Komplexe Zahlen Bernhard Ganter Institut für Algebra TU Dresden D-01062 Dresden [email protected] Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Körper sind nullteilerfrei Für Elemente a, b eines Körpers gilt stets: Aus a·b =0 folgt a = 0 oder b = 0. Beweis: Aus a · b = 0 und a 6= 0 folgt 0 = a−1 · 0 = a−1 · (a · b) = (a−1 · a) · b = b, also b = 0. Körper sind also stets nullteilerfrei. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Rechnen mit Zahlenpaaren Die Menge R × R := {(a, b) | a, b ∈ R} aller Paare reeller Zahlen bildet mit der komponentenweisen Addition (a1 , b1 ) + (a2 , b2 ) := (a1 + a2 , b1 + b2 ) eine Gruppe. Frage: Kann man für solche Zahlenpaare auch eine vernünftige Multiplikation einführen? Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Komponentenweise Multiplikation Die komponentenweise Multiplikation (a1 , b1 ) (a2 , b2 ) := (a1 · a2 , b1 · b2 ) ist nicht nullteilerfrei: (1, 0) (0, 1) = (0, 0). Die komponentenweise Multiplikation führt also nicht zu einer Körperstruktur. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Komplexe Multiplikation Es gibt nur eine Möglichkeit, eine Multiplikation für Paare reeller Zahlen so zu definieren, dass sich eine Körperstruktur ergibt: (a1 , b1 ) · (a2 , b2 ) := (a1 a2 − b1 b2 , a1 b2 + a2 b1 ). Es ist damit beispielsweise (2, 3) · (1, 4) = (−10, 11). Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Die reellen Zahlen als Teilkörper Die Paare mit 0 als zweiter Komponente werden wie reelle Zahlen addiert und multipliziert: (a1 , 0) + (a2 , 0) = (a1 + a2 , 0) (a1 , 0) · (a2 , 0) = (a1 a2 , 0) Man kann deshalb die Menge {(a, 0) | a ∈ R} mit den reellen Zahlen identifizieren. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Imagin!äre Einheit Jedes Zahlenpaar (a, b) kann als Linearkombination (a, b) = a · (1, 0) + b · (0, 1) der Paare (1, 0) und (0, 1) geschrieben werden. Das legt eine vereinfachte Schreibweise nahe: Statt (1, 0) schreibt man 1. Statt (0, 1) schreibt man i. Statt (a, b) schreibt man a + bi. Man nennt i die imaginäre Einheit und die Paare der Form (0, b) = bi imaginäre Zahlen. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Merkregel für die Multiplikation Für die imaginäre Einheit i gilt i · i = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0), also i 2 = −1. Es genügt, sich dies zu merken; die komplexe Multiplikation ist dann mit den Rechenregeln für Körper festgelegt: (a1 + b1 i) · (a2 + b2 i) = a1 a2 + a1 b2 i + b1 a2 i + b1 b2 i 2 = a1 a2 − b1 b2 + (a1 b2 + a2 b1 )i. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Die komplexen Zahlen Die reellen Zahlenpaare a + bi mit diesen Rechenoperationen nennt man die komplexen Zahlen. Die Menge der komplexen Zahlen wird mit C notiert. Man nennt a den Realteil und b den Imaginärteil der komplexen Zahl a + bi. Der Betrag der komplexen Zahl z := a + bi ist definiert als p |z| := a2 + b 2 . Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Konjugation Die zu z := a + bi konjugiert komplexe Zahl ist z := a − bi. Es gilt stets z · z = a2 + b 2 = |z|2 . Insbesondere: Das Produkt von z und z ist stets reell. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Komplexe Division z1 z1 · z2 z1 · z2 = = . z2 z2 · z2 |z2 |2 Beispiel: −4i · (3 + 2i) −8i 2 − 12i 8 − 12i 8 12 −4i = = = = − i. 2 3 − 2i (3 − 2i) · (3 + 2i) 9 − 4i 13 13 13 Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Polarkoordinaten Setzt man für eine komplexe Zahl z := a + bi 6= 0 r := |z| und für φ den Winkel zwischen der positiven reellen Achse und der Linie zwischen dem Punkt (0, 0) und dem Punkt (a, b), dann gilt a = r cos φ, b = r sin φ. Man kann dehalb die komplexe Zahl z schreiben als z = r (cos φ + i sin φ). Dies nennt man die Darstellung in Polarkoordinaten. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Beispiel √ √ Die komplexe Zahl z := 1 + i 3 hat den Betrag r = 1 + 3 = 2. Aus 1 = 2 cos φ √ 3 = 2 sin φ erhält man φ = π 3 = 60◦ . Damit ist die Polarkoordinatendarstellung z = 2(cos Bernhard Ganter, TU Dresden π π + i sin ). 3 3 Mathematik I für Informatiker Rechnen mit Polarkoordinaten Mit Hilfe der Rechenregeln für die trigonometrischen Funktionen erhält man aus z1 = r1 (cos φ + i sin φ) und z2 = r2 (cos ψ + i sin ψ) für das Produkt z1 · z2 = r1 r2 (cos(φ + ψ) + i sin(φ + ψ)). Das kann man so formulieren: Bei der komplexen Multiplikation multiplizieren sich die Beträge und addieren sich die Winkel. Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Beispiel Wir ziehen die dritten Wurzel aus −8. Der Betrag von −8 ist 8, das Argument ist φ = π. Damit erhalten wir insgesamt drei Wurzeln, nämlich √ π π + i sin ) = 1 + i 3 3 3 2(cos π + i sin π) = −2 √ 5π 5π 2(cos + i sin ) = 1 − i 3. 3 3 2(cos Bernhard Ganter, TU Dresden Mathematik I für Informatiker Einheitswurzeln Aus der Formel √ 1 φ 2kπ φ 2kπ n ) + i sin( + ) , k = 0, . . . , n, z n = r cos( + n n n n ergeben sich die n-ten Einheitswurzeln cos 2kπ 2kπ + i sin , n n Bernhard Ganter, TU Dresden k = 0, . . . , n. Mathematik I für Informatiker