phænos Bau-ABC Ausschalen Geometrie Das Ausschalen als großer und entscheidender Moment bei der Umsetzung eines Sichtbetonsbaus ist ein faszinierender Augenblick, der nach bis zu sechs Wochen Schalungsaufbauzeit erstmals die Kontrolle des über Wochen Geleisteten möglich macht. Die unterschiedlichen geometrischen Formen der „Cones“ mit unterschiedlichen Neigungswinkeln bis zu 40°, das heißt zum Teil extrem schrägen Flächen, stellten die Planer in der Ausführung vor immer neue Aufgaben, die nur am Computer zu lösen waren. Beton Honigartige Konsistenz Zwei Betonarten wurden bei phæno verwendet: herkömmlicher und der sogenannte „Selbstverdichtende Beton“ (SVB), ein neuartiger Baustoff, der hier erstmals in großem Umfang zum Einsatz kam. Experten sprechen bei dem Projekt mit 117 000 Kubikmeter umbautem Raum vom größten mit SVB errichteten Bauwerk Europas. Im Gegensatz zum herkömmlichen Beton hat SVB eine honigartige Beschaffenheit, die ihn ohne Schwierigkeiten in kleinste Zwischenräume fließen lässt. Cone Als Cones bezeichnet das deutsch-englische Architektenteam die zehn trichterförmigen, geneigten „Füße“ des Gebäudes. Die Hohlkörper enthalten auf der Platzebene unter anderem ein großes Geschäft für Experimentier- und Spielsachen, verschiedene Gastronomieangebote und einen Vortragsraum. Über eine Höhe von etwa sieben Metern tragen sie die gesamte Last des Bauwerks, das frei über der Platzebene schwebt. Dachkonstruktion Ein Dachtragwerk aus Stahl, das sich fächerförmig ausbreitet, bildet den oberen Abschluss des Gebäudes. Keines der Dachelemente gleicht dem anderen! Experimentierlandschaft Eine künstlich geschaffene Landschaft mit Höhenversprüngen und Aus- bzw. Einstülpungen, die an Vulkankrater denken lassen, bildet das Herzstück des phæno. 250 Experimentierstationen laden hier zum selbständigen Entdecken und Erforschen ein. Fassaden Eine Fassade aus Betonfertigteilen prägt die Stadtansicht des Gebäudes. Das wichtigste Merkmal der Architektur sind hier die ungewöhnlichen Fensterelemente in Rautenform mit abgerundeten Ecken, die eine Spezialanfertigung der Gläser erforderlich machten. Innendämmung Höchste Anforderung an den Innenausbau stellte eine Innendämmung, die an fast durchweg gekrümmten Wänden zu befestigen war. Ihre Oberfläche wurde mit einer Spachtelung versehen. Jahreszeiten Ein Einbau des Spezialbetons ist nur bei konstanten Temperaturen zwischen +5° und +25°C möglich. Neben längeren Frostperioden im Winter kann auch im Sommer ein Problem beim Betonieren entstehen. Es wird durch ein Ausweichen in die Morgenstunden zwischen 4.00 und 8.00 Uhr gelöst. Kassettendecke Eine Struktur aus in zwei Richtungen verlaufenden Balken (sogenannten „Rippen“) und tiefer liegenden Zwischenräumen bildet die Untersicht des Gebäudes auf der Platzebene und wird als Kassettendecke bezeichnet. Im Gegensatz zum gängigen Vorbild verlaufen die Rippen diagonal, so dass sich keine rechteckigen, sondern rautenförmige Felder ergeben. Sie wurden beim Betonieren durch weiße Schalkörper aus Kunststoff ausgespart. Lichtinszenierung Zumeist weiße Beleuchtungselemente wurden in die Felder der Unterdecke eingepasst. Diese Lichtinszenierung zählt zu den wichtigsten gestalterischen Elementen des Platzes unter dem Gebäude. Maßnahmenkatalog Schaltechnik Ein umfangreicher Maßnahmenkatalog, beginnend im Betonwerk und endend mit verbindlichen Richtlinien für Transport, Übergabe und Montage der Schalungsteile, sichert die Qualitätsansprüche. Eine Schalung aus schmalen Holzleisten ist auf der Oberfläche des Betons abgebildet. Von den Brettbreiten über die Nagelung bis zur Befestigung der Schaltafeln wurde jede Einzelheit durch die Architekten im Vorfeld gezeichnet. Nebennutzungen Transportbetonwerk Als Nebennutzungen werden alle Aktivitäten bezeichnet, die nicht unmittelbar in die Experimentierlandschaft des phæno eingebunden sind und mit ihren Räumlichkeiten eigene Zugänge erhalten. Dazu zählen unter anderem der Science Shop, die Gastronomie, und das Wissenschaftstheater. Zwei Transportbetonwerke der Region in Fallersleben und Oebisfelde lieferten den Spezialbeton, um lange Anlieferzeiten zu vermeiden. Sie mussten dafür in ihrer Technik aufgerüstet werden. Ortbeton Im Gegensatz zur verbreiteten Betonbauweise mit Fertigteilen, die überwiegend im Werk hergestellt und auf der Baustelle zusammen montiert werden, fordert phænos Form eine konstruktive Umsetzung in Ortbeton. Der Spezialbeton wurde flüssig antransportiert und zu 100 Prozent direkt auf der Baustelle eingebaut. Pocket-Bereich Als Pocketbereich wird ein Gebäudeteil auf der nördlichen Gebäudeseite in Richtung Mittellandkanal bezeichnet, der wie eine Tasche in die Experimentierlandschaft eingeschoben ist. Rampen und Treppen führen hinauf bzw. hinunter auf zwei Zwischenebenen, wo sich vor allem die Laborbereiche für Besuchergruppen befinden. Qualitätsstufen Nach ihrer Lage im Gebäude werden die Betonoberflächen in drei Qualitätsstufen unterteilt. Die Kategorie A (= höchste Anforderungen) gilt für die Cone-Außenflächen und die Deckenuntersicht. Rohbau Der Rohbau ist das größte Einzelgewerk, das sorgfältig und handwerklich perfekt hergestellt werden muss, da in den meisten Fällen keine nachträgliche Verkleidung erfolgt. Unikat Grundsätzlich ist jeder Cone wie auch das Gesamtgebäude in seiner Formgebung ein Unikat, das weltweit nichts Vergleichbares kennt. Durch die unterschiedlichen Formen ist ein Wiederverwenden der Schalungsteile vielfach kaum möglich. Verdichten des Betons Herkömmlicher Beton wird durch unterschiedliche Rüttelverfahren verdichtet, um die Luft aus dem Gemisch zu bringen und alle Materialbestandteile gleichmäßig zu verteilen. Beim SVB entfällt dieser Arbeitsschritt. Wissenschaftstheater Das Auditorium mit 260 Plätzen zählt zu den bautechnisch schwierigsten Gebäudeteilen. Sein Eingangsbereich öffnet sich mit einer dreidimensional („sphärisch“) gebogenen MetallGlas-Fassade zur Stadt. Extrem große Glasscheiben mit Gewichten bis zu 400 Kilogramm pro Scheiben sind hier millimetergenau einzupassen. Zulassung im Einzelfall Der bisher nicht durch eine Norm geregelte Einbau von selbstverdichtendem Beton erforderte eine Zulassung im Einzelfall, die mit einem aufwendigen Prüfverfahren verbunden ist. Sie wurde im Vorfeld durch das niedersächsische Innenministerium, die oberste Bauaufsichtsbehörde, erteilt.