Entwicklungsamnesien Daniela Mink, Sarah Schreiner Inhalt: Einführung Studie von Vargha-Khadem et al. Andere Positionen Rolle des Alters bei der Schädigung Einführung: Memory Long-term memory Declarative memory (explicit memory) Events Facts (episodic memory) (semantic memory) specific personal experiences from a particular time and place world knowledge object knowledge language knowledge conceptual priming Short-term memory Nondeclarative memory (implicit memory) Deklaratives Gedächtnis Semantisches Gedächtnis: Faktenwissen und generelles Wissen über die Welt Episodisches Gedächtnis: Verarbeitung und Speicherung von Informationen, die sich auf eigene Erfahrungen beziehen, mit Rücksicht auf den räumlichen und zeitlichen Kontext der erlebten Episode. Deklaratives Gedächtnis Das episodische Gedächtnis hängt mit dem Hippocampus zusammen Das semantische mit angrenzenden Teilen des Temporallappens (perirhinaler und entorhinaler Kortex) Die klassische Theorie Declarative Episodic Semantic Kontextreich Kontextfrei • durch wiederholtes Erleben ähnlicher Situationen bildet sich Wissen • episodisches Gedächtnis ist Zugang zum semantischen Gedächtnis Studie von VarghaKhadem et al. „Eine frühe Hippocampus-Läsion hat unterschiedliche Auswirkungen auf episodisches und semantisches Gedächtnis.“ Die 3 untersuchten Patienten Beth Jon Kate Alter 14 19 22 Auftreten der Schädigung Ursache Bei Geburt 4 9 7-8 min ohne Herzschlag, Sporadische Anfälle Frühgeburt, Fieberfreie Krämpfe Toxische Dosis Asthmamittel Bewusstlosigkeit, Atemstillstand, generalisierte Anfälle Æ frühe, bilaterale Hippocampus-Läsion Æ anterograde Amnesie Besonderheit dieser Patienten Fehlendes episodisches Gedächtnis seit (früher) Kindheit Trotzdem: Vorhandensein des semantischen Gedächtnis Declarative Episodic Kontextreich Semantic Kontextfrei VIQ – MQ - Diskrepanz VIQ: Verbaler Intelligenz Quotient MQ: Memory Quotient (misst verbales Gedächtnis) Normalerweise: MQ > VIQ ab VIQ von 105 MQ = VIQ Typisch für Amnesie: MQ < VIQ ÆBeth, John und Kate: VIQ - MQ Diskrepanz von 16-20 Punkten VIQ – MQ - Diskrepanz Sofort nach 90min Geschichte Erinnern (WMS logical memory Subtest) Kopie nach 40min Geometrische Zeichnungen (WMS visual memory Subtest) Auditorischer Verbaler-Lerntest (2 Wortlisten à 16 Items sofort; 20min nach 5 Lerndurchgängen der 1. Liste , Abruf 2.Liste bzw. Inferenzliste) Æ Normwerte: 100 +/- 15 60= kleinster mögl. Wert Sofort nach 20min Rey-Osterreith Complex Figure Copy: 3-5 Minuten Delayed Recall: Nach 40 Minuten 3 Kategorien von Problemen im Alltag (Elternfragebogen) 1. Räumlich Æ Schwierigkeiten, Wege zu finden (selbst in gewohnter Umgebung) Æ Mangelnde Erinnerung an gewöhnliche Orte und evtl. dort abgelegte Objekte 2. Zeitlich Æ Schlechte Orientierung in Raum und Zeit Æ Müssen an Stundenplan und geplante Termine erinnert werden 3. Episodisch Æ Mangelnde Erinnerung an tägliche Aktivitäten (Telefongespräche, Nachrichten, Besucher, Ferien, ...) Rivermead Behavioral Memory Test Testung von Speicherkapazität und Wiedergabefähigkeit Æ Æ Items, die im Elternfragebogen vorkommen Unterschiedliche Stimuli: Nachricht überbringen, Ort eines abgelegten Objekts erinnern, Name für abgebildete Person, eine Geschichte, ein Bild erinnern, ... 12 Punkte erreichbar Weniger als 9 Æ Gedächtnisdefizit Beth: 2 Punkte Jon: 3 Punkte Kate: 4 Punkte Ausgewählte Schnitte zeigen Temporallappen und Hippocampus Kontrollperson H-MRS-Region (2x2x2cm3) Beth „Cross-Sektionale Bereiche“ des Hippocampus als Funktion der Scheiben-Position Fig. 2C 2 SD über und unter dem „normalen“ Mittelwert Linke Hemisphäre Rechte Hemisphäre Beth Neuropathologie 3 Unterschiedliche Quantitative MRT-Techniken 1. Volumenmessung Æ Æ Alle 3 zeigen Hippocampus-Abnormitäten Nur 43 – 61% des normalen Volumen 2. T2- Relaxometry Æ Æ Hippocampale T2-Flüssigkeitswerte bilateral erhöht Verbleibendes Gewebe stark komprimiert/geschädigt 3. Protonen Magnetik Resonanz-Spektroskopie Æ Æ Temporallappenregion (2x2x2 cm3) Beth: normale bilaterale Signalintensität Jon & Kate: rechts unwesentlich unter Normalniveau Volumen des Hippocampus (Linie= 2SD unter Norm; N=22 gesunde VP) T2-Werte des Hippocampus (Linie= 2SD über Norm; N=39 gesunde VP) MRS SignalIntensitätsVerhältnisse (Linie= 2SD unter Norm) Links/Rechts Leistung, die trotz Schädigung im normalen Bereich liegt ~normale Schulbildung Haben lesen, schreiben und buchstabieren gelernt ~normale kognitive Entwicklung Notwendige Voraussetzungen: Motorische Routinen, Symbolisches Verständnis, Verstehen + Ausdrücken von Ideen, usw. Speicherung von Semantischen Wissen Sicht 1: Æ Nur übers episodische Gedächtnis kann Semantisches Wissen erlangt werden Æ Episodisches Gedächtnis ist noch soweit intakt, dass über viele Wiederholungen in verschiedenen Kontexten • Kontextfreies Wissen, Linguistisches Wissen, Faktenwissen, usw. erlernt werden kann ÆHierbei wird ein einheitlicher Prozess angenommen, der durch das Hippocampussystem moduliert wird Neue Ansicht über Speicherung von Semantischen Wissen Zwei getrennte Prozesse für episodisches und semantisches Gedächtnis: Semantisches Wissen kann anscheinend auch ohne episodische Erinnerung aufgebaut und gespeichert werden Annahme: Æ Die grundlegenden sensorischen Gedächtnisfunktionen bleiben bei Amnesie verschont Æ Diese Funktionen unterliegen dem Perirhinal und Entorhinalkortex Schlussfolgerung ÆKontextreiche episodische Gedächtniseinträge benötigen den Hippocampus ÆBasisfunktionen des Sensorischen Gedächtnisses Perihinal & Entorhinalcortex sie sind ausreichend um kontextfreie semantische Gedächtniseinträge zu speichern ÆKortikal-sensorische-Bereiche höherer Ordnung kommunizieren nur indirekt über Perihinal- und Entorhinalkortex mit dem Hippocampus Andere wissenschaftliche Positionen Larry R. Squire und Stuart M. Zola Hauptargument: Bei den Patienten muss ein wenig der Funktionsfähigkeit des episodischen Gedächtnisses erhalten geblieben sein, sodass semantisches Wissen noch aufgebaut werden kann Erfahrungen Episodisches Gedächtnis Semantisches Gedächtnis Studie von Tulving, 1989 Erinnern vs. Wissen Erinnern: Erkennen eines Items, das eingebettet ist in die Lernepisode Wissen: kontextfreie „Vertrautheit“ 13 Patienten, 4 mit bilateraler Hippocampusläsion Aufgabe: Ja/Nein- Wiedererkennungstest, 10min nach dem Lernen von 36 Wörtern Einschätzung, ob man es wiedererinnert hat oder es ihnen bekannt vorkam Ergebnisse: Patienten waren in beidem schlechter als ein Kontrollgruppe Auch die vier mit der bilateralen Hippocampusläsion hatten im Wissen und im Erinnern die gleiche Reduktion Die Gedächtniskomponenten die für Erinnern und Wissen verantwortlich sind, sind wohl beide gleichermaßen von der Funktionsfähigkeit des Hippocampus abhängig. Endel Tulving und Hans J. Markowitsch SPI-Model Encoding Retrieval REMEMBER EPISODIC OUT THE PAST KNOW THE SEMANTIC IN PRESENT OUT 2 Arten von Patienten: Schwierigkeiten im episodischen und im semantischen Gedächtnis Vor allem Schwierigkeiten im episodischen Gedächtnis Übernahme der Annahme von V.-K., dass der Hippocampus notwendig für ein Funktionieren des episodischen Gedächtnisses ist, aber nicht für das semantische. Mögliche Gegenbefunde: Patienten mit einer bilateralen Hippocampusläsion, die ein normales episodisches Gedächtnis haben, aber kein neues Faktenwissen aufbauen können Eine deutliche positive Beziehung zwischen dem Erinnern von Ereignissen und dem Lernen neuer Fakten Die Rolle des Alters bei der Schädigung Effekt des Alters bei der Verletzung? Versuchspersonen: Unzureichende Sauerstoffversorgung des Gehirns vor dem ersten Lebensjahr (n=6) …zwischen 6 und 14 Jahren (n=5) Æ Æ Æ Æ Bilaterale Abnormitäten im Hippocampus Reduktion im hippocampalen Volumen (~40%) Beeinträchtigt im Erinnern von Ereignissen (episodisches Gedächtnis) Intakte intellektuelle Fähigkeiten (semantisches Gedächtnis) Möglichkeiten: 1. Der Hippocampus ist für beide Gedächtnistypen wichtig: Neuronale Plastizität ist in der frühen Kindheit so hoch, dass das semantische Gedächtnis, von anderen extrahippocampalen Bereichen übernommen werden kann, während das beim episodische Gedächtnis nicht so effektiv gelingt. Bei der selben Schädigung in einem höheren Alter müsste das semantische Gedächtnis genauso betroffen sein, wie das episodische! 2. Der Hippocampus ist v.a. für das episodische Gedächtnis zuständig. Das semantische Gedächtnis funktioniert unabhängig vom episodischen Gedächtnis. Es kommt zu beiden Zeitpunkten zu der gleichen Amnesie. IQ-Test Viele Gedächtnistests Ænormale Intelligenz Ækeine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen! Ænur beim direkten Wiedergeben (Arbeitsgedächtnis) war die frühere Gruppe besser als die spätere, evt. mit der Abnahme der Plastizität zu erklären Æin allen Tests zum episodischen Gedächtnis waren die Versuchspersonen schlechter als eine Kontrollgruppe Æim semantischen Gedächtnis zeigten sie keine deutlichen Defizite Das Alter zum Zeitpunkt der Verletzung spielt keine Rolle Fazit der Autoren: Dies spricht für die Hypothese, dass hauptsächlich das episodische Gedächtnis mit dem Hippocampus zusammenhängt und das semantische Gedächtnis unabhängig vom episodischen Gedächtnis funktionsfähig ist. Will man die Befunde trotzdem mit dem klassischen Modell erklären, müsste man als effektive Alterspanne bei der Verletzung, die zu einer solchen Amnesie führt, die Zeit von der Geburt bis mind. zur Pubertät annehmen. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!