Astronomie mit Teilchen Sandro Gorini Die Astronomie mit Teilchen ist ein recht junges (ab etwa 1900) Gebiet der Physik und vereint mikroskopische Arbeitsmethoden mit makroskopischen Beobachtungen des uns umgebenden Universums. Primärer Forschungsgegenstand sind kosmische Strahlen; aufzuklären sind sowohl die Mechanismen, welche für die extrem hohen Energien verantworlich sind, als auch in Frage kommende kosmologische Quellen. 1 Kosmische Strahlen Kosmische Strahlen werden i.A. in zwei Kategorien eingeordnet, in sog. – extraterrestrische Primärstrahlung und – terrestrische Sekundärstahlung. 1.1 Primärstrahlung Dies ist die teilweise sehr hochenergetische Strahlungskomponente, welche uns aus dem Kosmos erreicht; sie besteht nahezu vollständig aus (positiv) geladenen Teilchen (größtenteils Protonen) und kann als extragalaktische Materieprobe angesehen werden. Die chemische Zusammensetzung gleicht weitestgehend der des Sonnensystems, einige kleinere Abweichungen, besonders der leichten Elemente, können als Fragmentation schwererer Kerne auf ihrem Weg zu uns erklärt werden. Anzumerken ist, dass bislang keine Antimaterie (abgesehen von Antiprotonen) beobachtet worden ist, daher ist davon auszugehen, dass der gesamte Kosmos eine ausschließlich materiedominierte Region ist. Viel interessanter ist jedoch das unten abgebildete Energiespektrum der primären kosmischen Strahlung. Die beiden markanten Strukturen sind das Knie bei 1016 eV sowie der Knöchel bei 1019 eV. die relativen Ankunftszeiten erhalten werden. Somit eignet sich dieses Phänomen zur Detektion hochenergetischer Protonen (3,8). 2 Quellen der kosmischen Strahlung Die exakte Herkunft der kosmischen Strahlen ist seit ihrer Entdeckung 1912 ein Rätsel. Es haben sich zwei Szenarien, das sog. Bottom-Upund das Top-Down-Szenario, etabliert. Ersteres bescheibt klassische Beschleunigungsmechanismen, also zum Einen den Zyklotronmechanismus, welcher Energien von bis zu 1011 eV erzeugen kann und hauptsächlich durch variable Magnetfelder, also beispielsweise Sonnenflecken, bedingt wird. Zum Anderen die Fermi-Mechanismen, welche Energien bis 1015 eV liefern und rein stochastische Prozesse sind: durch nach oben offene Energieverteilungen interstellarer Gaswolken oder alternativ SupernovaeSchockfronten können sehr hohe Energien erreicht werden. Hinzu gehören noch Beschleunigungen durch schnell rotierende Neutronensterne (Pulsare) bzw. aktive galaktische Kerne (AGN), d.h. supermassive Schwarze Löcher, welche Teilchen theoretisch auf Energien von bis zu 1020 eV beschleunigen könnten. Jedoch ist noch nicht klar, wie genau solche Mechanismen funktionieren. Das Top-Down-Szenario geht von sehr schweren supersymmetrischen Teilchen aus, welche gegen Ende der Inflation des Universums entstanden sein könnten, und beschreibt die hochenergetische kosmische Strahlung als Zerfallsprodukt dieser Teilchen. Energien von bis zu 1025 eV wären möglich, sind bis jetzt jedoch noch nicht beobachtet worden. (1,2,3,4) 3 Experimente Der Abbruchmechanismus, welcher für die Strukturen verantwortlich gemacht werden könnte, ist der Greisen-Zatsepin-Kuzmin CutOff, der die Wechselwirkung der hochenergetischen Protonen und Photonen mit der 2.7K Hintergrundstrahlung beschreibt. Hierbei kann ein Proton über eine Delta-Resonanz in ein weniger energiereiches Proton sowie leichtere Leptonen zerstrahlen, wobei natürlich die Richtungs- und Energieinformationen des ursprünglichen Teilchens verloren gehen. Die effektive Reichweite eines 1019 eV Protons liegt bei einigen 100Mpc. Ein Photon zerstrahlt zu einem ElektronPositron-Paar; die Reichweite eines 1011 eV Photons liegt bei einigen 10kpc. (2,3) 1.2 Sekundärstrahlung Diese ensteht durch Welchselwirkungen der hochenergetischen Primärkomponente mit der Erdatmosphäre und wird deshalb als terrestrische Strahlung angesehen. Ein einfallendes Proton reagiert zu einem wahren Zoo vieler verschiedener Teilchen. Darunter finden sich überwiegend Photonen (≈ 80%), jedoch kommen auch Leptonen (≈ 19%) sowie Hadronen (< 1%) vor. Die Gesamtzahl der in einem solchen Luftschauer entstandenen Teilchen ist proportional zur Energie des einfallenden Protons; eine Richtungsinformation kann über Die einzigen Teilchen, welche sich zur Astronomie im hochenergetischen Bereich eignen sind Neutrinos und höchstenergetische Protonen, da diese sich nicht bzw. kaum durch (inter)galaktische Magnetfelder ablenken lassen und eine hinreichende Reichweite besitzen, um einen gewissen Teil des Universums zu durchmustern. Aktuelle Experimente, welche die Erkenntnisse auf dem Gebiet der Astroteilchenphysik voranbringen sollen, sind einmal das AMANDA Neutrinoteleskop am Südpol, welches im ICE-CUBE aufgehen wird und über Cherenkov-Strahlung Myon-Neutrinos beobachtet (5,7); ein weiteres sehr großes Projekt ist das Auger-Observatorium in Argentinien, welches über Luftschauer hochenergetische Protonen nachweisen soll (8). Da eine ausführliche Beschreibung den Rahmen dieser Zusammenfassung sprengen würde verweise ich auf die entspechenden Projekt-Homepages. 4 Quellen (1) ASPERA, Status and Perspective of Astroparticle Physics in Europe, Roadmap Phase I (2) Bergström, Cosmology and Particle Astrophysics, Wiley 1999 (3) C. Grupen, Astroteilchenphysik, Vieweg 2000 (4) DPG, Physik Journal, Januar 2008 (5) http://amanda.uci.edu/ (6) http://hubblesite.org (7) http://icecube.wisc.edu/ (8) http://www.auger.org/