Business Reengineering: Steigerung der Wirtschaftlichkeit in der Gemeinschaftsverpflegung Markus Lehmann 1. Was ist Business Reengineering? Business Reengineering ist zu einem Schlüsselbegriff der betriebswirtschaftlichen Diskussion der letzten Jahre geworden. In Verbindung mit Schlagworten wie Outsourcing, Prozeßoptimierung, Kundenorientierung, Schlanke Organisation und Qualitätsmanagement bildet Business Reengineering den Rahmen für eine grundlegende Reorganisation, die in einer Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland in der jüngeren Vergangenheit vollzogen worden ist (Hammer, Champy 1994; Deutsch 1995a). Wesentliche Auslöser dafür sind die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und der damit einhergehende, starke internationale Wettbewerb vor dem Hintergrund vielfach gesättigter Märkte, der weltwirtschaftlichen Rezession der vergangenen Jahre sowie des Strukturwandels in der Wirtschaft. Der Strukturwandel drückt sich aus in vermehrten Unternehmensfusionen, in Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland, in der Privatisierung bisheriger staatlicher Aufgaben (Deregulierung), in den Auswirkungen des rapiden Fortschritts der Informationstechnik (Übergang zur Informationsgesellschaft) sowie im allmählichen Absterben alter Industriezweige und dem gleichzeitig schnellen Wachstum von Branchen, in denen neue Technologien entwickelt werden. Zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und zu ihrer langfristigen Existenzsicherung stehen die Unternehmen vor der Aufgabe, sämtliche Strukturen (Aufbauorganisation) und Prozesse (Ablauforganisation) zu überprüfen, ggf. in zweckmäßiger Weise zu verändern und somit effizienter zu gestalten. Durch Verbesserungen bei den Leistungen und/oder Einsparungen bei den Kosten kann die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden. Business Reengineering, das seinen Ursprung in den USA hat, steht dabei für eine radikale und fundamentale Form der Umgestaltung. Im Gegensatz dazu repräsentiert das aus Japan stammende Kaizen („Weg zum Guten”) einen stetigen Weg kleiner Schritte zur Verbesserung der Unternehmensleistung (Konti106 nuierlicher Verbesserungsprozeß KVP). Gemeinsam ist beiden Vorgehensweisen jedoch das Ziel und die stark prozeßorientierte Denkweise (Herter 1995, Schneck 1995). Die Nahrungszubereitung in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung bleibt von den geschilderten Entwicklungen nicht unberührt. Großküchen in der Betriebs-, Anstalts- und Schulverpflegung waren als Teil der sozialen Einrichtungen eines privaten oder öffentlichen Unternehmens lange Zeit nicht den Kräften des Marktes ausgesetzt. Der starke Wettbewerbs- und Rationalisierungsdruck, unter dem die jeweiligen Trägerunternehmen stehen, hat seine Spuren jedoch zunehmend auch in den Verpflegungsabteilungen hinterlassen (o. V. 1994, Pfannschmidt-Wahl 1995a). In den letzten Jahren sind deshalb auch in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung in beträchtlichem Umfang Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit durchgeführt worden. Diese Maßnahmen lassen sich unter dem Dach des Business Reengineering zusammenfassen. Sie sollen im vorliegenden Aufsatz vorgestellt und diskutiert werden. Zunächst werden die Symptome und Ursachen der Probleme erläutert, die den Anlaß für Business Reengineering darstellen. Anschließend werden ausgewählte Maßnahmen zur Problemlösung aufgezeigt (s. Abbildung.). Dabei handelt es sich um verschiedene Ausprägungen des Outsourcing sowie um Maßnahmen zur Prozeßkettenoptimierung im Bereich der Materialwirtschaft. Einem intensiven Einsatz der Informationstechnik kommt in diesem Zusammenhang große Bedeutung zu. Weiterhin wird dargelegt, welcher Informationsbedarf zur Entscheidungsfindung im Rahmen des Business Reengineering besteht und welchen Beitrag die Forschung zur Zielerreichung leisten kann. 2. Anlässe für Business Reengineering Nachfolgend werden die wesentlichen Probleme angesprochen, die den Anlaß für Business Reengineering bilden. Dabei wird zwischen den Symptomen und den Ursachen der Probleme unterschieden. 107 2.1 Symptome Unmittelbar greifbare Symptome sind die Ergebnisse des Rechnungswesens. Im Betriebsergebnis stehen sich hierbei Leistungen und Kosten als monetäre Größen gegenüber. Wichtige physische Größen in diesem Zusammenhang sind die Absatzmengen. Hinsichtlich dieser Größen wird in den Trägerunternehmen häufig folgendes festgestellt. Das Betriebsergebnis verschlechtert sich im Zeitablauf und nimmt z. T. negative Werte an. Ein solcher Betriebsverlust kann durch verminderte Leistungen und/oder durch gestiegene Kosten bedingt sein. Hinter einer Verringerung der Leistungen können gesunkene Marktpreise und/oder verminderte Absatzmengen stehen. Eine Erhöhung der Kosten ist auf einen Anstieg in den Faktorpreisen (z. B. Löhne und Gehälter) und/oder in den verbrauchten Faktormengen zurückzuführen. Zu hohe Kosten werden dabei nahezu in jedem Fall festgestellt. Nicht selten gehen damit auch verminderte Leistungen einher. Die Schere zur Unwirtschaftlichkeit und mangelhaften Wettbewerbsfähigkeit öffnet sich auf diese Weise. In den Verpflegungsbetrieben der Unternehmen ergibt sich ein davon teilweise abweichendes Bild. Einbußen auf der Leistungsseite lassen sich nicht pauschal feststellen. So war es in der jüngeren Vergangenheit meist ohne größere Widerstände möglich, notwendige Preiserhöhungen vorzunehmen. Auch die Absatzmengen konnten häufig bei entsprechender Qualität gehalten oder gesteigert werden. Probleme bereiten hingegen zumeist die stark steigenden Kosten, z. B. Personal- und Entsorgungskosten (Müllabfuhr-, Abwassergebühren). Das sich dadurch verschlechternde Betriebsergebnis hat zur Folge, daß der erforderliche betriebliche Zuschuß pro Menü wächst. Der tatsächlich gewährte Zuschuß weist jedoch sinkende Tendenz auf (Pfannschmidt-Wahl 1995b). Die Verpflegungsdienstleistung gerät somit, gemeinsam mit den anderen Sozialleistungen des Unternehmens, zunehmend in die Diskussion. 2.2 Ursachen Bei der Analyse der Problemursachen kann zwischen dem Prozeß und dem Ergebnis der Leistungserstellung unterschieden werden. Als Mängel im Prozeß der Leistungserstellung wird allgemein in den Unternehmen eine ineffiziente Aufbau- und/oder Ablauforganisation identifiziert. Die Schwächen äußern sich in einer häufig verkrusteten, aufgeblähten und stark hierarchi108 schen Struktur der Aufbauorganisation. Flache Hierarchien mit kurzen Entscheidungs- und Kommunikationswegen in einer teamorientierten Struktur fehlen hingegen. Im Rahmen der Ablauforganisation mangelt es vielfach an einer prozeßorientierten Denkweise, die sämtliche Prozeßschritte innerhalb der Funktionsbereiche und bereichsübergreifend optimal aufeinander abstimmt. Bei der Leistungserstellung in der Gemeinschaftsverpflegung steckt das Verbesserungspotential vor allem in der Gestaltung der Prozeßabläufe. So mangelt es hierbei u. a. am Einsatz der Informationstechnik. Nicht kundengerechte und zu teure Produkte sind wesentliche Ursachen für Mängel im Ergebnis der Leistungserstellung. Die Entwicklungszeit für neue und innovative Produkte ist vielfach zu lang. Bei den Kosten fallen besonders die hohen Löhne und Gehälter in Verbindung mit einem hohem Personalstand ins Gewicht. Im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung haben Schwächen im Leistungsbereich geringere Bedeutung. So wurde das Verpflegungsangebot in den vergangenen Jahren stetig erweitert und qualitativ verbessert. Ein Beispiel hierfür sind regelmäßige Aktionswochen, in denen z. B. ausländische Spezialitäten serviert werden. Dennoch sind beständige Bemühungen erforderlich, um den wachsenden Anforderungen der Tischgäste dauerhaft gerecht zu werden. Das Augenmerk gilt in den Verpflegungsbetrieben jedoch in erster Linie den Kosten. Aufgrund des lange fehlenden Wettbewerbs und des obligatorischen Ausgleichs von Defiziten durch Zuschüsse des Trägerunternehmens wurde ein stark kostenbewußtes Handeln vielfach vernachlässigt. Ausgelöst durch den zunehmenden internen Kosten- und Rationalisierungsdruck sowie die externe Konkurrenz der Catering-Unternehmen gewinnt eine streng wirtschaftliche Betriebsführung nunmehr höchste Bedeutung. 3. Problemlösung mit Hilfe von Business Reengineering Mit verschiedenen Maßnahmen wird in den Unternehmen allgemein eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit angstrebt. Im einzelnen sollen eine qualitative und quantitative Verbesserung auf der Leistungsseite sowie eine Reduzierung auf der Kostenseite herbeigeführt werden. Als übergeordnetes Ziel steht dabei ein größtmöglicher Kundennutzen im Vordergrund. Diese Zielsetzungen gelten im wesentlichen auch für Verpflegungsbetriebe. Besonders hervorzuheben sind 109 hier die Anstrengungen zur Kostensenkung. Das meist hohe Niveau der Leistungen soll dabei gehalten bzw. weiter verbessert werden. Die Maßnahmen des Business Reengineering greifen jeweils in die Gestaltung des Prozesses der Leistungserstellung ein. Angestrebt wird dabei eine Optimierung der betrieblichen Abläufe auf der Basis einer effizienten, schlanken Aufbauorganisation. Maßnahmen, die in den Verpflegungsbetrieben auf breiter Front angewendet werden, sind verschiedene Stufen des Outsourcing sowie spezielle Schritte zur Optimierung von Prozeßketten. Nachfolgend werden die genannten Maßnahmen mit ihren Merkmalen erläutert. 3.1 Outsourcing Der Begriff Outsourcing (Outside Resourcing) beschreibt allgemein die Auslagerung von Unternehmensaufgaben auf externe spezialisierte Anbieter. Der Umfang der Ausgliederung kann sich dabei auf einzelne Prozeßschritte beschränken, er kann aber auch gesamte Funktionsbereiche umfassen. Das Ziel des Outsourcing besteht darin, diejenigen Teilprozesse im Rahmen der gesamten Wertschöpfungskette zu identifizieren und aus dem Unternehmen auszugliedern, bei denen die interne, eigene Durchführung im Vergleich zur externen, fremden Leistungserbringung unwirtschaftlich ist. Es sind somit jeweils Entscheidungen über Eigenfertigung oder Fremdbezug (make or buy) zu treffen. Von der Auslagerung sind häufig Prozesse betroffen, die nicht unmittelbar zum Kerngeschäft (core business) gehören und nur mittelbar zur Wertschöpfung beitragen. Ein typisches Beispiel hierfür sind Reinigungsdienstleistungen. Outsourcing bezieht sich aber vielfach auch auf Teile der unmittelbaren Wertschöpfung. In diesem Fall ist die Auslagerung mit einer Verringerung der Fertigungstiefe verbunden. Durch die Ausgliederung wird eine Konzentration auf die Kernkompetenzen des Unternehmens möglich. Gleichzeitig soll die Fremdvergabe eine Verringerung der Kosten bei gleicher oder verbesserter Leistungsqualität bewirken. Zudem ergeben sich für das Unternehmen eine größere Flexibilität, eine Freisetzung gebundener Mittel, jedoch auch eine stärkere Abhängigkeit von externen Anbietern. Im folgenden werden typische Formen des Outsourcing in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung vorgestellt. Dabei handelt es sich zum einen um die Auslagerung von Prozeßschritten im Rahmen des Einsatzes von Convenience-Produkten. Zum anderen wird die Auslagerung des gesamten Verpflegungsbereichs betrachtet. Hierbei ist zwischen der 110 Fremdbewirtschaftung durch ein Catering-Unternehmen und der Eigenbewirtschaftung durch eine ausgegliederte rechtlich selbständige Verpflegungs-GmbH zu unterscheiden. 3.1.1 Outsourcing von Teilen des Verpflegungsbereichs und Einsatz von Convenience-Produkten Wirksame Möglichkeiten zur Beeinflussung von Kosten und Leistungen und somit der Wirtschaftlichkeit ergeben sich durch den gezielten Einsatz von Convenience-Produkten. Kennzeichen der „Bequemlichkeitsprodukte” ist ein bestimmter Grad an Vorfertigung, der von küchenfertig über gar- und aufbereitfertig bis hin zu verzehrfertig reicht. Die entsprechenden Prozeßschritte sind somit ausgelagert und werden vom Verpflegungsbetrieb bei der Lebensmittelbeschaffung zugekauft. Die Zustandsform der Produkte ist vielfach tiefgefroren, häufig aber auch gekühlt. Geeignet für die Verwendung als Convenience-Produkte sind grundsätzlich Lebensmittel und Speisen aus allen Produktgruppen (z. B. Fleisch, Gemüse usw.). Auf der Kostenseite lassen sich durch den Einsatz von Convenience-Produkten erhebliche Einsparungen in der erforderlichen Arbeitszeit erzielen. Die Arbeitsproduktivität als Verhältnis zwischen Anzahl produzierter Essen (Output) und eingesetzter Arbeitskapazität (Input) wird dadurch gesteigert. Die vergleichsweise höheren Wareneinsatzkosten werden durch die geringeren Personalkosten meist überkompensiert. Zusätzliches Kostensenkungspotential resultiert aus den geringeren Energie-, Wasser- (Frisch- und Abwasser) und Entsorgungskosten. Weitere Einsparungen sind möglich, wenn die Produktionsentscheidungen im Rahmen eines Um- oder Neubaus einer Großküche erfolgen. In einem solchen Fall können die erforderlichen Raumund Gerätekapazitäten dem verringerten Faktorbedarf angepaßt werden. Dadurch werden Fixkosten abgebaut und in variable Kosten umgewandelt. Schließlich kann auch eine Senkung der Lagerhaltungskosten erzielt werden, sofern in Zusammenarbeit mit den Lieferanten eine Optimierung von Beschaffung und Logistik vorgenommen wird (vgl. 3.2). Ein wesentliches Kennzeichen von Convenience-Produkten auf der Leistungsseite ist die exakte, gleichbleibende Rezeptur. Daraus ergeben sich eine hohe Sicherheit und eine genaue Kalkulation im Bereich der Qualität (sensorisch, ernährungsphysiologisch und hygienisch) und der Quantität (Portionsmengen). Dies ist u. a. im Hinblick auf die Einhaltung der EU-Hygienerichtlinie bedeutsam (Grohmann 1994). Aufgrund erheblicher Anstrengungen (Innovationen und technologischer Fortschritt) der Ernährungsin111 dustrie sind die Qualitätsstandards kontinuierlich gestiegen („Premiumqualität“). Dies gilt für die Eigenschaften der einzelnen Speisen ebenso wie für die Vielfalt des Produktspektrums. Häufig wird der Einsatz hochwertiger und produktionsaufwendiger Gerichte erst durch den Einsatz von Convenience-Produkten ermöglicht. Zudem läßt sich der Zubereitungsprozeß verkürzen und flexibler gestalten. Dies gewinnt vor allem an Bedeutung, wenn die Anzahl an Essensteilnehmern, z. B. aufgrund flexibler Arbeitszeiten, stark schwankt (Pfannschmidt-Wahl 1993). Convenience-Produkte wurden in der Vergangenheit häufig als qualitativ geringerwertig und zu teuer beurteilt. Eine solche Einschätzung ist gegenwärtig nicht mehr zutreffend. Trotz der geschilderten Vorteile sollte man sich jedoch bewußt sein, daß ein übermäßiger Einsatz von ConvenienceProdukten auch nachteilige Wirkungen haben kann. So besteht u. a. die Gefahr der geschmacklichen Gleichförmigkeit und der fehlenden Individualität, wenn die eigene nicht normierte Zubereitung zu stark in den Hintergrund tritt. Dieser Eindruck entsteht vor allem, wenn Tischgäste das Menüangebot längerfristig in Anspruch nehmen, wie dies beispielsweise in der Betriebsverpflegung der Fall ist. Dennoch wird zukünftig kaum eine Großküche auf einen verstärkten und konsequenten Convenience-Einsatz verzichten können, will sie den gewachsenen Anforderungen gerecht werden und ihre Existenz langfristig sichern. 3.1.2 Outsourcing des gesamten Verpflegungsbereichs und Fremdbewirtschaftung durch ein Catering-Unternehmen Im Gegensatz zu den Trägerunternehmen steht im Verpflegungsbereich meist die Hauptaufgabe selbst, nämlich die Menüproduktion, zur Disposition. Eine wesentliche Ursache der Outsourcing-Diskussion besteht darin, daß die Verpflegungsdienstleistungen aus der Sicht des Gesamtunternehmens einen betriebsfremden Aufgabenbereich umfassen. In der Praxis wird deshalb vermehrt der bislang eigenbewirtschaftete Verpflegungsbereich ausgelagert. Diese Entwicklung ist in der Betriebsverpflegung bereits vorangeschritten und setzt sich derzeit in der Anstaltsverpflegung, vor allem im Krankenhaus, fort (Schmid 1995c, S. 32). Hierbei wird die gesamte Verpflegungsaufgabe einem externen CateringUnternehmen übertragen. Ein solches, auf Verpflegungsdienstleistungen spezialisiertes, erwerbswirtschaftliches Unternehmen versorgt jeweils mit eigenem Personal mehrere Objekte. Werden dabei ausschließlich bzw. teilweise eigene Mitarbeiter eingesetzt, spricht man von Voll- bzw. Teil112 Catering. Die Großküche selbst mit Geräten und Einrichtungen, dem Speisesaal sowie der Energie- und Wasserversorgung wird vom Kunden bereitgestellt. Welche Bewirtschaftungsform (eigen oder fremd) überlegen ist, muß fallspezifisch geprüft werden. Nachfolgend werden wesentliche Beurteilungskriterien beider Bewirtschaftungsformen vorgestellt, die zu einer sachgerechten Entscheidungsfindung beitragen können. Bei der Erläuterung dieser Merkmale werden jeweils Vor- und Nachteile auf der Kosten- und auf der Leistungsseite differenziert. Die Fremdbewirtschaftung durch ein Catering-Unternehmen besitzt auf der Kostenseite den Vorteil, daß die Entlohnung der Mitarbeiter nach dem Entgelttarifvertrag der Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten (NGG) erfolgt. Demgegenüber erhalten die Arbeitskräfte einer eigenbewirtschafteten Betriebskantine eine Vergütung, die dem Tarif des Trägerunternehmens entspricht. Dieser jeweilige Branchentarif (z. B. Metalltarif) ist meist erheblich höher als der NGG-Tarif. Weitere Kostenvorteile des Catering können in einem vergleichsweise flexibleren Personaleinsatz (z. B. eingearbeitete Springer) und in geringeren Fehlzeiten bestehen. Darüber hinaus sind Kostenvorteile im Lebensmitteleinkauf aufgrund der Unternehmensgröße möglich. So können die Beschaffungskonditionen mit den Großhandels- bzw. Herstellerunternehmen zentral für alle betreuten Objekte vereinbart werden. Das im Vergleich zu einem einzelnen Verpflegungsbetrieb dadurch wesentlich größere Einkaufsvolumen gibt dem Catering-Unternehmen eine stärkere Verhandlungsposition. Auf der Leistungsseite kann für ein Catering-Unternehmen als Vorteil verbucht werden, daß die Verpflegung das Hauptgeschäft bildet und somit eine entsprechende Spezialisierung vorliegt. Dies drückt sich beispielsweise in umfangreichen und regelmäßigen Maßnahmen zur Personalschulung aus. Ein solches Personaltraining ist dabei nicht auf die Einarbeitung neuer Mitarbeiter beschränkt, sondern wird auch im Rahmen einer laufenden Fortbildung angeboten. Schließlich ist es für ein Catering-Unternehmen leichter, ein eigenständiges, charakteristisches Firmenprofil zu entwickeln und in einer Corporate Identity (CI, Systemkonzept) darzustellen. Einem eigenbewirtschafteten Verpflegungsbetrieb gelingt dies weniger leicht, da ein selbständiges Auftreten, z. B. sichtbar durch ein eigenes Firmenlogo, nicht möglich ist. Nachteile, die mit der Beauftragung eines Catering-Unternehmens verbunden sein können, sind wiederum auf der Kosten- und auf der Leistungsseite 113 zu suchen. Da ein Catering-Unternehmen erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist, enthält das Entgelt, das der Kunde zu entrichten hat, einen Gewinnanteil. Ob die Verpflegungskosten, die für den Kunden daraus insgesamt resultieren, geringer sind als bei Eigenbewirtschaftung, muß im Einzelfall geprüft werden. In diesem Zusammenhang übt auch die Umsatzsteuer Einfluß aus. So werden eigen- und fremdbewirtschaftete Betriebe umsatzsteuerrechtlich derzeit noch ungleich, zum Nachteil der Fremdbewirtschaftung, behandelt (Dietz 1995). Auf der Leistungsseite ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob die versprochene Qualität des Verpflegungsangebots auch tatsächlich dauerhaft erreicht wird. So kann die Gefahr bestehen, daß Catering-Unternehmen nach Vertragsabschluß in der Leistung nachlassen. Dies kann zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kunden und dem Caterer führen, da die Qualität einer Verpflegungsdienstleistung nicht umfassend vertraglich festgelegt werden kann und somit ein Handlungsspielraum besteht. Diese Problematik hat zu einem teilweise schlechten Ruf der Catering-Branche geführt. Zur Beurteilung der Eigenbewirtschaftung eines Verpflegungsbetriebs lassen sich folgende Ergänzungen vornehmen. Eine traditionell geführte Verpflegungsabteilung verfügt meist über eine langjährige fachliche Erfahrung, die der Kompetenz eines Caterers gleichkommen oder diese übertreffen kann. So kennt die Wirtschaftsleitung die Wünsche der Essenteilnehmer oft sehr genau und ist in der Lage, eine „maßgeschneiderte” Leistung anzubieten. Die Möglichkeit der betriebsinternen unmittelbaren Einflußnahme (Betriebsrat) sind im Vergleich zur Inanspruchnahme der Dienstleistungen eines Caterers größer. Auf die Kosten nachteilig auswirken können sich die höheren Tarife, ein unzureichend ausgeprägtes unternehmerisches Denken sowie eine gewisse Trägheit aufgrund der über lange Zeit unangefochtenen, gesicherten Position. Aufgrund des Wettbewerbs, der von den Catering-Unternehmen ausgelöst worden ist, sind jedoch in den letzten Jahren von den eigenbewirtschafteten Betrieben verstärkt Anstrengungen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit unternommen worden. Die Position der Verpflegungsabteilungen in den Unternehmen hat sich dadurch vielfach gefestigt. Es fällt den Caterern deshalb häufig nicht mehr so leicht, eine traditionelle Eigenbewirtschaftung zu verdrängen (Pfannschmidt-Wahl, Schmid 1995; Schmid 1995c). 114 3.1.3 Outsourcing des gesamten Verpflegungsbereichs und Eigenbewirtschaftung durch eine Verpflegungs-GmbH Die wachsende externe Konkurrenz hat bei verschiedenen Verpflegungsbetrieben das unternehmerische Potential bewußt gemacht und mobilisiert. So gibt es mehrere Beispiele für den erfolgreichen Versuch, die Eigenbewirtschaftung grundsätzlich beizubehalten und mit den Vorteilen der Fremdbewirtschaftung zu verbinden. Diese Synthese wird in Gestalt einer rechtlich selbständigen Verpflegungs-GmbH realisiert, die aus der vormals unselbständigen Verpflegungsabteilung gebildet wird (Schmid 1994b, 1995a). Die GmbH ist Tochter des Gesamtunternehmens, aus dem sie hervorgeht. Im folgenden sollen die wesentlichen Stärken und Schwächen dieser neuen Form des Outsourcing charakterisiert werden. Dies ist jedoch nur ansatzweise möglich, da Erfahrungen erst in wenigen Fällen und über einen bislang noch kurzen Zeitraum vorliegen. Hervorzuheben ist zunächst, daß im Rahmen der Rechtsform einer GmbH unternehmerisches Denken und Handeln gefördert werden. Dies ist gleichermaßen in den Risiken und Chancen begründet, die aus der Selbständigkeit erwachsen. So wird das neu gegründete selbständige Verpflegungsunternehmen zunächst weiterhin mit der Verpflegung im Mutterunternehmen betraut. Auf lange Sicht steht es jedoch bei der Vergabe dieses Auftrags prinzipiell auf dem freien Markt im Wettbewerb mit Catering-Unternehmen. Dieser Wettbewerb bedeutet Risiko, eröffnet andererseits aber auch die Chance, neue Märkte zu erschließen. So können externe Aufträge akquiriert werden, wie beispielsweise die Versorgung anderer Betriebe mit Mitarbeiterverpflegung, die kulinarische Betreuung von Abendveranstaltungen oder die Ausrichtung privater Familienfeste an Wochenenden. Auf diese Weise wird eine bessere Auslastung der verfügbaren Produktionsfaktorkapazität und somit eine kostengünstigere Produktion erreicht (Stückkostendegression). Außerdem kann die Preisgestaltung gewinnorientiert erfolgen. Die Verpflegungs-GmbH kann somit aus eigener Kraft langfristig ihre Existenz sichern. Weiterhin ist ein eigenständiges Auftreten im Rahmen einer spezifischen Marketingstrategie und einer Corporate Identity möglich. Das unternehmerische Handeln wird auch angeregt durch die größere Flexibilität im Vergleich zur organisatorischen Einbindung als Verpflegungsabteilung in den Gesamtbetrieb. Durch die Ausgliederung verkürzen sich die Dienst- und Entscheidungswege, Motivation und Verantwortungsbewußtsein steigen. Die Erfolgskontrolle wird aufgrund eines eigenen Rechnungswesens effizienter. 115 Durch finanzielle Leistungsanreize kann die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter gesteigert werden. Dabei dürfen aber verschiedene Probleme nicht vernachlässigt werden, die mit der vorgestellten Form des Outsourcing einhergehen: Besonders hervorzuheben ist dabei der Prozeß der Überführung der Mitarbeiter in die neue Rechtsform und die Integration der neu eingestellten Mitarbeiter. So bestehen bei den vorhandenen Arbeitskräften häufig Widerstände, die in der Ablehnung einer niedrigeren Vergütung bis hin zur Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ihre Ursache haben. Für die aus der alten Rechtsform übernommenen Mitarbeiter gelten jedoch Übergangsregelungen (Besitzstandswahrung), so daß eine Schlechterstellung nicht eintritt. Da neues Personal nach einem anderen Tarifsystem entlohnt wird, können Spannungen zwischen den beiden Personengruppen entstehen. Eine Abnahme der Einsatzbereitschaft und somit auch der Arbeitsleistung sind die möglichen negativen Folgen. Grundsätzlich muß berücksichtigt werden, daß sich im Betriebsergebnis deutlich meßbare Erfolge erst nach einer längeren Übergangsphase zeigen, während der sich die Mitarbeiter innerhalb der veränderten Rahmenbedingungen zurechtfinden können. Bei der Beurteilung der vorgestellten neuen Bewirtschaftungsform ist deshalb eine strategische Perspektive zugrundezulegen. Es wird deshalb in den nächsten Jahren interessant sein, die qualitative und quantitative Entwicklung des Outsourcing in Gestalt rechtlich selbständiger Verpflegungsbetriebe zu verfolgen. 3.2 Prozeßkettenoptimierung Eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit im Rahmen des Business Reengineering kann auch erzielt werden, indem bestehende Prozesse bzw. Prozeßketten überarbeitet und neu gestaltet werden. Ein Funktionsbereich, der einer solchen Optimierung in Industrie- und auch in Verpflegungsbetrieben unterzogen wird, ist die Materialwirtschaft. Hierbei wird die gesamte Prozeßkette vom Hersteller des Verbrauchsmaterials (Produzent) über den Großhändler (Distributor) bis hin zum Betrieb mit seinem internen Materialfluß analysiert und neu geplant. Die dabei eingenommene Sichtweise ist, daß jedem externen und internen Prozeßschritt eine Kunden-Lieferanten-Beziehung zugrundeliegt, die es bestmöglich zu gestalten gilt (Bea, Schnaitmann 1995, 116 S. 279). Die Effizienz der Aufgabenerfüllung wird durch den Einsatz der Informationstechnik gefördert (Körmeier 1995). Ein in der Öffentlichkeit viel diskutiertes Beispiel betrifft die Materialwirtschaft in der Automobilindustrie. Die Reorganisation in diesem Bereich ist eng mit dem Namen López verbunden, dem verantwortlichen Einkaufsmanager bei der Volkswagen AG. Charakteristische Merkmale der Prozeßoptimierung im Automobilbereich sind eine Konzentration auf wenige sehr leistungsstarke und preisgünstige Zulieferbetriebe, eine zunehmende Fertigungstiefe der bezogenen Teile („ganze Motoren anstelle von Zündkerzen”), eine Belieferung just-in-time (wichtig: räumliche Nähe der Zulieferbetriebe) und eine verstärkte Einbeziehung der Lieferanten in die Produktentwicklung (Fischer 1994; o. V. 1995a). Eine weitgehend vergleichbare Entwicklung zeichnet sich auch in der Gemeinschaftsverpflegung ab. Dies soll im folgenden näher betrachtet werden. In der Diskussion wird die gesamte Materialwirtschaft in die Teilbereiche Bedarfs-, Beschaffungs-, Transport- und Lagerungsplanung gegliedert. Das benötigte Verbrauchsmaterial sind weitgehend Lebensmittel. Eine nachgeordnete Bedeutung haben Reinigungsmittel, Hygieneartikel, Büromaterial und ggf. Einweggeschirr. Diese Artikel werden deshalb nicht in die Diskussion einbezogen. Folgende Ausgangssituation ist in den Betrieben häufig anzutreffen (Ehrlich 1995a): Die Gesamtzahl der eingesetzten Lebensmittel ist sehr groß (z. B. 1500 Artikel). Die Lieferanten, bei denen die Lebensmittel beschafft werden, sind Großhandelsunternehmen und teilweise auch Lebensmittelhersteller. Ihre Anzahl ist meistens ebenfalls umfangreich. Die Vielzahl an Artikeln und Lieferanten führt zu häufigen Bestell- und Liefervorgängen. Weiterhin wird vielfach eine umfangreiche Lagerhaltung betrieben. Die Nutzung der Informationstechnik ist noch wenig verbreitet. Das Ergebnis der geschilderten Verfahrensweise ist Unwirtschaftlichkeit, die sich vor allem in hohen Beschaffungs- und Lagerungskosten des Materials äußert. Sie kann sich teilweise auch im Leistungsbereich auswirken, z. B. in Form einer schwankenden Qualität der gelieferten Lebensmittel. Ziel der Reorganisation im Verpflegungsbetrieb ist es, gemeinsam mit den Distributoren und den Herstellern die materialwirtschaftliche Prozeßkette zu optimieren. Kennzeichen dafür sind ein optimaler Lieferservice, eine kostengünstige Beschaffung und Lagerhaltung sowie ein beständig hohes Qualitätsniveau der gelieferten Lebensmittel. Im weiteren werden verschiedene Maßnahmen beschrieben, die in der Praxis von Verpflegungsbetrieben ergriffen werden, um die genannten Ziele zu 117 erreichen. Die einzelnen Schritte zur Prozeßoptimierung haben eine sachliche und eine technische Dimension. In sachlicher Hinsicht wird aufgezeigt, welche Änderungen in den Handlungsweisen bei der Bedarfs-, Beschaffungs-, Transport- und Lagerungsplanung vorgenommen werden. Die technische Ebene betrifft den Einsatz der Informationstechnik zur Unterstützung der Prozeßabläufe. Die Grundlage für eine effiziente Bedarfsplanung sowie alle weiteren materialwirtschaftlichen Teilbereiche ist die detaillierte Erfassung, Dokumentation und laufende Pflege von Speisenrezepten. Auf dieser Basis ist eine genaue Kalkulation des Bedarfs an einzelnen Lebensmitteln möglich. Dabei kann geprüft werden, wie das Artikelsortiment nach Art und Umfang gestrafft werden kann. Einschränkungen sind z. B. möglich, wenn gleiche Artikel bislang von verschiedenen Herstellern, in verschiedenen Gebindegrößen und von verschiedenen Lieferanten bezogen werden. Eine Reduzierung der Artikelzahl ergibt sich auch durch einen verstärkten Einsatz von Convenience-Produkten. Ein realistisches Ergebnis ist die Verringerung des Artikelstamms um bis zu 50 % (Ehrlich 1995a, S. 33). In Fortsetzung zur Reduzierung der Artikelzahl erfolgt in der Beschaffungs- bzw. Einkaufsplanung eine Straffung des Lieferantenbestands. Das angestrebte Ziel dabei ist die Konzentration auf wenige, besonders leistungsfähige Lieferanten, die einen breiten Bereich der benötigten Warenpalette abdecken (z. B. Gemüse, Obst, Getränke, Tiefkühlprodukte usw.). Neben solchen Systemlieferanten kommen ergänzend Produktspezialisten zum Zug. Letztere versorgen den Verpflegungsbetrieb mit ausgewählten Frischprodukten (z. B. Milchprodukte, Frischfleisch und Backwaren). Mit einem Systemlieferanten wird meist ein Rahmenvertrag abgeschlossen, der die Preis- und Lieferkonditionen mittelfristig, z. B. für ein Vierteljahr, festlegt. Auf diese Weise werden laufende Preisverhandlungen und Angebotsvergleiche entbehrlich. Aufgrund des größeren garantierten Umsatzvolumens, das sich für den Lieferanten daraus ergibt, können zudem entsprechende Preisnachlässe erzielt werden. Weiterhin wird dem Verpflegungsbetrieb eine großzügige Handhabung von Reklamationen gewährt. Schließlich reduziert sich die Anzahl der Beschaffungsvorgänge, der Warenlieferungen und der zugehörigen Kontrollaufgaben sowie der Lieferscheine und Rechnungen. Die damit einhergehende Verringerung des Arbeitsaufwands ermöglicht eine Personalkosteneinsparung, die den bereits erzielten Kostenvorteil aufgrund günstiger Preis- und Zahlungskonditionen meist noch erheblich übersteigt. Für den Lieferanten selbst ergibt sich eine 118 wesentlich solidere Kalkulations- und Dispositionsbasis, z. B. bei seiner eigenen Beschaffung, Lagerhaltung und Logistik. Im Bereich der Transport- und Lagerungsplanung ist eine Tendenz zu einer Lieferung just-in-time und somit zu einer Verringerung der Lagerhaltung zu beobachten. Neben Vorteilen auf der Leistungsseite wie einer größeren Produktfrische und einem geringeren hygienischen Risiko lassen sich auf diese Weise vor allem Kostensenkungen erzielen. Diese resultieren aus Einsparungen bei den Personal-, Energie-, Wartungs- und Reparatur- sowie den Kapitalkosten. Voraussetzung für eine reibungslose Umsetzung des Lieferprinzips just-in-time sind eine moderne Logistik und eine hohe Zuverlässigkeit des Lieferanten. Der erforderliche Beitrag des Verpflegungsbetriebs besteht vor allem in einer genauen Kalkulation der Bedarfe und der erforderlichen Sicherheitsbestände. Die Nutzung von Software zur informationstechnischen Unterstützung der materialwirtschaftlichen Aufgaben beginnt sich in den Verpflegungsbetrieben durchzusetzen (Ehrlich 1995b, 1995c; Prix 1995). Erst mit Hilfe spezifischer EDV-Programme können die geschilderten Maßnahmen zur Optimierung der Prozeßkette vollständig realisiert werden und ihre Wirkung entfalten. Auf der Grundlage von Artikel- und Rezeptdatenbanken lassen sich Menüpläne erstellen und die erforderlichen Kalkulationen durchführen (Vor- und Nachkalkulation, ggf. auch Nährwertberechnung). Als Entscheidungshilfe für die Menügestaltung können u. a. Verkaufsstatistiken, Umsatzzahlen und Kosteninformationen laufend abgerufen werden. Anhand der erstellten Speisepläne ergibt sich durch Rezeptauflösung eine Listung des gesamten Artikelbedarfs für den vorgesehenen Zeitraum. Mit Hilfe eines automatischen Lagerabgleichs kann die notwendige Beschaffungsmenge an Lebensmitteln berechnet werden. Der Artikelbedarf kann somit unmittelbar in eine Bestellung umgewandelt werden. Die Übermittlung der Bestellung an den Lieferanten erfolgt bei optimaler Prozeßgestaltung per Datenfernübertragung (Schaupp 1992). Nach Erhalt der Waren kann ein Abgleich zwischen Bestellung und Lieferschein vorgenommen werden. Evtl. Abweichungen können am Computer korrigiert und die gelieferten Artikel als Lagerzugang gebucht werden. In vergleichbarer Weise wird der Warenverbrauch auf der Basis der produzierten Speisen berechnet und als Lagerentnahme gebucht. Es findet somit eine permanente Inventur statt. Durch solche übergreifenden Schnittstellen zwischen einzelnen Prozeßschritten wird die Anzahl der Belege und der Buchungen auf das notwendige Minimum reduziert. 119 Um das geschilderte System aktuell zu halten, ist eine regelmäßige Artikel-, Preis- und Rezeptpflege durchzuführen. Auch hierbei ermöglicht die Informationstechnik eine wesentliche Arbeitserleichterung. So können neue Artikel- und Preisdaten vom Lieferanten per Diskette oder Datenfernübertragung dem Kunden zur Verfügung gestellt werden. Eine solche Möglichkeit bietet beispielsweise ein bundesweit agierendes Unternehmen des Zustellgroßhandels in Zusammenarbeit mit einem Software-Haus an (Schmid 1994a). Darüber hinaus wird angestrebt, auch Lebensmittelhersteller mit ihrem Angebot an Rezeptdiensten in das EDV-System einzubinden. Ziel ist es, insgesamt eine Nutzenpartnerschaft zwischen Verpflegungsbetrieb, Distributor, Hersteller und EDV-Anbieter zu entwickeln. 4. Beitrag der Forschung zur Zielerreichung Im vorangehenden Abschnitt wurden verschiedene Maßnahmen des Business Reengineering vorgestellt, die in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung angewandt werden. Vor einer Entscheidung, ob und ggf. in welcher Form Outsourcing oder eine spezielle Prozeßoptimierung realisiert werden sollen, müssen sorgfältige Planungen durchgeführt werden. Die hierzu erforderlichen Informationen betreffen u. a. die organisatorische Gestaltung und die zu erwartenden Auswirkungen auf Leistungen und Kosten. So besteht z. B. Informationsbedarf darüber, welcher Grad an Convenience-Einsatz unter qualitativen und ökonomischen Gesichtspunkten zum bestmöglichen Ergebnis führt und somit insgesamt den größten Kundennutzen stiftet. Informationsbedarf besteht darüber hinaus an weiteren Maßnahmen der Reorganisation, die hier nur angedeutet werden können. So sind vom Outsourcing häufig auch andere, z. T. nicht unmittelbar wertschöpfende Prozesse betroffen. Beispiele hierfür sind das Rechnungswesen, die Reinigung, die Wäschepflege (vor allem im Krankenhaus) sowie die Hausund Energietechnik. Zunehmend werden somit hauswirtschaftliche Funktionsbereiche von externen Anbietern abgedeckt. Bemerkenswert dabei ist, daß die betreffenden Dienstleistungen häufig von einzelnen Unternehmen aus einer Hand als umfassendes Facility Management angeboten werden (Haus 1994; Hauptvogel 1995). Für die Beurteilung solcher Full-Service-Pakete sind wiederum objektive Vergleichs- und Entscheidungskriterien erforderlich. Zudem besteht grundsätzlicher Informationsbedarf, für welche Bereiche und in welchem Umfang insgesamt Outsourcing eine langfristig wirtschaftliche Lösung ist. 120 Die Klärung dieser Frage erscheint wichtig, da in verschiedenen Industriebetrieben ausgelagerte Prozesse teilweise wieder in das Unternehmen zurückgeholt werden (Deutsch 1995b; o. V. 1995b). Dieser Vorgang des Insourcing deutet darauf hin, daß die Konsequenzen der Auslagerung zunächst nicht vollständig und richtig eingeschätzt worden sind. Im Hinblick auf die Optimierung der Prozeßketten zeichnen sich ebenfalls neue Entwicklungen ab. Im Rahmen der Speisenproduktion wird verschiedentlich das Cook-Chill-Verfahren praktiziert (Schmid 1995b). Kennzeichen dieses Konzepts, das sich z. B. für die Vollverpflegung im Krankenhaus eignet, ist die zeitliche und thermische Entkopplung von Zubereitung und Ausgabe der Menüs. Nach einer Vorratsproduktion für zwei bis drei Tage (z. B. für ein Wochenende) folgt eine Schockkühlung auf etwa 3 °C und die erforderliche kurzfristige Lagerung. Daran schließen sich Regenerierung und Ausgabe zum geplanten Zeitpunkt an. Vorteile dieses Systems sind u. a. eine bessere Auslastung der Gerätekapazität und ein effizienter Personaleinsatz. Für eine fallspezifische, umfassende Beurteilung der Eignung des Cook-Chill-Konzepts sind wiederum fundierte Informationen erforderlich. Zu allen genannten Bereichen sollte die Forschung laufend praxisgerechtes Datenmaterial als Entscheidungshilfe bereitstellen. Einschlägige Institutionen hierfür sind die Forschungsinstitute, Fachhochschulen und Hochschulen. Ein Forschungsinstitut, das sich über einen Zeitraum von ca. 15 Jahren (von 1972 bis 1987) in einem Forschungsschwerpunkt mit der Gemeinschaftsverpflegung beschäftigt hat, ist das Institut für Ernährungsökonomie und -soziologie (IÖS, früher Institut bzw. Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft) der Bundesforschungsanstalt für Ernährung in Stuttgart-Hohenheim (Werner, Irion 1973). Untersuchungsgegenstand waren verschiedene Verpflegungssysteme, die für einen Einsatz in Ganztagsschulen in Betracht kamen. Diese Systeme unterschieden sich im wesentlichen in der Zustandsform (z. B. tiefgekühlt, gekühlt, sterilisiert oder warmgehalten) und im Grad der Vorfertigung (z. B. roh, küchen-, aufbereit- oder verzehrfertig) der Ausgangsware. Als Verpflegungssysteme resultierten daraus in aufsteigendem ConvenienceGrad eine Mischküche, verschiedene Ausprägungen der Aufbereitungsküche sowie eine Verteilerküche. Alle Systeme wurden einer interdisziplinären Beurteilung unterzogen. Kriterien der durchgeführten Analysen und Kalkulationen waren die Sensorik, Ernährungsphysiologie, Verfahrenstechnik, Arbeitswirtschaft sowie die Kosten. Die 121 Forschungsergebnisse wurden in umfangreichen Berichten den jeweiligen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft (Hrsg.) 1974, Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) 1976, 1977, 1979, 1982 und 1986). Forschungen der erläuterten Art treffen den Informationsbedarf, der in der Praxis besteht. Sie beschreiben, erklären und bewerten die vielfältigen Handlungsalternativen im Rahmen der Nahrungsproduktion in der Gemeinschaftsverpflegung. Anhand differenzierter Vergleiche können Empfehlungen für die Wahl der jeweils am besten geeigneten System- und Prozeßgestaltung abgeleitet werden. Darüber hinaus stellen die einzelnen Forschungsergebnisse universelle Bausteine für die Durchführung von Planungsrechnungen dar, z. B. bei Maßnahmen des Business Reengineering. Beispiele solcher Datensammlungen sind ein Planzeitenkatalog für die Kalkulation von Arbeitszeitbedarfen (Deist et al. 1976; Stübler et al. 1978a, 1978b), eine Nährwertdatenbank für verzehrfertige Speisen (Bognár 1990) sowie eine Datenbasis mit Mengen- und Wertkomponenten für eine detaillierte Kostenkalkulation (Pfau, Reuer 1989). Die Verantwortlichen in den Verpflegungsbetrieben, die sich einem zunehmend komplexen internen und externen Umfeld gegenübersehen, können davon in hohem Maße profitieren. Den hauptsächlichen Nutzen daraus ziehen aber letztendlich die Tischgäste, denen fundierte und sachgerechte Entscheidungen der Wirtschaftsleiter in Form hochwertiger und preiswürdiger Menüs zugute kommen. Literatur Bea, F. X.; Schnaitmann, H. (1995): Begriff und Struktur betriebswirtschaftlicher Prozesse. WiSt 24 (1995) 6, S. 278–282 Bognár, A. (1990): Nährwerttabellen für verzehrfertige Speisen. Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten e. V. (AID) (Hrsg.). LoseBlatt-Sammlung Nr. 3131 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft (Hrsg.) (1974): Schulverpflegung mit industriell hergestellten Gefriermenüs. Bonn 122 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) (1976): Schulverpflegung mit warmgehaltenen Speisen aus Zentralküchen. Stuttgart Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) (1977): Schulverpflegung mit industriell hergestellten sterilisierten Speisen. Stuttgart Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) (1979): Schulverpflegung mit gekühlten Speisen. Stuttgart Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) (1982): Schulverpflegung mit Speisen aus eigener Zubereitung und industrieller Herstellung. Mischküche – Stufe I. Stuttgart Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Bundesforschungsanstalt für Ernährung (Hrsg.) (1986): Schulverpflegung mit Speisen aus eigener Zubereitung und industrieller Herstellung. Mischküche – Stufe II. Stuttgart Deist, H.; Thiesen, R.; Stübler, E. (1976): Planzeitenkatalog für den Verpflegungsbereich. Teil 1: Verpflegung mit Gefrierkost. Berlin und Köln Deutsch, Ch. (1995a): Organisation – Weit mehr möglich. WirtschaftsWoche 49 (1995) 22, S. 79–81 Deutsch, Ch. (1995b): Insourcing – Zurück zum Kern. WirtschaftsWoche 49 (1995) 51, S. 84–87 Dietz, H.-U. (1995): Zündstoff für die Branche. GV-Praxis 35 (1995) 4, S. 14–18 Ehrlich, J.-M. (1995a): Vom Laster in die Pfanne. Küche 113 (1995) 2, S. 32–33 Ehrlich, J.-M. (1995b): Kochen mit Chips. Küche 113 (1995) 2, S. 34–38 Ehrlich, J.-M. (1995c): Keine Angst vor Bits & Bites. Küche 113 (1995) 3, S. 44–47 Fischer, M. (1994): Autozulieferer – Großes Fressen. 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