ZUSAMMENFASSUNG 6 Zusammenfassung In vielen Signaltransduktionsprozessen spielen die kleinen GTPasen der Rho-Familie eine entscheidende Rolle und fungieren hierbei als Organisatoren des Aktinzytoskeletts oder können als Regulatoren der Genexpression und der Kontrolle des Zellzyklus wirken. Diese Funktionen üben sie als molekulare Schalter aus, indem sie durch spezifische zelluläre Lokalisation eine ortsgebundene und zeitlich begrenzte Aktivierung eines oder mehrerer Signalwege bewirken. Die Schalterfunktion wird durch die Rho regulatorischen Proteine der Klassen der Guaninnukleotidaustauschfaktoren (GEFs), GTPase aktivierenden Proteine (GAPs) und Guaninnukleotiddissoziationsinhibitoren (GDIs) in ihrem Aktivitätsstatus moduliert. Sie bilden ein Regulationsnetzwerk aus, das eingehende externe Signale integriert, die dann zu einer Gleichgewichtsverschiebung innerhalb des Netzwerks führen und sukzessiv die Aktivierung bzw. Abschaltung eines oder mehrerer durch Rho GTPasen kontrollierten Signalwege bewirken. Die Aktivierungsmechanismen der Rho regulatorischen Proteine sind ein bislang wenig beachtetes wissenschaftliches Feld, das allerdings im Bezug auf Krankheiten, die mit diesen oder den Rho-Proteinen assoziiert sind ein großes therapeutisches Potential besitzt. Ziel dieser Arbeit war es, die Regulation einiger GEF- und GAP-Proteine detailliert zu untersuchen, wobei die hierfür notwendigen Methoden teilweise noch etabliert werden mussten. Die GEF-Proteine der Pix-Unterfamilie sind in dem Sinne besonders, dass ihre katalytische Domäne keine Nukleotidaustauschaktivität in vitro und in vivo zeigt. Aus diesem Grund konnte auch keine Spezifität der GEF-Funktion für eine der zahlreichen untersuchten Rho-Mitglieder beobachtet werden. Stattdessen wurde eine Regulation der katalytischen Funktion durch Modifikationen wie Phosphorylierung oder die Bindung weiterer Proteine in Betracht gezogen. Eine direkte Modifikation in der DH-Domäne, wenn sie denn stattfindet, führt jedoch nicht zu einer Stimulation der Nukleotidaustauschreaktion. Ebenso ist die direkte Bindung des Effektors PAK1 an Pix und eine hypothetische Phosphorylierung durch dessen Kinase-Domäne nicht in der Lage eine Aktivierung der GEF-Funktion herbeizuführen. Ergebnisse anderer Arbeitsgruppe deuten inzwischen auf einen sehr komplexen Regulationsmechanismus hin, der die Dimerisierung sowie die Bindung weiterer Helferproteine involviert, und je nachdem welcher Zustand (Monomer oder Dimer) gerade erreicht ist, findet eine Aktivierung von Cdc42 oder Rac1 statt. Zudem hat aktives Cdc42 oder aktives Rac1 einen stimulatorischen bzw. inhibitorischen Effekt auf die Austauschaktivität von α-Pix, was 125 ZUSAMMENFASSUNG andeutet, dass dieses Protein nicht wie ein klassisches GEF als Aktivator multipler GTPase-Moleküle fungiert. Infolgedessen und aufgrund der Existenz weiterer Bindungspartner ist eine Rolle der Pix-Proteine als Gerüstprotein ebenfalls nicht auszuschließen. Zur fluoreszenzspektroskopischen Bestimmung von Rho GTPase-RhoGAP-Interaktionen, wurde in dieser Arbeit das fluoreszenzmarkierte Nukleotid tamraGTP synthetisiert, das die besondere Eigenschaft besitzt als Sensor des nukleotidgebundenen Zustands zu dienen. In der GTP-gebundenen Konformation ist das Fluoreszenzsignal höher als im GDP-gebundenen Zustand. Hierdurch ist es möglich sowohl die intrinsische, als auch die GAP stimulierte GTP-Hydrolysereaktion in Echtzeit qualitativ und quantitativ zu analysieren. Dies trifft neben Rho- auch auf Ras-Proteine zu, nicht jedoch auf andere Guaninnukleotid-bindende Proteine wie Ran, Ypt1, Gα,i, Ef-Tu und EF-G. Zudem kann mit Hilfe dieses Nukleotids die Bildung des Übergangszustands der GTPHydrolysereaktion spektroskopisch verfolgt werden. Die Affinität des tamra modifizierten Nukleotids für Rac1 ist vergleichbar mit der für mant-Nukleotide und stellt eine hochaffine Bindung im picomolaren Bereich dar. Alle Untersuchungen deuten darauf hin, dass die relativ sperrige Tetramethylrhodamingruppe keinen Einfluss auf die intrinsischen wie auch die enzymatisch stimulierten Prozesse der Nukleotiddissoziation und GTPHydrolyse ausübt. Somit ist tamraGTP ein nützliches Werkzeug zur Untersuchung GTP/GDP-bindender Proteine. Modelling Studien geben außerdem eine gute Erklärung für die beobachteten Prozesse, wobei die Fluorophorgruppe mit Aminosäuren der switch I Region im aktiven Zustand interagiert und diese Wechselwirkungen bei GTP-Hydrolyse aufgehoben werden. Im Fall des GTPase•GAP-Komplexes scheint das Ribose-gekoppelte Fluorophor hingegen in einer Furche zwischen beiden Molekülen positioniert zu sein, und die beobachtete Fluoreszenzänderung kommt vermutlich durch die Assoziation bzw. Dissoziation des GAP-Proteins nach Abspaltung des γ-Phosphats zustande. Für die Rho GTPase aktivierenden Proteine der Oligophrenine konnte in dieser Arbeit ein autoregulatorischer Mechanismus zur Kontrolle ihrer GAP-Funktion entschlüsselt werden. Bei diesen Proteinen findet eine Inhibition der GAP-Aktivität durch die Nterminale Bin/Amphiphysin/Rvs (BAR) Domäne statt. Diese Autoinhibition konnte durch mehrere Methoden bestätigt werden, z.B. durch vergleichende in vitro und in vivo Aktivitätsmessungen von Proteinkonstrukten unterschiedlicher Domänenzusammensetzung, durch proteolytischen Verdau inhibierter Konstrukte und anschließende Aktivitätsmessung, sowie durch Rekonstruktion der Autoinhibition in trans mittels der isolierten interagierenden Domänen. Die Affinität zwischen GAP-Domäne und der 126 ZUSAMMENFASSUNG inhibitorischen BAR-PH-Domäne liegt im mittleren mikromolaren Bereich (21µM), ist im Wildtyp Protein durch die lokale Nähe beider Motive aber vermutlich deutlich höher. Die Interaktion zwischen GAP- und BAR-Domäne ist dabei sehr spezifisch, denn sie findet, mit Ausnahme der inhibitorischen Wirkung von OPHN1 BAR-PH auf Graf1 GAP, nur zwischen den beiden Domänen eines Proteins statt. Ebenso sind BAR-Domänen offensichtlich keine universellen Inhibitoren GTPase aktivierender Proteine, denn sie können die katalytischen Domänen anderer GAP-Proteine nur unwesentlich in ihrer Aktivität modulieren. Das Signal oder der aktivierende Faktor, der zur Unterbrechung der Autoinhibition und somit zur Aktivierung der GAP-Funktion der Oligophrenine in der Zell führt, konnte bislang nicht identifiziert werden, obwohl viele potentielle Möglichkeiten wie die Bindung aktiver GTPasen, die Rekrutierung an Liposomenmembranen, die Bindung des Adapterproteins Homer oder die Anwesenheit von filamentösem Aktin untersucht wurden. Die inhibitorische N-terminale Domäne der Oligophrenine ist aufgrund ihrer biologischen Tubulationsaktivität als BAR-Domäne klassifiziert worden, und diese Fähigkeit ist im cis- und trans-inhibierten Zustand nicht beeinträchtigt. Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass die Bindung der GAP-Domäne an die BAR-Domäne nicht auf der konkaven Membranbindungsseite stattfindet, sondern auf der abgewandeten konvexen Seite. Abschließend konnte aus den Ergebnissen ein Modell der autoinhibitorischen Regulation der Oligophrenin ähnlichen Proteine erstellt werden. 127