grundgesetze (1) bis (4) sind hier in der sog. Integralform geschrieben und heißen Maxwell‘sche Feld-Gleichungen (1) °∫A E ⋅ d A (2) °∫Γ E ⋅ ds = – ---- ∫ B ⋅ d A ∂t A (3) °∫A B ⋅ d A = 0 = q ⁄ ε0 ∂ 1 ( 4 ) ----- ∫ B ⋅ ds = ° µ0 Γ ∂ ⋅ dA ∫A S + ε0 ⋅ ∂----E t Das Kraftgesetz (5) heißt Lorentz-Beziehung (5) F = q ⋅ (E + υ × B) Seite 76 GET-Skript Die Maxwell‘schen Feldgleichungen bieten zwar eine einfache Beschreibung aller elektrotechnischen Probleme, eine einfache und geschlossene Lösung der Probleme ist jedoch nur in Spezialfällen zu erzielen. Insbesondere lassen sich Lösungen finden, wenn vereinfachte Randbedingungen angenommen werden. Dabei wird z.B. angenommen, daß keine, oder nur langsame zeitliche Änderungen der Felder auftreten, daß nur elektrische oder nur magnetische Felder vorhanden sind. Die Beschreibung der Maxwell‘schen Gleichungen unter ausschließlicher Verwendung von E und B vereinfacht den Zugang. Die in der Elektrotechnik übliche Schreibweise unter zusätzlicher Verwendung der Feldvektoren D und H wird an geeigneter Stelle eingeführt. Elektrostatik 5 Seite 77 Elektrostatik 5.1 Vereinfachung der Grundgesetze für die Elektrostatik Was heißt „Elektro-statik“? „Elektro-“Wir wollen uns zunächst nur mit elektrischen Feldern, den darin auftretenden Kräften und deren Wirkungen beschäftigen, nicht mit magnetischen Feldern und Kräften „statik“:Wir wollen uns nicht mit zeitlich veränderlichen Feldern befassen. Nur elektrische Felder heißt: B = 0 und dann wird aus ( 2 ) ( 2′ ) °∫Γ E ⋅ ds °∫Γ E ⋅ ds ∂ = – ---- ∫ B ⋅ d A die Gleichung ∂t A = 0 Ähnlich wird aus ( 5 ) F = q ⋅ ( E + υ × B ) die Gleichung ( 5′ ) F = q ⋅ E Die Gleichung ( 3 ) °∫A B ⋅ d A = 0 beschreibt nur B und entfällt. Nur „statische“ elektrische Felder heißt ∂E ⁄ ∂t = 0 1 Dann beschreibt ( 4 ) ----- ∫ B ⋅ ds = ° µ0 Γ ∂ ⋅ dA ∫A S + ε0 ⋅ ∂----E t nur B -Felder und entfällt für die Elektrostatik. Damit gelten folgende vereinfachte Gesetze der Elektrostatik (1) °∫A E ⋅ d A ( 2′ ) °∫Γ E ⋅ ds = q ⁄ ε0 = 0 ( 5′ ) F = q ⋅ E - Nur noch zwei Gleichungen zur Beschreibung der Felder (davon 2‘ stark vereinfacht). - Eine vereinfachte Gleichung zur Beschreibung der Kräfte. Seite 78 GET-Skript Welchen Sinn hat diese Vereinfachung? - Es gibt genügend elektrotechnische Aufgabenstellungen, die damit gelöst werden können. - Die mit diesen Vereinfachungen gefundenen Formeln gelten dann aber nur für elektrostatische Probleme . Gehört es noch zur Elektrostatik, wenn Kräfte auf Ladungen berechnet werden, die sich im elektrostatischen Feld bewegen also ein Magnetfeld erzeugen? Ja, denn es war vereinbart, die Felder der betrachteten Ladungen nicht in die Kraftberechnung einzubeziehen (vgl. 1.3). 5.2 Berechnung symmetrischer Felder 5.2.1 Das E -Feld einer Punktladung Die richtige Wahl der Koordinaten-Systems vereinfacht oft die Lösung. Hier: kugelsymmetrisches Problem, also Berechnung bequemer in Kugelkoordinaten. ϕ r E(r 0, ϑ 0, ϕ 0) E r(r 0, ϑ 0, ϕ 0) E(r 0, ϑ 0, ϕ 0) = E ϑ(r 0, ϑ 0, ϕ 0) E ϕ(r 0, ϑ 0, ϕ 0) ϑ Am betrachteten Punkt (r,ϑ, ϕ) hat E eine radiale Komponente E r = E r ( r, ϑ, ϕ ) sowie die beiden tangentialen Komponenten E ϑ = E ϑ ( r, ϑ, ϕ ) und E ϕ = E ϕ ( r, ϑ, ϕ ), wobei E r ⊥E ϑ ⊥E ϕ . E wird also beschrieben durch den Vektor E r (r,ϑ, ϕ) E ( r, ϑ, ϕ ) = E ϑ (r, ϑ,ϕ) E ϕ (r, ϑ,ϕ) Elektrostatik Seite 79 Wegen der Kugelsymmetrie gibt es auf der Kugeloberfläche keine Vorzugsrichtung, d.h. die tangentialen Komponenten sind Null und E ( r, ϑ, ϕ ) = ( E r ( r, ϑ, ϕ ), 0, 0 ) . Ebenfalls wegen der Kugelsymmetrie hängt die radiale Komponente nur vom Abstand r, nicht aber von ϑ oder ϕ ab, also E ( r, ϑ, ϕ ) = ( E r ( r ), 0, 0 ) = E r ( r ) ⋅ e r wobei e r ein Einheitsvektor in radialer Richtung ist. Für dieses E-Feld läßt sich aber die Gl (1) auswerten und es ist (1) °∫A E ⋅ d A = °∫A E r ( r ) ⋅ er ⋅ d A °∫A E r ( r ) ⋅ dA = = = E r ( r ) ⋅ ∫ d A = E r ( r ) ⋅ 4π ⋅ r = q ⁄ ε 0 °A 2 (Beachte: A ist eine Kugeloberfläche, also r = konstant. E ist somit auf dem gesamten Integrationsgebiet konstant und parallel zum Flächenvektor, also Spezialfall 1). 2 2 Aus E r ( r ) ⋅ 4π ⋅ r = q ⁄ ε 0 ergibt sich E r ( r ) = q ⁄ ( 4πε 0 ⋅ r ) , also die gesuchte Abhängigkeit der Komponente E r von r. Feld einer Punktladung q E = --------------------2- ⋅ e r 4πε 0 ⋅ r Weil e r ein Einheitsvektor mit dem Betrag 1 und der Richtung r ist, ist e r = r ⁄ r und man kann auch schreiben q E = --------------------3- ⋅ r 4πε 0 ⋅ r Beachte: die tangentialen Komponenten von E sind nicht nur aus Symmetriegründen Null. Tangentiale Komponenten würden auch ( 2′ ) ∫ E ⋅ ds = 0 widersprechen. °Γ Seite 80 GET-Skript Beispiel: Kraftwirkung zwischen zwei Punktladungen (Coulumb‘sches Gesetz) Kraft F 1 auf q1 im Feld E 2 von q2 r12 F1 + q1 E2(1) + q2 e 12 Nach Gl. (5‘) ist F = q ⋅ E . Wir bezeichnen F 1 = F auf q 1 E 2 ( 1 ) = E von Ladung 2 am Ort der Ladung 1, wobei ( 1 ) = ( r 1, ϑ 1, ϕ 1 ) = ( x 1, y 1, z 1 ) eine abgekürzte Schreibweise für die Koordinaten der Ladung 1 ist und e 12 der Einheitsvektor nach q1 von q2. Dann lautet (5‘) q2 - ⋅ e 12 F 1 = q 1 ⋅ E 2 ( 1 ) = q 1 ⋅ ----------------------2 4πε 0 ⋅ r 12 Entsprechend ist Kraft F 2 auf q2 im Feld E 1 von q1 q1 - ⋅ e 21 und weil e 21 = -e 12 F 2 = q 2 ⋅ E 1 ( 2 ) = q 2 ⋅ ----------------------2 4πε 0 ⋅ r 21 kann man schreiben q1 ⋅ q2 F 1 = ------------------------⋅ e 12 = – F 2 Coulomb‘sches Gesetz 2 4πε 0 ⋅ r 12 Während die alte Schreibweise des Coulomb‘schen Gesetzes nur die Größe der Kraft beschrieb, führt die Darstellung anhand des elektrischen Feldes auch zum richtigen Vorzeichen für F und berücksichtigt das Vorzeichen von q. Elektrostatik Seite 81 Die Proportionalitätskonstante ε 0 hat im MKSA-System den Wert ε 0 = 8.854 ⋅ 10 -12 2 As -12 ( As ) -------- = 8.854 ⋅ 10 ------------2 Vm Nm bzw. 2 1 9 Vm 9 Nm ------------ ≈ 9 ⋅ 10 -------- = 9 ⋅ 10 -------------2 4πε 0 As ( As ) also q in As oder C (Coulomb), r in m (Meter), F in N (Newton) = m kg/ s2. 5.2.2 Feld einer „Linienladung“ λ = Ladung / Länge heißt Linienladung Er Ez (Eϕ)=Et r (r, z, ϕ) Linienladung z Ladung λ = -----------------Länge ϕ 0 Hier: Berechnung in Zylinderkoordinaten vorteilhaft Am betrachteten Punkt (r,z, ϕ) hat E eine radiale Komponente E r = E r (r,z, ϕ) sowie die beiden tangentialen Komponenten E z = E z (r,z, ϕ) und E ϕ = E ϕ (r,z, ϕ) , wobei E r ⊥E z ⊥E ϕ . E wird also beschrieben durch den Vektor E r (r,z, ϕ) E (r,z, ϕ) = E z (r,z, ϕ) E ϕ (r,z, ϕ) Auf der Zylinderoberfläche gibt es keine bevorzugte Längsrichtung und keinen bevorzugten Umlaufsinn, d.h. die tangentialen Komponenten sind Null und E (r,z, ϕ) = ( E r (r,z, ϕ), 0, 0 ) . Seite 82 GET-Skript Aus den genannten Symmetriegründen hängt die radiale Komponente nur vom Abstand r, nicht aber von z oder ϕ ab, also E (r,z, ϕ) = ( E r ( r ), 0, 0 ) = E r ( r ) ⋅ e r wobei e r ein Einheitsvektor in radialer Richtung ist. Für dieses E-Feld läßt sich aber die Gl (1) auswerten wobei das Integrationsgebiet ein Zylinder der Länge l mit Radius r ist. Es ist Oberfläche A = Oberfläche Mantel + 2 Oberflächen Deckel: °∫A E ⋅ d A = ∫Mantel E ⋅ d A + 2 ∫Deckel E ⋅ d A Weil E r ⊥d A bei der Deckelfläche, ist alfall 2) und °∫A E ⋅ d A = = ∫Deckel E ⋅ d A = 0 (Spezi- ∫Mantel E ⋅ d A = ∫Mantel E r ( r ) ⋅ er ⋅ d A = ∫Mantel E r ( r ) ⋅ d A = E r ( r ) ⋅ ∫Mantel d A = E r ( r ) ⋅ 2πr ⋅ l (Beachte: A ist ein Zylindermantel, also r = konstant. E ist somit auf dem gesamten Integrationsgebiet konstant und parallel zum Flächenvektor, also Spezialfall 1). λ = Ladung / Länge, also eingeschlossene Ladung q = λ ⋅ l und °∫A E ⋅ d A = E r ( r ) ⋅ 2πr ⋅ l = q ⁄ ε0 = λ ⋅ l ⁄ ε0 Aus E r ( r ) ⋅ 2πr ⋅ l = λ ⋅ l ⁄ ε 0 ergibt sich E r ( r ) = λ ⁄ ( 2πε 0 ⋅ r ) , also die gesuchte Abhängigkeit der Komponente E r von r. Somit: Feld einer Linienladung λ E ( r ) = ------------------- ⋅ e r 2πε 0 ⋅ r Weil e r ein Einheitsvektor mit dem Betrag 1 und der Richtung r ist, ist e r = r ⁄ r und man kann auch schreiben λ E ( r ) = --------------------2- ⋅ r 2πε 0 ⋅ r Elektrostatik Seite 83 5.2.3 Feld einer gleichförmigen Flächenladung σ σ = Ladung/Fläche heißt Flächenladung gleichförmig geladene Fläche b l E ( x, y, z ) x y z x Hier: Berechnung in kartesischen Koordinaten vorteilhaft. E x ( x, y, z ) E ( x, y, z ) = E y ( x, y, z ) E z ( x, y, z ) Parallel zur geladenen Fläche gibt es keine Vorzugsrichtung, d.h. die tangentialen Komponenten Ey und Ez sind Null und E ( x, y, z ) = ( E x ( x, y, z ), 0, 0 ) Aus Symmetriegründen hängt E nicht von y und nicht von z ab. D. h. auf einer zur geladenen Fläche parallelen Fläche im Abstand x ist E ( x, y, z ) = ( E x ( x ), 0, 0 ) = E x ( x ) ⋅ e n wobei e n ein Normalvektor, also ein Einheitsvektor in Richtung der Flächennormalen ist. Für x>0 zeigt also e n = x ⁄ x in Richtung der x-Achse, für x<0 in entgegengesetzte Richtung. Für dieses E-Feld läßt sich aber Gl (1) auswerten, wobei das Integrationsgebiet ein Kasten der Höhe 2x mit Länge l und Breite b ist. Dieser Kasten hat die Oberfläche A = vordere Fläche + hintere Fläche + 4 Seitenflächen. Die eingeschl. Ladung ist q = σ ⋅ l ⋅ b . Dann ist °∫A Ed A = ∫vorne E x ( x ) ⋅ en d A + ∫hinten E x ( x ) ⋅ en d A + 4 ⋅ ∫Seite Seite 84 GET-Skript Weil e n parallel zu den Seitenflächen verläuft, liefern liefern die vier Integrale keine Beiträg (Spezialfall 2), also °∫A Ed A = ∫vorne E x ( x ) ⋅ en d A + ∫hinten E x ( x ) ⋅ en d A Weil auf beiden Deckflächen e n || d A und Ex(x) konstant und gleich groß ist, liefern beide Integrale gleiche Beiträge und es gilt Spezialfall 1. Also °∫A Ed A = 2⋅∫ E x ( x ) ⋅ e n d A + 2E x ( x ) ⋅ ∫ vorne vorne en d A = 2 ⋅ E x ( x ) ⋅ l ⋅ b = σ ⋅ l ⋅ b ⁄ ε0 σ Damit ist E x ( x ) = -------- = E x unabhänigig von x 2ε 0 σ und E ( x, y, z ) = -------- ⋅ e n Feld einer Flächenladung 2ε 0 5.3 Berechnung beliebiger Felder mit bekannter Ladungsverteilung 5.3.1 Superposition der E -Felder aller Einzelladungen (a) Diskrete Ladungsverteilung q3 q4 qi q2 r14 r1i (1)=(x1,y1,z1) E(1) Die Beiträge der einzelnen Ladungen qi zum E-Feld sind qi 1 - ⋅ e 1i und addieren sich zu E ( 1 ) = E i ( 1 ) = ------------ ⋅ ----2 4πε 0 r 1i also 1 E ( 1 ) = -----------4πε 0 qi ∑ ----r2 i 1i ⋅ e 1i ∑ Ei(1) i Elektrostatik Seite 85 (b) Verteilung mit räumlicher Ladungsdichte ρ ( x, y, z ) E(1) dV2 (1)=(x1,y1,z1) r12 ρ(x,y,z) (2)=(x2,y2,z2) ρ ( 2 ) = ρ (x 2, y 2,z 2) = dq 2 ⁄ dV 2 also dq 2 = ρ ( 2 ) ⋅ dV 2 und 1 E ( 1 ) = -----------4πε 0 ρ ( 2 )e 12 dV 2 ---------------------------∫ 2 r 12 gesamten Raum Vorsicht! Sieht nur so harmlos aus. Integration über drei Komponenten und den gesamten Raum. Deshalb ist die später eingeführte Lösung besser, bei der zunächst das skalare Potential und daraus E berechnet wird. 5.3.2 Superposition der Potentiale aller Einzelladungen Für die praktische Berechnung von Feldern benutzt man nicht die Formeln aus 5.3.1, sondern einfachere Summen bzw. Integrale, die keine Vektoren enthalten sondern eine skalare Größe, das Potential ϕ (siehe 2.4). Dann gilt q 1 ϕ ( 1 ) = ------------ ∑ -----i- bzw. 4πε 0 i r 1i 1 ρ ( 2 )dV ϕ ( 1 ) = ------------ ∫ ---------------------2 4πε 0 r 12 mit ∂ϕ ( 1 ) ∂ϕ ( 1 ) ∂ϕ ( 1 ) E ( 1 ) = – --------------- , ---------------, --------------- ∂x ∂y ∂z (Begründung in 5.4.4) Seite 86 GET-Skript 5.4 Das elektrostatische Potential 5.4.1 Arbeit einer im E -Feld bewegten Ladung In Kapitel 2.4 war die Arbeit einer von a → b bewegten Ladung, die hier q0 genannt werden soll zu b – W ( a → b ) = q 0 ⋅ [ ϕ ( a ) – ϕ ( b ) ] = q 0 ⋅ U ab = q 0 ⋅ ∫ E ds a berechnet worden. Dabei war nicht bewiesen worden, daß die Arbeit nur von den Punkten a und b, nicht aber vom Weg abhängt. Weiterhin war angenommen worden, daß sich die potentielle Energie der Ladung an Punkt a bzw. b beschreiben läßt durch W ( a ) = q0 ⋅ ϕ ( a ) ; W ( b ) = q0 ⋅ ϕ ( b ) Mit dem Grundgesetz Gl (2‘) ergibt sich die Unabhängigkeit vom Weg. Mit (2‘) °∫Γ Eds q 0 ∫ Eds = °Γ = 0 ist auch °∫Γ q0 Eds = °∫Γ Fds = W Umlauf = 0 Das ist sehr anschaulich, weil man durch Bewegen einer Ladung auf einem geschlossenen Weg keine Energie gewinnen kann. Insbesondere gilt für einen Weg von a nach b und zurück b a a b q 0 ∫ Eds = q 0 ∫ Eds + q 0 ∫ Eds = W ( a → b ) + W ( b → a ) = 0 ° b a q0 ds F Hält man nun z.B. den Rückweg und damit W ( b → a ) fest, so muß W ( a → b ) = - W ( b → a ) für alle Hinwege gleich sein. Ähnliche Überlegungen führen zur Kirchhoff‘schen Maschenregel °∫ Eds = b c ∫a Eds + ∫b Eds + ... = U ab + U bc + ... = 0 d.h. die Summe der Spannungen beim Umlauf um eine Masche ist Null. Elektrostatik Seite 87 5.4.2 Potential einer Punktladung Ladung q 0 wird von Ort a nach Ort b im Feld der Punktladung q gebracht. b a‘ q a Weil die Arbeit W ( a → b ) unabhängig vom Weg ist, wählen wir den Weg a → a' → b . Auf dem tangentialen Teilweg ist E ⊥ ds und es gilt Fall 2, auf dem radialen Teilweg ist E || ds und es gilt Fall 1. a' b b a a' a' W ( a → b ) = – q 0 ∫ E ds – q 0 ∫ E ds = 0 – q 0 ∫ E ds q ⋅ e r ⋅ ds 1 - = –q0 ⋅ = – q 0 ⋅ ∫ ------------ ⋅ --------------------2 a' 4πε 0 r b r=b ∫ r = a' q dr ------------ ⋅ ----24πε 0 r q q 1 1 1 1 = – q 0 ⋅ ------------ ⋅ ----- – ---- = – q 0 ⋅ ------------ ⋅ ---- – ---- 4πε 0 r a' r b 4πε 0 r a r b Wahl eines Bezugspunktes Von einem festen Bezugspunkt P aus läßt sich die Arbeit beim Transport der Probeladung q0 zu jedem beliebigen Ort im E-Feld ausdrücken, z.B. durch W ( P → a ) und W ( P → b ) . Ebenso wie die Kraft ist diese Arbeit proportional zu q0 und hängt bei festem P nur von a bzw. b ab. Deshalb darf man schreiben W ( P → a ) = q 0 ⋅ ϕ ( a ) und W ( P → b ) = q 0 ⋅ ϕ ( b ) , wobei die skalare Funktion ϕ ausschließlich vom Ort abhängt, also ein skalares Feld, das elektrostatische Potential, beschreibt. a b p Seite 88 GET-Skript Mit der potentiellen Energie am Ort a bzw. b bezüglich P läßt sich auch die Energiedifferenz für den Transport der Probeladung q0 zwischen a und b beschreiben. W (P → a) + W (a → b) + W (b → P) = W ( P → a ) + W ( a → b ) – W ( P → b ) = 0 , also W (a → b) = W (P → b) – W (P → a) Damit gilt die bereits in 4.2 genannte Beziehung b W ( a → b ) = q 0 ⋅ [ ϕ ( b ) – ϕ ( a ) ] = – q 0 ⋅ ∫ E ds a Im E-Feld der Punktladung ist q 1 1 W ( P → a ) = q 0 ⋅ ϕ ( a ) = q 0 ⋅ ------------ ---- – ----- 4πε 0 r a r P q q 1 1 1 1 also ϕ ( a ) = ------------ ⋅ ---- – ----- und ϕ ( b ) = ------------ ⋅ ---- – ----- 4πε 0 r a r P 4πε 0 r b r P q 1 1 also [ ϕ ( b ) – ϕ ( a ) ] = ------------ ⋅ ---- – ---- 4πε 0 r b r a Der Bezugspunkt P kommt im Ergebnis nicht vor, er kann also irgendwo liegen. Mit der Vereinbarung P liegt im Unendlichen. vereinfacht sich das Potential einer Punktladung mit 1 ⁄ r P → 0 zu 1 q 1 q ϕ ( a ) = ------------ ⋅ ---- bzw. ϕ ( b ) = ------------ ⋅ ---4πε 0 r b 4πε 0 r a oder allgemein q 1 ϕ ( r ) = ------------ ⋅ --4πε 0 r Man kann also für jeden Punkt ( r, ϑ, ϕ ) im Feld einer Punktladung q eine skalare Größe ϕ ( r, ϑ, ϕ ) ausrechnen und diese ist nur vom Abstand r abhängig. ϕ(x,y,z) r q Elektrostatik Seite 89 5.4.3 Potential beliebiger, bekannter Ladungsverteilungen Wir haben bisher nur das Potential einer Punktladung betrachtet. Wie erhält man das Potential ϕ einer beliebigen, bekannten Ladungsverteilung? Wegen des Superpositionsprinzips ist am Ort (1) E(1) = ∑ Ei(1) i wobei E i das Feld der Teilladung q i ist (vgl. 5.3.1) Dann ist 1 1 ϕ ( 1 ) = – ∫ E ⋅ ds = – ∫ ∑ E i ⋅ ds = p p i 1 ∑ – ∫ E i ⋅ ds = ∑ ϕi ( 1 ) , i p i Das Superpositionsprinzip gilt auch für das skalare Feld ϕ . Also ähnlich 2.4.1. q2 q3 q4 qi r14 r1i ϕ(1) qi q 1 1 ϕ i ( 1 ) = ------------ ⋅ ------ und ϕ ( 1 ) = ------------ ∑ -----i4πε 0 i r 1i 4πε 0 r 1i Ähnlich gilt für das Potential einer kontinuierlichen Verteilung von Ladungen. dV2 1 ϕ ( 1 ) = -----------4πε 0 ∫ Raum ϕ(1) r12 ρ(x,y,z) ρ ( 2 ) ⋅ dV 2 ------------------------r 12 wobei dq 2 = ρ ( 2 ) ⋅ dV 2 die Ladung im Volumenelement dV2 ist. Seite 90 GET-Skript Potentiale von Ladungsverteilungen sind einfacher zu berechnen als E-Felder und erlauben direkt eine Berechnung von Arbeit. Man kann aber aus dem elektrostatischen Potential auch das E-Feld berechnen und das ist meist viel einfacher als die direkte Berechnung von E. 5.4.4 Das E -Feld als Gradient des Potentials ϕ ϕ(x,y,z) y z ϕ(x+dx,y,z) dx x Zur Berechnung von E aus ϕ nehmen wir an, daß die Ladung q0 im Potential ϕ vom Ort x zum Ort ( x + dx ) gebracht wird. Sie ändert dabei ihre Energie W um ∂ϕ dW = q 0 ⋅ [ ϕ (x + dx,y, z) – ϕ (x,y, z) ] = q 0 ⋅ ------ ⋅ dx ∂x andererseits ist aber x + dx dW = – q 0 ⋅ ∫ x + dx E ds = – q 0 ⋅ E x x ∫ ds = – q 0 ⋅ E x ⋅ dx x Durch Vergleiche folgt ∂ϕ E x = – -----∂x Ähnlich findet man ∂ϕ ∂ϕ E y = – ------ und E z = – -----∂y ∂z und hat damit alle Komponenten von E , also ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ ∂ ∂ ∂ E = – ( ------ , ------ , ------ ) oder E = – ( ----- , ----- , ----- ) ϕ ∂ x ∂ y ∂z ∂ x ∂ y ∂z ∂ ∂ ∂ Der Vektor ( ----- , ----- , ----- ) ∂ x ∂ y ∂z ist eine Rechenvorschrift, die besagt, daß ϕ nach allen Richtungen des kartesischen Koordinatensystems differenziert werden soll und daß die drei Ergebnisse zu einem Vektor zusammengefaßt werden. Elektrostatik Seite 91 Dieser „Vektoroperator“ heißt auch oft „Gradient“, wird abgekürzt mit grad oder ∇ (Nabla). Man schreibt also auch ∂ ∂ ∂ E = – ( ----- , ----- , ----- ) ϕ = – grad ϕ = – ∇ϕ ∂ x ∂ y ∂z In der Praxis ist es also viel leichter, erst das Potential ϕ und daraus E zu berechnen: • Nur ein Integral statt drei weil ϕ skalar ist. • 1 ⁄ r ist einfacher als r ⁄ r zu integrieren. • – ∫ Eds = 0 braucht nicht getrennt überprüft zu werden. 3 ° In einem skalaren Feld kann man alle Punkte mit gleicher Feldgröße verbinden (vgl. Temperaturfeld: Isothermen, Druckfeld: Isobaren). Die Orte gleichen Potentials heißen Äquipotentialflächen. Feldlinien E ϕ=const Feld und Äquipotentialflächen einer Punktladung Beachte: Feldlinien sind immer senkrecht zu Äquipotentialflächen (längs Äquipotentialflächen ist ∇ϕ = 0 !!) Weiteres Beispiel. Feldlinien E + − ϕ=const Feld und Äquipotentialflächen zweier ungleichnamiger Punktladungen Seite 92 GET-Skript 5.5 Berechnung von E -Feldern bei unbekannter Ladungsverteilung Das E -Feld im Inneren eines Leiters Auf frei bewegliche Elektronen (z. B. in Metall) wirkt F = q ⋅ E und diese Kraft bewegt die Elektronen solange, bis alle ihren Gleichgewichtsplatz haben. Die einzige elektrostatische Lösung ist E = 0 im Inneren des Leiters. Beachte: Keine Statik sobald Ströme fließen! Wegen E = 0 → grad ϕ = 0 oder ϕ = const . Mit E = 0 → ∫ Ed A = q ⁄ ε 0 = 0 °A → Keine (Netto-)Ladung im Innern eines Leiters. Wo sitzen dann die Ladungen eines geladenen Leiters? Wegen E = 0 im Leiter: → alle Ladungen auf der Oberfläche. → Et = 0, also Oberfläche ist Äquipotentialfläche und die Feldlinien stehen senkrecht auf der Oberfläche Leerer Hohlraum im Inneren eines Leiters A E? Schließt man den Hohlraum in eine Hüllfläche A ein, so muß wegen E = 0 im Leiter °∫A Ed A = 0 sein, d.h. innerhalb A sind höchstens gleichviele positive und negative Ladungen. Aber °∫ Eds ∫ = Hohlraum ∫ Hohlraum E ds + ∫ 0 ⋅ ds = 0 verlangt, daß auch Leiter E ds = 0 wird, für alle möglichen Wege im Hohlraum. Elektrostatik Seite 93 → Auch im leeren Hohlraum eines Leiters ist E = 0 (Faraday-Käfig). Berechnung der Ladungsverteilungen auf Leiteroberflächen Allgemeine Lösung: Ladungsverteilung raten und prüfen, ob Oberfläche Äquipotentialfläche ist. Wenn nicht, Ladungsverteilung geeignet ändern und erneut prüfen. Solange fortsetzen, bis Fehler kleiner als eine vorgegebene Schranke. Dieses iterative Verfahren eignet sich für numerische Berechnungen, es gibt dafür geeignete Programme. Spezielle Lösungen: Das Problem ist gelöst, wenn eine Ladungsverteilung bekannt ist, mit Äquipotentialflächen der Form des Leiters. Beispiel: Positive Punktladung neben leitender Fläche Ein ungleichnamiges Ladungspaar hat eine ebene Äquipotentialfläche, auf der E senkrecht steht. Bringt man die leitende Fläche in diese Position und nimmt die negative Ladung weg, so darf sich rechts der Fläche das Feld nicht ändern. Aus dem dann bekannten Feld auf der Fläche kann dann die Flächenladung berechnet werden (vgl. 5.2.3). − + + + + + + + + + + + -P +E + ϕ=0+ + Flächenladung σ(P) Seite 94 GET-Skript 5.6 Kapazität und Influenzerscheinungen 5.6.1 Definition der Kapazität Zwei parallele ebene Leiter (Fläche A, Abstand d)mit gleichgroßen entgegengesetzten Ladungen Q bilden einen Kondensator. → Die Ladungen sitzen wegen der gegenseitigen Anziehung auf den Innenseiten der Platten → Die Ladungen sind wegen Symmetrie gleichförmig verteilt, also konstante Flächenladung +σ, – σ . Aus 5.2.3 ist E x = σ ⁄ 2ε 0 für eine geladene Fläche bekannt. Bei Überlagerung (Superposition) der E - Felder beider Platten addieren sich zwischen den Platten die x-Komponenten zu E x = σ ⁄ ε 0 und heben sich außerhalb der Platten gegenseitig auf. + + + + Platte 1 und - Platte 2 - Kondensator ergibt + + + + Ex=0 σ E x = ----ε0 Ex=0 Da die Platten leitfähig sind, hat jede ein konstantes Potential ϕ 1 bzw. ϕ 2 , es ist also eine Spsannung U 12 = ϕ 1 – ϕ 2 vorhanden. Diese ist aber U 12 = x+d ∫x E ds = x+d ∫x σ⋅d Q⋅d E x dx = E x ⋅ d = ----------- = ------------ε0 A ⋅ ε0 d. h. die Spannung U ist proportional zur Gesamtladung Q. Diese Proportionalität gilt nicht nur für den ebenen Plattenkondensator, sondern für beliebige geladene Leiteranordnungen. Es sei bei einer beliebigen Ladung Q eine Spannung U vorhanden. Mit doppelter Ladung Q verdoppelt sich an jeder Stelle die Flächenladung σ und damit E . Da die geometrische Anordnung und damit die Integrationswege gleichbleiben, verdoppelt sich auch U. Damit Elektrostatik Seite 95 gilt allgemein: Q = C⋅U Die Proportionalitätskonstante C heißt Kapazität (Aufnahmefähigkeit). Die Einheit für die Kapazität ist As C [ C ] = ------ = ---- = F = Farad V V Man hat dieser wichtigen Einheit As/V den Namen Farad gegeben. Technische Kondensatoren haben häufig sehr kleine Kapazitäten und es sind folgende Einheiten gebräuchlich: –3 –6 –9 1mF = 10 F ; 1µF = 10 F ; 1nF = 10 F ; 1 pF = 10 – 12 F Beispiele für technische Ausführungen: Plattenkondensator, Wikkelkondensator, Zylinderkondensator usw. Für den idealen Plattenkondensator läßt sich die Kapazität aus der Beziehung zwischen U und Q berechnen Q A⋅ε Q⋅d U = ------------- → ---- = ------------0U A ⋅ ε0 d also A ⋅ ε0 C ≈ ------------d Diese Beziehung ist nicht exakt, weil bei realen Kondensatoren mit endlich großen Platten Streufelder am Rand entstehen. 5.6.2 Schaltungen mit Kondensatoren Parallelschaltung + U C1 C2 C3 Ci Für alle Teilkapazitäten ist Q i = C i ⋅ U i , wobei U i = U gleich Q ges = ∑ Ci ⋅ U i i = U ⋅ ∑ C i = U ⋅ C ges i mit C ges = ∑ C i Gesamtkapazität bei Parallelschaltung i Seite 96 GET-Skript Bei Parallelschaltung addieren sich die Kapazitäten der einzelnen Kondensatoren. Reihenschaltung + C1 C2 C3 Ci U Für alle Teilkapazitäten ist U i = Q ⁄ C i , wobei Q i = Q gleich U = ∑Ui = i ∑ Q ⁄ Ci i 1 1 = Q ⋅ ∑ ----- = Q ⋅ ---------C ges Ci i mit 1 ---------- = C ges - Gesamtkapazität bei Reihenschaltung ∑ ---Ci 1 i Bei Reihenschaltung von Kondensatoren addieren sich die Kehrwerte der Kapazitäten der einzelnen Kondensatoren zum Kehrwert der Gesamtkapazität. 5.7 Influenz und Verschiebungsdichte D Die Verschiebung von Ladungen in elektrisch leitfähigen Körpern, die sich in einem elektrischen Feld befinden, nennt man Influenz. Beispiel 1: Metallstab + - + Negative Ladungen im Stab werden zur positiven Punktladung gezogen, am anderen Ende bleiben positive Ladungen zurück. Es entsteht Kraftwirkung auf dem Leiter, weil E der Punktladung 2 am positiven und negativen Ende verschieden ( E ∼ 1 ⁄ r ). Elektrostatik Seite 97 Beispiel 2: ++++++++++++++++++ ------+++++++ a) ----------------- elektrische „Löffel“ mit Fläche A ⊥ zu E im Feld trennen ++++++++++++++++++ ------+++++++ b) herausziehen und Ladung messen ----------------Die zwischen den sich berührenden Leitern durch Influenz verschobene Ladung Qinfl verbleibt nach dem Trennen auf den „Löffeln“ und kann gemessen werden. Man hat experimentell festgestellt: Q infl ∼ E Q infl ∼ A Q infl = konst ⋅ E ⋅ A Die Aussage gilt in jedem beliebigen Feld E , wenn Fläche dA hinreichend klein und dA⊥ Feld ist, also dQ inf l˙ = konst ⋅ E ⋅ dA Ist dA nicht senkrecht zum Feld, so stellt man fest, daß dQ infl = konst ⋅ E ⋅ d A = D ⋅ d A Der neue Vektor D = konst ⋅ E hat die Richtung von E und die Größe einer Flächenladung. Steht das elektrische Feld senkrecht zur Löffelfläche, so ist D = dQinfl / dA. D mißt also die Dichte der durch Influenz verschobenen Ladungen und heißt Verschiebungsdichte oder Erregung. Die Konstante zwischen D und E ist ε 0 und damit ist D = ε0 ⋅ E . Man kann also Felder messen: - anhand der Kraftwirkung F = Q ⋅ E und definiert damit das E -Feld, oder - anhand von Ladungsmessungen dQ = D ⋅ d A mit elektrischen Löffeln und definiert damit das D -Feld. Seite 98 GET-Skript Im Vakuum ( ≈ Luft) ist gleichwertig: °∫A Ed A = q ⁄ ε 0 und °∫A Dd A = q 5.8 Energie im elektrischen Feld 5.8.1 Die Gesamtenergie elektrostatischer Systeme Ladungsverteilung qi rij qj Um die Gesamtenergie der Ladungsverteilung zu berechnen,bringt man zunächst alle Ladungen unendlich weit voneinander weg. Dann ist wegen ϕ ( ∞ ) = 0 die Gesamtenergie W = 0 Ladung q1 an ihren Platz 1 bringen ϕ(1) = 0 ; W 1(∞ → 1) = 0 Ladung q2 an ihren Platz 2 bringen q2 ⋅ q1 W 2 ( ∞ → 2 ) = q 2 ⋅ ϕ 1 ( 2 ) = -----------------4πε 0 r 12 Ähnlich alle weiteren Ladungen an ihre Plätze bringen q3 ⋅ q1 q3 ⋅ q2 - + -----------------W 3 ( ∞ → 3 ) = q 3 ⋅ ϕ 1 ( 3 ) + q 3 ⋅ ϕ 2 ( 3 ) = -----------------4πε 0 r 13 4πε 0 r 23 Schließlich Ladung j an ihren Platz bringen W j ( ∞ → j ) = q j ⋅ ϕ 1 ( j ) + q j ⋅ ϕ 2 ( j ) + .....q j ⋅ ϕ j – 1 ( j ) qj ⋅ qj – 1 q j ⋅ q1 q j ⋅ q2 = ------------------ + ------------------ + ..... --------------------------4πε 0 r j j – 1 4πε 0 r 1 j 4πε 0 r 2 j Gesamtenergie der Ladungsverteilung mit n Ladungen ist also Summe der Energien aller Paare: W ges = qi ⋅ q j ----------------4πε 0 r ij alle Paare ( i, j ) ∑ Elektrostatik Seite 99 Etwas „mathematischer“: n 1 W = --- ∑ 2 n qi q j ∑ ----------------4πε 0 r ij ∀i ≠ j i=1j=1 Faktor 1/2 weil Paare (i, j) und (j, i) doppelt gezählt werden! Bei kontinuierlicher Ladungsverteilung ρ erhält man entsprechend: 1 W = --2 ∫ ∫ Raum Raum ρ(1) ⋅ ρ(2) --------------------------- dV 1 dV 2 4πε 0 r 12 q Beispiel: Energie eines Kondensators u = ---C Zunächst ungeladen: W = 0. Dann Ladung dq von einer Platte auf die andere (eine wird +, andere -) q dW = [ ϕ ( 1 ) – ϕ ( 2 ) ]dq = u ⋅ dq = ---- ⋅ dq und C Q W Kond = 2 q 1 1 2 1Q ---- dq = --- ------ = --- C ⋅ U = --- Q ⋅ U C 2 2 2C ∫ q=0 5.8.2 Berechnung von Kräften aus der Gesamtenergie Beispiel: Kraft zwischen den Platten eines Kondensators aus der Energie W mit dem Prinzip der „virtuellen Verrückung“. Man vergleicht die mechanische Arbeit beim „gedachten (virtuellen) Verrücken“ der Platten um den kleinen Weg dx mit der Änderung der elektrischen Energie aufgrund der Kapazitätsänderung: dW mech = F ⋅ dx wobei zur Vereinfachung d x || F Die Energie W elektr war 2 W elektr 1Q = --- -----2C und weil Q sich beim Verschieben nicht ändert, ist 2 ∂ 1 1 dW elektr = --- ⋅ Q ⋅ ------ ---- ⋅ dx 2 ∂x C und aus dWelektr = dWmech folgt 2 ∂ 1 1 F = --- ⋅ Q ⋅ ------ ---- 2 ∂x C Das gilt für jede Anordnung von Ladungen. Man muß also zur Be- Seite 100 GET-Skript rechnung von F weder die Ladungsverteilung noch das Feld kennen (im Gegensatz zu F = q ⋅ E ). Beispiel: Plattenkondensator, Fläche A, Abstand x (hier x statt d) ε0 ⋅ A ∂ 1 1 x 1 C = ------------ oder ---- = ------------- und ------ ---- = ------------- . ∂x C x C ε0 ⋅ A ε0 ⋅ A Damit ist die Kraft 2 2 ∂ 1 1 Q 1 F = --- ⋅ Q ⋅ ------ ---- = --- ⋅ ------------∂x C 2 ε0 ⋅ A 2 Zum Vergleich: Kraft aus F = Q ⋅ E berechnen. Dabei beachten, daß Ladung Q der einen Platte nicht im Gesamtfeld, sondern im Feld der anderen Platte Kraftwirkung erfährt. 2 E Platte 1 Q σ Q = -------- = ---------------- und F = Q ⋅ E Platte = --- ⋅ ------------2 ε0 ⋅ A 2ε 0 2ε 0 ⋅ A Also: gleiches Ergebnis wie bei Berechnung von F aus der Energie 5.8.3 Das E -Feld als Sitz der elektrostatischen Energie Wir kennen nun die elektrostatische Energie von diskreten und kontinuierlichen Ladungsverteilungen, z.B. die Energie eines geladenen Kondensators. Wo sitzt diese Energie? Man kann zeigen, daß die Energie im elektrischen Feld sitzt. Zur Erinnerung: elektromagnetische Wellen (Licht, Radiowellen, ...) sind elektromagnetische Felder und transportieren Energie! Um dies plausibel zu machen, denken wir uns in ein elektrisches Feld einen Plattenkondensator mit Fläche dA und mit Abstand dx so in das E-Feld eingebracht, daß die Platten auf Äquipotentialflächen liegen. Dadurch wird das elektrische Feld nicht beeinflußt. Die Energie dW im Volumen dV = d A ⋅ d x ist 2dW = dQ ⋅ dU und mit dQ = ε 0 ⋅ E ⋅ d A und dU = E ⋅ d x wird 1 1 1 dW = --- ⋅ dQ ⋅ dU = --- ⋅ ε 0 ⋅ E ⋅ d A ⋅ E ⋅ d x = --- ⋅ D ⋅ E ⋅ dV 2 2 2 Die Gesamtenergie im Feld ist dann 1 W = --- ⋅ ∫ D ⋅ E ⋅ dV 2 Raum Eine wirkliche Herleitung dieses Ergebnisses muß zunächst zurückgestellt werden. Elektrostatik Seite 101 5.9 Der elektrische Dipol 5.9.1 Kräfte und Drehmomente am elektrischen Dipol E F + d/2 α − –F Ein Dipol ist eine Art „Hantel“ mit Ladung +q um -q an den Enden. Im E -Feld entsteht ein Kräftepaar ± F und jede der Kräfte liefert einen gleichgroßen Beitrag zum Drehmoment T d mit den Beträgen d T + = E ⋅ q ⋅ --- ⋅ sin α und 2 d d ° T - = E ⋅ ( – q ) ⋅ --- ⋅ sin ( 180 + α ) = E ⋅ q ⋅ --- ⋅ sin α , insgesamt 2 2 T d = T + + T - = E ⋅ q ⋅ d ⋅ sinα (Betrag des Drehmoments) Schreibt man den Abstand d als Vektor in Richtung von der negativen zur positiven Ladung und definiert man den Vektor p als p = q ⋅ d , so bildet dieser mit E den Winkel α . Mit dieser Schreibweise läßt sich das Drehmoment in Größe und Richtung darstellen: T d = p × E mit p × E = p ⋅ E ⋅ sinα = E ⋅ q ⋅ d ⋅ sinα T d steht senkrecht auf p und E . Weil man mit p das Drehmoment des Dipols berechnen kann, heißt p Dipolmoment. Seite 102 GET-Skript 5.9.2 Potential und E -Feld des Dipols z +q + r r2 P -q P r1 − Das Potential eines Dipols ergibt sich mithilfe der Superposition : q 1 1 ϕ D = ϕ 1 + ϕ 2 = ------------ ⋅ ---- – ---- 4πε 0 r 1 r 2 Bei Dipolen interessiert häufig E bzw. ϕ bei r » d , also sehr weit entfernt. (Beispiel: Antennen, atomare Dipole, ...) z ϑ + − P r1 r r2 Dann sind die Vektoren r 1 bzw. r 2 näherungsweise parallel und ϑ 1 ≈ ϑ 2 . Die Abstände sind d r 1 = r – --- ⋅ 2 1 1 ---– ---- = r 1 r 2 d cos ϑ und r 2 = r + --- ⋅ cos ϑ , also 2 r1 – r2 d ⋅ cos ϑ d ⋅ cos ϑ - für r » d --------------- = --------------------------------------2- ≈ ------------------2 r1 ⋅ r2 2 d r r – --- ⋅ cos ϑ 2 In die Formel für das Dipol-Potential eingesetzt ergibt dies q ⋅ d ⋅ cos ϑ ϕ D = --------------------------2 4πε 0 ⋅ r Weil ϑ der Winkel zwischen r ⁄ r und d bzw. p ist, gilt auch q⋅d⋅r p⋅r ϕ D = --------------------3- = --------------------3- Potential des Dipols für r » d 4πε 0 ⋅ r 4πε 0 ⋅ r Elektrostatik Seite 103 Das E -Feld ist dann ∂ ∂ ∂ ϕ mit , E D = -gradϕ D = – , ∂ x ∂ y ∂ z D p 3 cos ϑ – 1 p 3 cos ϑ - , E ⊥ = ------------ --------------- und E = E z = ------------ --------------------3 3 4πε 0 4πε 0 r r 2 Ez + E⊥ 2 Anschaulich: z E⊥ P Ez E 3 E fällt also mit 1 ⁄ r ab. 0 Auf der z-Achse, also bei ϑ = 0 ist p 3–1 2p E z = ------------ ⋅ ----------= -------------------3 4πε 0 r 3 4πε 0 ⋅ r 0 In der Äquatorebene, also bei ϑ = 90 ist p E z = – --------------------3- , also entgegengesetzt halb so groß. 4πε 0 ⋅ r 5.10 Materie im elektrischen Feld 5.10.1 Dielektrika Dielektrika sind Isolatoren, also Ladungen (im Gegensatz zu Leitern!) nicht frei beweglich . Versuch von Faraday: Bringt man in einen aufgeladenen Kondensator einen Isolator, so fällt die Spannung U um den Faktor 1 ⁄ ε r , obwohl Q gleich bleibt. Die Kapazität C = Q/U vergrößert sich also um den Faktor ε r . Der Faktor ε r hängt nur vom Dielektrikum ab und heißt relative Dielektrizitätskonstante. Seite 104 GET-Skript . + Dielektrikum Luft (Vakuum) Kapazität C Mit U wird auch 2 ∫1 E ds + Kapazität εrC - = U kleiner, also E kleiner. σ E ⊥ = ----- ergab sich aber direkt aus dem Grundgesetz Gl (1). ε0 Also muß auch σ kleiner geworden sein. Da σ frei = Q frei ⁄ A , also die freie Ladung auf den Platten, gleich bleibt ist die einzig mögliche Folgerung: Es gibt Oberflächenladung σ Diel˙ auf dem Dielektrikum. - σ frei hat entgegengesetzte Polarität von σ Diel˙ - σ frei > σ Diel˙ weil Feld nicht verschwindet, nur kleiner wird. ----------------+ + + + + + Dielektrikum - - - - - ++++++++++++++++++ σfrei σDielektrikum σfrei Integriert man nun wieder über alle Ladungen in einem Kasten (vgl. 5.2.3), so ist jetzt σ frei und σ Diel eingeschlossen und es ist σ frei + σ Diel E ⊥ = ----------------------------- = E frei + E Diel ε0 und E ⊥ ist tatsächlich kleiner geworden Beachte: Bei einem Leiter anstelle des Dielektrums wäre σ Leiter = -σ frei (Platte) und E ⊥ = ( σ Platte + σ Leiter ) ⁄ ε o = 0 , d.h. das Innere des Leiters ist feldfrei. Warum treten diese Oberflächenladungen ohne bewegliche Ladung im Dielektrikum auf? Elektrostatik Seite 105 5.10.2 Die Polarisation In gewissen Grenzen ist die negative Atomhülle gegen den positiven Atomkern elastisch verschiebbar. Im Feld bekommt das Atom, dessen Hüllenschwerpunkt mit Ladung - q sich um s gegen den Kern mit Ladung + q verschiebt, ein Dipolmoment p = q ⋅ s . - - - - - - - - - - - +- - - - - - - - - - - - - - - - - - E - - - - - - - - s -- -- -- +-- -- -- -- - - - - - - - - + p - Bei N Atomen im Volumen V ergibt sich eine Atomdichte n = N/ V und ein Dipolmoment/Volumen P = n ⋅ q ⋅ s , das Polarisation genannt wird Damit läßt sich nun die Entstehung der Oberflächenladungen des Dielektrikums im E-Feld erklären. E frei s + + + + + + P E pol - - - - - Oberfläche A - Alle negativen Ladungen rücken um nach s unten. - Alle positiven Ladungen bleiben am Platz. Im Inneren keine Nettoladung durch P . Auf den Oberflächen Ladungsdichte σ Diel Man nennt σ Diel = σ Polarisation die Polarisationsladungen. In der Oberflächenschicht mit Volumen s ⋅ A ist Gesamtladung Q pol = ( n ⋅ q ) ⋅ ( s ⋅ A ) = ( n ⋅ q ⋅ s ) ⋅ A , wobei ( n ⋅ q ) = ( N ⋅ q ) ⁄ V = ( Q pol ⁄ V ) = Ladungsdichte ( s ⋅ A ) = V = V olumen und ( n ⋅ q ⋅ s ) = P = Polarisation Damit läßt sich nun zunächst der Betrag der Polarisation P berechnen; denn aus σ pol = Q pol ⁄ A erhält man P = n ⋅ q ⋅ s = σ pol Seite 106 GET-Skript Die Richtung von P ist der von E Diel bzw. E pol entgegengesetzt weil P zu den positiven Ladungen hin, E von den positiven Ladungen weg läuft. Damit darf man für das E -Feld mit Dielektrikum schreiben: σ frei + σ pol σ frei – P E = --------------------------- = E frei + E pol = -------------------ε0 ε0 Die Verschiebung der negativen Ladung um s wird in gewissen Grenzen proportional zu E sein und damit auch die Polarisation P = N ⋅ q ⋅ s ∼ E , d. h. man setzt P = χ ⋅ ε0 ⋅ E und nennt χ die elektrische Suszeptibilität des Dielektrikums. Damit erhält man eine neue Schreibweise für E, nämlich σ frei – χ ⋅ ε 0 ⋅ E σ frei σ frei E = -------------------------------------= ---------- – χ ⋅ E oder E ⋅ ( 1 + χ ) = ---------ε0 ε0 ε0 und nach E aufgelöst σ frei 1 E = ----------- ⋅ ----------------ε0 ( 1 + χ ) Häufig benutzt man die relative Dielektrizitätskonstante ε r = 1 + χ und schreibt damit σ frei 1 1 E = ----------- ⋅ ---- = E frei ⋅ ---ε0 εr εr Dies ist der Faktor ε r um den sich U beim Einbringen des Dielektrikums ins Feld geändert hatte. 5.10.3 E -Feld und Verschiebungsdichte D im Dielektrikum Es wurde in 5.7 die Verschiebungsdichte D definiert und das Grundgesetz Gl(1) lautete dann °A∫ Dd A = q Zu diesem Zeitpunkt waren alle Betrachtungen ohne Dielektrika angestellt worden, sodaß eine Unterscheidung zwischen freien Ladungen und Polarisationsladungen keine Rolle spielte. Deshalb muß hier erwähnt werden, daß D definitionsgemäß nur von freien Ladungen ausgeht, daß also Elektrostatik °A∫ Dd A Seite 107 = q frei Definition von D ! Diese Definition ist zwar nicht einleuchtend, weil auch Polarisationsladungen Kräfte ausüben. Sie erspart aber die ständige Kennzeichnung der Ladungen durch die Indizes frei bzw. Polarisation. Mit dieser Festlegung erhält man für das Feld des Plattenkondensators D = σ frei oder D = σ frei ⋅ n σ frei – P Dann schreibt sich E = -------------------- bzw. ε 0 ⋅ E + P = σ frei ε0 auch als D = ε 0 ⋅ E + P bzw. D = ε 0 ⋅ E + P oder mit χ bzw. ε = ε 0 ⋅ ε r D = ε0 ⋅ E + χ ⋅ ε0 ⋅ E = ( 1 + χ ) ⋅ ε0 ⋅ E = ε0 ⋅ εr ⋅ E = ε ⋅ E Diese Darstellung ist in der Elektrotechnik üblich, denn man kann ohne Verständnis des „Inneren“ im Dielektrikum , also ohne die Polarisationsmechanismen zu kennen, - aus σ frei die Verschiebungsdichte D = σ frei ⋅ n bestimmen ( σ frei , die Ladung auf Platten ist ja unabhängig vom Dielektrikum bekannt) - und aus D dann mit den Materialkonstanten χ oder ε r oder ε : das E -Feld finden. Auch die „Grundgesetze“ der Elektrostatik werden in der Elektrotechnik deshalb praktisch immer unter Benutzung von D wie folgt formuliert: (1) °∫A D d A (2‘) °∫Γ Eds = q frei und = 0, In dieser Schreibweise braucht man zur Lösung aber noch die Beziehung zwischen D und E D = ( 1 + χ ) ⋅ ε 0 ⋅ E sog. Materialgleichung Seite 108 GET-Skript Dieser Versuch, die Eigenschaften der Materie durch χ zu beschreiben ist für die Praxis sehr nützlich. Allerdings ist χ nur näherungsweise konstant und bei anisotropen Materialien ein Tensor, der die dann unterschiedliche Richtung zwischen D und E beschreibt. 5.10.4 Felder an Grenzflächen von Dielektrika Durch die Polarisationsladungen an den Oberflächen von Dielektrika wird im Dielektrikum ein zusätzliches E -Feld erzeugt. Damit ändert sich das gesamte E -Feld an den Grenzen von Dielektrika sprunghaft. Bisher galt stets die Einschränkung: - E steht senkrecht auf dem Dielektrikum und - außerhalb des Dielektrikums ist Luft (Vakuum) Jetzt gilt: - E verläuft im beliebigen Winkel zur Oberfläche des Dielektrikums und - Grenzflächen zwischen Dielektrika mit unterschiedlichen Dielektrizitätskonstanten ε r1 und ε r2 werden betrachtet Auch hier gilt: ε r1 ε r2 3 Et E 2 En d Γ 1 4 h→0 °∫Γ Eds = 0 = = 2 3 4 1 ∫1 E ds + ∫ E ds + ∫ E ds + ∫ E ds 2 4 2 3 3 4 1 ∫ E t1 ds + ∫ E n ds + ∫ E t2 ds + ∫ E n ds 1 2 3 4 = E t1 ⋅ d – E t2 ⋅ d = 0 oder E t1 = E t2 Tangentialkomponenten von E sind stetig. Elektrostatik Seite 109 ε r1 ε r2 A Dn1 Dn2 Weiter gilt: Weil auf Oberfläche der Dielektrika keine freien Ladungen, ist ∫ Dd A ° Kasten ∫ Dd A ° Kasten = q frei = 0 = ∫ ∫ D1 d A + Deckel A D2 d A + Deckel A ∫ DdA = 0 Seiten und weil bei Höhe des Kastens → 0 das Integral über die Seitenfläche → 0 geht, bleibt – ∫ ∫ D n1 ⋅ dA + Deckel A oder D n1 = D n2 D n2 ⋅ dA = – D n1 ⋅ A + D n2 ⋅ A = 0 Deckel A Normalkomponenten von D sind stetig und D n1 = ε r1 ⋅ ε 0 ⋅ E n1 ; D n2 = ε r2 ⋅ ε 0 ⋅ E n2 Damit läßt sich ein „Brechungsgesetz“ für die E -Feldlinien bestimmen. ε r1 ε r2 E t2 E t1 α1 E1 E n1 E2 α2 E n2 Seite 110 GET-Skript E t1 E t1 ⋅ ε r1 ⋅ ε 0 tan α 1 = -------= ---------------------------D n1 E n1 E t1 ⋅ ε r2 ⋅ ε E t2 E t2 ⋅ ε r2 ⋅ ε 0 tan α 2 = -------= ---------------------------- = ----------------------------0D n2 E n2 D n1 und zusammengefaßt tan α ε r1 -------------1- = -----tan α 2 ε r2 Brechungsgesetz der elektrischen Feldlinien Magnetostatik 6 Seite 111 Magnetostatik 6.1 Vereinfachung der Grundgesetze für die Magnetostatik Was heißt „Magneto-statik“? „Magneto-“: Wir wollen uns nur mit magnetischen Feldern, den darin auftretenden Kräften und deren Wirkungen beschäftigen, nicht mit elektrischen Feldern und Kräften. „statik“: Wir wollen uns nicht mit zeitlich veränderlichen magnetischen Feldern befassen. Nur magnetische Felder heißt: E = 0 und ∂E ⁄ ∂t = 0 , dann wird aus (4) 1 (4) ----- ∫ Bds = µ 0°Γ ∂ ∫ S + ε0 ∂ t E d A die Gl. (4‘) A 1 (4‘) ----- ∫ Bds = µ 0°Γ ∫ S dA A Ähnlich wird aus (5) (5) F = q ( E + v × B ) die Gl. (5‘‘) (5‘‘) F = q ⋅ v × B Die Gl. (1) beschreibt nur E und entfällt. Nur statische Felder heißt ∂B ⁄ ∂t = 0 , so daß Gl. (2) entfällt. Es gelten also die Gesetze der Magnetostatik (3) °A∫ B d A = 0 1 (4‘) ----- ∫ Bds = µ 0°Γ ∫ S dA A (5‘‘) F = q ⋅ v × B Seite 112 GET-Skript Bitte keine Analogien zwischen E und B (manche Lehrbücher!!). Merke: B -Feld hat Zirkulation, aber keine Quellen (keine magnetische Ladung!), E -Feld (statisch) hat Quellen, aber keine Zirkulation. Also auch bei Magnetostatik enorme Vereinfachung. Es gibt eine Reihe von elektrotechnischen Aufgaben, die mit diesen vereinfachten Gleichungen gelöst werden können. Es lassen sich dann wieder vereinfachte Formeln herleiten, die dann aber nur für magnetostatische Probleme gelten. Bemerkung. Ein elektrostatisches E -Feld setzte voraus, daß die Quellen des E -Feldes (Ladungen) sich nicht bewegen. Ein magnetostatisches Feld, das nach Gl. (4‘) von der Stromdichte S erzeugt wird, setzt voraus, daß sich S nicht ändert. Das ist z. B. immer der Fall, wenn sich Ladungen als konstante Ströme in Leitern bewegen. 6.2 Die Lorentz-Kraft 6.2.1 Regeln für den Umgang mit äußeren Vektorprodukten (Kreuzprodukten) Die Schreibweise F = q ⋅ v × B besagt: Die Kraft ist F ist an jedem Ort - senkrecht zur Geschwindigkeit v senkrecht zur Feldstärke B proportional zum Betrag der Geschwindigkeit v proportional zum Betrag des Feldes B und proportional zum sin ϑ des Winkels ϑ zwischen v und B . Dieses Richtungsverhalten läßt sich durch das „äußere Produkt“, das „Kreuzprodukt“ zwischen v und B vollständig beschreiben. v × B = v ⋅ B ⋅ sin ϑ ⋅ e ⊥ = v ⋅ B ⋅ sin ϑ ⋅ e ⊥ e ⊥ steht ⊥B und ⊥v e ⊥ geht in Richtung einer Rechtsschraube, wenn man v auf kürzestem Weg in B „hineindreht“. Das Ergebnis ist ein Vektor. Magnetostatik Seite 113 Bildlich: B B v Rechtsgewinde v e⊥ e⊥ Achtung! v × B = – B × v Zum Vergleich: Inneres Produkt oder skalares Produkt, z. B. E ⋅ ds = E ⋅ ds ⋅ cos ϑ = ds ⋅ E Ergebnis ist Zahl, Skalar. Beispiel: Lorentzkraft auf Elektronenstrahl im Magnetfeld. F -e − B ϑ v e⊥ Auf ein Elektron der Ladung q = - e wirkt dann die Kraft F = ( – e ) ⋅ v × B = ( – e ) ⋅ v ⋅ B ⋅ sin ϑ ⋅ e ⊥ Das Magnetfeld B (magnetische Induktion) wurde anhand seiner Kraftwirkung auf bewegte Ladungen definiert mit F = q ⋅ υ × B . So ergibt sich die Einheit von B als VAs 1 N N Vs [ B ] = --------------------- = -------- = ---------- ⋅ -------- = ------2 m Am As ⋅ m ⁄ s Am m Wegen der Wichtigkeit in der Elektrotechnik hat die zusammengesetzte Einheit [ B ] auch den Namen 1 Tesla (früher 104 Gauß) erhalten. Vs 4 4 [ B ] = 1 ------2 = 1Tesla = 1T = 10 Gauss = 10 G m (Erdfeld ≈ 1 Gauß, el. Maschinen ≈ 1 T) Seite 114 GET-Skript 6.2.2 Kraft auf stromdurchflossende Leiter Darstellung der Lorentzkraft im stromdurchflossenen Leiter mit der Stromdichte S Beispiel: Elektronenleitung F B − v I A − − I B dl Auf jedes Elektron mit Ladung q = -e wirkt F e = – e ⋅ v × B Wir nehmen zunächst an, daß alle Elektronen gleiche Geschwindigkeit v in Größe und Richtung haben. Im Volumenelement dV = A ⋅ dl sind n Elektronen, also wirkt auf dV die Gesamtkraft dF mit n ⋅ ( –e ) dF = n ⋅ F e = n ⋅ ( – e ) ⋅ v × B = dV ⋅ ------------------ ⋅ v × B dV n ⋅ ( –e ) oder weil ------------------ = ρ die Ladungsdichte ist, gilt dV dF = dV ⋅ ρ ⋅ v × B und mit S = ρ ⋅ v dF = dV ⋅ S × B Lorentz-Kraft auf dV bei Stromdichte S Da S unabhängig von Polarität der Ladungsträger definiert ist, gilt dies auch für positive Ladung. Da S unabhängig von der Geschwindigkeitsverteilung der Ladungsträger ist, kann die obige Einschränkung entfallen. Darstellung Lorentz-Kraft auf einen Leiter durch Strom I. Wir beschreiben die Länge dl des Leiter-Stücks als Vektor dl in Richtung S , dann wird dV ⋅ S = dl ⋅ A ⋅ S = dl ⋅ I und dF = I ⋅ dl × B Lorentzkraft auf Leiterlänge dl bei Strom I Magnetostatik Seite 115 Oft interessiert man sich (z. B. bei Maschinen) für die Kraft/Leiterlänge, den „Kraftbelag“ dF ⁄ dl und erhält dl dF ⁄ dl = I ⋅ ----- × B Kraftbelag dl Zur Berechnung der Gesamtkraft F muß die Kraft dF pro Leiterlänge dl über den gesamten Leiter aufintegriert werdne. Beispiel: Gerades Leiterstück, Länge l , B homogen über l . F = l ∫0 dF = l ∫0 I ⋅ d l × B Weil B homogen ist, hat B an jeder Stelle von l gleiche Größe und gleiche Richtung. Weil der Draht gerade ist, hat dl auf der ganzen Länge die gleiche Richtung, also ist auch der Winkel ϑ zwischen dl und B überall gleich, d. h. sin ϑ = const. Dann gilt Spezialfall 1: F = l ∫0 I ⋅ B ⋅ sin ϑ ⋅ e⊥ ⋅ dl F = I ⋅ l ⋅ B ⋅ sin ϑ F = I⋅l×B = I ⋅ B ⋅ sin ϑ ⋅ e ⊥ ⋅ l oder Kraft auf geraden Leiter l 6.2.3 Drehmoment auf stromdurchflossenen Schleifen im homogenen Feld B Beispiel: Rechteckige Leiterschleife, B homogen l1 A B α I I l4 l2 l3 l2/2 α F1 l2 F3 A B l 2 und l 4 sind bis auf das Vorzeichen gleich, ebenso l 1 und l 3 , also l 1 = – I 3 und l 2 = – I 4 , also auch F 1 = I ⋅ l1 × B = –I ⋅ l3 × B = –F 3 Seite 116 GET-Skript F 2 = I ⋅ l2 × B = –I ⋅ l4 × B = –F 4 Es gibt also keine resultierende Gesamtkraft, die die Leiterschleife verschiebt. Aber: F 1 = – F 3 bilden ein Kräftepaar, also Drehmoment T l2 T 1 = ---- ⋅ F 1 ⋅ sin α = T 3 ; T = T 1 + T 3 . 2 Nun ist bei l 1 ⊥B F 1 = I ⋅ l 1 ⋅ B ⋅ sin 90° = I ⋅ l 1 ⋅ B und T = l 2 ⋅ l 1 ⋅ I ⋅ B ⋅ sin α = A ⋅ I ⋅ B ⋅ sin α bzw. T = I⋅A×B A ist der bekannte Flächenvektor. Wir vereinbaren dabei die Richtung von A in Bewegungsrichtung der Schraube, wenn I in Drehrichtung fließt. Rechtsschraube I A I A Auf eine Spule mit N Windungen wirkt das N-fache Moment, also m T = N⋅I⋅A×B = m×B m ist die von der Spule abhängige Proportionalitätskonstante zwischen Drehmoment T und B . Diese Konstante heißt das Magnetische Moment einer Spule (auch magnetisches Dipolmoment). Magnetostatik Seite 117 6.3 Berechnung von B -Feldern 6.3.1 Es gibt keine magnetischen Ladungen Wie in Elektrostatik gibt es auch in der Magnetostatik zwei „Feldgleichungen“ (3), (4‘) Gl. (3) °A∫ B d A = 0 besagt: Es gibt keine magnetischen Ladungen Bildlich: Die Feldlinien von B können nirgends beginnen und nirgends enden. Im allgemeinen schließen sich die Feldlinien von B in sich selbst. Bei Feldberechnungen muß mit ∫ A B d A = 0 die „Form“ von B ° überprüft werden, ob wirklich keine Quellen vorhanden sind. Das entspricht der Überprüfung elektrostatischer Felder mit ∫ Eds = 0 auf Zirkulationsfreiheit der „Feldform“. °Γ Achtung: ∫ B d A = 0 gilt immer, °A °Γ∫ Eds = 0 nur in Elektrostatik 6.3.2 Durchflutungsgesetz, Ampere‘sches Gesetz In der Magnetostatik ergibt sich die Größe des B-Feldes (Induktion) aus 1 ----- ∫ Bds = µ0° Γ ∫ S dA A In Worten: Fließt durch eine Fläche A mit dem Rand Γ ein Strom der Stromdichte S , so ist der gesamte Strom durch diese Fläche ∫A S d A gleich dem Linienintegral über B ⁄ µ0 längs dem Rand Γ der stromdurchflossenen Fläche. Die Richtung von B muß festgelegt werden. A B S Rechtsschraube Seite 118 GET-Skript Man legt fest: Fließt der Strom S in Bewegungsrichtung einer Rechtsschraube, so verläuft B in Drehrichtung. Da ∫ S d A in fast allen elektrotechnischen Problemen durch StröA me in Leitung entsteht, schreibt man auch oft 1 ----- ∫ Bds = I ges Ampere‘sches Gesetz µ0° Γ In dieser Schreibweise muß man daran denken, daß Iges bei mehreren Windungen das n-fache des in der Leitung fließenden Stromes sein kann, wenn der Draht in n Windungen durch die von Γ umrandete Fläche fließt! Die Bezeichnung Durchflutung Θ für den Gesamtstrom durch A vermeidet diese Schwierigkeiten: als Durchflutung Θ bezeichnet man Θ = ∫A S d A = I gesamt durch A Wenn nun ein Draht mit Strom I mehrfach in gleicher Richtung durch A läuft, z. B. n-mal, dann ist Θ = n ⋅ I und 1 ----- ∫ Bds = Θ µ0° Durchflutungssatz Γ 6.3.3 Berechnung symmetrischer Felder aus dem Durchflutungsgesetz Beispiel: B -Feld eines langen, geraden Leiters B ( r, ϕ, z ) I r ϕ I Hier: Berechnung in Zylinderkoordinaten vorteilhaft Magnetostatik Seite 119 Am betrachteten Punkt (r,ϕ, z) hat B eine radiale Komponente B r = B r (r,ϕ, z) sowie die beiden tangentialen Komponenten B z = B z (r,ϕ, z) und B ϕ = B ϕ (r,ϕ, z) , wobei B r ⊥B z ⊥B ϕ . B wird also beschrieben durch den Vektor B r (r,ϕ, z) B (r,ϕ, z) = B ϕ (r,ϕ, z) B z (r,ϕ, z) Wegen ∫ Bd A = 0 ist B r (r,ϕ, z) = 0 °A Die magnetischen Feldlinien können also nur um den Leiter herum geschlossen sein und müssen aus Symmetriegründen kreisförmig verlaufen. Es bleibt nur die tangentiale Komponente B ϕ (r,ϕ, z) und somit wird B (r,ϕ, z) = ( 0, B ϕ (r,ϕ, z), 0 ) . Aus den genannten Symmetriegründen hängt die tangentiale Komponente nur vom Abstand r, nicht aber von z oder ϕ ab, also B (r,ϕ, z) = ( 0, B ϕ ( r ), 0 ) = B ϕ ( r ) ⋅ e ϕ . wobei e ϕ ein Einheitsvektor in tangentialer Richtung ist. Für dieses B-Feld läßt sich aber die Gl (4‘) auswerten, weil ds die Richtung e ϕ hat, also e ϕ ⋅ ds = ds ist (Spezialfall) 1 ----µ0 °∫ Bds Kreis 1 = ----µ0 °∫ Bϕ ( r ) ⋅ eϕ ⋅ ds Kreis 1 = -----B ϕ ( r ) ⋅ µ0 1 = -----B ϕ ( r ) ⋅ 2πr = I µ0 °∫ ds Kreis also µ0 ⋅ I B ϕ ( r ) = ----------- Feld eines geraden Leiters 2πr Mit der Schreibweise des Kreuzproduktes kann man B in Größe und Richtung beschreiben. Mit r z e r = - ; e z = - ist dann r z µ0 ⋅ I ez × er µ0 ⋅ I ez × r B = ------------ ⋅ --------------- oder B = ------------ ⋅ -----------2 2π r 2π r Seite 120 GET-Skript I r B Beispiel: Kraft zwischen zwei parallellen geraden Leitern (Länge l, Abstand r. B2 B1 r 12 F1 I1 r 21 F2 I2 Es gilt F 1 = I 1 ⋅ l1 × B2 F 2 = I 2 ⋅ l2 × B1 Weil bei parallelen Drähten B 2 ⊥ l 1 bzw. B 1 ⊥ l 2 , wird aus Kreuzprodukt einfaches Produkt. Weiterhin sei r 12 = r 21 = r Es ist Richtung F 1 || r 12 , Richtung F 2 || r 21 und die Größe der Kräfte F 1 = I 1 ⋅ l ⋅ B2 I1 ⋅ I2 µ0 - ⋅ l ⋅ ------------- = F = ----2π r F 2 = I 2 ⋅ l ⋅ B1 Mit dieser Beziehung läßt sich die Stromstärke (1A) bzw. Ladung (1As) festlegen: 1 Ampere ist die Stärke eines Stromes, der durch zwei im Vakuum parallel im Abstand 1 m voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar kleinem Querschitt –7 fließend je Meter Länge die Kraft von 2 ⋅ 10 N hervorruft. Magnetostatik Seite 121 Die Permeabilitätskonstante (Permeabilität) µ 0 wurde damit festgesetzt zu –7 2 ⋅ 10 N 2π ⋅ 1m 2πr - = ----------------------- ⋅ -----------------µ 0 = ( F ⁄ l ) ⋅ -------2 2 1m 1A I µ 0 = 4π ⋅ 10 –7 N – 7 Tm ⋅ -----2- = 4π ⋅ 10 ⋅ -------A A Beispiel: Berechnung B -Feld einer langen, zylindrischen Spule (Solenoid). d c l a b Γ Für eine rechteckige Schleife Γ = a,b,c,d die auf der Länge l = a,b N Leiter umschließt, gilt das Durchflutungsgesetz: 1 Θ = ----- ∫ B ds µ 0°Γ mit Θ = I ⋅ N = Strom mal Windungen durch Rand Γ . 1 b 1 a 1 c 1 d Θ = ----- ∫ B ds + ----- ∫ B ds + ----- ∫ B ds + ----- ∫ B ds µ0 a µ0 b µ0 c µ0 d Es ist c ∫b B ds = a ∫d B ds = 0, weil B dort ⊥ds . Weiter ist d ∫c B ds = 0, weil außerhalb der Spule B = 0 ist (Beweis hier nicht möglich). Der einzige Beitrag kommt von B im Inneren der Spule, und dieses B ist parallel zur Spulenachse und konstant bei Verschiebung des Rechteckes Γ längs der Spule. Dann ist B b 1 b B⋅l Θ = ----- ∫ B ds = ----- ∫ ds = --------- ,also I ⋅ N = B ⋅ l ⁄ µ 0 oder µ0 a µ0 a µ0 B = µ 0 ⋅ I ⋅ N ⁄ l B-Feld eines Solenoids Mit n = N ⁄ l schreibt man oft auch B = µ0 ⋅ I ⋅ n Seite 122 GET-Skript 6.3.4 Berechnung beliebiger Magnetfelder mit bekannter Stromverteilung (Biot-Savart‘sches Gesetz) Das elektrostatische Feld E einer bekannten Ladungsverteilung konnte man sich als Superposition der E -Felder von allen Punktladungen vorstellen, aus denen die Ladungsverteilung aufgebaut ist. Ähnlich kann man das statische Magnetfeld sich als Superposition der B -Felder von allen Stromelementen vorstellen, aus den die Stromverteilung aufgebaut ist. Dies ist jedoch mit den z.Z. verfügbaren Werkzeugen nicht herleitbar. Deshalb soll nur das Ergebnis gezeigt werden: Ein Element eines beliebigen Leiters mit Länge ∆l i erzeugt bei Strom I am Ort (1) einen Beitrag ∆l i × r 1i I B i ( 1 ) = ------ ⋅ µ 0 ⋅ ------------------3 4π r 1i I ∆l i Bi ( 1 ) r 1i (1) der gesamte Leiter also ein Feld B(1) = µ 0 ⋅ I ∆l i × r 1i ⋅ ------------------∑ -----------3 4π r 1i i und im Grenzfall unendlich kurzer Elemente dl µ 0 ⋅ I dl 2 × r 12 B ( 1 ) = ------------ ∫ -------------------- Biot-Savart‘sches Gesetz 3 4π r 12 I (2) ∆l 2 dB ( 1 ) r 12 (1) Magnetostatik Seite 123 6.4 Materie im magnetischen Feld 6.4.1 Magnetische Werkstoffe und deren Eigenschaften Beobachtung: Bringt man in eine vom Strom I durchflossene Spule Materialien, so ändert sich B , obwohl die Spule (N/L, also Windungszahl /Länge) und der Strom (I) unverändert sind Entweder: Durchflutungssatz und die daraus berechnete Beziehung B = µ 0 ⋅ I ⋅ N ⁄ l ist falsch Oder: Es fließen zusätzlich zum Strom ISpule weitere Ströme im Material und damit durch den Integrationsweg Γ . Γ zusätzl. Ströme I I B B IM Die zusätzlichen Ströme IMaterial können in der gleichen Richtung wie I fließen und dabei B vergrößern und zwar - kaum merklich (Paramagnetismus) - extrem stark (Ferromagnetismus). Die zusätzlichen Ströme können auch zu ISpule entgegengesetzt fließen und B - kaum spürbar schwächen (Diamagnetismus). Damit ergibt sich ein B -Feld B = µ 0 ( I Spule + I Material ) ⋅ N ⁄ l Seite 124 GET-Skript 6.4.2 Der Magnetisierungsvektor M In 5.10.2 hatten wir gesehen, daß im Dielektrikum durch atomare Dipolmomente eine zusätzliche Oberflächenladung entstanden war. Ähnlich entstehen bei Materialien im Magnetfeld durch atomare magnetische Momente zusätzliche Oberflächenströme. Wir denken uns die atomaren magnetischen Momente m als rechteckige Stromschleifen mit Strom IMaterial und Fläche A M , die in Richtung des Moments m den Abstand d haben. AM m IM d Alle Ströme zwischen solchen Würfeln heben sich auf. Bei einer aus Würfeln zusammengesetzten Scheibe der Dicke d und Fläche A bleibt ein Strom I M nur längs des Randes von A . A IM d Ein Stück Material mit Länge l , also N Scheiben der Dicke d entspricht der Spule mit N Windungen pro Länge l mit dem Strom IMaterial. Magnetostatik Seite 125 l A IM d Das von den magnetischen Momenten erzeugte B -Feld ist (siehe Spule) B zusaetzlich = µ 0 I Material ⋅ N ⁄ l Bei N Scheiben hat man N ⋅ A ⁄ A M Momente, also im Volumen l ⋅ A eine Anzahl Momente/Volumen = N M : N⋅A N N M = ---------------------- = ------------AM ⋅ l ⋅ A Am ⋅ l Bezeichnen wir als Magnetisierung M das Magnetische Moment pro Volumen, also M = N M ⋅ m , so ist M auch I Material ⋅ N A M N ⋅ I Material ⋅ A M N⋅m - = ----------------------------- ⋅ -------M = -------------- = ----------------------------------------AM l AM ⋅ l AM ⋅ l M ist also ein Vektor mit der Größe M = I Material ⋅ N ⁄ l und der Richtung A M . Das oben berechnete B zusaetzlich = µ 0 I Material ⋅ N ⁄ l läuft ebenfalls in Richtung A und so ist B zusaetzl. = µ 0 ⋅ M Das gesamte B -Feld mit Materie ist dann B = B Spule + B zusaetzl. = B Spule + µ 0 ⋅ M In gewissen Grenzen wird M zum B -Feld der Spule proportional sein (wie im Dielektrikum P ∼ E war), also M ≈ χ ⋅ B Spule ⁄ µ 0 Seite 126 GET-Skript Unter dieser Voraussetzung ist B = B Spule + µ 0 ⋅ M = B Spule ( 1 + χ ) Setzt man 1 + χ = µ r , so ist B = B Spule ⋅ µ r Die magnetische Suszeptibilität χ bzw. die relative Permeabilität µ r drücken Materialeigenschaften aus und sind im allgemeinen nicht konstant. Entsprechend der Einteilung in 6.4.1 gilt: - Diamagnetische Stoffe: µ r = ( 1 + χ ) ≤ 1 - Paramagnetische Stoffe: µ r = ( 1 + χ ) ≥ 1 - Ferromagnetische Stoffe: µ r = ( 1 + χ ) » 1 6.4.3 Magnetische Induktion B und Magnetfeld H in Materie Entsprechend der „Erregung“ magnetischer Felder durch Ströme wird häufig das „Magnetische Feld“, die „Magnetische Erregung“ (ohne Proportionalitätskonstante µ 0 zwischen Strom und Magnetfeld) durch den Vektor H beschrieben. °∫Γ H ds = Θ Mit H werden folgende weitere Begriffe eingeführt: 2 ∫ H ds = V m = magnetischeSpannung 1 °∫Γ H ds ° = V m = magnetischeRandspannung ° Achtung: Bei der Fesatlegung von H , V m bzw. V m wurden bewußt die von magnetischen Momenten im Material erzeugten ° Feldanteile nicht einbezogen. H , V m , und V m sind deshalb per Definition nur mit der Durchflutung durch äußere Ströme (Ströme in Leitungen) verknüpft! Demnach ist ohne Materie (Vakuum, näherungsweise Luft) B = µ0 ⋅ H Magnetostatik Seite 127 und mit Materie wegen µ 0 ⋅ H = def B Spule B = µ0 ( H + M ) und mit M ≈ χ ⋅ B spule ⁄ µ 0 = χ ⋅ H B = µ0 ⋅ ( 1 + χ ) ⋅ H = µ0 ⋅ µr ⋅ H = µ ⋅ H Die Materialgröße µ = µ r ⋅ µ 0 heißt auch absolute Permeabilität des Stoffes. Die Schreibweise mit H ist in der Praxis vorteilhaft, weil man zunächst H aus den äußeren Strömen direkt berechnen kann und daraus mit hilfe von Materialkonstanten B . Damit entfällt auch die Indizierung B Spule bzw. B Material . Die Grundgesetzte schreiben sich mit H in der (im Bereich der Elektrotechnik) üblichen Form (4‘) °∫Γ H ds = ∫A S d A und (3) °∫ Bd A = 0 Beachte: S sind hier alle äußeren Ströme, nicht die durch Magnetisierung verursachten. Zur Lösung braucht man dann jedoch noch die Materialgleichung. B = µ ⋅ H = µr ⋅ µ0 ⋅ H = ( 1 + χ ) ⋅ µ0 ⋅ H und diese enthält die (bei anisotropen Materialien nicht zutreffende) Annahme, daß χ eine skalare Konstante ist. 6.4.4 Diamagnetismus, Paramagnetismus, Ferromagnetismus Die atomaren magnetischen Momente m kommen entweder von - „umlaufenden“ Elektronen m IM − + A Seite 128 GET-Skript - „um die eigene Achse rotierende“ Elektronen m Beide Bilder sind sehr anschaulich, aber quantitativ falsch (klassisch, nicht quantenmechanisch)! Diamagnetismus (Wismut, Kupfer, Silber). Ohne H -Feld heben sich die Momente der Elektronen paarweise auf. ohne äußerem H-Feld m1 1 − mit äußerem H-Feld m1 H + − 2 1 − m2 + − 2 m2 Zusätzliche Lorentz Kräfte - auf (1) in Richtung der Zentrifugalkraft, - auf (2) entgegen der Zentrifugalkraft Deshalb muß (1) den Bahnradius verkleinern, die Zentrifugalkraft verringern und damit wird die Fläche und m 1 kleiner. Durch Vergrößerung des Bahnradius wird dagegen m 2 größer. Weil m 2 > m 1 , ist m = m 1 + m 2 entgegengesetzt zu H und –4 sehr klein; χ d ≈ – 10 . Paramagnetismus (Aluminium, Platin) Auch ohne H -Feld sind atomare magnetische Momente vorhanden, aber deorientiert. Durch das äußere Magnetfeld erfolgt Ausrichtung der Momente m in Richtung H , also χ p > 0 . Bei hohen Temperaturen zerstört die thermische Energie immer wieder die Ausrichtung, χ p ist also temperaturabhängig. –2 Bei Zimmertemperatur ist χ p ≈ 10 Magnetostatik Seite 129 Ferromagnetismus Bei Eisen, Kobalt, Nickel, Gadolinium, Dysprosium und deren Legierungen sind sehr starke magnetische Momente auch ohne H Feld vorhanden. Elektronenspins richten sich spontan parallel zueinander aus (also keine Eigenschaft des einzelnen Atoms!). Die Ausrichtung beschränkt sich auf kleine Bezirke (Weiß‘sche Beziehung), die ohne H unterschiedlich orientiert sind. Bei Temperaturen über einem kritischen Wert (Curiepunkt) hört die spontane Magnetisierung plötzlich auf. Die Größe der Weiß‘schen Bezirke ist durch das Energieminimum bzgl. äußerer Feldenergie und Wandenergie der Bezirke gegeben. N N S S S N Viel Feldenergie S N S N S N SN Keine weitere Reduzierung Weniger Feld- Praktisch kein d. äuß. Feldes, energie, jedoch äußeres Feld, jedoch zusätzl. 1 Wand jedoch 4 Wände Wände Wände enthalten Energie, weil ja gerade entgegengesetzt spinnende Elektronen benachbart sind und parallele Ausrichtung niedrigere Energie hat. Die Magnetisierungskurve Die Magnetisierungskurve stellt B Gesamt in Abhängigkeit von H dar ( H ∼ I Spule , B abhängig von Material!) B Neukurve Br 1 µ0Hc 10-6 µ0H -1 B r = Remanenz (induktion); H c = Koerzitivfeldstärke - Steiler Teil der Kurve: Wandverschiebung in Bezirken mit „leichter Richtung“ (reversibel). Seite 130 GET-Skript - Flacherer Teil der Kurve: Wandverschiebung mit „Überwindung von Hindernissen“ (nicht reversibel). - Flacher Teil der Kurve: Drehung Weiß‘scher Bezirke in Richtung H (viel Energie nötig; Sättigung; irreversibel). Weil Ausrichtung z. T. irreversibel, gibt es Hystereseschleife bzw. Neukurve. - Beim Zurücknehmen von H auf 0 bleibt eine Induktion B r (Remanenzinduktion). - Erst bei einer entgegengesetzten Feldstärke H c (Koerzitivfelstärke) geht B auf Null zurück. Die Fläche der Hystereseschleife ist ein Maß für die Energieverluste infolge irreversibler Vorgänge. 6.5 Der magnetisc he Kreis 6.5.1 Die Konstanz des magnetischen Flusses φ m A2 A1 d A2 d A1 dA Man definiert den Magnetischen Fluß φ m = d A stets in Richtung B zeigt. A ∫A B d A , wobei Leiter Weil aber nur in A 1 bzw. A 2 Induktion B ≠ 0 , und weil in ∫A Bd A = 0 vereinbarungsgemäß d A nach außen zeigt, ° Magnetostatik Seite 131 im Bild d A 1 aber nach innen, gilt 0 = °∫A Bd A also φ m1 = = – ∫ B d A1 + ∫ B d A2 A1 A2 ∫A B d A1 ∫A B d A2 = 1 = φ m2 2 oder im homogenen Feld φ m1 = B 1 A 1 = B 2 A 2 = φ m2 B1 A1 A2 B2 Weil φ m in der Elektrotechnik sehr wichtig ist, erhält es eine eigene Einheit: 2 [ φ m ] = 1Weber = 1Wb = 1T m = 1Vs 6.5.2 Das „sog. Ohm‘sche Gesetz des magnetischen Kreises“ In sich geschlossene Anordnungen aus hochpermeablen Materiallien (magnetischen Leitern) heißen magnetische Kreise und dienen zur Führung des magnetischen Feldes. lm A B I N Windg. Legt man die mittlere Länge des magnetischen Leiters mit lm fest, so gilt näherungsweise Θ = N⋅I = °∫ H ds = H ⋅ lm Wenn µ r im gesamten Kreis konstant, ist Seite 132 GET-Skript lm lm B⋅l Θ = H ⋅ l m = ------------m- = B ⋅ A ⋅ ---------------- = φ m ⋅ ---------------µr µ0 A µr µ0 A µr µ0 Wegen der Ähnlichkeit zum Ohm‘schen Gesetz schreibt man auch Θ = φm ⋅ Rm lm wobei R m = --------------- als magnetischer Widerstand bezeichnet µr µ0 A wird. l Zum Vergleich: U = I ⋅ R mit R = ----------κ⋅A Magnetischer KreisStromkreis ° Quellspannung Θ = V m U φm Strom I Widerstand R m R 6.5.3 Berechnung magnetischer Kreise Kreis mit i Abschnitten unterschiedlicher Materialien R mi auf Abschnitten der Länge l mi V° m = ∫ H ds = ° ∑ H i lmi = ∑ V mi = i i = φ m ∑ R mi = Θ = N ⋅ I Beispiel: B 1 gegeben, Θ gesucht lm1 I lm2 B lm3 φm = B1 ⋅ A1 V m1 = φ m ⋅ R m1 und V m2 = φ m ⋅ R m2 N ⋅ I = Θ = ( V m1 + V m2 ) ⋅ 2 Magnetostatik Seite 133 Ersatzschaltbild dazu Φm Vm1 Vm2 Θ Vm3 Vm4 Dies entspricht der Kirchhoff‘schen Maschenregel. Beispiel 2: Gegeben Θ 1 und Θ 2 ; gesucht φ m1, φ m2, φ m3 Hüllfläche A I1 I2 Θ1 Θ2 Φ m3 Φ m1 Φ m2 Weil ∫ Bd A = 0 durch Hüllfläche A, ist ° φ m3 = φ m1 + φ m2 Das entspricht der Kirchhoff‘schen Knotenregel. Ersatzschaltbild: Φ m1 Φ m2 Rm1 Θ1 Φ m3 Rm2 Rm3 linke „Masche“ Θ 1 = R m1 φ m1 + R m3 φ m3 rechte „Masche“ Θ 2 = R m2 φ m2 + R m3 φ m3 Θ2 Seite 134 GET-Skript Für die drei Unbekannten φ m1, φ m2, φ m3 sind also 3 Gleichungen - 2 Maschengleichungen - 1 Knotengleichung gegeben. Beispiel 3: Magnetischer Kreis mit Luftspalt (Motoren, Elektromagnet) lm1 I d B Reihenschaltung von R me des Eisens und R md des Luftspalts d. Die Kirchhoff‘sche Regeln für den magnetischen Kreis gelten gut, solange Streufeld klein bleibt, also d klein gegen ∅ Polflächen. Dann ist natürlich der magnetische Widerstand des Luftspaltes d R md = ---------µ0 A Da die Magnetisierungskurve meist nur als Diagram verfügbar ist, werden in der Praxis graphische Lösungen bevorzugt. Φm magn. Material Luft ges. Kreis VE ° VL V = Θ G - Weil φ m ⁄ A = B und H = V Eisen ⁄ l , kann man anstelle der üblichen Magnetisierungskurve des Eisens B = f ( H ) auch φ m = f ( V Eisen ) auftragen, wenn A und l gegeben sind (durchgezogene Kurve). - Für den Luftspalt kann man entsprechend statt der Geraden B = µ 0 H die Gerade φ m = V Luft ⁄ R md auftragen (gestrichelt) - Addiert man waagerecht für jedes φ m die zugehörigen magnetischen Spannungen V E für das Eisen und V L für die Luft, so erhält man für jedes φ m die notwendige magnetische Rand° spannung V und damit Θ (strich punktierte Kurve). Elektrodynamik 7 Seite 135 Elektrodynamik 7.1 Die Grundgesetze der Elektrodynamik Alle Einschränkungen der Elektrostatik und Magnetostatik, also ( ∂E ) ⁄ ∂t = 0 und ∂B ⁄ ∂t = 0 entfallen also: (1) °∫A Ed A (2) °∫Γ Eds (3) °∫A Bd A (4) 1 ----- ∫ Bds = µ 0°Γ bzw. = q ⁄ ε 0 bzw. = - °∫Γ H ds °∫A Dd A = q frei ∂ Bd A ∂ t ∫A = 0 = ∂ ∫A (S + ε0 ∂ t E) d A ∂ ∫A S aussen + ∂ t D d A Noch einmal Hinweis: Bei Schreibweise von (1) und (4) mit D und H ist zu beachten, daß bei - D nur freie Ladungen q frei - H nur äußere Ströme S aussen gemeint sind. Seite 136 GET-Skript 7.2 Die Induktionsvorgänge 7.2.1 Der im Magnetfeld bewegte Leiter a B l v Ua,b b + Versuch: Leitfähiger Stab, Länge l wird im Feld B mit Geschwindigkeit v ( v ⊥ B ) bewegt. Zwischen den Enden a, b entsteht Spannung U ab . Grund: - Die Ladungsträger im Leiter werden mit Geschwindigkeit v bewegt und erfahren Lorentzskraft F L = q ⋅ v × B in Stabrichtung und laufen zum oberen Stabende. - Die Ladungsträger laufen solange bis das E -Feld zwischen positivem Ende b und negativem Ende a so groß ist, daß die elektrostatische Kraft F E auf die Ladung entgegegengesetzt gleich F L wird. - In diesem Gleichgewicht ist also F E = q ⋅ E = -q ⋅ v × B = -F L und wenn v ⊥ B ⊥ l , ist das Integral über E längs des Drahts b ∫a E dl = U ab = l ⋅ v ⋅ B - Bei Bewegung des Magneten mit Geschwindigkeit - v gegenüber einem festen Draht, also bei gleicher Relativgeschwindigkeit v erhält man die gleiche Spannung U ab , obwohl v × B = 0 (Erklärung hier zu schwierig, weil relativistisch). Zusammenfassung: Bei Relativbewegung zwischen Magnetfeld und geradem Leiter v ⊥ B ⊥ l entsteht eine induzierte Spannung U ab = l ⋅ v ⋅ B Bewegungsinduktion Elektrodynamik Seite 137 7.2.2 Änderung des magnetischen Flusses φ m in Leiterschleifen B A U I R Versuch: Durch Ein- und Ausschalten bzw. Vergrößern und Verkleinern des Stromes I wird das Magnetfeld B (Induktion B ) durch die Fläche A der Leiterschleife geändert. Es ändert sich der magnetische Fluß φm = ∫A B d A . Während der zeitlichen Flußänderung ∂φ m ⁄ ∂t entsteht an den Enden der Leiterschleifle ein Spannung U . Grund: - Bei zeitlich veränderlichem B -Feld gilt in der Elektrodynamik °∫Γ Eds = - ∂ Bd A = – ∂φ m ⁄ ∂t ∂ t ∫A (nicht mehr wie Elektrostatik ∫ Eds = 0 ) °Γ - Längs des Randes Γ der Fläche A entsteht ein E -Feld mit Zirkulation gleich der zeitlichen Änderung des Flusses φ m durch A. Hier bildet die geschlossene Leiterschleife selbst den Rand um die vom Magnetfeld durchsetzte Fläche. Die Spannung U 0 um die Leiterschleife ist also U 0 = - ∂φ m ⁄ ∂t (Vorzeichen siehe später) Zusammenfassung: Bei zeitlicher Änderung des magnetischenFlusses φ m durch die Fläche A einer Leiterschleife entsteht ebenfalls eine induzierte Spannung U U 0 = - ∂φ m ⁄ ∂t Transformationsinduktion Seite 138 GET-Skript Sowohl für die Bewegungsinduktion als auch für die Transformationsinduktion kann die Zählrichtung von U ab bzw. U 0 aus den obigen Formeln bestimmt werden (Kreuzprodukt, Flächenorientierungen, Richtungen von Integrationswegen). Da dies i.A. aufwendig ist, benutzt man fast ausschließlich die Lenz’sche Regel. Lenz‘sche Regel: „Der durch die induzierte Spannung verursachte Strom fließt in einer solchen Richtung, daß er durch sein Magnetfeld die Flußänderung, durch die er entsteht, zu verhindern sucht.“ Beispiel 1: S N N S Bewegung Bewegter Magnet läßt nach links gerichtetes B wachsen; deshalb muß Strom nach rechts gerichtetes B erzeugen. Tieferes Prinzip der Lenz‘schen Regel ist die Energieerhaltung. Würde der Strom in Beispiel 1 anders fließen, so würde - der Stabmagnet angezogen (Gewinn mechanischer Energie) - der Strom die Spule erwärmen( Gewinn von Wärmeenergie) wir hätten also ein Perpetuum mobile. Beispiel 2: F Der leitfähige Ring springt beim Einschalten von der Spule weg. Elektrodynamik Seite 139 7.2.3 Induktionsgesetz und Flußregel Trotz unterschiedlicher Mechanismen lassen sich die Effekte der - Bewegungsinduktion und der - Transformationsinduktion in eine gemeinsame Darstellung bringen, der allerdings kein tieferliegendes Prinzip zugrundeliegt. Beide Phänomene werden durch die bereits von der Transformationsinduktion bekannte Flußregel beschrieben. Dazu wird die Bewegungsinduktion als Folge einer zeitlichen Flußänderung dargestellt. 1a a ds ° U v B b 2 A 1b Der Stab (2) der Länge l bewegt sich (wie zuvor) im homogenen Magnetfeld B mit Geschwindigkeit v ( v ⊥ B ⊥ l ) . Seine Enden a, b sind jetzt über die Schienen (1a) und (1b) an das Voltmeter angeschlossen. Die ruhenden Schienen erzeugen keine Induktionsspannung, d.h. die durch Bewegungsinduktion erzeugte Spannung des Stabes ist wieder U ab = l ⋅ v ⋅ B Betrachtet man nun die Spannung als zeitliche Änderung des Flusses φ m so bewirkt zuächst die Flächenänderung d A eine Flußänderung -dφ m ⁄ dt = B ⋅ d A ⁄ dt = B ⋅ l ⋅ ds ⁄ dt = B ⋅ l ⋅ v . Die Betrachtung auf der Grundlage der transformatorischen Induktion führt also zum gleichen Ergebnis und es ist U = l⋅v⋅B Flußregel: Auch die Bewegungsinduktion läßt sich als Folge einer zeitliche Flußänderung darstellen. Dabei ist die induzierte Quellspannung U = - dφ ⁄ dt unabhängig davon, ob die Flußänderung durch zeitliche Änderung der Fläche (Bewegungsinduktion) oder durch zeitliche Änderung des Magnetfeldes (transformatorische Induktion) zustandekommt. Seite 140 GET-Skript 7.2.4 Anwendung des Induktionsgesetzes Beispiel 1: Induzierte Spannung in einer Spule mit N Windungen. Der Spulenfluß einer Spule mit N Windungen ist N ψ = ∑ φi ≈ N ⋅ φWindung i=1 Also: U = – N ⋅ ( ∂φ ) ⁄ ( ∂t ) = – ( ∂ψ ) ⁄ ( ∂t ) Beispiel 2: Rotierende Spule im konstanten B -Feld. B ° U A = l⋅b A α l ⋅ cos α Der Winkel α = ω ⋅ t ändert sich proportional zur Zeit t ( ω = const = Winkelgeschwindigkeit) Zur Zeit t = 0 ist α = 0 und φ ( t = 0 ) = B ⋅ A = φ max Zu beliebiger Zeit t ist α = ωt und φ ( t ) = B ⋅ ( b ⋅ l ⋅ cos α ) , also φ ( t ) = B ⋅ A ⋅ cos α = φ max cos ωt und dφ u ( t ) = -N ⋅ ------ = N φ max ⋅ ω ⋅ sin ωt dt Man bezeichnet die Spannung U max = N ⋅ φ max ⋅ ω , bei π ⁄ 2 , 3π ⁄ 2 usw. als Scheitelspannung. Damit schreibt man auch u ( t ) = U max ⋅ sin ωt Elektrodynamik Seite 141 φ π/2 π 3π/2 T/2 2π ωt T t u Umax π/2 π 3π/2 2π ωt Beispiel 3: Da durch Flußregel nur Phänomene, nicht das Wesen der Bewegungsinduktin beschrieben wird, gibt es Fälle, in denen die Flußregel nicht funktioniert. Beim Barlow‘schen Rad ist der Stromkreis (gestrichelt ---- ) immer örtlich fest und B ist zeitlich konstant. Also kein dφ ⁄ dt sichtbar. Trotzdem wird die Spannung aus der Bewegungsinduktion erzeugt. v B - + ° U B Seite 142 GET-Skript 7.3 Selbstinduktion und Gegeninduktion Bisher (7.2) Betrachtung der induzierten Spannung u, wobei - in der Induktionsschleife kein Stom floß, also die - Induktionsschleife selbst kein B erzeugte. Jetzt: Stromkreis geschlossen, also i - Strom in der Induktionsschleife erzeugt selbst B ∼ i - Bei zeitlicher Änderung di ⁄ dt dieses Stroms resultiert dB ⁄ dt - Das eigene B -Feld der Schleife induziert in der Schleife selbst ein dφ ⁄ dt , (Selbstinduktion) und erzeugt eine Spannung u L . 7.3.1 Selbstinduktion i(t) di uL φ(t) dφ Eine Stromquelle erzeugt zeitlich wachsenden Strom i ( t ) mit Stromänderung di in Richtung i also dφ in Richtung φ . Falls i ( t ) genügend langsam (quasi stationär) sind φ und i proportional φ = L⋅i und bei geeigneter Wahl der ZPR von uL ist di dφ u L = ------ = L ⋅ ----dt dt Die Proportionalitätskonstante L ist nur von der Geometrie der Anordnung abhängig. L heißt Selbstinduktivitätskoeffizient, kurz Induktivität. Die Einheit von L ist V ⋅s [ L ] = 1 ---------- = 1 Henry = 1H A Elektrodynamik Seite 143 Bei Spulen mit N Windungen gilt N ∑ φk = ψ = L ⋅ i ≈ N ⋅ φk k=1 di dψ dφ u L = ------- = N ------ = L ----dt dt dt Induktivität L ist Eigenschaft einer Spule so wie Kapazität C Eigenschaft eines Kondensators ist. 7.3.2 Gegeninduktion Bei zwei verkoppelten Spulen hängt sowohl die Spannung an Spule 1, als auch die Spannung an Spule 2 von den Stromänderungen beider Spulen ab. Zur Vereinfachung fließe zunächst nur Strom i 1 in Spule 1 u‘1 i1 φ11 u‘2 φ21 Mit φ 11 = φ in Spule 1 von Strom 1 und φ 21 = φ in Spule 2 von Strom 1 ist dann u′ 1 = N 1 dφ 11 ⁄ dt und u′ 2 = N 2 dφ 21 ⁄ dt Nun fließe nur Strom i 2 in Spule 2 u‘‘1 φ12 φ22 u‘‘2 i2 Mit φ 22 = φ in Spule 2 von Strom 2 und φ 12 = φ in Spule 1 von Strom 2 ist dann u″ 1 = N 1 dφ 12 ⁄ dt und u″ 2 = N 2 dφ 22 ⁄ dt Seite 144 GET-Skript Die Spannungen bei Strom in beiden Spulen (Superposition!) u 1 = (u′ 1 + u″ 1 ) = N 1 dφ 11 ⁄ dt + N 1 dφ 12 ⁄ dt u 2 = ( u′ 2 + u″ 2 ) = N 2 dφ 21 ⁄ dt + N 2 dφ 22 ⁄ dt Die Flüsse φ 11 und φ 21 kommen von i 1 . Die Flüsse φ 22 und φ 12 kommen von i 2 . Also folgende Proportionalitäten N 1 ⋅ φ 11 = L 11 ⋅ i 1 ; N 2 ⋅ φ 21 = L 21 ⋅ i 1 N 2 ⋅ φ 22 = L 22 ⋅ i 2 ; N 1 ⋅ φ 12 = L 12 ⋅ i 2 L 11 und L 22 heißen Selbstinduktionskoeffizienten der Spule 1 bzw. 2, L 12 und L 21 heißen Gegeninduktionskoeffizienten. Es gilt (Beweis später) L 12 = L 21 = M . Dann ist di 1 di 2 u 1 = L 11 ------- + L 12 ------dt dt di 1 di 2 u 2 = L 21 ------- + L 22 ------dt dt 7.3.3 Abschätzung von Induktivitäten Die allgemeine Berechnung von L ij ist recht schwierig und soll hier nicht gezeigt werden. Man kann aber Flüsse von Spulen abschätzen und daraus die Induktivitäten berechnen: Selbstinduktionskoeffizient L jj : Es galt für Spule j : N j ⋅ φ jj = L jj ⋅ i j oder L jj = N j ⋅ φ jj ⁄ i j Das „Ohm‘sche Gesetz“ des magnetischen Kreises j besagt: N j ⋅ i j = Θ j = R mjj ⋅ φ jj oder φ jj = N j ⋅ i j ⁄ R mjj oben eingesetzt: 2 2 L jj = N j ⁄ R mjj also Selbstinduktion proportional N j . Elektrodynamik Seite 145 Ähnlich gilt für Gegeninduktionskoeffizient L jk zwischen Spule j und k L jk = Nj ⋅ φ jk ⁄ i k und unter formaler Anwendung des „Ohm‘schen Gesetzes“ für den magnetischen Kreis „ jk “ist φ jk = N k ⋅ i k ⁄ R mjk , also L jk = N j ⋅ N k ⁄ R mjk Der Gegeninduktionskoeffizient ist also proportional zum Produkt der Windungszahlen N j ⋅ N k . Beispiel: Abschätzung der Induktivität einer langen Zylinderspule mit Länge l, Fläche A. l R m ( Innenraum Spule ) = ---------µ0 A R m ( Aussenraum ) « R m ( Innenraum ) also zur Abschätzung: l R m = R m ( Innen ) + R m ( Aussen ) ≈ ---------µ0 A 2A L ≈ µ 0 N --- Induktivität einer langen Zylinderspule l 7.4 Energie im magnetischen Feld 7.4.1 Die magnetische Energie einer stromdurchflossenen Spule Einschalten eines Kreises mit Induktivität und Widerstand: uR R u0 uL i di u 0 = u R + u L = i ⋅ R + L ⋅ ----dt L Seite 146 GET-Skript In der Zeit t bis (t+dt) fließt der Strom i = i ( t ) und dieArbeit der Quelle in der Zeit dt ist 2 u 0 ⋅ i ⋅ dt = i ⋅ R ⋅ dt + L ⋅ i ⋅ di = dW ges , d. h. die Arbeit u 0 ⋅ i ⋅ dt der Spannungsquelle liefert 2 - Wärmeenergie dW T = i ⋅ R ⋅ dt und - magnetische Energie dW M = L ⋅ i ⋅ di Beachte: während die vom Widerstand erzeugte Wärmeenergie mit der Zeit des Stromflusses wächst, hängt die Zunahme der magnetischen Energie der Induktivität nicht von der Zeit dt , sondern nur von der Stromzunahme di ab. Die gesamte magnetische Energie der Induktivität erhält man durch Aufsummieren aller dW M von Strom i = 0 am Anfang bis Strom i = I am Ende: i=I WM = ∫ 1 2 L ⋅ i ⋅ di = --- L ⋅ I Magnetische Energie einer Spule 2 i=0 1 2 Vergleiche: W E = --- CU Elektrische Energie einer Kapazität 2 7.4.2 Energie W M mehrerer (gekoppelter) Spulen Mit Spule 1 an u 01 und Spule 2 an u 02 gilt di 1 di 2 u 01 = L 11 ------- + L 12 ------- | ⋅ i 1 dt und dt dt di 2 di 1 u 02 = L 22 ------- + L 21 ------- | ⋅ i 2 dt dt dt Daraus ergibt sich wie in 7.4.1 u 01 i 1 dt = L 11 i 1 di 1 + L 12 i 1 di 2 und u 02 i 2 dt = L 22 i 2 di 2 + L 21 i 2 di 1 und die magnetische Energie ändert sich insgesamt um dW M = L 11 i 1 di 1 + L 12 i 1 di 2 + L 21 i 2 di 1 + L 22 i 2 di 2 Elektrodynamik Seite 147 Auch hier hängt W M nicht von der Zeit, sondern nur von der Stromzunahme di ab. Aufsummierung zu W M in zwei Schritten: Zunächst Spule 1 einschalten: i = 0 auf i = I 1 Wegen i2 = di2 = 0 bleibt nur i1 = I 11 W M1 = ∫ 1 2 L 11 i 1 di 1 = --- L 11 I 1 2 i1 = 0 Jetzt dazu Spule 2 einschalten: i 2 = 0 auf i 2 = I 2 (wobei nun di1 = 0 ist) W M = W M1 + ∫ dW M2 = i2 = I 22 = W M1 + ∫ i2 = I 22 L 22 i 2 di 2 + i2 = 0 ∫ L 12 i 1 di 2 i2 = 0 1 2 1 2 W M = --- L 11 I 1 + --- L 22 I 2 + L 12 I 1 I 2 2 2 Bei anderer Reihenfolge (erst i 2 dann i 1 einschalten) ist 1 2 1 2 W M = --- L 11 I 1 + --- L 22 I 2 + L 21 I 1 I 2 2 2 Weil W M aber nicht von der Reihenfolge abhängen darf und gleich sein muß, ist L 12 = L 21 = M und die Magnetische Energie zweier gekoppelter Spulen: 1 2 1 2 W M = --- L 11 I 1 + --- L 22 I 2 + M ⋅ I 1 I 2 2 2 Die Größe der Gegeninduktivität M läßt sich wie folgt abschätzen: Die in den Induktivitäten gespeicherte magnetische Energie WM muß aus physikalischen Gründen stets positiv sein, also 1 1 --- L 11 ⋅ i 12 + M ⋅ i 1 ⋅ i 2 + --- L 22 ⋅ i 22 ≥ 0 2 2 Das bleibt auch richtig wenn man durch die stets positive Größe L 11 ⋅ i 22 ⁄ 2 teilt, also auch 2 i 1 M L 22 i---1- + 2 ⋅ --- ⋅ -------- + -------- > 0 i 2 i 2 L 11 L 11 Seite 148 GET-Skript Die linke Seite ist ein Polynom in (i1/i2), das Nullstellen bei 2 – M ± M – L 11 ⋅ L 22 i---1- = ------------------------------------------------- i 2 1, 2 L 11 besitzt. Da die obige Ungleichung aber für alle Ströme i1 und i2, also für alle Verhältnisse (i1/i2) richtig ist, dürfen die Nullstellen nicht im Reelen liegen und es muß gelten 2 M ≤ L 11 L 22 Man schreibt auch oft M = k L 11 L 22 mit 0 ≤ k ≤ 1 Dabei ist k ist der Koppelkoeffizient zwischen den Spulen, also - kleiner gemeinsamer Fluß (lose Kopplung): k ≈ 0 - großer gemeinsamer Fluß (feste Kopplung): k ≈ 1 7.4.3 Das magnetische Feld als Sitz der magnetischen Energie Die magnetische Energie sitzt im magnetischen Feld. Die Herleitung ist hier zu schwierig, aber man kann sich die Situation wie folgt plausibel machen. Man denkt sich ein beliebiges Feld B aus vielen kleinen homogenen „Zellen“ aufgebaut . Es genügt daher zunächst die Feldenergie im homogenen Feld einer solchen Zelle, einer langen dünnen Spule zu berechnen (Volumen V = l ⋅ A dφ dW M = u L ⋅ i ⋅ dt = N ------ ⋅ i ⋅ dt = N ⋅ i ⋅ dφ dt Die Zunahmen der Energie pro Volumen V = l ⋅ A (Energiedichte) ist N ⋅ i dφ Θ φ dw M = dW M ⁄ V oder dw M = ---------- ⋅ ------ = ---- ⋅ d --- A l A l und mit Θ ⁄ l = H bzw. φ ⁄ A = B dw M = H ⋅ d B und wenn H || B (isotrope Materialien) dw M = H ⋅ dB Elektrodynamik Seite 149 (Bei exakterer Herleitung zeigt sich, daß dies immer gilt, auch wenn H und B nicht parallel sind). Durch Aufsummieren erhält man aus den Energiedichteänderungen die gesamte Energiedichte wM = B ∫0 H dB Ohne Materie ist B = µ 0 H und damit µ0 2 1 B 1 2 w M = ----- ∫ B dB = --------- B = -----H 2 µ0 0 2µ 0 Die Gesamtenergie ergibt sich dann aus der Energiedichte durch Aufsummieren über das Volumen zu µ0 1 1 2 2 W M = --- ⋅ ----- ∫ B dV = ----- ∫ H dV 2 V 2 µ0 V 7.4.4 Energieverluste durch Ummagnetisierung B Die Energiedichte w M = ∫ H dB kann in einem Stoff, bei dem 0 B = f ( H ) nicht linear ist (z. B. Eisen) graphisch anhand der Magnetisierungskurve integriert werden. (Bei der Magnetisierungskurve wurde wie gewohnt B auf der Hochachse aufgetragen, obwohl über dB integriert wird!) B H dB HdB WM H Bei Magnetisierungskurve mit Hysterese kann man den Energieverlust pro Ummagnetisierung in vier Schritten bestimmen: B B W23 3 3 2 2 H 4 1 W12 H 4 1 W12−W23 Seite 150 GET-Skript rechter Teil: w 13 = w 12 – w 23 > 0 linker Teil: w 31 = w 34 – w 41 > 0 Für einen Umlauf um die Hystereseschleife erhält man dann w 12341 = w 13 + w 31 > 0 Die Fläche zwischen den Ästen der Hysteresekurve w 12341 entspricht also der bei einer Hin- und Rückmagnetisierung vom Eisen aufgenommenen Energie. 7.4.5 Berechnung von Kräften aus der magnetischen Energie Prinzip der virtuellen Verrückung: Gewonnene mechanische Arbeit = Abnahme der magnetischen Energie oder Fd x = – d W M Beispiel: Kraft zwischen zwei Eisenteilen. Luftspalt so klein, daß B homogen. d N S B F dx Querschnitt A B soll bei Verschiebung dx konstant sein. Die magnetische Energie im Spalt wird um die Energie des Volumens dx ⋅ A kleiner, also 1 2 dW M = – w MLuft ⋅ V = - --------- B Ad x 2µ 0 Läßt man die magnetische Energie des nachrückenden Eisens außter Acht (um Faktor µ r » 1 kleiner), so gilt 1 2 Fd x = - --------- B Ad x oder 2µ 0 1 2 F = - --------- B A Kraft zwischen den Polenschuhen 2µ 0 Elektrodynamik Seite 151 7.5 Wirbelströme Versuch 1 leitfähiges Blech v B - Im B -Feld durch Bewegungsinduktion Lorentzkraft. Strom i fließt nach unten und kann außerhalb B (keine Kraftwirkung) nach oben zurückfließen. - Es fließt ein zirkularer Strom, ein sog. Wirbelstrom. Die Richtung ist nach Lenz so, daß Ursache (Herausziehen verhindert werden soll, also F in Gegenrichtung v Man nutzt diese Bremswirkung auch technisch bei der Wirbelstrombremse. B Versuch 2 - - - - - kammartiges Blech v B + + + + + + Ebenfalls Spannung längs der „Zähne“, aber kein Rückflußweg für einen Strom i . Seite 152 GET-Skript Versuch 3 B = B 0 sin ωt dφ -----dt i=i0sinωt Eisenklotz Wirbelströme gleicher mag. Widerstand isolierte Blechpakete praktisch keine Wirbelströme Durch Aufteilen magnetischer Leiter in isolierte Blechpakete werden Wirbelstromverluste bei häufigem Ummagnetisieren (Wechselstrom) vermieden. 7.6 Der Verschiebungsstrom und sein Magnetfeld Die Gl (4) der Grundgesetze heißt vollständig 1 ----- ∫ Bds = µ 0°Γ ∂ ∫A S + ε0 ∂ t E d A Maxwell führte (1865) den Term schlossene Hüllfläche A ist ∂ °∫A ε0 ∂ t E d A = ε0 ⋅ ∂ ∫A ε0 ∂ t E d A ein. Für eine ge- ∂ d q E d A = ε 0 ----- = I ∫ ∂ t°A d t ε 0 Der Term hat also die Bedeutung eines Stromes und heißt Verschiebungsstrom. Für eine geschlossene Hüllfläche ist kein Rand Γ vorhanden (zugebundener Luftballon, Γ → 0 ), also 1 ----- ∫ B ds = 0 und damit wird aus der obigen Gleichung (4) µ0 Γ 0 = ∂ °∫A S + ε0 ∂ t E dA (Strom + Verschiebungsstrom) Elektrodynamik Seite 153 Strom und Verschiebungsstrom zusammengenommen hat keine Quellen, bildet also geschlossene Bahnen. Durch Umschreiben erhält man die sog. Kontinuitätsgleichung °∫A Sd A = -ε 0 ⋅ dq ∂ E d A = - -----∫ ° dt ∂t A Ein aus einer geschlossenden Hüllfläche austretender Strom ist gleich der Ladungsabnahme im Innern (Ladungserhaltung)! Betrachtet man Strom und Verschiebungsstrom durch nicht geschlossene Flächen und betrachtet das Magnetfeld längs des Randes, so zeigt sich, daß das Magnerfeld eines Stromes und eines entsprechenden Verschiebungsstromes gleich ist. B Γ E A2 A1 dq I = -----dt I Begründung: B längs Γ darf nicht von der Form der Flächen A 1 bzw. A 2 abhängen. Durch A 1 fließt Strom I . Durch A 2 flließt Verschiebungsstrom. Verschiebungsstrom bildet ja Fortsetzung von I und erzeugt ebenfalls B . Seite 154 GET-Skript 8 Stromkreis im quasistationären Zustand 8.1 Der quasistationäre Zustand Kapitel 2, 3 und 4: Zusammenschaltung von ohm‘schen Widerständen (R) und Verhalten bei Gleichspannung / Gleichstrom. Kapitel 5, 6 und 7: Betrachtung von Kapazitäten (C) und Induktivitäten (L) bei zeitlich veränderlichen Spannungen / Strömen. Jetzt: Schaltungen aus R, L, C an zeitlich nicht konstanten Quellen. Lösung der Maxwell-Gleichungen muß dann über die ganze Struktur einer realen Schaltung erfolgen, also - (1) über alle Bauelemente, Quellen - (2) über alle Verbindungsleitungen - (3) an allen Stellen im Raum. In vielen praktischen Fällen kann man die Lösung vereinfachen, wenn entsprechende Bedingungen zutreffen. Quasistationärer Fall: Die Ausbreitungszeit elektrischer und magnetischer Felder innerhalb der betrachteten realen Schaltung ist kurz im Vergleich zu der Zeit, in der sich diese Felder ändern. Dann kann man die Felder wie in der Statik berechnen und das Feld ist darstellbar als Produkt aus einer Ortsfunktion ( x, y, z ) und einer Zeitfunktion ( t ) . Durch den quasistationären Fall vereinfacht sich also (3). E ( x, y, z, t ) ≈ E ( x, y, z ) ⋅ f ( t ) B ( x, y, z, t ) ≈ E ( x, y, z ) ⋅ f ( t ) . Idealisierte Bauelemente In vielen praktischen Fällen kann man dann weiterhin reale Bauelemente durch Kombinationen sog. idealisierter Bauelemente beschreiben und (1) un (2) vereinfachen. Man nimmt dabei an - Verbindungsdrähte widerstandslos äußere magnetische Felder vernachlässigbar klein Kapazität speichert nur elektrische Energie Induktivität speichert nur magnetische Energie Widerstand setzt nur elektrische Energie in Wärme um. Stromkreis im quasistationären Zustand Seite 155 Sinusförmige Vorgänge In Kapitel 9 werden die zeitveränderlichen Spannungen und Ströme auf die technisch wichtigen cosinusförmigen Veränderungen f ( t ) ∼ cos ( ωt ) eingeschränkt. Dadurch vereinfacht sich die Schreibweise und sie wird vergleichbar mit der Schreibweise für Gleichstromschaltungen. 8.2 Idealisierte Bauelemente und Quellen 8.2.1 Ideale Induktivität Das magnetische Feld wird auf einen bestimmten räumlichen Bereich begrenzt, z.B. durch Toroidform (zusammengebogene, lange Spule), abschirmendes Gehäuse, usw. Dadurch gilt quasistationärer Fall und es gibt keine Wechselwirkung mit anderen Teilen der Schaltung. Weiter sei Widerstand der Leiter = 0 und Kapazität zwischen Drähten = 0. 1 i 1 i u u 2 2 L Für den geschlossenen Weg Γ gilt °Γ∫ Eds = ∫ Eds + 1 aussen 2 ∫ Eds 2 Draht 1 und weiterhin ist für den Weg Γ °Γ∫ Eds ∫ d dψ = – ----- ∫ B d A = – ------- , also dt dt 1 aussen 2 Eds + ∫ 2 Draht 1 d dψ Eds = – ----- ∫ B d A = – ------- = u dt dt Seite 156 GET-Skript Im Draht ist R = 0 , also auch mit Strom E = 0 und somit ∫ ∫ Eds = 0 , also 2 Draht 1 Eds = u = u 12 1 ausssen 2 Die induzierte Spannung u fällt also zwischen den realen Klemmen ab, ist also die Klemmenspannung u12.. Wählt man die Zählpfeile so, daß i ∼ – ∫ B d A = – ψ gleiche Zeitfunktion haben (quasistationär) sodaß di ⁄ dt ∼ – dψ ⁄ dt = u wird, dann ist die Beziehung zwischen Klemmenstrom und Klemmenspannung an einer idealisierten Induktivität: di u 12 = L ⋅ ----dt Klemmenspannung ideale Induktivität L ist eine das Bauteil beschreibende Konstante 8.2.2 Ideale Kapazität Das E -Feld wird auf einen bestimmten räumlichen Bereich beschränkt, z.B. durch eng gegenüberliegende Kondensatorplatten, also kein Streufeld. Dadurch gilt quasistationärer Fall und es gibt keine Wechselwirkung mit anderen Teilen der Schaltung. Weiterhin seien die Ladungen auf Verbindungsdrähten und das Magnetfeld von Leitungs- und Verschiebungsstrom vernachlässigbar, die Leitfähigkeit des Dielektrikums = 0 und Widerstand der Anschlußdrähte und Platten = 0 1 i 1 i 1’ u u C 2’ 2 2 Weil B vernachlässigbar, ist ∫ E ds = 0 , also ° ∫ E ds + 1 Draht 1′ ∫ E ds + 1′ Fel d 2′ ∫ E ds + 2′ Draht 2 E ds = 0 , also Draht ∫ 1′ Fel d 2′ E ds = – ∫ 2 aussen 1 E ds = ∫ E ds = 0 2 aussen 1 ∫ Im Draht 1-1‘ und 2-2‘ wegen R = 0 ∫ 1 aussen 2 E ds = u 12 Stromkreis im quasistationären Zustand und die Klemmenspannung ist u 12 = Seite 157 ∫ E ds 1′ Fel d 2′ Weiterhin gilt für eine geschlosssene Fläche A umd die Platte 1′ , also für eine Fläche mit Rand Γ = 0 ∂D - d A °A∫ S + -----∂t = d °A∫ Sd A + d t °A∫ Dd A °Γ∫ H ds = 0 und damit dq dq = – i + ------ = 0 und i = -----dt dt Wählt man als positive Stromrichtung die in die Hüllfläche (um Platte 1′ herum) hinein, also parallel zum Zählpfeil der Zeichnung, so ist dq d i = ------ = ∫ Dd A und q = dt dt° A °A∫ Dd A Wegen der gleichen Zeitfunktion für E und D ist dann auch q = °A∫ Dd A ∼ 1′ →∫ 2′ E ds = u12 und somit C = q ⁄ u 12 zeitlich konstant. Mit C=const ist aber i = dq ⁄ dt = d ⁄ dt ( C ⋅ u 12 ) = C ⋅ d u 12 ⁄ dt Zwischen Klemmenstrom und Klemmenspannung eines idealen Kondensators gilt also die Beziehung du 12 i = C ⋅ ----------dt 8.2.3 Idealer Widerstand Das Magnetfeld der Leitungen sei vernachlässigbar, der Widerstand der Zuleitungen = 0. 1 i 1 i u u 2 2 R Seite 158 GET-Skript Im Gegensatz zu Induktivität und Kapazität sind die Leitungsmechanismen in einem Widerstand viel komplizierter und noch nicht quantitativ behandelt. Wir müssen akzeptieren, daß (im Gegensatz zur Elektrostatik) in stromdurchflossenen Leitern ein Feld E ≠ 0 existieren kann und daß u 12 = ∫ E ds ∼ i . 1→R→2 Diese Proportionalität gilt recht gut für - nicht zu hohe Spannungen - nicht zu hohe Frequenzen. In diesen Fällen ist R praktisch konstant und es gilt der Zusammenhang u 12 = R ⋅ i 8.2.4 Idealer Generator Beim idealen Generator sei der Widerstand der Wicklung = 0 , das B -Feld des Stromes i verschwindend klein gegen Feld des Erreger-Magneten und alle B -Felder räumlich begrenzt um den Generator. i i 1 u 1 u ~ 2 2 Ändert sich der Fluß ψ E durch die Spule beim Drehen, so ist ∫ Eds + ∫ Eds °∫ Eds = Klemmen Wicklung und wegen ∫ Eds = 0 ( R Draht = 0! ) wird Wicklung ∫ Klemmen dψ = – ----------E dt dψ Eds = u 12 = – ----------E dt Stromkreis im quasistationären Zustand Seite 159 Da dψ Erreger ⁄ dt nur von Fläche und Windungszahl der Wicklung, von der Generatordrehzahl und vom Fluß des Erregermagneten abhängen, ist die Spannung u des idealen Generators unabhängig vom entnommenen Strom i und somit unabhängig von der äußeren Schaltung (ideale Quelle). 8.2.5 Kirchhoff‘schen Gleichungen im quasistationären Fall Im quasistationären Zustand gelten weiterhindie Kirchhoff‘schen Regeln ∑ u k = 0 (Masche) und ∑ i k = 0 (Knoten). k k Weil außerhalb der Schaltelemente kein B (räumliche Begrenzung), gilt für beliebigen geschlossenen Weg Γ außerhalb von Schaltelementen ∫ Eds = 0 . °Γ u2 c u3 b u1 u5 5 ∑ uk = k=1 b ∫a Eds , u2 b ∫a c +∫ und allgemein: b u4 ~ a Mit u 1 = Integration d = e c ∫b Eds , ... u5 a + .... + ∫ Eds = ∑ uk e = a ∫e Eds ist °Γ∫ Eds = 0 = 0 k Die Kirchoff‘sche Maschenregel gilt also auch im quasistationären Zustand. Weil bei idealisierten Bauelementen wegen der räumlichen Eingrenzung der Felder außerhalb dieser auch kein E und D ist, wird außerhalb der Bauelemente dD ⁄ dt = 0 und ∂D - d A = ∫ S d A ∫ S + -----∂t A A = °Γ∫ H ds Seite 160 GET-Skript Für eine geschlossene Fläche A um einen Knoten gilt dann wegen Rand Γ = 0!! °A∫ Sd A = °Γ∫ H ds = 0 , also ∫ Sd A = 0 °A geschl. Fläche A i2 Knoten i1 dA i3 i4 Da außerhalb der Drähte kein Strom fließt, ist Drahtquerschnitte ungleich Null. Für Draht 1 (Querschnitt A 1 ): i 1 = ∫ S dA nur über ∫A Sd A , 1 für Draht 2 (Querschnitt A 2 ): i 2 = ∫A Sd A usw. Also 2 4 ∑ ik k=1 = ∫ + A1 und allgemein ∫ +... + ∫ S d A A2 ∑ ik A4 = °A∫ Sd A = 0 = 0 k D.h. Kirchhoff‘sche Knotenregel gilt auch im quasistationären Fall. 8.2.6 Reale Bauelemente und deren Ersatzschaltung Einige Annahmen, die bei der Beschreibung idealer Bauelemente gemacht wurden, treffen in der Praxis nicht zu. Bei einer Induktivität L ist der Drahtwiderstand R L ≠ 0 . Dies läßt sich durch eine Ersatzschaltung berücksichtigen, in der L und RL in Serie geschaltet sind. i L RL u Stromkreis im quasistationären Zustand Bei niedrigen Frequenzen gilt dann di u = – L ⋅ ----- + R L ⋅ i dt Bei höheren Frequenzen ist die Kapazität C L zwischen den Windungen nicht vernachlässigbar. Diese berücksichtigt man im Ersatzschaltbild durch zusätzliche Parallelschaltung von C L . Ein ähnliches Ergebnis liefert ein Widerstand R , dessen Drahtwicklung eine Induktivität L R ≠ 0 hat. Auch in diesem Fall erhält man als Ersatzschaltung eine Serienschaltung aus R und LR. i R LR u Bei niedrigen Frequenzen ist dann di u = R ⋅ i – L R ⋅ ----dt Bei einem Kondensator C ist häufig der Widerstand RC des Dielektrikums nicht unendlich. Parallel zum Verschiebungsstrom fließt dann noch ein Strom durch den Widerstand RC des Dielektrikums, der durch eine Parallelschaltung von C und RC im Ersatzschaltbild berücksichtigt wird RC i C u Es gilt also du 1 i = C ⋅ ------ + ----- ⋅ u dt R c Beim realen Generator hat die Spule S eine Induktivität L S ≠ 0 und einen Widerstand R S ≠ 0 . Bei einem Generatorstrom i mißt man an dieser realen Spule die Spannung di u S = R S ⋅ i – L S ⋅ ----- . dt Seite 161 Seite 162 GET-Skript Der ideale Generator (8.2.4) erzeugte die (stromunabhängige) Spannung dψ E u 0 = – ---------- . dt Da dem Generator nur Strom entnommen werden kann, der durch die Spule fließt, bleibt die Klemmenspannung di u = u 0 – u S = u 0 – R S ⋅ i – L S ⋅ ----- . dt Dazu gehört das Ersatzschaltbild LS ~ u0 RS uS u Merke: L S, R S möglichst klein, dann ist u wenig abhängig von i . Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand 9 Seite 163 Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Netzwerke aus R, L und C werden im quasistationären Fall beschrieben durch die linearen Kirchhoff‘schen Gleichungen ∑ uk = 0 (Masche) und ∑ ik = 0 (Knoten) k k und durch die linearen Differentialgleichungen der Zweipole u = R ⋅ i ; u = Ldi/dt und i = Cdu/dt . Sie heißen deshalb „Lineare Netze“. Der „eingeschwungene Zustand“ stellt sich nach dem Abklingen aller Einschaltvorgänge ein. Die mit dem Einschalten verbundenen Ausgleichvorgänge werden später behandelt. 9.1 Zeitveränderliche Vorgänge Man unterscheidet bei Vorgängen, die über der Zeit ablaufen Gleichvorgänge: x ( t ) = const Veränderliche Vorgänge: Alle anderen x(t) t Bei den Veränderlichen Vorgängen unterscheidet man weiter Periodische Vorgänge: x(t ) = x(t + T ) x(t) = x(t + T) T Periode t Wechselvorgänge: Wechselvorgänge sind periodische Vorgänge, die sich aus Überlagerung von sinusförmigen Vorgängen darstellen lassen. Oder: Wechselvorgänge sind periodische Vorgänge ohne Gleichanteil. Seite 164 GET-Skript Sinusförmige Vorgänge: Wechselvorgänge mit sinus- bzw. cosinusförmigem Verlauf sind in der Technik besonders wichtig und werden wie folgt beschrieben: x x̂ ωt ϕS ωT = 2π Dabei bezeichnet man mit Periodendauer: das Zeitintervall T Periode: den Abschnitt der Funktion innerhalb T Scheitelwert: X̂ Frequenz: f = 1 ⁄ T mit [ f ] = s Kreisfrequenz: –1 = Hz ω = 2π ⋅ f Nullphasenwinkel: ϕ s (Index s für Sinus) Beachte: das Argument einer sin-Funktion kann nur ein Winkel, nicht aber eine Zeit sein. Dieser zeitlich veränderliche Winkel 2π α ( t ) = ------ ⋅ t = ω ⋅ t T wächst zwischen t=0 und t=T linear mit der Zeit von α ( t = 0 ) = 0 auf α ( T ) = 2π an. Die Addition eines konstanten positiven Winkels ϕ s verschiebt die sin-Funktion deshalb auf der Zeitachse nach links (d.h. die Funktion sieht zum Zeitpunkt t aus wie die nicht verschobene zu einem späteren Zeitpunkt!) Weil sin α = cos ( α – π ⁄ 2 ) ist auch π x ( t ) = X̂ ⋅ sin ( ωt + ϕ s ) = X̂ ⋅ cos ωt + ϕ s – --- 2 = X̂ ⋅ cos ( ωt + ϕ c ) wobei ϕ c = ϕ s – π ⁄ 2 Nullphasenwinkel der cos-Funtktion ist. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 165 9.2 Wichtige Mittelwerte 9.2.1 Arithmetischer Mittelwert Schließen ein Gleichvorgang x ( t ) = x = const und ein periodischer Vorganges x ( t ) zwischen t und t+T die gleiche Fläche über der Zeitachse ein, so ist x der arithmetische Mittelwert des periodischen Vorganges . x x t1 1 x = --T T t (t1 + T ) ∫ x ( t ) dt t1 für den speziellen Fall x ( t ) = X̂ ⋅ sin ( ωt ) ist X̂ x = -------ωT ω(t1 + T ) ∫ sin ( ωt ) dωt = 0 ωt 1 Beachte: eine Winkelfunktion kann nur über einen Winkel ωt aufgetragen, bzw. über ein Winkelinkrement dωt integriert werden. Die Phasenverschiebung ϕ s muß nicht berücksichtigt werden, weil t1 willkürlich verschoben werden kann. Der arithmetische Mittelwert von sinusförmigen (cosinusförmigen) Vorgängen ist also Null. Dann haben auch Wechselvorgänge (Überlagerung von Sinusvorgängen) den arithmetischen Mittelwert Null. Also: Periodische Vorgänge mit x = 0 heißen Wechselvorgänge. Es gilt auch: 1 0 = --T t1 + T ∫ [ x ( t ) – x ] dt t1 Also: Jeder periodische Vorgang x ( t ) von dem man den Gleichvorgang x subtrahiert, ist ein Wechselvorgang [ x ( t ) – x ] . Seite 166 GET-Skript 9.2.2 Gleichrichtwert Der arithmetische Mittelwert der Beträge x ( t ) einer periodischen Funktion heißt Gleichrichtwert x (Achtung! x ≠ x ) 1 x = --T t1 + T ∫ x ( t ) dt t1 Insbesondere für x = X̂ ⋅ sin ( ωt + ϕ ) ist X̂ x = -------ωT ( ωt 1 + ωT ) ∫ sin ( ωt + ϕ ) dωt ωt 1 Mit ωt + ϕ = ξ wird dωt = dξ und mit ωt 1 = – ϕ wird ξ 1 = 0 , also 2π X̂ X̂ x = ------ ∫ sin ξ dξ = 4 ⋅ -----2π 2π 0 2X̂ = - ------- cos ξ π π⁄2 ∫ sin ξ ⋅ dξ= 0 π⁄2 0 2X̂ = ------- = x π (Sinus) x x̂ sin ωt x ωt Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand 9.2.3 Effektivwerte Der quadratische Mittelwert x eff = 2 x = 2 x heißt Effektivwert. 1 (t1 + T ) 2 --- ∫ x ( t ) dt T t1 Für sinusförmige Vorgänge x ( t ) = X̂ ⋅ sin ( ω + ϕ ) ist 2 1 ω(t1 + T ) -------- ∫ ( X̂ ⋅ sin ( ωt + ϕ ) ) dωt ωT ωt 1 1 2 Mit mit ωt + ϕ = ξ und sin ξ = --- [ 1 – cos 2ξ ] ist 2 x eff = X̂ x eff = ---------- ⋅ 2π 2π ∫0 X̂ 2 X̂ sin ξdξ = ---------- π = ------ 2π 2 2 1 sin ξ = --- [ 1 – cos 2ξ ] 2 x 0,5 1 --- ⋅ 2π 2 sin ξ ξ X̂ Der Effektivwert eines sinusförmigen Vorgangs ist x eff = ------2 Mit dem Effektivwert läßt sich die mittlere Leistung von Wechselströmen sehr einfach ausdrücken. Mit der Schreibweise U = u eff = Û ⁄ ( 2 ) ; I = i eff = Î ⁄ ( 2 ) ist P = U ⋅ I ⋅ cos ϕ 9.2.4 Weitere Definitionen Für die Bewertung sinusförmiger Vorgänge hat man weitere aus Mittelwerten abgeleitete Merkmale definiert x eff ⁄ x heißt Formfaktor =x̂ ⁄ x eff heißt Scheitelfaktor Seite 167 Seite 168 GET-Skript 9.3 Zeigerdarstellung 9.3.1 Drehzeiger Sinusförmige Wechselvorgänge kann man auch durch Projektion eines mit Winkelgeschwindigkeit (Kreisfrequenz) ω rotierenden Drehzeigers der Länge  auf eine Bezugsachse beschreiben. y Bezugsachse 2π ω = -----T  α x(t) x Ist zur Zeit t = 0 der Winkel α ( t = 0 ) = ϕ , so ist α ( t ) = ωt + ϕ und die Projektion x(t) des Drehzeigers auf die x-Achse ist dann: x ( t ) =  ⋅ cos α =  ⋅ cos ( ωt + ϕ ) Bei Projektion auf Bezugsachse y y ( t ) =  ⋅ sin α =  ⋅ sin ( ωt + ϕ ) Weil sin α und cos α nur in der Phase verschoben sind, kann mit geeignetem ϕ jeder sinusförmige Wechselvorgang auf einer beliebigen Bezugsachse dargestellt werden. 9.3.2 Zeigerdiagramm Ein Wechselvorgang ist bei fester Kreisfrequenz ω durch Phase ϕ und Amplitude  vollständig beschrieben, ebenso die Beziehungen zwischen Wechselvorgängen gleicher Kreisfrequenz. Beispiel: Zwei sinusförmige Wechselvorgänge mit Amplituden Aˆ1 bzw. Aˆ2 , gleicher Kreisfrequenz ω haben zur Zeit t = 0 den Nullphasenwinkel ϕ 1 bzw. ϕ 2 , also α 1 = ωt + ϕ 1 und α 2 = ωt + ϕ 2 Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Drehzeiger ϕ1-ϕ2 α1 α2 ω x Bei Drehung gegen den Uhrzeigersinn eilt Drehzeiger 1 dem Drehzeiger 2 voraus um α 1 – α 2 = ϕ 1 – ϕ 2 = const. , d.h. die Phasenbeziehung ist zeitlich konstant. Man kann also beide Drehzeiger in ihrer wechselseitigen Lage zu jedem beliebigen Zeitpunkt betrachten, insbesondere auch zum Zeitpunkt t = 0. Zeiger ϕ1-ϕ2 ϕ1 ϕ2 x Die zur Zeit t = 0 „eingefrorenen“ Drehzeiger nennt man „Zeiger“, das Diagramm heißt Zeigerdiagramm. Merke: Das Zeigerdiagramm enthält eine vollständige Beschreibung eines Wechselvorgangs. Das Zeigerdiagramm erlaubt insbesondere graphische Addition und Subtraktion von Wechselvorgängen. Dies ist einfacher als die Addition phasenverschobener Sinusfunktionen und liefert anschauliche Ergebnisse. Beispiel: Serienschaltung von zwei Wicklungen mit phasenverschobenen Spannungen Û 1, ϕ 1 , Û 2, ϕ 2 und gleicher Kreisfrequenz ω . Gesucht: Û , ϕ der Summenspannung u = Û cos ( ωt + ϕ 1 ) + Uˆ 2 cos ( ωt + ϕ 2 ) = Û cos ( ωt + ϕ ) Zeichnerische Lösung Seite 169 Seite 170 GET-Skript u u2 ϕ2 ϕ ϕ1 u1 geometrische Lösung Bezugsachse Man findet den Summenzeiger von u leicht durch Vektoraddition der Zeiger von u1 und u2. Der Summenzeiger zeigt die gesuchte Amplitude Û und den gesuchten Nullphasenwinkel ϕ . Geometrische Lösung - Aus dem Cosinussatz erhält man Û ϕ2-ϕ1 ϕ Û = ˆ ⋅ Uˆ cos ( ϕ – ϕ ) Uˆ12 + Uˆ22 + 2U 1 2 2 1 - Aus Summe der Komponenten der Zeiger erhält man ϕ ϕ1 ϕ2 u2sinϕ2 u1sinϕ1 u sinϕ Û 1 sin ϕ 1 + Û 2 sin ϕ 2 tan ϕ = -------------------------------------------------Uˆ 1 cos ϕ 1 + Û 2 cos ϕ 2 Diese numerische Berechnung der zeichnerisch konstruierten Amplitude und Phase erlaubt einen Vergleich mit der formalen Addition der Wechselvorgänge. u = Uˆ 1 cos ( ωt + ϕ 1 ) + Uˆ 2 cos ( ωt + ϕ 2 ) = Û cos ( ωt + ϕ ) Dabei zeigt sich, daß die Vektoraddition von Zeigern das gleiche Ergebnis liefert. Eine einfache Begründung findet sich in 9.4.4. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand 9.4 Darstellung sinusförmiger Vorgänge in der komplexen Ebene Eine besonders leistungsfähige Beschreibung sinusförmier Wechselvorgänge ergibt sich bei der Darstellung von Drehzeigern und Zeigern in der komplexen Ebene. Deshalb sollen die wichtigsten Regeln für das Rechnen mit komplexen Zahlen hier kurz dargestellt werden. 9.4.1 Rechnen mit komplexen Zahlen Im(z) z=x+jy jy r ϕ x Re(z) Im rechtwinkligen Koordinatensystem z = x + jy komplexe Zahl x = Re ( z ) Realteil von z ; y = Im ( z ) Imaginärteil von z z∗ = x – j y konjugiert komplex zu z In Polarkoordinaten z = z ( r, ϕ ) komplexe Zahl 2 2 r = z = + x + y Betrag von z ϕ = atan ( y ⁄ x ) Phase, Argument von z also: z = z ( r, ϕ ) = r cos ϕ + jr sin ϕ Euler‘sche Formeln: 1 jϕ 1 jϕ – j ϕ – jϕ cos ϕ = --- ( e + e ) und sin ϕ = ----- ( e – e ) 2 2j e jϕ = cos ϕ + sin ϕ Seite 171 Seite 172 GET-Skript In Exponentialschreibweise z = r⋅e jϕ jϕ e hängt vom Phasenwinkel ϕ zur rellen Achse ab und heißt Phasenfaktor. Konjugiert komplexe Zahl in Exponentialdarstellung: z* = r ⋅ e – jϕ Addition Kartesisches System: z = z 1 + z 2 = ( x 1 + x 2 ) + j ( y 1 + y 2 ) graphisch: Vektoraddition Exponentialdarstellung: r 1 sin ϕ 1 + r 2 sin ϕ 2 r aus r 1 und r 2 mit Cosinussatz, tan ϕ = ---------------------------------------------r 1 cos ϕ 1 + r 2 cos ϕ 2 Subtraktion: Kartesische Koordinaten: z = z 1 – z 2 = ( x 1 – x 2 )+ j ( y 1 – y 2 ) ° graphisch: Vektoraddition mit um 180 gedrehtem Vektor Exponentialdarstellung: – r 2 ⋅ e dann wie Addition jϕ 2 = r2 ⋅ e j ( ϕ2 + π ) Multiplikation: Kartesische Koordinaten: Ausmultiplizieren Exponentialdarstellung: z = z1 ⋅ z2 = r 1 ⋅ e jϕ 1 ⋅ r2 ⋅ e jϕ 2 = r1 ⋅ r2 ⋅ e j ( ϕ1 + ϕ2 ) bildlich: Beträge multiplizieren, Phasen addieren. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 173 Division: Kartesische Koordinaten: Mühselig Exponentialdarstellung: jϕ 1 r 1 j ( ϕ1 – ϕ2 ) r1e z = z ⁄ z = ------------------ = ----- ⋅ e 1 2 jϕ 2 r 2 r2e bildlich: Beträge dividieren, Phasen subtrahieren. Wichtige Werkzeuge: Re e j ( ωt + ϕ ) * 2 = cos ( ωt + ϕ ) * z⋅z = r ; z⁄z = e e j⋅0 = 1; e jπ ⁄ 2 j ⋅ 2ϕ = j; e – jπ ⁄ 2 = –j; e jπ = e – jπ = –1 9.4.2 Komplexe Schwingung, komplexe Amplitude Im(a) a =  ⋅ e j ( ωt + ϕ ) =  ⋅ e jϕ 2π ω = -----T a α=ωt+ϕ  α Re(a) ⋅e jωt Die komplexe Größe a ist in Pfeilspitze eines mit Kreisfrequenz ω rotierenden Drehzeiger in der komplexen Ebene. Projektion des Drehzeigers a auf die reelle Bezugsachse: Re ( a ) =  ⋅ cos ( ωt + ϕ ) ist cosinusförmige Wechselgröße. Projektion des Drehzeigers a auf die imaginäre Bezugsachse: Im ( a ) =  ⋅ sin ( ωt + ϕ ) ist sinusförmige Wechselgröße. (vorwiegend in der Energietechnik) Durch Projektion der komplexen Schwingung a kann also jeder sinusförmige Wechselvorgang dargestellt werden wie durch Projektion reeller Drehzeiger. Seite 174 GET-Skript Wie bei reellen Drehzeigern erhält man durch Einfrieren zur Zeit t = 0 einen Zeiger. a ( t = 0 ) =  =  ⋅ e jϕ Dieser Zeiger in der komplexen Ebene  liefert wie ein reeller Zeiger vollständige Information hinsichtlich Phase und Amplijϕ tude.(  beschreibt nur Amplitude, e nur die Phase). Also:  =  ⋅ e a =  ⋅ e jϕ jωt Komplexe Amplitude Komplexe Schwingung a = Re ( a ) Wechselvorgang 9.4.3 Rechenvorteile bei komplexer Schreibweise Wechselspannungen, Wechselströme und daraus abgeleitete Größen sind reele Größen und Verknüpfungen dieser Größen über mathematische Operationen müssen aus physikalischen Gründen im Reellen durchgeführt werden, liefern also reelle Ergebnisse (rechte Spalte). Jedem Wechselvorgang ist aber eindeutig eine komplexe Schwinjωt gung a =  ⋅ e zugeordnet (Pfeil nach links), aus der umgekehrt durch Berechnung des Realteils der Wechselvorgang a =  cos ( ωt + ϕ ) hervorgeht (Pfeil nach rechts). Für die Operationen Addtion, Subtraktion, Multiplikation mit reellen Konstanten, Differentiation und Integration und bei linearen Netzen kann man zeigen, daß man das gleiche reelle Ergebnis erhält, wenn man die Operationen auf die komplexen Schwingungen, letztlich sogar auf die komplexen Amplituden (vgl. graph. Addition von Zeigern) anwendet (linke Spalte) und aus dem komplexen Ergebnis das reelle Ergebnis abliest. a = Âe jωt ← Addieren, Subtrahieren Multiplizieren mit Konstante Differenzieren, Integrieren komplexes Ergebnis → a =  cos ( ωt + ϕ ) Addiieren, Subtrahieren Multiplizieren mit Konstante Differenzieren, Integrieren reelles Ergebnis Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 175 Bei der Berechnung linearer Netze beschränken sich die Operationen auf die Kirchhoff‘schen Regeln und die Zweipolgleichungen ∑ uk = 0; k ∑ ik = 0 k u = R ⋅ i , u = Ldi ⁄ dt ; i = Cdu ⁄ dt bzw. Integrale darüber. Man benötigt also genau die Rechenoperation, für die man im Komplexen rechnen darf. Dies wird auch in der E-Technik häufig benutzt. Wir beschränken uns hingegen auf die Betrachtung der Realteile der komplexen Schwingung und leiten daraus weitere Ergebnisse ab. 9.4.4 Neue Beschreibung sinusförmiger Wechselgrößen Es ist gleichwertig zu schreiben a(t) =  cos ( ωt + ϕ ) und a(t) = Re  ⋅ e j ( ωt + ϕ ) jϕ jωt = Re  ⋅ e e = Re  ⋅ e jωt Für die Addition zweier Signale a1(t) und a2(t) gleicher Frequenz zu a(t) gilt dann a 1(t) + a 2(t) = a(t) = Re  1 ⋅ e jωt + Re  2 ⋅ e jωt = Re  ⋅ e jωt = Re (  1 +  2 ) ⋅ e jωt oder  =  1 +  2 Zeigeraddition, jωt wobei  =  ⋅ e Phase ϕ und Amplitude  des Summensignals a(t) beschreibt. Beim Differenzieren eines Signals a(t) erhält man jωt d d d ( t ) = ----- a ( t ) = ----- Re (  ⋅ e ) dt dt = Re ( jω ⋅  ⋅ e jωt ) = ReD̂ ⋅ e jωt oder D̂ = jω  . Der Zeiger D̂ des differenzierten Signals ist um π ⁄ 2 gegenüber dem Zeiger  vorgedreht und seine Länge ändert sich um den Faktor ω . Bei der Integration eines Signals a(t) erhält man Seite 176 GET-Skript i(t ) = ∫ a ( t ) dt = Re ∫ Âe jωt 1 jωt jωt dt = Re ------ Âe = Re ∫ Î e dt jω 1 oder Î = ------  . jω Der Zeiger Î des integrierten Signals ist um π ⁄ 2 gegenüber dem Zeiger  zurückgedreht und seine Länge teilt sich durch ω . Man kann also aus der komplexen Amplitude  eines Wechselvorgangs die komplexe Amplitude D̂ des differenzierten Wechselvorgangs bzw. die komplexe Amplitude Î des integrierten Wechselvorgangs direkt ablesen. da d = -----dt jIm a Re i = ∫ a dt Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand 9.5 Ideale Schaltelemente im Wechselstromkreis Die Darstellung von Wechselvorgängen im Komplexen bringt auch neue Aussagen über den Zusammenhang zwischen den komplexen Amplituden von Strom und Spannung an den Zweipolen R, L und C. 9.5.1 Der ohm‘sche Widerstand Es gilt: u R ( t ) = R ⋅ i R(t) , also ReÛ R e jωt = R ⋅ Re Î R e jωt = ReRÎ R e jωt durch Vergleich folgt dann Û R = R ⋅ Î R oder Û R ⋅ e jϕ u = R ⋅ Î R ⋅ e jϕ i also Û R = R ⋅ Î R und ϕ u = ϕ i . j Im Û R Î R ϕi=ϕu=ϕ Re Die Zeiger Î R und UˆR sind in Phase. Aus dem Strom-Zeiger wird durch Multiplikation mit dem Widerstand ein Spannungs-Zeiger, sodaß die Achsen wegen [ u ] ≠ [ i ] doppelt beschriftet werden müssen (eigentlich zwei Diagramme). 9.5.2 Die Induktivität Es gilt: d u L ( t ) = L ⋅ ----- i L ( t ) , also dt ReÛ L e jωt = Re jωLÎ L e jωt durch Vergleich erhält man Û L = jωL ⋅ Î L Seite 177 Seite 178 GET-Skript oder Û L ⋅ e jϕ u = jω ⋅ LÎ L ⋅ e = ω ⋅ LÎ L ⋅ e jϕ i = ω ⋅ LÎ L ⋅ e jϕ i ⋅e jπ ⁄ 2 j ( ϕi + π ⁄ 2 ) also Û L = jωL ⋅ Î L und ϕ u = ϕ i + π ⁄ 2 . j Im Î L Û L Re Multiplikation von Î L mit ωL ergibt Streckung und Multiplikation mit j gibt Drehung um π ⁄ 2 . Der Zeiger Û L der Spannung an einer Induktivität ist gegenüber dem Zeiger Î L des Stroms um π ⁄ 2 vorgedreht. Definition: X L = ωL Induktiver Blindenwiderstand Damit schreibt sich die Beziehung zwischen Strom und Spannung an einer Induktivität als Û L = j ⋅ X L ⋅ Î L (Formal wie Ohm‘sches Gesetz) 9.5.3 Der Kondensator Es gilt: d i C ( t ) = C ⋅ ----- ⋅ u C ( t ) also dt ReÎ C e jωt = Re jωCÛ C e jωt und durch Vergleich Î C = jωC ⋅ Û C oder Î C ⋅ e jϕ i = jω ⋅ CÛ C ⋅ e = ω ⋅ CÛ C ⋅ e jϕ u = ω ⋅ CÛ C ⋅ e j ( ϕu + π ⁄ 2 ) 1 also Û c = -------- ⋅ Î c und ϕ u = ϕ i – π ⁄ 2 . ωC jϕ u ⋅e jπ ⁄ 2 Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand j Im Î C Re Û C Der Zeiger Û c der Spannung an einem Kondensator ist gegenüber dem Zeiger Î c des Stroms um π ⁄ 2 zurückgedreht. Division von Î c durch ωC gibt Verkürzung und Division mit j gibt Drehung um – π ⁄ 2 . 1 Definition: X c = - -------- Kapazitiver Blindwiderstand ωC Damit schreibt sich die Beziehung zwischen Spannung und Strom an einer Kapazität Û c = j ⋅ X c ⋅ Î c (formal wie Ohm‘sches Gesetz) 9.5.4 Frequenzabhängige Widerstände In komplexer Schreibweise ist Û Û Û 1 1 R = ------R- ; jX L = jωL = ------L- ; jX c = j - -------- = ----------- = ------c ωC jωC Î R Î L Î c Während also R wie im Gleichstromfall konstant ist, ändert sich der induktive Blindwiderstand X L = ωL und der kapazitive Blindwiderstand X c = 1 ⁄ ( ωC ) mit der Kreisfrequenz ω . XL XC R ω Seite 179 Seite 180 GET-Skript 9.6 Netzwerke aus komplexen Widerständen 9.6.1 Komplexer Widerstand und komplexer Leitwert Maschengleichung für Wechselstromkreis Û R + Û L + Û c – Û = 0 Î Û R L Û R Û L C Û C Wegen Serienschaltung ist Î = Î R = Î L = Î C , also 1 1 Û = R ⋅ Î + jωL ⋅ Î + ----------- ⋅ Î = R + jωL + ----------- ⋅ Î jωC jωC Man erhält (wie gezeigt) die komplexe Amplituden Û auch durch vektorielles Addieren als graphische Lösung. . jIm ( Û , Î ) Û C Û L Û Î Û R Re ( Û , Î ) Zur Vereinfachung wählt man ϕ i = 0 . Man beachte den unterschiedlichen Maßstab für Strom und Spannung. Alle Spannungen sind in Betrag und Phase ablesbar. Man kann schreiben 1 Z = R + jωL + ----------- und Û = Z ⋅ Î (formal wie U = R ⋅ I ) jωC oder auch Û U Z = ---- = ---- ( U , I Effektivwert) I Î oder 1 Z = R + j ωL – -------- = R + jX L + jX C = R + jX ωC mit 1 X L = ωL , X c = - -------- , X = X L + X c ωC Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Nomenklatur: Z Impedanz, komplexer Widerstand, Scheinwiderstand R Resistanz, ohm‘scher Widerstand, Wirkwiderstand, XL Induktiver Blindwiderstand Xc Kapazitiver Blindwiderstand X Reaktanz, Blindwiderstand induktiv für X > 0 Blindwiders tan d X ist kapazitiv f ür X < 0 Auflösung der Gleichung Û = Z ⋅ Î nach Î ergibt 1 Î = --- ⋅ Û oder Î = Y ⋅ Û Z 1 mit --- = Y = G + jB Z Nomenklatur: Y Admittanz, komplexer Leitwert, Scheinleitwert G Konduktanz, Wirkleitwert B Suszeptanz, Blindleitwert Aus der graphischen Lösung läßt sich ablesen: Û U Z = ---- = ---- = I Î 2 2 X R + X und arg ( Z ) = ϕ u – ϕ i = atan ---R Î I 1 X Y = ---- = ---- = ----------------------- und arg ( Y ) = ϕ i – ϕ u = – atan ---U R 2 2 Û R +X Seite 181 Seite 182 GET-Skript 9.6.2 Serien- und Parallelschaltung komplexer Widerstände Reihenschaltung: Z 1 Z 2 ... Z n n n Û = ∑ Û i und Û i ∑ Z i = Î ⋅ Z = Z i ⋅ Î also Û = Î ⋅ i=1 i=1 n wobei Z = ∑ Z i , also i=1 Gesamtimpedanz = Summe der Teilimpedanzen Parallelschaltung: Y 1, Y 2 ... Y n n n Î = ∑ Î i und Î i = Y i ⋅ Û also Î = Û ⋅ ∑ Yi = Û ⋅ Y i=1 i=1 n wobei Y = ∑ Y i , also i=1 Gesamtadmittanz = Summe der Teiladmittanzen Zerlegung einer Impedanz Z Î als Reihenschaltung Û Z Î R Û R jX Û X Û Man zerlegt in eine Reihenschaltung von Resistanz mit Wirkspannung Û R und Reaktanz mit Blindspannung Û X jIm ( Û , Î ) Û Û X Û R Î Re ( Û , Î ) Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 183 Zerlegung einer Admittanz Y Î Î als Parallelschaltung Û Y Û Î B Î G G jB Man zerlegt in eine Parallelschaltung von Konduktanz mit Wirkstrom Î G und Suszeptanz mit Blindstrom Î B jIm ( Û , Î ) Î Î B Î G Û Re ( Û , Î ) Ersatzquellen Zur Berechnung größerer Netzwerke aus R, L, C ist Darstellung des allgemeinen Zweiges k erforderlich, der aus Impedanz Z k , bzw. Admittanz Y k und einer Wechselspannungsquelle Û 0k bzw. einer Wechselstromquelle Î 0k besteht. Für Spannungsquelle: Û k = Z k ⋅ Î k + Û 0k Û k Î k Zk Û 0k Für Stromquelle: Î k = Y k ⋅ Û k + Î 0k Û k Î k Yk Î 0k Für Zweig ohne Quellen ( Û 0k = Î 0k = 0 ) Û k = Ẑ k ⋅ Î k bzw. Î k = Y k ⋅ Û k Seite 184 GET-Skript D.h. für lineare Netze im eingeschwungenen Zustand gelten gleiche Zweipolgleichungen wie bei Netzwerken mit Gleichstrom. Es wurde bereits gezeigt, daß auch die Kirchhoff‘schen Regeln wie im Gleichstromfall weiterhin gelten. Damit sind alle Voraussetzungen gegeben, die bei der Erstellung von Netzwerksanalyseverfahren im Gleichstromfall verwendet wurden. Die Analyseverfahren sind also (unter Verwendung der komplexen Schreibweise) weiterhin gültig und auf Wechselstromnetze übertragbar. 9.7 Ortskurven Bisher: Komplexe Darstellung von Schaltungen mit festen Werten von R, L, C und festem ω . Jetzt: Funktionale Abhängigkeit einer komplexen Größe von der Größe einer Variablen, z. B. - Impedanz als Funktion der Frequenz: Z = Z ( ω ) - Admittanz als Funktion der Werte eines Schaltelementes: Y = Y ( R ) ; Y = Y ( L ) oder Y = Y ( C ) Bei reellen Darstellungen ist Funktionsdarstellung als Graph üblich, z.B. 1 X c = X c ( ω ) = - -------ωC XC ω Wollte man auf gleiche Weise eine komplexe Größe darstellen, z.B. Z = R + jX ( ω ) = Z ( ω ) , so wäre eine dritte Dimension nötig (1. Achse für ω , 2. Achse für R , 3. Achse für jX ). Eine solche Darstellung ist auf Papier ungünstig. Man bleibt deshalb bei zweidimensionalen Darstellungen und trägt nur die Ergebnisse in der komplexen Ebene auf. Da für benachbarte Werte der unabhängigen Variablen auch die Ergebnisse Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand i.A. benachbart sind ist der geometrische Ort aller Ergebnisse eine glatte Kurve, die sog. Ortskurve. Es genügt deshalb einige Ergebnisse zu berechnen, sie zu verbinden und so die Ortskurve zu zeichnen. Um zu kennzeichnen, welcher Punkt der Ortskurve zu welchem Wert der unabhängigen Variablen gehört, schreibt man deren Wert an einige wichtige Punkte der Ortskurve. Ist das komplexe Ergebnis, z.B. Z , Y , Û , Î eine linear gebrochen rationale Funktion der unabhängigen Variablen, z.B. von ω, R, L, C , so ist die Ortskurve immer ein Kreis. Dabei ist zu beachten, daß auch eine Gerade als Kreis gilt (Grenzfall für Radius r → ∞ ). - Alle Abhängigkeiten der Größen Z , Y , Û , Î von den Größen der Schaltelemente R, L, C sind linear gebrochen rationale Funktionen, also Ortkurven stets Abschnitte von Kreisen oder Geraden. - Aber: Die Abhängigkeit der Größen Z , Y , Û , Î von der Frequenz sind nur in einfachen Fällen linear gebrochen rational, also im allgemeinen kein Kreis. Beispiele für Ortskurven: Impedanz einer Serienschaltung von R und L Z = Z ( ω ) = R + jωL jIm (Z) Z(ω) ω ω=0 Re (Z) R Impedanz einer Serienschaltung von R und C j Z = Z ( ω ) = R – -------ωC jIm (Z) Re (Z) R ω→∞ Z(ω) ω Seite 185 Seite 186 GET-Skript Impedanz einer Serienschaltung von R, L und C 1 Z = Z ( ω ) = R + j ωL – -------- ωC jIm (Z) ω Z(ω) ω0 R Re (Z) ω Eine wichtige Rolle spielt die Frequenz ω = ω 0 = 1 ⁄ LC , bei der ωL = 1 ⁄ ( ωC ) , also Im ( Z ) = 0 ist. Admittanz einer Serienschaltung von R und L Y ( ω ) = 1 ⁄ ( R + jωL ) Man kann entweder die Werte von Y ( ω ) direkt berechnen und die Ortskurve zeichnen, oder die Beziehung Y ( ω ) = 1 ⁄ Z ( ω ) nutzen, um die Ortskurve der Admittanz aus der bekannten Ortskurve für die Impedanz zu konstruieren. Weil Z = Z ( ω ) = R + jωL = Z ⋅ e jϕ 1 - jϕ , ist Y = ------ ⋅ e , also Z Y = 1 ⁄ Z und ϕ Y = -ϕ Z ; Damit läßt sich aus einem Punkt Z , ϕ Z in der Impedanz-Ebene der zugehörige Punkt Y , ϕ Y in der Admittanz-Ebene konstruieren. Weil Y ( ω ) eine linear gebrochen rationale Funktion ist, muß die Ortskurve ein Kreis-Stück sein und es gilt: - Z reell → Y reell 1 - Z = R ist kleinstes Z → , also Y = --- ist größtes Y R - Z → ∞ ergibt Y = 0 - Punkte der Ortskurve mit ω = 0 und ω → ∞ müssen auf der reellen Achse (einschließlich unendlich fernem Punkt!) liegen. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand - Tangente bei Im ( Y ) = 0 und bei Re ( Y ) = G steht ⊥ zur reellen Achse - Punkt G ⁄ 2 ist Kreismittelpunkt. Zu einer vollständigen Ortskurve gehört die Beschriftung mit einigen Werten der unabhängigen Variablen (z.B. ω = 0 , ω → ∞ ) jIm(Y) G ω=0 Re(Y) Y(ω) ω ω→∞ Ähnlich können auch folgende Ortskurven konstruiert werden: Admittanz einer Serienschaltung von R und C jIm(Y) ω ω→∞ Y(ω) ω=0 G Re(Y) Admittanz einer Serienschaltung von R, L und C jIm(Y) ω=0 ω Y(ω) G ω→∞ ω ω0 Re(Y) Seite 187 Seite 188 GET-Skript Weiteres Beispiel: Admittanz der Parallelschaltung zweier RC -Serienschaltungen R1 C1 R2 C2 j j - Bestimme Z 1 ( ω ) = R 1 – ----------- ; Z 2 ( ω ) = R 2 – ----------ωC 1 ωC 2 1 1 - Daraus Y 1 ( ω ) = --------------- , Y 2 ( ω ) = --------------Z 1(ω) Z 2(ω) - Aus den Ortskurven für Y 1 ( ω ) und Y 2 ( ω ) Konstruktion der Ortskurve Y ( ω ) = Y 1 ( ω ) + Y 2 ( ω ) durch punktweise (vektorielle) Addition Y (ω) jIm(Y) ω 5 10 10 25 1 Y 1(ω) Y 2(ω) + G 1 ω→∞ Re(Y) Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 189 9.8 Wechselstrommeßbrücken Z1 U0 C Z2 U CD Z3 D Z4 Z Z U CD = 0 wenn -----1- = -----3- oder Z 1 Z 4 = Z 2 Z 3 Z2 Z4 Aufgabe der Meßbrücke Z 1 sei unbekannt. Mit Änderung einer der Impedanzen Z 2, Z 3, Z 4 Gleichgewicht U CD = 0 herstellen (Abgleich) und aus Z 2, Z 3, Z 4 das Unbekannte Z 1 bestimmen. Weil U C in Betrag und Phase mit U D übereinstimmen muß, muß beim Abgleich Realteil ( R ) und Imaginärteil ( X ) einer der bekannten Impedanzen eingestellt werden. Bei Abgleich ( U CD = 0 ) ist: Z2 Z 1 = --------- ⋅ Z 3 und ϕ 1 = ϕ 2 + ϕ 3 – ϕ 4 Z4 Häufig vereinfacht man durch: Z 2 = R 2 und Z 3 = R 3 . Dann erhält man die Abgleichbedingung R2 R3 und ϕ 1 = – ϕ 4 . Z 1 = -----------Z4 Wegen ϕ 1 = – ϕ 4 muß Z 4 kapazitiv sein, wenn Z 1 induktiv ist (und umgekehrt) Seite 190 GET-Skript 9.8.1 Maxwellbrücke ( Z ind ) unbekannt L1 R2 R1 U0 R3 C4 R4 j Hier ist Z 4 = R 4 || ----------ωC 4 Es gilt: ωL ϕ 1 = arg ( Z 1 ) = atan ---------1- und R1 ωC ϕ 4 = arg ( Z 4 ) = – arg ( Y 4 ) = – atan ----------4G4 ωL ωC Wegen ϕ 1 = – ϕ 4 gilt atan ---------1- = atan ----------4- = atan ωC 4 R 4 R1 G4 ωL ωC L Durch Vergleich: ---------1- = ----------4- oder -----1- = C 4 R 4 R1 G4 R1 Für die Beträge gilt: Z 1 ⋅ Z 4 = R 2 ⋅ R 3 oder R 1 + jωL 1 1 + jω ( L 1 ⁄ R 1 ) - = R 1 R 4 -----------------------------------R 2 ⋅ R 3 = ---------------------------1 1 + jω ( C 4 R 4 ) ------ + jωC 4 R4 L Bei Abgleich ist wegen -----1- = C 4 ⋅ R 4 (s. o.) der Quotient auf der R rechten Seite = 1 , also 1 R2 ⋅ R R 1 = ----------------3 und L 1 = C 4 R 4 R 1 = C 4 R 4 R 2 R 3 ⁄ R 4 = C 4 R 2 R 3 R4 Damit lautet die Abgleichbedingung für die Maxwell-Brücke R2 R3 R 1 = ------------ ; L 1 = C 4 R 2 R 3 R4 Der Abgleich ist unabhängig von der Betriebsspannung und unabhängig von ω . Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 191 9.8.2 Frequenzmeßbrücke nach Wien-Robinson ( ω ) C1 R1 U0,ω R2 R3 C3 R4 Hier wählt man Z 2 = R 2 , und Z 4 = R 4 R 1 und R 3 sind einstellbar. Es gilt: 1 ϕ 1 = arg ( Z 1 ) = – arg ------ = – atan ( R 1 ωC 1 ) Z 1 1 ϕ 3 = arg ( Z 3 ) = – atan ----------------ωC 3 R 3 2 1 Wegen ϕ 1 = ϕ 3 → ωR 1 C 1 = ----------------- also ω R 1 R 3 C 1 C 3 = 1 ωC 3 R 3 Für die Beträge gilt: Z3 R R 3 + 1 ⁄ ( jωC 3 ) ( R 3 jωC 3 + 1 ) ( 1 + R 1 jωC 1 ) -----4- = -------- = ---------------------------------------- = ----------------------------------------------------------------------R2 Z1 1 jωC 3 ⋅ R 1 --------------------------------1 ⁄ R 1 + jωC 1 2 1 + jωR 1 C 1 + jωR 3 C 3 – ω R 1 R 3 C 1 C 3 = -------------------------------------------------------------------------------------------------R 1 jωC 3 jω ( C 3 R 3 + C 1 R 1 ) = ----------------------------------------------= R3 ⁄ R1 + C 1 ⁄ C 3 R 1 jωC 3 Mit R 1 = R 3 = R (Tandempotentiometer) und C 1 = C 3 fest vereinfacht sich das Ergebnis weiter zu R 4 ⁄ R 2 = R 3 ⁄ R 1 + C 1 ⁄ C 3 = 2 und es wird R 4 = 2R 2 2 2 2 Mit dieser Beschaltung ist ω = 1 ⁄ ( R 1 R 3 C 1 C 3 ) = 1 ⁄ ( R C ) d.h. man kann mit der Wien-Robinson-Brücke ω bestimmen zu 1 ω = -------RC Seite 192 GET-Skript 9.9 Schwingkreise Ortskurve für Serienschaltung R, L, C zeigte: Z hat Minimum bei 1 Z = R , d.h. bei -------- = ωL und damit bei der Frequenz ωC ω 0 = 1 ⁄ LC . Mit dieser Frequenz ω 0 würde bei geschlossenem Kreis die Energie vom Kondensator zur Spule pendeln und dabei im Laufe der Zeit vom Widerstand R in Wärme umgesetzt werden. I R L UR UL 1 C UC U 2 Diese Schaltung kann also mit Frequenz ω 0 freie Schwingungen ausführen und heißt Serienschwingkreis. Wegen der Energieverluste im Widerstand wird die Amplitude mit der Zeit kleiner (gedämpfte Schwingung). Man kann diese Schwingungen nicht mit den von uns betrachteten Mitteln der komplexen Schreibweise analysieren, weil der Zeiger im Verlauf der Zeit seine Länge ändern würde. Wir benutzen deshalb einen reellen Ansatz mit Differentialgleichungen. Um die Lösung zu vereinfachen, betrachten wir zunächst einen Schwingkreis ohne Energieverlust (R = 0). Einfacher Kreis mit Induktivität und Kapazität uL L C uC Der Kondensator sei aufgeladen auf u c = U 0 . Bei t = 0 wird der Schalter geschlossen. Dann gilt di u L + u C = 0 oder L ----- + u C = 0 dt Nach beidseitiger Division durch L und Ableiten nach t gilt 2 du 1 i d i ------2- + ------- ⋅ i = 0 mit --------C- = ---LC dt C dt Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Diese Differentialgleichung beschreibt den harmonischen Oszillator. Lösungen sind: i 1 ( t ) = k 1 ⋅ cos ω 0 t ; i 2 ( t ) = k 2 ⋅ sin ω 0 t Beweis: zweimal differenzieren: 2 2 d i1 d i 2 k cos ω t = – ω 2 i ähnlich ---------2- = – ω 2 ⋅ i --------= – ω 0 1 0 0 1 0 2 2 2 dt dt Einsetzen in Dgl. des harmonischen Oszillators: 1 1 1 – ω 02 i 1, 2 + ------- ⋅ i 1, 2 = 0 oder ω 02 = ------- bzw. ω 0 = --------------LC LC ± LC Also Lösung allgemein: i ( t ) = k 1 cos ω 0 t + k 2 sin ω 0 t Anfangsbedingungen: i ( 0 ) = 0 ; u C ( 0 ) = U 0 di also L ----dt = –U 0 → k 1 = 0 t=0 d und L ----- ( k 2 sin ω 0 t ) dt t=0 = –U 0 also Lω 0 k 2 = – U 0 –U C → k 2 = ---------0- = – U 0 ⋅ ---ω0 L L Endgültige Lösung für die obige spezielle Schaltung: C i ( t ) = – U 0 ---- ⋅ sin ω 0 t L di u c ( t ) = – L ----- = U 0 ⋅ cos ω 0 t dt Energiebetrachtung: 1 1 2 W E = --- Cu c2 = --- CU 02 ⋅ cos ω 0 t 2 2 1 2 1 2 W M = --- Li = --- CU 02 ⋅ sin ω 0 t 2 2 1 1 2 2 W E + W M = --- ⋅ CU 02 ( cos ω 0 t + sin ω 0 t ) = --- CU 02 2 2 Ergebnis: Die Summe der Energie ist also konstant und gleich der ursprünglichen Energie auf Kondensator. Zu bestimmten Zeitpunkten ist diese Energie nur in C oder nur in L. Die freien Schwingungen sind sinusförmig. Seite 193 Seite 194 GET-Skript Erzwungene Schwingungen Mit einer Quelle der Frequenz ω zwischen Klemme 1 und 2 werden Schwingungen der beliebigen Frequenz ω erzwungen. Auch bei erzwungenen Schwingungen ist Z = Z ( ω 0 ) die kleinste Impedanz und somit hat die Schwingungsamplitude bei ω 0 ein Maximum (Resonanz) Resonanz: Ein schwingungsfähiges System wird mit der Frequenz ω 0 erregt, bei der es (ohne Quelle) freie Schwingungen ausführen würde. Als Resonanzfrequenz bezeichnet man ω 1 f 0 = -----0- = ------------------2π 2π LC a) Serienschwingkreis bei Resonanz: jIm U = UR UC UL Î Re U L + U C = 0 und damit X 0 = 0 Quelle deckt nur Verluste in R . Mit R = 0 bleibt W ja konstant und schwingt von L ↔ C (s.o.) Bei festem U der Spannungsquelle ist I = U ⁄ R groß bei kleinem R . Spannung an L, C wird bestimmt durch: 1 LC ω 0 L = ----------- = ------------ = ω0 C C L ---- = Z 0 C Z 0 heißt Kennwiderstand. Das Verhältnis Q = U L ⁄ U = U C ⁄ U heißt Güte des Schwingkreises. U I⋅Z Z ω0 L 1 Q = ------L- = ------------0- = -----0- = --------- = --------------U I⋅R R R RCω 0 Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 195 b) Serienschwingkreis außerhalb der Resonanz: Bei beliebigem ω ist 1 ω ω Z = R + j ω ⋅ L – -------- = R + jZ 0 ⋅ ------ – -----0- ωC ω0 ω ω ω = R ⋅ 1 + jQ ⋅ ------ – -----0- ω0 ω Definitionen: ω f ------ = ----- = ν f0 ω0 ω ω ------ – -----0- = v ω0 ω 1 ---- = d Q Q⋅v = Ω normierte Frequenz ( ν = 1 bei Resonanz) Verstimmung Dämpfungsfaktor normierte Verstimmung In dieser Schreibweise ist: Z = R ⋅ [ 1 + jQ ⋅ v ] = R ⋅ [ 1 + jΩ ] oder Z --- = 1 + jΩ R Resonanzkurven Hat die Quelle feste Spannung und frei wählbare Frequenz ω , so läßt sich aus den obigen Beziehungen für Z = Z ( ω ) , Z = Z ( v ) und Z = Z ( Ω ) auch der Strom I = I ( ω ) , I = I ( v ) und I = I ( Ω ) als Funktion der Frequenz berechnen. Man kann sowohl die Beträge des Stroms, als auch die Phase des Stroms über den Variablen ω, v oder Ω auftragen und erhält die sog. Resonanzkurven. Hier: Betrachtung der Effektivwerte I mit Betrag I. I für alle U ω0 ω Seite 196 GET-Skript I (ω) = U ⁄ Z (ω) Auch bei festem Q, ω 0 erhält man unterschiedliche Kurven für unterschiedliche Quellspannungen U Deshalb Normierung auf I ⁄ I 0 I ---I0 1 für alle ω0 ω Z ( ω0 ) U Z ( ω0 ) I (ω) I (ω) Weil ----------- = -------------- = --------------- ⋅ ------------- = -------------- , erhält man U Z (ω) I ( ω0 ) I0 Z (ω) bei festem Q unterschiedliche Kurven für unterschiedliche ω 0 ω Deshalb Normierung auf ------ = ν ω0 I ---I0 1 Q groß Q klein ν ν1 ν=1 ν2 Man erhält immer noch unterschiedliche Kurven für unterschiedliche Werte von Q. 1 Deshalb Auftragen über Ω = ν – --- ⋅ Q ν I ---I0 1 −1 I 1 ---- = ------I0 2 +1 Ω Bei Darstellung von I ⁄ I 0 = f ( Ω ) gilt gleiche Kurve I ⁄ I 0 für - alle Spannungen U - alle Resonanzfrequenzen ω 0 - alle Kreisgüten Q Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Diese Darstellung ist symmetrische zu Resonanz bei Ω = 0 1 I ⁄ I 0 = Z ( ω 0 ) ⁄ Z ( ω ) = 1 ⁄ 1 + jQ ν – --- oder ν 1 I ⁄ I 0 = ---------------1 + jΩ ν Ω I ⁄ I0 0 –∞ 0 ν1 –1 1⁄ 2 ν0 0 1 ν2 +1 1⁄ 2 +∞ +∞ 0 Bei ν = ν 1 und ν = ν 2 ist U = U C = U L Bandbreite B = f 2 – f 1 ist die Breite der Resonanzkurve zwischen den Stellen f 1 und f 2 , bei der das Verhältnis I ⁄ I 0 = 1 ⁄ 2 ist. 1 I 1 ---- = -------------------- = ------- oder Ω = ± 1 I0 2 2 1+Ω Für große Q (schmale Resonanzkurven) gilt näherungsweise in der Umgebung ν ≈ 1 2 ν –1 (ν + 1) ⋅ (ν – 1) 1 Ω = Q ⋅ ν – --- = Q ⋅ -------------- = Q ⋅ ------------------------------------- ν ν ν bei ν ≈ 1 ist ( ν + 1 ) ≈ 2 und 1 ⁄ ν ≈ 1 , also Ω = 2Q ⋅ ( ν – 1 ) Die Frequenzen ν 1, ν 2 bei denen Ω = ± 1 ist erhält man aus 1 +1 ≈ 2Q ⋅ ( ν 2 – 1 ) zu ν 2 ≈ ------- + 1 2Q 1 – 1 ≈ 2Q ⋅ ( ν 1 – 1 ) zu ν 1 ≈ – ------- + 1 und 2Q f2 – f1 B ν 2 – ν 1 = ----------------= ----f0 f0 B ⁄ f 0 = ν 2 – ν 1 heißt auch Normierte Bandbreite Seite 197 Seite 198 GET-Skript Phasenverlauf I ⁄ I0 = f (ν) Anstelle von kann man auch atan ( I ⁄ I 0 ) = atan ( I ⁄ I 0 ) = f ( ν ) auftragen und erhält den Phasenverlauf. arg(I ⁄ I 0) π/2 Q→∞ Q groß π/4 0 ν1 −π/4 −π/2 +1 ν2 ν oder atan ( I ⁄ I 0 ) = f ( Ω ) arg(I ⁄ I 0) π/2 π/4 +1 Ω -1 −π/4 −π/2 Der Parallelschwingkreis Parallelschaltungen von R, L, C sind ebenfalls schwingungsfähig. I U IR IL IC 1 Y = G + j ωC – ------- ωL Weitere Aussagen über den Parallelschwingkreis erhält man - entweder durch Ausrechnen (wie bei Serienschwingkreis) - oder durch Einsetzen dualer Größen, also durch Ersetzen von Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Seite 199 Z ↔ Y , R ↔ G, L ↔ C, U ↔ I Dann wird aus der bekannten Beziehung für die Impedanz des Serienschwingkreises die Beziehung für die Admittanz des Parallelschwingkreises. 1 Z = R + j ωL – -------- ωC 1 ↔ Y = G + j ωC – ------- ωL Gleichungen, die durch solche Vertauschung ineinander übergehen, heißen duale Gleichungen. Sie haben (aus formalen Gründen) duale Lösungen. Insbesondere gilt Reihenschwingkreis Parallelschwingkreis ω 0 = 1 ⁄ LC ω 0 = 1 ⁄ LC 1 Z 0 = ω 0 L = ----------- = ω0 C L ---C 1 Y 0 = ω 0 C = ---------- = ω0 L C ---L Q = Z0 ⁄ R Q = Y0 ⁄ G ω ω Z = R 1 + jQ ------ – -----0- ω0 ω ω ω Y = G 1 + jQ ------ – -----0- ω0 ω Z ⁄ R = 1 + jΩ Y ⁄ G = 1 + jΩ I ⁄ I 0 = 1 ⁄ ( 1 + jΩ ) U ⁄ U 0 = 1 ⁄ ( 1 + jΩ ) Bei Resonanz U = UR I = IG eventuell wird U L = –U C » U R eventuell wird I C = –I L » I G Seite 200 GET-Skript 9.10 Leistung im Wechselstromkreis 9.10.1 Zeitabhängige Leistung Bei Gleichstrom war Leistung P gegeben durch P = U ⋅ I Bei Wechselstrom ist nun u = u ( t ) und i = i ( t ) zeitlich veränderlich und damit auch p ( t ) = u ( t ) ⋅ i ( t ) zeitabhängig. Dies gilt auch bei sinusförmigen Wechselgrößen und es ist: p ( t ) = Û ⋅ cos ( ωt + ϕ u ) ⋅ Î cos ( ωt + ϕ i ) Je nach Phasenlage zwischen u ( t ) und i ( t ) ist p ( t ) positiv oder negativ. Für die Berechnung der im zeitlichen Mittel erzeugten Leistung interessiert deshalb der arithmetische Mittelwert p Gleichanteil ωt u ωt i ωt - Schaltung nimmt Leistung auf, solange p(t) > 0 und - Schaltung gibt Leistung ab, solange p(t) < 0 ist Schreibt man u(t) = ReÛ ⋅ e p(t) = u(t) ⋅ i(t) = ReÛ ⋅ e jωt jωt und i(t) = ReÎ ⋅ e ⋅ ReÎ ⋅ e jωt , so ist jωt Gleichanteil – j ωt 1 – j ωt jωt 1 jωt 1 1 = --- Û ⋅ e + --- Û ∗ ⋅ e ⋅ --- Î ⋅ e + --- Î ∗ ⋅ e 2 2 2 2 – j 2ωt j2ωt 1 ∗ ∗ 1 1 1 = --- Û Î ∗ + --- Û ∗ Î + --- Û Î ⋅ e + --- Û Î ⋅ e 4 4 4 4 j2ωt 1 1 --- ReÛ Î ∗ + --- ReÛ Î ⋅ e 2 2 Wechselanteil Man sieht dann, daß einem zeitlich konstanten Anteil, dem Gleichanteil, ein zeitlich veränderlicher Wechselanteil mit doppelter Fre- Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand quenz überlagert ist. Der Gleichanteil entspricht also dem gesuchten arithmetischen Mittelwert und man nennt ihn Wirkleistung P. 2π j ( ϕu – ϕi ) 1 1 1 P = ------ ∫ p ( ωt ) dωt = --- ReÛ Î ∗ = --- ReÛ Î ⋅ e 2π 2 2 0 1 = --- Û Î cos ( ϕ u – ϕ i ) 2 Bezeichnet man die Phasendifferenz mit ϕ = ϕ u – ϕ i und benutzt man die Effektivspannung U = Û ⁄ 2 bzw. den Effektivstrom I = Î ⁄ 2 , so ist 1 P = p = --- Û ⋅ Î ⋅ cos ϕ = U ⋅ I ⋅ cos ϕ die Wirkleistung 2 Die Wirkleistung ist die von der Schaltung im Mittel aufgenommene Leistung. Sie ist abhängig von Amplitude und Phase. 9.10.2 Spezialfälle: Rein ohm‘sche, induktive oder kapazitive Schaltelemente Betrachtung des Gleichanteils: Wirkleistung an einem ohm‘schen Widerstand R: ϕ = 0 , also 2 2 P = U⋅I = I R = U ⁄R P an R schreibt sich also wie im Gleichstromfall, wenn man Effektivwerte U und I benutzt. Wirkleistung an einer Induktivität oder Kapazität: ϕ = ± π ⁄ 2 und P = U ⋅ I ⋅ cos ϕ = 0 D.h. die Wirkleistung an Induktivität und Kapazität ist stets Null. Betrachtung des Wechselanteils: Der Wechselanteil der Leistung p ( t ) ist der Teil der Leistung, der periodisch in einer Kapazität oder einer Induktivität gespeichert und an den Generator zurückgegeben wird. Diese Leistung heißt Blindleistung und pendelt ständig zwischen Blindwiderstand X und Quelle hin und her. Diese „Wechselleistung“ ist unerwünscht; denn sie leistet keine Arbeit und belastet die Leitungen mit Strom. Wegen ϕ i = ϕ u ± π ⁄ 2 gilt bei reiner Belastung mit L und C, also bei P = 0 Seite 201 Seite 202 GET-Skript jϕ u j ( ϕ ±π ⁄ 2 ) j2ωt 1 1 p ( t ) = --- ReÛ Î ⋅ e = --- ReÛ Î ⋅ e ⋅ e u 2 2 1 = − + --- Û Î ⋅ sin 2 ( ωt + ϕ u ) 2 Definitionsgemäß bezeichnet man die Amplitude dieser Wechselleistung als die Blindleistung Q, also 1 Q = ± --- Û ⋅ Î = − + U ⋅ I bei rein kapazitiver der induktiver Last. 2 Dabei ist Q > 0 bei induktiver Last und Q < 0 bei kapazitiver Last. 9.10.3 Beliebige Impedanz Da bei ohm‘schen Widerständen ausschließlich Wirkleistung, bei kapazitiven und induktiven Bauteilen ausschließlich Blindleistung auftrat, soll untersucht werden, ob sich bei beliebigen Impedanzen die Leistung als Überlagerung beider Komponenten beschreiben läßt. jIm ( Û , Î ) Û Î W ϕ Î ϕu ϕ i Î B Re ( Û , Î ) Wir teilen dazu den Strom Î in - Wirkstrom Î W mit ϕ u – ϕ iW = 0 und - Blindstrom Î B mit ϕ u – ϕ i B = ± π ⁄ 2 auf. Im Zeigerdiagramm ist j ( ϕ ±π ⁄ 2 ) . Î B = Î sin ϕ ⋅ e u dann Î W = Î cos ϕ ⋅ e jϕ u und Berechnet man nun aus den einzelnen Stromkomponenten die Leistungen i W ⋅ u und i B ⋅ u , so ergibt sich: Für den Wirkstrom – j ϕu jϕ 1 1 P W = ( i W ⋅ u ) = --- ReÛ Î W ∗ = --- ReÛ e u Î cos ϕ ⋅ e 2 2 1 = Î ⋅ Û cos ϕ = --- I ⋅ U cos ϕ = P 2 D.h. der Wirkstrom erzeugt die bekannte Wirkleistung P. Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand Für den Blindstrom j2ωt 1 1 p ( t ) = i B ⋅ u = --- ReÛ Î B∗ + --- ReÛ Î B ⋅ e 2 2 – j ϕu jϕ 1 ± jπ ⁄ 2 = --- Re ( Û e u Î sin ϕ ⋅ e ⋅e ) 2 j2ϕ u 1 j2ωt ± jπ ⁄ 2 + --- Re ( Û Î sin ϕ ⋅ e ⋅e ⋅e ) 2 j ( 2ωt + 2ϕ u ± jπ ⁄ 2 ) 1 1 ± jπ ⁄ 2 = --- Û Î sin ϕ ⋅ Re ( e ) + --- Û Î sin ϕ ⋅ Re ( e ) 2 2 1 = 0− + --- Î ⋅ Û ⋅ sin ϕ ⋅ sin 2 ( ωt + ϕ u ) 2 d.h. die aus dem Blindstrom errechnete Leistung ist eine reine Wechselgröße mit i B ⋅ u = 0 , deren Amplitude die Blindleistung Q jetzt bei beliebiger Impedanz beschreibt 1 Q = --- Î ⋅ Û ⋅ sin ϕ = I ⋅ U ⋅ sin ϕ 2 wobei wieder bei induktiver Last sin ϕ > 0 , bei kapazitiver Last sin ϕ < 0 ist. Man darf also i in i B und i W aufspalten und erhält aus u ⋅ i W = P die Wirkleistung, aus u ⋅ i B die Amplitude Q der Blindleistung. 9.10.4 Die Scheinleistung S Legt man in dem (reellen) Zeigerdiagramm den Zeitpunkt t = 0 so, daß die Spannungszeiger auf die waagerechte Bezugsachse fällt und trägt die Effektivwerte U und I auf, dann erhält man I B = I sin ϕ I ϕ U I W = I cos ϕ Multipliziert man nun alle Stromzeiger I , I w und I B mit U , so werden diese nur um den Faktor U gestreckt (beachte: ϕ u = 0 ) und haben die Längen P, Q und S Seite 203 Seite 204 GET-Skript Q = UI sin ϕ UI = S ϕ P = UI cos ϕ Man nennt das Produkt U ⋅ I = S Scheinleistung. Weil sich aus der Scheinleistung durch Multiplikation mit cos ϕ die Wirkleistung berechnen läßt, heißt cos ϕ auch Wirkfaktor. Es ist also P = S ⋅ cos ϕ ; Q = S ⋅ sin ϕ Man kann diese Diagramme ( ϕ u = 0 ) auch in der komplexen Ebene aufzeichnen. Man erhält für die Scheinleistung eine komplexe Größe S mit dem Realteil P und dem Imaginärteil Q . jIm(S) Q = Im(S) S = P + jQ ϕ P = Re(S) Re(S) Die Länge S = S ist wie in der reellen Schreibweise 1 S = U ⋅ I = --- Û ⋅ Î = 2 2 P +Q 2 Die Richtung von S ist weiterhin ϕ . Damit läßt sich S schreiben als S = U⋅I⋅e = U⋅e jϕ u jϕ = U⋅I⋅e ⋅I⋅e Mit U = U ⋅ e jϕ u j ( ϕu – ϕi ) – jϕ i * und I = I ⋅ e * 1 * S = U ⋅ I = --- Û ⋅ Î 2 – jϕ i ergibt sich Lineare Netze im eingeschwungenen Zustand und * 1 * P = Re ( U ⋅ I ) = --- Re ( Û ⋅ Î ) oder 2 * 1 1 * * * P = --- ( U ⋅ I + I ⋅ U ) = --- ( Û ⋅ Î + Î ⋅ U ) 2 4 * 1 * Q = Jm ( U ⋅ I ) = --- Jm ( Û ⋅ Î ) 2 Zur symbolischen Unterscheidung verwendet man für P bzw. für S und Q unterschiedliche Einheiten, nämlich [ P ] = Watt und [ S ] = [ Q ] = Voltampere . Seite 205 Seite 206 GET-Skript 10 Lineare Zweipole und Zweitore 10.1 Grundüberlegung Bisher: Beliebige Zusammenschaltung von R, L, C ; individuelle Betrachtungsweise; keine für alle Schaltungen allgemeingültige Aussagen. Hier: Nur zwei Klassen von Schaltungen betrachten; allgemeine Betrachtungsweise durch allgemeine Kenngrößen; damit für beide Klassen allgemeingültige Aussagen. I I1 U I2 U1 I Eintor (Zweipol) 1 lineare Gleichung U2 I3 I4 Zweitor (allgemein Vierpol) 2 lineare Gleichungen (Matrix) Wie betrachten also die Zweipole (Eintore), die durch zwei Koeffizienten einer linearen Gleichung beschrieben sind und eine spezielle Klasse der Vierpole (die Zweitore), die durch die Koeffizientenmatrix eines Systems von zwei linearen Gleichungen beschrieben werden. Alle weiteren Betrachtungen erfolgen für - den quasistationären Zustand - den eingeschwungenen Zustand und für - lineare Zweipole bzw. Vierpole Beispiele für Zweipole: Impedanzen, Ersatzspannungsquellen, Ersatzstromquellen Beispiele für Vierpole: Spannungsteiler, Filter, Übertrager, Transformatoren usw. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 207 10.2 Leistungsberechnung an linearen Zweipolen Lineare Zweipole wurden bereits bei den Gleichstromschaltungen behandelt. Bei Zweipolen im Wechselstromkreis gibt es lediglich zur Leistungsberechnung einige Nachträge: Passive Zweipole: Es ist U L = U K = 0 , d.h. passive Zweipole werden beschrieben durch U = Z ⋅ I oder I = Y ⋅ U , also durch eine einzige Konstante Z oder Y . Bei physikalisch realisierbaren passiven Zweipolen, darf die Leistung P nicht negativ sein, also 1 * * P = --- ( I ⋅ U + U ⋅ I ) > 0 2 * * * und mit U = Z ⋅ I bzw. U = Z ⋅ I wird * Z+Z 1 2 2 P = I ⋅ I ⋅ ---------------- = --- I ⋅ Re ( Z ) = I ⋅ Re ( Z ) ≥ 0 2 2 * Für passive Zweipole ist also Re ( Z ) > 0 und damit auch Re ( Y ) > 0 Aktive Zweipole: Die aufgenommene Leistung ist * * P = Re ( U ⋅ I ) = Re { ( U L + Z ⋅ I ) ⋅ I } * * = Re { U L ⋅ I } + I ⋅ I ⋅ Re { Z } P kann also je nach Größe von U , I positiv oder negativ werden. Seite 208 GET-Skript 10.3 Leistungsanpassung bei Zweipolen Die Leistungsabgabe von einem aktiven Zweipol an einen passiven Zweipol muß ebenfalls noch für den Wechselstromkreis untersucht werden. Ia Zi Ul Ua Za Dazu muß untersucht werden, wie die Leistung Pa an der Last Z a = R a + jX a bei gegebenem Z i = R i + jX i von Ra und Xa abhängt. Allgemein war 2 2 P a = I a ⋅ R a = I a ⋅ Re ( Z a ) wobei UL UL - = ------------------------------------------------- und I a = ---------------Zi + Za Ra + Ri + j ( X a + X i ) 2 Ia 2 UL = --------------------------------------------------------. 2 2 ( Ra + Ri ) + ( X a + X i ) Somit ist also 1 2 P a = U L ⋅ --------------------------------------------------------------------1 2 2 ------ [ ( R i + R a ) + ( X i + X a ) ] Ra Leistungsanpassung heißt: die von Z a aufgenommene Leistung soll ein Maximum sein. ∂P ∂P also: --------a- = 0 und --------a- = 0 ∂R a ∂X a Da die Variablen Ra und Xa nur im Nenner vorkommen, genügt es, dessen Ableitung nach Ra und Xa zu bilden und die Nullstellen zu suchen. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 209 2 2 ( Xi + Xa) Ri ∂ 1 2 2 ------ [ ( R i + R a ) + ( X i + X a ) ] = 1 – -------2 – ------------------------=0 2 ∂ Ra Ra R R a a 2( X i + X a) ∂ 1 2 2 ------ [ ( R i + R a ) + ( X i + X a ) ] = -------------------------=0 Ra ∂ X a Ra Beide Ableitungen werden gleichzeitig Null für X a = – X i und R i = R a . Damit erfolgt Leistungsanpassung bei Z a = Z i* und die Leistung wird dann 2 P max 1 Ue = --- -----------4 Ra 10.4 Beschreibung von Vierpolen durch Matrizen I1 U1 U4 I2 U2 Schaltung I3 U3 I4 An dem gezeigten Vierpol sind zugänglich: - 4 Klemmenspannungen - 4 Klemmenströme und es gilt nach den Kirchhoff‘schen Regeln I1 + I2 – I3 – I4 = 0 U1 + U4 – U2 – U3 = 0 Von diesem allgemeinen Fall des Vierpols unterscheidet man den Spezialfall Zweitor. Als Tore bezeichnet man Klemmenpaare, bei denen der einfließende und ausfließende Strom gleich ist. In den beiden „Toren“ ist also I 1 = I 3 und I 2 = I 4 . Seite 210 GET-Skript Das gilt immer wenn Vierpol Zwischenglied zwischen Sender und Empfänger ist, also z. B. Zweitor aktiv passiv Ab jetzt sollen ausschließlich Zweitore betrachtet werden, die wie bereits vereinbart linear und passiv sein sollen. Dann gilt allgemein: a 11 U 1 + a 12 U 2 + b 11 I 1 + b 12 I 2 = 0 a 21 U 1 + a 22 U 2 + b 21 I 1 + b 22 I 2 = 0 und es muß entweder a 11 a 12 ≠ 0 oder a 21 a 22 b 11 b 12 ≠ 0 sein. b 21 b 22 Mit det a nn ≠ 0 kann man nach U 1 bzw. U 2 auflösen und erhält die Beschreibung durch dieWiderstandsmatrix. 10.4.1 Die Widerstandsmatrix U 1 = Z 11 I 1 + Z 12 I 2 U 2 = Z 21 I 1 + Z 22 I 2 oder U 1 Z 11 Z 12 I 1 = ⋅ U 2 Z 21 Z 22 I 2 und mit den Spaltenmatrizen von Spannung und Strom U 1 I 1 [ U ] = und [ I ] = U 2 I 2 lautet die Beschreibung des Zweitors [U ] = [Z ] ⋅ [I ] Lineare Zweipole und Zweitore Dabei ist [ Z ] = Z 11 Z 12 Z 21 Z 22 die Widerstandsmatrix des Zweitores. Die Elemente Z nn der Widerstandsmatrix haben die Dimension einer Impedanz. Bei der Betrachtung eines Zweitors als „black box“ müssen diese Elemente durch Messungen an den Klemmen bestimmbar sein. Messung der Widerstandsmatrix [ Z ] Zur Bestimmung der vier Elemente Z mn der Widerstandsmatrix sind vier Messungen erforderlich. Am einfachsten wählt man folgende Leerlauf-Fälle I2 = 0 : Z 11 = U 1 ⁄ I 1 = Z 1l Z 1l am Tor 1 bei leerlaufendem Tor 2 gemessene Impedanz = Eingangs-Leerlaufimpedanz. I1 = 0 : Z 22 = U 2 ⁄ I 2 = Z 2l Z 2l am Tor 2 bei leerlaufendem Tor 1 gemessene Impedanz = Ausgangs-Leerlaufimpedanz. I2 = 0 : Z 21 = U 2 ⁄ I 1 Z 21 Quotient aus Leerlaufspannung an Tor 2 und Strom an Tor 1 = Leerlauf-Kernimpedanz vorwärts. I1 = 0 : Z 12 = U 1 ⁄ I 2 Z 12 Quotient aus Leerlaufspannung an Tor 1 uns Strom an Tor 2 = Leerlauf-Kernimpedanz rückwärts. Z 12, Z 21 bilden ein Maß für die Kopplung zwischen Tor 1 und Tor 2. Z 12 = Z 21 bedeutet: das Zweitor ist kopplungssymmetrisch oder übertragungssymmetrisch. Z 11 = Z 22 bedeutet: das Zweitor ist widerstandssymmetrisch. Seite 211 Seite 212 GET-Skript Beispiel 1: I1 U1 U 1 = R( I 1 + I 2) I2 U2 R also Z = RR RR U 2 = R( I 1 + I 2) Beispiel 2: I1 U1 I2 R1 U 1 = R1 I 1 also Z = U 2 = R2 I 2 R2 U2 R1 0 0R 2 10.4.2 Die Leitwertmatrix Bei Auflösung der beiden linearen Gleichungen nach I 1 bzw. I 2 erhält man I 1 = Y 11 ⋅ U 1 + Y 12 U 2 oder I 2 = Y 11 ⋅ U 1 + Y 22 U 2 I 1 Y 11 Y 12 U 1 = ⋅ bzw. [ I ] = [ Y ] [ U ] I 2 Y 21 Y 22 U 2 Y 11 Y 12 Dabei ist [ Y ] = die Leitwertmatrix des Zweitors mit Y 21 Y 22 Dimension einer Admittanz. Lineare Zweipole und Zweitore Messung der Leitwertmatrix Es sind vier Messungen erforderlich, am einfachsten für folgende Kurzschluß-Fälle. U2 = 0 : Y 11 = I 1 ⁄ U 1 = Y 1k Y 1k am Tor 1 bei kurzgeschlossenem Tor 2 gemessene Admittanz = Eingangs-Kurzschlußadmittanz. U1 = 0 : Y 22 = I 2 ⁄ U 2 = Y 2k Y 2k am Tor 2 bei kurzgeschlossenem Tor 1 gemessene Admittanz = Ausgangs-Kurschlußadmittanz. U2 = 0 : Y 21 = I 2 ⁄ U 1 Y 21 Quotient aus Kurzschlußstrom an Tor 2 und Spannung an Tor 1 = Kurzschluß-Kernadmittanz vorwärts. U1 = 0 : Y 12 = I 1 ⁄ U 2 Y 12 Quotient aus Kurzschlußstrom an Tor 1 und Spannung an Tor 2 = Kurzschluß-Kernadmittanz rückwärts. Y 12, Y 21 bilden ein Maß für die Kopplung zwischen Tor 1 und Tor 2. Y 12 = Y 21 heißt: Zweitor ist kopplungssymmetrisch oder übertragungssymmetrisch. Y 11 = Y 22 heißt: Zweitor ist widerstandssymmetrisch. Seite 213 Seite 214 GET-Skript Beispiel 1: I1 I2 G U1 I 1 = G(U 1 – U 2) U2 also Y = G – G –G G I 2 = G(U 2 – U 1) Beispiel 2: I1 U1 I2 G1 U2 G2 I 1 = G1 U 1 also Y = I 2 = G2 U 2 G1 0 0 G2 10.4.3 Die Kettenmatrix Bei Auflösung der linearen Gleichungen nach U 1 abhängig von U 2, – I 2 und nach I 1 abhängig von U 2, – I 2 erhält man U 1 = A 11 U 2 + A 12 ⋅ ( – I 2 ) oder I 1 = A 21 U 2 + A 22 ⋅ ( – I 2 ) U 1 A 11 A 12 U 2 U 2 = = [ A] ⋅ I1 A 21 A 22 – I 2 – I 2 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 215 [ A ] wird verwendet bei der Berechnung von Kettenschaltung von Zweitoren und heißt daher Kettenmatrix. Die Elemente von [ A ] haben unterschiedliche Dimension. Bei der Verkettung von Zweitoren ist der Ausgangsstrom – I 2 des ersten Zweitors gleich dem Eingangsstrom I' 1 des folgenden (siehe Bild) und deshalb ist es vorteilhaft, U 1 und I 1 abhängig von U 2, – I 2 zu beschreiben. – I' 2 = I'' 1 I 1 I' 1 U1 U' 1 [ A' ] U' 2= U'' 1 [ A'' ] – I'' 2 = I''' 1 – I''' 2– I 2 U'' 2= U''' 1 [ A''' ] U''' 2 U 2 [ A' ] Messung der Elemente der Kettenmatrix Es sind wieder vier Messungen erforderlich. Sind jedoch die Elemente von [ Y ] und [ Z ] bereits bekannt, so ist A 12 = – 1 ⁄ Y 21 A 21 = 1 ⁄ Z 21 ebenfalls bekannt. A 11 und A 22 ergeben sich dann aus folgenden Messungen: I2 = 0 : A 11 = U 1 ⁄ U 2 A 11 = Leerlauf-Spannungsübersetzung vorwärts. U2 = 0 : A 22 = I 1 ⁄ ( – I 2 ) A 22 = Kurzschluß-Stromübersetzung vorwärts. Seite 216 GET-Skript Beispiel 1: I1 I2 G U1 U2 1 U 1 = 1 ⋅ U 2 + ---- ( – I 2 ) G also [ A ] = 1 1 ⁄ G 0 1 I 1 = 0 ⋅ U 2 + 1 ⋅ ( –I 2 ) Beispiel 2: I1 U1 U 1 = 1 ⋅ U 2 + 0 ⋅ ( –I 2 ) I 1 = U 2 ⁄ R + 1 ⋅ ( –I 2 ) I2 R U2 also [ A ] = 1 0 1⁄R 1 10.4.4 Die Reihen-Parallelmatrix Auflösung der Gleichungen nach U 1 und nach I 2 abhängig von I 1, U 2 U 1 = H 11 I 1 + H 12 U 2 I 2 = H 21 I 1 + H 22 U 2 oder U 1 H 11 H 12 I 1 I1 = ⋅ = [H ] ⋅ I2 H 21 H 22 U 2 U 2 [ H ] wird verwendet bei der Beschreibung von Reihen-Parallelschaltung von Zweitoren und heißt deshalb Reihen-Parallel-Matrix. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 217 Beispiel: [H ] [ H' ] [ H'' ] [ H ] läßt sich leicht durch [ H' ] und [ H'' ] ausdrücken. 10.4.5 Die Parallel-Reihenmatrix Auflösung der Gleichungen nach [ I 1 ] und [ U 2 ] in Abhängigkeit von [ I 2 ] und [ U 1 ] ergibt I 1 = P 11 U 1 + P 12 I 2 oder I1 P 11 P 12 U 1 U 1 = = ( P ) U 2 P 21 P 22 I 2 I2 U 2 = P 21 U 1 + P 22 I 2 [ P ] wird verwendet bei der Beschreibung von Parallel-Reihenschaltungen von Zweitoren und heißt deshalb Parallel-ReihenMatrix. Beispiel: [P] [ P' ] [ P'' ] [ P ] läßt sich leicht durch [ P′ ] und [ P′′ ] ausdrücken. Seite 218 GET-Skript 10.4.6 Umrechnung der Matrizen [ Z ], [ Y ], [ A ], [ H ] und [ P ] Bei Kettenmatrix [ A ] wurden nur zwei Elemente gemessen, zwei weitere durch Elemente von [ Y ] bzw. [ Z ] dargestellt. Bei [ H ] und [ P ] wurde keine Meßvorschrift genannt. Aber eine Meßvorschrift genügt, weil alle Matrizen ineinander umgerechnet werden können. Denn: Alle Matrizen beschreiben die Zweitoreigenschaften gleichwertig. (Ein Gleichungssystem wurde nach verschiedenen Variablen aufgelöst!) Zur Umrechnung siehe Hilfsblatt oder [Bosse III, S. 73] Wegen der Gleichwertigkeit der Matrizen läßt sich auch die Kopplungssymmetrie auf verschiedene Weise gleichwertig beschreiben: Z 12 = Z 21 ; Y 12 = Y 21 H 12 = – H 21 ; P 12 = – P 21 det ( A ) = 1 und ähnliche gleichwertige Bedingungen erhält man für die Widerstandssymmetrie Z 11 = Z 22 ; Y 11 = Y 22 det ( H ) = 1 ; det ( P ) = 1 A 11 = A 22 , Einige Umrechnungen (Hilfsblatt) ergeben sich durch Berechnung der Kehrmatrix. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 219 Beispiel: [ U ] = [ Z ] ⋅ [ I ] von links ⋅ [ Z ] [Z ] –1 ⋅ [U ] = [Z ] –1 weil aber auch –1 [Z ] = [Y ] –1 ⋅ [Z ] ⋅ [I ] = [I ] [Y ] ⋅ [U ] = [I ] → [Y ] = [Z ] –1 und –1 kann wie folgt berechnet werden (vgl. Hilfsblatt und [Z ] Mathe): [Z ] –1 Z 22 – Z 12 1 = ----------------- ⋅ det ( Z ) – Z 21 Z 11 Ähnlich erhält man [H ] = [P] –1 und [ P ] = [ H ] –1 –1 Bedeutung von [ A ] : U1 I1 = A ⋅ U2 –I 2 → –1 A U1 I1 = U2 –I 2 –1 d.h. [ A ] beschreibt Verhalten des Zweitores in umgekehrter Betriebsrichtung. Davon zu unterscheiden ist das „umgedrehte“ Zweitor. Normale Betriebsrichtung, aber Tor 1 mit Tor 2 vertauscht: Also U2 abhängig von U1 I2 –I 1 mern 1 → 2 bzw. 2 → 1 U2 –I 2 = A –1 U1 I1 und Vertauschung der Tor-Num- Seite 220 GET-Skript U2 –I 2 U2 I2 U1 I1 A – A 12 U 1 1 = ----------------- 22 det ( A ) – A I1 21 A 11 (2. Spalte und 2. Zeile jeweils ⋅ ( – 1 ) ) U1 A A 1 = ----------------- 22 12 (jetzt 1 → 2 ; 2 → 1 ) det ( A ) A A 21 11 – I 1 1 = ----------------- ⋅ A det [ A ] t U2 –I 2 wobei A t = transponierte Matrix D. h. bis auf Vorzeichen bei A 12 und A 21 sind sowohl die umgekehrte Betriebsrichtung als auch das umgedrehte Zweitor durch die –t gleiche Matrix [ A ] beschrieben. Im Spezialfall einer kopplungssymmetrischen Kettenmatrix [ A ] ist det [ A ] = A 11 A 22 – A 12 A 21 = 1 Dann bedeutet „Umdrehen“ des Zweitores Transponieren also Vertauschen von A 11 und A 22 der Matrix [ A ] . Lineare Zweipole und Zweitore Seite 221 10.5 Zusammenschaltung von Zweitoren 10.5.1 Reihenschaltung Reihenschaltung von Zweitoren heißt: sowohl Eingangstore als Ausgangstore der Zweipole in Reihe. Dann ist I1 I' 1 I' 2 U' 1 [ Z' ] U1 I'' 1 I2 U' 2 I'' 2 U2 U'' 1 [ Z'' ] U'' 2 [Z ] U 1 = U' 1 + U'' 1 und U 2 = U' 2 + U'' 2 I 1 = I' 1 = I'' 1 und I 2 = I' 2 = I'' 2 Alle Ströme sind bekannt. Deshalb Bestimmung von U aus [U ] = [Z ] ⋅ [I ] Gegeben: U' = Z' ⋅ I' = Z' ⋅ I und U'' = Z'' ⋅ I'' = Z'' ⋅ I Aber weil U = U' + U'' , ist U = Z' ⋅ I + Z'' ⋅ I = Z' + Z'' ⋅ I Durch Vergleich mit dem Gesamtzweitor U = Z ⋅ I ergibt sich Z = Z' + Z'' oder Z = Z' 11 + Z'' 11 Z' 12 + Z'' 12 Z' 21 + Z'' 21 Z' 22 + Z'' 22 Bei Reihenschaltung von Zweitoren addieren sich die Z -Matrizen der beteiligten Zweitore zur Z -Matrix des Gesamt-Zweitors Seite 222 GET-Skript 10.5.2 Parallelschaltung Parallelschaltung von Zweitoren heißt: sowohl die Eigangstore als die Ausgangstore der beteiligten Zweitore sind parallel geschaltet. Dann ist: I' 1 I' 2 I1 U1 U' 1 [ Y' ] U' 2 I'' 1 I2 U2 I'' 2 U'' 1 [ Y'' ] U'' 2 [Y ] I 1 = I' 1 + I'' 1 und I 2 = I' 2 + I'' 2 U 1 = U' 1 = U'' 1 und U 2 = U' 2 = U'' 2 Alle Spannungen I = Y ⋅ U . sind bekannt, deshalb auflösen nach Gegeben ist: I' = Y' ⋅ U' = Y' ⋅ U und I'' = Y'' ⋅ U'' = Y'' ⋅ U aber weil I = I' + I'' ist I = Y' ⋅ U + Y'' ⋅ U = Y' + Y'' ⋅ U Durch Vergleich mit der Gleichung für das Gesamtzweitor I = Y ⋅ U ergibt sich Y = Y' + Y'' oder Y = Y 11 + Y'' 11 Y' 12 + Y'' 12 Y' 21 + Y'' 21 Y' 22 + Y'' 22 Bei Parallelschaltung von Zweitoren addieren sich die Y -Matrizen der beteiligten Zweitore zur Y -Matrix des Gesamtzweitors. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 223 10.5.3 Reihen-Parallelschaltung Reihen-Parallelschaltung bei Zweitoren heißt: die Eigangstore sind in Reihe, die Ausgangstore sind parallel geschaltet. dann ist: I1 I' 1 I' 2 U' 1 [ H' ] U' 2 U1 I2 U2 I'' 2 I'' 1 U'' 1 [ H'' ] U'' 2 [H ] U 1 = U' 1 + U'' 1 und I 2 = I' 2 + I'' 2 I 1 = I' 1 = I'' 1 und U 2 = U' 2 = U'' 2 oder vektoriell geschrieben U1 = I2 U' 1 U'' 1 + I' 2 und I1 I' 1 = U2 I'' 2 + U' 2 I'' 1 U'' 2 Alle Eingangsströme und Ausgangsspannungen bekannt, deshalb Auflösung des Gleichungssystems nach Eingangsspannungen und Ausgangsströmen: U' 1 I' 2 U'' 1 I'' 2 = H' ⋅ = H'' ⋅ Weil aber U1 I' 1 U' 2 I'' 1 I' 2 I2 U1 I2 = H' ⋅ U' 1 I1 U2 + und U2 I1 = H'' ⋅ U'' 2 = I1 = H' ⋅ U'' 1 U2 , ergibt sich I'' 2 + H'' ⋅ I1 U2 I = H' + H'' ⋅ 1 U2 Seite 224 GET-Skript Durch Vergleich mit der Gleichung für das Gesamtzweitor U1 I = H ⋅ 1 erhält man U2 I2 H = H' + H'' oder H = H' 11 + H'' 11 H' 12 + H'' 12 H' 21 + H'' 21 H' 22 + H'' 22 Bei Reihen-Parallelschaltung addieren sich die H -Matrizen der beteiligten Zweitore. 10.5.4 Parallel-Reihenschaltung Parallel-Reihenschaltung von Zweitoren heißt: die Eingangstore sind parallel, die Ausgangstore in Reihe geschaltet. Die Betrachtungen erfolgen analog zu 10.5.3, mit dem Ergebnis P = P' 11 + P'' 11 P' 12 + P'' 12 P' 21 + P'' 21 P' 22 + P'' 22 Es addieren sich die [ P ] -Matrizen der beteiligten Zweitore. 10.5.5 Kettenschaltung Kettenschaltung von Zweitoren heißt: das Ausgangstor des ersten Zweitors ist mit dem Eingangstor des zweiten verbunden. Dann gilt: I 1 I' 1 U1 U' 1 – I' 2 I'' 1 [ A' ] U' 2 U'' 1 – I'' 2 – I 2 [ A'' ] U'' 2 [ A] U' 2 = U'' 1 und – I' 2 = I' 1 oder in vektorieller Schreibweise U' 2 – I' 2 = U'' 1 I'' 1 U2 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 225 Gegeben ist für beide Zweitore U' 1 I' 1 U1 = A' ⋅ = I1 U' 1 I' 1 U' 2 und U'' 1 – I' 2 I'' 2 = A' ⋅ A'' ⋅ = A'' ⋅ U'' 2 – I'' 2 U'' 2 , also – I'' 2 = A' ⋅ A'' ⋅ U2 –I 2 Durch Vergleich mit der Gleichung für das Gesamtzweitor ergibt sich A = A' ⋅ A'' (Achtung! Reihenfolge) Bei Kettenschaltung berechnet sich die [ A ] -Matrix des Gesamtzweitors durch Multiplikation der [ A ] -Matrizen der Teilschaltungen in der Reihenfolge der Tore. 10.5.6 Beispiele und Anwendungsgrenzen Beispiel: Bekannt ist: R1 mit Z' = R2 R1 0 0 R2 und R mit Z'' = R R R R Seite 226 GET-Skript Bei Reihenschaltung der beiden Zweitore ergibt sich R1 [Z ] R2 R1 oder R2 R R beschrieben durch die Matrix [ Z ] = [ Z' ] + [ Z'' ] = R1 + R R R R2 + R [ Z ] beschreibt das häufig verwendete T-Glied. Beispiel: Bekannt ist: G mit [ Y' ] = G –G –G G und G1 mit [ Y'' ] = G1 0 0 G G2 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 227 Durch Parallelschaltung ergibt sich G G oder G1 G1 G2 G2 beschrieben durch die Matrix [ Y ] = [ Y' ] + [ Y'' ] = G1 + G –G –G G2 + G [ Y ] beschreibt das häufig verwendete π -Glied. Beachte: Diese Regeln für Zusammenschaltung gelten unter Annahme, daß die Teilzweitore auch nach Zusammenschaltung Zweitore bleiben, daß also I' 1 = I' 3 ; I' 2 = I' 4 ; I'' 1 = I'' 3 ; I'' 2 = I'' 4 ist. Das ist nur bei der Kettenschaltung selbstverständlich. Bei allen anderen Zusammenschaltungen muß geprüft werden, ob die Zweitorbedingungen für kein Teilzweitor verletzt werden. Allgemeines Prüfkriterium: Keine Kreisströme bei mindestens zwei beliebigen Betriebsbedinungen. Wegen Linearität gibt es dann unter keiner Bedingung Kreisströme. Beispiel: Reihenschaltung I1 I2 = 0 I U1 I I1 I2 = 0 Seite 228 GET-Skript Prüfung rechts: Ist im Leerlauf der Kreisstrom I = 0 ? I1 = 0 I2 I U2 I I1 = 0 I2 Prüfung links: Ist im Leerlauf Kreisstrom I = 0 ? Beispiel: Parallelschaltung I U1 I Prüfung rechts: Ist im Kurzschluß I = 0 ? Ähnlich Prüfung links auf I = 0 im Kurzschluß. 10.6 Der Übertrager (Transformator) 10.6.1 Beschreibung durch [ Z ] und [ A ] Beschreibung des Transformators als Zweitor i1 u1 di 2 di u 1 = L 1 ------1- + M ------- und dt dt di 2 di u 2 = M ------1- + L 2 ------dt dt i2 u2 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 229 Die entsprechenden komplexen Amplituden bei sinusförmigen Strömen und Spannungen sind dann U 1 = jωL 1 I 1 + jωM I 2 U 2 = jωM I 1 + jωL 2 I 2 oder als Zweitor beschrieben: U1 = U2 jωL 1 jωM jωM jωL 2 ⋅ I1 I2 = Z ⋅ I1 I2 [ Z ] ist Widerstandsmatrix des verlustfreien Übertragers. Bei dem verlustfreien Übertrager geht man von der Annahme aus, daß der magnetische Fluß zum Strom proportional ist und daß die Wicklung keinen ohm‘schen Widerstand aufweist, also φ ∼ i und R ( Wicklung ) = 0 . Da der Übertrager häufig mit anderen Zweipolen oder Zweitoren verkettet ist, interessiert auch die Kettenmatrix [ A ] . Mit dem Hilfsblatt ergibt sich [ A ] aus [ Z ] zu A = L 1 ⁄ M jω ( L 1 ⋅ L 2 ⁄ M – M ) L2 ⁄ M 1 ⁄ jωM In Kapitel 7.4.2 "Energie mehrerer (gekoppelter) Spulen" war definiert: M = k ⋅ L 1 L 2 mit 0 ≤ k ≤ 1 , wobei gegolten hatte - kleiner gemeinsamer Fluß (lose Kopplung): k ≈ 0 - großer gemeinsamer Fluß (feste Kopplung): k ≈ 1 . Der Koppelfaktor k beschreibt also, ob das Streufeld, das die jeweils andere Spule nicht durchsetzt, groß oder klein ist. Dieses Streufeld beschreibt man oft auch mit dem Streufaktor σ 2 2 σ = 1 – k = 1 – M ⁄ ( L 1 L 2 ) und es gilt - kleine Streufelder: σ ≈ 0 - große Streufelder: σ ≈ 1 In der Kettenmatrix wird häufig M durch den Streufaktor σ bzw. Seite 230 GET-Skript die Koppelkonstante k ersetzt und man schreibt [ A] = L 1 ⁄ M jωσL 1 L 2 ⁄ M L2 ⁄ M 1 ⁄ jωM 1 = --- ⋅ k L1 ⁄ L2 jωσ L 1 L 2 1 ⁄ jω L 1 L 2 L2 ⁄ L1 Mit σ → 0 , d. h. für einen idealen Übertrager ohne Streuung wird k = 1 . Weiterhin nimmt man an, daß beim idealenÜbertrager die Induktivitäten L 1 und L 2 zwar gegen Unendlich gehen, daß dabei aber das Verhältnis L 1 ⁄ L 2 = ü , konstant bleibt. Dann erhält man [ A ] ideal = L1 ⁄ L2 L2 ⁄ L1 0 Man nennt ü = tragers. 0 = ü 0 0 1⁄ü L 1 ⁄ L 2 das Übersetzungsverhältnis des Über- 10.6.2 Ersatzschaltbild des verlustfreien Übertragers Das einfachste Ersatzschaltbild, das einen Übertragers beschreibt, ist ein T -Glied. I2 I1 U1 L1-M L2-M M U2 Man sieht anschaulich die Verkopplung der Primär - und Sekundärspule über die mittlere Spule mit Induktivität M . Der Nachteil bei diesem sehr einfachen Ersatzschaltbild besteht darin, daß nicht alle Betriebszustände beschrieben werden, bzw. daß es Betriebszustände gibt, bei denen Induktivitäten der Ersatzschaltung negativ würden. Dieses Ersatzschaltbild ist also nur brauchbar unter der Einschränkung, daß L 1 – M > 0 , L 2 – M > 0 und M > 0 . Lineare Zweipole und Zweitore Nun ist L1 – M = Seite 231 L1 ⋅ L1 – L1 L2 ⋅ k = L 1 ( L 1 – L 2 ⋅ k ) , also 2 L 1 – M > 0 nur für L 1 > L 2 ⋅ k und ähnlich L 2 – M > 0 nur für L 2 > L 1 ⋅ k 2 Außerdem würde dieses Ersatzschaltbild das Umpolen einer Wicklung nicht beschreiben, weil dazu M negativ werden müßte. Ausweg: Das Ersatzschaltbild wird derart ergänzt, daß die obigen Bedingungen erfüllt sind. Neues Ersatzschaltbild Reale Eigenschaften des Übertragers Überstz./Umpolen durch ideal. Übertr. oder I1 ü2L2-üM L1-üM U1 U2 üM [ A' ] I2 ü/1 [ A'' ] [A] Für die Verkettung des Ersatzschaltbildes mit dem idealen Übertrager gilt [ A ] = [ A' ] ⋅ [ A'' ] von rechts ⋅ [ A'' ] [ A' ] = [ A ] ⋅ [ A'' ] –1 –1 –1 Mit [ A'' ] = ü 0 und [ A'' ] = 1 ⁄ ü 0 wird 0 ü 0 1⁄ü [ A' ] = L1 ⁄ M jωσL 1 L 2 ⁄ M 1 ⁄ ( jωM ) L2 ⁄ M ⋅ 1⁄ü 0 0 ü 2 = L 1 ⁄ ( üM ) jωσL 1 ( ü L 2 ) ⁄ ( üM ) 1 ⁄ jω ( üM ) 2 ( ü L 2 ) ⁄ ( üM ) Seite 232 GET-Skript Vergleicht man [ A' ] mit [ A ] , so sieht man, daß M durch ( ü ⋅ M ) 2 und L 2 durch ( ü ⋅ L 2 ) ersetzt ist. Gegenüber dem ursprünglichen Schaltbild haben sich also die Induktivitäten in Abhängigkeit vom Übersetzungsverhältnis ü des idealen Übertragers geändert. L1-üM ü2L2-üM üM [ A' ] Man kann also die realen Eigenschaften wie vorher mit einem T Glied und den Induktivitäten L 1, L 2 und M des gegebenen Übertragers beschreiben, nun aber im idealen Übertrager ü so anpassen, daß keine der Induktivitäten im T -Glied negativ wird. Man wählt ü also so, daß 2 L 1 – üM ≥ 0 , ü L 2 – üM ≥ 0 und üM ≥ 0 bleiben und ü das Vorzeichen von M hat. Diese drei Ungleichungen lassen sich zusammenfassen zur Bedingung M ⁄ L2 ≤ ü ≤ L1 ⁄ M Zwischen den obigen Grenzen kann nun ü beliebige Werte annehmen. Besonders gebräuchlich sind aber folgende drei Festlegungen von ü. 1. Spezialfall: L 1 – üM = 0 : d. h. die linke Längsspule verschwindet. Es wird L1 ⋅ L1 ⋅ L2 - = ü = L 1 ⁄ M = -------------------------------------L2 ⋅ M L1 L2 L -----1 ⋅ ---------------M L2 2 und mit 1 – σ = M ⁄ ( L 1 L 2 ) → wird das Übersetzungsverhältnis ü = L 1 -----1 ⋅ ---------------L2 1 – σ Somit wird die Querspule üM = L 1 und die rechte Längsspule wird 2 L1 L2 σ 2 ü L 2 – üM = ------------- – L 1 = L 1 ( ( L 1 L 2 ) ⁄ M – 1 ) = L 1 -----------2 1–σ M 2 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 233 Man nennt dieses spezielle Ersatzschaltbild : Γ -Ersatzschaltbild L1 σ L 1 ⋅ -----------1–σ ü --- = 1 L L1 L2 -----1 ---------------L2 M 2. Spezialfall: L – üM = ü 2 L – üM 1 2 2 Dann wird L 1 = ü L 2 und das Übersetzungsverhältnis ü = L1 ⁄ L2 Die Induktivitäten der Längsspulen sind dann gleich und betragen L 1 ⁄ L 2 ⋅ M M L 1 – üM = L 1 1 – ---------------------------- = L 1 1 – ---------------- L1 L1 L2 2 oder mit σ = ( 1 + M ⁄ ( L 1 L 2 ) ) L 1 – üM = L 1 ( 1 – 1 – σ ) Die Induktivität der Querspule ist L1 ⁄ L2 ⋅ M ⋅ L1 L1 M üM = --------------------------------------- = --------------- oder L1 L1 L2 üM = L 1 1 – σ Man nennt dieses spezielle Ersatzschaltbild T -Ersatzschaltbild L1 ( 1 – 1 – σ ) L1 ( 1 – 1 – σ ) L1 1 – σ ü⁄1 = L1 ⁄ L2 Seite 234 GET-Skript 2 3. Spezialfall: ü L 2 – üM = 0 d.h. die rechte Längsspule verschwindet. Dann wird M ü = ----- = L2 L M -----1 ---------------- = L2 L L 1 2 L -----1 ⋅ 1 – σ L2 und die linke Längsspule 2 M L 1 – üM = L 1 1 – ------------ = L 1 σ L 1 L 2 sowie die Querspule 2 M M ⋅ M L1 ---------------------------- = L1 ( 1 – σ ) ⋅ üM = = L1 L1 L1 L2 L2 L Man nennt diese Schaltung -Ersatzschaltbild des Übertragers. L1 σ L1 ( 1 – σ ) ü --- = 1 L -----1 1 – σ L2 Unter Benutzung dieser Ersatzschaltung kann man bereits einige Aussagen zur Eingangsimpedanz eines verlustfreien Übertragers machen: Zunächst kann der nachgeschaltete ideale Übertrager nur die Übersetzung ü bzw. Klemmenvertauschung bescheiben. Die Eingangsimpedanz des idealen Übertragers für sich allein ist gegeben durch Z 11 bzw. Y 11 und man erhält bei - leerlaufendem Ausgang: (es fließt kein Eingangsstrom) A 11 ü Z 1ideal = Z 11 = ------- = --- → ∞ 0 A 21 - kurzgeschlossenem Ausgang: (es fließt ein unendlich großer Eingangsstrom) A 12 1 0 Z 1ideal = -------- = ------- = ---------- = 0 1⁄ü Y 11 A 22 Lineare Zweipole und Zweitore Seite 235 Für die Eigangsimpedanz des gesamten verlustfreien Übertragers erhält man dann: - Leerlaufender Ausgang: der ideale Übertrager entfällt im Ersatzschaltbild, weil Z 1ideal → ∞ und es wird Z 1 = jωL 1 , d.h. es fließt Magnetisierungsstrom. - Kurzgeschlossener Ausgang: der ideale Übertrager wird im Ersatzschaltbild durch einen Kurzschluß ersetzt ( Z 1ideal = 0 ) Z 1 = jωσL 1 wird also nicht Null wie beim idealen Übertrager. Bei Streuung σ → 0 sind alle drei Spezialfälle gleich, nämlich L1 ü --- = 1 L -----1 L2 10.6.3 Der Übertrager mit Eisenkern Vorteile des Eisenkerns - Es läuft praktisch der gesamte Fluß zwangsläufig durch beide Spulen (großer Koppelfaktor k , kleiner Streuung σ ). - Mit wachsender Permeabilität wird L 1 und damit Z 1 größer, d. h. der Magnetisierungsstrom nimmt ab. Symmetrisches T -Ersatzschaltbild: L1 σ ⁄ 2 L1 ( 1 – σ ⁄ 2 ) L1 σ ⁄ 2 ü = L -----1 L2 Seite 236 GET-Skript Bei sehr kleinem σ gilt näherungsweise: 1 – σ ≈ 1 – σ ⁄ 2 und die Induktivitäten werden L 1 ( 1 – 1 – σ ) = L 1 σ ⁄ 2 für die Längsspulen Querspulen: L 1 1 – σ = L 1 ( 1 – σ ⁄ 2 ) Anschaulich: L 1 σ ⁄ 2 in den Längsspulen entspricht den Streuflüssen, die nur mit jeweils einer Wicklung verkettet sind und außerhalb des Eisens verlaufen. L 1 ( 1 – σ ⁄ 2 ) entspricht dem gemeinsamen Fluß durch beide Spulen, im wesentlichen innerhalb des Eisenkerns. Mit wachsender Permeabilität nimmt die Induktivität der Querspule zu, die der Längsspulen nicht (Streufluß!), d.h. σ wird bei großer Permeabilität kleiner. 10.6.4 Übertrager mit Verlusten Bisherige Betrachtungen galten für verlustfreien Transformator. Jetzt: Versuch, die Verluste zu berücksichtigen. - Ohm‘scher Widerstand Widerstand R 1 der Primärwicklung in Reihe mit der linken Längsspule. Widerstand R 2 der Sekundärspule in Reihe mit der 2 Ausgangswicklung des idealen Übertragers oder ü R 2 in Reihe mit der rechten Längsspule des T -Gliedes. - Wirbelströme 2 2 Sie entziehen eine Leistung P w ∼ ω B̂ . Diese Leistung P w wird richtig dargestellt durch einen Widerstand R w parallel zur Querspule; denn die Spannung an der Querspule ist u = Z ⋅ i ∼ ω ⋅ B̂ und die Leistung in R w ist 2 2 2 P Rw ∼ u ⁄ R ∼ ω ⋅ B̂ Die Leistung P Rw am Widerstand Rw verhält sich also wie die von Wirbelströmen entzogene Leistung Pw - Hystereseverluste Diese kommen mit jeder Ummagnetisierungs zustande und sind proportional zu ω . Die Abhängigkeit von B̂ ist nicht linear. Hystereseverluste können also nicht allgemein durch einen Widerstand beschrieben werden. Aber: Für festes ω und festes B̂ (wie in der Energietechnik) sind Hystereseverluste konstant und können dann auch durch einen Widerstand parallel zu R w beschrieben werden. Lineare Zweipole und Zweitore Seite 237 So ergibt sich das Ersatzschaltbild für einen verlustbehafteten Trafo: I1 U1 R1 L 1 σ ⁄ 2 L1 ( 1 – σ ⁄ 2 ) L1 σ ⁄ 2 R2 RW ü = I2 L -----1 L2 U2 ü/1 10.6.5 Die Transformationseigenschaften des Übertragers Wir betrachten ab jetzt wieder den verlustfreien Übertrager. Es interessieren die Zusammenhänge zwischen Eingangs- und Ausgangsimpedanz Z 1 und Z 2 . L1 σ Z1 L1 ( 1 – σ ) L Wir verwenden das einfache -Ersatzsschaltbild. I' 2 ü/1 I2 U' 2 Z2 U2 Durch Vergleich der Ströme und Spannungen am Ein- und Ausgang des idealen Übertragers im Ersatzschaltbild sieht man, daß man die Last Z 2 am Ausgang des idealen Übertragers durch die 2 Last Z' 2 = ü Z 2 am Eingang ersetzen und den idealen Übertrager ganz weglassen kann. Es ist nämlich U ′ 2 ⁄ U 2 = ü oder U ′ 2 = üU 2 Weil die Ausgangs- und Eingangsleistung am idealen Übertrager gleich sein müssen, ist bzw. U ′2 ⋅ I ′2 = U 2 ⋅ I 2 I ′ 2 ⁄ I 2 = U 2 ⁄ U ′ 2 = 1 ⁄ ü , also I ′ 2 = I 2 ⁄ ü . Dann ist aber üU 2 Z ′ 2 = U ′ 2 ⁄ I ′ 2 = -----------2 = ü ⋅ Z 2 I2 ⁄ ü Seite 238 GET-Skript 2 L Mit Z' 2 = ü Z 2 auf Ausgangsseite des -Glieds und nach Weglassen des idealen Übertragers erhält man dann folgendes gleichwertiges Ersatzschaltbild, aus dem der Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Eingangsimpedanz sofort ersichtlich ist. L1 σ Z1 2 L1 ( 1 – σ ) ü Z2 Zu einer Ausgangsimpedanz (Abschlußwiderstand) Z 2 gehört also die Eingangsimpedanz Z 1 , wobei allgemein gilt: 1 Z 1 = jωσL 1 + ------------------------------------------------1 1 ----------+ -----------------------------2 jωL ( 1 1 – σ) ü Z2 Natürlich sind die bereits betrachteten Fälle Leerlauf bzw. Kurzschluß am Ausgang Spezialfälle dieses allgemeinen Zusammenhangs: Kurzschluß ( Z 2 = 0 ) → Z 1 = jωσL 1 Leerlauf ( Z 2 → ∞ ) → Z 1 = jωL 1 Z 1 = f ( Z 2 ) kann man mit einer Ortskurve darstellen. Im jωL1 Z2 → ∞ belieb.Z2 jωσL1 Z2=0 Re