Definition Grundlagen Schmerzverständnis, Schmerzbehandlung, Analgetika • Schmerz ist eine mit emotionalen Erfahrungen assoziierte unangenehme Sinneswahrnehmung, die mit einem aktuellen oder möglichen Gewebeschaden einhergeht. • Schmerz ist das, was die betroffene Person als Schmerz beschreibt. 27.09.2015 Dr. Cristian Camartin MSc • • International Association of Pain. Pain 1986 (Suppl 3): S1 – 226 McCaffery M. Nursing the patient in pain. London: Harper & Row; 1983 Pathophysiologie Schmerzverarbeitung Definition II. • Durchbruchschmerz: – Ein Schmerz von moderater oder starker Intensität, der im Rahmen eines kontrollierten chronischen Schmerzes empfunden wird. Dieser Schmerz kann spontan unerwartet oder voraussehbar erwartet sein. • „Total Pain“ – Einfluss der Schmerzen auf alle vier Dimensionen (körperlich, psychisch, sozial und spirituell) 4 Schmerzentstehung: mechanisch, chemisch, thermisch 1 5 Noxe Tractus spinothalamicus 2 Nozizeptor 3 Afferenzen 4 Schmerzverteilung Verschaltung noxischer Signale im Rückenmark 5 Schmerzwahrnehmung Schmerzverarbeitung, Schmerzäusserung 6 Motorische Reaktion Muskelansprannung, Schutzreflex, Schonhaltung 7 Vegetative Reaktion Durchblutung, Schweissdrüsen 1 2 3 6 4 7 • Lehmann, K. A.: Vom ersten Reiz zum Schmerzgedächtnis. Univ. Köln, 2000 Anamnese 1. Lokalisation 2. Zeitlicher Verlauf 3. Intensität 4. Charakter 5. Beeinflussende Faktoren. Verstärkung oder Linderung 6. Ausstrahlung 7. Auswirkungen im Alltag 8. Bisherige Therapie und Effekte Schmerzerfassung 1. VAS 2. ECPA 1 Schmerzqualität Zeitlicher Ablauf - Nozizeptiv-somatisch: lokal, umschrieben, stechend, pulsierend, dumpf → Haut, Weichteile, Bewegungsapparat - Nozizeptiv-viszeral: dumpf, krampfartig, wellenartig → Gesicht, Innere Organe, Gefässe - Neuropathisch: brennend,einschiessend,schneidend, elektrisierend → Thalamus, Hirnnerven, Periphere Nerven Anforderungen an Analgetika Gute Analgesie bei guter Verträglichkeit Möglichst lange Wirkdauer Patientenfreundliche Darreichungsform Möglichst wenig Sedierung Erhaltung bzw. Verbesserung der Vigilanz Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung der Alltagstauglichkeit • Gute Internalisierung des Rezeptors Schutz vor Toleranzentwicklung WHO Stufenleiter • • • • • • z.B. Tramadol, Codein ….. Arbeitskreis A.M.A.D.E.U.S. Grundkurs Therapie chronischer Schmerzen. Köln 2003 WHO Klasse I. • Nicht Opioide können jederzeit eingesetzt werden • Paracetamol und NSAR wirken bei Tumorschmerzen • Kombination NSAR und Metamizol nicht empfohlen • McNicol E. NSAIDS or Paracetamol, alone or combined with opioids, for cancer pain. Cochrane Review 2011 WHO Klasse II. • Einsatz kontrovers: – geringe analgetische Wirkung → längere Schmerzepisoden – Zeit eine genügende Schmerzkontrolle zu erreichen wird länger – Nebenwirkungsprofil unwesentlich anders – Datenlage jedoch schwach • Tassarini D. The second step of the analgetic ladder and oral tramadol in the treatment of mild to moderate cancer pain: A systemativ review. Palliat Med 2011 25: 410 - 23 2 Co-Analgetika • • • • • • Kortikosteroide Antidepressiva Antiepileptika Muskelrelaxantien Spasmolytika Biphosphonate Kortikosteroide • bei Nervenkompression • Spinalkanalkompression • zur Abschwellung z.B. Leberkapselschmerzen Antidepressiva Opioide • bei chronischen Schmerzzuständen • diabetischer Neuropathie • Postherpetische Neuropathie Beispielsweise: Amitriptylin abends, Beginn 25mg Steigerung wöchentlich bis zur Zieldosis von 50 – 75mg z.B. Saroten retard 25mg Kps. Mirtazapin abends, Beginn mit 30mg z.B. Remeron 30mg Tbl. Mythen 1. 2. 3. 4. Opioide sind gefährlich, weil atemdepressiv Opioide führen zur Sucht Es kommt schnell zur Toleranzentwicklung Opioide führen zu unkontrollierbarer Obstipation 5. Opioide sedieren stark und führen zur Verwirrung 6. Opioide werden nur bei terminalen Patienten eingesetzt 7. Opioide sind GIFT ! Geschichtliches I. • Opiumkonsum seit Jahrhunderten bekannt • Summerer, Assyrer und Griechen brauchten Opium für medizinische Zwecke. Opos = der Saft (griechisch) • Hippokrates verschrieb es zum Schlafen und gegen Diarrhoe • Galen beschrieb 140 v.Chr. eine Überdosierung 3 Geschichtliches II. • 1803 wurde Morphin vom deutschen Pharmazeuten Friedrich Sertürner isoliert. Benannt nach „Morpheus“ dem Gott der Träume • Behandlung von Schmerzen, Opiat- und Alkohol- Abhängigkeit • Später Synthetisierung weiterer diverser Opioide. Wirkungen und Nebenwirkungen Geschichtliches IV. • In den 20er Jahren zunehmend Opiatabhängigkeit (10% der Ärzte in den USA) • In den 1930er Jahren Plan den Zugang zu Opioiden zu limitieren • In den 1950er Jahren Restriktiver Einsatz • Ende des 20. Jahrhunderts Verbreitung im medizinischen Alltag Welches Opioid wann ? Plasmakonzentration • Morphin, Oxycodon und Hydromorphon sind gleichwertige Opioide • Keine Evidenz, dass ein Opioid dem anderen überlegen ist • Einsatz weitgehend problemlos, wenn Grundregeln beachtet und respektiert werden. • Lieber zwei oder drei Opioide gut kennen als viele ein bisschen • Caraceni A. Use of opioid analgesics in the treatment of cancer pain: evidence-based recommendations from the EAPC. Lancet Oncol. 2012; 13: e58-68 Beginn einer Morphin Behandlung • Häufigster Fehler und ablehnende Haltung der Patienten und „Unverträglichkeit“ ist zu hohe Einstiegsdosis und zu schnelle Steigerung • Start: Morphin 2% 3 – 5 Tropfen (= 3 – 5mg) alle 4h oder MST 10mg Tbl 1-0-1 • Caraceni A. Use of opioid analgesics in the treatment of cancer pain: evidence-based recommendations from the EAPC. Lancet Oncol. 2012; 13: e58-68 Berechnung der Reservedosis • Kurzwirksames Opioid: 10% – 16% der Tagesdosis (1/10 – 1/6) Stündliche Gabe möglich Anpassung bei Steigerung der Basisdosis z.B.: MST 100mg 2x/d → 20 Tropfen Morphin 2% Berechnung der gebrauchten Reservedosen und Addierung zur Basisdosis alle 24 – 48h Falls weniger als 4 Reservedosen/d, ist keine Anpassung der Basisdosis nötig • Zeppetella G. Opioids for the management of breakthrough cancer pain in adults: A systematic review undertaken as part of an EPCRC opioid guidelines project. Palliat Med 2011. 25: 516 – 24 4 Obstipation • Beginn mit Stimulans - z.B. Laxoberon Trpf. 0 – 0 – 8 bis 20 (abends) → Wirkung nach 12 Stunden • Zusätzlich Weichmacher - z.B. Movicol 1 bis 2 – 0 – 0 (morgens) → Wirkung nach 24 Stunden Übelkeit • 40% der behandelten Patienten entwickeln Nausea • Prophylaktischer Einsatz umstritten • Antiemetika – Metoclopramid 10mg Tbl. 3 – 4x täglich oder Haloperidol 3 bis 5 Tropfen bei jeder Morphin Gabe – Einsatz in den ersten 5 bis 10 Tagen • Zusätzlich Gleitmittel - z.B. Paragar • Caraceni A. Use of opioid analgesics in the treatment of cancer pain: evidence-based recommendations from the EAPC. Lancet Oncol. 2012; 13: e58-68 Opioidrotation wann? • • • • • • Schlechte Analgesie trotz Steigerung Intolerable Nebenwirkung bei guter Analgesie Schlechte Analgesie und intolerable NW Praktikabilität / Compliance Umrechnung auf Morphinäquivalent pro Tag Dosisreduktion um mindestens 30% • Caraceni A. Use of opioid analgesics in the treatment of cancer pain: evidence-based recommendations from the EAPC. Lancet Oncol. 2012; 13: e58-68 Maximaldosis • Adäquate Dosis ist interindividuell sehr unterschiedlich • Keine maximale Dosis • Behandlungen mit mehreren Gramm (!) sind möglich • Beispiel MST 2x 80mg = 160mg -30% 110mg • Umrechnung Oxycodon :2 → 55mg → 25mg 2x/d • Mercadante S. Conversion ratios for opioid switching in the treatment of cancer pain: s systematic review. Palliat Med 2011. 25 : 504 - 15 • Dale O. European Palliative Care Research Collaborative pain guidelines: Opioid switching to improve analgesia or reduce side effects. Palliat Med 2011. 25: 494 - 503 Targin Wirkmechanismus Fentanyl Pflaster TTS • Pflaster kleben ist nicht schwer, richtig dosieren dafür sehr ! • Merksatz: Die Zahl auf dem Fentanylpflaster (Mikrogramm pro Stunde) entspricht ungefähr der Tagesdosis Morphin in mg intravenös • z.B.: Durogesic 50µg/h ≈ 50mg Morphin i.v./24h und somit ca. 150mg Morphin p.o./24h Opioid Rezeptor Oxycodon Naloxon 5 Transdermale Opioide Cave: • Gesteigerte Durchblutung: Resorption • Fieber: Resorption • Kachexie: Resorption • Transdermale Opioide • Teilbarkeit Tassinari D. Adverse effects of transdermal opiates treating moderate-severe cancer pain in comparison to long-acting morphine: a meta-analysis and systematic review of the literature. J Palliat Med 2008 11; 492 - 501 Methadon • Wirkt am µ-Rezeptor (Agonist) und am NMDA Rezeptor (Antagonist): additive Analgesie • Monoamin-Reuptake-Hemmer: aktiviert absteigende, schmerzhemmende Bahnen (wie TCA) • HWZ: Biphasisch: 2-3h, terminal 17 – 190h (!) • Metabolismus: hepatisch, keine aktiven Metaboliten bekannt • Keine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz Kombinationen • Die Kombination von einem WHO Klasse I. Analgetikum (z.B. Paracetamol, Metamizol, NSAR) und einem Opioid ist möglich • Ab einer Morphin-Äquivalent Dosis über 300mg pro Tag ist der Benefit nicht mehr gegeben. • Kombination von Methadon mit einem anderen Opioid ist möglich • Israel et al. J Pain Symptom Manage 2010; 39: 548 – 554 • McNicol E. NSAIDS or Paracetamol, alone or combined with opioids, for cancer pain. Cochrane Review 2011 Zusammenfassung Häufigste Fehler der Schmerztherapie • • • • • • Medikation nach Bedarf (Ausnahme: Reserven) „Aufsparen“ der Opioidanalgetika Verweigerung der Opioidanalgetika Irrationale Angst vor „Sucht“ und Toleranz Opioid-Kombination Fehlende Co-Medikation 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Schmerzen werden unterbewertet Adäquate Schmerzbehandlungen meist möglich Morphin ist das Opioid der ersten Wahl Langsame Eintitrierung und Steigerung Richtige Wahl der Reservemedikation Einsatz von Co-Analgetika Behandlung von Nebenwirkungen Es gibt keine maximale Dosierung von Opioiden Jungck, 1990 6 Notfälle 29.09.2015 Dr. C. Camartin MSc Einleitung • Jeder Mensch wird irgendeinmal sterben. <10% plötzlich; >90% nach längerer Krankheit • Notfälle sind medizinische Situationen in welchen ein lebensbedrohlicher Zustand eintritt. • In der Palliative Care handelt es sich bei Notfällen oft um Situationen in welchen die Lebensqualität beeinträchtigt wird. • Diese müssen in Anbetracht folgender Punkte betrachtet werden: - Wille des Patienten - Allgemeinzustand des Patienten - Stadium der Erkrankung und Prognose - Wirksamkeit einer möglichen Behandlung Pathologische Fraktur • Wichtig ist, dass nicht nur die Prognose in Betracht gezogen wird, z.B. Fraktur bei einem Patienten mit stark eingeschränkter Lebenserwartung • Notfallsituationen in der Palliative Care treten selten unerwartet auf und können deshalb oft im Voraus diskutiert werden • Die meisten Notfälle in den letzten 48 Lebensstunden sind irreversibel • Besonders bei Mamma-, Bronchuskarzinom und Multiplem Myelom • Lytische (d.h. destruktive) Metastasen • Gewichttragende Knochen • ≥ ⅓ Verlust der Corticalis • Typisch inadäquates bis kein Trauma • Sofortiger Schmerz • Fehlstellung, Schwellung Therapie Obere Einflussstauung • Operative Versorung •Vorkommen: - kleinzellige Bronchuskarzinome (65 – 80%) - Lymphome und mediastinale Prozesse (10 – 15%) - Zentrale Thrombosen 1 Klinik • Atemnot, Husten • Gesichts- und Oberkörperschwellung • Kopfschmerzen • Gestaute Venen • Zyanose am Oberkörper Therapie • Dexamethason • Bestrahlung • ev. Stenteinlage Hyperkalzämie • Häufigste lebensbedrohliche Elektrolytstörung bei Patienten mit einem Malignom • Häufiges Auftreten bei Mamma-, Prostataund Bronchuskarzinom, Multiples Myelom • Bei Knochenmetastasen • Inzidenz 20 – 30% bei Malignompatienten Therapie • Keine Therapie in den letzten Lebenstagen • Rehydrierung (bis 5l NaCl 0.9% /Tag) • Biphosphonat (z.B. Aredia, Zometa) → Klinik • Symptomatik ab Calcium Wert von 3.0mmol/l • Nausea und Erbrechen • Verwirrtheit bis Koma • Polyurie, Polydipsie • Obstipation • Müdigkeit • Muskelschwäche • Allgemeines Unwohlsein Akute Blutung • Risikogruppe: – HNO Tumoren – Hämatologische Erkrankungen – Tumoren im Bereiche von grossen Gefässen Erfolgsaussicht von 80% Symptome und nicht der Laborwert sind entscheidend ! 2 Vorgehen Ileus bis Subileus • • • • Ruhe bewahren Beim Patienten bleiben Blut verbergen (z.B. dunkle grüne Tücher) Ev. medikamentöse Unterstützung (Dormicum®, Morphin®) • Debriefing des Behandlungsteams und der Angehörigen • Definition: Passagebehinderung des Magen-Darm Traktes durch partiellen oder kompletten Verschluss des Darmlumens (mechanischer Ileus). • Inzidenz: - Bei allen Tumorerkrankungen 3% - Bei kolorektalen Tumoren bis 25% - Bei Ovarialkarzinomen bis 40% (Haupttodesursache) Klinik • • • • • • • • • Obstruktion Nausea Erbrechen Obstipation Diarrhoe Abdominalschmerzen (ungenügend wenn dies das einzige Symptom ist) Abwehrspannung Palpable Tumormasse Hochgestellte Darmgeräusche Spiegelbildung im Röntgenbild Vorgehensweise - Alter (biologisch) - Performance state - Tumorstadium - Vorausgehende Therapie - Therapieoptionen - Kachexie - Aszites - Ursache - Intervention - Wahl der Therapie mit den grössten Erfolgsaussichten Schmerz Peristaltikrückgang und Stop Darmdistension ↓ Darminhalt ↓ Sekretion Epithelverletzungen im Darm ↓ Entzündung und Ödem Nausea Erbrechen • Oxford Textbook of Palliative Medicine. Editor Hanks et al. 2010 Sonden Patient mit Darmobstruktion Patientenfaktoren Darmkontraktion ↓ Kolikartige Schmerzen Technische Faktoren - Ausmass des Eingriffs - Narkoserisiko - Risiko postoperativer Komplikationen Entscheidungsfindung mit Patient und Familie - Informationsstand des Patienten ? - Ziel der Intervention ? - Beurteilung von Risiko und Benefit • Ripamonti C. Management of malignant bowel obstruction. European Journal of Cancer. 2008 3 Therapie • Operation oder konservative Behandlung ? • Operation • Konservativ Morphin, Buscopan, Primperan, Sandostatin Empfehlungen • Symptomatische Behandlung – Schmerzen ! – Nausea und Erbrechen ! • • • • Krampfanfälle • Hirnmetastasen • Primärer Hirntumor • Meningeosis carcinomatosa • Metabolische Störungen • Infekte • Medikamentenentzug Therapie • Nur wenn Anfall sehr lange dauert (>15 min.) • Dormicum® 5mg s.c. • Ev. Einleitung einer Prophylaxe Dormicum® s.c. 10 – 20mg/24h Keine unnötigen Medikamente p.o. Keine stimulierenden Laxantien Mundpflege Steroide Vorgehen • • • • • Patienten vor Verletzung schützen Patienten nicht festhalten, keine Gewalt Nichts in den Mund schieben Nach dem Anfall auf die Seite drehen Information der Angehörigen Spinale Kompression • Inzidenz von bis zu 5% bei Tumorpatienten • Üblicherweise Kompression von aussen • In 85% Wirbelmetastasen, die in den Epiduralraum drängen • Lokalisation – 10% HWS – 70% BWS – 20% LWS - SWS • Mehrere Lokalisationen können betroffen sein 4 Wichtig • 95% der Patienten haben Schmerzen • Zunehmende Schmerzen gehen Lähmungserscheinungen voraus • Neuropathische / radikuläre Schmerzen • Gefühlsausfälle bzw. Harnverhalt • Parästhesien (ca. 50%) • Selten: Schmerzlose Lähmungen Notfallsituation weil …. • die Symptomatik reversibel ist, wenn die Behandlung innerhalb von 24 – 48h beginnt • Signifikante Beeinträchtigung der Lebensqualität • 30% mit Lebenserwartung >1 Jahr • 70% können ihre Gehfähigkeit behalten Klinik • Rückenschmerzen – häufigstes Symptom – Wochen bis Monate im Voraus – Schwierig zu behandelnde Schmerzen • Schwäche und Spastik – Spastik meistens vor der Schwäche • Kribbeln und Taubheitsgefühl – Meist rasch aufsteigend • Harnblasensymtome Therapie • • • • • • • Daran denken Rasche Diagnosestellung Kortikosteroide: Dexamethason 8 → 16 → 40mg Bestrahlung: häufigste Therapie Operation und Bestrahlung: bei Instabilität Operation: nach durchgeführter Bestrahlung Nur Steroide: in terminaler Situation – Späte Symptome • Perianale Dysästhesie und Sphinktertonusreduktion Zusammenfassung Vielen Dank für die Aufmerksamkeit • Notfälle gibt es auch in der Palliative Care • Die Behandlung ist abhängig vom Stadium der Erkrankung und vom Wunsch des Patienten • Eine multiprofessionelle Entscheidung ist zu empfehlen 5 Symptomkontrolle – Palliative Sedation Definition Medizinisch indizierte Therapieoption am Lebensende, die darauf abzielt, das Bewusstsein des unheilbar kranken Patienten so zu dämpfen, dass er keine Schmerzen oder andere belastende Symptome mehr wahrnimmt.“ 27.09.2015 Dr. Cristian Camartin MSc Bigorio Indikation: 1. Kurzfristige Sedation für belastende Behandlungen 2. Sedation zur Behandlung anderweitig refraktärer Symptome in der Finalphase 3. Sedation in Notfallsituationen 4. Zwischenzeitliche Sedation zur Erholung von belastenden Zuständen 5. Sedation in der Entwöhnung von Beatmung am Lebensende 6. Sedation bei psychischen und existentiellen Krisen 7. Sedation zur Behandlung von Brandverletzten Die Sedation kann indiziert sein in Situationen unerträglicher Belastung durch physische Symptome, wenn keine andere Methode der Palliation innerhalb eines akzeptablen Zeitrahmens und ohne unzumutbare Nebenwirkungen zur Verfügung steht (Therapierefraktärität). • Die spezifischen belastenden Symptome müssen identifiziert werden. Dazu zählen agitierte Verwirrtheit, Dyspnoe, Schmerz und Krampfleiden. Notfallsituationen umfassen massive Blutungen, Asphyxie, schwere terminale Atemnot oder Schmerzkrisen. 1 Die Kontroversen • Wann ist ein Symptom refraktär ? • Zeitpunkt und Zeitdauer des Einsatzes palliativer Sedierung • Abbruch parenteraler Flüssigkeits/Ernährungstherapie? • Inkonsistente Terminologie • 13 verschiedene Definitionen • Inkonsistente Methodik • Ziel, Kriterien, Medikamente, Monitoring, etc. • Wo ist der Weg? • Klare klinische Indikationen u Kriterien für eine Palliative Sedierung • Transparente Einwilligungsverfahren • Absprache im multidisziplinären Team • Sorgfältige Dokumentation Voraussetzungen: Der Patient muss informiert sein, dass die Symptome nur auf diese Weise zuverlässig reduziert oder beherrscht werden können das Bewusstsein reduziert, ev. ganz ausgeschaltet wird die Möglichkeiten der Kommunikation stark reduziert oder ausgeschaltet sind daraus keine Lebensverkürzung resultieren soll, eine solche aber ev. in Kauf genommen wird • Die passagere Sedation wird bei schweren und belastenden Symptomen eingesetzt um Patienten und Angehörigen eine „Ruhephase“ zu ermöglichen. Sie wird zeitlich begrenzt durchgeführt. Die terminale Sedation hat die Ausschaltung von unerträglichen Symptomen bis zum Eintritt des Todes zum Ziel. Eine terminale Sedierung sollte angestrebt werden, 1. wenn das Leiden des Patienten sehr ausgeprägt ist 2. wenn die Beschwerden eindeutig refraktär auf andere Vorgehensweisen sind 3. wenn das Versterben innerhalb Stunden oder wenigen Tagen angenommen werden muss 4. wenn der Patient dieses Vorgehen explizit wünscht 5. in einer Extremsituation am Lebensende. Palliative Sedation Euthanasie Absicht Lindern von unerträglichem Leid Töten des Patienten Vorgehen Sedierendes Medikament Tödliches Medikament Erfolg Linderung der Symptome Sofortiger Tod 2 Flüssigkeit Anorexie - Kachexie 29.09.2015 Dr. C. Camartin MSc • Die meisten sterbenden Patienten haben eine Infusion. • "Trinken" und "Durst" haben einen hohen symbolischen und emotionalen Inhalt • Es handelt sich dabei sowohl um ein medizinisches als auch um ein ethisches Problem. • Einleitung • Dehydratation ist ein häufiges Ereignis • Die meisten Patienten am Lebensende sind dehydriert • Ob eine Rehydratation durchgeführt werden soll oder nicht wird häufig diskutiert. • Folgen können belastende Symptome verursachen • Korrektur kann belastende Symptome verursachen • Dev S. Is there a role for parenteral nutrition or hydration at the end of life. Curr Opin Support Palliat Care. 2012, 6: 365 - 70 • Aktuell gibt es keine allgemeingültige Empfehlungen • Bandbreite der Vorstellungen über die Rehydrierung sind sehr breit • Die nicht medizinische Bevölkerung favorisiert die aktive Behandlung Dicks B. Rehydratation or dehydratation? Support Care Cancer 1994; 2: 88-90 Medizinische Argumentation • Keine Standards oder Anleitung • Ziel der Hydratation ist nicht die Dehydratation zu behandeln sondern die durch sie hervorgerufenen Symptome zu behandeln • Extremvarianten: Maximale Hydrierung bis keine Flüssigkeitsgabe Vorstellung Durst in der Terminalphase • Dehydratation ist schmerzhaft. • Gründe für Durst: – Schlechter AZ, Stomatitis, Mundatmung, Opioide, Hyperosmolarität • Labor: Kreatinin, Harnstoff, Hämatokrit, Natrium • Dehydration in Dying Patients: Study with Physicians in French-Speaking Switzerland. Collaud T. J Pain Symptom Manage 1991; 6: 230- 40 1 Kontroverse • • • • • • Flüssigkeit ist überlebenswichtig Physiologisch wichtig Psychologisch wichtig Lebensverlängernd Stressig Nicht trinken = Zeichen von bevorstehendem Tod • Ursachen Verminderte Zufuhr Erhöhter Verlust • • • • • • • • • • • • • • • • Pathologie der Mundhöhle Odynophagie Dysphagie Anorexie Übelkeit, Erbrechen Frühes Sättigungsgefühl Kongnitive Veränderungen Depression Flüssigkeitseinschränkung Diuretika Harnwegsinfekt Infekt, Fieber Tachypnoe Erbrechen Diarrhoe "Dritter Raum" (Aszites, Pleuraerguss) • Hitze • Schwitzen Variation in attitudes towards artificial hydration at the end of life: a systematic literature review. Natasja JH. Current Opinion in Supportive and Palliative Care. 2011, 5: 265 - 72 Wert der Dehydratation Flüssigkeitsgabe • Dehydratation scheint ein natürlicher Prozess in den letzten Lebenstagen zu sein. Ein Prozess, der belastende Symptome vermindert. • Das Vorenthalten von Flüssigkeit ist für viele unvorstellbar. • „Flüssigkeitsgabe ist die letztmögliche Therapiemassnahme“ • „Man kann den Patienten doch nicht einfach verdursten lassen“ • Infusion ist ein Zeichen, dass „etwas getan wird“. Kein sicherer Zusammenhang Aber • Keine Evidenz, dass Durst bei Sterbenden durch parenterale Flüssigkeit gelindert wird. • Die Gabe von Flüssigkeit kann Lebensqualität verschlechtern (Terminales Rasseln, Dyspnoe, Einlagerungen, Delir) • Zwischen – – – – Durstgefühl und Hydratationszustand Nierenfunktion und Durst Flüssigkeitsrestriktion und Lebensverkürzung Parenterale Flüssigkeit vermindert Xerostomie kaum • Kein sicherer Zusammenhang zwischen verschlechterter Nierenfunktion und Durst oder Schwäche • Keine Hinweise dass Flüssigkeitsrestriktion das Leben verkürzt oder das Leiden vergrössert • Kein Einfluss auf die Lebensdauer 2 Ethische Aspekte • Grundpflege umfasst – Hygiene, Komfort für den Patienten, Achtsamkeit auf Essen und Trinken – Patienten die schlucken und sich ausdrücken können, sollen unterstützt werden zu essen und zu trinken – Will der Patient nicht genügend schlucken, hängt die Gabe von Flüssigkeit davon ab, was das Ziel der Behandlung ist • Eine "künstliche" Flüssigkeitsgabe, z.B. ist eine medizinische Therapie und gehört nicht zur Grundpflege Wo ? Ethische Aspekte (2) • Die Autonomie des Patienten muss gewährleistet sein • Dem Patienten soll kein Schaden zugefügt werden • Eine Patientenverfügung ist hilfreich • subsclaviculär • suprascapulär • Bauchwand • Oberarm • Oberschenkel • Beauchamp TL, Childress JG. Principles of biomedical ethics, Oxford University Press, New York Entscheidungsfindung • Lebensverlängerung oder Komfort? • Für Komfort braucht es keine Flüssigkeitszufuhr Liegt eine Willenserklärung vor ? Wie ist der bisherige Verlauf ? Welche Behandlungsintention liegt vor ? Gibt es reversible Dehydratationsgründe ? Gibt es eine Hyperkalzämie ? Behandeln ? Gibt es Angehörige ? Besprechung des Vorgehens im Team • Der Patient stirbt nicht, weil er nicht trinkt sondern er trinkt nicht, weil er sterbend ist ! • Eychmüller S. Flüssigkeitssubstitution in der Terminalphase – eine kontroverse Diskussion. Schmerz 2001; 15: 357 - 61 3 Hilfreiche Erfahrungen • Enterale Zufuhr so lange wie möglich • Sorgfältige Mundpflege wichtig • Die parenterale Flüssigkeitszufuhr bedeutet immer einen Eingriff • Zusammenfassung • Es gibt Pros und Contras • Durst ist ein sehr belastendes Symptom, die Behandlung erfolgt aber nicht durch eine Infusion • Ein Behandlungsversuch sollte eingeleitet werden • Falls eine parenterale Substitution erfolgt, dann mittels subkutaner Infusion • Wichtig ist eine Information der Angehörigen • Flüssigkeitszufuhr sollte nicht routinemässig bei terminal Kranken erfolgen sondern als individuelle Behandlung abhängig der Beschwerden. Parenteral Hydration in Patients with Advanced Cancer; A multicenter, Double blind, Placebo Controlled Randomized Trial. J Clin Oncol 2013; 31: 111 - 8 Anorexie und Kachexie Einleitung • Die meisten Patienten mit einer fortgeschrittenen, unheilbaren Erkrankung entwickeln einen ungewollten Gewichtsverlust • Zusätzlich besteht meistens auch ein Appetitverlust, Fatigue, Muskelschwäche und psychologischer Stress. • Viele Patienten werden dabei aber nicht erkannt → Anorexie – Kachexie Syndrom Allgemeines • Mehr als die Hälfte der Tumorpatienten sind betroffen • In der Endphase leiden über 80% daran • Hoher Leidensdruck, da eine Veränderung des Aussehens auch auftritt • Psychologischer Druck des Essens. Essen = Leben • Erklärung Gewichtsverlust + Appetitverlust ungenügend Definition • Tumorkachexie ist ein multifaktorielles Syndrom definiert durch einen negativen Protein- und Energiehaushalt, verursacht durch eine Kombination von verminderter Nahrungsaufnahme und eines abnormalen Metabolismus. Entscheidend sind ein progredienter Skelettmuskelverlust, der durch eine vermehrte Nahrungsaufnahme nicht korrigiert werden kann und zu einer zunehmenden Funktionseinbusse führt. 4 Diagnose • Gewichtsverlust von mehr als 5% in den letzten 6 Monaten oder mehr als 2% in den letzten 2 Monaten • Reduzierte orale Nahrungsaufnahme (<75% der normalen Menge oder <20kcal/kg KG) • Bei Patienten mit Flüssigkeitseinlagerung, grossen Tumormassen oder Übergewicht (BMI >30kg/m2) kann ein signifikanter Muskelverlust trotz fehlender Gewichtsabnahme vorliegen. Klassifikation • Primäre Kachexie = direkt durch Tumor oder Tumorprodukte • Sekundäre Kachexie = nicht direkt durch den Tumor verursacht Sekundäre Kachexie • Reduktion der Nahrungsaufnahme aufgrund von Komplikationen der Erkrankung • Ko-Morbiditäten • Beeinflussung des Appetits oder der Fähigkeit Nahrung aufzunehmen • Fasten im Unterschied zum metabolischen Anorexie – Kachexie Syndrom • 3 Gruppen können unterschieden werden Mechanismen der primären Kachexie 3 grosse Mechanismen werden unterschieden A: B: C: Anorexie: Darm – Hirn Achse Nahrungsaufnahme reduziert, bedingt durch die neurohumerale Dysregulation Katabolismus: Muskel – Leber Achse Systemische Entzündungsreaktion Anabole Dysbalance: Gehirn – Muskel Achse Muskelverlust • • • • • • 5 häufige sekundäre Ursachen: Stomatitis/Mucositis Obstipation Schmerz, Dyspnoe Depression Übelkeit/Erbrechen Zusammenfassung • Anorexie und Kachexie sind ein häufiges Problem • Man muss daran denken • Man unterscheidet eine primäre und eine sekundäre Kachexie • Eine Therapie ist schwierig und in den meisten Fällen nicht erfolgsversprechend 5 Deliriumbeobachtungscreening Skala DOS Name: Vorname: Geburtsdatum: Erfassungsdatum: Erstellt von: Dr. Cristian Camartin Erstelldatum: 01.11.2010 Thema: DOS Freigabe durch: Dr. C. Camartin Freigabe am: 01.11.2010 Gültigkeitsbereich: KSGR Palliative Care Gültig ab: 01.11.2010 Ablageort: Palliative Care Ordner Version: 1.0 Seite(n): 1/1 Unruhe am Lebensende Delirium Ursachen, Assessment und Behandlung • Einleitung • Pathophysiologie • Therapeutische Empfehlungen – Pharmakologische Behandlung – Nicht pharmakologische Behandlung • Behandlung am Lebensende • Beispiele 02.09.2015 Cristian Camartin Wortursprung • Bereits von Hippocrates beschrieben. • Delirium (lat): lira = die Furche, de-lirare = aus der Furche geraten, Irrsein Definition • Ätiologisch verschiedenes, aber klinisch einheitliches Bild mit meist akut einsetzender Verwirrtheit mit Störung von Bewusstsein, Auffassung, Gedächtnis, Affekt und Antrieb. • Vielschichtiges und sehr häufiges Bild in der Palliativmedizin. In der Hälfte der Fälle ist es potentiell reversibel und medikamentös gut behandelbar. DSM-IV Kriterien A. Bewusstseinsstörung (d. h. reduzierte Klarheit der Umgebungswahrnehmung) mit eingeschränkter Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu richten, aufrecht zu erhalten oder zu verlagern B. Veränderung kognitiver Funktionen (Störungen des Gedächtnisses, der Orientierung und Sprache) oder Entwicklung einer Wahrnehmungsstörung, die nicht besser durch eine bereits bestehende oder sich entwickelnde Demenz erklärt werden kann. C. Entwicklung des Störungsbildes innerhalb einer kurzen Zeitspanne (Stunden oder Tage) und Fluktuation der Symptomatik im Tagesverlauf. D. Verursachung des Störungsbildes durch einen medizinischen Krankheitsfaktor. Prävalenz • Häufig wird ein Delir nicht erkannt • Annahme eines depressiven Zustandes oder Demenz • Häufigkeit: – – – – – Hospitalisierte Tumorpatienten 25 – 50% Orthopädische Patienten 5 – 61% Palliativstation 28 – 42% IPS 80% am Lebensende bis 88% 1 Prädisponierende Faktoren • • • • • • • Polymedikation Infekte Dehydratation Malnutrition Kognitive Beeinträchtigungen Schlechte Nieren- oder Leberfunktion Fortgeschrittene Krankheiten Morbidität und Mortalität • Negativer Outcome – Mortalität – längere Hospitalisation und mehr Komplikationen – Unterstützungsbedürftigkeit • Morbidität : Patienten, die ein Delir überstanden haben, berichten von einer Stresssituation DD Demenz Depression Delirium Demenz Depression Delirium Beginn Schleichend Schleichend bis akut (Wochen bis Monate) Akut (Stunden bis Tage) Konzentration Intakt, mit Ausnahme Spätstadien Kann reduziert sein Beeinträchtigt Dauer Monate bis Jahre Monate bis Jahre Stunden bis Wochen Sprache Kohärent bis ins Spätstadium Kohärent Beeinträchtigt Verlauf Chronisch progressiv Ev. chronisch Fluktuierend Gedanken Limitiert Organisiert Dysorganisiert Wahrnehmung Ev. Halluzinationen Halluzinationen in schweren Situationen Häufig Halluzinationen Aktivität Variabel Ev. reduziert Variabel Schlaf Variabel Häufig gesteigert Variabel, TagNacht Umkehr Bewusstsein Meistens klar Klar Beeinträchtigt Orientierung Beeinträchtigt Klar Beeinträchtigt Aufmerksamkeit Intakt, mit Ausnahme Spätstadien Kann reduziert sein Variabel Ursachen Ursachen Kategorie Beispiel Kategorie Beispiel Direkter Effekt des Tumors Primärer Hirntumor oder Metastasen Meningeosis carcinomatosa Metabolisch Glukose, Exsikkose, Natrium, Kalium, Calcium Therapiebedingte Nebenwirkungen Chemotherapie (MTX, Cisplatin, Bleomycin etc.) Radiotherapie des ZNS Organversagen Urämie, hepatische Enzephalopathie, Hypoxämie, Schilddrüse, Nebenniere, zerebrovaskulärer Insult Medikamente Steroide, Opioide, Neuroleptika, Anticholinergika (Amitriptylin), Aciclovir Infektion ZNS, Urosepsis, Lunge, Sepsis Entzug Medikamente, Alkohol, Nikotin etc. Mangelerscheinungen Thiamin (Wernicke-Korsakow) Folsäure, Vitamint B12 Unbeherrschte Symptome Schmerzen, Überlaufblase, Obstipation Paraneoplastische Syndrome 2 Nicht medikamentöse Therapie • Orientierung des Patienten (Gewohnte Bilder z.B. Fotos, Orientierungshilfen wie Uhr, Kalender) • Orientierungsübungen • Orale Rehydratation (Getränke erreichbar) • Beleuchtung beachten (natürliches Licht, gedimmtes Licht in der Nacht) • Hilfen (Brille, Hörgerät) • Konstante Betreuung – bekannte Gesichter • Reize mindern Therapie Ursachenbehandlung • Hydrierung (oral, iv, sc) • Elektrolyte korrigieren Cave • Musik • Unruhe • Handlungen ohne Information des Patienten Therapie Medikamente • Haloperidol (Haldol): 0.5-5mg 2-4 stündlich po/sc (5 Tropfen ≙ 0.5mg) • Levomepromazin (Nozinan): 12.5-50mg 2-4 stündlich po/sc • Midazolam (Dormicum): 1-5mg 2 stündlich sc; 10-100 mg/24 h CSCI or CIVI Keine alleinige Gabe von Benzodiazepinen ! Prävention • Es gibt keine Evidenz für eine medikamentöse Prävention Zusammenfassung • Delirium ist mit einer hohen Morbidität und Mortalität assoziiert • Regelmässiges Screening ist empfohlen • Bei Patienten mit einem Delir sollen Ursachen gesucht und behandelt werden • Angehörige sollen über das Krankheitsbild aufgeklärt werden • Belastende Symptome müssen symptomatisch behandelt werden. 3 Flüssigkeit Anorexie - Kachexie 29.09.2015 Dr. C. Camartin MSc • Die meisten sterbenden Patienten haben eine Infusion. • "Trinken" und "Durst" haben einen hohen symbolischen und emotionalen Inhalt • Es handelt sich dabei sowohl um ein medizinisches als auch um ein ethisches Problem. • Einleitung • Dehydratation ist ein häufiges Ereignis • Die meisten Patienten am Lebensende sind dehydriert • Ob eine Rehydratation durchgeführt werden soll oder nicht wird häufig diskutiert. • Folgen können belastende Symptome verursachen • Korrektur kann belastende Symptome verursachen • Dev S. Is there a role for parenteral nutrition or hydration at the end of life. Curr Opin Support Palliat Care. 2012, 6: 365 - 70 • Aktuell gibt es keine allgemeingültige Empfehlungen • Bandbreite der Vorstellungen über die Rehydrierung sind sehr breit • Die nicht medizinische Bevölkerung favorisiert die aktive Behandlung Dicks B. Rehydratation or dehydratation? Support Care Cancer 1994; 2: 88-90 Medizinische Argumentation • Keine Standards oder Anleitung • Ziel der Hydratation ist nicht die Dehydratation zu behandeln sondern die durch sie hervorgerufenen Symptome zu behandeln • Extremvarianten: Maximale Hydrierung bis keine Flüssigkeitsgabe Vorstellung Durst in der Terminalphase • Dehydratation ist schmerzhaft. • Gründe für Durst: – Schlechter AZ, Stomatitis, Mundatmung, Opioide, Hyperosmolarität • Labor: Kreatinin, Harnstoff, Hämatokrit, Natrium • Dehydration in Dying Patients: Study with Physicians in French-Speaking Switzerland. Collaud T. J Pain Symptom Manage 1991; 6: 230- 40 1 Kontroverse • • • • • • Flüssigkeit ist überlebenswichtig Physiologisch wichtig Psychologisch wichtig Lebensverlängernd Stressig Nicht trinken = Zeichen von bevorstehendem Tod • Ursachen Verminderte Zufuhr Erhöhter Verlust • • • • • • • • • • • • • • • • Pathologie der Mundhöhle Odynophagie Dysphagie Anorexie Übelkeit, Erbrechen Frühes Sättigungsgefühl Kongnitive Veränderungen Depression Flüssigkeitseinschränkung Diuretika Harnwegsinfekt Infekt, Fieber Tachypnoe Erbrechen Diarrhoe "Dritter Raum" (Aszites, Pleuraerguss) • Hitze • Schwitzen Variation in attitudes towards artificial hydration at the end of life: a systematic literature review. Natasja JH. Current Opinion in Supportive and Palliative Care. 2011, 5: 265 - 72 Wert der Dehydratation Flüssigkeitsgabe • Dehydratation scheint ein natürlicher Prozess in den letzten Lebenstagen zu sein. Ein Prozess, der belastende Symptome vermindert. • Das Vorenthalten von Flüssigkeit ist für viele unvorstellbar. • „Flüssigkeitsgabe ist die letztmögliche Therapiemassnahme“ • „Man kann den Patienten doch nicht einfach verdursten lassen“ • Infusion ist ein Zeichen, dass „etwas getan wird“. Kein sicherer Zusammenhang Aber • Keine Evidenz, dass Durst bei Sterbenden durch parenterale Flüssigkeit gelindert wird. • Die Gabe von Flüssigkeit kann Lebensqualität verschlechtern (Terminales Rasseln, Dyspnoe, Einlagerungen, Delir) • Zwischen – – – – Durstgefühl und Hydratationszustand Nierenfunktion und Durst Flüssigkeitsrestriktion und Lebensverkürzung Parenterale Flüssigkeit vermindert Xerostomie kaum • Kein sicherer Zusammenhang zwischen verschlechterter Nierenfunktion und Durst oder Schwäche • Keine Hinweise dass Flüssigkeitsrestriktion das Leben verkürzt oder das Leiden vergrössert • Kein Einfluss auf die Lebensdauer 2 Ethische Aspekte • Grundpflege umfasst – Hygiene, Komfort für den Patienten, Achtsamkeit auf Essen und Trinken – Patienten die schlucken und sich ausdrücken können, sollen unterstützt werden zu essen und zu trinken – Will der Patient nicht genügend schlucken, hängt die Gabe von Flüssigkeit davon ab, was das Ziel der Behandlung ist • Eine "künstliche" Flüssigkeitsgabe, z.B. ist eine medizinische Therapie und gehört nicht zur Grundpflege Wo ? Ethische Aspekte (2) • Die Autonomie des Patienten muss gewährleistet sein • Dem Patienten soll kein Schaden zugefügt werden • Eine Patientenverfügung ist hilfreich • subsclaviculär • suprascapulär • Bauchwand • Oberarm • Oberschenkel • Beauchamp TL, Childress JG. Principles of biomedical ethics, Oxford University Press, New York Entscheidungsfindung • Lebensverlängerung oder Komfort? • Für Komfort braucht es keine Flüssigkeitszufuhr Liegt eine Willenserklärung vor ? Wie ist der bisherige Verlauf ? Welche Behandlungsintention liegt vor ? Gibt es reversible Dehydratationsgründe ? Gibt es eine Hyperkalzämie ? Behandeln ? Gibt es Angehörige ? Besprechung des Vorgehens im Team • Der Patient stirbt nicht, weil er nicht trinkt sondern er trinkt nicht, weil er sterbend ist ! • Eychmüller S. Flüssigkeitssubstitution in der Terminalphase – eine kontroverse Diskussion. Schmerz 2001; 15: 357 - 61 3 Hilfreiche Erfahrungen • Enterale Zufuhr so lange wie möglich • Sorgfältige Mundpflege wichtig • Die parenterale Flüssigkeitszufuhr bedeutet immer einen Eingriff • Zusammenfassung • Es gibt Pros und Contras • Durst ist ein sehr belastendes Symptom, die Behandlung erfolgt aber nicht durch eine Infusion • Ein Behandlungsversuch sollte eingeleitet werden • Falls eine parenterale Substitution erfolgt, dann mittels subkutaner Infusion • Wichtig ist eine Information der Angehörigen • Flüssigkeitszufuhr sollte nicht routinemässig bei terminal Kranken erfolgen sondern als individuelle Behandlung abhängig der Beschwerden. Parenteral Hydration in Patients with Advanced Cancer; A multicenter, Double blind, Placebo Controlled Randomized Trial. J Clin Oncol 2013; 31: 111 - 8 Anorexie und Kachexie Einleitung • Die meisten Patienten mit einer fortgeschrittenen, unheilbaren Erkrankung entwickeln einen ungewollten Gewichtsverlust • Zusätzlich besteht meistens auch ein Appetitverlust, Fatigue, Muskelschwäche und psychologischer Stress. • Viele Patienten werden dabei aber nicht erkannt → Anorexie – Kachexie Syndrom Allgemeines • Mehr als die Hälfte der Tumorpatienten sind betroffen • In der Endphase leiden über 80% daran • Hoher Leidensdruck, da eine Veränderung des Aussehens auch auftritt • Psychologischer Druck des Essens. Essen = Leben • Erklärung Gewichtsverlust + Appetitverlust ungenügend Definition • Tumorkachexie ist ein multifaktorielles Syndrom definiert durch einen negativen Protein- und Energiehaushalt, verursacht durch eine Kombination von verminderter Nahrungsaufnahme und eines abnormalen Metabolismus. Entscheidend sind ein progredienter Skelettmuskelverlust, der durch eine vermehrte Nahrungsaufnahme nicht korrigiert werden kann und zu einer zunehmenden Funktionseinbusse führt. 4 Diagnose • Gewichtsverlust von mehr als 5% in den letzten 6 Monaten oder mehr als 2% in den letzten 2 Monaten • Reduzierte orale Nahrungsaufnahme (<75% der normalen Menge oder <20kcal/kg KG) • Bei Patienten mit Flüssigkeitseinlagerung, grossen Tumormassen oder Übergewicht (BMI >30kg/m2) kann ein signifikanter Muskelverlust trotz fehlender Gewichtsabnahme vorliegen. Klassifikation • Primäre Kachexie = direkt durch Tumor oder Tumorprodukte • Sekundäre Kachexie = nicht direkt durch den Tumor verursacht Sekundäre Kachexie • Reduktion der Nahrungsaufnahme aufgrund von Komplikationen der Erkrankung • Ko-Morbiditäten • Beeinflussung des Appetits oder der Fähigkeit Nahrung aufzunehmen • Fasten im Unterschied zum metabolischen Anorexie – Kachexie Syndrom • 3 Gruppen können unterschieden werden Mechanismen der primären Kachexie 3 grosse Mechanismen werden unterschieden A: B: C: Anorexie: Darm – Hirn Achse Nahrungsaufnahme reduziert, bedingt durch die neurohumerale Dysregulation Katabolismus: Muskel – Leber Achse Systemische Entzündungsreaktion Anabole Dysbalance: Gehirn – Muskel Achse Muskelverlust • • • • • • 5 häufige sekundäre Ursachen: Stomatitis/Mucositis Obstipation Schmerz, Dyspnoe Depression Übelkeit/Erbrechen Zusammenfassung • Anorexie und Kachexie sind ein häufiges Problem • Man muss daran denken • Man unterscheidet eine primäre und eine sekundäre Kachexie • Eine Therapie ist schwierig und in den meisten Fällen nicht erfolgsversprechend 5