Arch. DI Markus Lang Arch DI Peter Hanisch Arch DI Margarete Dietrich Wettbewerb Erweiterung Gerichtsgebäude St.Pölten N.Ö. Erläuterungsbericht Die Aufgabe der Erweiterung des bestehenden Gerichtgebäudes das Landesgericht St.Pölten definiert sich einerseits durch einen notwendigen sensiblen Umgang mit dem historischen Bestand, andererseits durch einen möglichst großen Nutzflächengewinn. Das Selbstverständnis der Justiz als bürger/innen/freundliche und bürger/innen/nahe Serviceeinrichtung ist in der Gestaltung zu berücksichtigen. Städtebauliche Lösung/Entwurfsgedanken Ziel ist die Erhaltung des historischen Ensembles - das neue Gebäude wird sensibel eingepasst und nimmt mit seiner Form und Ausrichtung vorhandene Raumkanten auf, ohne auf seine Selbstständigkeit zu verzichten. Die Formulierung und Gestaltung der Baukörper bedient sich der reduktiven Architektur unter Rücksichtnahme auf die Struktur des Bestandes. Es gibt zwei Gebäudeteile: - der „Rücken“: der Baukörper im Anschluß an den Bestand, der die Proportion und Höhe/Umrißentwicklung des bestehende Gerichtsgebäude an der Andreas Hofer-Straße übernimmt bzw. an dessen östlichem Ende durch seine Abschrägung auf den seitlich anschließenden Bauteil der Justizanstalt reagiert. - der „Flügel“: der (scheinbar) freistehende Solitär, der die vielen Höhen und Proportionen der umliegende Gebäudeteile der Justizanstalt aufgreift und als freie Form die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Justiz symbolisiert. Die Fassaden des „Flügels“ sind mit kupferfarbigen Lamellen verkleidet. Sie besitzen eine hochwertige Erscheinungs- und Materialqualität. Das Material steht für Wert und Beständigkeit und schafft – hier zeitgemäß angewandt – einen guten Konnex zum historischen Bestand. Die Lamellen bilden zusätzlich einen Sichtschutz der großzügigen Fassadenöffnungen des „Flügels“. „Rücken“ und „Flügel“ sind im EG und 1.OG zusammengefasst. Der darüber liegende Bereich zwischen den beiden Gebäudeteilen ist als blickgeschützter Freiraum (Hof mit Öffnung nach Osten) ausgebildet, der eine hohes Maß an räumlicher Qualität, Offenheit und Belichtung schafft. Allgemein zugängliche Räume zum Hof befinden sich im EG und 1.OG. Hier kommen die Lamellen als Sichtschutz und Sonnenschutz wieder zur Anwendung. In den Geschossen darüber sind Arbeitsräume Richtung Hof situiert. Ecklösung Die „optische“ Anbíndung an der Andreas Hofer-Straße erfolgt neutral und zurückhaltend. Das bestehende Gebäude bleibt in seiner Erscheinung erhalten. Der Gebäudeanschluß erfolgt durch ein Verglasen der Ecke, wobei die vorhandene Fassade inkl. Gesimse über Ecke im Luftraum des „neuen“ Erschließungsbereiches bestehen und sichtbar bleibt. Erschließung Kurze Wege und eine gute Kommunikation werden durch das raffiniert an der Schnittstelle zwischen Neubau und Altbau eingefügte Stiegenhaus gewährleistet. Die Höhenentwicklung und die grundrissliche Disposition ermöglicht in 2 der 3 Hauptgeschosse des Bestandes eine ebene, direkte Anbindung. Das weitere Hauptgeschoß ist behindertengerecht mittels Aufzug sowie über zwei kurze Stiegenläufe in der Weise eines Splitlevelsystems mit dem Neubau verbunden. Funktionen Die Funktionen sind kompakt im Gebäude angeordnet - wenn möglich komplett in einem Geschoss oder nach Zusammenhängen geordnet. Die Büroflächen sind unter den Gesichtspunkten der optimalen Belichtung, Orientierung bzw. der größtmöglichen Flächenausnutzung unter Einhaltung baukünstlerischer Vorgaben angelegt. Zur Flexibilisierung der Raumaufteilung wird ein Raster von 95cm verwendet. Die Möblierung mit handelsüblicher Büroausstattung ist möglich. Das EG beinhaltet die gemeinsamen Räume von LG/BG/StA mit möglichen Ausgang (Fluchtweg) zur Andreas Hofer-Straße. Im 1.OG (= EG bestehendes Gericht) befinden sich die Arbeitsräume/Folgeeinrichtungen sowie direkt an den Bestand anzubindende gemeinsame Räume. Im 2.OG bis 4.OG sind die Räume der Staatsanwaltschaft bzw. der Bezirksanwälte angeordnet. Teile des EG´s, 4.OG´s und das Dachgeschoss sind als Erweiterungs-/Reservefläche gedacht (Gesamt ca.210m²). Die „Aufstockung“ des Flügel-Bauteils um ein weiteres Geschoss wäre möglich. Stellplätze Im Zuge der Neuordnung des Vorplatzes wird der Einbau einer Tiefgarage mit 59 Stellplätzen vorgeschlagen. Die Stellplatzberechnung für die Erweiterung ergibt 33 erforderliche Stellplätze. Die vorhandenen 25 Stellplätze auf der Erweiterungsfläche entfallen, genauso wie die 18 Stellplätze am Vorplatz (Neuordnung ohne Stellplätze am Vorplatz). Damit ergeben sich 17 fehlende Stellplätze, die im bestehenden Hof des Gerichtsgebäudes untergebracht werden sollten. Vorplatz Der Vorplatz ist frei von Stellplätzen, um einen, dem Gebäude angemessen, großzügigen städtischen Platz zu schaffen. Die großzügige befestigte Fläche wird durch Lichtkegel der Tiefgarage durchbrochen, die den Platz strukturiert. Die Vision wäre, mehr urbanen Charakter durch Belebung des Platzes zu schaffen – z.B. durch Ansiedelung von Gastronomie? Der befestigten Fläche über der Tiefgarage wird im gleichen Ausmaß eine Grünzone gegenübergestellt, die Monotonie verhindern soll. Um mehr Spannung zu erzielen, wird die Grünzone in Höhe und Tiefe modelliert. „Pfade“ durch die Grünzone gewährleisten die zielgerichtete Erschließung. Ein gläserner Pavillon, der räumlich neutral in Erscheinung tritt, dient als Auf-/Abgang zur Tiefgarage. Die bestehenden Eschen bleiben – bis auf eine - erhalten. Diese wird (um die Nutzfläche der Tiefgarage nicht einzuschränken) am Standort übersiedelt. Konstruktion Stahlbetonbauweise mit Scheiben und Stützen, Stahlbetondecken – mit Schall- und Wärmeschutz nach baurechtlicher Erfordernis entsprechend dem Stand der Technik. Technische Infrastruktur Die Versorgung des neuen Bauteils mit Energie und die Ausstattung mit technischer Infrastruktur erfolgt mittels Erweiterung der im Gebäudekomplex derzeit bestehenden Systeme.