Jyotishstudium I. 1. Entstehungsgeschichte und Aufbau der Vedischen Astrologie Gerhard Feiner wwww.vedische-astrologie-schule.de Copyright 2015 von Gerhard Feiner A. Anrufung von Ganesha "Oh Herr, der Du einen Elefantenkopf und einen so großen Körper hast, ich erbitte Deinen Segen für diese Aufgabe, die ich jetzt beginne, dass ich diese ohne Hindernisse vollenden kann". "Om gam ganapataye namah" Ganesha "Ich erweise Ganesha meine achtungsvollen Ehrerbietungen" B. Vorwort In diesem Lehrbrief geht es darum, was unter dem Begriff "Vedische Astrologie" zu verstehen ist, woher diese Wissenschaft kommt und wie alt diese ist. Dabei werden wir uns auch etwas die "Veden" ansehen, denn ohne diese zumindest im Grundansatz - zu "kennen", kann m. E. diese Wissenschaft nicht auf Basis des eigentlichen Zwecks ausgeübt werden. Die Vedische Astrologie selbst hat auch verschiedene Zweige in Abhängigkeit davon, welchen Deutungsbereichen sie sich widmet. Außerdem sind verschiedene "Systeme" innerhalb der Vedischen Astrologie vorhanden, die zwar in einem "Verwandtschaftsverhältnis" sind, aber oft auch sehr unterschiedliche Techniken aufweisen, auch darauf wird hier kurz eingegangen. Das Ziel dieses Lehrbriefes ist ein "Überblick", eine "Draufsicht", um vor Beginn des Studiums eine Orientierung zu haben. C. Gliederung Hier die einzelnen Inhalte dieses Lehrbriefs in der Übersicht: 1. Wofür stehen die "Veden" und was bedeutet demnach "Vedisch"? 2. In welche Themenbereiche gliedert sich die Vedische Astrologie? 3. Welche verschiedenen Zweige bezüglich der Deutungsarbeit gibt es? 4. Was sind wesentliche Unterschiede zur hiesigen Astrologie? 5. Welche sind die wesentlichen Schriften der "Vedischen Astrologie? 6. Hinweise zum Erlernen der Vedischen Astrologie 2 D. Erläuterungen 1. Wofür stehen die "Veden" und was bedeutet demnach "vedisch"? Die Vedische Astrologie steht für die traditionelle Astrologie Indiens und wird auch "Hindu-Astrologie" oder "Jyotisha" genannt. Mit "Vedisch" ist gemeint, dass diese Astrologie Indiens den Veden entlehnt ist, also eine Verbindung zu den Veden hat. Die Veden, die auch als die "Vedas" bezeichnet werden stellen die umfangreichste und älteste Schriftensammlung der Menschheit dar. Am Anfang ihrer Entstehung wurden sie auch nur mündlich durch Schülernachfolge weitergegeben, d. h. der Guru1 gab das Wissen nur in mündlicher Form an seinen Schüler weiter. Diese Texte wurden in "Sanskrit2" verfasst. Die Veden beinhalten umfassende Informationen über Spiritualität, Weisheit, Philosophie, Kunst, Architektur, Gesundheit (Ayurveda) und viele andere Bereiche des menschlichen Lebens. Vedisch enthält das Sanskritwort "Veda", welches für Wissen, Wahrheit aber auch Heiliges Gesetz steht. Denn der eigenen Überlieferung nach stellen die Veden in ihrer Essenz keine "menschlichen Forschungsergebnisse" dar, sondern kommen vom höchsten Gott, Sri Krsna3 selbst. Dieser offenbarte das zeitlose Wissen, die Veden, am Anfang der Schöpfung über Brahma, dem Schöpfer, dem Sonnengott, der im gegenwärtigen Zeitalter Vivasvan heißt. Er ist der König der Sonne, die der Ursprung aller Planeten im Sonnensystem ist. Von dort ging das Wissen an Manu4. Den zentrale Text der Veden stellt bis heute die "Bhagavad-Gita5" dar. Manu lehrte diese seinem Sohn, Maharaja Iksvaku6. Damit ist die "Kernbotschaft" der Veden viele Millionen Jahre alt, aber sie wurde vom Herrn, also Sri Krsna, erneut gesprochen und zwar vor 5 000 Jahren zu seinem Schüler Arjuna auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra7. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Veden primär mündlich überliefert worden und nicht gegliedert, sondern wurden durch die Brahmanen8 pausenlos auswendig rezitiert, und das bei diesem Ausmaß an Sutras9. Da aber mit dem Eintritt in das Weltzeitalter des "Kali-Yugas10" die menschliche Gedächtnisleistung und die Lebenserwartung abnahm, wurde durch den erleuchteten Seher Vyasa die Veden in 4 Zweige unterteilt, damit die Lehren leichter für den "normalen Menschen" zugänglich sind. Diese 4 Zweige sind die Rig-Veda, die Sama-Veda, die Yajur-Veda und die Athar-Veda. Diese 4 "Vedas" haben dann 6 Glieder, wovon Jyotish, die Vedische Astrologie, eines 1 Ein Guru ist ein spiritueller Lehrer im Sprachgebrauch des Hinduismus Sanskrit gilt als die Älteste aller Sprachen und stellt auch den Ursprung der indogermanischen Sprachen dar 3 Sri Krsna gilt als der höchste Gott und kam als die 8. Inkarnation Vishnus in menschlicher Form auf die Erde. 4 Manu gilt als "Vater" der Menschheit, vergleichbar mit dem "Adam" der Christen 5 Die Bhagavad-Gita ist die "Bibel der Hindus", worin der zeitlose Dialog zwischen Gott Krishna und dem "suchenden Menschen, dargestellt durch Arjuna festgehalten ist. 6 Erster König der Erde und Vorvater der Raghu-Dynastie 7 Kurukshetra liegt 160 Kilometer nördlich von Dehli 8 Ein Brahmane ist ein Hinduistischer Priester bzw. gelten sie als Lehrer und Gelehrte der Veden 9 Sutras sind Lehrtexte in Versform des indischen Schrifttums 10 Den Veden nach gibt es 4 "Weltzeitalter", die Yugas und jetzt leben wir im "Kali-Yuga". 2012 endete hier ein Unterzyklus dieses 432 000 Jahre dauernden Yugas, sodass mit 2012 ein Wendepunkt eintrat. 2 3 ist. "Jyotish" ist ein Sanskrit-Wort und bedeutet "Wissenschaft vom Licht". Damit kommt Jyotish von den Veden, den Schriften der Hindus. Und im Jyotish geht es um das Verständnis der feinstofflichen Einflüsse, die zu uns aus dem Universum kommen. Nun sehen wir uns dies in Übersichten an. Die Veden sind die ewigen, von Gott offenbarten Wahrheiten, die er letztlich den großen antiken "Rishis11" Indiens durch Offenbarung in derem Inneren hören ließ. Diese Rishis haben sich diese Wahrheiten damit nicht selbst ausgedacht, sondern die Wahrheiten direkt "gesehen" oder "gehört". Als selbstverwirklichte und erleuchtete Seelen verbreiteten die Rishis dieses anfangslose und ewige Wissen, aus dem die Gründer und Lehrer aller anderen Religionen ihre Inspirationen erfahren haben. Dadurch ist es letztlich möglich, die Wahrheiten in allen Religionen der Menschheit auf die Veden zurückzuführen, denn sie sind die älteste Weisheitsbibliothek der Menschheit und damit die "Morgendämmerung" der Spiritualität bzw. die ultimative Quelle, auf die alles religiöse Wissen zurückgeht. Da sie letztlich ohne Anfang und ohne Ende sind, gibt es so gesehen auch kein "Verfassungsdatum", denn sie sind aus dem Atem des Herrn hervorgegangen und damit unsterbliche Botschaften Gottes an seine Seelen. Die 4 Veden bestehen hauptsächlich aus Hymnen, die für Rituale eingesetzt werden. Damit wird erreicht, dass die Teilnehmer mit den höheren Dimensionen des Kosmos in Verbindung kommen und sich die spirituelle Wirklichkeit durch den Klang manifestiert. Alle 4 Bereiche der Veden sind immer gleich gegliedert, nämlich in den Teil der Hymnen (1.), die Erklärungen der Mantras für die Menschen, die nicht "Entsagende" sind, also im Leben stehen (2.), dann die spirituellen Texte für Menschen, die entsagt haben bzw. ein Entsagender werden wollen (3.) und die Upanishaden, die die "Essenz der Veden" darstellen (4.). Die 108 Upanishaden bilden den letzten und den philosophischen Teil dieser Schriften und bilden die Grundlage der "Vedanta12". Um den Menschen nicht nur auf der "intellektuellen Ebene" der Weisheitslehren die Religion zugänglich zu machen, entstanden die mit den Veden verbundenen Puranas13, deren Ziel darin besteht, die religiösen Texte leichter zugänglich zu machen. Nun nähern wir uns der Astrologie, denn wir kommen am Ende dieser Gliederung zu den 6 "Angas", den "6 Organen" der Veden. Nur mit der Hilfe dieser können wir die Veden verstehen, dabei gilt die Astrologie als das wichtigste Hilfsmittel, sie wird deshalb auch als das Auge der Veden bezeichnet. 11 Rishis sind "erleuchtete Seher", vollendete Seher des antiken Indiens, die die "Wahrheit geschaut" haben Vedanta heißt wörtlich übersetzt "Ende der Veden", also als Offenbarungen verstandenen frühindischen Textüberlieferungen 13 Die Puranas werden in 3 Hauptgruppen aufgeteilt, die Brahma-Puranas, die Vishnu-Puranas und die ShivaPuranas, aber es gibt auch Puranas für Gottheiten wie Devi, Krishna, Surya und Ganesha. Die Puranas enthalten ausführliche spirituelle Lebensanweisungen und beschreiben, wie die Gottheiten angebetet und verehrt werden können. 12 4 Die 4 Hauptteile der Veden Hymnen Teile Themen 1. Rig-Veda 1028 21 Lieder + Mantras z. Verherrlichung d. Götter 2. Sama-Veda 1875 1000 "Wissen von den Gesängen" 3. Yajur-Veda 1975 109 Mantras und Opferformeln für Rituale 4. Athar-Veda 5877 50 Mystische Übungen, Heilkunst, Magie Gemeinsame Gliederung der 4 Veden 1. Teil: Hymnen (Mantra-Samhitas) 2. Teil: Erklärungen der Mantras (Brahmanas) - für "im Leben" Stehende 3. Teil: Aranyakas - Spirituelle Texte für Entsagende (Sannyasins) 4. Teil: Upanishaden - Essenz der Veden Mit den Veden verbundene wichtige Schriften 1. Puranas: Diese Texte erleichtern den Menschen den Zugang zur Religion 2. Upanishaden: Lehrgespräche zwischen Schülern + Lehrern über die Seele etc. Die 6 "Organe" der Veden Chandas Versmaß und Metrik Füße Behandelt den Satzrhythmus Vyakarana Grammatik Mund Zum Verstehen d. Veden nötig Kalpa Vedisches Handeln Arme Vorgehen beim Ritual Jyotisha Astrologie, Astronomie Augen Einflüsse der Himmelskörper Siksa Phonetik Nase Aussprache und Akzent Nirukta Ethymologie Ohren Lehre der Wortherkunft 5 2. In welche Themenbereiche gliedert sich die Vedische Astrologie? Nun wissen wir, wie die Astrologie Indiens mit den Veden verbunden ist. Zum Beispiel lesen wir bereits in der Rig-Veda über astronomische Berechnungen mit "12 Zeichen" und einem Kreis, der in 360 Grade eingeteilt ist. Oder im 1. Liederkreis, Mantra 1, Nr. 115, wird über den Sonnengott, Surya, gesprochen und dass die Sonne die Seele darstellt - genauso wie wir dies in der "Vedischen Astrologie" finden. Sucht man weiter, findet man noch mehr Verbindungen direkt in den urältesten Vedischen Schriften. Führende Gelehrte datieren deshalb die Ursprünge der Vedischen Astrologie auf eine Zeit von ungefähr 3.000 vor Christus. Und zudem haben wir erfahren, dass die Astrologie sogar das wichtigste Werkzeug ist, um überhaupt die Veden verstehen zu können. Wie ist aber nun Jyotish (die Vedische Astrologie) selbst gegliedert? In dem berühmten klassischen Text der "Prasna Marga14" erklärt der Gelehrte Harihara, dass Jyotish in 3 "Skandas", oder 3 Hauptkategorien eingeteilt ist die wiederum in 6 Zweige aufgeteilt sind. Hier das Ganze in einer graphischen Übersicht: I. II. III. IV. V. VI. 14 Gliederung von Jyotish 1. Ganita 2. Samhita 3. Hora - Astronomie (Gola) Prophezeiungen , Omen Jataka Prashna - Mathematik (Ganita) Handlesen, Numerologie, Edelsteine, Astronomie, Muhurtha Hora i. V. m. Mundanastrologie Jataka Dies bezieht sich auf Geburtshoroskope, worin die Karmas des Individuums definiert und zeitlich angelegt sind. Gola Dies handelt von "sphärischer" Astronomie, den Planetensystemen und ihren Eigentümlichkeiten. Nimitta Dies bezieht sich auf "Omen", die zu einem bestimmten Zeitpunkt beobachtet werden und es werden Vorhersagen aufgrund bestimmter Gesten oder Bewegungen gemacht. Prashna Dies bezieht sich auf die Art von Vorhersagen, wo das Horoskop zum Zeitpunkt der Frage des Ratsuchenden erstellt wird. Muhurtha Dies hat zu tun mit der Ermittlung von günstigen Momenten, um mit wichtigen Vorhaben beginnen zu können. Ganita Damit sind mathematische Kalkulationen gemeint, die sich auf die Positionen und Bewegungen der Planeten innerhalb des Zodiaks beziehen. Prashna Marga ist ein klassischer Text über die "Hindu-Astrologie" aus dem Jahre 1649 n. C. aus Kerala 6 3. Welche verschiedenen Zweige bezüglich der Deutungsarbeit gibt es? Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit 28 Staaten und 22 offiziellen Sprachen, da ist es nicht verwunderlich, dass dieselbe Wissenschaft verschiedene Namen in den diversen Regionen angenommen hat. Interessant ist dabei, dass der große Guru und Astrologe Sri Yukteswar15 darüber öffentlich informierte, dass die wenigsten Astrologen Jyotish als eine Wissenschaft auf eine systematische Weise betreiben, sondern unendlich viele "planetare Kombinationen", sog. "Yogas16", auswendig lernten und diese in der Hoffnung anwendeten, dass sie davon wichtige in dem zu untersuchenden Horoskop finden könnten. Die Vedische Astrologie wendet sich seit dem 19. Jahrhundert immer mehr einer wissenschaftlichen Arbeitsweise zu. Einige sehr bekannte Beispiele daraus sind: System Approach (V. K. Choudhry), KP Astrologie (Krishnamurti Paddhati) und das Lyer System. Die größte Entwicklung stellen allerdings die Wiederentdeckungen der 2 großen klassischen Texte dar, der Brihat Parashara Hora Shastra und den Upadesa Sutras, denen wir uns in Kapitel 5 eigens etwas widmen wollen. Diese stellen vollständige Anleitungen dar, um die Vedische Astrologie auf eine wissenschaftliche und systematische Weise betreiben zu können - warum sollten wir also das Rad neu erfinden wollen? Dennoch möchte ich erwähnen, dass es neben den m. E. wichtigsten Schulen, also basierend auf Parashara und Jaimini, auch noch "Dhruva Matham17", "Bhrigu Matham18", Tajika-Astrologie und die südindischen "Nadis19" gibt. Die südindischen Nadis haben ihre ganz eigene Richtung. Zum Beispiel gibt es hierzu auch das "Chandra Kala Nadi", hier werden die einzelnen Abschnitte eines Horoskops nochmals extrem verfeinert, allerdings benötigt man dann eine sehr genaue Geburtsuhrzeit. Und dann haben wir noch das "Tajika-System20", das vor allem in den "Jahreshoroskopen", dem Varshaphala21, Anwendung findet und in den sog. "Fragehoroskopen", Prashna22 genannt. Es gibt deutliche Hinweise, dass Tajika einen Einfluss aus Persien bzw. Arabien zeigt, so gab es hier einen gewissen "interkulturellen" Austausch. 15 Swami Sri Yukteswar lebte von 1855 - 1936 und galt als "Jnanavatar" ("Inkarnation der Weisheit") Yoga im astrologischen Sinne stellt eine "planetare Konstellation" dar, d. h. es sind Planeten auf eine bestimmte Weise miteinander verbunden, wodurch etwas ausgesagt bzw. angezeigt wird. 17 Dhruva Matham basiert auf dem Weisen Satyacharya 18 Die Bhrigu Samhita ist ein klassischer astrologischer Text, der auf den großen Weisen "Maharishi Bhrigu Ji" zurückgeht, davon wurde aber viel verloren, als Indien durch Muslime im 12. und 13. Jahrhundert eine Invasion erfuhr. 19 Nadis sind Deutungen, die bereits geschrieben sind, teilweise vor Jahrhunderten, teilweise bereits vor Jahrtausenden. So gibt es einen "Nadi-Schreiber", einen "Nadi-Leser" und einen "Nadi-Kunden". Dabei gibt es nun unterschiedliche Vorgehensweisen, um das passende Horoskop klassifizieren zu können, dies kann ein Fingerabdruck oder nur das Geburtsjahr sein. 20 Tajika Neelakanthi ist eine Abhandlung über die Zukunftsdeutung in der Vedischen Astrologie, die von Neelakantha im Jahr 1587 n. C. oder 1587 n. C. zusammengestellt wurde. 21 Varshaphala sind Horoskope, die zwar vom Geburtshoroskop abgeleitet werden, aber als eigene Horoskope immer nur von Geburtstag zu Geburtstag erstellt werden. 22 Prashna sind Horoskope, die zu dem Zeitpunkt erstellt werden, wann eine Frage an den Astrologen gerichtet wird. 16 7 4. Was sind wesentliche Unterschiede zur hiesigen Astrologie? Nun wollen wir auf Punkte eingehen, in denen sich meinen Erkenntnissen nach die Vedische Astrologie zur hiesigen, also westlichen Astrologie, besonders unterscheidet. A. Ayanamsa - tropischer bzw. siderischer Tierkreis Die meisten Vedischen Astrologen arbeiten mit dem "fixen" Tierkreis, was als siderischer Tierkreis bezeichnet wird und die westlichen Astrologen arbeiten mit dem beweglichen Tierkreis, was als tropischer Tierkreis bezeichnet wird. Das bedeutet, dass die meisten Vedischen Astrologen mit einer gewissen "Verschiebung", dem Ayanamsa23, arbeiten, wodurch die Stände der Planeten in den Zeichen sich um ca. 24 Grad zurückgehen. So ist es gut möglich, dass sie im ersten Moment in ihrer gewohnten, westlichen Astrologie, Aszendent Skorpion sind, und dann ergibt sich durch diese Verschiebung Aszendent Waage in der Vedischen Astrologie. Viele indische Astrologen führen diesen Punkt als großen Vorteil gegenüber der westlichen Astrologie aus und die Masse der indischen Astrologen arbeitet auch mit dieser "Verschiebung". Nur diese "Spaltung" in 2 verschiedene Berechnungen ist meines Erachtens unrichtig. Vielmehr ist es so, dass es in der Welt nur eine Astrologieart gibt, die eben auf dem Tierkreis, dem Zodiak24, basiert. Diese Verwirrung entstand, wie die Astrologie Indiens vor langer Zeit in Austausch trat mit der westlichen Astrologie und man ab diesem Zeitpunkt begann, die Tierkreiszeichen "an den Himmel zu heften", was aber in den alten Schriften nirgendwo ursprünglich so gedacht war. Deswegen kommen auch den Tierkreiszeichen in der Vedischen Astrologie nicht so eine große Bedeutung zu. Sollte sie dieses Thema näher interessieren, dann können sie dazu in meinem Blog nachlesen, worin ich dieses Thema ausführlich erläutere. Das bedeutet nun für meine weitergehenden Ausführungen, dass die Planeten immer in den gleichen Zeichen wie in der westlichen Astrologie sind, denn die Vedische Astrologie schreibt in ihren klassischen Texten kein Wort über diese Verschiebung. Wir legen demnach diese Planetenstände zugrunde, so wie sie diese aus der westlichen Astrologie kennen. B. Vargas - die Ergänzungshoroskope Zusätzlich zu dem Basishoroskop, dem sog. "Rasi25" gibt es 15 sog. "Ergänzungshoroskope", die alle vom D 1, dem Basishoroskop, abgeleitet werden. Dadurch kann man in bestimmten Lebensbereiche feiner deuten, z. B. steht das D 10, das Dasamsa, für den Lebensbereich der Karriere oder das 23 Ayanamsa - Die Differenz zwischen dem siderischen und dem tropischen Tierkreis. Es gibt auch hier mehrere "Ayanamsas" und der am meisten verwendete ist das "Lahiri-Ayanamsa", der aktuell 24:04 Grad beträgt. 24 Zodiak ist eine 20 Grad breite Zone um die Ekliptik, innerhalb deren die scheinbaren bahnen von Sonne, Mond und den Planeten verlaufen. 25 Rasi ist ein Sanskrit-Begriff und bedeutet einen Abschnitt von 30 Grad. Das Basishoroskop, das D 1, heißt deshalb Rasi, weil es in 12 Zeichen je 30 Grad aufgeteilt ist. 8 D 12, das Dvadasamsa, für die Vorfahren und die Eltern, dadurch können folglich präzisere Deutungen vorgenommen werden. In der westlichen Astrologie gibt es die sog. "Harmonischen Horoskope", die von John Addey erst Mitte des 20. Jahrhunderts erstmals im Westen aufgegriffen wurde, doch auch diese Methode geht auf die indische Astrologie und den Vargas, zurück. C. Keine Deutung anhand der Planeten Uranus, Neptun und Pluto Die erst "kürzlich" entdeckten äußeren Planeten Uranus, Neptun und Pluto haben sicherlich in der westlichen Astrologie ihre Wichtigkeit, doch in der Vedischen Astrologie sind sie nicht von zentraler Bedeutung. So wird in der Vedischen Astrologie das Zeichen Fische nicht von Neptun, sondern von Jupiter, das Zeichen Skorpion nicht von Pluto, sondern von Mars und das Zeichen Wassermann nicht von Uranus, sondern von Saturn regiert. D. Yogas - besondere planetare Konstellationen Ein "Yoga26" bedeutet in der Vedischen Astrologie eine Kombination von bestimmten planetaren Faktoren. Steht z. B. Planet Mars zusammen mit dem Mond, also im gleichen Zeichen, dann wird ein bestimmtes "Yoga" gebildet, was für eine bestimmte Bedeutung steht. Diese können dann auch günstige oder ungünstige Effekte anzeigen. Davon gibt es viele Hunderte, die in den klassischen Sanskrittexten erwähnt werden und die Analyse eines Horoskops bezüglich dieser Yogas kann sehr erhellend sein und existiert so nicht in der westlichen Astrologie. E. Dasas - die planetaren Phasen Das "Janam-Kundali", also das Geburtshoroskop, zeigt das Lager ihrer Karmas, das auf ihren Handlungen aus vergangenen Inkarnationen beruht, an. Wann diese nun zum Tragen kommen, wird ausgelöst durch die Dasas27. Diese werden individuell berechnet und stellen ein hervorragendes "Vorhersage-Werkzeug" dar, denn die indische Astrologie ist ja besonders bekannt für ihre Zukunftsprognosen und dabei spielen diese "Dasas" die wichtigste Rolle. F. Grahas - die Planeten Die Planeten in der Vedischen Astrologie werden als die Grahas28 bezeichnet. Sie werden als Gottheiten verehrt, in denen Vishnu sich persönliche inkarnierte. Die Vedische Astrologie arbeitet deshalb auch mit den Themen des Karmas, der Reinkarnation, der Seele und es gibt einen Gott. 26 "Yoga" hat eine Verbindung zur Sanskritwurzel "Yuj", was eigentlich für "verbinden" steht. Dasas stellen die Zeiträume dar, wann bestimmte Planeten regieren. Es gibt über 100 verschiedene DasaSysteme, die auch je nach Deutungsabsicht ausgewählt werden (z. B. für Langlebigkeit und Krankheiten). 28 Graha kommt aus dem Sanskrit und bedeutet "ergreifen", denn sie packen unser Bewusstsein, um auf eine bestimmte Weise zu handeln. 27 9 5. Welche sind die wesentlichen Schriften der "Vedischen Astrologie? Wie bereits erwähnt, basiert der größte Teil der Vedischen Astrologie auf den großen antiken Texten der "Brihat Parashara Hora Shastra", kurz gesagt der BPHS und den "Upadesa Sutras von Jaimini". Diese beiden Texte sind einzigartig unter allen anderen astrologischen Texten, denn sie enthalten komplette Systeme für das Betreiben einer "wissenschaftlichen Astrologie". Alle anderen Texte stellen nur "Schatten" dieser Originalschriften dar, deshalb macht es am meisten Sinn, den Fokus auf diese beiden Klassiker zu richten. Die Brihat Parashara Hora Shastra, also die BPHS, ist geschrieben als ein Dialog zwischen dem Rishi Parashara und seinem Schüler Maitreya. Parashara war der Vater von Vyasa, der die Mahabharata29, das Srimad Bhagavatam30 und die Bhagavad-Gita zusammengestellt hat. Auch Maitreya galt als ein bedeutsamer Rishi und ein Dialog zwischen 2 so erhabenen Seelen betont die Großartigkeit der BPHS. Wir wissen heute, dass der große astrologische Gelehrte Bhattotpala im 10. Jahrhundert n. C. erklärte, dass er zwar von der BPHS gehört habe, diese aber nie zum sehen bekam. Dadurch wissen wir, dass die BPHS lange verloren war und es geschah erst vor "kurzem", nämlich im 19. Jahrhundert, dass die Texte von einem Gelehrten durch Besuche vieler Pandits31 mühselig zusammengesucht wurden. Aus astrologischer Sicht kommt dies einer enormen Bedeutung zu. Damit kann die Vedische Astrologie auf einer wissenschaftlichen und systematischen Weise betrieben werden. Warum gibt es aber dennoch immer noch sehr wenige Astrologen, die mit diesen Techniken arbeiten? Der große Rishi Parashara hat uns zwar alle "Zutaten" gegeben, er lässt uns aber alleine mit der Frage, wie wir diese zum besten Zweck zusammensetzen sollen. Dies erfordert viel Zeit, um sich mit der richtigen Anwendung dieser hervorragenden Werkzeuge zu beschäftigen und man muss sehr hingegeben sein, um hierin vorwärts zu kommen. So ist es leichter, mit ein paar einfachen Techniken und der Intuition zu deuten, aber wenn wir die Astrologie auf einer präzisen und wissenschaftlichen Basis betreiben wollen, dann benötigen wir die Werkzeuge von Parashara. Der andere große astrologische Weise, Jaimini, stellt uns sein Wissen in Sutras32 zur Verfügung, die erst seit kürzerem auch in Englisch zugänglich sind. Jaimini sein Guru war auch Vyasa, der ja der Sohn des Rishi Parashara war! Jaimini stellt ein eigenes System innerhalb der Vedischen Astrologie dar und wird auch in der BPHS erwähnt. Diese wurden schriftlich verfasst 300 v. C. Die Techniken überzeugen durch ihre systematische Struktur und geben beachtliche Deutungserfolge. 29 Mahabharata ist das bekannteste indische Epos, es umfasst 100 000 Doppelverse, darin enthalten ist auch die wichtigste Schrift der Veden, die Bhavad-Gita 30 Srimad Bhagavatam ist die umfassendste und autoritativste Zusammenstellung Vedischen Wissens 31 Pandit ist ein indischer religiöser Gelehrter 32 Versen 10 6. Hinweise zum Erlernen der Vedischen Astrologie Die Vedische Astrologie umfasst mehr Techniken zur Deutung als wie alle anderen Astrologiearten der Welt zusammengefasst. Das bedeutet, dass man mit dem Studium der Vedischen Astrologie mehrere Leben bräuchte, um diese Wissenschaft komplett und in der Tiefe erfassen zu können. In Indien kann die Vedische Astrologie auch regulär an einer Universität studiert werden, da sie dort einen Status hat wie bei uns ein Medizinstudium. Auf den Punkt gebracht, bedeutet dies für das erlernen der Vedischen Astrologie folgendes: „Der Weg ist das Ziel“ Damit möchte ich ausdrücken, dass die Erfolgserlebnisse im Studium der Vedischen Astrologie sich dadurch zeigen, in dem man seinen Horizont immer mehr erweitert, Gelerntes wiederholt und anwendet sowie darüber meditiert und bereit ist, das Studium mit Geduld und Ausdauer zu betreiben. Natürlich werden sich trotzdem schon früh während dem Erlernen der grundlegenden Techniken sehr interessante Erkenntnisse zeigen. Es ist aber nicht möglich, durch das Lesen eines Buches über die Vedische Astrologie oder ein paar Wochenendseminare zu einem ausreichenden Verständnis und einer erfolgreichen Anwendung dieser Wissenschaft kommen zu können. Aus diesem Grunde empfehle ich auch, sich mit Fokus und Hingabe lieber ganz dem Studium zu verschreiben als wie sich gleichzeitig mit noch 10 weiteren Hobbys beschäftigen zu wollen. Aus dem Studium der Weisheiten dieser Astrologie wissen wir, dass es viel besser ist, sich auf 2, höchstens 3 Ziele im Leben fokussieren, um darin mit Erfolg vorwärts zu kommen, als wie sich für viele Themen nur oberflächlich zu interessieren. Denn die innere Erfüllung kommt dadurch zu Stande, in dem wir unsere Ziele erreichen und dies setzt Konzentration und Hingabe voraus. Damit möchte ich ausdrücken, dass die Vedische Astrologie eine sehr interessante Wissenschaft darstellt, aber Disziplin, Ernsthaftigkeit und Langfristigkeit voraussetzt. Sie kann für sie ein lebenslanges Hobby sein, oder sogar eine berufliche Option, sei es als Berater oder Lehrer. Die richtige Deutung setzt ein gutes Verständnis für die elementaren Werkzeuge der Vedischen Astrologie voraus. Darum wundern sie sich nicht, wenn sie in den Lehrbriefen bzw. in den Unterrichten auch Wiederholungen lesen bzw. hören, aber auf diese Weise wird das so wichtige Basiswissen gefestigt. In den klassischen Texten können wir nachlesen, dass für die Ausübung einer Tätigkeit als Vedische Astrologe auch hohe Maßstäbe an die Charakterstärke gestellt wurden. Darum ist es auch wichtig, dass sie verstehen, dass sie mit dem Studium der Vedischen Astrologie eine Vorbildfunktion wahrnehmen sollen und natürlich auch ihre Erkenntnisse aus dem Studium zur Veredelung ihres Charakters einsetzen sollten. Auch der Glaube an eine höhere Macht bzw. eine höhere Ordnung stellt eine wichtige Voraussetzung dar, um mit der richtigen Haltung im Studium leichter vorwärts kommen zu können. Ich wünsche ihnen viele fruchtbare Erkenntnisse! 11