Fallbericht

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Maligne Histiozytose bei einem Berner Sennenhund Ein Fallbericht
A. Tschank – B.Vidoni
Schlüsselwörter:
Maligne
Histiozytose,
Berner
Sennenhund,
Phäochromozytom,
Nebennierentumor, Tachykardie, Hypertonie.
Zusammenfassung
Ein 7,5 Jahre alter Berner Sennenhund wurde auf die Veterinärmedizinische Universität
überwiesen. Grund der Überweisung war ein Röntgenbild des Thorax, das eine Verschattung
cranial des Herzens zeigte. Dieses fragliche Gebilde sollte mittels Computertomographie
(CT) genauer dargestellt werden. Weiters wurden Blutuntersuchungen, eine kardiologische
Untersuchung inklusive Herzultraschall sowie eine Abdominalsonographie durchgeführt. Im
Rahmen der bildgebenden Diagnostik konnte eine Umfangsvermehrung mit einem
Durchmesser von 11 cm cranial des Herzens und eine einseitige Adrenomegalie dargestellt
werden. Aufgrund der erhobenen Befunde und dem paroxysmalen Auftreten einer
Tachykardie und schweren Hypertonie lautete die Arbeitsdiagnose Phäochromozytom, mit
dem Verdacht der Metastasierung in den Thorax. Der Hund wurde anschließend operiert
wobei sich die mediastinale Umfangsvermehrung als Lungentumor herausstellte, die
histologisch als Histiozytärer Tumor diagnostiziert wurde. Aufgrund der Verschlechterung
des Allgemeinzustandes wurde der Hund 7 Tage später euthanasiert und obduziert. Die
pathologische Untersuchung zeigte das Bild einer Malignen Histiozytose.
Einleitung
Histiozytäre Tumore werden je nach Autor in 3-4 Gruppen eingeteilt (8, 9, 10). Die erste
Gruppe beinhaltet drei kutane Varianten (canine cutaneus histiocytoma, Langerhan`s cell
histiocytosis LCH, cutaneus histiocytosis CH). Die weiteren drei Gruppen sind als
systemische Tumore zu interpretieren ( systemic histiocytosis SH, histiocytic sarcoma HS,
malignant histiocytosis MS (10)). Die Literaturrecherche zeigte keine eindeutige Nomenklatur
im Hinblick auf die exakte Einteilung Histiozytärer Tumore.
Bei dem folgend beschriebenen Fallbericht handelte es sich um ein Histiozytäres Sarkom,
das aufgrund des multiplen Auftretens in verschiedenen Organen eindeutig als Maligne
1
Histiozytose diagnostiziert werden konnte. Die Diagnose konnte in diesem Fall nur post
mortem gestellt werden.
Fallbericht:
Anamnese
Ein Berner Sennenhund, männlich, kastriert, 71/2 Jahre alt wurde vom Haustierarzt zur
weiteren Abklärung am 13.2. 2008 auf die Veterinärmedizinische Universität Wien
überwiesen. Aufgrund einer bevorstehenden Hüftoperation wurde ein routinemäßiges
Röntgenbild vom Thorax angefertigt wobei sich eine Umfangsvermehrung cranial des
Herzens darstellte.
Zur genaueren Abklärung vereinbarte man einen CT Termin an der Universität.
Die Besitzer berichteten von keinen bestimmten Auffälligkeiten abgesehen von einer seit
kurzen auftretenden Schwäche beim Spazierengehen und einem Hüsteln bei Aufregung seit
14 Tagen.
Klinische Untersuchung
Der Patient wurde vor dem CT klinisch untersucht, die Auskultation der Lunge ergab rechts
Mitte bis ventral ein mgr. verschärft vesikuläres Atemgeräusch und links ein abgeschwächtes
Atemgeräusch bzw. war das Atemgeräusch von Herztönen überlagert. Die Tonsillen waren
ggr. gerötet und der Rachen im kaudalen Bereich verschleimt.
Als weiterführende Schritte wurde eine Blutuntersuchung, eine kardiologische Untersuchung,
eine Abdominalsonographie sowie eine Computertomographie inkl. Biopsie vereinbart.
Labor
Eine durchgeführte Hämatologie, Blutchemie und Blutgerinnung war ohne Besonderheiten
(OB).
Kardiologische Untersuchung
Ein durchgeführtes Elektrokardiogramm (EKG) zeigte einen normalen Sinusrhythmus, der
Blutdruck war normal, mittels der Sonographie konnte intrathorakal eine von einer intakten
Kapsel umgebenen solide Masse mit einem Durchmesser von 11 cm dargestellt werden
(Abb.1). Diese inhomogen echoreiche Masse war durchzogen von kleineren Gefäßen und
führte zu einer links wie rechts atrialen und dorsalen Kompression des Herzens. Die Masse
zeigte keine Infiltration des Herzens, welche normalerweise bei Hämangiosarkomen vorliegt.
2
Das Myokard stellte sich normokinetisch und nicht hypertrophiert dar. Es lagen keine
pathologischen Strömungen vor.
Abb.1: Ultraschallbild: Echoreiche Darstellung
der präkardialen Masse mit der Abmessung von
11 cm (Kreuze)
umgeben
von
einem
echoreichen Saum.
Sonographie
Mittels Abdominalsonographie konnte die rechte Nebenniere als echoarmes Gebilde mit
einem Durchmesser von 3cm dargestellt werden (Abb.2), die linke Nebenniere war zu
diesem Zeitpunkt nicht darstellbar. Abgesehen von einer ggr. verbreiterten Magenwand und
einer inhomogenen Milz stellten sich die übrigen Organe unauffällig dar. Als Diagnose wurde
ein Nebennierentumor rechts gestellt.
Abb.2: Ultraschallbild: Darstellung der rechten
Nebenniere als echoarmes Gebilde (d=3cm).
Computertomographie
Die Computertomographie (CT) zeigte einen hyperdensen Bereich kranial des Herzens
sowie eine hgr. Vergrößerung der tracheobronchialen Lymphknoten (Abb.3, 4). Zur weitern
Abklärung der mediastinalen Masse sollte eine Biopsie durchgeführt werden. Aufgrund der
weiter unten angeführten Komplikationen konnte diese nicht durchgeführt werden. Diese
Untersuchung wurde deshalb auch ohne Atempausetechnik und ohne Kontrastmittelgabe
durchgeführt.
Unter
Atempausetechnik
versteht
man
einen
induzierten Atemstillstand, um Atmungsartefakte zu vermeiden.
3
durch
Hyperventilation
Die Diagnose lautete Umfangsvermehrung (14x8x7cm) im cranialen Mediastinum sowie
Vergrößerung der sternalen und tracheobronchialen Lymphknoten.
Abb.3: CT Bild: Darstellung der hypertensen
Masse cranial des Herzens, das Herz ist nach
links verlagert, rechts sind Atelektasen der Lunge
sichtbar.
Abb.4:
CT
Bild:
Hgr.
Vergrößerung
der
tracheobronchialen Lymphknoten, Verlagerung
der distalen Trachea nach dorsal.
Komplikationen der Narkose
Um die Computertomographie durchzuführen wurde der Hund mit einem Routineprotokoll in
Narkose gelegt. Die Prämedikation bestand in Acepromacin 0,01 mg/kg iv, Butorphanol 0,2
mg/kg iv, Midazolam 0,2 mg/kg iv, zur Einleitung wurde Propofol 4 mg/kg iv eingesetzt, die
Erhaltung erfolgte mit Isofluran. Von Beginn an kam es zu Komplikationen wie Zittern,
Tachykardie und Hypertension. Die Herzfrequenz stieg auf über 220 bpm und der
systolische Blutdruck stieg auf über 200 mmHg. Als erste Therapie wurde erfolglos versucht,
durch Erhöhung der Isoflurandosis den Blutdruck zu senken. Eine weitere Komplikation
bestand darin, dass kein Alpha - Blocker in injizierbarer Form vor Ort war. Nach Eintreffen
des Medikaments wurde Urapidil 12,5 mg als Bolus iv verabreicht. Weiters wurde Esmolol
als Bolus 0,1 mg/kg iv sowie als DTI 1mg/kg/h verabreicht. Nach einer Stunde waren
4
Herzfrequenz und Blutdruck wieder im Normbereich und es konnte nach der Aufwachphase
mit einer peroralen Therapie (Phenoxybenzamin 0,5 mg/kg BID) gestartet werden, um die
Herz- Kreislaufsituation stabil zu halten.
Weitere Vorgehensweise
Die erhobenen Befunde führten nicht zu einer eindeutigen Diagnosestellung. Klinisch war der
Patient weitgehend unauffällig, das Blutlabor zeigte keine pathologischen Werte, ein
durchgeführter Herzultraschall sowie die CT zeigte eine intrathorakale Masse. Im Abdomen
konnte sonographisch eine Adrenomegalie dargestellt werden. Als Narkosekomplikation
wurde eine massive Tachykardie und Hypertension beschrieben. Differenzialdiagnostisch
kommen
für
die
Umfangsvermehrungen
im
Thorax
diverse
Tumore
wie
Hämangioendotheliom, Lymphom, Thymom, Histiozytom, Chemodectom, Mesotheliom,
Chondrosarkom und Schildrüsenadenokarzinom in Frage. Weiters ist an Granulome,
Hämatome
sowie
Umfangsvermehrungen
anderer
Genese
zu
denken.
Bei
der
Umfangsvermehrung im Abdomen könnte es sich um einen nicht funktionell aktiven
Nebennierentumor
oder
um
einen
funktionell
aktiven
Nebennierenrinden
bzw.
Nebennierenmarktumor handeln (1).
Die spezielle Blutuntersuchung ergab keine weiteren Hinweise. Ein cortisolproduzierender
Nebennierenrindentumor mit sehr hohem ACTH erschien sehr unwahrscheinlich (Cortisol
2,64 µg/dl, ACTH 330 pg/ml). Ein hormonell aktives Schilddrüsenadenokarzinom war
aufgrund der gemessenen Werte sehr unwahrscheinlich (can.T4 15,80 nmol/l), UCCR
(Cortisol/Crea 2,28) und basaler Cortisolwert sprach gegen eine Nebenniereninsuffizienz.
Aufgrund der oben angeführten Befunde lautete die Arbeitsdiagnose Phäochromozytom. Die
Therapie bestand in der Verabreichung von Phenoxybenzamin 14 Tage bis zur geplanten
Operation und der Hund sollte stressfrei gehalten werden. Weiters wurde präoperativ ein
telemetrisches 24h EKG sowie eine Herzultraschall Nachkontrolle geplant. Chirurgisch sollte
eine Adrenalektomie sowie eine Thorakoskopie inkl. Biopsie, sowie im zweiten Schritt eine
Thorakotomie mit Tumorresektion durchgeführt werden.
Präoperative Untersuchungen
Bei der kardiologischen Nachkontrolle zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei der
Erstuntersuchung. Die wesentlichen Veränderungen bestanden in einer Sinustachykardie
von 180 bpm, einer elekrischen Alternans der R-Zacke, die Umfangsvermehrung stellte sich
sonographisch inhomogen und gestippt (Verdacht Verkalkungsherde) dar. Weiters konnte
ein zystisches Gebilde (d=2,5 cm) dargestellt werden (Abb.5 und Abb.6).
5
Das 24h EKG stellte sich weitgehend unauffällig dar.
Abb. 5: Ultraschallbild: Darstellung einer
inhomogenen
präkardialen
Masse
(Kreuze), gestippt, VD Verkalkungsherde.
Abb.6: Ultraschallbild: Zystisches Gebilde
darstellbar, d=2,5 cm (Kreuze).
Operation (OP)
Die aufgetreten Veränderungen bei der kardiologischen Nachkontrolle (siehe Seite 6)
bedingten eine Protokolländerung der OP. Es wurde eine mediane Sternotomie durchgeführt
und der rechte Lungenlappen in toto resiziert, da er sich vollkommen tumorös darstellte.
Weiters wurde ein Gebilde an der Herzbasis identifiziert, der mit der V.cava in Verbindung
stand und dadurch nicht resizierbar war und es wurde eine partielle Perikardektomie
durchgeführt.
Die histologische Untersuchung des Lungentumors ergab eine diffuse Infiltration mit einem
mesenchymalen
Baumuster,
einen
Einbruch
in
die
Lymphgefäße
sowie
weitere
Malignitätskriterien.
Die Diagnose lautete histiozytärer Tumor (DD Histiozytäres Sarkom, Maligne Histiozytose).
Verlauf post OP
Der Patient blieb die nächsten 9 Tage stationär eingestellt und wurde intensiv-medizinisch
überwacht. Er erholte sich gut von der Operation und abgesehen von einem kurzzeitigen
Fieberschub und einer Periode von ventrikulären Extrasystolen konnte er anschließend in
häusliche Pflege entlassen werden. Ab dem 11. Tag post OP verschlechterte sich der
6
Zustand zunehmend. Er entwickelte Bewegungsstörungen bis hin zur Paraparese/Paraplegie
im Sinne eines OMN, der Patient wurde apathisch, musste zwangsgefüttert werden,
entwickelte Fieber und wurde 15 Tage post OP euthanasiert.
Diagnose
Die histologische Untersuchung ergab disseminierte Infiltrate eines histiozytären Tumors in
Myokard und Perikard, multiple Tumormetastasen in den mediastinalen Lymphknoten. Beide
Nieren waren von Herden von Linsen - bis Golfballgröße durchsetzt, weitere Tumorknoten
befanden sich in der rechten Nebenniere, im kleinen Netz, im Mediastinum sowie knapp
ventral des zweiten Lendenwirbels (Abb.7-10).
Die Diagnose lautete Maligne Histiozytose.
Abb.7: linke Niere
Abb.8: rechte Niere
Abb.9: Netz
Abb.10: Herz
Abb.7-10: Sektionsbilder: beide Nieren von einigen linsen- golfballgroßen Herden eines
malignen Histiozytoms durchsetzt; weitere Tumorknoten im kleinen Netz; Myokard vor allem
im Spitzenbereich, weniger stark im Septum von disseminierten Infiltraten eines malignen
Histiozytoms durchsetzt.
7
Diskussion
Aufgrund der ersten Untersuchungen und der erhobenen Befunde wurde zunächst die
Arbeitsdiagnose Phäochromozytom gestellt. Das Phäochromozytom ist ein vom NNM
ausgehender Catecholamin produzierender Tumor. Die Differenzierung von einem
adrenokortikalen Tumor ist nur immunhistochemisch (Chromogranin A, Synaptophysin)
möglich (6). Die Diagnose wird meist als Zufallsdiagnose auf der Pathologie erstellt (0,01%0,1% aller Tumore beim Hund (1).
Das
Nebennierenmark
besteht
aus
chromaffinen
Zellen
und
entstammt
dem
Neouroektoderm als Teil des symphatischen Nervensystems mit der Aufgabe der Synthese,
Speicherung und Sekretion von Catecholaminen (60-70% Epinephrin beim Hund), geregelt
über negatives Feedback und Innervation (1).
Der Tumor ist solitär, langsam wachsend (nodulär bis 10 cm im Durchmesser), neigt zur
Invasion (40%) in die V. cava caudalis sowie V. phrenicoabdominalis, metastasiert (30%) in
Leber, Lunge, Lymphknoten, Milz, Herz, Niere, Pankreas und in das Zentrale Nervensystem
(1,3).
Der Tumor synthetisiert verschiedenste Catecholamine deren Freisetzungsmodus noch nicht
beschrieben ist. Die pharmakologische Wirkung betrifft Alpha und Beta Rezeptoren und
verursacht massive Herz Kreislauf Veränderungen (1).
Die klinischen Veränderungen werden von den Auswirkungen des raumfordernden
Prozesses,
der
metastatischen
Läsionen
sowie
der
paroxsysmalen
Catecholaminausschüttung hervorgerufen. Dies äußert sich in anfallsartigen Kollaps - und
Schwächezuständen sowie Herz Kreislauf Symptomatik. Ein Routine Labor zeigt keine
eindeutigen Veränderungen im Blut. Betroffen sind ältere Hunde ohne Geschlechts oder
Rasseprädisposition. Die Diagnose erfolgt über die bildgebende Diagnostik (1,2).
Ein Röntgen zeigt eine abdominale Masse in der Nebennierenregion (37%), eventuelle
Nierenverlagerungen bzw. eine abnorme Nierenkontur. Im Bauchultraschall kann eine
einseitige
Adrenomegalie
(85%)
sowie
eine
lokale
Invasion,
Metastasen
sowie
Tumorthromben dargestellt werden. Mit Hilfe der CT/MR kann die Größe, Form, Anzahl,
Architektur der Veränderungen dargestellt werden. Als Spezialstudien werden noch die
Nuklear
Scintigraphy
(Metaiodobenzylguanidine
MIBG)
und
die
Position
Emission
Tomography PET (Fluorobenzylguanidine PFBG) angeboten (1).
Durch das anfallsartige Auftreten der Catecholaminausschüttung kommt es zu einer
Tachykardie und Hypertonie (38%) begünstigt durch verschiedene Stressoren wie Aufregung
und Manipulation. Bei einer konstanten Hypertension muss differentialdiagnostisch an eine
Nephropathie,
Hepatopathie,
Hyperadrenokortizismus,
Hyperthyroidismus und Diabetis Mellitus gedacht werden (1).
8
prim.
Hyperaldosteronismus,
Eine genaue Diagnose kann auch über die Plasma Catecholamin Konzentration oder über
eine 24 h - Messung der Urin Catecholamin - und Metaboliten Konzentration gestellt werden.
Verschiedene Suppressions - und Provokationstests (Phentolamin/Clonidin) sollten nicht
durchgeführt werden. Aufgrund der vielen falsch negativen und falsch positiven Ergebnisse
werden diese Untersuchungen in der Veterinärmedizin wenig eingesetzt (6,7).
Als Therapie werden Alpha - und Beta - Blocker angewendet: Phenoxybenzamin 0,25mg/kg
BID, Propanolol 0,2-1mg/kg TID. Eine Chemo - bzw. Strahlentherapie wird nur palliativ
eingesetzt und wird nur in der Humanmedizin beschrieben. Die Chirurgie stellt nach einer
medikamentellen Vorbehandlung die Therapie der Wahl dar abhängig von dem Alter des
Tieres, Größe des Tumors, Gefäßinvasion, Metastasen und zusätzliche Erkrankungen. Es
bedarf einer guten Kommunikation zwischen Chirurg und Anästhesie während der Operation
in Hinblick auf Manipulation des Tumors und die möglichen Komplikationen (8 von 17
Hunden sterben perioperativ bzw. innerhalb 7 Tage postoperativ (1)).
Die Prognose ist abhängig von der Größe des Tumors, Tumorthromben, Metastasen und
Invasion und von den perioperativen Komplikationen. Bei einer rein medikamentellen
Therapie ist die Überlebensdauer bei einem Tumor < 3cm ca. 1 Jahr. Nach erfolgter
Tumorresektion ist die Überlebensdauer bis 3 Jahre (ohne zusätzliche Erkrankungen
(1,4,5)).
Zusammenfassend hat die fehlende Symptomatik, die weitgehend unauffällige Klinik, die
unauffällige Blutuntersuchung, die zu dem Zeitpunkt eindeutige Abdominalsonographie, die
ausschliesslich bei
Manipulation des Patienten reagierende Herz Kreislauf Symptomatik
sowie die sofort ansprechende Therapie mit Alpha - und Beta - Blockern den Verdacht eines
Phäochromozytoms mit Metastasierung in den Thorax ergeben. Es wurde in diesem
Zusammenhang nicht bedacht, inwiefern diese Umfangsvermehrung diese anfallsartige
Tachykardie und Hypertonie verursachen kann. Nachträglich müsste man die massive
Kompression des Herzens für die Symptomatik verantwortlich machen. Die Ursache für das
paroxsysmale Auftreten kann jedoch nicht geklärt werden.
Schlussendlich wurde aufgrund des Pathobefundes die Diagnose Maligne Histiozytose (MS)
gestellt. Die MS ist ein maligner Tumor, der von Histiozyten ausgeht.
Histiozyten sind eine Subgruppe der Leukozyten, die ihren Ursprung im Knochenmark
haben. Man unterscheidet zwei Linien: die Monozyten/Makrophagen-Linie und die
Dentritische-Linie. Die Unterscheidung zwischen diesen Linien und die immunchemische
Differenzierung mittels Tumormarker erlaubt ein genaues Staging in Hinblick auf Diagnose,
Therapie und Prognose. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Möglichkeit zwischen einer
lokalen und einer disseminierten Histiozytose zu unterscheiden. Weiters erlaubt die
9
Immunhistochemie eine Abgrenzung von anderen Tumoren wie Lymphom, schlecht
differenzierter Mast-Cell Tumor sowie malignant fibrous histiocytoma ( MFA ), ein weiterer
histiozytärer Tumor der in Hinblick auf Aggressivität und Prognose stark widersprüchlich
beschrieben wird. MFH ist kein primär histiozytärer Tumor aber beinhaltet sowohl
histiozytäre als auch fibroblastische Zellen (9). Die Ätiologie und Pathogenese der kutanen
und systemischen Histiozytose, als reaktive Histiozytose gesehen, ist unbekannt. Diese
Formen sprechen auf eine immunsuppressive Therapie wie zum Beispiel Cyclosporin A oder
Leflunomid an (13).
Kutane Histiozytome zeigen einen eher benignen Charakter, sind jedoch in der Lage lokal zu
metastasieren und systemisch entarten zu können. Solche Tumore sind einer chirurgischen
Intervention und einer folgenden Bestrahlungstherapie zugänglich. Auch spontane
Regressionen sind häufig (9).
Der Histiozytäre Sarcoma Complex beinhaltet solitäre und disseminierte Formen. Die
chirurgische Exzision und eine Bestrahlungstherapie stellt trotz hoher Rezitivrate das Mittel
der Wahl für die lokale Form dar, an eine voreilige Euthanasie sollte nicht gedacht werden.
Im Gegensatz zur disseminierten Form, wo multiple Organe betroffen sind, kann ein
Therapieversuch mit Chemotherapie, Lomustine 70,8 mg/m2 alle drei bis 4 Wochen gestartet
werden (9).
Als mittlere Überlebensdauer wird ein Zeitraum von 3-6 Monaten angegeben, eine weitere
Studie gibt bei 59 Hunden 106 Tage an, wobei 3 Hunde länger als 433 Tage lebten. Wenige
Studien gibt es über Therapieversuche mit Doxorubicin und Pallitaxel sowie Einzelfälle mit
Cyclophosphamid, Vincristine, Prednisolon, Mitoxantrone, Dacarbazine und Etoposide
(8,9,10).
Die MS ist eine Erkrankung des retikuloendothelialen Systems, eine maligne Proliferation
atypischer Histiozyten vor allem bei Rüden (Berner Sennenhund, Rottweiler, Retriever)
zwischen 4 und 10 Jahren. Eine Studie belegt, dass in der Berner Sennen Population der
Schweiz in allen familiären Linien diese Erkrankung vorliegt, welche durch selektive
Züchtung nicht zu eliminieren ist (12).
Betroffen sind viscerale Organe wie Lunge, Milz, Leber, Niere, Lymphknoten und
Rückenmark (8, 9, 10). Weiters wurde aufgrund histiozytären Ursprungs Tumore im Gehirn
als MS identifiziert (11).
Die
Symptome
beinhalten
Apathie,
Anorexie,
Kachexie,
Polyurie/Polydipsie
und
Atembeschwerden, abhängig von der Art und Anzahl der betroffenen Organe. Hämatologie
und Blutchemie sind nicht charakteristisch (8, 9, 10).
Die Diagnose wird über die Biopsie von betroffenen Lymphknoten bzw. Organen und dem
Knochenmark gestellt. Histopathologisch stellt sich der Tumor als schlecht abgegrenzt dar,
es kommt zur Zellproliferation großer vakuolisierter Rundzellen in Kombination mit plumpen
10
Mesenchymalzellen und bizarren vielkernigen Riesenzellen. Es herrscht das Bild einer
Anisokaryose und Anisozytose mit hoher Mitoserate vor, weiters sind von Tumorzellen
phagozytierte neutrophile Granulozyten , Erythrozyten sowie Zellfragmente vorzufinden (9).
Die Prognose stellt sich als infaust dar (8, 9, 10).
Abschliessend ist zu erwähnen, dass aufgrund der Anamnese und der folgenden
Untersuchungen kein eindeutiger Hinweis auf eine MS vorlag. Die Symptome der MS sind
relativ unspezifisch und die vorliegende Atemsymptomatik war anfänglich noch nicht
manifest. In diesem Fall reichten die klinische Untersuchung sowie die weiteren nicht
invasisven Untersuchungen nicht aus um zu einer Diagnose zu kommen. Hätte man trotz der
Komplikationen versucht eine Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) oder Biopsie aus der
Lunge zu entnehmen, wäre man sehr schnell zu richtigen Diagnose MS gekommen, wird
doch das gehäufte Auftreten des Tumors in der Lunge beschrieben (14).
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12
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