Querschnittsthema Tuberkulose - Institut für Hygiene und Öffentliche

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Querschnittsthema
Tuberkulose
Institut für Hygiene und
Öffentliche Gesundheit
Dr. med. Edeltrud Dietlein
Prof. Dr. med. Martin Exner
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Universität Bonn
Verhütung und Kontrolle der
Übertragung von Tuberkulose in
medizinischen Einrichtungen
• Übertragung
• Grundregeln der Verhütung und Kontrolle
Erregerspezies
• insgesamt 100 verschied.
Mykobakterienarten
• Pathogene Bakterien der Familie
Mycobacteriaceae: Mycobact.-tuberculosisKomplex: M. tuberculosis, M. bovis,
M. africanum, (M. microti, M. canetti)
Infektionsverlauf
• Meist Primärkomplex (Primärherd +
regionale Lymphknoten)
• postprimäre Tbc, Organmanifestation in
weniger als 5 %
Tuberkulose
Weltweit häufigste
zum Tode führende Infektionskrankheit bei
Jugendlichen / Erwachsenen und
führende Todesursache bei HIV-Infizierten
WHO-Schätzungen
• In 2004: 8-9 Millionen Neuerkrankungen,
durchschnittl. Anstieg pro Jahr 2 %
(Industrienationen Rückgang um
2 - 3 % /Jahr)
• 95 % in Entwicklungsländern; Afrika,
Staaten südlich der Sahara, S / O
Asiens,Indien, einige lateinamerikanische
Staaten, Nachfolgestaaten der Sowjetunion
Tuberkulose
Allgemeine Charakterisierung:
• Rund 1/3 der Weltbevölkerung ist tuberkuloseinfiziert.
• Etwa 2 Mio sterben pro Jahr an den Folgen der
Erkrankung.
• Alle 15 Sek. stirbt ein Mensch an Tuberkulose.
• Trotz Therapierbarkeit sterben immer noch mehr
Menschen an Tuberkulose als an jeder anderen
behandelbaren Infektionskrankheit.
• Durch TB sind im Verlaufe der letzten Jahrhunderte
schätzungsweise über 1 Milliarde Menschen umgekommen.
Alarmierender Anstieg der Tbc-Erkrankungen
und des Anteils resistenter Erreger in NUS
(= GUS + baltische Staaten)
⇒ geographische Nähe / Migration
⇒ bedeutsam für Deutschland
Ursache für die Zunahme in Osteuropa
• Veränderungen der politischen, wirtschaftlichen
•
•
•
und sozialen Verhältnisse; politische Instabilität
Verschlechterung der Infrastruktur
Medizinische Unterversorgung breiter
Bevölkerungsschichten
HIV-Epidemie in Osteuropa
DZK-Studie (Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung
der Tuberkulose): Anteil multiresistenter Erreger in
Deutschland (jegliche Resistenz):
•
•
•
•
•
1996: 1,2 %
1997: 1,3 %
1998: 1,3 %
1999: 1,2 %
2000: 1,7 %
(in Kasachstan bis zu 57%; Multiresistenz 14,2%)
Tuberkulosesituation in der WHO-Region Europa
• Unterschiedliche Inzidenzraten in Europa
• 5 pro 100.000 Einwohner in Schweden
• 181 pro 100.000 Einwohner in Kasachstan
- stetige Abnahme in Westeuropa
- stetige Zunahme in Osteuropa
Begünstigende Faktoren für Ausbreitung
•
•
•
•
Schlechte medizinische Versorgung
rasches Bevölkerungswachstum in Armut
Krieg
Migration
Primäre Infektion im Land mit hoher Inzidenz
im frühen Kindesalter
Primäre Infektion im Land mit niedriger
Inzidenz im Erwachsenenalter
¾ aller Tb-Todesfälle weltweit sind
Menschen zwischen 15 – 54 Jahre (produktivste
Lebensjahre)
Epidemiologie der Tbc in Deutschland
Es erkranken v.a.:
• > 65 Jahre
• Personen aus Ländern mit hoher Prävalenz
• Personen aus Risikogruppen
(Immunsupprimierte, HIV-Infizierte,
Personen mit schlechter Abwehrlage)
Besonders gefährdet:
• Enge Kontaktpersonen von an offener (=
infektiöser) Tbc Erkrankten
• Personen mit unzureichend behandelter
früherer Tbc
• HIV-Infizierte
• Pat. mit Behandlungen / Krankheiten, die
zu dauerhafter Schwächung des
Immunsystems führen
Infektionsweg
• Aerogen über Aerosole (insbes. Husten,
Niesen) / nicht so leicht wie bei anderen
aerosol-übertragenen Krht. (z.B.
Varizellen)
• infektiöse Lungen-Tbc (offene Tbc):
Krh.herd hat Anschluss an Luftwege
• extrapulmonale Tbc (LK,
Urogenitalsystem, Knochen, Gelenke,
Verdauungsorgane) nur Infektiosität,
wenn Herd durch Fisteln Kontakt nach
außen hat
Faktoren, die bestimmen, ob es zur Infektion kommt:
•
•
•
•
Häufigkeit / Intensität des Kontaktes
Menge der Erreger
Virulenz des Erregers
Disposition
Epidemiologie der Tuberkulose
- Anlass der Diagnosestellung -
• Abklärung Tb-bedingter
•
•
•
Symptome (passive Fallfindung)
Untersuchung aus anderen med.
Gründen
aktive Fallfindung
Obduktion
63,1 %
15,9 %
17,9 %
1,2 %
Risiko der nosokomialen Übertragung von
M. tuberculosis
• Assoziation mit engem Kontakt zu Patienten mit
•
offener Lungen-Tb
Durchführung bestimmter Eingriffe
Bronchoskopie; Endoskopie
extratracheale Absaugung und Intubation
Mund-zu-Mund-Beatmung
Autopsie
Tb-Laboratorium
Sputuminduktion
Aerosol-Behandlung/Atemtherapie
pneumonolog. Abteilungen
Pflege unkooperativer Tb-Pat.
Transport infektiöser Tb.-Pat.
Risiko der nosokomialen Übertragung von
M. tuberculosis
• unzureichende Lüftung in Isolierungräumen
• Fehler bei der Isolierpraxis
• unzureichende Vorsichtsmaßnahmen für Husten•
•
induzierende Maßnahmen
Fehlen geeigneter Atemschutzmaßnahmen
unzureichende Koordination mit den
Gesundheitsämtern
Infektionsschutzgesetz/Meldepflicht:
• § 6: Arzt verpflichtet zur Meldung
Erkrankung/Tod,
auch wenn kein bakteriol. Nachweis; jeder
(behandlungsbedürftige Fall, bei dem
antituberkulöse Kombinationstherapie
eingeleitet
• § 7: Laboratorium Meldepflicht für direkten
Erregernachweis von M. tuberkulosisKomplex sowie Resistenzbestimmung;
vorab Nachweis säurefester Stäbchen im
Sputum
Stationärer Bereich
• Isolierung
• bei offener Lungentuberkulose Isolierung in
•
•
•
•
Einzelzimmern für die Dauer der Infektiosität
grundsätzlich erforderlich
in seltenen Fällen Kohortenisolierung
bei urogenitaler und intestinaler Tuberkulose bzw. bei
fistelnden Tuberkuloseformen kann Isolierung
erforderlich sein
Aufklärung des Patienten über Gründe und Maßnahmen
zur Erhöhung der Compliance
Begrenzung der Personenzahl, die Isolierungsraum
betreten darf
Stationärer Bereich
• Transport in andere Klinikbereiche nur bei
•
•
•
strenger Indikation / FFP2S-Masken; Umluft
ausschalten; Fensterlüftung des Pat.-Bereiches
Information der Zieleinrichtung vor Transport
Durchführung der diagnostischen bzw.
therapeutischen Eingriffe möglichst am Ende des
Untersuchungstages
bei aerosol-erzeugenden Eingriffen
(Bronchoskopie, Sputuminduktion) muss
Personal in jedem Fall Tb-Schutzmaske tragen
mit anschließender Entsorgung und
Händedesinfektion
Schutzkittel
• bei Kontakt zu Patienten mit offener
•
•
•
•
Lungentuberkulose
bei möglichem Kontakt zu Erreger-haltigem Material
oder kontaminierten Objekten
Schutzkittel in Schleuse anlegen und nach
Verlassen der Isoliereinheit dort wieder ablegen
Erneuerung täglich und/oder nach Kontamination mit
Erreger-haltigem Material
Schutzkittel für Patienten mit offener
Lungentuberkulose bei Verlassen der Isoliereinheit
innerhalb des Kranken-hauses empfehlenswert
Handschuhe und Überschuhe
• Einmalhandschuhe vor Betreten des Zimmers,
•
•
•
•
•
zumindest bei möglichem Kontakt mit erregerhaltigem Material oder kontaminierten Objekten
Anlegen der Handschuhe in der Schleuse oder in
der Isoliereinheit / Entsorgung in der Isoliereinheit
nach Verlassen der Isoliereinheit hygienische
Händedesinfektion in der Schleuse
Desinfektion angelegter Handschuhe z. B. bei
Patientenwechsel ohne Handschuhwechsel ist nicht
zulässig
Haarschutz
Wechsel der Schuhe nicht erforderlich
Desinfektionsmaßnahmen und Verfahren
• für die routinemäßige Desinfektion RKI-gelistete
•
bzw. -zertifizierte Präparate in DGHMKonzentration-/Zeit-Relation
für die Schlussdesinfektion Präparate aus der
RKI-Liste
Flächendesinfektion
• Mind. tägliche Desinfektion patientennaher
•
•
Flächen sowie Flächen mit Pat.kontakt als
Scheuer-Wischdesinfektion; bei Kontamination
sofort (hier EWZ abwarten)
Sprühdesinfektion nur für solche Flächen, die für
eine Scheuer-Wischdesinfektion nicht erreichbar
sind
sämtliche Utensilien, die Zimmer verlassen,
müssen desinfiziert werden (ansonsten
verwerfen)
• Ansteckungsfähigkeit am höchsten, solange
säurefeste Stäbchen mikroskopisch nachweisbar
(kultureller oder molekularbiologischer Nachweis:
wesentlich geringere Infektiosität
• 2 - 3 Wochen nach Beginn einer wirksamen
Therapie meist keine Infektiosität mehr
⇒ Aufhebung der Isolierung bei 3 negativen Sputen
an 3 verschiedenen Tagen und deutlicher
klin./radiol. Besserung; Kontrollen hiernach in 14tägigem Abstand
Infektiosität von Tbc-Patienten bei:
• Offener Lungen-Tuberkulose
• unzureichend oder unbehandelte Lungen-Tuberkulose
•
•
(mikroskopischer Nachweis von säurefesten Stäbchen/ab
Gaffky 2 in an drei unterschiedlichen Tagen
entnommenen Sputumproben)
Tb-Befall des Respirationstraktes oder der Mundhöhle
offener Abszess, offene Wunde mit starker Absonderung
und Nachweis säurefester Stäbchen im Sekret
Schlussdesinfektion
• Nach Entlassung bzw. Verlegung eines Patienten
Scheuer-Wischdesinfektion
Raumbegasung durch Verdampfen oder Vernebeln von
Formaldehyd kann auf besondere Situation einer
mutmaßlich massiven Erregerfreisetzung (z.B. offene
Lungentbc) beschränkt werden; dient in erster Linie dem
Schutz des Reinigungspersonals, das bei der
Schlussdesinfektion eine Tb-Schutzmaske tragen sollte
bei anderen Erscheinungsformen der Tb mit Freisetzung
infektiöser Sekrete oder Exkrete ScheuerWischdesinfektion (RKI-Liste)
Matratzen, Kissen, Decken (RKI-Liste)
BCG-Impfung
• Wegen begrenzter Wirksamkeit bei NW
und rückläufiger Tbc-Inzidenz nicht mehr
empfohlen
• WHO: bei Infektionsrisiko < 0,1% keine
generelle BCG-Impfung mehr
LungenTbc
Isolieru Schutzkitel Atemschu Handschu Dauer
ng
tz
he
offen
ja
ja
ja
ja
geschloss
nein
nein
nein
nein
(nein)
Extrapul.
Formen/Ab
sonderung
en (z.B.
LK-Tbc)
Urogenital- (nein)
/intest.Tb
ja
(nein)
ja
(nein)
nein
ja
Meningits
Laut DZK
nein
nein
(nein)
nein
3
mikrosk.
negative
Sputen
u.klin./rad
iol.Besser
ung
Solange
im Sekret
nachweis
bar
Isolierungsmaßnahmen bei
Lungen-Tuberkulose
offen
Übertragung
Isolierung
Partikel- (Tb-)
schutzmaske
Inhalation erregerhaltiger Aerosole
ja
ja
(Patient, Personal, Besucher)
zwingend erforderlich bei
Aerosol-erzeugenden Eingriffen (Bronchoskopie,
Intubation, Zahnarzt)
geschlossen
nein
nein
Schutzkittel
ja
nein
Handschuhe
ja
nein
Dauer der
Isolierung
• bis deutliche klin. u.
radiol. Besserung unter
der Therapie bei Negativierung der MT-Mikroskopie im Sputum an 3
unterschiedlichen Tagen
- regelm. Rezidivkontrolle!
• bei MRMT während der
ges. Hospitalisierungsdauer
-
Isolierungsmaßnahmen bei Tuberkulose
(extrapulmonale Formen)
Absonderungen
(z. B. perforierende
Lymphknoten-Tb)
Übertragung
Kontakt mit Sekret/
Eiter
Urogenital-Tb
Kontakt mit Urin,
Prostatasekret,
Menstrualblut,
Lochien
Isolierung
ggf.1
ggf.1
Partikel- (Tb-)
schutzmaske
nein4
nein4
Schutzkittel
Handschuhe
Dauer der
Isolierung
1
ja
(z. B. Verbandwechsel)
ja
(z.B. Katheterisierg.)
ja2
ja2
solange Erreger im
Sekret oder Eiter
nachweisbar
solange Erregerausscheidung nachweisbar
sofern Verbreitung von MT zu befürchten ist
bei zu erwartendem Kontakt mit erregerhaltigem Material
3
bei profusen Durchfällen
4
sofern nicht im Einzelfall durch ärztl. Eingriff bzw. pfleg. Maßnahmen
eine Übertragung für möglich gehalten wird
2
Isolierungsmaßnahmen bei Tuberkulose
(extrapulmonale Formen)
intestinale Tb
Übertragung
Faeces
Meningitis
-
Isolierung
ggf.1
nein
Partikel- (Tb-)
schutzmaske
nein4
nein
Schutzkittel
ggf.3
nein
Handschuhe
ja2
ja2
Dauer der
Isolierung
1sofern
solange Erregerausscheidung nachweisbar
-
Verbreitung von MT zu befürchten ist
2bei zu erwartendem Kontakt mit erregerhaltigem Material
3bei profusen Durchfällen
4sofern nicht im Einzelfall durch ärztl. Eingriff bzw. pfleg. Maßnahmen
eine Übertragung für möglich gehalten wird
Links
• http://www.rki.de
• http://www.rki.de/INFEKT/INFEKT.HTM?/IN
FEKT/T_LINKS.HTM&1
• http://www.rki.de/INFEKT/INF_AZ/RAT_MBL/TUBERKULOSE.PDF
• www.meb.uni-bonn.de/hygiene
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